27.03.2007 · IWW-Abrufnummer 071040
Europäischer Gerichtshof: Urteil vom 11.12.2003 – C-322/01
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES
11. Dezember 2003(1)
?Artikel 28 EG und 30 EG - Richtlinien 92/28/EWG und 2000/31/EG - Nationale Rechtsvorschriften, die den Verkauf von Humanarzneimitteln über das Internet durch in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Apotheken beschränken - Erfordernis einer ärztlichen Verschreibung für die Lieferung - Werbeverbot für den Versandhandel mit Arzneimitteln?
In der Rechtssache C-322/01
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Landgericht Frankfurt am Main (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Deutscher Apothekerverband e. V.
gegen
0800 DocMorris NV und
Jacques Waterval
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG sowie des Artikels 1 Absätze 3 und 4 und der Artikel 2 und 3 der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel (ABl. L 113, S. 13) in Verbindung mit der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (?Richtlinie über den elektronischen Gesch äftsverkehr?) (ABl. L 178, S. 1)
erlässt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, C. Gulmann, J. N. Cunha Rodrigues und A. Rosas sowie der Richter D. A. O. Edward (Berichterstatter), A. La Pergola, J.-P. Puissochet und R. Schintgen, der Richterinnen F. Macken und N. Colneric und des Richters S. von Bahr,
Generalanwältin: C. Stix-Hackl,
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- des Deutschen Apothekerverbands e. V., vertreten durch Rechtsanwalt C. Dechamps im Beistand von J. Schwarze,
- der 0800 DocMorris NV und von Herrn Waterval, vertreten durch C. Koenig,
- der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und B. Muttelsee-Schön als Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch F. Georgakopoulos, D. Kalogiros und E.-M. Mamouna als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und R. Loosli-Surrans als Bevollmächtigte,
- der irischen Regierung, vertreten durch D. J. O'Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von N. Hyland, Barrister,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J.-C. Schieferer als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt M. Núñez Müller,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen des Deutschen Apothekerverbands e. V., vertreten durch C. Dechamps im Beistand von J. Schwarze, der 0800 DocMorris NV und von Herrn Waterval, vertreten durch C. Koenig, der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing, der griechischen Regierung, vertreten durch D. Kalogiros und M. Apessos als Bevollmächtigten, der französischen Regierung, vertreten durch R. Loosli-Surrans, und der Kommission, vertreten durch J.-C. Schieferer, in der Sitzung vom 10. Dezember 2002,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. März 2003
folgendes
Urteil
Das Landgericht Frankfurt am Main hat dem Gerichtshof mit Beschluss vom 10. August 2001, bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen am 21. August 2001, nach Artikel 234 EG drei Fragen nach der Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG sowie des Artikels 1 Absätze 3 und 4 und der Artikel 2 und 3 der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel (ABl. L 113, S. 13) in Verbindung mit der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (?Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr?) (ABl. L 178, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Deutschen Apothekerverband e. V. (im Folgenden: Apothekerverband oder Kläger des Ausgangsverfahrens) einerseits und der 0800 DocMorris NV (im Folgenden: DocMorris) und Herrn Waterval andererseits wegen des Verkaufs von Humanarzneimitteln über das Internet in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem DocMorris und Herr Waterval ansässig sind.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Die Richtlinien über den Arzneimittelverkauf
Nach der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel (ABl. 1965, Nr. 22, S. 369) in der Fassung der Richtlinie 93/39/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 (ABl. L 214, S. 22) (im Folgenden: Richtlinie 65/65) setzt das Inverkehrbringen von Arzneimittel eine vorherige Genehmigung voraus. Artikel 3 der Richtlinie 65/65 bestimmt:
?Ein Arzneimittel darf in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn von der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimittel und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln [ABl. L 214, S. 1] erteilt wurde.
Die Bestimmungen dieser Richtlinie berühren nicht die Zuständigkeiten der Behörden der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Festsetzung der Arzneimittelpreise und ihrer Einbeziehung in den Anwendungsbereich der innerstaatlichen Krankenversicherungssysteme aufgrund gesundheitlicher, wirtschaftlicher und sozialer Bedingungen.?
Zum 18. Dezember 2001 wurde die Richtlinie 65/65 aufgehoben und durch die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67, im Folgenden: Gemeinschaftskodex) ersetzt. Artikel 6 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex in dessen Titel III (?Inverkehrbringen?), Kapitel 1 (?Genehmigung für das Inverkehrbringen?), lautet:
?Ein Arzneimittel darf in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn von der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 erteilt wurde.?
Die Richtlinien über die Einstufung bei der Abgabe von Humanarzneimitteln
Nach Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 92/26/EWG des Rates vom 31. März 1992 zur Einstufung bei der Abgabe von Humanarzneimitteln (ABl. L 113, S. 5) hatten die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats bei der Erteilung der Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels anzugeben, ob dieses als verschreibungspflichtiges oder als nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel eingestuft wurde, wofür sie die in Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie aufgeführten Kriterien zugrunde zu legen hatten. Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/26 lautete:
?Arzneimittel dürfen nur auf ärztliche Verordnung abgegeben werden, wenn sie
- selbst bei normalem Gebrauch ohne ärztliche Überwachung direkt oder indirekt eine Gefahr darstellen können oder
- häufig und in sehr starkem Maße unter anormalen Bedingungen verwendet werden und dies die Gesundheit direkt oder indirekt gefährden kann oder
- Stoffe oder Zubereitungen aus diesen Stoffen enthalten, deren Wirkung und/oder Nebenwirkungen unbedingt noch genauer erforscht werden müssen, oder
- von Ausnahmen abgesehen zur parenteralen Anwendung von einem Arzt verschrieben werden sollten.?
Nach Artikel 4 der Richtlinie 92/26 durften ohne ärztliche Verschreibung diejenigen Arzneimittel abgegeben werden, die nicht den in Artikel 3 der Richtlinie aufgeführten Kriterien entsprachen. Die Richtlinie 92/26 ist inzwischen aufgehoben und durch Titel VI (?Einstufung der Arzneimittel?) des Gemeinschaftskodex ersetzt worden. Artikel 70 des Gemeinschaftskodex ist nahezu wortgleich mit Artikel 2 der Richtlinie 92/26, während Artikel 71 Absatz 1 und Artikel 72 des Gemeinschaftskodex Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 4 der Richtlinie 92/26 entsprechen.
Die Richtlinien über die Werbung für Arzneimittel
Artikel 1 Absätze 3 und 4 der Richtlinie 92/28 lautete:
?(3) Im Sinne dieser Richtlinie gelten als .Werbung für Arzneimittel alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern; sie umfasst insbesondere:
- die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel,
- die Arzneimittelwerbung bei Personen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind,
- den Besuch von Arzneimittelvertretern bei Personen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind,
- die Lieferung von Arzneimittelmustern,
- Anreize zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln durch das Gewähren, Anbieten oder Versprechen von finanziellen oder materiellen Vorteilen, sofern diese nicht von geringem Wert sind,
- das Sponsern von Verkaufsförderungstagungen, an denen Personen teilnehmen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind,
- das Sponsern wissenschaftlicher Kongresse, an denen Personen teilnehmen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind, insbesondere die Übernahme der Reise- und Aufenthaltskosten dieser Personen.
(4) Diese Richtlinie betrifft nicht
- die Etikettierung und die Packungsbeilage für Arzneimittel, die den Bestimmungen der Richtlinie 91/27/EWG unterliegen,
- den Schriftwechsel und gegebenenfalls alle Unterlagen, die nicht Werbezwecken dienen und die zur Beantwortung einer konkreten Anfrage über ein bestimmtes Arzneimittel erforderlich sind,
- die konkreten Angaben und die Unterlagen, die beispielsweise Änderungen der Verpackung, Warnungen vor unerwünschten Nebenwirkungen im Rahmen der Arzneimittelüberwachung sowie Verkaufskataloge und Preislisten betreffen, sofern diese keine Angaben über das Arzneimittel enthalten,
- Informationen über die menschliche Gesundheit oder Krankheiten, sofern darin auch nicht in indirekter Weise auf ein Arzneimittel Bezug genommen wird.?
Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 92/28 lautete:
?Die Mitgliedstaaten untersagen die Werbung für ein Arzneimittel, für dessen Inverkehrbringen keine Genehmigung nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erteilt worden ist.?
Artikel 3 Absätze 1 bis 3 in Kapitel II (?Öffentlichkeitswerbung?) der Richtlinie 92/28 bestimmte:
?(1) Die Mitgliedstaaten verbieten die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel, die
- gemäß der Richtlinie 91/26/EWG nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen,
- psychotrope Substanzen oder Suchtstoffe im Sinne der internationalen Übereinkommen enthalten,
- gemäß Absatz 2 nicht Gegenstand von Werbung in der Öffentlichkeit sein dürfen.
(2) Für Arzneimittel, die nach ihrer Zusammensetzung und Zweckbestimmung so beschaffen und konzipiert sind, dass sie ohne Tätigwerden eines Arztes für die Diagnose, Verschreibung oder Behandlung verwendet werden können, erforderlichenfalls nach Beratung durch den Apotheker, kann Öffentlichkeitswerbung erfolgen.
...
(3) Außerdem können die Mitgliedstaaten in ihrem Gebiet die Öffentlichkeitswerbung für erstattungsfähige Arzneimittel untersagen.?
Artikel 5 der Richtlinie 92/28 bestimmte, welche Elemente die Werbung für ein Arzneimittel in der Öffentlichkeit nicht enthalten durfte.
Auch die Richtlinie 92/28 wurde zum 18. Dezember 2001 aufgehoben und durch den Gemeinschaftskodex ersetzt. Artikel 86 in Titel VIII (?Werbung?) des Gemeinschaftskodex ist nahezu wortgleich mit Artikel 1 Absätze 3 und 4 der Richtlinie 92/28.
Artikel 87 des Gemeinschaftskodex, der an die Stelle von Artikel 2 der Richtlinie 92/28 getreten ist, bestimmt:
?(1) Die Mitgliedstaaten untersagen die Werbung für ein Arzneimittel, für dessen Inverkehrbringen keine Genehmigung nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erteilt worden ist.
(2) Alle Elemente der Arzneimittelwerbung müssen mit den Angaben in der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels vereinbar sein.
(3) Die Arzneimittelwerbung
- muss einen zweckmäßigen Einsatz des Arzneimittels fördern, indem sie seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertreibung darstellt;
- darf nicht irreführend sein.?
