03.08.2012
Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 23.11.2011 – 3 K 309/10
1. Eine Abzweigung des Kindergelds an den Sozialleistungsträger, der für ein behindertes Kind Sozialleistungen erbringt, setzt voraus, dass der Kindergeldberechtigte zivilrechtlich zum Unterhalt verpflichtet ist, aber keinen Unterhalt leisten will, keinen Unterhalt leisten kann oder als Unterhalt nur einen geringeren Betrag als das Kindergeld zu leisten braucht.
2. Entstehen dem Kindergeldberechtigten Aufwendungen für das volljährige behinderte Kind mindestens in Höhe des Kindergeldes, kommt eine Abzweigung an den Sozialleistungsträger nicht in Betracht. Bei der im Rahmen des Abzweigungsverfahrens zu treffenden Ermessensentscheidung der Familienkasse sind grundsätzlich sämtliche Unterhaltsaufwendungen der Eltern zur Deckung des Lebensbedarfes des Kindes i. S. d. § 1610 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Als Grenze für eine Berücksichtigung von Aufwendungen des Kindergeldberechtigten im Rahmen der Abzweigungsentscheidung kann daher nicht auf das sozialhilferechtliche Existenzminimum abgestellt werden, sondern auf den an den Lebensverhältnissen der Eltern orientierten unterhaltsrechtlichen Lebensbedarf des Kindes i. S. d. § 1610 Abs. 2 BGB (Anschluss an FG Münster v. 25.03.2011, 12 K 1891/10 Kg).
3. Leben volljährige behinderte Kinder mit den Eltern in einem gemeinsamen Haushalt, sind die kindergeldanspruchsberechtigten Eltern nicht verpflichtet, zur Vermeidung einer Abzweigung ihre Unterhaltsaufwendungen nachzuweisen, etwa indem sie akribisch eine Art „Haushaltsbuch” führen oder in ähnlicher Weise nachvollziehbar glaubhaft machen, ob und ggf. in welcher Höhe sie aus welchen Einkünften Aufwendungen für den Unterhalt der Kinder tätigen. Auch eine unter Umständen rechtlich nicht leicht zutreffende Zuordnung der Aufwendungen nach den einzelnen sozialhilferechtlichen Rubriken ist nicht erforderlich (Anschluss an FG Sachsen-Anhaltl v. 10.11.2011, 5 K 454/11; gegen Urteil des FG Münster v. 25.03.2011, 12 K 1891/10).
4. Sind volljährige behinderte Kinder in den Haushalt ihrer Eltern aufgenommen und sind sie außerstande, sich selbst zu unterhalten, so ist bei nur teilstationärer Unterbringung in einer Werkstatt für behinderte Menschen grundsätzlich ohne Einzelnachweis typisierend davon auszugehen, dass die Eltern finanziell mindestens in Höhe des Kindergeldes mit Unterhaltsleistungen belastet sind. Auch das FG ist nicht gehalten, im Rahmen seiner Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhaltes von Amts wegen zur Beurteilung eines Abzweigungsantrags eine umfassende, aufwändige und tief in die Privatsphäre der Kindergeldberechtigten reichende Ausforschung der im Einzelfall tatsächlich erbrachten finanziellen Unterhaltsleistungen für das volljährige Kind vorzunehmen.
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
hat der III. Senat des Thüringer Finanzgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2011 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Abzweigung des Kindergeldes an den Sozialhilfeträger, der für das Kind der Beigeladenen Sozialleistungen erbringt.
Die Beigeladene ist die leibliche Mutter des am … geborenen Sohnes M. M. ist zu 60 v. H. behindert. Sein Schwerbehindertenausweis enthält keine Merkzeichen (KG-Akte, Bl. 107). M. lebt zusammen mit seinen Eltern in einer Mietwohnung. Die Kaltmiete beträgt rund 283 Euro monatlich.
Tagsüber besucht M. eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Dort arbeitet er werktags außer freitags von 7 Uhr bis 15 Uhr, am Freitag von 7 Uhr bis 14 Uhr. M. ist voll erwerbsgemindert. Die Klägerin zahlte für M. seit Dezember 2009 durchschnittlich eine monatliche Grundsicherung i.H.v. 362,71 Euro (vgl. den in der mündlichen Verhandlung übergebenen Berechnungsbogen in der Gerichtsakte). Die von der Klägerin als Leistung der Eingliederungshilfe ebenfalls zu tragenden Kosten für die Unterbringung in der Werkstatt schwankten zwischen knapp 1.000 Euro und knapp 1.200 Euro pro Monat. Außerdem erhielt M. von Dezember 2009 bis einschließlich Oktober 2010 für seine Tätigkeit in der Werkstatt einen monatlichen Arbeitsverdienst in Höhe von durchschnittlich 138,55 Euro. Die Leistungen wurden auf ein Konto eingezahlt, über das die Beigeladene verfügte. Davon wurden auch die Ausgaben für M. bezahlt, der von diesem Konto nichts abhob. Die Beigeladene war nicht berufstätig. Ihr Ehemann hatte eine volle Stelle als Erzieher.
Am 27.11.2009 beantragte die Klägerin die Abzweigung (KG-Akte Bl. 122). Die Beklagte lehnte den Antrag am 02.12.2009 ab, da durch die Haushaltsaufnahme hinreichender Unterhalt gewährt werde (KG-Akte Bl. 124). Gegen die Ablehnung legte die Klägerin Einspruch ein (KG-Akte Bl. 125). Die Beklagte bat daraufhin die Beigeladene nach förmlicher Hinzuziehung, ihre Aufwendungen für M. zu beziffern und nachzuweisen. Am 17.02.2010 und 11.03.2010 gingen die Stellungnahmen der Beigeladenen mit einigen Belegen bei der Beklagten ein (KG-Akte Bl. 128 – 139; 141 – 152). Die Beklagte errechnete auf der Grundlage dieser Angaben einen monatlichen Aufwand der Beigeladenen von 354,50 Euro und wies den Einspruch der Klägerin am 16.03.2010 als unbegründet zurück (KG-Akte Bl. 154 – 159).
Die Beklagte zahlte das Kindergeld in gesetzlicher Höhe bis einschließlich Mai 2010 an die Beigeladene aus. Die Zahlung an die Beigeladene wurde zwar mit Verfügung vom 10.02.2010 (KG-Akte Bl. 127) ab März 2010 eingestellt, aber mit Verfügung vom 16.03.2010 (Bl. 161 KG-Akte) bereits wieder aufgenommen, so dass keine Zahlungsunterbrechung eintrat. Die Beigeladene wurde in diesem Zusammenhang nicht auf eine mögliche Rückerstattung bei Klageerhebung durch den Sozialleistungsträger hingewiesen. Nach der Klageerhebung wurde die Kindergeldzahlung ab Juni 2010 eingestellt.
