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26.10.2016 · IWW-Abrufnummer 189488

Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 02.08.2016 – 8 Sa 1454/15

Zur Reichweite des Gleichbehandlungsgrundsatzes bezüglich Bonuszahlungen im Bankenbereich, hinsichtlich derer der Arbeitgeber mit Blick auf das Bestehen bzw. Nichtbestehen des Arbeitsverhältnisses zum Ablauf des Bezugszeitraums differenziert.


Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.10.2015 - Az. 3 Ca 5022/15 - abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 37.500,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2015 zu zahlen.


2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.


3. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.



Tatbestand



Der Kläger verfolgt einen Bonusanspruch für das Kalenderjahr 2014.



Der Kläger war ab dem 01.11.1993 bei der Beklagten beschäftigt. Er wurde auf Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 03.12.2001 (Blatt 7 ff. der Akte) als Privatkundenbetreuer innerhalb des Geschäftsbereichs Privatkundengeschäft eingesetzt. Mit Wirkung zum 01.04.2008 ermächtigte die Beklagte den Kläger, im Außenverhältnis den Titel "Direktor" zu führen, im Innenverhältnis gehörte der Kläger zur zuletzt rund 150 bis 180 Arbeitnehmer starken Gruppe der sog. "B-Direktoren". Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristgerecht zum 30.09.2014; er wurde ab dem 16.06.2014 von der Arbeitsleistung bezahlt freigestellt.



Der Arbeitsvertrag der Parteien sieht keinerlei Regelungen zur Zahlung eines Bonus vor. Für die Jahre 2010 bis 2012 erhielt der Kläger jeweils eine Bonuszahlung von 45.000,00 Euro brutto, für das Jahr 2013 eine von 50.000,00 Euro brutto. Der Bonus gelangte jeweils im Monat März des Folgejahres zur Auszahlung. In den entsprechenden Begleitanschreiben wurde darauf hingewiesen, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt, die keinen Rechtsanspruch auf Leistungen in der Zukunft begründet. In den Anschreiben aus Februar 2011 und Februar 2012 erklärte die Beklagte zudem einen Vorbehalt, wonach der Sonderzahlungsanspruch entfallen solle, wenn das Anstellungsverhältnis zur Beklagten trotz deren vertragsgemäßen Verhaltens bis zum Auszahlungszeitpunkt vom Mitarbeiter selbst gekündigt wurde oder die Beklagte es ihrerseits aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt hatte. Spätere Anschreiben enthielten diesen Passus nicht mehr. Über die Zahlung und Höhe der Boni für die einzelnen Mitarbeiter entscheidet der Vorstand auf der jährlichen Personalklausur im Februar. Nach dem Geschäftsergebnis der Bank richtet sich das für die Bonuszahlungen zur Verfügung stehende Volumen. Als Kriterien für den Bonus werden der Ergebnisbeitrag des jeweiligen Geschäftsbereichs und die persönliche Leistung des Mitarbeiters berücksichtigt, ohne dass die Gewichtung der Kriterien zueinander festgelegt ist.



Für das Jahr 2014 lehnte die Beklagte die Zahlung eines Bonus an den Kläger mit dem Hinweis ab, dass dieser nur für die Mitarbeiter gezahlt werde, die nicht während des laufenden Geschäftsjahres ausscheiden. Eine Mitteilung gegenüber den Mitarbeitern hierüber war zuvor nicht erfolgt.



Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz die Zahlung eines anteiligen Bonus für das Geschäftsjahr 2014 zustehe, da er ohne sachlichen Grund schlechter gestellt werde als seine Kollegen. Da die Zahlung des Bonus von leistungs- und damit vergangenheitsbezogenen Kriterien abhänge, könne die Beklagte ihm die zusätzliche Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen nicht vorenthalten. Zur Bezifferung seines Anspruchs benötige er eine Auskunft über die Höhe der Boni der Kollegen, die bei vergleichbarer Leistungsstärke seinem Bereich und seiner Hierarchieebene angehörten, für die Jahre 2013 und 2014, um seinen eigenen Anspruch beziffern zu können. Im Ergebnis sei aber nicht davon auszugehen, dass sein Bonus - zeitanteilig betrachtet - geringer ausfallen könne als in den Vorjahren, da 2014 ein gutes Geschäftsjahr gewesen sei und er persönlich bis zu seinem Ausscheiden mit einem Ertrag von mehr als 1,5 Millionen € bereits fast sein Vorjahresergebnis erreicht habe.



