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29.04.2011

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 24.11.2010 – 7 Sa 461/10


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 20.05.2010, Az.: 9 Ca 2702/09 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Leistung einer Entschädigung wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsgebot aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.

Von einer Wiederholung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 20.05.2010 (dort S. 2 bis 4 = Bl. 77 bis 79 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Höhe der Entschädigung wird in das Ermessen des Gerichts gestellt, sollte aber 9.750,00 EUR nicht unterschreiten.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 20.05.2010 (Bl. 76 ff. d.A.) die Klage als unbegründet abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe eine Entschädigung nach §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 1, 2 AGG nicht zu, da er nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Allerdings habe der Kläger seinen Anspruch rechtzeitig im Sinne von § 15 Abs. 4 AGG, also binnen drei Monaten nach Ablehnung der Bewerbung, geltend gemacht. Es sei davon auszugehen, dass das beklagte Land dem Kläger die Absage erst durch das Schreiben vom 14.10.2009 erteilt habe und nicht bereits in dem Telefonat vom 24.09.2009. Auf das entsprechende Schreiben des Klägers habe das Land nämlich nicht näher dargelegt, dass der Kläger während dieses Telefonats tatsächlich eine Absage erhalten habe.

Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot liege aber nicht vor, wobei dies zunächst für das von der Beklagten bei der Personalauswahl angewandte Verfahren gelte (wird weiter ausgeführt).

Darüber hinaus sei der Kläger aber auch durch die getroffene Auswahlentscheidung nicht wegen seiner unstreitig bestehenden Schwerbehinderung benachteiligt worden. Vielmehr habe das beklagte Land den Mitbewerber Z als geeigneter ansehen dürfen, zumal der Kläger, im Gegensatz zu dem Mitbewerber, eine Eintragung im Verkehrszentralregister zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung gehabt habe. Auch wenn der Kläger als LKW-Fahrer eine große Kilometerleistung in der Vergangenheit zu bewältigen gehabt habe, spreche diese Eintragung gegen ihn, da auch jemand der viel Kilometer fahre sich an die Verkehrsvorschriften halten und insbesondere den Sicherheitsabstand wahren müsse.

Des Weiteren habe zu Gunsten des Herrn Z gesprochen, dass dieser als Fahrlehrer eher über Erfahrung in der Personenbeförderung verfügt habe als der Kläger, der zuletzt als LKW-Fahrer tätig gewesen sei. Ein Fahrschullehrer, der mit der technischen Ausrüstung, die Fahrschulfahrzeuge aufweisen würden, neben Fahranfängern sitze, müsse zumindest die gleiche, wenn nicht eine höhere Aufmerksamkeit auf den Straßenverkehr richten als derjenige, der ein Fahrzeug persönlich führe.

Zudem habe Herr Z sich, im Gegensatz zum Kläger, mit dem Fahrzeugtyp, der bei einer Fahrprobe verwandt worden sei, vertraut gemacht nachdem dieser Fahrzeugtyp den stillen Bewerbern vorher mitgeteilt worden sei.

Wenn der Kläger schließlich auf Eintragungen in einer Internetseite mit dem Motto "wer-kennt-wen" hinweise, sei zu berücksichtigen, dass diese Eintragungen des Herrn Z aus dem Frühjahr 2010 nichts über den Inhalt der Internetseite sowie den Kreis seiner Freunde und Bekannten im Spätsommer/Herbst des Jahres 2009 aussage.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 4 ff. des Urteils vom 20.05.2010 (= Bl. 79 ff. d.A.) verwiesen.

Der Kläger, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 27.07.2010 zugestellt worden ist, hat am 27.08.2010 Berufung unter gleichzeitiger Begründung seines Rechtsmittels beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt.

Der Kläger macht geltend,

die gesetzliche Frist zur Geltendmachung der Entschädigung sei eingehalten, da er erst mit Schreiben vom 14.10.2009 eine definitive Absage erhalten habe. Während des vorausgegangenen Telefongespräches habe es lediglich geheißen: "... mit Wahrscheinlichkeit...".

Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, das Herr Z als Fahrlehrer geeigneter für die ausgeschriebene Stelle gewesen sei als er selbst. Denn er habe in der französischen Armee Personen befördert und sei zudem dort als Dolmetscher tätig gewesen. Darüber hinaus gehe die Beklagte zu Unrecht davon aus, dass LKW-Fahrer stets ohne Beifahrer unterwegs seien. Zudem verfüge er seit 1980 über einen Führerschein, mithin länger als der nunmehrige Stelleninhaber Z. Insgesamt habe er eine zehn Jahre längere Fahrpraxis und größere Qualifikation.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 27.08.2010 (vgl. Bl. 90 ff. d.A.) und 25.10.2010 (Bl. 109 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die klägerische Partei eine Entschädigung nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Höhe der Entschädigung wird in das Ermessen des Gerichts gestellt, sollte aber 9.750,00 EUR brutto nicht unterschreiten.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land führt aus,

die Frist für die Geltendmachung einer Entschädigung von drei Monaten sei versäumt, zumal dem Kläger am 25.09.2009 telefonisch mitgeteilt worden sei, dass die Stelle des persönlichen Fahrers des Staatssekretärs, aufgrund größerer Erfahrung eines Mitbewerbers, anderweitig vergeben worden sei. Dass eine entsprechende Mitteilung erfolgt sei, folge auch aus dem Schreiben des Klägers vom 26.09.2009, das eine Reaktion auf dieses Telefongespräch enthalte.

Im Übrigen habe das Arbeitsgericht mit zutreffenden Erwägungen festgestellt, das Herr Z für die ausgeschriebene Stelle geeigneter gewesen sei als der Kläger. Es werde im Übrigen bestritten, dass der Kläger während seines Wehrdienstes bei der französischen Armee überwiegend zur Personenbeförderung eingesetzt gewesen sei; entsprechende Angaben habe er in dem vorgelegten Lebenslauf nicht gemacht. Herr Z sei demgegenüber sei über fünfzehn Jahren ununterbrochen als Fahrlehrer tätig gewesen und habe stetig an diversen Sicherheitstrainings teilgenommen. Diese Tätigkeit stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Personenbeförderung und mit einer guten Qualifikation hinsichtlich der Fahrzeugtechnik.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf die Schriftsätze des beklagten Landes vom 27.09.2010 (vgl. Bl. 98 ff. d.A.) und 18.11.2010 (vgl. Bl. 111 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht Mainz hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, da die rechtlichen Voraussetzungen aus §§ 15 Abs. 2 und 1, 7 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1, 1 AGG für die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von mindestens 9.750,00 EUR nebst Zinsen nicht erfüllt sind.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger die dreimonatige Klagefrist, die nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG nach einer erfolglosen Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung beginnt, gewahrt hat. Hierfür spricht, dass eine europarechtskonforme Auslegung der gesetzlichen Ausschlussfristenregelung die Kenntnis des abgelehnten Bewerbers von dem eine Benachteiligung ausmachenden Umständen erfordern könnte, um die Frist in Gang zu setzen (vgl. Germelmann, ArbGG, 4. A., § 61 b Rdnr. 5). Im Falle einer erfolglosen Bewerbung wird diese Kenntnis in der Regel erst durch die Bekanntgabe der Ablehnungsgründe von dem erfolglosen Stellenbewerber erlangt werden können. Die Ablehnungsgründe sind dem Kläger aber im vorliegenden Fall, selbst unter Zugrundelegung des Beklagtenvorbringens, nicht bereits während des Telefonates vom 25.09.2010, sondern erst im Schreiben vom 14.10.2009 (vgl. Bl. 12 d.A.) mitgeteilt worden. Demnach hätte die am 14.12.2009 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangene Klage fristwahrend gewirkt.

Letztlich bedarf dies aber nicht der Entscheidung, zumal das beklagte Land, unterstellt der Kläger hätte die Klagefrist eingehalten, ihn weder während des Stellenbesetzungsverfahrens noch bei der Auswahlentscheidung selbst wegen seiner unstreitig bestehenden Behinderung benachteiligt hat. Dies hat bereits das Arbeitsgericht Mainz in seiner Entscheidung rechtsfehlerfrei festgestellt, so dass die Berufungskammer von einer wiederholenden Darstellung des erstinstanzlichen Entscheidungsgründe gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG absieht und auf S. 5 bis 9 des erstinstanzlichen Urteils (= Bl. 80 bis 84 d.A.) Bezug nimmt. Die von dem Kläger mit seinem Rechtsmittel hiergegen erhobene Einwendungen greifen nicht durch. Hierzu im Einzelnen:

1. Der derzeitige Stelleninhaber erfüllt ein nach der Stellenausschreibung des beklagten Landes wünschenswertes Merkmal in höherem Maße als der Kläger, denn er hat eine größere Erfahrung in einer der ausgeschriebenen Stelle (persönliche(r) Fahrer(in) für einen Staatssekretär) vergleichbaren Position als der Kläger. Dies gilt selbst dann, wenn man unterstellt, sein von der Gegenseite zweitinstanzlich bestrittener Sachvortrag träfe zu, er sei während seiner Militärzeit bei der französischen Armee von 1981 bis 1987 öfter als Fahrer hochrangiger Offiziere eingesetzt worden. Des Weiteren war er vor der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle während insgesamt drei Jahren als LKW-Fahrer tätig (vgl. das Protokoll zur mündlichen Berufungsverhandlung vom 24.11.2010, S. 2 = Bl. 115 d.A.). Hieraus resultiert insgesamt eine Fahrpraxis von neun Jahren, falls die Zeit des Klägers als LKW-Fahrer angerechnet wird auf die Zeit, in der entsprechende Personenbeförderungserfahrungen gewonnen wurden. Die in diesem Zusammenhang von Herrn Z vorgewiesene Fahrpraxis im Bereich der Personenbeförderung übersteigt deutlich diese neun Jahre, da Herr Z insgesamt fünfzehn Jahre entsprechende Erfahrungen gesammelt hat. Von 1991 bis 2009 war er nämlich mit lediglich einer dreijährigen Unterbrechung (Studium und Montagearbeit) als Fahrlehrer tätig. Diese Tätigkeit erfordert eine hohe Kompetenz und Verantwortung mit der Personenbeförderung, da ein Fahrlehrer ständig die Fahrschüler kontrollieren und deren Fehler ausgleichen muss. Dies ist vom Inhalt her der vom Kläger nach seiner Darstellung durchgeführten Personenbeförderung ohne Weiteres zumindest ebenbürtig, allerdings mit dem Unterschied, das Herr Z über eine sechs Jahre längere Personenbeförderungserfahrung im Auswahlzeitpunkt verfügte.

Dem gegenüber spielt es keine Rolle, dass der Kläger den Führerschein zu einem früheren Zeitpunkt als Herr Z erworben hat. Entscheidend ist nach dem ohne Ansehung der Person formulierten Kriterium aus der schriftlichen Stellenbeschreibung (vgl. Bl. 53 d.A.) nicht der Besitz des Führerscheines, sondern das Vorhandensein von Erfahrungen in einer Position, die der eines Fahrers für einen Staatssekretär vergleichbar ist. Solche Erfahrungen spiegeln sich aber in der Zahl der Jahre wieder, während deren eine Personenbeförderung erfolgte.

Diese Feststellungen können aus der eigenen Anschauung und Erkenntnis der Berufungskammer getroffen werden und bedurften nicht der vorherigen Einholung eines Sachverständigengutachtens wie dies vom Kläger allerdings beantragt worden ist. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang keine Fähigkeiten oder Kenntnisse der Stellenbewerber benannt, welche die erkennende Kammer, mangels hinreichender eigener Sachkenntnis, nicht beurteilen kann.

2. Des Weiteren spricht bei Zugrundelegung des in der schriftlichen Stellenausschreibung genannten Merkmals "Zuverlässigkeit" die unstreitige Tatsache, dass der Kläger wegen Nichteinhaltung des im Straßenverkehr notwendigen Fahrzeugabstandes eine Eintragung im Verkehrszentralregister zum Auswahlzeitpunkt hatte, ebenfalls für eine stärkere Geeignetheit des Herrn Z. Denn dieser hat, trotz seiner im Bereich der Personenbeförderung sechs Jahre längeren Fahrpraxis keine entsprechende Eintragung. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf seine große Kilometerleistung als LKW-Fahrer verwiesen hat, ist dies angesichts seines beruflichen Werdegangs nicht konkret nachvollziehbar; insbesondere auch deshalb weil er lediglich während drei Jahren als LKW-Fahrer vor der Auswahlentscheidung gearbeitet hat.

Unter Einbeziehung der übrigen vom Arbeitsgericht bereits dargelegten Umstände, die für die Auswahl des Herrn Z zum maßgeblichen Zeitpunkt der Stellenbesetzung sprachen, ist mithin insgesamt festzustellen, dass die Beklagte zu Recht von einer besseren Eignung des Herrn Z des für die zu besetzende Stelle vorausging. Hieraus folgt weiter, dass der Kläger nicht wegen seiner Behinderung bei der Stellenbesetzung benachteiligt wurde.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

VorschriftenAGG § 1, AGG § 15, AGG § 15 Abs. 1, AGG § 15 Abs. 2, AGG § 2, AGG § 2 Abs. 1, AGG § 2 Abs. 1 Nr. 1, AGG § 7, AGG § 7 Abs. 1

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