Die Klägerin trägt vor, das Kindergeld für M. sei an sie abzuzweigen. Der laufende Lebensunterhalt von M. werde durch ihre Leistungen voll umfänglich sichergestellt. Die Aufnahme des Kindes in den elterlichen Haushalt stünde der Abzweigung nicht entgegen. Ebenso irrelevant sei die von den Eltern für ihr Kind aufgewandte Zeit. Soweit Beträge für Verpflegung/Genussmittel, Kleidung/Schuhe und Strom benannt würden, liege eine Identität mit dem Betrag vor, der durch den von der Klägerin bewilligten Regelsatz bereits gedeckt sei. Im Rahmen des sozialen Leistungsverfahrens sei eine solche bedarfsmindernde Deckung aus dem Kindergeld nicht mitgeteilt worden. Die entsprechende Verwendung des Kindergeldes sei daher zu bestreiten. Bezüglich des Aufwandes für eine Rentenversicherung solle sich die Beklagte nochmals präzise positionieren, da insoweit im Leistungsverfahren ggf. zu berücksichtigendes Vermögen vorliege. Der Einsatz eines Betrages i.H.v. monatlich immerhin 96,50 Euro für Spiele sei unglaubhaft. Für die Frage der zweckentsprechenden Kindergeldverwendung sei auf dessen regelmäßigen und dauerhaften Einsatz abzustellen. Einmalige Aufwendungen müssten außer Betracht bleiben. Aufwendungen für das kindergeldberechtigte Kind müssten sich als objektiv vernünftige Mittelverwendung darstellen. Es sei nicht sachgerecht, eine Abzweigung abzulehnen, obgleich die vom bezugsberechtigten Elternteil mitgeteilten Ausgaben sich gemessen an der Lebensstellung des erwachsenen Kindes als unangemessen bzw. sogar verschwenderisch darstellten. Die Grenze sei dort zu ziehen, wo Kindergeld zur Bestreitung von Lebensaufwand eingesetzt werde, der deutlich über die Verhältnisse unterer Einkommensschichten hinausgehe. Dass M. einen den Regelsatz übersteigenden Bedarf habe, sei weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden. Würden die behaupteten monatlichen Aufwendungen der Kindergeldberechtigten zutreffen, wären die entsprechenden Bedarfe von ihr bereits gedeckt, was im Leistungsbewilligungsverfahren hätte angegeben werden müssen, da der Grundsicherungsbedarf entsprechend reduziert werde. Der Einsatz des Kindergeldes im Wesentlichen zur Beschaffung von Spielzeug wie Lego-Baukästen und Pokemon-Karten stelle keine angemessene Kindergeldverwendung dar.
Die Klägerin beantragt,
der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 02.12.2009 und die Einspruchsentscheidung vom 16.03.2010 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Abzweigungsantrag der Klägerin vom 25.11.2009 zu entsprechen und das der Frau X für Herrn M. zu Kindergeld-Nr.: 096/510641 bewilligte Kindergeld ab dem Monat Dezember 2009 jeweils in gesetzlicher Höhe an die Klägerin auszuzahlen;
hilfsweise, festzustellen, dass die Ablehnung der Abzweigung bis Mai 2010 rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene tragen vor, die Beigeladene habe monatliche Aufwendungen von mindestens rund 354 Euro durch die Vorlage entsprechender Belege nachgewiesen.
Da das Kindergeld die finanzielle Belastung der Eltern durch den Unterhalt für das Kind ausgleichen solle, hänge die Entscheidung über die Abzweigung davon ab, ob und in welcher Höhe ihnen Aufwendungen für das Kind entstanden seien, die den Grund- und den behinderungsbedingten Mehrbedarf betreffen. Dabei seien auch im Verhältnis zu den Kosten des Sozialleistungsträgers geringere Aufwendungen für das Kind mit einzubeziehen. Zu berücksichtigen seien nur die den Eltern im Zusammenhang mit der Betreuung und dem Umgang mit dem Kind tatsächlich entstandenen und glaubhaft gemachten Aufwendungen. Die Ausführungen der Klägerin zur Unangemessenheit der Aufwendungen mögen aus Sicht eines Sozialleistungsträgers nachvollziehbar sein. Jedoch sei nicht streitgegenständlich, in welcher Höhe Sozialleistungen erbracht würden, sondern, ob und in welcher Höhe die Eltern eines schwerbehinderten Kindes einen finanziellen Aufwand zu dessen Lebensunterhalt beitragen würden. Bei der Beurteilung der geltend gemachten Aufwendungen könne daher nicht der Maßstab gelten, der für die rein Existenz sichernden Leistungen der Grundsicherung gelte. Vielmehr sei zu berücksichtigen, welcher krankheits- und behinderungsbedingter, in der Person des schwerbehinderten Kindes liegender Aufwand geboten sei, damit die Eltern ihm ein lebenswertes Leben im Rahmen der Gemeinschaft ermöglichen können. Die Behinderung des Kindes möge es vorliegend erforderlich machen, dass bestimmte Freizeitaktivitäten durchgeführt und bestimmtes Spielzeug und bestimmte Lebensmittel gekauft würden. Über deren Angemessenheit zu urteilen, sei nicht die Aufgabe der Beklagten im Rahmen der Ermessenentscheidung. Es komme allein darauf an, ob die geltend gemachten Aufwendungen tatsächlich angefallen seien.
Über die rein Existenz sichernden Leistungen hinaus sei behinderungs- und damit krankheitsbedingt ein zusätzlicher Aufwand geboten, den die Eltern u.a. durch das Kindergeld abdeckten, da die mehr als knapp bemessenen Sozialleistungen nicht ausreichen würden, um den faktischen Bedarf zu decken. Die der Schwerbehinderung zu Grunde liegende Erkrankung sei einer massiven Verhaltensauffälligkeit und Persönlichkeitsstörung in Verbindung mit Hyperaktivität und Angstzuständen geschuldet, was sich im täglichen Leben u.a. dadurch äußere, dass, was beschädigt oder schmutzig werde und auch nur geringfügig von der Norm abweiche, zwanghaft sofort ersetzt werden müsse. Dabei peinige M. sich und seine Mutter so lange, bis Abhilfe durch Ersatzbeschaffung geleistet werde. Die Therapiemöglichkeiten seien nach Auskunft der behandelnden Psychologin ausgereizt. Da die Hauptbeschäftigung des Kindes im Spiel mit solchen Baukästen und der Auseinandersetzung mit Pokemons bestünde, unterstützten und förderten die Eltern ihren Sohn auf dieser Ebene im Bereich des in den Grundsicherungsleistungen nicht enthaltenen atypischen Bedarfes. Dies erkläre die regelmäßigen in beträchtlicher Höhe anfallenden Aufwendungen für Spielzeug. Es handele sich nicht um Verschwendung, sondern um quasi therapeutische Beschäftigungsmaßnahmen, um das Leben des Sohnes in einem gewissen Gleichgewicht zu halten.
