01.02.2007 · IWW-Abrufnummer 070353
Bundesfinanzhof: Urteil vom 03.08.2005 – I R 7/05
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
I R 7/05
Gründe:
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt einen Maler- und Gerüstbetrieb. In den Streitjahren war sie zu rd. 60 v.H. für die B-AG tätig. Nach den Werkverträgen wurde der Klägerin der Arbeitseinsatz ihrer Angestellten und auch der des Gesellschafter-Geschäftsführers (S) von der Auftraggeberin nach Stunden vergütet.
Der Geschäftsführervertrag bestimmte in § 4, dass die Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit, die die Klägerin für seine Tätigkeit erzielte, an S weiterzuleiten seien.
In den Streitjahren erhielt S neben seinem Festgehalt von 78 000 DM (1998 und 1999) und 79 845 DM (2000) Zuschläge in Höhe von 6 148 DM (1998), 8 026 DM (1999) und 5 519 DM (2000).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) war der Auffassung, die Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit seien verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und erließ für die Jahre 1998 bis 2000 entsprechende Steuerbescheide.
Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) war unter Hinweis auf die Senatsrechtsprechung der Auffassung, die Vereinbarung einer GmbH mit ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer über die gesonderte Vergütung von Überstunden vertrage sich nicht mit dem Aufgabenbild eines GmbH-Geschäftsführers.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 28. Juni 2002 aufzuheben und die Bescheide zur Körperschaftsteuer 1998 bis 2000, zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 1998, 31. Dezember 1999 und 31. Dezember 2000, zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zum 31. Dezember 1998, 31. Dezember 1999 und 31. Dezember 2000, die Bescheide zu den Gewerbesteuermessbeträgen der Jahre 1998 bis 2000 sowie die Bescheide zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1998, 31. Dezember 1999 und auf den 31. Dezember 2000, sämtlich vom 6. November 2001, dahin gehend zu ändern, dass die an den Geschäftsführer für dessen Sonn- und Feiertagsarbeit gezahlten Überstundenvergütungen in Höhe von 6 148 DM für das Kalenderjahr 1998, in Höhe von 8 026 DM für das Kalenderjahr 1999 und in Höhe von 5 519 DM für das Kalenderjahr 2000 als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die Annahme des FG, dass die an S gezahlten Zuschläge vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG seien, hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht Stand.
1. Die Klägerin hat nach den Feststellungen des FG an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer S Zuschläge für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen gezahlt. Diese Zahlungen sind Betriebsausgaben, die den Bilanzgewinn der Klägerin mindern. Sie sind aber, sofern sie durch das Gesellschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und S veranlasst oder zumindest mitveranlasst sind, zugleich vGA. In diesem Fall dürfen sie das zu versteuernde Einkommen der Klägerin nicht mindern (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG), weshalb sie dann dem Bilanzgewinn außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen sind.
2. Nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats sind gesonderte Vergütungen, die eine GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer für die Ableistung von Überstunden zahlt, aus steuerrechtlicher Sicht regelmäßig vGA (ständige Rechtsprechung, zuletzt Senatsurteil vom 14. Juli 2004 I R 111/03, BFHE 206, 437, BStBl II 2005, 307, m.w.N.). Das gilt namentlich dann, wenn die zusätzliche Vergütung nur für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen gezahlt werden soll, da eine solche Regelung die Annahme rechtfertigt, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen die in § 3b des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorgesehene Steuervergünstigung verschafft werden soll, und zwar auch dann, wenn --wie hier-- der Gesellschafter-Geschäftsführer für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen ausschließlich die in § 3b EStG genannten Zuschläge erhält (Senatsurteil in BFHE 206, 437, BStBl II 2005, 307, m.w.N.).
3. Die genannte Rechtsprechung besagt jedoch nicht, dass die Zahlung von Sonn- und Feiertagszuschlägen an einen Gesellschafter-Geschäftsführer stets als vGA einzustufen ist. Vielmehr kann eine entsprechende Vereinbarung im Einzelfall durch überzeugende betriebliche Gründe gerechtfertigt sein, die geeignet sind, die Vermutung für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zu entkräften. Dann liegt keine vGA vor.