Der Kläger hat beantragt,

1.) die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger in anonymisierter Form Auskunft darüber zu erteilen, ob und in welcher Höhe die B - Direktoren im Bereich "Private Banking" (ehemals: "Vermögende Privatkunden") für das abgelaufene Geschäftsjahr 2013 und 2014 eine Bonuszahlung erhalten haben und nach welchen Kriterien die Höhe der Bonuszahlung festgelegt wurde. 2.) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die sich aus der nach Ziffer 1. zu erteilenden Auskunft ergebende Bonuszahlung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2015 zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Sie hat behauptet, dass der Anspruch auf die Bonuszahlung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des Geschäftsjahres, für den er gezahlt werde, geknüpft sei. Die hierin liegende Stichtagsregelung sei wirksam, weil sie an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses innerhalb und nicht außerhalb des relevanten Bezugszeitraums anknüpfe. Aus ihrer Sicht kommt vor dem Hintergrund eine Zahlung an den Kläger nicht in Betracht, auch wenn er unbestritten zu den Leistungsträgern in seinem Bereich gehörte und nach Ausspruch der Kündigung uneingeschränkt loyal gegenüber der Beklagten gewesen sei. Das Bonussystem lasse angesichts der Gesamtjahresbetrachtung eine Teilbarkeit der Leistung nicht zu. Es sei bei einem unterjährigen Ausscheiden bereits nicht zu ermitteln, wie sich das Ergebnis der Bank anschließend entwickeln und welchen Einfluss der ausscheidende Mitarbeiter hierauf haben würde. Die Höhe der Bonuszahlungen an nicht im Jahresverlauf ausgeschiedene B-Direktoren habe sich für das Jahr 2014 zwischen 0 und 70.000,00 € bewegt. Mit dieser Erklärung sei der Auskunftsanspruch des Klägers erfüllt, weitere Details dürfe sie bereits aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht offenbaren.



Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28.10.2015 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Stufenklage des Klägers sei zwar zulässig, aber mangels Vorliegen eines Zahlungsanspruchs insgesamt unbegründet. Das Bonussystem der Beklagten, welches unterjährig ausscheidende Mitarbeiter gänzlich vom Leistungsbezug ausschließe, sei mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar. Mit ihrer Stichtagsregelung verfolge die Beklagte erkennbar den zulässigen Zweck, Mitarbeiter im Unternehmen zu halten und für die Zukunft weiter zu motivieren. Darauf, ob eine solche Regelung eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB darstelle, komme es vorliegend nicht an, da es jedenfalls an einer im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes allein schädlichen willkürlichen Benachteiligung des Klägers fehle. Mit seinem weitergehenden Vortrag, die von der Beklagten behauptete Differenzierung sei nur vorgeschoben, erfülle der Kläger seine Darlegungslast nicht. Indizien, die gegen die tatsächliche Existenz des Bonussystems der Beklagten sprächen, gebe es nicht.



Gegen das ihm am 25.11.2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit einem am 28.12.2015 (Montag nach den Weihnachtsfeiertagen) beim Landesarbeitsgericht eingegangene Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.02.2016 - mit einem weiteren, am 25.02.2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz auch begründet.



Der Kläger rügt, das Arbeitsgericht habe bei seiner Entscheidungsfindung relevanten Sachvortrag übergangen und zudem Rechtsfehler begangen. So habe er hinreichend substantiiert die Existenz der von der Beklagten behaupteten Stichtagsregelung bestritten, weil diese mit dem von der Beklagten selbst behaupteten Leistungszweck, nämlich der Honorierung vergangenheitsbezogener Leistungen, nicht in Einklang zu bringen sei. Zudem habe das Arbeitsgericht verkannt, dass auf einen Motivationszweck der Bonuszahlung in Bezug auf künftige Leistungen und Betriebstreue nicht abgestellt werden dürfe, da dann auch diejenigen Mitarbeiter von einem Bonusbezug ausgeschlossen werden müssten, die sich am Jahresende bereits in einem gekündigten Arbeitsverhältnis befänden. Maßgeblich sei vielmehr die Honorierung von Leistungen in der Vergangenheit, und die habe der Kläger trotz seines Ausscheidens zum 30.09.2014 erbracht.



