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01.02.2012 · IWW-Abrufnummer 120278

Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 15.04.2010 – 6 U 1000/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


6 U 1000/09

In dem Rechtsstreit
...
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz
durch
den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Sartor,
den Richter am Oberlandesgericht Ritter und
den Richter am Amtsgericht Steinhausen
auf die mündliche Verhandlung vom 04.03.2010
für Recht erkannt:

Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.07.2009 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Trier abgeändert wie folgt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 72.092,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2008 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe
I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Architektenhonorar in Anspruch.

Die Beklagte beauftragte den Kläger mit der Planung des Baus eines Altenheims auf einem zu diesem Zweck gekauften Grundstück in ...[A]. Gemäß dem Architektenvertrag vom 12./17.06.2006 hatte der Kläger die Leistungsphasen 1 bis 4 gemäß § 15 HOAI zu erbringen. Hinsichtlich der Höhe des Honorars wurde der schriftliche Vertrag später mündlich dahin abgeändert, dass ein Honorar von brutto 85.000,00 EUR geschuldet sein sollte. Gemäß § 11 des Vertrages sollte die Zahlung nach Vorlage der rechtsgültigen Baugenehmigung innerhalb von 10 Tagen nach Rechnungslegung erfolgen.

Der Kläger erbrachte Planungsleistungen für die Beklagte und reichte am 31.12.2007 oder 01.02.2007 den Bauantrag zusammen mit bestimmten Bauplänen bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde ein. Nachdem diese darauf hingewiesen hatte, dass der Bauantrag unvollständig sei, forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Beibringung fehlender Unterlagen auf und teilte ihr dann unter Übersendung einer Honorarrechnung mit Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 29.01.2008 mit, dass er den Architektenauftrag mangels Mitwirkung der Beklagten als beendet ansehe. Mit Schreiben seiner Anwälte vom 08.02.2008 an die Beklagte machte der Kläger die Fortsetzung seiner Tätigkeit davon abhängig, dass die Beklagte innerhalb einer gesetzten Frist eine Sicherheitsleistung in Höhe des Honorars von 85.000,00 EUR stelle. Nach fruchtlosem Fristablauf und erneuter Fristsetzung kündigte der Kläger den Vertrag mit anwaltlichem Schreiben vom 14.03.2008. Unter dem 05.03.2008 ließ der Kläger der Beklagten eine Honorarrechnung zukommen, die mit einem Betrag von 72.092,59 EUR abschloss.

Von dem Kaufvertrag über das Grundstück, auf welchem das Altenheim errichtet werden sollte, trat der Verkäufer am 15.05.2008 zurück. Die Erteilung der Baugenehmigung wurde mit Bescheid vom 16.12.2008 abgelehnt.

Der Kläger hat vorgetragen, das in Rechnung gestellte Honorar entspreche den von ihm erbrachten Planungsleistungen. Die vollständige Fertigstellung sei allein an der mangelnden Mitwirkung der Beklagten gescheitert.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 72.092,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, der Kläger habe die von ihm geschuldeten Leistungen nicht in der gehörigen Weise erbracht. Seine Planung weise unbehebbare Mängel auf.

Das Landgericht hat die Klage als zur Zeit unbegründet abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung vor, seine Planung sei realisierbar, zumindest aber nachbesserungsfähig. Dass er den Bauantrag vom 01.02.2007 in dieser Form eingereicht habe, sei auf Drängen der Beklagten geschehen. Die Baugenehmigung würde erteilt worden sein, wenn die Beklagte die von der Bauaufsichtsbehörde angemahnten Unterlagen vorgelegt hätte. Mit Ablauf der gemäß § 648 a BGB gesetzten Frist sei das Honorar fällig geworden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 72.092,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Kläger könne kein Honorar verlangen, da er keine verwertbaren Planungsleistungen erbracht habe. Die Pläne, die vom Kläger nach dessen Vortrag mit dem Bauantrag eingereicht worden seien, habe der Kläger eigenmächtig gefertigt. Hierzu habe sie, die Beklagte, keinen Auftrag erteilt. Zweck der Einreichung dieser Pläne sei es lediglich gewesen, einer Vereinbarung mit dem Verkäufer des Baugrundstücks nachzukommen, wonach der Bauantrag bis zum 01.02.2007 habe eingereicht werden müssen.