Der Senat hat mündlich verhandelt. Wegen des Inhaltes der mündlichen Verhandlung wird auf die gerichtliche Niederschrift vom … verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat die Abzweigung rechtmäßig und ermessensfehlerfrei (§ 102 Finanzgerichtsordnung – FGO –) abgelehnt, so dass die Klägerin durch die Ablehnung nicht in ihren Rechten verletzt ist.
1. Der Hauptantrag ist für den Streitzeitraum ab Dezember 2009 bis einschließlich Mai 2010 schon deswegen unbegründet, weil die Beklagte der Beigeladenen das für die Abzweigung in Betracht kommende Kindergeld vorbehaltlos ausgezahlt hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) scheidet eine Abzweigung des Kindergeldes an den Sozialleistungsträger nach § 74 des Einkommensteuergesetz (EStG) aus, wenn der Anspruch auf dessen Auszahlung bereits erfüllt worden ist (BFH, Urteil vom 26.08.2010, III R 21/08, BFH/NV 2011, 474, m.w.N.). Dies soll nach Ansicht des BFH selbst dann gelten, wenn der Abzweigungsantrag noch vor der Zahlung gestellt worden ist. Die Auszahlung des Kindergeldes an einen Dritten gehört nicht zum Festsetzungs-, sondern zum Auszahlungsverfahren, das dem Erhebungsverfahren entspricht. Sie betrifft nicht die Anspruchs-, sondern die Empfangsberechtigung. Dementsprechend kann Kindergeld, das bereits an einen Elternteil ausgezahlt worden ist, nicht mehr an den Sozialleistungsträger abgezweigt werden. Die Erfüllung eines erloschenen Anspruchs ist nicht möglich.
2. Es lagen zudem die Voraussetzungen für eine Abzweigung des Kindergeldes an die Klägerin nicht vor, da die Aufwendungen der Beigeladenen das Kindergeld übersteigen.
Nach § 74 Abs. 1 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Dies gilt auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrages zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld. In diesem Falle kann die Auszahlung auch an die Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt, § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG.
a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abzweigung nach § 74 Abs. 1 EStG sind dem Grunde nach erfüllt, § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG. Eine Abzweigung setzt demnach voraus, dass der Kindergeldberechtigte zivilrechtlich zum Unterhalt verpflichtet ist, aber keinen Unterhalt leisten will, keinen Unterhalt leisten kann oder als Unterhalt nur einen geringeren Betrag als das Kindergeld zu leisten braucht (BFH, Urt. v. 17.12.2008, III R 6/07, BStBl II 2009, 926).
Der Tatbestand setzt das Bestehen einer Unterhaltspflicht voraus. Ob eine solche besteht, richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes (BFH, Urt. v. 16.04.2002, VIII R 50/01, BStBl. II 2002, 575). Die Beigeladene ist nach §§ 1601 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ihrem Sohn grundsätzlich zur Gewährung von Unterhalt verpflichtet, da sich dieser nicht selbst unterhalten kann. Nach § 1602 BGB umfasst der Unterhaltsanspruch den gesamten Lebensbedarf des Kindes, wozu der Grundbedarf und der krankheitsbedingte Mehrbedarf eines behinderten und pflegebedürftigen Kindes gehören. Die Eingliederungshilfe mindert nicht die Bedürftigkeit des Kindes, da sie subsidiär ist und den Unterhaltspflichtigen nicht von seiner Verpflichtung befreien soll. In der Regel geht der Unterhaltsanspruch des Kindes nach § 94 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) in Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Sozialleistungsträger über (BFH, Urt. v. 23.02.2006, III R 65/04, BStBl. II 2008, 753; BFH, Urt. v. 09.02.2009, III R 37/07, BStBl II 2009, 928).
Die Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung bleibt auch insoweit bestehen, als der Unterhaltsanspruch eines volljährigen behinderten Kindes nach § 94 Abs. 2 SGB XII nur in Höhe eines bestimmten Unterhaltsbeitrages auf den Sozialleistungsträger übergeht. Denn diese Regelung hat nur zur Folge, dass der gesetzliche Übergang des Unterhaltsanspruches auf den Sozialleistungsträger ausgeschlossen ist, soweit er den Beitrag überschreitet, setzt damit aber voraus, dass überhaupt ein Unterhaltsanspruch besteht (BFH, Urt. v. 09.02.2009, III R 37/07, aaO).
Da der Lebensbedarf des Kindes M. zumindest teilweise durch die Leistungen der Klägerin befriedigt werden muss, ist der Tatbestand des § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt. Sofern die Grundsicherungsleistungen wie hier bei einem jährlichen Gesamteinkommen des Unterhaltsverpflichteten von unter 100.000 Euro nicht nachrangig sind, mindern sie den unterhaltsrechtlichen Bedarf. Dies lässt die Unterhaltspflicht der Eltern in diesem Umfang erlöschen. Da die Grundsicherungsleistungen das Existenzminimum M. sicherten, brauchte die Beigeladene M. in diesem Umfang keinen Unterhalt zu zahlen. Gleichwohl blieb sie dem Grunde nach zum Unterhalt gegenüber M. verpflichtet und sind ihre Leistungen, soweit sie tatsächlich Unterhalt leistet, auf die Grundsicherung anzurechnen (Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 17.12.2008, III R 6/07, aaO).
Die Beigeladene ist ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht vollständig nachgekommen, da sie die von der Klägerin getragenen Kosten des Lebensbedarfes nicht übernommen hat (BFH, Urt. v. 09.02.2009, III R 20/07, nicht amtlich veröffentlicht; BFH, Urteil vom 09.02.2009, III R 37/07, aaO). Der Unterhaltspflicht nicht nachkommen bedeutet, dass der Kindergeldberechtigte objektiv und dauerhaft für den wesentlichen Unterhalt des Kindes nicht aufkommt. Eine Abzweigung setzt nicht voraus, dass der Kindergeldberechtigte seine Unterhaltspflicht schuldhaft nicht erfüllt oder gar den Straftatbestand der Unterhaltspflichtverletzung verwirklicht. Auf die Gründe für die Nichterfüllung der Unterhaltspflicht kommt es im Rahmen des § 74 EStG nicht an (BFH, Urteil vom 23.02.2006, III R 65/04, aaO).
b) Die Entscheidung über eine Abzweigung ist, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 74 Abs. 1 EStG vorliegen, dem Grunde und der Höhe nach eine Ermessensentscheidung der Familienkasse (BFH, Urteil vom 23.02.2006, III R 65/04, aaO). Ermessensentscheidungen der Familienkasse darf das Finanzgericht nur auf Ermessensfehler überprüfen (§ 102 FGO). Stellt es einen Ermessensfehler fest, kann es deshalb nicht selbst Ermessen ausüben, sondern ist darauf beschränkt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Lediglich dann, wenn nur eine Entscheidung ermessensgerecht erscheint (so genannte Ermessensreduzierung auf Null), ist das Finanzgericht befugt, seine Entscheidung an die Stelle der Ermessensentscheidung der Familienkasse zu setzen (BFH, Urteil vom 10.10.2001, XI R 52/00, BStBl II 2002, 201).