Artikel 88 des Gemeinschaftskodex entspricht in seiner Formulierung Artikel 3 der Richtlinie 92/28, nimmt aber statt auf die Richtlinie 92/26 auf Titel VI - Einstufung der Arzneimittel - des Gemeinschaftskodex Bezug. Artikel 88 Absätze 1 und 2 des Gemeinschaftskodex bestimmt:
?(1) Die Mitgliedstaaten verbieten die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel, die
- gemäß Titel VI nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen,
- psychotrope Substanzen oder Suchtstoffe im Sinne der internationalen Übereinkommen ... enthalten,
- gemäß Absatz 2 Unterabsatz 2 nicht Gegenstand von Werbung in der Öffentlichkeit sein dürfen.
(2) Für Arzneimittel, die nach ihrer Zusammensetzung und Zweckbestimmung so beschaffen und konzipiert sind, dass sie ohne Tätigwerden eines Arztes für die Diagnose, Verschreibung oder Behandlung verwendet werden können, erforderlichenfalls nach Beratung durch den Apotheker, kann Öffentlichkeitswerbung erfolgen.
...?
Artikel 90 des Gemeinschaftskodex entspricht Artikel 5 der Richtlinie 92/28.
Die Richtlinien über Fernabsatz und elektronischen Geschäftsverkehr
Die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. L 144, S. 19) regelt den Fernabsatz. Ihr Gegenstand ist nach ihrem Artikel 1 die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Vertragsabschlüsse im Fernabsatz zwischen Verbrauchern und Lieferern.
Artikel 14 der Richtlinie 97/7 lautet:
?Die Mitgliedstaaten können in dem unter diese Richtlinie fallenden Bereich mit dem EG-Vertrag in Einklang stehende strengere Bestimmungen erlassen oder aufrechterhalten, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen. Durch solche Bestimmungen können sie im Interesse der Allgemeinheit den Vertrieb im Fernabsatz für bestimmte Waren und Dienstleistungen, insbesondere Arzneimittel, in ihrem Hoheitsgebiet unter Beachtung des EG-Vertrags verbieten.?
Die Richtlinie 2000/31 soll den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellen. In ihrer elften Begründungserwägung heißt es:
?Diese Richtlinie lässt das durch Gemeinschaftsrechtsakte eingeführte Schutzniveau, insbesondere für öffentliche Gesundheit und den Verbraucherschutz, unberührt. Unter anderem bilden ... und die Richtlinie 97/7/EG wichtige Errungenschaften für den Verbraucherschutz im Bereich des Vertragsrechts ... Zum Rechtsstand auf Gemeinschaftsebene, der uneingeschränkt für die Dienste der Informationsgesellschaft gilt, gehör[t] insbesondere auch ... die Richtlinie 92/28 ...?
Die 21. Begründungserwägung der Richtlinie 2000/31 lautet:
?Eine künftige gemeinschaftliche Harmonisierung auf dem Gebiet der Dienste der Informationsgesellschaft und künftige Rechtsvorschriften, die auf einzelstaatlicher Ebene im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht erlassen werden, bleiben vom Geltungsbereich des koordinierten Bereichs unberührt. Der koordinierte Bereich umfasst nur Anforderungen betreffend Online-Tätigkeiten, beispielsweise Online-Informationsdienste, Online-Werbung, Online-Verkauf und Online-Vertragsabschluss; er betrifft keine rechtlichen Anforderungen der Mitgliedstaaten bezüglich Waren, beispielsweise Sicherheitsnormen, Kennzeichnungspflichten oder Haftung von Waren, und auch keine Anforderungen der Mitgliedstaaten bezüglich der Lieferung oder Beförderung für Waren, einschließlich der Lieferung von Humanarzneimittel. Der koordinierte Bereich umfasst nicht die Wahrnehmung des Vorkaufsrechts durch öffentliche Behörden in Bezug auf bestimmte Güter wie beispielsweise Kunstwerke.?
Artikel 1 (?Zielsetzung und Anwendungsbereich?) Absätze 1 bis 3 der Richtlinie 2000/31 bestimmt:
?(1) Diese Richtlinie soll einen Beitrag zum einwandfreien Funktionieren des Binnenmarktes leisten, indem sie den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellt.
(2) Diese Richtlinie sorgt, soweit dies für die Erreichung des in Absatz 1 genannten Ziels erforderlich ist, für eine Angleichung bestimmter für die Dienste der Informationsgesellschaft geltender innerstaatlicher Regelungen, die den Binnenmarkt, die Niederlassung der Diensteanbieter, kommerzielle Kommunikationen, elektronische Verträge, die Verantwortlichkeit von Vermittlern, Verhaltenskodizes, Systeme zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten, Klagemöglichkeiten sowie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten betreffen.
(3) Diese Richtlinie ergänzt das auf die Dienste der Informationsgesellschaft anwendbare Gemeinschaftsrecht und lässt dabei das Schutzniveau insbesondere für die öffentliche Gesundheit und den Verbraucherschutz, wie es sich aus Gemeinschaftsrechtsakten und einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu deren Umsetzung ergibt, unberührt, soweit die Freiheit, Dienste der Informationsgesellschaft anzubieten, dadurch nicht eingeschränkt wird.?
Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2000/31 lautet:
?Die Mitgliedstaaten dürfen den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat nicht aus Gründen einschränken, die in den koordinierten Bereich fallen.?
Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 2000/31 bestimmt:
?Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen ergreifen, die im Hinblick auf einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft von Absatz 2 abweichen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
a) Die Maßnahmen
i) sind aus einem der folgenden Gründe erforderlich:
- ...
- Schutz der öffentlichen Gesundheit,
- ...
ii) betreffen einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft, der die unter Ziffer i genannten Schutzziele beeinträchtigt oder eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Ziele darstellt;
iii) stehen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen.?
Nach Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie 2000/31 setzen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um der Richtlinie vor dem 17. Januar 2002 nachzukommen.
Nationales Recht
Verkauf von Arzneimitteln
Der Arzneimittelhandel wird in Deutschland durch das Arzneimittelgesetz (AMG) in der Fassung vom 7. September 1998 (BGBl. 1998 I S. 2649) geregelt.
Nach § 43 Absatz 1 AMG ist der Versandhandel mit Arzneimitteln, die nur durch Apotheken abgegeben werden dürfen, verboten. In der Bestimmung heißt es:
?Arzneimittel ..., die nicht durch die Vorschriften des § 44 oder der nach § 45 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, dürfen außer in den Fällen des § 47 berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Außerhalb der Apotheken darf ... mit den nach Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln kein Handel getrieben werden.?
Das AMG legt verschiedene Ausnahmen von diesem Verbot fest, die allerdings im Ausgangsrechtsstreit nicht einschlägig sind. So sind nach § 44 AMG Arzneimittel, die nicht zur Verwendung als Humanarzneimittel bestimmt sind, von der Apothekenpflicht freigestellt. In § 45 Absatz 1 AMG wird das zuständige Bundesministerium ermächtigt, weitere Präparate für den Verkehr außerhalb der Apotheken freizugeben. § 47 AMG enthält Ausnahmen für eine Direktbelieferung von Ärzten und Krankenhäusern ohne Beteiligung der Apotheken.
§ 73 Absatz 1 AMG enthält außerdem ein Verbot für nicht dem AMG entsprechende Arzneimittel. In der Bestimmung heißt es:
?Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder zur Registrierung unterliegen, dürfen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes ... nur verbracht werden, wenn sie zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen oder registriert oder von der Zulassung oder der Registrierung freigestellt sind und
1. der Empfänger in dem Fall des Verbringens aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum pharmazeutischer Unternehmer, Großhändler oder Tierarzt ist oder eine Apotheke betreibt oder
2. ...?.
§ 73 Absatz 2 Nummer 6a AMG nimmt von diesem Verbot Arzneimittel aus, die ?im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen und ohne gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bezogen werden?. Nach Angabe der deutschen Regierung soll durch die Formulierung ?ohne gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung? verhindert werden, dass die Einzeleinfuhr für den persönlichen Bedarf letztlich gewerbsmäßig - unter Einschluss des Versandhandels - ausgeweitet und das Verbot damit unterlaufen wird.
Apotheken müssen beim Verkauf von Arzneimitteln die Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung (ABO) einhalten. § 2 Absatz 2 ABO bestimmt:
?Der Apotheker hat die Apotheke persönlich zu leiten. Er ist dafür verantwortlich, dass die Apotheke unter Beachtung der geltenden Vorschriften betrieben wird.?
Die ABO verpflichtet den Apotheker außerdem, die ihm gelieferten Arzneimittel vor ihrem Verkauf zu prüfen (§ 12), ein vollständiges Sortiment vorrätig zu halten oder sicherzustellen, dass benötigte Arzneimittel kurzfristig beschafft werden können (§ 15), Arzneimittel dem Empfänger selbst oder durch pharmazeutisches Personal auszuhändigen (§ 17 Absatz 1), den Kunden zu informieren und zu beraten, gegebenenfalls die Verschreibung auf einen Irrtum zu überprüfen (§ 17 Absatz 2) und im Zweifelsfall den verschreibenden Arzt zu kontaktieren (§ 17 Absatz 5) sowie bei begründetem Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch die Abgabe zu verweigern (§ 17 Absatz 8).
Die Preise für den Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel an den Endverbraucher werden durch die Arzneimittelpreisverordnung (APO) geregelt. Während die Arzneimittelhersteller ihre Preise frei festsetzen können, werden die Preise für den Verkauf an den Endverbraucher durch die APO festgelegt, so dass in allen deutschen Apotheken für ein bestimmtes Medikament ein Festpreis gilt.
Werbung für Arzneimittel
§ 3a des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) in der Fassung vom 19. Oktober 1994 (BGBl. 1994 I 3068) bestimmt:
?Unzulässig ist eine Werbung für Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten.?
§ 8 HWG bestimmt:
?(1) Unzulässig ist eine Werbung, die darauf hinwirkt, Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, im Wege des Versandes zu beziehen. Dieses Verbot gilt nicht für eine Werbung, die sich auf die Abgabe von Arzneimitteln in den Fällen des § 47 des Arzneimittelgesetzes bezieht.
(2) Unzulässig ist ferner die Werbung, Arzneimittel im Wege des Teleshopping oder bestimmte Arzneimittel im Wege der Einzeleinfuhr nach § 73 Abs. 2 Nr. 6a oder § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes zu beziehen.?
Schließlich bestimmt § 10 HWG:
?(1) Für verschreibungspflichtige Arzneimittel darf nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden.
