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19.11.2003 · IWW-Abrufnummer 032541

Finanzgericht Berlin: Urteil vom 29.01.2003 – 2 K 2148/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 2 K 2148/00

FINANZGERICHT BERLIN
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 1996

hat das Finanzgericht Berlin, 2. Senat, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2003 durch den Richter am Finanzgericht XXX als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Streitwert beträgt 4 263,00 DM.

Tatbestand

Der Kläger ist seit Dezember 1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Berliner Bundestagsabgeordneten und bezog im Streitjahr einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 79 079,00 DM, der von der Bundesverwaltung bezahlt wurde. Er hatte jeweils in Berlin und Bonn eine eigene Wohnung. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger Werbungskosten in Höhe von insgesamt 26 830,00 DM geltend, unter anderem Mietaufwendungen für die Wohnung in Bonn, Fehlbelegungsabgabe, Strom und Telefon in Höhe von 12 678,24 DM. Der Beklagte erkannte diesen Aufwand nicht als abzugsfähig an. Im Rahmen des gegen den Steuerbescheid angestrengten Einspruchsverfahrens erkannte der Beklagte 50 % der Telefonkosten (240,00 DM) an und wies den Einspruch mit seiner Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 2000 im Übrigen als unbegründet zurück.

In seiner Klage trägt der Kläger vor: Seine regelmäßigen Arbeitsstätten seien in Bonn, Bundestag, in Berlin, Wahlkreisbüro des Abgeordneten und in Berlin, Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung gewesen. Bei seinen jeweils ein- bis zweiwöchigen durchgehenden Aufenthalten in Bonn, insgesamt 139 Tage einschließlich Wochenenden, hätte eine Hotelunterkunft zu erheblich höheren Kosten geführt. Doppelte Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 Einkommensteuergesetz -EStG- sei nicht gegeben, da er seine Wohnungen ausschließlich an Beschäftigungsorten unterhalte. Eine Überlagerung der beruflichen Veranlassung durch private Gründe sei nicht gegeben, da sein Aufenthalt in Bonn zwingend notwendig gewesen sei. Zwar handele es sich nicht um Dienstreiseaufwendungen im Sinne des Abschnitts 37 Abs. 3 der Lohnsteuer-Richtlinien -LStR-, aber um Aufwendungen im Sinne des Abschnitts 37 Abs. 1 LStR. Es gelte § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Bescheides vom 23. März 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 2000 die Einkommensteuer 1996 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 12 200,00 DM festzusetzen,
hilfsweise,
die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

da nach den Grundsätzen der doppelten Haushaltsführung ein Werbungskostenabzug ausscheide.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Steuer- und Streitakten verwiesen.

Mit Beschluss vom 6. Dezember 2002 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.

Dem Gericht hat ein Band Einkommensteuerakten des Beklagten zu Steuernummer ... vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Einkommensteuerbescheid 1996 vom 23. März 1988 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 2000 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung ?FGO-), da der Beklagte den geltend gemachten Werbungskostenabzug zu Recht versagt hat.

Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen, d. h., es gehören hierzu diejenigen Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind (Schmidt/Drenseck, EStG, 20. Aufl., § 9 Rz. 7 mit weiteren Nachweisen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung), wenn ein objektiver Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit (hier der Arbeit als Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten) besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung dieser einkommensteuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden. Der objektive Zusammenhang ist jedoch nur dann gegeben, wenn die Aufwendungen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit stehen. Werden die Aufwendungen teilweise auch für Zwecke der privaten Lebensführung getätigt, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, greift das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG.

Zwar war der Kläger aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit in Bonn, die sich während der Sitzungsperioden des Bundestages immer über mehrere Tage hingezogen hat, gezwungen, sich für diese regelmäßig wiederkehrenden Zeiten eine Unterkunft zu besorgen. Insofern besteht ein objektiver Zusammenhang zwischen der Wohnungsmiete einerseits und der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten, denn ohne Übernachtungsmöglichkeiten hätte der Kläger seinen Arbeitsvertrag, auch in Bonn seine Tätigkeit auszuüben, nicht erfüllen können.

Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten ist im Streitfall eine doppelte Haushaltsführung nicht gegeben. Sie liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Diesen Tatbestand hat der Kläger schon deshalb nicht erfüllt, weil er nicht ? ausschließlich ? außerhalb Berlins, wo er einen eigenen Hausstand unterhalten hat (und noch immer unterhält), in Bonn beschäftigt war und auch dort gewohnt hat. Denn einen Teil seiner Dienstpflichten hat der Kläger in seiner Berliner Arbeitsstätte zu erfüllen gehabt.

Die zu erwartende Entscheidung des Bundesfinanzhofs -BFH- in der Streitsache VI R 47/01 kann daher keinen Einfluss auf den Fall des Klägers haben.

Daher kann die Versagung des Werbungskostenabzugs nach § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG nicht auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG gestützt werden, der nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BFH in Bundessteuerblatt -BStBl- II 1996, 315) als gesetzliche Spezialvorschrift der Grundregel des § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG im Range vorgeht.

Vielmehr ist im Streitfall § 12 Nr. 1 EStG einschlägig. Soweit in § 9 EStG und anderen in § 12 EStG aufgeführten Normen nichts anderes bestimmt ist, dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Diese Vorschrift enthält ein Abzugsverbot mit Ausnahmevorbehalt; ihr kann entnommen werden, dass solche Aufwendungen nicht als Werbungskoten abgezogen werden können, die zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit aufgewendet worden sind. Zu diesen Kosten gehören als Kosten des Haushalts und des Unterhalts unter anderem die für eine Wohnung gezahlten Mieten (Schmidt/Drenseck, 20. Aufl., EStG § 12 Rz. 10). Dies gilt auch im Falle eines Steuerpflichtigen, der wie der Kläger zwei eigene Wohnungen unterhält, eine in Berlin, seinem (Haupt-)Wohnsitz und zugleich der Ort seiner ersten Arbeitsstätte, und ein in Bonn, dem Ort seiner zweiten Arbeitsstätte (BFH in BStBl II 1979, 700). Dabei ist es auch unerheblich, dass eine Zweitwohnung ? wie diejenige in Bonn ? nur dazu dient, sonst anfallende und als Werbungskosten abziehbare Hotelkosten zu vermeiden (Blümich/Lindberg, EStG, Kommentar, Stand Juli 2002, § 12 EStG Rz. 67). Denn das Unterhalten einer Wohnung in Bonn macht deutlich, dass es dem Kläger nicht ausschließlich um den Erhalt einer reinen Übernachtungsmöglichkeit ? wie sie ein Hotelaufenthalt geboten hätte ? gegangen ist, sondern dass er über diesen Zustand hinaus eine Unterkunft gesucht hat, die ihm einen größeren Freiraum geboten hat, seine Wohnbedürfnisse nach seinen individuellen und persönlichen Wünschen zu gestalten.

Die Revision war nicht zuzulassen, da der BFH bereits in seiner Entscheidung in BStBl II 1979, 700 zum Innehaben einer Zweitwohnung Stellung genommen und die Streitsache daher keine grundsätzliche Bedeutung hat. Darüber hinaus ist die Frage einer doppelten Haushaltsführung geklärt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Den Streitwert hat das Gericht in Anlehnung an die Sachanträge der Beteiligten gemäß §§ 25, 13 Gerichtskostengesetz -GKG- in Höhe der strittigen Einkommensteuer bestimmt.

RechtsgebietEinkommensteuergesetzVorschriften§ 9 Abs.1 Satz 1

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