Bei der Ausübung des Ermessens ist der Zweck des Kindergeldes zu berücksichtigen (§ 5 AO). Das Kindergeld dient der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums eines Kindes und, soweit es dafür nicht erforderlich ist, der Förderung der Familie (§ 31 Sätze 1 u. 2 EStG). Kein Kindergeld wird deshalb gewährt, wenn die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes den – am steuerlich zu belassenden Existenzminimum eines Erwachsenen orientierten – Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG übersteigen. In einem solchen Fall sind die Eltern in der Regel wirtschaftlich nicht mehr in einer Weise belastet, die eine Entlastung im Wege des Familienleistungsausgleichs erfordert. Bei Einkünften und Bezügen des Kindes bis zur Höhe des Jahresgrenzbetrages wird dagegen typisierend eine Belastung der Eltern mit Unterhaltsaufwendungen unterstellt und daher unter den weiteren Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG Kindergeld gewährt.
Hiervon abweichend hängt der Anspruch auf Kindergeld für ein volljähriges behindertes Kind davon ab, dass das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG). Es wird typisierend davon ausgegangen, dass den Eltern Unterhaltsaufwendungen für das Kind entstehen, wenn dessen eigene finanzielle Mittel nicht seinen gesamten Lebensbedarf abdecken. Der Lebensbedarf eines behinderten Kindes besteht aus dem allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf) in Höhe des Existenzminimums eines Erwachsenen, zu dem z. B. auch Kontakt zur Familie, Teilnahme am kulturellen Leben und Erholung gehören, und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf, der auch ergänzende persönliche Betreuungsleistungen der Eltern und Fahrtkosten umfasst. Da das Kindergeld die finanzielle Belastung der Eltern durch den Unterhalt für das Kind ausgleichen soll, hängt die Entscheidung über die Abzweigung davon ab, ob und in welcher Höhe ihnen – den Grund- und den behinderungsbedingten Mehrbedarf betreffende – Aufwendungen für das Kind entstanden sind. Dabei sind auch im Verhältnis zu den Kosten des Sozialleistungsträgers geringe Aufwendungen für das Kind mit einzubeziehen (BFH, Urteil vom 09.02.2009, III R 20/07).
Entstehen dem Kindergeldberechtigten Aufwendungen für das volljährige behinderte Kind mindestens in Höhe des Kindergeldes, kommt eine Abzweigung an den Sozialleistungsträger nicht in Betracht (so grundlegend der BFH in den Urteilen vom 09.02.2009, III R 20/07 und III R 37/07, aaO). Liegt keine Ermessensreduktion auf Null vor, so liegt die Entscheidung über die Abzweigung des Kindergeldes dem Grunde nach und die Entscheidung über die Höhe des abzuzweigenden Kindergeldes im pflichtgemäßen Ermessen der Familienkasse (BFH, Urteil vom 23.02.2006, III R 65/04, aaO). Es kommt daher auch eine teilweise Abzweigung von Kindergeld in Betracht. Im Falle der Abzweigung hat diese im Monat der Antragstellung, spätestens im Folgemonat zu erfolgen (so auch: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.07.2009, 10 K 10327/07, EFG 2011, 159).
Aufwendungen der Beigeladenen sind entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur dann zu berücksichtigen, wenn sie die Höhe des durch den Regelsatz gedeckten Bedarfes überschreiten. Soweit die Beigeladene die Aufwendungen ihrem eigenen Vermögen entnimmt, leistet sie Unterhalt an M..
Der Senat folgt der Klägerin insbesondere nicht, soweit diese nur „angemessene” Mittelverwendungen berücksichtigt wissen will. § 74 Abs. 1 EStG stellt tatbestandlich auf die Verletzung oder das Nichtbestehen einer Unterhaltspflicht ab. Insoweit sind für das Abzweigungsverfahren die zivilrechtlichen Maßstäbe des Unterhaltsrechtes (§ 1601 ff BGB) anzulegen, wonach der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach den gesamten Lebensbedarf (Grundbedarf und behinderungsbedingten Mehrbedarf) im Sinne von § 1610 Abs. 2 BGB umfasst und sich der Höhe nach eben nicht am sozialhilferechtlichen Existenzminimum orientiert, sondern durch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten (§ 1603 BGB) sowie in Einzelfällen durch die so genannte Sättigungsgrenze begrenzt wird. Es ist daher nicht danach zu differenzieren, ob Unterhaltsaufwendungen dem Grundbedarf des Kindes oder dem behinderungsbedingten Mehrbedarf zuzurechnen sind (FG Münster, Urteil vom 25.03.2011, 12 K 1891/10 Kg, EFG 2011, 1727). Bei der im Rahmen des Abzweigungsverfahrens zu treffenden Ermessensentscheidung der Familienkasse sind grundsätzlich sämtliche Unterhaltsaufwendungen der Eltern zur Deckung des Lebensbedarfes des Kindes im Sinne von § 1610 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Die Bemessung des Lebensbedarfes eines Kindes im Sinne dieser Vorschrift orientiert sich an den Lebensverhältnissen der Eltern. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten hat auf die Bestimmung des objektiv bestehenden Unterhaltsbedarfes des Kindes keine Auswirkung. Unterhaltsrechtlich sind in einem ersten Schritt die objektive Bedürfnislage des Unterhaltsberechtigten zu prüfen und erst in einem zweiten Schritt die wirtschaftliche Lage der Unterhaltsverpflichteten, dessen Leistungsfähigkeit nach § 1603 BGB. Als Grenze für eine Berücksichtigung von Aufwendungen des Kindergeldberechtigten im Rahmen der Abzweigungsentscheidung kann daher nicht auf das sozialhilferechtliche Existenzminimum abgestellt werden, sondern auf den an den Lebensverhältnissen der Eltern orientierten unterhaltsrechtlichen Lebensbedarf des Kindes im Sinne von § 1610 Abs. 2 BGB (FG Münster, Urteil vom 25.03.2011, 12 K 1891/10 Kg, aaO). Hierfür spricht auch, dass nach § 31 Satz 1, 2 EStG der Zweck des Kindergeldes nicht nur in der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums liegt, sondern, soweit das Kindergeld dafür nicht erforderlich ist, in der Förderung der Familie. So wird auch, soweit eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes den in § 32 Abs. 4 EStG festgelegten Jahresgrenzbetrag nicht überschreiten, typisierend davon ausgegangen, dass den Eltern Unterhaltsaufwendungen für das Kind entstehen (BFH, Urteil vom 09.02.2009, III R 37/07, aaO). Die Entscheidung über die Abzweigung hängt somit nicht davon ab, ob die Aufwendungen nach sozialhilferechtlichen Maßstäben angemessen sind, sondern ob und in welcher Höhe Aufwendungen für das Kind entstanden sind, die dessen allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf) und dessen individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf betreffen. Die Abgrenzung hat somit nicht nach der Angemessenheit, sondern nach der Zweckbestimmung der Aufwendungen zu erfolgen. Es ist also unbeachtlich, dass die Beigeladenen sehr hohe Anforderungen für Spielzeug hatten.