Der Kläger beantragt zuletzt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.10.2015 - Az.: 3 Ca 5022/15 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für das Geschäftsjahr 2014 einen Bonus in Höhe von 37.500,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2015 zu zahlen.



Die Beklagtenvertretung beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.



Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter ergänzender Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Das Arbeitsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers im Hinblick auf eine sachwidrige Gruppenbildung als tatbestandliche Voraussetzung für die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht überspannt. Der Kläger habe zumindest Beispiele dafür bringen müssen, dass Bonuszahlungen auch an unterjährig ausscheidende Mitarbeiter erfolgt seien. Solche habe es aber nicht gegeben. Auch den der differenzierenden Stichtagsregelung zugrunde liegenden Zweck habe das Arbeitsgericht zutreffend bestimmt. Die Beklagte habe sich dazu entschieden, lediglich Mitarbeiter, die im gesamten Geschäftsjahr Betriebstreue erwiesen und zugleich durch ihre Leistung zum Unternehmenserfolg beigetragen hätten, mit einer Bonuszahlung zu bedenken. Die Sonderzahlung wirke zukunftsbezogen, da sie einen Mitarbeiter von einem Wechsel abhalte. Dieser Effekt werde durch die Stichtagsregelung verstärkt, weil den Mitarbeitern ein vollständiger Verlust bei Ausscheiden drohe. Abgesehen davon sei die unterjährige Ermittlung des Unternehmenserfolges für jeden Fall des Ausscheidens mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, wenn nicht gar unmöglich.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen beider Rechtszüge verwiesen.



Entscheidungsgründe



A.



Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 1, 2 lit. b), 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.



B.



Die Berufung ist auch begründet.



I.



Der Kläger kann von der Beklagten nach Maßgabe des Gleichbehandlungsgrundsatzes i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB Zahlung eines anteiligen Bonus für das Jahr 2014 in Höhe von 37.500,00 € brutto verlangen.



1.



Der vom Kläger zuletzt gestellte Zahlungsantrag ist zur Entscheidung angefallen. Der Kläger konnte seine Klage in zulässiger Weise von den erstinstanzlich gestellten Stufenanträgen auf Auskunft und Zahlung auf einen direkten Leistungsantrag umstellen; hierin liegt keine Klageänderung, sondern lediglich eine qualitative Erweiterung des Antrags bei gleich bleibendem Klagegrund im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO (BGH, Urteile vom 13.11.2014 - IX ZR 267/13, NJW 2015, 1093; vom 17.04.2013 - XII ZR 23/12, Zöller-Greger, ZPO, § 264 Rdz. 3b). Einer Einwilligung der Beklagten oder der Feststellung der Sachdienlichkeit bedurfte es nicht.



2.



Der Kläger kann sich zur Begründung seines Anspruchs auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes selbst dann berufen, wenn man zugunsten der Beklagten als richtig unterstellt, dass der Jahresbonus lediglich und genau an diejenigen Arbeitnehmer nicht gezahlt wird, die im Laufe des Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind.



a.



Ein Arbeitgeber ist grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er seinen Arbeitnehmern eine vertraglich nicht vereinbarte Leistung freiwillig gewährt. Bei einer solchen Gewährung ist er aber an den Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden, wenn er die freiwillige Leistung nach von ihm selbst gesetzten allgemeinen Regelungen gewährt. Der gewohnheitsrechtlich anerkannte arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage ebenso wie eine sachfremde Differenzierung zwischen Gruppen von Arbeitnehmern. Zwar gilt im Bereich der Vergütung der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell vereinbarte Löhne und Gehälter Vorrang hat. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen aufgrund genereller Regelungen für bestimmte Zwecke gewährt. Zahlt er aufgrund einer abstrakten Regelung eine freiwillige Leistung nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip und legt er entsprechend dem mit der Leistung verfolgten Zweck die Anspruchsvoraussetzungen für diese Leistung fest, darf er einzelne Arbeitnehmer von der Leistung nur ausnehmen, wenn dies den sachlichen Kriterien entspricht. Arbeitnehmer werden nicht sachfremd benachteiligt, wenn nach dem Zweck der Leistung Gründe vorliegen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, ihnen die anderen Arbeitnehmern gewährten Leistungen vorzuenthalten.