(2) Für Arzneimittel, die dazu bestimmt sind, bei Menschen die Schlaflosigkeit oder psychische Störungen zu beseitigen oder die Stimmungslage zu beeinflussen, darf außerhalb der Fachkreise nicht geworben werden.?
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
Der im Ausgangsverfahren klagende Apothekerverband ist ein Verband, dessen Aufgabe in der Wahrung und Förderung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen der Apothekerschaft besteht. Seine Mitglieder sind die Landesapothekerverbände und die Landesapothekervereine, denen mit rund 19 000 Apothekenleitern die meisten der insgesamt rund 21 600 Apotheken in Deutschland angehören.
DocMorris, der erste der beiden Beklagten des Ausgangsverfahrens, ist eine in Landgraaf (Niederlande) niedergelassene Aktiengesellschaft. Außer einem Versandhandel von Arzneimitteln übt sie einen ?herkömmlichen? Apothekenbetrieb mit einer dem Publikumsverkehr offenstehenden traditionellen Apotheke in den Niederlanden aus. Sowohl diese Tätigkeit als auch ihr Internetauftritt werden von der niederländischen staatlichen Genehmigung und Überwachung der Apotheke umfasst. Der zweite Beklagte des Ausgangsverfahrens, Herr Waterval, ist Staatsbürger der Niederlande und dort approbierter Apotheker. Er war bis zum 30. Mai 2001 Geschäftsführer von DocMorris und ist weiterhin einer ihrer gesetzlichen Vertreter.
Seit dem 8. Juni 2000 bieten DocMorris und Herr Waterval (im Folgenden auch: Beklagte des Ausgangsverfahrens) im Internet unter der Adresse ?0800 DocMorris? verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Humanarzneimittel zum Kauf an, und zwar insbesondere in deutscher Sprache für den Endverbraucher in Deutschland. Sie verkaufen ausschließlich Arzneimittel, die entweder in Deutschland oder in den Niederlanden zugelassen sind.
Der Internetauftritt unterteilt sich dem Vorlagebeschluss zufolge in die Rubriken ?Apotheke?, ?Gesundheitsforum?, ?Über uns?, ?Kontakt? und ?Hilfe?. Die einzelnen Medikamente sind nach Produktgruppen in die Rubriken ?Schmerzmittel?, ?Blutdrucksenker?, ?Krebstherapeutika?, ?Immunstimulanzien?, ?Blutfettsenker?, ?Potenz-Prostata-Mittel?, ?Entwöhnungsmittel? sowie weitere Rubriken aufgeteilt. Jede Rubrik enthält zunächst eine aus wenigen Sätzen bestehende Einleitung. Anschließend sind die Medikamente alphabetisch nach ihrem Produktnamen aufgeführt, der Packungsinhalt wird beschrieben und der Preis in Euro angegeben. Zur weiteren Information über das Produkt selbst kann der Produktname angeklickt werden.
Ist ein bestimmtes Arzneimittel verschreibungspflichtig, so findet sich ein Hinweis bei der Beschreibung des Produktes. Ein bestimmtes Arzneimittel wird als verschreibungspflichtig eingestuft, wenn es entweder in den Niederlanden oder in dem Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, als verschreibungspflichtig eingestuft wird. Dabei werden die jeweils strengeren Regeln über die Rezeptpflicht im Herkunfts- oder im Bestimmungsland angewandt. Die Auslieferung derartiger Medikamente erfolgt erst nach Vorlage des Originalrezepts.
Für den Verbraucher besteht ferner die Möglichkeit, durch Anklicken des entsprechenden Symbols das Sortiment der Beklagten des Ausgangsverfahrens nach einem bestimmten Produkt zu durchsuchen oder eine Gesundheitsberatung durch den Expertenbeirat in Anspruch zu nehmen. Generell kann der Verbraucher neben einer Kommunikation über das Internet mit den Beklagten des Ausgangsverfahrens auch über eine kostenlose Telefonnummer oder per Brief in Kontakt treten.
Die Zustellung kann auf verschiedene Weise erfolgen. So kann der Verbraucher die Bestellung entweder persönlich bei der Apotheke in Landgraaf, einer Stadt in der Nähe der Grenze zwischen den Niederlanden und Deutschland, abholen oder, ohne zusätzliche Kosten, mit ihrer Abholung und Lieferung an die von ihm angegebene Adresse einen von den Beklagten des Ausgangsverfahrens empfohlenen Kurierdienst beauftragen. Er kann auf eigene Kosten auch einen anderen, ebenfalls von den Beklagten des Ausgangsverfahrens empfohlenen Kurierdienst beauftragen, der die bestellten Waren abholt und an die Zustelladresse ausliefert. Schließlich kann er jeden sonstigen Kurierdienst auf eigene Kosten beauftragen.
Der Apothekerverband klagt beim Landgericht Frankfurt am Main gegen das vorstehend (in den Randnrn. 36 bis 40) beschriebene Anbieten von Arzneimitteln und ihre Abgabe im grenzüberschreitenden Versandhandel. Er ist der Ansicht, dass diese Tätigkeit der Beklagten des Ausgangsverfahrens nach dem AMG und dem HWG unzulässig sei. Dieses gesetzliche Verbot könne auch nicht aufgrund der Artikel 28 EG und 30 EG in Frage gestellt werden.
Die Beklagten des Ausgangsverfahrens meinen hingegen, dass das nationale Recht bereits selbst ihre Tätigkeiten erlaube, jedenfalls aber das Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei.
Das Landgericht Frankfurt am Main äußert Zweifel daran, ob Verbote wie die in den §§ 43 Absatz 1 und 73 Absatz 1 AMG nicht gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs verstoßen. Für den Fall, dass ein Verstoß gegen Artikel 28 EG gegeben ist, möchte das vorlegende Gericht weiter wissen, ob die streitige deutsche Regelung nach den vom Gerichtshof im Urteil vom 10. November 1994 in der Rechtssache C-320/93 (Ortscheit, Slg. 1994, I-5243) herausgearbeiteten Grundsätzen für einen wirksamen Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne von Artikel 30 EG notwendig ist oder ob die Gesundheit und das Leben von Menschen angesichts der zunehmenden Harmonisierung der Verfahren für die Zulassung von Arzneimitteln genauso wirksam durch Maßnahmen geschützt werden können, die den innergemeinschaftlichen Handel weniger beschränken. Schließlich fragt sich das Gericht, ob die im HWG vorgesehenen Werbeverbote mit den Grundsätzen des freien Warenverkehrs und dem freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft gemäß Artikel 1 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 2000/31 vereinbar sind.
Aus diesen Gründen hat das Landgericht Frankfurt am Main das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Verstößt eine nationale Regelung, nach der die gewerbsmäßige grenzüberschreitende Einfuhr von apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln im Wege des Versandhandels durch zugelassene Apotheken aus anderen Mitgliedstaaten aufgrund individueller Bestellungen von Endverbrauchern per Internet untersagt ist, gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs nach Artikel 28 ff. EG?
a) Stellt ein derartiges nationales Verbot eine Maßnahme gleicher Wirkung nach Artikel 28 EG dar?
b) Falls ein derartiges nationales Verbot eine Maßnahme gleicher Wirkung nach Artikel 28 EG darstellt: Ist Artikel 30 EG dahin auszulegen, dass ein nationales Verbot zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt ist, wenn vor der Auslieferung verschreibungspflichtiger Arzneimittel ein ärztliches Originalrezept bei der versendenden Apotheke eingegangen sein muss? Welche Anforderungen sind gegebenenfalls an eine derartige Apotheke bezüglich der Bestellungskontrolle, der Paketkontrolle und der Empfangskontrolle zu stellen?
c) Sind die Fragen zu 1, 1a und 1b im Licht der Artikel 28 EG und 30 EG anders zu beurteilen, wenn es sich um den Import von im Einfuhrstaat zugelassenen Arzneimitteln handelt, die eine Apotheke eines Mitgliedstaats zuvor von Großhändlern aus dem Einfuhrstaat bezogen hat?
2. Ist es mit den Artikeln 28 EG und 30 EG vereinbar, wenn ein nationales Verbot der Werbung für den Arzneimittelversand sowie für verschreibungspflichtige und für nicht im Einfuhrstaat, aber im Herkunftsstaat zugelassene apothekenpflichtige Humanarzneimittel so weit ausgelegt wird, dass der Internetauftritt einer Apotheke eines Mitgliedstaats, der neben einer reinen Präsentation seines Unternehmens die einzelnen Arzneimittel mit Produktname, eventueller Rezeptpflichtigkeit, Packungsgröße und Preis beschreibt und gleichzeitig die Möglichkeit bietet, mit einem Online-Bestellformular diese Arzneimittel zu bestellen, als verbotene Werbung eingestuft wird mit der Folge, dass grenzüberschreitende internetgeschützte Arzneimittelbestellungen inklusive der grenzüberschreitenden Auslieferung jedenfalls erheblich erschwert werden?
a) Gebieten es die Artikel 28 EG und 30 EG, die dargestellte Internetpräsentation einer Apotheke eines Mitgliedstaats oder Teile dieser Präsentation unter Berücksichtigung von Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 2000/31 vom Begriff der Öffentlichkeitswerbung im Sinne der Artikel 1 Absatz 3 und 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/28 auszunehmen, um das Angebot bestimmter Dienstleistungen der Informationsgesellschaft auch praktisch zu gewährleisten?
b) Kann eine unter Umständen nach den Artikeln 28 EG und 30 EG gebotene Beschränkung des Werbebegriffs damit begründet werden, dass Online-Bestellformulare, die nur die für eine Bestellung erforderlichen Mindestangaben enthalten und/oder andere Teile des Internetauftritts einer Apotheke eines EU-Mitgliedstaats Verkaufskatalogen und/oder Preislisten im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 der Richtlinie 92/28 gleichzusetzen sind?
3. Für den Fall, dass Teilaspekte der Internetpräsentation einer Apotheke eines EU-Mitgliedstaats gegen heilmittelwerberechtliche Vorgaben verstoßen, ist aus den Artikeln 28 EG und 30 EG zu folgern, dass der mit Hilfe einer solchen Präsentation stattfindende grenzüberschreitende Arzneimittelhandel trotz der verbotenen Werbung rechtlich zulässig sein muss, um den Grundsatz des freien grenzüberschreitenden Warenverkehrs effektiver zu verwirklichen?
