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14.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141436

Amtsgericht Ludwigsburg: Urteil vom 08.11.2013 – 3 C 1475/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


AG Ludwigsburg, 08.11.2013 - 3 C 1475/13

In dem Rechtsstreit
1) xxx
- Klägerin -
2) xxx
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
xxx
gegen
xxx
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte:
xxx
wegen Zustimmung zur Mieterhöhung
hat das Amtsgericht Ludwigsburg
durch
die Richterin xxx
am 08.11.2013 auf die mündliche Verhandlung vom 09.10.2013
für Recht erkannt:
Tenor:

1.

Die Klage wird abgewiesen.
2.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Steitwert: 780,00 EUR
Tatbestand

Die Kläger begehren von der Beklagten Zustimmung zur Mieterhöhung.

Die Parteien sowie der zwischenzeitlich verstorbene Ehemann der Beklagten schlössen am 20.05.1985 einen Mietvertrag über die Erdgeschosswohnung nebst Garage in der xxx (K1, Bl. 6 ff. d.A.)

Die aktuelle monatliche Kaltmiete, die seit 5 Jahren unverändert ist, beträgt 440,00 EUR, wobei 10,00 EUR für die Garage enthalten sind. Die 1972 erstellte Wohnung verfügt über 82 m2. Mit Schreiben vom 21.01.13, der Beklagten am selben Tage zugegangen, begehrte die Klägerin zu 1) von der Beklagten Zustimmung zu einer 14%igen Mieterhöhung von 440,00 EUR auf 505,00 EUR ab dem 01.05.13 (K2 ohne die letzte Seite (Mietpreisberechnung), Bl. 6 ff. dA). Zur Begründung stützte sie sich auf den qualifizierten Mietspiegel der Stadt Ludwigsburg aus dem Jahr 2011, wobei sie einen nicht spezifizierten Abschlag von 4 Punkten ansetzte und für Remseck einen Abschlag von 6% vornahm. Die Stadt Remseck verfügt über einen eigenen einfachen Mietspiegel aus dem Jahr 2010.

Da die Beklagte nicht reagierte, wurde sie per anwaltlichem Schreiben vom 22.04.13 von den Klägern erneut zur Abgabe ihrer Zustimmung bis zum 30.04.13 aufgefordert. Die Kläger erhoben sodann Klage, die der Beklagten am 13.06.13 zugestellt wurde. Der Klageschrift lagen der Ausdruck der Mietpreisberechnung (K2 letzte Seite, Bl. 6 ff. d A) und der qualifizierte Mietspiegel der Stadt Ludwigsburg aus dem Jahr 2011 bei.

Die Kläger tragen im wesentlichen vor,

dass der qualifizierte Mietspiegel der Stadt Ludwigsburg von 2011 als Begründungsmittel herangezogen werden dürfe. Der Mietspiegel der Stadt Remseck sei veraltet und die Vergleichbarkeit der Gemeinden gegeben.

Die Kläger beantragen:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete der von ihr gemieteten Räume im Haus xxx 71686 Remseck, Erdgeschoss links, von bisher EUR 440,- monatlich zzgl. Betriebskostenvorausszahlung auf monatlich EUR 505,- zzgl. Betriebskostenvorauszahlung ab dem 01.05.2013 zuzustimmen.
2.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger EUR 102,82 an außergerichtlichen Mahnkosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt im wesentlichen vor,

dass der Kläger zu 2) nicht aktivlegitimiert sei und das Mieterhöhungsverlangen trotz des Vortrags im Verfahren unwirksam sei. Remseck verfüge über einen eigenen Mietspiegel und sei nicht mit Ludwigsburg vergleichbar.

Bezüglich des weiteren Parteivortrages wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.10.13 (Bl. 74 ff. d.A) sowie alle weiteren Aktenteile verwiesen.