Die Zweckbestimmung einer Sonderzahlung ergibt sich vorrangig aus ihren tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen. Dementsprechend ist zunächst der Zweck der Leistung zu ermitteln und zu beurteilen, ob der von ihr ausgeschlossene Personenkreis berechtigterweise außerhalb der allgemeinen Zweckrichtung steht. Steht eine unterschiedliche Ausgestaltung der Zusatzleistung nach Gruppen von Arbeitnehmern fest, hat der Arbeitgeber die Gründe für eine Differenzierung offenzulegen und substantiiert die sachlichen Unterscheidungskriterien darzutun. Sind die Unterscheidungsmerkmale nicht ohne Weiteres erkennbar und legt der Arbeitgeber seine Differenzierungsgesichtspunkte nicht dar oder ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann der benachteiligte Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmer(gruppe) behandelt zu werden (st. Rspr. des BAG, zuletzt etwa Urteile vom 12.10.2011 - 10 AZR 510/10, NZA 2012, 680; vom 01.04.2009 - 10 AZR 353/08, NZA 2009, 1409 m. w. N).



b.



Nach diesen Grundsätzen, denen sich die Kammer anschließt, ist der Kläger vorliegend nicht aus sachlichen Gründen vom Bezug des Jahresbonus 2014 gänzlich ausgeschlossen worden.



aa.



Der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eröffnet, weil die Beklagte hinsichtlich des Bezuges der Sonderzahlung zwei Gruppen von Arbeitnehmern (B-Direktoren) bei ansonsten gegebener Vergleichbarkeit geschaffen hat: Diejenigen, die am Ende des Jahres 2014 noch in einem - gegebenenfalls auch gekündigten - Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen, erhalten eine Bonuszahlung. Wer hingegen im Laufe des Kalenderjahres ausschied, dem wurde keine Zahlung zuteil.



bb.



Nach Darstellung der Beklagten gewährt diese ihren Mitarbeitern den Bonus "abhängig vom Geschäftsergebnis der Bank, dem Ergebnisbeitrag des jeweiligen Geschäftsbereichs und der persönlichen Performance (Leistung und Verhalten)" des Mitarbeiters (Blatt 2 des Schriftsatzes vom 02.10.2015). Zugleich soll die Zahlung an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Jahresende angeknüpft werden, weil erst da das Geschäftsjahr abgeschlossen sei, so dass das "Ergebnis der Bank final feststeht und die übrigen Parameter gewichtet werden können" (ebenda, Blatt 3). Außerdem gehe es auch darum, Mitarbeiter im Unternehmen zu halten. Insoweit sei es legitim, auf die Erbringung von Betriebstreue bis zu einem Stichtag abzustellen (Blatt 4 der Berufungserwiderung).



cc.



Das überzeugt die Kammer nicht.



(1)Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist die von der Beklagten getroffene Differenzierung nicht deshalb sachlich gerechtfertigt, weil die Beklagte mit der Stichtagsregelung erkennbar den zulässigen Zweck verfolgt hat, Mitarbeiter im Unternehmen zu halten und für die Zukunft weiter zu motivieren. Dem steht nicht nur entgegen, dass die Beklagte eine solche Zweckrichtung (erstinstanzlich) nicht einmal selbst behauptet hatte. Sie würde vielmehr nicht erklären, warum auch Mitarbeiter in den Genuss des Bonus gelangen, die wie der Kläger ihr Arbeitsverhältnis im Verlauf des Jahres 2014 gekündigt hatten, aber - etwa wegen der Länge der zu beachtenden Kündigungsfrist - am Jahresende eben noch im Arbeitsverhältnis standen. Für solche Mitarbeiter läuft jeder Motivationsanreiz leer. Das gilt im Übrigen umso mehr, als die betroffenen Mitarbeiter gar nicht wissen konnten, dass die Beklagte wie geschehen differenzieren würde. Von entsprechenden Mitteilungen, Aushängen etc. hat die Beklagte nicht berichtet. Die jeweiligen Begleitschreiben zu den Sonderzahlungen in den Jahre 2011 bis 2014 legen eher den gegenteiligen Schluss nahe, weil der noch bis zum Jahre 2012 erklärte Zahlungsvorbehalt des ungekündigten Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses bis zum Auszahlungszeitpunkt (März des Folgejahres) in den Begleitschreiben der Jahre 2013 und 2014 nicht mehr enthalten war. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass nach eigenem Vortrag der Beklagte der "Spread" des Jahresbonus auch für ungekündigte Mitarbeiter zwischen "0 und 70.000,00 €" gelegen hat. Die danach mögliche Nichtzahlung eines Bonus trotz grundsätzlich gegebener Anspruchsberechtigung steht in einem unauflöslichen Spannungsverhältnis zur Annahme, die Beklagte wolle irgendwelche Leistungs- oder Betriebstreueanreize für die Zukunft schaffen. Sie verdeutlicht vielmehr, dass es der Beklagten mit der Bonuszahlung im Wesentlichen um die Honorierung der Leistung im abgelaufenen Geschäftsjahr und der Beteiligung der Mitarbeiter an ihrem Geschäftsergebnis ging.