Zur ersten Frage
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob der Grundsatz des freien Warenverkehrs im Sinne der Artikel 28 EG bis 30 EG nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, nach denen die gewerbsmäßige Einfuhr von Humanarzneimitteln, die in dem betreffenden Mitgliedstaat ausschließlich in Apotheken verkauft werden dürfen, durch in anderen Mitgliedstaaten zugelassene Apotheken im Wege des Versandhandels aufgrund individueller, über das Internet aufgegebener Bestellungen von Endverbrauchern untersagt ist.
Angesichts des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten, insbesondere der Beklagten des Ausgangsverfahrens, ist diese Frage zunächst im Hinblick auf Arzneimittel zu prüfen, die in Deutschland nicht zugelassen sind. Sie ist anschließend hinsichtlich dort zugelassener Arzneimittel zu untersuchen. Innerhalb dieser Kategorie ist weiterhin zu unterscheiden zwischen verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.
In Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel
Nach § 73 Absatz 1 AMG, der zu den im Ausgangsverfahren relevanten nationalen Rechtsvorschriften gehört, dürfen Arzneimittel, die in Deutschland der Pflicht zur Zulassung oder zur Registrierung unterliegen, im Allgemeinen bereits dann nicht in das deutsche Hoheitsgebiet verbracht werden, wenn sie dort nicht zum Verkehr zugelassen oder registriert sind. Die Einfuhr solcher Arzneimittel in das deutsche Hoheitsgebiet ist damit unabhängig vom Verkaufsmodus schon allein deshalb ausgeschlossen, weil sie nicht zugelassen sind.
Wenn eine Vorschrift wie § 73 Absatz 1 AMG mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, braucht für diese Kategorie von Arzneimitteln nicht geprüft zu werden, ob die Artikel 28 EG bis 30 EG einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach der Versandhandel mit Arzneimitteln, die ausschließlich in Apotheken verkauft werden dürfen, untersagt ist.
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Sowohl die deutsche Regierung als auch die Kommission machen geltend, die Anwendung des § 73 AMG, der die Einfuhr von Arzneimitteln verbiete, die die hierfür erforderliche Zulassung nicht erhalten hätten, knüpfe an das Verbot des Inverkehrbringens von nicht zugelassenen Arzneimitteln in dem betreffenden Mitgliedstaat an, das in dem durch Artikel 6 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex ersetzten Artikel 3 der Richtlinie 65/65 vorgesehen sei. Das innerstaatliche Recht habe daher den Zweck, eine Umgehung der bestehenden Zulassungspflicht zu verhindern.
Die griechische Regierung schließt sich dieser Auffassung an und macht geltend, die Möglichkeit, über das Internet Arzneimittel zu bestellen, die im Einfuhrmitgliedstaat die erforderliche Zulassung nicht erhalten hätten, würde das System der Genehmigung für das Inverkehrbringen von Arzneispezialitäten praktisch beseitigen. Die Hersteller von Arzneimitteln hätten dann die Möglichkeit, eine Genehmigung in dem Mitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften am wenigsten streng seien, zu erlangen und die Arzneimittel anschließend in Mitgliedstaaten in den Verkehr zu bringen, in denen sie nicht zugelassen seien. Ein solcher Zustand käme einer vollständigen Freiheit der Einfuhr von zugelassenen oder nicht zugelassenen Arzneimitteln gleich, wodurch die Kontrolle der Parallelimporte unmöglich würde.
Die Beklagten des Ausgangsverfahrens sind der Auffassung, dass § 73 Absatz 1 AMG aus den Gründen, die sie im Hinblick auf zugelassene Arzneimittel vortragen (vgl. unten, Randnrn. 61 und 62), als eine den freien Warenverkehr beschränkende Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG anzusehen ist.
Antwort des Gerichtshofes
Wie die deutsche und die griechische Regierung sowie die Kommission zu Recht hervorheben, entspricht das allgemeine Verbot des § 73 Absatz 1 AMG dem auf Gemeinschaftsebene bestehenden Verbot, Arzneimittel in einem Mitgliedstaat, in dem sie nicht zugelassen sind, in den Verkehr zu bringen, wie es in Artikel 3 der Richtlinie 65/65, der inzwischen durch Artikel 6 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex ersetzt worden ist, festgelegt war. Nach diesen Bestimmungen dürfen Arzneimittel, auch wenn sie in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, in einem anderen Mitgliedstaat nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn für sie entweder durch die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats oder nach der in diesen Bestimmungen genannten Gemeinschaftsregelung eine Genehmigung erteilt worden ist.
Daher kann eine nationale Bestimmung wie § 73 Absatz 1 AMG, mit der ein Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen aus der Richtlinie 65/65 und dem Gemeinschaftskodex nachkommt, nicht als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne des Artikels 28 EG bewertet werden (in diesem Sinne hinsichtlich der Richtlinie 86/469/EWG des Rates vom 16. September 1986 über die Untersuchung von Tieren und von frischem Fleisch auf Rückstände [ABL. L 275, S. 36] Urteil vom 23. März 2000 in der Rechtssache C-246/98, Berendse-Koenen, Slg. 2000, I-1777, Randnr. 25). Daher können nicht die Artikel 28 EG bis 30 EG angeführt werden, um eine nationale Genehmigungsregelung zu umgehen, die in der Richtlinie 65/65 und im Gemeinschaftskodex vorgesehen ist und durch § 73 Absatz 1 AMG in das nationale Recht umgesetzt worden ist.
Für Arzneimittel, die zulassungspflichtig, aber nicht zugelassen sind, ist daher nicht zu prüfen, ob die Artikel 28 EG bis 30 EG den im Ausgangsverfahren in Frage stehenden nationalen Vorschriften entgegenstehen.
In Deutschland zugelassene Arzneimittel
Die erste Frage ist von größerer Relevanz für Arzneimittel, die für den deutschen Markt zugelassen sind. Insoweit geht die Frage dahin, ob ein § 43 Absatz 1 AMG entsprechendes Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln, die in dem betreffenden Mitgliedstaat ausschließlich in Apotheken verkauft werden dürfen, mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs im Einklang steht. Diese Frage umfasst drei Teile, die gesondert zu behandeln sind.
Zu der Frage, ob das innerstaatliche Verbot des Versandhandels eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG ist (Frage 1, Buchstabe a)
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Sowohl der Apothekerverband als auch die Kommission, die insoweit von der deutschen, der griechischen, der französischen und der österreichischen Regierung unterstützt werden, sind der Auffassung, dass kein Hemmnis für den freien Warenverkehr vorliegt. Sie machen geltend, dass sich das Verbot des § 43 Absatz 1 AMG auf die Vermarktung inländischer und aus anderen Mitgliedstaaten stammender Erzeugnisse rechtlich wie tatsächlich gleich auswirke; es betreffe nicht die Herstellung oder Zusammensetzung bestimmter Produkte, sondern ausschließlich die Modalitäten ihres Verkaufs. Ein solches Verbot falle aus den Gründen, die der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 24. November 1993 in den Rechtssachen C-267/91 und C-268/91 (Keck und Mithouard, Slg. 1993, I-6097, Randnrn. 15 bis 17) und vom 15. Dezember 1993 in der Rechtssache C-292/92 (Hünermund u. a., Slg. 1993, I-6787, Randnr. 21) dargelegt habe, nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 28 EG.
Die französische Regierung schließt sich dieser Auffassung an und verweist auf das Urteil vom 29. Juni 1995 in der Rechtssache C-391/92 (Kommission/Griechenland, Slg. 1995, I-1621), in dem der Gerichtshof in den Randnummern 11 bis 13 die Vereinbarkeit eines Monopols für den Verkauf von Säuglingsmilch in Apotheken mit dem Vertrag u. a. mit der Begründung bejaht habe, dass dieses Monopol nicht den Handel mit Waren zwischen den Mitgliedstaaten regeln solle.
Zu den näheren Erläuterungen, die der Gerichtshof dazu später in seinen Urteilen vom 26. Juni 1997 in der Rechtssache C-368/95 (Familiapress, Slg. 1997, I-3689) und vom 13. Januar 2000 in der Rechtssache C-254/98 (TK-Heimdienst, Slg. 2000, I-151) gegeben habe, macht der Apothekerverband, unterstützt von der Kommission sowie der deutschen, der französischen und der österreichischen Regierung, weiter geltend, das fragliche Verbot habe weder zur Folge, dass im Hinblick auf die Möglichkeit eines Versandhandels inländische und in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken ungleich behandelt würden, noch bewirke es, dass das Inverkehrbringen ausländischer Erzeugnisse im Verhältnis zu inländischen Erzeugnissen erschwert werde, etwa durch eine Aufbürdung zusätzlicher Kosten oder Belastungen, die inländische Erzeugnisse nicht träfen.
Während der Kläger des Ausgangsverfahrens und die Kommission dem Vorbringen, es werde der Zugang zum deutschen Markt blockiert, das Argument entgegenhalten, dass die Einfuhr und die Wiedereinfuhr pharmazeutischer Produkte nach den geltenden Vorschriften des AMG zulässig und gängige Praxis seien, räumt die deutsche Regierung ein, dass der Ausschluss eines Versandhandels ausländischen Apotheken den Zugang zum deutschen Markt erschwere. Tatsächlich müssten sie eine eigene Apotheke in Deutschland eröffnen. Aufgrund der Anforderungen der ABO in Bezug auf die persönliche Anwesenheit des Apothekers besäßen aber auch die in Deutschland ansässigen Apotheken keinen uneingeschränkten Zugang zum gesamten deutschen Markt. Daraus folge, dass die Schwierigkeit, den deutschen Markt in seiner Gesamtheit zu erschließen, inländische wie ausländische Apotheker gleichermaßen treffe und daher keine diskriminierende ?Maßnahme gleicher Wirkung? im Sinne des Artikels 28 EG darstelle.
Hilfsweise machen der Apothekerverband sowie die deutsche und die österreichische Regierung geltend, dass der Anwendungsbereich des Artikels 28 EG so umgrenzt werden müsse, dass den Mitgliedstaaten ein angemessener Spielraum für die Regelung das öffentliche Interesse berührender allgemeiner Gesichtspunkte des Arzneimittelhandels verbleibe. Aus diesem Grund sei das generelle Versandhandelsverbot für apothekenpflichtige Arzneimittel nicht als eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 28 EG anzusehen.