Jedenfalls sei das Honorar nach dem bestehenden Architektenvertrag nicht fällig, solange keine Baugenehmigung vorliege. Die Kündigung des Klägers vom 14.03.2008 sei unwirksam, da er keinen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit nach § 648 a BGB gehabt habe. Denn bereits mit seinem Schreiben vom 29.01.2008 habe der Kläger jede weitere Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Zu einer Beendigung des Vertragsverhältnisses habe aber auch dieses Schreiben nicht geführt, da sie, die Beklagte, nicht gegen ihrer Mitwirkungspflicht verstoßen habe.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen bis zum 29.03.2010 eingereichten Schriftsätze und Urkunden (bis Bl. 363 GA) Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von Architektenhonorar gemäß §§ 645 Abs. 1, 643 BGB i.V.m. § 648 a Abs. 5 BGB a.F.

Zwischen den Parteien besteht ein Architektenvertrag. Der Vertrag ist gemäß § 643 BGB i.V.m. § 648 a Abs. 5 BGB a.F. aufgehoben worden. § 648 a BGB findet nach allgemeiner Meinung auch auf Architektenverträge Anwendung (vgl. Münchener Kommentar / Busche, BGB, 5. Aufl., § 648 a Rdnr. 8), hier in der bis zum 31.12.2008 gültigen Form (Art. 229 § 19 Abs. 1 EGBGB).

Der Kläger hatte gemäß § 648 a Abs. 1 BGB gegen die Beklagte einen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit. Dieser Anspruch war nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger unter dem 29.01.2008 der Beklagten gegenüber erklärt hatte, er sehe den Vertrag als beendet an. Allerdings kann ein Unternehmer nur dann Sicherheit nach § 648 a BGB verlangen, wenn er bereit und in der Lage ist, die geschuldete Werkleistung zu erbringen, insbesondere vorhandene Mängel zu beseitigen (BGH NJW-RR 2008, 31, 34 [BGH 27.09.2007 - VII ZR 80/05]; Münchener Kommentar / Busche § 648 a Rdnr. 5). Diese Voraussetzungen waren hier aber gegeben. Der Kläger war zur Leistung bereit, was auch in seinem Schreiben vom 08.02.2008 zum Ausdruck kommt, mit dem die Stellung einer Sicherheit verlangt wurde. In dem Schreiben des Klägers vom 29.01.2008 lag ebenfalls keine endgültige Verweigerung aller weiteren Leistungen. Vielmehr wurde die Beendigung des Vertrages ausschließlich damit begründet, dass die Beklagte es trotz mehrfacher Aufforderung abgelehnt hatte, die von der Bauaufsichtsbehörde angemahnten Unterlagen beizubringen. Nur weil der Kläger diese Ablehnung als endgültig ansah, betrachtete er das Vertragsverhältnis als beendet. Dass er davon auch dann nicht abrücken würde, wenn die Beklagte doch noch ihrer Mitwirkungspflicht nachkommen würde, war dem Schreiben nicht zu entnehmen. Soweit die Beklagte sich des Weiteren auf ein Gespräch vom 12.12.2006 - also mehr als ein Jahr vor der Aufforderung zur Stellung einer Sicherheit - bezieht, in welchem der Kläger erklärt haben soll, er sei in Anbetracht der von Seiten des Investors geäußerten Kritik an seiner Planung nicht bereit, an dem Projekt weiter zu arbeiten, ist eine endgültige Leistungsverweigerung ebenfalls zu verneinen. Denn unstreitig wurde der Kläger in der Folgezeit im Rahmen des Bauvorhabens weiter tätig. So reichte er z.B. am 31.01.2007 den Bauantrag ein. Auch dass der Kläger objektiv nicht in der Lage gewesen wäre, die von ihm geschuldeten Leistungen zu erbringen, ist, wie noch auszuführen sein wird, nicht anzunehmen.

