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21.04.2011

Landesarbeitsgericht Hamburg: Beschluss vom 01.04.2011 – 5 Ta 8/11

Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung wird der Auflösungsantrag, der im Zusammenhang mit einer Kündigungsschutzklage nach den §§ 9, 10 KSchG gestellt wird, dem Gegenstandswert nicht hinzugerechnet.


Tenor:

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 16. März 2011 gegen den Gegenstandswertbeschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. März 2011 - 28 Ca 257/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Arbeitsgericht hat mit dem angegriffenen Beschluss - zugestellt am 7. März 2011 - den Gegenstandswert für das Verfahren und den Vergleich auf € 40.369,31 festgesetzt.

2

Mit ihrer am 18. März 2011 bei Gericht eingegangenen Beschwerde erstreben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine Erhöhung des Gebührenstreitwertes um drei Bruttomonatsgehälter. Zur Begründung verweisen sie auf den vom Arbeitsgericht nicht berücksichtigten Auflösungsantrag des Klägers vom 5. November 2010.

3

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

4

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

5

Die nach § 33 Abs. 3 RVG statthafte und innerhalb der Frist dieser Bestimmung eingelegte Streitwertbeschwerde ist unbegründet.

6

Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Auflösungsantrag vorliegend zu keiner Erhöhung des Gegenstandswertes führt.

7

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Hamburg, dass kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung der Auflösungsantrag, der im Zusammenhang mit einer Kündigungsschutzklage nach den §§ 9, 10 KSchG gestellt wird, dem Gegenstandswert nicht hinzugerechnet wird (LAG Hamburg 26.06.2001 - 2 Ta 12/01; 03.09.2003 - 4 Ta 11/03- juris). Diese Auffassung wird in der Literatur geteilt (Schwab, ArbGG, 3. Aufl. 2011, Nr 214 zu § 12 mwN.).

8

Dies entspricht der Rechtsprechung auch der anderen Landesarbeitsgerichte, soweit ersichtlich (LAG Köln 17.08.2010 - 11 Ta 194/10 -; LAG Nürnberg 29.08.2005 - 2 Ta 109/05 -; Sächsisches LAG 09.06.2005 - 4 Ta 390/04 -; LAG Baden-Württemberg - 22.09.2004 - 3 Ta 136/04 -; LAG Brandenburg 17.04.2003 - 6 Ta 62/03 -; LAG München 14.09.2001 - 4 Ta 200/01 - alle zit. nach juris).

9

Die von den Beschwerdeführern zitierte Entscheidung des LAG Berlin (30.12.1999 - 7 Ta 6121/99 (Kost) - juris) ist vereinzelt geblieben und hat keine Rechtsprechungsänderung im Sinne der Beschwerdeführer gebracht. Das LAG Berlin hat ausgeführt, der Streitwert für den Auflösungsantrag des Arbeitnehmers sei auf den Betrag einer Bruttomonatsvergütung festzusetzen. Es hat ausgeführt, erst dann, wenn über die Kündigungsstreitigkeit entschieden und damit deren Streitgegenstand erledigt worden sei, könne über den gestellten Auflösungsantrag entschieden werden, so dass verschiedene Streitgegenstände anzunehmen seien. Auch der Zweck des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG a.F. stehe der Hinzurechnung des Werts des Feststellungsantrags nicht entgegen. Dieser sei bereits ausreichend berücksichtigt dadurch, dass der Streitwert über die Feststellungsklage auf drei Monatsvergütungen begrenzt sei. Schließlich ergebe sich die Notwendigkeit, den Auflösungsantrag selbständig zu bewerten auch dann, wenn in erster Instanz die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung verlangt worden sei und eine Partei nur deswegen Berufung einlege, weil sie ihren eigenen, in erster Instanz erfolglos gebliebenen Auflösungsantrag zum Erfolg verhelfen wolle oder weil sie den in erster Instanz erfolgreichen gegnerischen Auflösungsantrag weiter bekämpfen wolle. Dem ist nicht zu folgen:

10

Die Verurteilung zur Zahlung einer Abfindung setzt einen Auflösungsantrag voraus, weil die Auflösung nicht von Amts wegen erfolgen kann. Wenn die gesetzliche Regelung bestimmt, dass die ausgeurteilte Abfindung nicht hinzuzurechnen ist, dann macht es keinen Sinn, den zwangsläufig erforderlichen Auflösungsantrag streitwerterhöhend zu berücksichtigen, zumal der Wert sich dann nach der Höhe der ausgeurteilten Abfindung zu richten hätte. Die Hinzurechnung des Abfindungsbetrages ist jedoch kraft ausdrücklich gesetzlicher Vorschrift nach § 42 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 GKG ausgeschlossen.

11

Nach allgemeiner und langjähriger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur wurde der Auslösungsantrag nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG nicht werterhöhend berücksichtigt. In Kenntnis dieser allgemeinen Auffassung in Literatur und Rechtsprechung zu § 12 Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz ArbGG hat der Gesetzgeber die dort geregelte Nichtberücksichtigung der Abfindung in die Vorschrift des § 42 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 GKG übernommen. Wenn der Gesetzgeber angeordnet hat, dass eine Abfindung nicht hinzugerechnet wird, dann zählt nicht nur der Abfindungsbetrag, sondern auch der zwangsläufig erforderliche vorausgehende Auflösungsantrag zum Kündigungsschutzverfahren und stellt wertmäßig eine Einheit dar. Schon die Regelung des § 12 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 ArbGG stellte eine Festschreibung der langjährigen Rechtsprechung dar (LAG Nürnberg 29.08.2005 aaO.).

12

Dass bei einem Berufungsverfahren, das nur um die Auflösung oder die Höhe des Abfindungsbetrages geführt wird, ein Wert festzusetzen ist, stellt keine Besonderheit dar, es ist dann lediglich ein Teil des erstinstanzlichen Gesamtstreitgegenstandes in die Berufung gelangt. Eine eigene Wertfestsetzung erfolgt in diesem Fall unabhängig vom Kündigungsschutzverfahren (BAG Urteil vom 6.3.1979 - 6 AZR 397/77 - juris, Schwab aaO.).

13

Der mit § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG verbundene soziale Schutzzweck, die Kosten für Bestandstreitigkeiten zu begrenzen, würde bei Änderung dieser feststehenden Rechtsprechung verfehlt.

14

Eine im Marktinteresse der Anwaltschaft (so der Hinweis der Prozessbevollmächtigten des Klägers) geänderte Regelung bleibt dem Gesetzgeber überlassen.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

VorschriftenKSchG § 9, GKG § 42 Abs. 4

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