Soweit teilweise damit argumentiert wird, die Abzweigung hätte schon zur Gleichstellung mit minderjährigen Leistungsempfängern zu erfolgen, greift dies nicht. § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII enthält eine normative Einkommenszuordnung. Ohne diese Regelung würde das Kindergeld dem Einkommen der Kindergeldberechtigten zugeordnet und den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft mindern. Bei der Berechnung des Bedarfes eines volljährigen Kindes wird auf dessen Einkommen abgestellt. Das Kindergeld wird dem volljährigen Kind mangels einer Zuordnungsnorm nicht zugerechnet, wenn das Kindergeld nicht innerhalb eines Monats an das Kind weitergeleitet wird und die Voraussetzungen der Abzweigung vorliegen. Die unterschiedliche Behandlung ist aber begründet. Vom Zeitpunkt der Volljährigkeit an hat ein Kind grundsätzlich selbst für seinen Unterhalt zu sorgen (§ 1602 Abs. 1 BGB). Damit verändert sich die Bedeutung des in diesen Fällen noch zu zahlenden Kindergeldes zum einen in Richtung auf Ausbildungsförderung an Stelle von Betreuung und Erziehung, zum anderen in Richtung auf Familienförderung. Entscheidend kommt hier zum Tragen, dass bei behinderten Kindern mit Eintritt der Volljährigkeit der Rechtsanspruch auf Grundsicherungsleistungen erwächst. Der Unterhaltsbedarf eines voll erwerbsgeminderten volljährigen Kindes wird vorrangig durch die Grundsicherung gedeckt, die als Einkommen im Sinne des Unterhaltsrechts gilt und daher in diesem Umfang die Unterhaltspflicht der Eltern zum Erlöschen bringt. Die Nichtberücksichtigung von Unterhaltsansprüchen gegen die Eltern stärkt im Interesse der Versorgung der dauerhaft Erwerbsgeminderten die Einheit der Familie, den familiären Zusammenhalt. Zugrunde liegt die rechtspolitische Wertung, für den Lebensunterhalt dieses Personenkreises habe in der Regel vorrangig die staatliche Gemeinschaft einzustehen (so das Bundessozialgericht – BSG –, Urteil vom 08.02.2007, B 9b SO 5/06 R, NJW 2008, 395). Dieser Vorrang der Grundsicherung würde durch die Regelabzweigung des Kindergeldes ohne Rücksicht auf Aufwendungen, die aus dem Kindergeld geleistet werden, konterkariert.
c) Die Beigeladene hat durchschnittliche Aufwendungen für M. in Höhe von rund 207 Euro im Monat belegt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sind nur die den Eltern im Zusammenhang mit der Betreuung und dem Umgang mit dem Kind tatsächlich entstandenen und glaubhaft gemachten Aufwendungen zu berücksichtigen und keine „fiktiven” Kosten für die Betreuung des Kindes in die Abwägung einzubeziehen (BFH, Urteil vom 09.02.2009, III R 37/07, aaO). Die Zeit der Betreuung und Pflege ist daher nicht zu berücksichtigen. Da der Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes für jeden Monat neu entsteht, und die Anspruchsberechtigung durch die Abzweigung nicht berührt wird, ist für die zeitliche Zurechnung glaubhaft gemachter Aufwendungen im Ausgangspunkt nach dem Monatsprinzip zu verfahren. Bei konsequenter Verfolgung dieses Prinzips wären die Unterhaltsaufwendungen – nur – im Monat ihrer Entstehung zu berücksichtigen. Dies würde aber nicht dem Charakter von Aufwendungen entsprechen, die dazu dienen, den Lebensbedarf eines Kindes nicht nur punktuell – im Moment der Aufwendung – sondern über einen längeren oder sich wiederholenden Bedarfszeitraum hinweg zu befriedigen. So hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass bei der Prüfung, ob ein behindertes Kind zum Selbstunterhalt imstande ist, ein nicht monatlich anfallender notwendiger behinderungsbedingter Mehrbedarf, der bei einer vorausschauenden Bedarfsplanung vorhersehbar ist, auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen und mit einer monatlichen Durchschnittsbelastung anzusetzen ist (BFH, Urt. v. 24.08.2004, VIII R 59/01, BFHE 207, 237). Dieser Gedanke ist auf die Prüfung glaubhaft gemachter Unterhaltsaufwendungen der Eltern zu übertragen (vgl. FG Münster, Urteil vom 25.03.2011, 12 K 1891/10 Kg, aaO). § 74 EStG hält aber keine Maßstäbe bereit, welcher Verteilungszeitraum angemessen wäre. Da es um die tatsächliche Deckung des Lebensbedarfes eines Kindes geht, welcher sich nicht nach den Maßstäben beurteilen lässt, die der Gesetzgeber für die Absetzung für Abnutzung vorgeschrieben hat, können AfA-Grundsätze allenfalls als Anhaltspunkt herangezogen werden. Es bleibt daher eine Frage der konkreten Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalls, auf welchen Zeitraum solche wiederkehrenden Aufwendungen zu verteilen sind (so auch FG Münster, aaO).
Die Beigeladene hat schon vorgerichtlich gegenüber der Beklagten und auf Aufforderung des Gerichts auch im Gerichtsverfahren Ausführungen zu den von ihr getragenen Aufwendungen gemacht. Auch ohne Berücksichtigung der von der Beigeladenen im Verhandlungstermin vorgelegten weiteren Belege hat die Beigeladene durch die konkrete Auflistung bestimmter Ausgaben und die Vorlage dazu passender Belege monatliche Aufwendungen glaubhaft gemacht, die den Betrag des monatlichen Kindergeldes übersteigen.