Der Kläger konnte daher gemäß § 648 a Abs. 1 BGB von der Beklagten Sicherheit in Höhe der vereinbarten Vergütung für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen verlangen. Dies geschah mit Schreiben vom 08.02.2008. Nachdem die Frist, die der Kläger für die Stellung der Sicherheit bestimmt hatte, am 15.02.2008 abgelaufen war, setzte er der Beklagten mit Schreiben vom 06.03.2008 gemäß § 643 BGB eine zweite Frist unter Androhung der Kündigung bis zum 13.03.2008. Mit dem Ablauf dieser Frist gilt der Vertrag als aufgehoben (§ 643 Satz 2 BGB), wie der Kläger in seinem Schreiben vom 14.03.2008 noch einmal ausdrücklich festgestellt hat. Der in diesem Schreiben erklärten Kündigung bedurfte es somit nicht mehr.

Nach der gemäß § 643 BGB herbeigeführten Aufhebung des Architektenvertrages kann der Kläger gemäß § 645 Abs. 1 BGB i.V.m. § 648 a Abs. 5 BGB a.F. einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der vereinbarten Vergütung verlangen. Demgegenüber kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, der Fälligkeit dieses Anspruchs stehe § 11 des Architektenvertrages entgegen, in welchem vereinbart ist, dass das Honorar erst nach Vorlage der rechtsgültigen Baugenehmigung zu zahlen sei. Denn nach der außerordentlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses ist die Zahlung der Vergütung nicht mehr abhängig von der Fertigstellung des Werkes, sondern ist kraft Gesetzes schon vorher zu leisten (§ 645 BGB).

Auch nach einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses - hier gemäß § 643 BGB - bleibt es allerdings bei den Fälligkeitsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 HOAI a.F. (BGH NJW-RR 2000, 386 [BGH 11.11.1999 - VII ZR 73/99]). Das Honorar wird demnach erst fällig, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht worden ist Diese Voraussetzungen sind hier jedoch erfüllt.

Die Honorarrechnung des Klägers vom 05.03.2008 ist prüffähig. Um prüffähig i. S. des § 8 HOAI zu sein, muss eine Honorarrechnung diejenigen Angaben enthalten, die nach dem geschlossenen Vertrag und der HOAI objektiv unverzichtbar sind, um die sachliche und rechnerische Überprüfung des Honorars zu ermöglichen. Der Architekt muss daher seine Schlussrechnung entsprechend den Bestimmungen der HOAI in der Weise aufschlüsseln, dass der Auftraggeber die Schlussrechnung auf ihre rechtliche und rechnerische Richtigkeit überprüfen kann (BGH NJW-RR 2004, 445, 446 [BGH 27.11.2003 - VII ZR 288/02]). Das ist hier geschehen.

Der Kläger hat in seiner Honorarrechnung den Teil des vereinbarten Pauschalhonorars berechnet, der den von ihm erbrachten Leistungen entspricht. Nach § 648 a Abs. 5 BGB a.F., der auf § 645 Abs. 1 BGB verweist, steht dem Architekten nicht, wie in § 649 Satz 2 BGB und § 648 a Abs. 5 Satz 2 BGB n.F. geregelt, die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen, sondern eine Teilvergütung zu (BGH NJW 2005, 1650 [BGH 24.02.2005 - VII ZR 225/03]). Deren Höhe ist in der Weise zu ermitteln, dass das Ausmaß der tatsächlich erbrachten Leistung zur geschuldeten vertragsgemäßen Leistung in Beziehung gesetzt wird, womit sich aus dieser Relation die Teilvergütung im Verhältnis zur vertragsgemäßen Vergütung errechnet (vgl. BGH NJW 1999, 2036 [BGH 11.02.1999 - VII ZR 91/98]; Münchener Kommentar / Busche, BGB, 5. Aufl., § 645 Rdnr. 12). Demgemäß hat der Kläger in seiner Rechnung richtig den vereinbarten die tatsächlich erbrachten Leistungen gegenübergestellt. Dazu genügte es, diese in Prozentsätzen entsprechend § 15 Abs. 1 HOAI a.F. anzugeben. Nach dem Architektenvertrag sollte der vereinbarte Festpreis für die einzelnen Leistungsphasen jeweils zu den in § 2 des Vertrages festgelegten, aus der HOAI übernommenen Anteilen geschuldet sein. Dies hat der Kläger in seiner Schlussrechnung dadurch berücksichtigt, dass er ihr bezüglich der vereinbarten Leistungen wie im Vertrag folgende Anteile zugrunde gelegt hat:

für die Grundlagenermittlung 3%
für die Vorplanung 7%
für die Entwurfsplanung 11%
für die Genehmigungsplanung 6%
insgesamt 27%