(2)Unter dieser Prämisse vermögen auch die weiteren von der Beklagten vorgetragenen Gesichtspunkte den gänzlichen Ausschluss unterjährig ausgeschiedener Mitarbeiter vom Bonusbezug sachlich nicht zu rechtfertigen.



(a)Dass das "Dabeibleiben" der Mitarbeiter bis zum Jahresende von besonderem Interesse der Beklagten wäre, ist nicht ersichtlich. Bei der Verwaltung von Privatvermögen handelt es sich nicht um ein Saisongeschäft etwa derart, dass gerade die Arbeitsleistung des Mitarbeiters zu Weihnachten - wie zum Beispiel im Einzelhandel - von übergeordneter Wichtigkeit wäre. Die von der Beklagten in Anknüpfung an die Ausführungen des Arbeitsgerichts angezogene Entscheidung des BAG vom 13.11.2013 (10 AZR 848/12, NZA 2014, 368) ist daher in diesem Punkt nicht einschlägig.



(b)Ebenfalls greift das Argument nicht durch, der Beklagten sei eine unterjährige Ermittlung des Unternehmens-/ Bereichserfolges für jeden Fall des Ausscheidens - also monatlich - nicht zuzumuten. Abgesehen davon, dass die Kammer gleichwohl davon ausgeht, dass die Beklagte auch innerhalb eines Jahres jederzeit weiß, wo sie insgesamt und einzelne Bereiche, ja sogar einzelne Mitarbeiter "stehen", bedarf es einer solchen Ermittlung für eine den Vorgaben des § 315 Abs. 3 BGB entsprechende Leistungsbestimmung gar nicht. Wie man den "runden" Zahlungen an den Kläger in den Vorjahren entnehmen kann, geht es bei den maßgeblichen Unternehmensdaten so oder so nicht darum, eine mathematisch genaue Berechnung der Bonushöhe zu ermöglichen. Ebenfalls ist bei unterjährigem Ausscheiden keine vorfristige Zahlung geschuldet, so dass nichts dagegen spricht, auch für diesen Kreis von Mitarbeitern das Gesamtjahresergebnis des Unternehmens und der Bereiche abzuwarten, um sie dann - wie vom Kläger verlangt - pro rata temporis am Bonustopf partizipieren zu lassen. Keinesfalls rechtfertigen überwindbare Schwierigkeiten bei der Bestimmung oder Einschätzung eines Beitrags des Mitarbeiters zum Unternehmenserfolg es, dem Mitarbeiter gleich jede die Honorierung seiner Leistung bezweckende Sonderzahlung zu versagen. Berücksichtigt man zudem, dass der Kläger bis zum 30.09.2014 unstreitig sein Vorjahresergebnis bereits nahezu erreicht hatte, macht die Beklagte es sich mit ihrer Argumentation schlicht zu einfach.