Da M. nur tagsüber die Werkstatt besucht und im Übrigen bei seinen Eltern lebt, entstehen der Beigeladenen zwangsläufig Kosten für seine Unterbringung. Der rechnerisch auf M. entfallende Anteil an der Kaltmiete von 94,40 Euro, an den Heizkosten von 33,66 Euro und an den übrigen Nebenkosten von 18,66 Euro ergibt sich aus dem Berechnungsbogen, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat. Die von der Beigeladenen vorgelegten Belege ergeben für Ernährung und Genussmittel einen Aufwand von insgesamt 784,92 Euro, davon 51,30 Euro für Zigaretten, die nach dem glaubhaften Vortrag der Beigeladenen ausschließlich für M. eingekauft werden. Der verbleibende Betrag von 733,62 Euro durch 3 Kopfteile geteilt, ergibt pro Person ein Anteilen von 244,54 Euro. Zusammen mit dem Aufwand für die Zigaretten ergibt sich ein Aufwand von 295,84 Euro für M., verteilt auf 12 Monate somit ein Aufwand von 24,65 Euro monatlich. Für den Kauf von Bekleidung ergeben die vorgelegten Belege einen Gesamtaufwand von 128,75 Euro, mithin 10,73 Euro monatlich, für M.. Des Weiteren weisen die Belege nach, dass für den aus therapeutischen Gründen angeschaffte Hund von M. Futter für monatlich 11 Euro gekauft wird. Die Belege für den Ankauf von Spielzeug ergeben einen Gesamtbetrag von 169,68 Euro, mithin monatlich 14,14 Euro.
Diese zur Überzeugung des Gerichtes konkret und einwandfrei belegten Aufwendungen summieren sich auf einen durchschnittlichen Monatsbetrag von 207,24 Euro.
d) Diesem Aufwand stehen allerdings monatlich eigene Einkünfte und Bezüge M. in Höhe von 501,26 Euro gegenüber, nämlich die Leistungen der Klägerin zur Grundsicherung und zur Eingliederung.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes erbringt die Beigeladene, soweit sie die Aufwendungen aus den Einkünften und Bezügen M. – und damit auch aus den von der Klägerin zur Verfügung gestellten Beträgen – leistet, keinen eigenen Unterhalt. Bei volljährigen behinderten Kindern, die im Haushalt des Kindergeldberechtigten leben, ist – soweit nichts anderes nachgewiesen ist – von einem „Wirtschaften aus einem Topf” auszugehen. Dies bedeutet, dass die finanziellen Mittel des Kindes in eine gemeinsame Kasse mit den Eltern fließen, aus der der Lebensbedarf des Kindes (und der Eltern) gedeckt wird (BFH, Urteil vom 17.12.2008, III R 6/07, aaO).
Allerdings ist es offenkundig, dass die Berechnung der Aufwendungen nach den vorhandenen und konkret zuzuordnenden Belegen lückenhaft bleibt. Es ist nämlich ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Belege für Kleidung und Ernährung mangels einer fortlaufenden und akribischen Dokumentation lückenhaft geblieben sind, wie die Beigeladene geltend gemacht hat. Auch müssen Aufwendungen für die Pflege von Körper und Gesundheit sowie die Anschaffung von Hausrat angefallen sein, die mangels Vorlage von Belegen aber nicht nachgewiesen werden konnten. Deswegen hat die Beigeladene auch nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass es sich nicht um sämtliche Kosten handele, die im Kalenderjahr tatsächlich angefallen waren. Die Feststellung der Aufwendungen anhand der zur Glaubhaftmachung geeigneten Unterlagen der Beigeladenen bleibt daher erkennbar lückenhaft. Dies ist nach der Erfahrung des Senates mit dem Vortrag der Beteiligten in Abzweigungsfällen auch nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Die Entscheidung auf Grund regelmäßig lückenhafter Nachweise führt aber notwendigerweise zu zufälligen Ergebnissen.
Es ist auch nicht allein Sache des Kindergeldberechtigten, den für das Kind erbrachten Unterhalt „nachzuweisen”, um so eine Abzweigung abzuwenden, da das Bestehen eines Anspruches auf Kindergeld nicht Streitgegenstand ist. Streitgegenstand ist vielmehr der Anspruch auf Abzweigung eines Teilbetrages des Kindergeldes aus dem Anspruch des Kindergeldberechtigten. Der Nachweis, dass die Voraussetzungen für eine Abzweigung erfüllt sind, obliegt daher vorrangig dem Anspruchssteller, hier der Klägerin. Daher gibt Ziffer 74.1.1 Abs. 3 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleiches nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG 2009) der Verwaltung für das Verfahren vor, der Antragsteller müsse im Einzelnen darlegen, dass die Voraussetzungen für eine Abzweigung gegeben sind. Die Beigeladene ist zwar als formell Verfahrensbeteiligte gehalten, an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken. § 68 Abs. 1 Satz 1 EStG, der die Kindergeldberechtigten verpflichtet, Änderungen in den für die Leistung des Kindergeldes erheblichen Verhältnissen mitzuteilen, verpflichtet jedoch nicht zu einer Nachweispflicht über die Verwendung des Kindergeldes. Die Mitteilungspflichten beziehen sich nur auf diejenigen Umstände, die den Anspruch auf Kindergeld begründen oder entfallen lassen. Die Abzweigung betrifft jedoch nicht die Existenz des Kindergeldanspruches des Kindergeldberechtigten, sondern setzt diesen Anspruch voraus. Selbst wenn man wegen der Sach- und Beweisnähe der Kindergeldberechtigten eine grundsätzliche Pflicht postulieren wollte, die Mittelverwendung darzulegen, so muss sich diese an dem das ganze öffentliche Recht durchziehenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz messen lassen. Der Senat hält es zumindest für unverhältnismäßig und deshalb unzulässig, dem Kindergeldberechtigten eine derartige – für den Kindergeldberechtigten im Detail extrem aufwändige – Aufzeichnungs- oder Nachweispflicht aufzuerlegen. Denn dieser müsste insbesondere die Aufwendungen für langlebige Wirtschaftsgüter (z. B. Möbel, Elektroartikel), die sich über Jahre unter Umständen nur geringfügig als Aufwand auswirken, konsequenterweise auch für folgende Streitzeiträume aufzeichnen, d. h. er müsste für viele Wirtschaftsgüter eine Art Anlageverzeichnis führen. Dies erscheint dem Senat angesichts der ohnehin schon hohen zeitlichen Belastung der Eltern behinderter Kinder für deren Pflege abwegig. Der Kindergeldberechtigte darf im Verfahren nach § 74 EStG also nicht verpflichtet werden, akribisch eine Art „Haushaltsbuch” zu führen oder in ähnlicher Weise nachvollziehbar glaubhaft zu machen, ob und ggf. in welcher Höhe er aus welchen Einkünften Aufwendungen für den Unterhalt seines Kindes tätigt. Auch die unter Umständen rechtlich nicht leicht zu treffende Zuordnung der Aufwendungen nach den einzelnen sozialhilferechtlichen Bedarfsrubriken ist nicht erforderlich.
Hinzu kommt, dass der Kindergeldberechtigte und das in seinem Haushalt lebende behinderte Kind – im Regelfall – „aus einem Topf” wirtschaften, so dass eine eindeutige Trennung zwischen dem Aufwand für den Unterhalt des Kindes und dem Lebensbedarf des Kindergeldberechtigten allenfalls in Teilbereichen – z. B. bei der Anschaffung von Kleidung, Gesundheitspflege, Freizeit, Bildung – möglich ist. In anderen Bereichen – insbesondere bei den großen finanziellen Posten wie Verpflegungsaufwendungen und Kosten des Wohnraums – ist eine solche Differenzierung hingegen kaum praktikabel.