Die Beklagte erhielt ein nachgelassenes Schriftsatzrecht bis zum 23.10.13. Der Schriftsatz der Kläger vom 06.11.13, denen kein Schriftsatzrecht darauf eingeräumt wurde, ging dem Gericht am selben Tage zu, bot aber keinen Anlass, in die Verhandlung wieder einzutreten.
Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Den aktivilegitimierten Klägern steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung aus § 558 BGB und Ersatz der außergerichtlichen Mahnkosten unter Verzugsgesichtspunkten zu.

1.

Die Kläger sind aktivlegitimiert, da sie Vermieter der Beklagten sind. Unschädlich ist, dass nur die Klägerin zu 1) den Mietvertrag unterzeichnet hat, da im Mietvertrags köpf auch der Kläger zu 2) ("Eheleute xxx") erfasst war. Dies ergibt sich zwar nicht aus § 1357 BGB, da ein Mietvertragsabschluss aufgrund seiner Abstimmungsbedürftigkeit unter Eheleuten nicht als Geschäft des täglichen Lebens gewertet werden kann. Bei langjährig praktizierten Mietverhältnissen, wie dem vorliegenden mit 38 Jahren, ist jedoch von einer stillschweigenden Genehmigung durch den anderen, den Mietvertrag nicht unterzeichnenden Ehegatten auszugehen (LG Gießen, ZMR 2007, 863 [LG Gießen 25.07.2007 - 1 S 130/07]). Somit ist auch der Kläger zu 2) Vertragspartner der Beklagten.

2.

Ein Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung gemäß § 558 BGB steht den Klägern nicht zu, da das Mieterhöhungsverlangen vom 21.01.13 unwirksam war und auch nicht durch dessen Nachbesserung während des Prozesses (§ 558b Abs. 3 BGB) wirksam geworden ist.

Es erfolgte zwar eine Nachbesserung des Mieterhöhungsverlangens, bei der die Überlegungsfrist zwischenzeitlich abgelaufen ist, und zur Heilung einiger formeller Mängel führte. Das Schreiben erfolgte nur im Namen der Klägerin und lässt für eine Einbeziehung oder Vertretung des Klägers zu 2) keinen Raum. Steht auf Vermieterseite eine Personenmehrheit, dann muss das Erhöhungsverlangen von allen abgegeben werden, da eine nachträgliche Genehmigung ausscheidet (LG Essen ZMR 2008, 894 [LG Essen 08.07.2008 - 15 S 95/08]). Durch die Klageschrift, die auch im Namen des Klägers zu 2) erfolgte, wurde dieser Fehler geheilt. Im Schreiben wurde der vorgenommene Abschlag von 4 Punkten nicht begründet. Der Vermieter muss aber bei Heranziehung eines Mietspiegels, der mit Spannen und Merkmalen arbeitet, die Merkmale, die nach seiner Ansicht gegeben sind und einen Auf- oder Abschlag rechtfertigen, exakt bezeichnen, damit der Mieter dies überprüfen kann und der Vermieter diese nicht später auswechselt (Schmidt-Futterer/Börstinghaus Mietrecht Kommentar, 10. Auf], § 558a Rn 39). Aus der Anlage, die der Klageschrift beigefügt war, lässt sich nun entnehmen, welche Merkmale die Kläger für ihren Abschlag anführen.

Ob ein qualifizierter Mietspiegel nach § 558a Abs. 3 BGB dem Mieterhöhungsschreiben beizufügen ist, wenn er gegen eine geringe Schutzgebühr erworben werden kann, kann dahinstehen. Er war der Klageschrift beigefügt.

Allerdings stützt sich das Mieterhöhungsverlagen nach wie vor auf den qualifizierten Mietspiegel der Stadt Ludwigsburg. Dies ist unzulässig. Für das Gemeindegebiet in, der die streitgegenständliche Wohnung liegt, existiert ein eigener Mietspiegel.