Die Beklagten des Ausgangsverfahrens verwerfen diese Auffassung als zu vordergründig. Das Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln berühre den Absatz von inländischen Arzneimitteln und solchen, die aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt w ürden, nicht in gleicher Weise. Vielmehr mache dieses Verbot im Zusammenspiel mit den berufsständischen Regeln der ABO den Zugang zum Arzneimittel-Endkundenmarkt für Apotheken anderer Mitgliedstaaten praktisch unmöglich. So könne DocMorris den deutschen Endkundenmarkt nach der ABO nur erreichen, wenn ihr verantwortlicher Apotheker in Deutschland eine ?klassische? Apotheke eröffne und seine Apothekertätigkeit in den Niederlanden aufgebe. Zudem könnten ausländische Apotheker eine deutsche Genehmigung für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln nur beantragen, wenn sie ihre Apotheke bereits seit mindestens drei Jahren betrieben.
Unter Bezugnahme auf die Urteile vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-323/93 (Centre d'insémination de la Crespelle, Slg. 1994, I-5077, Randnr. 29), vom 9. Juli 1997 in den Rechtssachen C-34/95 bis C-36/95 (De Agostini und TV Shop, Slg. 1997, I-3843, Randnrn. 43 bis 47) und vom 23. Oktober 1997 in der Rechtssache C-189/95 (Franzén, Slg. 1997, I-5909, Randnrn. 67 bis 73) sowie auf das Urteil TK-Heimdienst (Randnrn. 27 bis 37) tragen die Beklagten des Ausgangsverfahrens vor, dass eine nationale Regelung, wenn sie, wie im Ausgangsfall, den Zugang zum Markt der Endverbraucher des Einfuhrmitgliedstaats verhindere oder im Vergleich zu inländischen Waren erschwere, eine Beschränkung des freien Warenverkehrs darstelle, selbst wenn es sich um die Regelung einer Verkaufsmodalität handele, die nicht produktbezogen sei.
Antwort des Gerichtshofes
Es ist zunächst festzustellen, dass das Verbot nach § 43 Absatz 1 AMG in den Anwendungsbereich der Richtlinie 97/7 fällt. Nach deren Artikel 14 jedoch können die Mitgliedstaaten ?in dem unter diese Richtlinie fallenden Bereich mit dem EG-Vertrag in Einklang stehende strengere Bestimmungen erlassen oder aufrechterhalten, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen. Durch solche Bestimmungen können sie im Interesse der Allgemeinheit den Vertrieb im Fernabsatz für bestimmte Waren und Dienstleistungen, insbesondere Arzneimittel, in ihrem Hoheitsgebiet unter Beachtung des EG-Vertrags verbieten.?
Zwar ist jede nationale Regelung in einem Bereich, der auf Gemeinschaftsebene abschließend harmonisiert wurde, anhand der fraglichen Harmonisierungsmaßnahme und nicht des primären Gemeinschaftsrechts zu beurteilen (Urteile vom 12. Oktober 1993 in der Rechtssache C-37/92, Vanacker und Lesage, Slg. 1993, I-4947, Randnr. 9, und vom 13. Dezember 2001 in der Rechtssache C-324/99, Daimler Chrysler, Slg. 2001, I-9897, Randnr. 32). Jedoch ist die den Mitgliedstaaten in Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie 97/7 verliehene Befugnis, wie in dieser Bestimmung ausdrücklich gesagt wird, unter Beachtung des EG-Vertrags auszuüben.
Eine solche Bestimmung macht eine Prüfung der Frage, ob sich das im Ausgangsfall fragliche nationale Verbot mit den Artikeln 28 EG bis 30 EG vereinbaren lässt, daher nicht entbehrlich.
Nach ständiger Rechtsprechung ist jede Regelung, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern, als eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung anzusehen und damit nach Artikel 28 EG verboten (Urteile vom 11. Juli 1974 in der Rechtssache 8/74, Dassonville, Slg. 1974, 837, Randnr. 5, und vom 19. Juni 2003 in der Rechtssache C-420/01, Kommission/Italien, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 25).
Selbst wenn eine Regelung nicht bezweckt, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu regeln, bleibt ausschlaggebend, wie sie sich tatsächlich oder potenziell auf den innergemeinschaftlichen Handel auswirkt. Nach diesem Kriterium sind Hemmnisse für den freien Warenverkehr, die sich in Ermangelung einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften daraus ergeben, dass Waren aus anderen Mitgliedstaaten, die dort rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, bestimmten Vorschriften entsprechen müssen, selbst dann, wenn diese Vorschriften unterschiedslos für alle Erzeugnisse gelten, nach Artikel 28 EG verbotene Maßnahmen gleicher Wirkung, es sei denn, dass sich ihre Anwendung durch einen Zweck rechtfertigen lässt, der im Allgemeininteresse liegt und den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorgeht (Urteil vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78, Rewe, ?Cassis de Dijon?, Slg. 1979, 649, Randnrn. 6, 14 und 15, und Urteile Keck und Mithouard, Randnr. 15, und Familiapress, Randnr. 8).
Wie der Gerichtshof im Urteil Keck und Mithouard weiter festgestellt hat, können Handelsregelungen, auch wenn sie nicht die Merkmale der Waren selbst, sondern die Modalitäten von deren Verkauf betreffen, doch Maßnahmen gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG sein, wenn sie zwei Voraussetzungen nicht genügen. So müssen diese Regelungen erstens für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sie müssen zweitens den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren (Urteile Keck und Mithouard, Randnr. 16, und Hünermund u. a., Randnr. 21, sowie Urteil vom 9. Februar 1995 in der Rechtssache C-412/93, Leclerc-Siplec, Slg. 1995, I-179, Randnr. 21).
Zur ersten dieser beiden Voraussetzungen ist festzustellen, dass das in § 43 Absatz 1 AMG normierte Verbot für alle betroffenen inländischen oder ausländischen Wirtschaftsteilnehmer gilt, so dass diese Voraussetzung ohne weiteres erfüllt ist.
Hinsichtlich der zweiten in Randnummer 68 genannten Voraussetzung ist zu berücksichtigen, dass der ?Absatz? einer Ware auf einem nationalen Markt zwischen ihrer Herstellung und ihrem etwaigen Verkauf an den Endverbraucher mehrere Phasen umfassen kann.
Um festzustellen, ob eine bestimmte Regelung den Absatz inländischer Erzeugnisse ebenso betrifft wie den von Waren aus anderen Mitgliedstaaten, ist zu ermitteln, welche Reichweite die in Frage stehende beschränkende Regelung hat. So hat der Gerichtshof festgestellt, dass das für Apotheker geltende Verbot, für apothekenübliche Produkte außerhalb der Apotheke zu werben, nicht die für andere Wirtschaftsteilnehmer als Apotheker bestehende Möglichkeit berührt, ihrerseits für diese Waren Werbung zu machen (Urteil Hünermund u. a., Randnr. 19). Ähnlich hatte auch das im Urteil Leclerc-Siplec in Frage stehende Verbot der Ausstrahlung von Werbemitteilungen keine große Reichweite, da es nur eine bestimmte Form der Förderung (Fernsehwerbung) einer wiederum nur bestimmten Methode des Absatzes (Vertrieb) von Erzeugnissen untersagte (Urteil Leclerc-Siplec, Randnr. 22).
Dagegen folgte der Gerichtshof in einem anderen Fall dem von einem Wirtschaftsteilnehmer vorgetragenen Argument, dass ihm mit einem Verbot von Fernsehwerbung die einzige wirksame Form der Absatzförderung, um in einen nationalen Markt einzudringen, genommen werde (Urteil De Agostini und TV-Shop, Randnr. 43). Der Gerichtshof hat ferner festgestellt, dass bei Erzeugnissen wie alkoholischen Getränken, deren Genuss mit herkömmlichen gesellschaftlichen Gepflogenheiten und örtlichen Sitten und Gebräuchen verknüpft ist, ein Verbot jeder an die Verbraucher gerichteten Werbung durch Anzeigen in der Presse oder Werbeeinblendungen in Rundfunk und Fernsehen, durch Direktversand nicht angeforderten Materials oder durch Plakatieren an öffentlichen Orten geeignet ist, den Marktzugang für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten stärker zu behindern als für inländische Erzeugnisse, mit denen der Verbraucher unwillkürlich besser vertraut ist (Urteil vom 8. März 2001 in der Rechtssache C-405/98, Gourmet International Products, Slg. 2001, I-1795, Randnrn. 21 bis 24).
Hinsichtlich des Verbotes nach § 43 Absatz 1 AMG ist unstreitig, dass nach dieser Bestimmung zum einen bestimmte Arzneimittel nur in Apotheken verkauft werden dürfen und zum anderen der Versandhandel mit Arzneimitteln unzulässig ist. Zwar kann das Versandhandelverbot als bloße Konsequenz aus der Apothekenpflichtigkeit von Arzneimitteln angesehen werden. Das Aufkommen des Internets als Mittel des grenzüberschreitenden Verkaufs hat jedoch zur Folge, dass die Reichweite und damit die Wirkung dieses Verbotes in einem größeren Zusammenhang zu prüfen sind, als der Apothekerverband, die deutsche, die französische und die österreichische Regierung sowie die Kommission es vorschlagen (vgl. oben, Randnrn. 56 bis 59).
Ein Verbot wie das im Ausgangsfall fragliche beeinträchtigt nämlich außerhalb Deutschlands ansässige Apotheken stärker als Apotheken in Deutschland. Auch wenn das Verbot den inländischen Apotheken unstreitig ein zusätzliches oder alternatives Mittel des Zugangs zum deutschen Markt der Endverbraucher von Arzneimitteln nimmt, bleibt ihnen doch die Möglichkeit, Arzneimittel in ihren Apotheken zu verkaufen. Dagegen könnte für Apotheken, die nicht im deutschen Hoheitsgebiet ansässig sind, im Internet ein Mittel liegen, das für den unmittelbaren Zugang zu diesem Markt eher geeignet ist. Ein Verbot, das sich auf außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets ansässige Apotheken stärker auswirkt, könnte jedoch geeignet sein, den Marktzugang für Waren aus anderen Mitgliedstaaten stärker zu behindern als für inländische Erzeugnisse.
Daher trifft das in Frage stehende Verbot den Verkauf inländischer Arzneimittel und den Verkauf von Arzneimitteln aus anderen Mitgliedstaaten nicht in gleicher Weise.
Demnach ist auf die erste Frage, Buchstabe a, zu antworten, dass ein § 43 Absatz 1 AMG entsprechendes nationales Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln, die in dem betreffenden Mitgliedstaat ausschließlich in Apotheken verkauft werden dürfen, eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG darstellt.