Bezüglich der tatsächlich erbrachten Leistungen hat er zu jeder Leistungsphase die Leistungsbestandteile nach § 15 Abs. 2 HOAI a.F. aufgeführt, die zur Ausführung kamen. Die Prozentsätze, die diesen Planungsleistungen entsprechen, hat der Kläger in zulässiger Weise dadurch ermittelt, dass er die in § 15 Abs. 2 HOAI a.F. im Rahmen der einzelnen Leistungsphasen vorgesehenen, aber im vorliegenden Fall nicht erbrachten Grundleistungen jeweils mit einem Prozentsatz bewertet und in Abzug gebracht hat. Auf diese Weise ist der Kläger zu einem Gesamtprozentsatz von insgesamt 22,9% gelangt.

Diese Berechnungsweise entspricht der Regelung in § 5 Abs. 2 HOAI a.F., wonach dann, wenn nicht alle Grundleistungen einer Leistungsphase übertragen werden, für die übertragenen Leistungen nur ein Honorar berechnet werden darf, das dem Anteil der übertragenen Leistungen an der gesamten Leistungsphase entspricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht unzulässig, in Fällen wie dem vorliegenden das Honorar nach § 5 Abs. 2 HOAI a.F. durch Kürzung der für die einzelnen Grundleistungen nach § 15 HOAI zu beanspruchenden Vom-Hundert-Sätze zu ermitteln. Die - entsprechende - Anwendung dieser Methode wird in der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BauR 2006, 693, 696 [BGH 12.01.2006 - VII ZR 2/04]) nur für Fälle abgelehnt, in denen der Architekt - statt mit einem Teil der Grundleistungen einer Leistungsphase für das gesamte Objekt - mit allen Grundleistungen für einen Teil des Gesamtobjekts beauftragt worden ist. Ein solcher Sachverhalt ist hier nicht gegeben.

Das geschuldete Honorar ist in der Schlussrechnung korrekt durch Gegenüberstellung des errechneten Gesamtprozentsatzes von 22,9% mit dem im Vertrag vorgesehenen Gesamtprozentsatz von 27% (entsprechend dem vereinbarten Honorar von 85.000,00 EUR) im Wege des Dreisatzes mit 72.092,59 EUR ermittelt worden. Da ein Festpreis vereinbart ist, bedurfte es zur Prüffähigkeit der Schlussrechnung keiner besonderen Ausführungen gemäß DIN 276 zur Höhe der anrechenbaren Kosten.

Soweit die Beklagte dennoch geltend macht, der Schlussrechnung vom 05.03.2008 fehle die Prüffähigkeit, ist sie damit bereits deshalb nicht zu hören, weil sie nicht spätestens innerhalb einer Frist von zwei Monaten seit Zugang der Rechnung Einwendungen gegen die Prüffähigkeit vorgebracht hat (BGH NJW-RR 2004, 445, 447 [BGH 27.11.2003 - VII ZR 288/02])

Der Kläger hat seine Leistung vertragsgemäß erbracht (§ 8 Abs. 1 HOAI a.F.). Bei einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag oder Kündigung - wie hier - ist die Leistung eines Architekten "vertragsgemäß" i. S. des § 8 Abs. 1 HOAI a.F., wenn er keine weiteren Leistungen mehr zu erbringen hat; die von ihm geschuldeten Leistungen beschränken sich dem Umfang nach auf das erstellte Teilwerk, das damit die "vertragsgemäße" Leistung darstellt (BGH NJW-RR 1986, 1279 [BGH 19.06.1986 - VII ZR 221/85]).

