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15.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112336

Landgericht Stuttgart: Urteil vom 15.12.2010 – 21 O 152/09

1. Ergibt sich unter Berücksichtigung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände und der besonderen Merkmale des Sachverhalts ein für die zu beweisende Tatsache typischer Geschehensablauf, kann von einer feststehenden Ursache auf einen bestimmten Erfolg oder umgekehrt geschlossen werden (sog. Anscheinsbeweis). Die beweisbelastete Partei muss dann nur den eingetretenen Erfolg beweisen, der nach der Lebenserfahrung regelmäßig auf eine bestimmte Ursache hinweist. Die Gegenpartei kann die Überzeugung des Gerichts erschüttern, indem sie konkrete Tatsachen behauptet und nötigenfalls beweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit einer abweichenden Ursache ergibt.


2.
Ein in der Folienabdichtung der Dachfläche vorhandener 12cm langer Schnitt beruht typischerweise auf einer Beschädigung der Folie mit einem scharfkantigen Gegenstand während der Bauphase. Es ist völlig untypisch, dass eine solche Beschädigung der Folienabdichtung entstanden sein soll, als sich bereits Drainmatten, Vlies und zusätzlich noch eine ca. 10 cm dicke, aus Kies oder Granulat bestehende Schicht auf der Folie befanden.


3.
Die Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Schiedsgutachterklauseln ist auf Sonderfälle beschränkt. Grundsätzlich sind derartige Klauseln rechtlich nicht zu beanstanden. Es kann auch ein einseitiges Wahlrecht bezüglich einer Schiedsklausel wirksam in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden.


Im Rechtsstreit
...
hat die 21. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart
auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2010
durch
Richter am Landgericht Dr. Jooß als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 41.898,35 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich seit dem 09.07.2009 sowie 8.700,00 EUR zu bezahlen.
2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin den weiteren in den Wohnungen im Bauvorhaben Exxxweg/Bxxxstraße in Kxxx aufgrund der mangelhaften Abdichtung des Daches entstanden Schaden zu ersetzen hat.
3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Die Kosten der Nebenintervention tragen die Nebenintervenienten selbst.
5.
Die Kosten des Sachverständigen Kxxx werden nicht erhoben. Die Kosten der Sachverständigen Klxxx werden nur in Höhe von 50% erhoben.
6.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 58.756,85 EUR.

Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche aus Werkvertrag. Die Klägerin erstellte als Generalunternehmerin eine Wohnanlage in Kornwestheim. Die Beklagte hatte die Abdichtung des Daches sowie die Dachbegrünung übernommen. Die Klägerin macht Kosten für Ersatzvornahme, Schadensersatz sowie Kostenvorschuss für eine Nachbesserung wegen Mängeln einer Dachabdichtung geltend.

Zwischen den Parteien kam ein Werkvertrag über die Herstellung der Dachabdichtung einschließlich der Dachbegrünung am Bauvorhaben Exxxweg/Bxxxstraße in Kxxx zustande. Es soll das Recht der VOB/B gelten.

Das Verhandlungsprotokoll vom 16.03.2006 sieht in Ziff. 13.5 vor, dass die Klägerin bei Streit über die Art und den Umfang von Schäden und das Vorliegen von Mängeln berechtigt ist, einen öffentlich bestellten Sachverständigen mit der Erstattung eines Schiedsgutachtens zu beauftragen. Macht die Klägerin von diesem Wahlrecht Gebrauch, so entscheidet der Schiedsgutachter mit bindender Wirkung für alle Beteiligten nach billigem Ermessen (Anlage K3).

Die von der Beklagten ausgeführten Arbeiten wurden von der Klägerin am 21.12.2006 abgenommen.

