24.03.2011 | Elterliche Sorge
Richterliche Anordnung einer Psychotherapie verfassungswidrig
von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle
1. Für den erheblichen Eingriff einer gerichtlich angeordneten Psychotherapie, der sich der betroffene Elternteil unterziehen soll, fehlt eine klare und unmissverständliche gesetzliche Grundlage. |
2. Eine solche Anordnung lässt sich insbesondere keiner der in § 1666 Abs. 3 BGB beispielhaft aufgeführten Maßnahmen zuordnen. |
(BVerfG 1.12.10, 1 BvR 1572/10, FamRZ 11, 179, Abruf-Nr. 110834) |
Sachverhalt
Gegenstand des Verfahrens war die einer Kindesmutter im Rahmen eines Sorgerechtverfahrens nach § 1666 BGB erteilte Auflage, eine bereits begonnene Psychotherapie nach Weisung des Jugendamts fortzusetzen.
Entscheidungsründe
Die Auflage verletzt das Persönlichkeitsrecht der Kindesmutter, Art. 2 Abs. 1 i.V. mit Art. 1 Abs. 1 GG. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Dazu zählt auch der Schutz vor Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter des Einzelnen.
Die Pflicht, sich kraft richterlicher Anordnung ggf. auch gegen seinen Willen einer Psychotherapie zu unterziehen, greift in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein (BVerfG FamRZ 04, 523), unabhängig davon, ob die Anordnung mit Zwangsmitteln durchsetzbar ist.
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