(c)Schließlich kann die Beklagte nicht damit gehört werden, der unterjährig ausscheidende Mitarbeiter habe immerhin eine um Monate geringere Betriebstreue erwiesen als derjenige, der noch zum Jahresende im Beschäftigungsverhältnis stand. Das trifft zwar grundsätzlich zu, rechtfertigt aber wegen des ersichtlichen und von der Beklagten unumwunden eingeräumten Leistungsbezugs der Sonderzahlung nicht den gänzlichen Ausschluss von jeder Bonuszahlung. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 13.11.2013 - 10 AZR 848/12, a. a. O). Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass ausscheidewillige Mitarbeiter nicht einmal wissen konnten, dass ein möglicherweise nur kurzfristiges Herausschieben der Eigenkündigungserklärung bzw. das Kündigen mit einer über das Jahresende hinausreichenden Frist zu einem vollständigen Erhalt des Bonuszahlungsanspruchs in Höhe von bis zu 70.000,00 € geführt hätte. Hätten sie es gewusst und entsprechend gekündigt, kann trotz späteren Ausscheidens von einer zu honorierenden gesteigerten Betriebstreue im Geschäftsjahr 2014 nicht einmal ansatzweise die Rede sein.



3.



Der Höhe nach kann der Kläger die Zahlung von 37.500,00 € brutto verlangen.



a.



Nach eigenem Vortrag der Beklagten erfolgte die Bestimmung der Boni für das Jahr 2014 dergestalt, dass im Nachgang zur grundsätzlichen Entscheidung, trotz des in den Vorjahren erklärten Freiwilligkeitsvorbehaltes überhaupt Sonderzahlungen ausschütten zu wollen, und der Festlegung der Gesamthöhe des Bonustopfes dieser in Ansehung des Ergebnisbeitrags des jeweiligen Geschäftsbereichs und der persönlichen Performance des Mitarbeiters "diskretionär und unter Berücksichtigung billigen Ermessens" an die bonusberechtigten Mitarbeiter verteilt wurde. Hierzu gehört nach obigen Feststellungen auch der Kläger; gleichwohl hat die Beklagte eine für seine Person der Billigkeit im Sinne von § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB entsprechende Leistungsbestimmung nicht getroffen. Gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist die Leistungsbestimmung daher vom Gericht zu treffen.



b.



Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass der Kläger, wenn er denn bis zum 31.12.2014 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten bestanden hätte, einen Bonusanspruch in Höhe des Vorjahresergebnisses, mithin 50.000,00 € brutto erlangt hätte. Dafür sprechen



-die relative Konstanz der Bonuszahlungen für die Jahre 2010 bis 2013,



-der Umstand, dass das Gesamtjahresergebnis der Beklagten im Jahre 2014 höher ausfiel als das des Jahres 2013 (Blatt 6 der Klageschrift), so dass sich das Bonusvolumen für 2014 insgesamt ungefähr auf dem Vorjahresniveau bewegte (Blatt 4 des Beklagtenschriftsatzes vom 02.10.2015),



-der Kläger seinen Vorjahresumsatz im Jahre 2014 trotz seines Ausscheidens zum 30.09.2014 und der Freistellung ab dem 16.06.2014 unstreitig bereits nahezu wieder erreicht hatte und



-sich die Bonushöhe nicht einmal nahe der Obergrenze des von der Beklagten geschilderten "Spreads" bewegte, obwohl der Kläger "unbestritten" zu den Leistungsträgern in seinem Bereich gehörte.



Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass der Kläger mangels anderweitiger Anhaltspunkte einen gleichförmigen Verlauf des Geschäftsjahres unterstellt hat und trotz einer auch für seine Verhältnisse überdurchschnittlichen "Performance" lediglich einen zeitanteiligen Anspruch von 9/12 des Jahresbonus - mithin 37.500,00 € brutto - zum Ansatz gebracht hat.



III.



Die Zinsforderung des Klägers ist aus dem Gesichtspunkt des Verzugs - §§ 286 Abs. 1, 2, 288 Abs. 1 BGB - gerechtfertigt.



C.



Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Kammer hat der entscheidungserheblichen Rechtsfrage des Vorliegens einer sachwidrigen Differenzierung im Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG beigemessen und deshalb die Revision zugunsten der Beklagten zugelassen.

Schneider
Schulz
Bickhove-Swiderski

Vorschriften§ 307 Abs. 1 BGB, § 611 Abs. 1 BGB, § 264 Nr. 2 ZPO, § 315 Abs. 3 BGB, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB, §§ 286 Abs. 1, 2, 288 Abs. 1 BGB, § 91 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

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