Mit Schreiben vom 31.03.2008 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten diverse Roststellen sowie schwarze Verfärbungen von Abdeckblechen und forderte die Beklagte auf, die Bleche auszutauschen (Anlage K7). Mit Schreiben vom 01.07.2008 (Anlage K9) lehnte die Beklagte eine Beseitigung der Rostflecken ab. Die Klägerin kündigte daraufhin mit Schreiben vom 04.07.2008 (Anlage K11) an, ein Schiedsgutachten zur Frage, ob an der Blechabdeckung der Abdichtung ein Mangel vorliegt, zur Ursache sowie zur Frage der Mängelbeseitigung einzuholen. Die Klägerin beauftragte den Schiedsgutachter Zeiss. Dieser erstellte am 09.10.2008 sein Gutachten (Anlage K12).

Der Schiedsgutachter stellte auf den Abdeckblechen Materialkorrosion und Flecken in rostbrauner Farbe fest, die durch eisenoxidhaltige Bestandteile im Kies verursacht sein sollen. Der Schiedsgutachter stellte insoweit einen Mangel und die Verantwortlichkeit der Beklagten fest. Des Weiteren stellte der Schiedsgutachter an der Verwahrung zu der Terrassenausgangstür und den nach Westen anschließenden Abdeckblechen der Wohnung Pxxx-Ablagerungen von Zinkhydroxid (Weißrost) fest. Insoweit nimmt der Schiedsgutachter ebenfalls einen erheblichen Mangel an. Zur Mängelbeseitigung ist nach Auffassung des Schiedsgutachters der Austausch der Bleche notwendig. Mit Schreiben vom 28.10.2008 (Anlage K20) übersandte die Klägerin der Beklagten das Gutachten des Schiedsgutachters Zeiss und forderte die Beklagte zur Mängelbeseitigung bis spätestens 21.11.2008 auf. Für den Fall der Nichteinhaltung der Frist kündigte die Klägerin Ersatzvornahme an.

Die Klägerin hat zum Austausch der Bleche Angebote eingeholt. Die Angebote lauten über 7.717,39 EUR bzw. 10.298,00 EUR.

Am 10.06.2008 kam es zu einem Wassereintritt in die Wohnungen des Bauvorhabens. Das Wasser trat in einer unter dem Dach liegenden Wohnung am Installationsschacht aus. Die Beklagte wurde am gleichen Tag mit Fristsetzung bis 13.06.2008 zur Mangelbeseitigung unter Androhung der Ersatzvornahme aufgefordert. Die Beklagte führte zwar Arbeiten aus. Am 24.06.2008 drang jedoch noch immer Wasser in die Wohnung. Die Klägerin beauftragte deshalb einen Dritten mit der Abdichtung des Daches und musste hierfür 1.224,55 EUR aufwenden.

Am 09./10.08.2008 kam es erneut zu einem Wassereintritt. Es zeigte sich eine feuchte Stelle über der Unterverteilung in der Wohnung Hitzel. Der Beklagten wurde der Wassereintritt mitgeteilt. Die Klägerin stellte fest, dass sich in der Dachdämmung wieder erheblich Wasser angestaut hatte. Mit Schreiben vom 15.08.2008 (Anlage K13) forderte die Klägerin die Beklagte auf, die komplette Begrünung abzuräumen, die Dachfläche zu überprüfen und Fehlstellen nachzuarbeiten. Die Klägerin setzte insoweit eine Frist bis 22.08.2008. Mit Schreiben vom 18.08.2008 (Anlage K14) wies die Beklagte darauf hin, dass es der Klägerin freistehe, eine Ersatzleistung vorzunehmen, die Beklagte die Kosten jedoch nicht tragen würde. Mit Schreiben vom 20.08.2008 (Anlage K15) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie die Dachfläche sukzessive abräumen und überprüfen sowie festgestellte Mängel nacharbeiten werde.

Am 05.09.2008 kam es zu weiteren Wassereintritten. Mit Schreiben vom 09.09.2008 (Anlage K17) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie die Dachfläche mit einem Gutachter begehen werde, die Dachfläche komplett abräumen und auf Fehlsteilen überprüfen werde.