Zur etwaigen Rechtfertigung des Versandhandelverbots (Frage 1, Buchstabe b)
Mit seiner ersten Frage, Buchstabe b, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob das Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln, die nur in Apotheken verkauft werden dürfen, nach Artikel 30 EG gerechtfertigt ist, wenn vor der Lieferung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bei der versendenden Apotheke ein Original der ärztlichen Verschreibung eingegangen sein muss. Das vorlegende Gericht fragt in diesem Zusammenhang weiter, welche Anforderungen gegebenenfalls an eine derartige Apotheke bezüglich der Bestellungskontrolle, der Paketkontrolle und der Empfangskontrolle zu stellen sind.
Vorbringen der Verfahrensparteien
Hinsichtlich der im Ausgangsfall anwendbaren Grundsätze sind sowohl der Apothekerverband als auch die Beklagten des Ausgangsverfahrens sowie die deutsche und die französische Regierung der Auffassung, dass Artikel 30 EG anwendbar bleibt, solange die nationalen Regelungen nicht vollständig harmonisiert sind (Urteile vom 7. März 1989 in der Rechtssache 215/87, Schumacher, Slg. 1989, 617, Randnr. 15, vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-369/88, Delattre, Slg. 1991, I-1487, Randnr. 48, vom 16. April 1991 in der Rechtssache C-347/89, Eurim-Pharm, Slg. 1991, I-1747, Randnr. 26, vom 8. April 1992 in der Rechtssache C-62/90, Kommission/Deutschland, Slg. 1992, I-2575, Randnr. 10, und Ortscheit, Randnr. 14).
Sie führen aus, dass die Gesundheit und das Leben von Menschen unter den in Artikel 30 EG geschützten Gütern und Interessen den ersten Rang einnähmen und es Sache der Mitgliedstaaten sei, in den durch den Vertrag gesetzten Grenzen zu bestimmen, in welchem Umfang sie deren Schutz gewährleisten wollten, insbesondere wie streng die durchzuführenden Kontrollen sein sollten. Eine nationale Regelung, die sich beschränkend auswirke, müsse nach der Rechtsprechung erforderlich und verhältnismäßig sein.
Nach Meinung des Apothekerverbands sowie der deutschen und der österreichischen Regierung kann der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht unter nur geringerer Beschränkung des innergemeinschaftlichen Handels erreicht werden als in Deutschland, wo der Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln durchgängig verboten sei (Urteile Kommission/Deutschland, Randnr. 11, und vom 14. Dezember 2000 in der Rechtssache C-55/99, Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I-11499, Randnr. 42).
Der Apothekerverband führt aus, mit dem Versandhandelverbot für die genannten Medikamente werde das Ziel verfolgt, beim Kauf eines Arzneimittels eine persönliche Information und Beratung des Kunden durch den Apotheker sicherzustellen sowie die Arzneimittelsicherheit und -überwachung zu gewährleisten.
Hinsichtlich etwaiger Fragen der Käufer zu einem bestimmten Arzneimittel weist der Apothekerverband, der insoweit von der österreichischen und der griechischen Regierung unterstützt wird, darauf hin, dass eine etwaige Beratung des Käufers über das Internet oder per Telefon im Rahmen des Versandhandels nicht die Beratung in einer Apotheke im persönlichen und unmittelbaren Gespräch ersetzen könne. Die körperliche und geistige Verfassung des Patienten, seine Statur, seine Lebensweise und seine derzeitige Medikation stellten Kriterien dar, die zu berücksichtigen seien.
Die österreichische Regierung trägt dazu ergänzend vor, dass viele über das Internet bestellte Medikamente den Empfänger in beschädigten oder unzureichenden Verpackungen erreichten, oft ohne Beschriftung oder Gebrauchsinformation in der Sprache des Empfängers.
Der Apothekerverband macht außerdem geltend, rein ?virtuelle? Apotheken könnten anders als traditionelle Apotheken über eine Internetadresse ohne größeren Kapitaleinsatz und größere Kapitalbindung eingerichtet werden, und zwar von jedermann. Da solche Apotheken zur Zeit keiner hinreichenden Kontrolle unterlägen, erfordere der notwendige Schutz von Leben und Gesundheit eine präventive Kontrolle.
Im Übrigen sei der Versandhandel durchaus geeignet, die herkömmlichen Apotheken in ihrem Bestand zu gefährden. Während sich die Internetapotheken die ?Rosinen herauspicken? könnten, d. h. einzelne wirtschaftlich interessante Segmente, unterlägen die an die ABO gebundenen herkömmlichen Apotheken verschiedenen kostspieligen Verpflichtungen wie denen zur Vorhaltung eines Vollsortiments und einer Mindestmenge von Arzneimitteln oder zur Gewährleistung eines Notdienstes. Das führe zu einer Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen.
Was verschreibungspflichtige Arzneimittel angehe, so unterlägen alle deutschen Apotheken der gesetzlichen Bindung an die Preise, die die APO vorschreibe und die mittels bestimmter Erhöhungen der frei festgelegten Herstellerpreise gebildet würden. Dagegen unterlägen Unternehmen, die Arzneimittel vom Ausland aus im Versandweg vertrieben, nicht der APO. Sie machten sich dies zunutze, um ein beschränktes Sortiment vor allem hochpreisiger Arzneimittel anzubieten. Ohne an die APO gebunden zu sein, böten sie diese Präparate zu Preisen an, die im Vergleich zu den Preisen in den örtlichen Apotheken günstiger seien.
Das Verbot des Verkaufs von Arzneimitteln im Versandhandel sei damit Bestandteil des Systems der sozialen Sicherheit, mit dem zu jeder Tageszeit eine zuverlässige, ausgewogene und für die gesamte Bevölkerung zugängliche Versorgung mit Arzneimitteln sichergestellt werden solle. Es könne nicht für sich isoliert geändert oder aufgehoben werden, ohne dieses System im Ganzen in Frage zu stellen. Insoweit sei auf die Erwägungen zum Schutz des Systems der sozialen Sicherheit und zu einer ausgewogenen medizinischen und stationären Versorgung zu verweisen, die der Gerichtshof in den Urteilen vom 12. Juli 2001 in den Rechtssachen C-368/98 (Vanbraekel u. a., Slg. 2001, I-5363, Randnrn. 47 bis 49) und C-157/99 (Smits und Peerbooms, Slg. 2001, I-5473, Randnrn. 72 bis 74) entwickelt habe.
Die griechische Regierung schließt sich dieser Auffassung an und hebt die Bedeutung hervor, die der Abgabe der Arzneimittel durch Apotheken und der Rolle des Apothekers sowohl in gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften als auch in der Rechtsprechung des Gerichtshofes beigemessen werde (Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 20, sowie Richtlinien 85/432/EWG des Rates vom 16. September 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten [ABl. L 253, S. 34] und 85/433/EWG des Rates vom 16. September 1985 über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Apothekers und über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts für bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten [ABl. L 253, S. 37]).
Die irische Regierung ist der Auffassung, dass die Lieferung verschreibungspflichtiger Arzneimittel über das Internet vollständig verboten werden solle. Die Überprüfung der Echtheit ärztlicher Verschreibungen werde durch die örtlichen Kenntnisse und Erfahrungen der Apotheker erleichtert, die fortwährend und täglich mit den Patienten und Ärzten ihrer Region in Kontakt seien. Würde die Lieferung verschreibungspflichtiger Arzneimittel nach vorherigem Empfang einer Verschreibung und ohne weitere Kontrolle zugelassen, so würde hierdurch die Gefahr des Missbrauchs oder der fehlerhaften Verwendung ärztlicher Verschreibungen erheblich gesteigert. Außerdem verschrieben die Ärzte grundsätzlich nur Medikamente, die ihren Patienten auch geliefert werden könnten und damit im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Beruf ausübten, zugelassen seien. Jedoch könne ein Arzt auch ein im Mitgliedstaat seiner Berufsausübung nicht zugelassenes Arzneimittel verschreiben, wenn er wisse, dass das Medikament über das Internet bei einer ?virtuellen Apotheke? erhältlich sei. So könnten in einem Mitgliedstaat dort nicht zugelassene Arzneimittel vertrieben werden, ohne dass die Behörden davon erführen.
Die Beklagten des Ausgangsverfahrens bestreiten mit verschiedenen Argumenten die Gefahren, die angeblich aus dem Versandhandel mit Arzneimitteln erwachsen. So könne erstens ein kategorisches Verbot des Versandhandels nicht nach Artikel 30 EG mit der Gewährleistung einer qualifizierten Beratung durch den Apotheker bei der Abgabe des Arzneimittels gerechtfertigt werden. Die Beratungs- und Kontrollfunktionen könne der Apotheker auch dann erfüllen, wenn er dem Patienten nicht von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehe, sondern die Arzneimittel nach sorgfältiger Beratung und Bestellungskontrolle an den Patienten versende.
Außerdem bestehe für den Patienten die Möglichkeit, sich bei der Bestellung per Internet telefonisch oder schriftlich (z. B. per E-Mail) an den Apotheker zu wenden. Der Beratungsumfang könne sogar noch über die in herkömmlichen Präsenzapotheken übliche pharmazeutische Beratung hinausgehen.
Das Argument, der ?virtuelle Apotheker? könne nicht selbst die Beratungsinitiative ergreifen, sei nicht stichhaltig. Die für eine sachgerechte Einnahme oder Anwendung eines Arzneimittels erforderlichen Informationen teile der Apotheker dem Patienten bei Versand des Medikaments nämlich schriftlich mit. Die Beratungsinitiative könne gegebenenfalls dadurch verstärkt werden, dass die Apotheke den Patienten von sich aus anrufe.
Auch die Kritik, für eine effektive Beratung sei die körperliche Anwesenheit des Kunden erforderlich, könne nicht überzeugen. Ein wesentlicher Teil der Patienten hole die Arzneimittel gar nicht selbst in der Apotheke ab.
Was zweitens das angebliche Fehlen der Kontrolle der virtuellen Apotheken angehe, so unterlägen diese weiterhin der staatlichen Kontrolle wie auch den Erfordernissen einer internen Kontrolle der Bestellungen. So unterliege etwa DocMorris zum einen der Überwachung durch die zuständige Behörde ihres Herkunftsstaats, den niederländischen staatlichen Apothekeninspektor. Diese Überwachung umfasse alle Prozesse und Vorgänge im Apothekenbetrieb und im Arzneimittelversand. Zum anderen seien die Apotheken nach niederländischem Recht verpflichtet, ihre internen Sicherheitsstandards und Prozessabläufe in einem Qualitätshandbuch festzuhalten. DocMorris genüge den Vorschriften der European Association of Mail Service Pharmacies (EAMSP), der sie angehöre und die detaillierte Regelungen über die Bestellungskontrolle, die Paketkontrolle und die Empfangskontrolle enthielten.