Der Kläger hat die Planung für das Bauvorhaben der Beklagten - mit Ausnahme der in der Schlussrechung aufgeführten nicht erbrachten Leistungsbestandteile - bis zur Leistungsphase 4, d.h., die Grundlagenermittlung, die Vorplanung und die Genehmigungsplanung einschließlich der Einreichung des Bauantrags, durchgeführt. Die von der Beklagten hiergegen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

Der Vortrag des Klägers, dass er die von ihm in Rechnung gestellten Planungsleistungen erbracht habe, ist als unstreitig zu behandeln. Die Richtigkeit der Honorarrechnung des Klägers ist von der Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht bestritten worden. Erstmals in ihrem nachgereichten Schriftsatz vom 29.03.2010 hat die Beklagte vorgetragen, sie bestreite die Berechtigung des in Rechnung gestellten Honorars der Höhe nach und bestreite mit Nichtwissen, dass der Kläger die von ihm in Rechnung gestellten Leistungen erbracht habe, insbesondere dass er die im vorliegenden Verfahren vorgelegten Unterlagen bei der Bauaufsichtsbehörde eingereicht habe. Dieser Vortrag ist gemäß § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen. Der Beklagten ist zwar in der mündlichen Verhandlung gemäß § 283 ZPO eine Frist zur Einreichung eines Schriftsatzes gewährt worden, jedoch gemäß Antrag nur zu den protokollierten Hinweisen des Senats. Diese Hinweise betrafen allein die rechtliche Problematik der Fälligkeit des Honorars nach Kündigung infolge Nichtstellung einer Sicherheit und die Frage, ob die Planung des Klägers dem Auftrag der Beklagten entsprach, insbesondere ob die mit dem Bauantrag eingereichten Pläne von der Beklagten durch die Unterschriftsleistung ihres Vertreter genehmigt wurden (Bl. 264 ff. GA). Dagegen ist ein Hinweis zu der Frage, ob die in Rechnung gestellten Leistungen erbracht wurden, und zur Richtigkeit der Honorarrechnung in der mündlichen Verhandlung nicht erteilt worden. Hierzu bestand auch kein Anlass, da die Beklagte den Vortrag des Klägers insofern nie angegriffen hatte. Der Vortrag im Schriftsatz der Beklagten vom 29.03.2010 kann aber nur berücksichtigt werden, soweit er eine Stellungnahme zu den erteilten Hinweisen darstellt. Neuer Sachvortrag, der hierüber hinausgeht, ist dagegen nicht zuzulassen (BGH FamRZ 1979, 573, 575). Das erstmalige Bestreiten des klägerischen Vortrags hinsichtlich Leistungserbringung und Richtigkeit der Honorarrechnung muss daher unberücksichtigt bleiben. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Der neue Vortrag der Beklagten ist nicht Folge eines Verfahrensfehlers, insbesondere eines unterlassenen Hinweises des Gerichts (§ 156 ZPO).

Eines weiteren gerichtlichen Hinweises durch den Senat bedurfte es nach § 139 ZPO nicht, nachdem die Parteien in der mündlichen Verhandlung auf die gesamte rechtliche Problematik des Falles hingewiesen worden sind, wie sie sich nach Auffassung des Senats aufgrund des bis dahin gehaltenen Parteivortrags ergab. Für das Gericht bestand auch kein Anlass, durch eine sachdienliche Frage i. S. des § 139 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu weiterem Vortrag bezüglich der Leistungserbringung und der Richtigkeit der Rechnung des Klägers zu veranlassen.