Am 11.09.2008 fand eine Vorbesichtigung durch den Privatgutachter Zxxx statt. Das Dach wurde abgeräumt und vom Privatgutachter am 19.09.2008 untersucht. In der Folienabdeckung der Dachfläche wurde ein ca. 12 cm langer Schnitt, durch den Wasser in den Dachaufbau gelangen konnte, festgestellt.

Mit Schreiben vom 27.10.2008 (Anlage K19) übersandte die Klägerin der Beklagten das Gutachten des Privatgutachters Zxxx (Anlage K18) und forderte die Beklagte auf, die festgestellten Mängel zu beseitigen und Maßnahmen zur Trocknung der Dachfläche zu ergreifen. Zur Mängelbeseitigung setzte die Klägerin eine Frist bis 14.11.2008 und zur Einleitung der Trocknungsmaßnahmen bis 07.11.2008.

Der Sachverständige Zxxx berechnete der Klägerin für das Gutachten insgesamt 7.600,00 EUR (Anlage K39 und K40).

Nach Klageerhebung führte die Klägerin die Dachsanierung selbst durch. Für die Dachsanierung berechnete die Hxxx Dxxx GmbH 22.212,57 EUR. Für Sicherungsmaßnahmen während der Begutachtung entstanden 508,00 EUR. Ein Lüfter in einer beschädigten Wohnung musste montiert werden, wofür 78,00 EUR aufgewendet wurden. Die Erstellung einer neuen Dachbegrünung kostete 4.460,48 EUR. Für die Wiederherstellung der Verwahrungen der Abdichtung um die Aufzugsschächte mussten 516,00 EUR aufgewendet werden.

Die Entsorgung der alten Dachbegrünung kostete 440,00 EUR. Für Trocknung der Wände in den Wohnungen entstanden Kosten in Höhe von 1.485 EUR und 572 EUR sowie Stromkosten in Höhe von 458,09 EUR. Außerdem beseitigte die Klägerin Wasserschäden in den Wohnungen, wofür 2.284,20 EUR anfielen.

Die Wasserschäden in den einzelnen Wohnungen sind noch nicht komplett behoben, hierfür werden weitere Kosten entstehen.

Die Klägerin trägt vor, ihr Bauleiter sei wegen des Mangels insgesamt 31,25 Stunden mit der Sache befasst gewesen sei. Hierfür seien 60,00 EUR Stundenlohn anzusetzen. Die Abdeckbleche in den Oberlichtelementen hätten um 10 cm gekürzt werden müssen, wofür 190,00 EUR entstanden seien. Die Blechabdeckung über den Lüftern habe erneuert werden müssen, wofür 373,50 EUR entstanden seien. Außerdem seien Aufwendungen in Höhe von 31,16 EUR und 28,30 EUR für Wasser zur Kontrolle der Dacherneuerung entstanden.

Nachdem die Klägerin zunächst die Bezahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 35.000,00 EUR begehrte, stellte die Klägerin zuletzt die Anträge aus dem Schriftsatz vom 17.06.2009, der der Beklagten am 08.07.2009 zugestellt wurde:

1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 45.056,85 EUR nebst 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu bezahlen.
2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin auch den weiteren Schaden zu ersetzen hat, der der Klägerin aus der mangelhaften Abdichtung des Daches am Bauvorhaben Exxxweg/Bxxxstraße in Kxxx entstanden ist.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 8.700,00 EUR als Kostenvorschuss zur Nachbesserung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet eine Verantwortung für den Schnitt in der Dachabdichtung. Die Dachabdichtung sei bei Abnahme mangelfrei gewesen. An die Feststellungen des Schiedsgutachters sei die Beklagte nicht gebunden. Die Schiedsgutachtenklausel sei unwirksam. Außerdem sei das Gutachten offensichtlich falsch.