Durch die von DocMorris vorgeschriebenen internen Sicherheitsmaßnahmen werde gewährleistet, dass die Bearbeitung der Aufträge und die Beratung ausschließlich durch approbierte Apotheker und pharmazeutisch-technische Assistenten nach Maßgabe bestimmter Qualitätsanforderungen erfolgten. Dass der Kauf eines Arzneimittels in der Apotheke eines anderen Mitgliedstaats erfolge, sei unerheblich, da die Voraussetzungen für den Zugang zum Apothekerberuf und die Bedingungen für die Berufsausübung gemeinschaftsweit harmonisiert seien (vgl. zur Richtlinie 85/432 Urteile vom 7. März 1989 in der Rechtssache 215/87, Schumacher, Slg. 1989, 617, Randnr. 20, und Kommission/Deutschland, Randnr. 19).
Drittens müsse der Apotheker, was die mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbundenen Risiken angehe, gemäß den Anforderungen der European Association of Mail Service Pharmacies sicherstellen, dass diese Arzneimittel nur versandt würden, wenn vorher bei der Apotheke eine entsprechende ärztliche oder zahnärztliche Verschreibung im Original eingegangen sei, und dass die Person, die das Arzneimittel später erhalte, mit dem Inhaber des Rezepts identisch sei.
Dank der Harmonisierung der Voraussetzungen, unter denen ein Arzneimittel als verschreibungspflichtig einzustufen sei (vgl. Richtlinie 92/26, inzwischen ersetzt durch Titel VI des Gemeinschaftskodex), bestehe gemeinschaftsweit ein einheitliches Schutzniveau. Falls es ausnahmsweise einen Unterschied in der Einstufung zwischen dem Herkunfts- und dem Einfuhrmitgliedstaat gebe, verfahre DocMorris immer in der Weise, dass sie sich nach der strengeren nationalen Regelung richte, so dass die nationalen Regelungen zur Verschreibungspflicht in keinem Fall unterlaufen würden.
Viertens sei in Anbetracht des fortgeschrittenen Stadiums der Harmonisierung der Vorschriften über die Zulassung von Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft sowie des gemeinschaftlichen Systems der gegenseitigen Anerkennung (Verordnung Nr. 2309/93 sowie Richtlinien 93/39 und 2000/38/EG der Kommission vom 5. Juni 2000 zur Änderung von Kapitel Va [Pharmakovigilanz] der Richtlinie 75/319/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten [ABl. L 139, S. 28]) davon auszugehen, dass von Arzneimitteln, die in einem Mitgliedstaat zugelassen seien, keine so ernst zu nehmenden Gesundheitsgefahren ausgehen könnten, dass sie ein kategorisches Verbot des grenzüberschreitenden Arzneiversandhandels rechtfertigen würden.
Fünftens entstünden auch bei Benutzung des Internets keine zusätzlichen Gesundheitsrisiken, die nur durch ein kategorisches Verbot des Arzneimittelversandhandels ausgeschlossen werden könnten. Dagegen könnten die technischen M öglichkeiten des Internets, insbesondere diejenigen, die interaktive und individuell auf den Patienten abgestimmte Inhalte zuließen, sogar für eine Optimierung des Gesundheitsschutzes genutzt werden.
Schließlich könne das im Ausgangsfall fragliche Verbot auch nicht mit der wirtschaftlichen Sicherstellung einer flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gerechtfertigt werden. Da jede ?virtuelle Apotheke? in ihrem Sitzstaat als Präsenzapotheke zugelassen sein müsse, sei die Möglichkeit des Arzneimittelversands nicht als konkurrierende Alternative, sondern als Zusatzangebot zu den Verkäufen der Präsenzapotheken zu verstehen. Da der virtuelle Apotheker an die im Herkunftsmitgliedstaat geltenden staatlichen Vorgaben gebunden sei, sei es ausgeschlossen, dass er sich auf das Hochpreissegment beschränken könne.
Im Ergebnis hätten somit die deutsche Regierung und der Kläger des Ausgangsverfahrens nicht schlüssig dargetan, dass der grenzüberschreitende Versandhandel mit Arzneimitteln eine Bedrohung für die Gesundheit darstelle, die nur durch sein kategorisches Verbot verhindert werden könne. Die Gesundheit könne nämlich durch geeignete Regelungen, insbesondere durch vom Herkunftsmitgliedstaat aufgestellte Anforderungen an die Bestellungs-, Paket- und Empfangskontrolle, ebenso wirksam geschützt werden.
Antwort des Gerichtshofes
Wie die Parteien des Ausgangsverfahrens, die Mitgliedstaaten, die Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht haben, und die Kommission ausführen, bleibt Artikel 30 EG im Bereich der Herstellung und Vermarktung von Arzneispezialitäten so lange anwendbar, wie die Harmonisierung der nationalen Vorschriften in diesem Bereich nicht vollständig durchgeführt ist (Urteile Schumacher, Randnr. 15, Delattre, Randnr. 48, Eurim-Pharm, Randnr. 26, Kommission/Deutschland, Randnr. 10, und Ortscheit, Randnr. 14). Dazu ist festzustellen, dass der Verkauf von Arzneimitteln an den Endverbraucher bisher nicht Gegenstand einer vollständigen gemeinschaftlichen Harmonisierung ist.
Nach ständiger Rechtsprechung nehmen unter den in Artikel 30 EG geschützten Gütern und Interessen die Gesundheit und das Leben von Menschen den ersten Rang ein und ist es Sache der Mitgliedstaaten, in den durch den Vertrag gesetzten Grenzen zu bestimmen, auf welchem Niveau sie deren Schutz gewährleisten wollen und insbesondere wie streng die durchzuführenden Kontrollen sein sollen (Urteile Schumacher, Randnr. 17, Eurim-Pharm, Randnr. 26, und Ortscheit, Randnr. 16).
Jedoch ist eine nationale Regelung oder Praxis, die eine die Einfuhren pharmazeutischer Erzeugnisse beschränkende Wirkung hat oder haben kann, mit dem Vertrag nur vereinbar, soweit sie für einen wirksamen Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen notwendig ist. Eine nationale Regelung oder Praxis fällt daher nicht unter die Ausnahmebestimmungen des Artikels 30 EG, wenn die Gesundheit oder das Leben von Menschen genauso wirksam durch Maßnahmen geschützt werden kann, die den innergemeinschaftlichen Handel weniger beschränken (Urteile Schumacher, Randnrn. 17 und 18, Delattre, Randnr. 53, Eurim-Pharm, Randnr. 27, Kommission/Deutschland, Randnrn. 10 und 11, und Ortscheit, Randnr. 17).
Im Ausgangsverfahren ist die Tatsache als solche, dass die ?virtuelle Apotheke? unter der Überwachung der niederländischen Behörden steht, nicht bestritten worden, so dass das Vorbringen des Apothekerverbands, mit dem er allgemein geltend macht, die Überwachung dieser Apotheke sei im Vergleich zu der einer herkömmlichen Apotheke unzureichend, nicht durchgreifen kann.
Damit lässt sich das Verbot des Arzneimittelversandhandels nur mit den Argumenten rechtfertigen, die die Erfordernisse der individuellen Beratung des Kunden und seines Schutzes bei der Abgabe von Arzneimitteln sowie der Kontrolle der Echtheit von ärztlichen Verschreibungen und der Gewährleistung einer umfassenden und bedarfsgerechten Arzneimittelversorgung betreffen.
Allgemein betrachtet, liegen den meisten dieser Rechtfertigungsgründe die potenziellen Gefahren, die Arzneimittel bergen können, und damit die Sorgfaltsanforderungen zugrunde, die hinsichtlich aller Aspekte des Arzneimittelvertriebs gewahrt werden müssen; diese Ziele werden auch mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften im pharmazeutischen Bereich verfolgt. Daher sind jedenfalls bei der Prüfung der Rechtfertigungen, die für ein Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln geltend gemacht werden, die verschiedenen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zu berücksichtigen, die sich auf diese Frage auswirken könnten.
So haben erstens nach Titel VI des Gemeinschaftskodex mit der Überschrift ?Einstufung der Arzneimittel? die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Erteilung der Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels genaue Angaben zu dessen Einstufung, also zu seiner Verschreibungspflichtigkeit, zu machen. Auch wenn die Einstufung der Arzneimittel Sache dieser Behörden ist, haben sie dabei gleichwohl die in Artikel 71 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex aufgeführten Kriterien zugrunde zu legen und damit Kriterien, die die mit dem Gebrauch des betreffenden Arzneimittels verbundenen potenziellen Gefahren zum Gegenstand haben (vgl. oben, Randnrn. 5 und 6).
Diese Unterscheidung zwischen verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die auf diesen Kriterien beruhen und somit die potenziellen Gefahren des Arzneimittels betreffen, findet zweitens auch in der gemeinschaftsrechtlichen Regelung über die Werbung für Arzneimittel Anwendung. Wie oben in den Randnummern 7 bis 13 ausgeführt, ist Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel verboten (Artikel 88 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex), während Werbung für Arzneimittel, die so beschaffen und konzipiert sind, dass sie ohne Tätigwerden eines Arztes verwendet werden können, bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen grundsätzlich zulässig ist (Artikel 88 Absatz 2 des Gemeinschaftskodex).
Außer der in der vorstehenden Randnummer genannten Unterscheidung erlaubt Artikel 14 der Richtlinie 97/7, der den Verbraucherschutz im Fernabsatz betrifft, den Mitgliedstaaten den Erlass von Rechtsvorschriften, mit denen unter Beachtung des EG-Vertrags im Interesse der Allgemeinheit der Vertrieb im Fernabsatz für bestimmte Waren oder Dienstleistungen, ?insbesondere Arzneimittel?, in ihrem Hoheitsgebiet untersagt wird. Diese Bestimmung lässt den Schluss zu, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die Möglichkeit eines Mitgliedstaats, den Versandhandel mit Arzneimitteln zu verbieten, nicht schon allein deshalb ausschließen wollte, weil in der Gemeinschaft die Vorschriften über das Inverkehrbringen von Arzneimitteln harmonisiert worden sind sowie eine Regelung der gegenseitigen Anerkennung und Bestimmungen sowohl über die Koordinierung der Regelungen für bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten als auch über die gegenseitige Anerkennung der Apothekerdiplome besteht.