Auch ist eine Beweisführung kaum möglich, denn insbesondere beim Verpflegungsaufwand kommt eine Abgrenzung der Kosten für das behinderte Kind zu den Kosten der übrigen Familienmitglieder nicht ernsthaft in Betracht. Dies führt im Ergebnis dazu, dass die Entscheidung über die Abzweigung von Kindergeld an den Träger der Sozialhilfe, der dem Kind Grundsicherungsleistungen gewährt, stets auf der Grundlage eines nur unvollständig aufgeklärten Sachverhaltes ergehen muss (zutreffend FG Sachsen-Anhalt, 5. Senat, Urt. v. 10.11.2011, 5 K 454/11).
Ein Rückgriff auf § 162 Abgabenordnung (AO), der eine Schätzung ermöglichen könnte, erscheint dabei sachlich nicht gerechtfertigt, denn es ist angesichts der Vielfältigkeit der behinderungsbedingten Aufwendungen äußerst problematisch, einen angemessenen Maßstab für die Schätzung zu finden. Auf die sozialhilferechtlichen Regelsätze abzustellen würde zu einem Wertungswiderspruch zu kindergeldrechtlichen Regelungen und zu der darauf aufbauenden finanzgerichtlichen Rechtsprechung führen. Denn nach § 31 Satz 1, 2 EStG liegt der Zweck des Kindergeldes nicht nur in der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums, sondern, soweit das Kindergeld dafür nicht erforderlich ist, in der Förderung der Familie. So wird auch, soweit eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes den in § 32 Abs. 4 EStG festgelegten Jahresgrenzbetrag nicht überschreiten, typisierend davon ausgegangen, dass den Eltern Unterhaltsaufwendungen für das Kind entstehen (BFH, Urteil vom 09.02.2009, III R 37/07, aaO). Zur Ermittlung des Grundbedarfes kann typisierend auf den in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG festgesetzten Jahresgrenzbetrag als Existenzminimum eines Erwachsenen zurückgegriffen werden (BFH, Urteil vom 15.10.1999, VI R 40/98, BStBl II 2000, 75). Soweit ein individueller behinderungsbedingter Mehrbedarf nicht einzeln nachgewiesen ist, kann auf die Wertung des § 33b EStG zurückgegriffen werden (BFH, a.a.O.). Da M. mit einem Grad der Behinderung von 60 v. H. schwerbehindert ist, kann somit ein Betrag von 720 Euro für den behinderungsbedingten Mehrbedarf angenommen werden. Hinzu kommt der Jahresgrenzbetrag für 2009 von 7.680 Euro und für 2010 von 8.004 Euro. Den typisierten Gesamtbedarf von 8.400 Euro für 2009 bzw. 8.724 Euro für 2010 erreichen die Regelsätze aber nicht. Ebenso wenig überzeugt es, zur Lückenfüllung auf statistische Werte abzustellen, die durch die Untersuchungen der zuständigen Landesämter erstellt werden. Diese Werte bieten nämlich keinerlei Gewähr, sich den tatsächlichen Verhältnissen des Kindergeldberechtigten im Einzelfall auch nur angemessen anzunähern. Eine Quotelung der festgestellten gemeinschaftlichen Haushaltsausgaben nach der Zahl der haushaltsgehörigen Personen – wie sie insbesondere auch bei der Methode, die „Deckungslücke” zu ermitteln, erfolgt (vgl. FG Münster, Urteile vom 25. März 2011 – 12 K 1891/10 Kg – EFG 2011, S. 1727 und 12 K 2051/10 Kg – EFG 2011, S. 1327) – erscheint nicht unproblematisch, da nicht ausgeschlossen ist, dass die Eltern auf die Behinderung ihres Kindes in besonderem Maße Rücksicht nehmen. So ist etwa denkbar, dass bei der Ernährung die Bedürfnisse des Kindes in gesteigertem Maße berücksichtigt werden und dadurch Mehrkosten entstehen, ohne dass sich hieraus bereits ein sozialhilferechtlich beachtlicher „behinderungsbedingter Mehrbedarf” ergäbe (vgl. FG SachsenAnhalt, aaO). Ebenso verhält es sich mit den Wohnraumkosten, denn ein körperbehindertes Kind wie z.B. ein Rollstuhlfahrer hat einen erhöhten Platzbedarf, der nicht ohne weiteres allein dem Kind zu Gute kommen mag. Sogar behinderungsbedingt erforderliche Umbaukosten können nicht immer allein als behinderungsbedingter Aufwand qualifiziert werden, denn diese mögen in vielen Fällen auch den übrigen Familienmitgliedern einen Nutzen bringen. Da der Gesetzgeber typisierend davon ausgeht, dass den Kindergeldberechtigten Aufwendungen für ihr Kind entstehen, § 74 Abs. 1 EStG den Vorrang der elterlichen Sorge nicht in Frage stellt und der Nachweis der Abzweigungsvoraussetzungen dem Anspruchssteller obliegt, muss bei der Schätzung der Unterhaltsaufwendungen des Kindergeldberechtigten ausgeschlossen werden, dass die schätzungsbedingten Unwägbarkeiten zu seinen Lasten gehen. Es könnte daher allenfalls eine umfassende und äußerst detaillierte Erfassung der Ausgaben des Kindergeldberechtigten die Zufälligkeit der Ergebnisse ausschließen. Dies rechtfertigt aber keine Beschränkung der Prüfung auf die zweifelsfrei ermittelbaren Bedarfsrubriken oder auf den behinderungsbedingten (Mehr-) Bedarf, gerade weil § 74 EStG erkennbar nicht in die Entscheidungsfreiheit des Kindergeldberechtigten eingreifen oder diese auch nur mittelbar – durch Außerachtlassung bestimmter Aufwendungen bei der Abwägung – beeinflussen will und darf. Eine detaillierte Erfassung und Zuordnung der Ausgaben des Kindergeldberechtigten auf Basis der Regelsatzinhalte (Bedarfsrubriken) ist also ungeeignet, um zu einer sachgerechten Anwendung des § 74 Abs. 1 Sätze 3 und 4 EStG zu gelangen. Der Senat schließt sich daher den Ausführungen des FG Sachsen-Anhalt, 5. Senat im Urteil vom 10.11.2011 (5 K 454/11) an. Die Auffassung des Finanzgerichtes Münster (FG Münster, Urteil vom 25.03.2011, 12 K 1891/10, EFG 2011, 1727) stellt nach Auffassung des Senates zu hohe Anforderungen an die Nachweispflichten der Kindergeldberechtigten.