Das Landgericht Stuttgart hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie durch Vernehmung der Zeugen Axxx, Gxxx Axxx Wxxx Rxxx und Sxxx Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten sowie das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 10. November 2010 verwiesen.

Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe
I.

1.

Die Anträge Ziffer 1 und 3 sind zulässig.

Insbesondere ist die Klageänderung zulässig. Die Beklagte hat der Klageänderung zwar nicht zugestimmt, die Klageänderung ist allerdings sachdienlich (§ 263 ZPO).

2.

Auch der Feststellungsantrag ist zulässig.

Der insoweit relevante Schaden an den Wohnungen ist zwar bereits entstanden, jedoch noch nicht behoben. Zur Bezifferung bedürfte es deshalb eine aufwendigen Begutachtung. Die Leistungsklage ist in diesem Fall nicht vorrangig (vgl. Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 254 Rn. 7a m.w.N.)

II.

Der Zahlungsantrag Ziffer 1 ist in Höhe von 41.898,35 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich seit dem 09.07.2009 begründet. Im Übrigen war er als unbegründet abzuweisen.

1.

Die Klägerin hat nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B Anspruch auf Aufwendungsersatz wegen Ersatzvornahme in Höhe von 29.059,06 EUR.

a)

Die Werkleistung der Beklagten war mangelhaft. Der 12 cm lange Schnitt in der Folienabdichtung war bereits bei Abnahme vorhanden.

Aufgrund eines Anscheinsbeweises ist davon auszugehen, dass der Schnitt in der Folienabdichtung bereits bei Erstellung des Werks verursacht wurde und deshalb bereits bei Abnahme vorhanden war. Die Beklagtenseite hat den Anscheinsbeweis nicht erschüttert und auch keinen Gegenbeweis erbracht.

Ergibt sich unter Berücksichtigung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände und der besonderen Merkmale des Sachverhalts ein für die zu beweisende Tatsache typischer Geschehensablauf, kann von einer feststehenden Ursache auf einen bestimmten Erfolg oder umgekehrt geschlossen werden. Die beweisbelastete Partei muss dann nur den eingetretenen Erfolg streng beweisen, der nach der Lebenserfahrung regelmäßig auf eine bestimmte Ursache hinweist. Die Gegenpartei kann die Überzeugung des Gerichts erschüttern, indem sie konkrete Tatsachen behauptet und nötigenfalls beweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit einer abweichenden Ursache ergibt (Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 286 Rn. 12 f. m.w.N.).

aa)

Unstreitig war in der Folienabdichtung ein 12 cm langer Schnitt enthalten, der zum Wassereintritt in den Dachaufbau führte. Unstreitig ist des Weiteren, dass es in den Wohnungen des Bauvorhabes zu Wassereintritten kam. Es entspricht einem typischen Geschehensalbauf, dass das in den Dachaufbau eingetretene Wasser zu den Feuchtigkeitsschäden in den Wohnungen geführt hat.

bb)

Auch für den Klägervortrag, der Schnitt sei bereits bei Abnahme vorhanden gewesen, streitet ein Anscheinsbeweis. Zwar mag es sein, dass es nicht dem typischen Geschehensablauf entspricht, dass der Werkunternehmer das von ihm (bereits teilweise) hergestellte Werk selbst beschädigt. Ein in der Folienabdichtung vorhandener Schnitt beruht aber typisch erweise auf einer Beschädigung der Folie mit einem scharfkantigen Gegenstand während der Bauphase. Völlig untypisch ist es dagegen, dass eine solche Beschädigung der Folienabdichtung entstanden sein soll, als sich bereits Drainmatten, Vlies und zusätzlich noch eine ca. 10 cm dicke, aus Kies oder Granulat bestehende Schicht auf der Folie befand. Es ist nicht ersichtlich, wie durch diese Schichten hindurch der Schaden entstand sein soll, Das mag zwar immer noch möglich sein, wäre aber ein völlig untypischer Geschehensablauf. Dass zwischen Aufbringung der Folienabdichtung und der Dachbegrünung ein erheblicher Zeitraum von ca. drei Monaten lag, spricht nicht gegen den Anscheinsbeweis. Bis zur Abnahme des Werks trägt die Beklagte die Gefahr der Verschlechterung des Werks. Im Übrigen ist die Beklagte selbst für diese Zeitspanne verantwortlich, denn ihr oblag sowohl die Abdichtung als auch die Begrünung.