Die Leistungen des Klägers wurden entgegen dem Vortrag der Beklagten von dieser in Auftrag gegeben. Das ergibt sich daraus, dass der für die Beklagte auftretende ...[B] seine Unterschrift auf die Baupläne setzte, damit der Kläger sie zusammen mit dem Bauantrag einreichte. Denn dadurch gab die Beklagte ihr Einverständnis damit zu erkennen, dass der Kläger durch die Erstellung gerade dieser Planung für sie tätig geworden war und dass die Pläne in ihrem Namen verwendet wurden, d.h., sie nahm die Leistung des Klägers entgegen. Da für die Beklagte offensichtlich war, dass der Kläger diese Leistung nicht außerhalb des bestehenden Vertragsverhältnisses erbringen wollte, wurde durch die rügelose Entgegennahme der Leistung diese als vertragsgemäß akzeptiert. Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien, wie die Beklagte vorträgt, davon ausgingen, es würden noch erhebliche Änderungen notwendig, und dass die Pläne in erster Linie deshalb bei der Bauaufsichtsbehörde eingereicht wurden, weil zu befürchten war, der Vertragspartner der Beklagten bzw. des ...[B] werde von dem mit diesem geschlossenen Grundstückskaufvertrag zurücktreten, wenn nicht bis zum 31.01.2007 der Bauantrag gestellt würde. Denn unabhängig von den Motiven für die Verwendung der Pläne im Rahmen des Bauantrags stellen diese jedenfalls ein umfangreiches planerisches Werk dar, von dem die Beklagte nicht erwarten konnte, dass der Kläger es unentgeltlich erstelle.

Die Behauptung der Beklagten, die Planung sei nicht genehmigungsfähig und auch nicht nachbesserbar, ist unsubstantiiert. Ihr steht entgegen, dass die Bauvoranfrage positiv beschieden wurde und die Bauaufsichtsbehörde die Genehmigung allein deshalb ablehnte, weil bestimmte Unterlagen, u.a. ein amtlicher Lageplan mit Höhenangaben, eine Baulastregelung und ein Brandschutzkonzept, fehlten, die unstreitig hätten nachgereicht werden können. Jedenfalls ist dem Vortrag beider Parteien zu entnehmen, dass das Projekt nicht an der Planung, sondern letztlich daran scheiterte, dass kein Investor gefunden wurde. Der Vortrag der Beklagten, zur Ausführung der Planung des Klägers habe es an der erforderlichen Koordination mit dem Grundstücksnachbarn ...[C] gefehlt, lässt nicht erkennen, dass eine Einigung mit diesem endgültig ausgeschlossen gewesen sei, noch, dass eine nach dessen Wünschen vorgenommene Änderung der Planung unmöglich gewesen wäre. So kam neben der mit dem Bauantrag eingereichten Version der Zu- und Abfahrt der Tiefgarage auf dem Grundstück der Beklagten zusammen mit einer Überbauung des im Eigentum des Grundstücksnachbarn stehenden Geländestreifens u.a. noch die erste Version in Betracht, in welcher eine gemeinsame Abfahrt für beide benachbarten Tiefgaragen über das Grundstück ...[C] vorgesehen war. Die von der Beklagten aufgezeigten technischen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einem Höhenunterschied zwischen den Tiefgaragen des geplanten Altenheims und des im Eigentum des Walter ...[C] stehenden Nachbargebäudes mögen eine Umplanung erforderlich gemacht haben, es ist jedoch auszuschließen, dass diese Probleme nicht lösbar waren. Dem konkreten Vortrag des Klägers zur Möglichkeit der Überwindung des Höhenunterschiedes stellt die Beklagte keinen gleichwertigen Vortrag entgegen. Es kann deshalb auch nicht von völliger Wertlosigkeit der Planung des Klägers ausgegangen werden. Dass diese noch der Vervollständigung bedurfte, ist, da der Vertrag vorzeitig beendet wurde, selbstverständlich und ändert nichts daran, dass die Teilleistung gemäß § 645 BGB zu vergüten ist.

Die Höhe der Forderung ist unstreitig. Soweit die Beklagte die Bewertung der vom Kläger erbrachten Leistungen, wie sie in seiner Schlussrechnung enthalten ist, in ihrem nachgereichten Schriftsatz erstmals bestritten hat, ist dieser Vortrag aus den bereits genannten Gründen nach § 296 a ZPO unbeachtlich.

Auf die Berufung war das Urteil des Landgerichts abzuändern und der Klage stattzugeben.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 72.092,59 EUR festgesetzt.

RechtsgebieteBGB, HOAI, ZPOVorschriften§ 643 BGB § 648a BGB § 8 Abs. 1 HOAI § 15 Abs. 2 HOAI § 283 ZPO § 296a ZPO

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