Der Senat ist der Auffassung, dass eine tatsächliche, anhand konkreter Feststellungen im Einzelfall widerlegliche, Vermutung dafür spricht, dass die Unterhaltsleistungen der Kindergeldberechtigten für ihr behindertes Kind den Kindergeldbetrag übersteigen. Diese Vermutung greift dann nicht, wenn die Kindergeldberechtigten selbst von Sozialhilfeleistungen leben (vgl. BFH, Urteil vom 17.12.2008, III R 6/07, aaO). Da dem im vorliegenden Streitfall keine Feststellungen entgegenstehen, ist davon auszugehen, dass die Beigeladene die glaubhaft gemachten Aufwendungen aus ihren eigenen Einkünften und Bezügen finanziert hat. Es verbleibt nämlich trotz der eigenen Einkünfte und Bezüge M. schon nach der typisierten Berechnung (s.o.) eine Bedarfslücke, da dem typisierten Gesamtbedarf von 8.400 Euro für 2009 (bzw. 8.724 Euro für 2010) eigene jährliche Mittel M. von 6.015,12 Euro gegenüberstehen. Da der Ehemann der Beigeladenen aus seiner Vollzeiterwerbstätigkeit als Erzieher Einkünfte erzielt, ist unter Einbezug des Kindergeldes nachvollziehbar, dass die Beigeladene die glaubhaft gemachten Aufwendungen aus diesen Einkünften trug. Der Senat hält es daher für konsequent und angemessen – wie in Ziffer 74.1.2 Abs. 2 DA-FamEStG vorgesehen – grundsätzlich davon auszugehen, dass der Kindergeldberechtigte regelmäßig Unterhaltsleistungen erbringt, die den Betrag des anteiligen Kindergeldes übersteigen, wenn das Kind in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen worden ist.
Das Finanzgericht ist nach Allem nicht gehalten, im Rahmen seiner Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhaltes von Amts wegen (§ 76 FGO, § 88 AO) eine umfassende, aufwändige und tief in die Privatsphäre der Kindergeldberechtigten reichende Ausforschung des Sachverhaltes vorzunehmen. Der Annahme einer solchen weitgehenden Verpflichtung steht auch entgegen, dass nach § 20 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) zwar auch für das sozialhilferechtliche Verfahren grundsätzlich der Untersuchungsgrundsatz gilt, die Festsetzung der Grundsicherungsleistungen aber dennoch aus den bereits genannten Gründen ohne Prüfung der Einkommensverhältnisse der kindergeldberechtigten Eltern erfolgt, § 43 Abs. 2 SGB XII. Der Gesetzgeber hat zudem für die Grundsicherung den Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe ausdrücklich außer Kraft gesetzt. Ist aber damit – trotz an sich bestehender Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen – einer Prüfung der Unterhaltsleistungen der kindergeldberechtigten Eltern sozialhilferechtlich die Grundlage entzogen, muss diese gesetzliche Vorgabe zur „Intensität und Gründlichkeit” der Ermittlung des Sachverhaltes auch bei der Anwendung des § 74 Abs. 1 EStG beachtet werden (zutreffend FG Sachsen-Anhalt, aaO).
Bei nicht behinderten Kindern wird – auch nur bis Ende des Jahres 2011 – geprüft, ob die schädliche sogenannte „Einkünfte- und Bezügegrenze” überschritten ist. Ist dies nicht der Fall, geht der Gesetzgeber von einer finanziellen Belastung der Eltern aus ohne im Einzelnen zu hinterfragen, ob und welchen kindbedingten Aufwand sie überhaupt hatten. Bei behinderten Kindern ist dies im Ergebnis ebenso zu handhaben. Sind sie außerstande, sich selbst zu unterhalten, reichen also ihre finanziellen Mittel nicht zur Deckung des Grund- und behinderungsbedingten Mehrbedarfs aus, ist bei nur teilstationärer Unterbringung typisierend davon auszugehen, dass die Eltern finanziell mindestens in Höhe des Kindergeldes belastet sind.
3. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Feststellung, dass die Abzweigung rechtswidrig war, ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin hat im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) hilfsweise beantragt, festzustellen, dass die Abzweigung rechtswidrig war. Diesen Antrag hat sie für den Fall gestellt, dass ihr Hauptantrag infolge der Zahlungen der Beklagten an die Beigeladene unbegründet sein sollte. Auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ist der Abzweigungsantrag für die Monate Dezember 2009 bis einschließlich Mai 2010 schon deswegen unbegründet, weil die Beklagte das Kindergeld ohne Vorbehalt und ohne Bedingung an die Beigeladene ausgezahlt hat (s. o. Ziffer 1.), der Anspruch mithin erloschen ist.
Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage erfordert ein berechtigtes Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung, wofür jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art genügt. Die Feststellung muss geeignet sein, in einem dieser Bereiche zu einer Positionsverbesserung des Klägers zu führen (BFH, Urteil vom 27.01.2004, VII R 54/02, BFH/NV 2004, 797). Es genügt unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie, dass der Beklagte die Auffassung des Gerichtes bei künftigen Verfahren respektiert (Gräber/von Groll, § 100 FGO, Rz 60). Insbesondere indiziert eine Wiederholungsgefahr ein Feststellungsinteresse. So liegt der Fall hier. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ermöglicht zum einen die Klärung der streitigen Rechtsfragen, was für die gerichtsbekannt zahlreichen weiteren anhängigen Abzweigungsanträge der Klägerin von erheblicher Bedeutung ist. Sowohl allgemein in anderen Verfahren als aber auch in Bezug auf die Beigeladene besteht ein besonderes Feststellungsinteresse der Klägerin, denn da der Kindergeldanspruch monatlich entsteht liegt auch in Bezug auf diesen konkreten Fall eine Wiederholungsgefahr für zukünftige Zeiträume vor.
Die somit zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage ist aber aus den unter 2. dargelegten Gründen ebenfalls unbegründet.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, Abs. 3 FGO, 139 Abs. 4 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat der Senat der unterliegenden Klägerin auferlegt. Es entspricht der Billigkeit, dem Beigeladenen Kostenerstattung zuzubilligen, wenn ihm – wie hier – ihm Kosten entstanden sind und er Sachanträge gestellt hat, weil er dann auch das Risiko getragen hat, zu unterliegen und mit Kosen belastet zu werden.
5. Die Revision ist zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO.
Die Entscheidung wirft grundsätzliche Fragen der Anwendung des § 74 EStG auf, die der Senat mit dem 5. Senat des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt abweichend vom Finanzgericht Münster gelöst hat. Nach Kenntnis des Senats sind zudem bereits Hunderte von Abzweigungsanträgen der Sozialleistungsträger anhängig, so dass die obergerichtliche Beantwortung der aufgeworfenen Fragen weitreichende Bedeutung über den entschiedenen Einzelfall hinaus hat.