Die Beklagtenseite hat keinen von dieser Möglichkeit abweichenden Verlauf vorgetragen. Sie hat noch nicht einmal versucht darzustellen, wie ein solcher Schnitt trotz Vlies, Drain- und Kiesschicht verursacht worden sein soll.

cc)

Der von der Beklagten und ihrer Streithelferin angetretene Beweis, dass der Schaden nicht bei Aufbringung der Dachbegrünung verursacht wurde, hat keinen ausreichenden Gegenbeweis erbracht.

Die Zeugen haben zwar angegeben, dass sie keinen Schnitt entdeckt und ihrer Meinung nach auch selbst keinen verursacht haben. Die Zeugen haben allerdings keine Untersuchung des Daches vorgenommen. Sie haben zum Teil selbst angegeben, dass sie solche Schnitte nicht notwendig entdecken würden. Selbstverständlich haben die Zeugen auch nicht bewusst solche Schnitte versucht und hätten, sofern sie solche Schnitte versehentlich verursacht und bemerkt hätten, diese auch gemeldet. Es besteht aber dennoch die Möglichkeit, dass sie unbemerkt solche Schnitte verursacht haben. Abgesehen davon bleibt noch die Möglichkeit, dass die Schnitte bereits vorhanden waren und von den Zeugen nicht bemerkt wurden.

Die Klägerin hat den (Gegen-)Beweis auch nicht vereitelt. Die Klägerin hat die Beklagte mehrmals zur Mangelbeseitigung aufgefordert. Die Klägerin hat die Beklagte des Weiteren zur Abräumung der Dachbegrünung aufgefordert und sie außerdem vorab über die von ihr geplante Abräumung der Dachfläche zum Zwecke der Begutachtung informiert. Die Beklagte hat das alles nicht zum Anlass genommen, selbst Maßnahmen zu ergreifen. Schließlich hat die Klägerin unbestritten vorgetragen, dass sich der Dachaufbau noch eine Zeitlang nach Begutachtung auf dem Dach befand (Drainmatten).

b)

Die Klägerin hat die Beklagte zur Mängelbeseitigung binnen Nachfrist aufgefordert (K13 und K17). Die Beklagte hat die Mängelbeseitigung abgelehnt (K14), jedenfalls die Frist verstreichen lassen. Die Klägerin war deshalb zur Ersatzvornahme berechtigt.

c)

Für die Ersatzvornahme sind der Klägerin ersatzfähige Aufwendungen in Höhe von 29.059,06 EUR entstanden.

aa)

Unbestritten sind die Kosten für Sicherungsmaßnahmen, Montage Lüfter, Begrünung und Verwahrung der Abdichtung.

bb)

Die geltend gemachten Aufwendungen für Wasser für den Test der neuen Abdichtung sind ebenfalls erstattungsfähig. Die Beklagte hat den von der Klägerseite zuletzt vorgetragenen Wasserpreis nicht mehr bestritten. Im Übrigen hat die Klägerseite vorgetragen und mit den Anlagen K53a und K53b belegt, dass sie die geltend gemachten Beträge an die Wohnungseigentümer tatsächlich bezahlt hat. Das blieb unbestritten und ist für die Schadensentstehung ausreichend. Dass die Klägerin insoweit überobligationsmäßig an die Wohnungseigentümer gezahlt hätte, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

cc)