Die Beurteilung von Überstundenvergütungen als vGA beruht auf dem Gedanken, dass ein Geschäftsführer sich in besonderem Maße mit den Interessen und Belangen der von ihm geleiteten Gesellschaft identifizieren und die notwendigen Arbeiten auch dann erledigen muss, wenn dies seinen Einsatz außerhalb der üblichen Arbeitszeiten und über diese hinaus erfordert. Die GmbH wird in der Regel auch nicht kontrollieren können, ob der Arbeitseinsatz des Geschäftsführers an Sonn- und Feiertagen tatsächlich durch die betrieblichen Belange veranlasst ist, zumal wenn die geschäftsleitenden Aufgaben allein dem Gesellschafter-Geschäftsführer vorbehalten sind, so dass ein betriebsinterner Vergleich ausscheidet.
4. Wurde jedoch eine bestimmte Vereinbarung nicht nur mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer, sondern auch mit vergleichbaren gesellschaftsfremden Personen abgeschlossen, so kann dies gegen eine Veranlassung der Vereinbarung durch das Gesellschaftsverhältnis sprechen. Eine solche Gestaltung weist nämlich darauf hin, dass die Vereinbarung in dem betreffenden Unternehmen auf betrieblichen Gründen beruht. Hält die zu beurteilende Regelung in diesem Sinne einem betriebsinternen Fremdvergleich stand, so kann eine vGA auch dann im Einzelfall zu verneinen sein, wenn eine entsprechende Regelung im allgemeinen Wirtschaftsleben unüblich ist oder aus anderen Gründen regelmäßig zur vGA führt (Senatsurteil in BFHE 206, 437, BStBl II 2005, 307).
5. Nach den Feststellungen des FG hat S an Sonn- und Feiertagen keine typischen Tätigkeiten verrichtet, die dem Geschäftsführer vorbehalten und daher von ihm --gleichgültig an welchem Wochentag-- auszuüben sind. Es handelte sich vielmehr um unaufschiebbare Arbeiten, für die auch andere Arbeitnehmer der Klägerin herangezogen wurden, denen gleichermaßen Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit bezahlt wurden. Die Vereinbarung mit S war für die Klägerin mit keinem Risiko verbunden, da sie nur die tatsächlich vereinnahmten Zuschläge für Arbeiten an Sonn- und Feiertragen an S weiterleiten musste. Hierdurch schaffte sie für ihren Geschäftsführer S einen Anreiz, selbst zu arbeiten, anstatt die Arbeiten an einen Arbeitnehmer zu delegieren. Dies war für die Klägerin vorteilhaft, weil an die anderen Arbeitnehmer neben den Zuschlägen für die Sonn- und Feiertagsarbeit auch die Überstundenvergütung ausbezahlt werden musste, an S dagegen nur die empfangenen Zuschläge. Da die B-AG nach Stunden abrechnet, ist anhand der Regieberichte ohne weiteres zu kontrollieren, ob S oder ein Arbeitnehmer die Aufträge durchgeführt hat.
In Fällen, in denen wegen des Einsatzes des Geschäftsführers an Sonn- und Feiertagen der GmbH ein besonderes Entgelt vergütet wird, kann eine Vereinbarung über Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit ausschließlich betrieblich veranlasst sein, sofern bei anderen Arbeitnehmern ebenso verfahren wird, der tatsächliche Arbeitseinsatz des Geschäftsführers klar belegt werden kann und er für seinen besonderen Arbeitseinsatz nicht bereits eine anderweitige erfolgsabhängige Vergütung --wie etwa eine Gewinntantieme-- erhält.
6. Das FG ist von anderen rechtlichen Grundsätzen ausgegangen. Es hat die gesellschaftliche Veranlassung der Zuschläge für die Sonn- und Feiertagsarbeit unter Hinweis auf die ständige Senatsrechtsprechung zu Überstundenvergütungen bei Gesellschafter-Geschäftsführern vor Ergehen des Senatsurteils in BFHE 206, 437, BStBl II 2005, 307 bejaht, ohne die Besonderheiten des Streitfalles, die für eine betriebliche Veranlassung der Vereinbarung sprechen können, in seine Erwägungen einzubeziehen. Die Entscheidung ist daher aufzuheben. Ob eine Vereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ausschließlich betrieblich oder --stattdessen oder zugleich-- durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, muss im gerichtlichen Verfahren in erster Linie das FG anhand aller Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilen (Senatsurteil in BFHE 206, 437, BStBl II 2005, 307, m.w.N.). Diese Würdigung ist im Revisionsverfahren nicht möglich. Die Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.