Grundsätzlich dürfen zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens nur örtlich anwendbare Mietspiegel verwendet werden. Demnach muss die Wohnung in der Gemeinde liegen, für die der Mietspiegel erstellt wurde. Der Vermieter hat kein Wahlrecht, ob er den örtlichen Mietspiegel oder den einer Nachbargemeinde zur Begründung heranzieht (Schmidt-Futterer/Börstinghaus a.a.O, § 558a Rn 41).

Eine Ausnahme hiervon gestattet § 558 Abs. 4 S. 2 BGB, wonach auch ein anderer Mietspiegel verwendet werden kann, wenn in dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter seine Erklärung abgibt, kein Mietspiegel vorhanden ist, bei dem bei dem § 558c Abs. 3 oder § 558d Abs. 2 BGB eingehalten ist.

Der Mietspiegel der Stadt Remseck von 2010 hält die Vorgaben des § 558c Abs. 3 BGB ein. Nach § 558c Abs. 3 BGB sollen Mietspiegel im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst werden. Aus der Verwendung von "soll" ergibt sich im Vergleich zum im § 558d Abs. 2 BGB für qualifizierte Mietspiegel ("ist"), dass eine nicht erfolgte Anpassung keinesfalls zur Unanwendbarkeit eines drei statt zwei Jahre alten einfachen Mietspiegels führen kann. Würde jeder einfache Mietspiegel nach zwei Jahren nicht angepasst werden und damit als veraltet gelten, bestünde kein Unterschied zwischen einfachen und qualifizierten Mietspiegeln. Für eine derartige Gleichbehandlung ist aber aufgrund der vom Gesetzgeber vorgenommenen Differenzierung durch "ist" und "soll" kein Raum.

Desweiteren sieht das Gesetz ein ausdrückliches Ende der Mietspiegelgültigkeit nicht vor. Zwar ist die Fortschreibung alle zwei Jahre vorgesehen, was aber nicht umgekehrt bedeutet, dass ein Mietspiegel nach Ablauf von zwei Jahren automatisch ungültig wird. Vielmehr ordnet das Gesetz in § 558b Abs. 4 S. 2 BGB gerade an, dass sogar ein veralteter Mietspiegel als Begründungsmittel verwendet werden kann. Erst wenn zum Zugangszeitpunkt des Erhöhungsverlangens ein neuer Mietspiegel erstellt worden ist, verliert der alte Mietspiegel seine Wirkung und darf nicht mehr als Begründungsmittel herangezogen werden (Schmidt-Futterer/Börstinghaus a.a.O, § 558c, 558d Rn 47). Erfolgt eine Fortschreibung nicht binnen zwei Jahren, so ist es dem Vermieter untersagt, wegen des Alters des Mietspiegels einen Zuschlag zu den Werten hinzurechnen (OLG Stuttgart NJW 82, 945).

Die Heranziehung des qualifizierten Mietspiegels der Stadt Ludwigsburg ist somit unzulässig. Auf die Frage der Vergleichbarkeit der beiden Gemeinden kommt es nicht an.

3.

Den Klägern steht kein Anspruch auf vorgerichtliche Mahnkosten zu aus §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 BGB, da das Mieterhöhungsverlangen bereits durch die Heranziehung des Ludwigsburger Mietspiegels an einem formellen Mangel leidet, die Überlegungsfrist des Beklagten nicht zu laufen begann und sie sich somit auch nicht im Verzug befand. Ein Zinsanspruch diesbezüglich scheidet ebenfalls aus.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708, 711 ZPO. Der Schriftsatz der Kläger vom 06.11.13, denen kein Schriftsatzrecht nachgelassen wurde, ging dem Gericht am selben Tage zu. Er bot aber keinen Anlass, in die Verhandlung wieder einzutreten, da er nur rechtliche Ausführungen enthielt.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 558 Abs. 4 S. 2 BGB; § 558a Abs. 3 BGB; § 558b Abs. 3 BGB; § 558c Abs. 3 BGB; § 558d Abs. 2 BGB; § 1357 BGB

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