Die Einwendungen der Beklagten gegen die Rechnung der Heinrich Dietel GmbH für die Dachsanierung sind unbeachtlich. Der Vortag erfolgte nach Schluss der mündlichen Verhandlung. Den Parteien wurde durch Beschluss in der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2010 lediglich nachgelassen, zur Beweisaufnahme und den Hinweisen des Gerichts (Anscheinsbeweis) Stellung zu nehmen. Der Beklagten war nicht nachgelassen, zur Höhe der Aufwendungen weiter vorzutragen. Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung besteht nicht.

dd)

Die Aufwendungen in Höhe von 1.875,00 EUR für Bauleitung sind nicht ersatzfähig. Es ist nicht ausreichend vorgetragen, inwieweit diese Aufwendungen auf die Ersatzvornahme entfallen. Aus der Aufstellung (K48) ergibt sich vielmehr, dass auch Zeitaufwand zur Aufnahme und Feststellung von Wasserschäden usw. enthalten ist. Insoweit besteht kein Ersatzanspruch. Es obliegt der Klägerin nun einmal, Mangelanzeigen der Erwerber aufzunehmen und zu prüfen. Die Aufstellung ist deshalb insgesamt nicht nachvollziehbar. Der angebotene Beweis diente der Ausforschung.

ee)

Der Vortrag der Klägerseite zur angeblich notwendigen Kürzung der Abdeckbleche ist unsubstantiiert. Es ist nicht annähernd erkennbar, aufgrund welcher Gegebenheiten die Abdeckbleche gekürzt werden mussten. Dasselbe gilt für die Erneuerung der Blechabdeckung über den Lüftern. Insoweit hätte konkret vorgetragen werden müssen, weshalb infolge der Dachsanierung hier eine Erneuerung stattfinden musste.

ff)

Es sind deshalb folgende ersatzfähigen Aufwendungen entstanden:

- Abdichtung im Juni 2008 1.224,55 EUR
- Dachsanierung 22.212,57 EUR,
- Sicherungsmaßnahmen 508,00 EUR,
- Montage Lüfter 78,00 EUR,
- Begrünung 4.460,48 EUR,
- Verwahrung der Abdichtung 516,00 EUR und
- Wasser 59,46 EUR
Summe 29.059,06 EUR

2.

Die Klägerin hat des Weiteren nach § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 12.839,29 EUR.

a)

Das Werk der Beklagten war mangelhaft (vgl. oben 1.). Der Dachabdichtung fehlt insoweit die vereinbarte Beschaffenheit (§ 13 Nr. 7 Abs. 3 lit. b VOB/B).

b)

Zu ihrer Entlastung (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rn. 1732 m.w.N.) hat die Beklagte nicht vorgetragen.

c)

Der Klägerin ist folgender Schaden entstanden:

- Gutachterkosten 1.800,00 EUR und 5.800,00 EUR,
- Entsorgung der alten Dachbegrünung 440,00 EUR
- Trocknung der Wohnung 24 1.485,00 EUR,
- Stromkosten für Trocknung 458,09 EUR
- erneute Trocknung 572,00 EUR und
- Schäden in den Wohnungen 14, 24 und 27 2.284,20 EUR
Summe 12.839,29 EUR

Der Vortrag der Beklagten, dass die Gutachterkosten nicht nachvollziehbar seien, ist unerheblich. Die Kosten müssen nicht nachvollziehbar, sondern in dieser Höhe entstanden sein. Dass die Gutachterkosten übersetzt seien, ist unsubstantiiert und ins Blaue hinein behauptet. Es hätte insoweit vorgetragen werden müssen, aufgrund welcher konkreten Anhaltspunkte die Beklagte von einer Überhöhung der Rechnungen ausgeht. Des Weiteren hätte die Beklagte vortragen müssen, weshalb es die Klägerin hätte erkennen müssen, dass die Rechnungen übersetzt waren.

3.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB. Beide Parteien sind Unternehmer (§ 288 Abs. 2 BGB).

III.

Der Antrag Ziffer 3 ist in vollem Umfang begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Kostenvorschuss in Höhe von 8.700,00 EUR aus § 637 Abs. 3 BGB (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1587).

1.

Der Schiedsgutachter hat die Mängel und die erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung für beide Parteien verbindlich festgelegt (vgl. OLG Köln, ZfBR 2000, 105).

a)

Zwischen den Parteien ist eine wirksame Schiedsgutachtenvereinbarung zustande gekommen. Es ist nicht erschlicht, weshalb diese Vereinbarung unwirksam sein soll.

Die Rechtsprechung bzgl. der Unwirksamkeit von Schiedsgutachterklauseln ist auf Sonderfälle beschränkt (BGH, NJW1992, 433 [BGH 10.10.1991 - VII ZR 2/91]: Fertighaus; OLG Düsseldorf, BauR 1995, 559: Bauträgervertrag). Ansonsten begegnen solche Klauseln keinen Bedenken (vgl. BGHZ 157, 102: Geschäftshaus).

Im Urteil vom 10.10.1991 (NJW 1992, S. 575 [BGH 10.10.1991 - III ZR 141/90]) geht der BGH auch ersichtlich davon aus, dass ein eines einseitigen Wahlrecht bezüglich einer Schiedsklausel wirksam in AGB vereinbart werden kann.

b)

Der Schiedsgutachter hat festgestellt, dass an den Abdeckblechen Mängel vorliegen und durch Auswechseln der Bleche zu beheben ist.

c)

Das Schiedsgutachten ist nicht offenbar unrichtig. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, welcher Fehler sich weshalb einem sachkundigen und unbefangenen Betrachter aufdrängen soll (vgl. OLG Köln, ZfBR 2000, 105). Im Übrigen wurde das Schiedsgutachten weitestgehend durch die Sachverständige Klein bestätigt.

d)

Die Klägerin hat die Beklagte vergeblich binnen einer Frist zur Mängelbeseitigung aufgefordert und Ersatzvornahme angedroht (K20). Im Übrigen hatte die Beklagte schon zuvor eine Mängelbeseitigung abgelehnt (K9).

e)

Die Klägerin kann deshalb einen die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten deckenden Vorschuss verlangen (vgl. OLG Köln, ZfBR 2000, 105).

Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass nach eingeholten Kostenvoranschlägen der Austausch der Abdeckbleche mindestens 8.717,39 EUR beträgt. Die Klägerin hat deshalb Anspruch auf einen geschätzten Kostenvorschuss in Höhe von 8.700,00 EUR.

IV.

Der Feststellungantrag ist mit der Einschränkung begründet, dass die Klägerin Anspruch auf Ersatz des weiteren in den Wohnungen entstandenen Schadens hat. Im Übrigen war der Antrag als unbegründet zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt nur zu weiteren Schäden in den Wohnungen vor. Dem entsprechend kann auch nur insoweit eine Ersatzpflicht festgestellt werden.

Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen zum Schadensersatz verwiesen (ff.2).

V.

1.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 und § 101 Abs. 1 ZPO.

Die Zuvielforderung der Klägerin war geringfügig (ca. 5%) und hat keine höheren Kosten verursacht.

Der Wert des Feststellungantrags wird - mangels vorgetragener Anhaltspunkte - auf 5.000 EUR geschätzt.

2.

Gemäߧ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG werden die Sachverständigenkosten für den Sachverständigen Kallenberger nicht und im Übrigen (schriftliches Gutachten der Sachverständigen Klein und Anhörung im Termin am 10.11.2010) nur zu Verhoben.

Bei richtiger Behandlung wäre Beweis zu den Mängeln der Abdeckbleche nicht erhoben worden. Insoweit liegt ein verbindliches Schiedsgutachten vor. Die Kosten des Sachverständigen Kallenberger entfallen in vollem Umfang auf diese Beweisfrage. Im Übrigen schätzt das Gericht den Anteil der Kosten auf 1/2.

3.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Vorschriften§ 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B

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