Im Licht dieser Überlegungen sind die vom Apothekerverband geltend gemachten Rechtfertigungsgründe zum einen im Hinblick auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und zum anderen hinsichtlich verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu prüfen.
Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel
Was Arzneimittel anbelangt, für die keine ärztliche Verschreibung vorgeschrieben ist, so vermag keiner der angeführten Rechtfertigungsgründe das absolute Verbot des Versandhandels mit solchen Arzneimitteln stichhaltig zu begründen.
Was erstens das Erfordernis angeht, den Kunden beim Erwerb eines Arzneimittels zu informieren und zu beraten, so kann die Möglichkeit, eine hinreichende Information und Beratung vorzusehen, nicht ausgeschlossen werden. Wie die Beklagten des Ausgangsverfahrens zu Recht geltend machen, könnte der Kauf über das Internet überdies auch zu berücksichtigende Vorteile bieten, so z. B. die Möglichkeit, die Medikamente von zu Hause oder vom Büro aus zu bestellen, ohne sich dafür an einen anderen Ort begeben zu müssen, oder in Ruhe Fragen an die Apotheker zu richten.
Soweit dahin argumentiert wird, dass die ?virtuellen Apotheker? geringere Reaktionsmöglichkeit hätten als die in Geschäftsr äumen mit Publikumsverkehr tätigen Apotheker, wird damit auf die Nachteile verwiesen, die mit einem möglichen Fehlgebrauch des betreffenden Medikaments und mit einem etwaigen Arzneimittelmissbrauch zusammenhängen. Was den möglichen Fehlgebrauch von Arzneimitteln anbelangt, so könnte dieses Risiko dadurch vermindert werden, dass der Kunde vor einem möglichen Kauf mehr interaktive Elemente im Internet verwenden muss. Was einen möglichen Missbrauch angeht, so ist es nicht offenkundig, dass für Personen, die nicht verschreibungspflichtige Medikamente missbräuchlich erwerben wollen, der Kauf in herkömmlichen Apotheken tatsächlich schwieriger ist als der Erwerb über das Internet.
Was die Kategorie der nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel angeht, so erscheinen zweitens Erwägungen, die mit ihrer Auslieferung zusammenhängen, nicht geeignet, ein absolutes Verbot ihres Verkaufs im Versandhandel zu rechtfertigen.
Soweit drittens als Rechtfertigungsgrund das Erfordernis, eine umfassende und bedarfsgerechte Versorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen, geltend gemacht wird, ist darauf hinzuweisen, dass nach den Ausführungen der Beklagten des Ausgangsverfahrens (vgl. oben, Randnr. 100) auch die niederländische ?virtuelle Apotheke? gemeinwirtschaftlichen Pflichten, wie der Apothekerverband sie anführt, unterliegt, so dass sie sich in dieser Hinsicht nicht in einer günstigeren Lage befindet als die deutschen Apotheken. Im Übrigen gilt die APO, die die Endverkaufspreise für Arzneimittel festlegt, nur für verschreibungspflichtige Arzneimittel und kann daher das Verbot des Versandhandels mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die der APO nicht unterliegen und deren Preise die deutschen Apotheken frei festsetzen k önnen, nicht rechtfertigen.
Verschreibungspflichtige Arzneimittel
Hinsichtlich verschreibungspflichtiger Arzneimittel erfordert die öffentliche Versorgung eine strengere Kontrolle. Diese lässt sich zum einen mit den größeren Gefahren, die von diesen Arzneimitteln ausgehen können (vgl. Artikel 71 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex), und zum anderen mit der für diese Kategorie von Arzneimitteln geltenden Festpreisregelung rechtfertigen, die Teil des deutschen Gesundheitswesens ist.
Was die erste dieser Erwägungen angeht, so berührt die Möglichkeit, dass Arzneimittel in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedlich eingestuft werden und damit ein bestimmtes Arzneimittel in einem Mitgliedstaat verschreibungspflichtig, hingegen in einem anderen Mitgliedstaat rezeptfrei erhältlich ist, nicht die Befugnis des erstgenannten Mitgliedstaats, Arzneimittel dieser Art strenger zu behandeln.
Angesichts der Gefahren, die mit der Verwendung dieser Arzneimittel verbunden sein können, könnte das Erfordernis, die Echtheit der ärztlichen Verschreibungen wirksam und verantwortlich nachprüfen zu können und die Aushändigung des Arzneimittels an den Kunden selbst oder an eine von ihm mit dessen Abholung beauftragte Person zu gewährleisten, ein Verbot des Versandhandels rechtfertigen. Wie die irische Regierung dargelegt hat, könnte die Zulassung einer Ausgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel erst nach Erhalt der Verschreibung und ohne weitere Kontrolle das Risiko erhöhen, dass ärztliche Verschreibungen missbräuchlich oder fehlerhaft verwendet werden. Im Übrigen kann die tatsächlich gegebene Möglichkeit, dass ein Arzneimittel, das ein in einem Mitgliedstaat wohnender Käufer bei einer Apotheke in einem anderen Mitgliedstaat erwirbt, in einer anderen Sprache etikettiert ist als in der Sprache des Heimatstaats des Käufers, im Fall von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gravierendere Folgen haben.
Der Apothekerverband argumentiert ferner mit der Intakthaltung des deutschen Gesundheitswesens, indem er darauf verweist, dass die deutschen Apotheken nach der APO zum Verkauf von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu Festpreisen verpflichtet seien und daher die Zulassung des grenzüberschreitenden Verkaufs dieser Arzneimittel ohne Preisbindung die deutschen Apotheken in ihrem Bestand gefährden und damit die Intaktheit des deutschen Gesundheitswesens beeinträchtigen könnte.
Diese Argumentation erfordert eine Prüfung der Frage, ob die Regelung der APO, die für verschreibungspflichtige Arzneimittel Festpreise vorschreibt, gerechtfertigt ist.
Obgleich rein wirtschaftliche Gründe eine Beschränkung des elementaren Grundsatzes des freien Warenverkehrs nicht rechtfertigen können, lässt sich nicht ausschließen, dass eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen kann, der eine derartige Beschränkung rechtfertigen kann (Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-158/96, Kohll, Slg. 1998, I-1931, Randnr. 41, sowie Urteile Vanbraekel u. a., Randnr. 47, Smits und Peerbooms, Randnr. 72, und vom 13. Mai 2003 in der Rechtssache C-385/99, Müller-Fauré und Van Riet, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 72 und 73). Überdies könnte ein nationaler Markt für verschreibungspflichtige Arzneimittel durch Faktoren nichtwirtschaftlicher Art gekennzeichnet sein, so dass eine nationale Regelung, die die Verkaufspreise für bestimmte Arzneimittel festlegt, deshalb beizubehalten ist, weil sie einen integralen Bestandteil des nationalen Gesundheitswesens bildet.
Jedoch haben weder der Apothekerverband noch die Mitgliedstaaten, die Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht haben, Argumente für die Erforderlichkeit der APO vorgetragen. Angesichts des Umstands, dass solche Argumente nicht vorgebracht worden sind, lässt sich nicht die Feststellung treffen, dass das Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln in Deutschland, was verschreibungspflichtige Arzneimittel angeht, durch Gründe des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit oder der Intaktheit des nationalen Gesundheitswesens gerechtfertigt werden kann.
Demnach ist auf die erste Frage, Buchstabe b, zu antworten, dass Artikel 30 EG geltend gemacht werden kann, um ein nationales Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln, die in dem betreffenden Mitgliedstaat ausschließlich in Apotheken verkauft werden dürfen, zu rechtfertigen, soweit dieses Verbot verschreibungspflichtige Arzneimittel betrifft. Dagegen kann Artikel 30 EG nicht geltend gemacht werden, um ein absolutes Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln, die in dem betreffenden Mitgliedstaat nicht verschreibungspflichtig sind, zu rechtfertigen.
Zur Wiedereinfuhr von Arzneimitteln (Frage 1, Buchstabe c)
Mit seiner ersten Frage, Buchstabe c, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die erste Frage, Buchstaben a und b, die sich zum einen auf die Einstufung von § 43 Absatz 1 AMG als Maßnahme gleicher Wirkung und zum anderen auf deren etwaige Rechtfertigung bezieht, im Licht der Artikel 28 EG und 30 EG anders zu beurteilen ist, wenn es sich um den Import von in einem Mitgliedstaat zugelassenen Arzneimitteln handelt, die eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Apotheke zuvor von Großhändlern im Einfuhrmitgliedstaat bezogen hat.
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Die Beklagten des Ausgangsverfahrens verweisen darauf, dass Artikel 28 EG alle Einfuhrbeschränkungen unabhängig vom Ort der Herstellung der Waren untersage. Es sei in der Rechtsprechung des Gerichtshofes ausdrücklich anerkannt, dass Wiedereinfuhren unter den Schutz des freien Warenverkehrs fielen (Urteile vom 27. Juni 1996 in der Rechtssache C-240/95, Schmit, Slg. 1996, I-3179, Randnr. 10, vom 12. November 1996 in der Rechtssache C-201/94, Smith & Nephew und Primecrown, Slg. 1996, I-5819, Randnrn. 18 bis 22, vom 5. Dezember 1996 in den Rechtssachen C-267/95 und C-268/95, Merck und Beecham, Slg. 1996, I-6285, und vom 12. Oktober 1999 in der Rechtssache C-379/97, Upjohn, Slg. 1999, I-6927, Randnrn. 13 und 14). Entgegen der vom Gerichtshof in den Urteilen vom 3. Dezember 1974 in der Rechtssache 33/74 (Van Binsbergen, Slg. 1974, 1299) und vom 10. Januar 1985 in der Rechtssache 229/83 (Leclerc u. a., Slg. 1985, 1) entwickelten Auffassung stelle der Reimport von zugelassenen Arzneimitteln aus einer Apotheke eines anderen Mitgliedstaats keine missbräuchliche Umgehung zwingender nationaler Vorschriften dar. Das grenzüberschreitende Handelsgeschäft im vorliegenden Fall habe auf zwei getrennten Handelsstufen und außerdem auf zwei unterschiedlichen Marktstufen stattgefunden (nämlich erstens der Ausfuhr der Arzneimittel durch die deutschen Großhändler zu den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Apotheken und zweitens der Wiedereinfuhr der Arzneimittel auf der Einzelhandelsebene an private Endkunden). Dieses Geschäft sei nach Artikel 28 EG schützenswert, weil es gerade zur Erreichung der Ziele dieser Vorschrift beitrage. Eine missbräuchliche Berufung auf den freien Warenverkehr bedeute dies schon aus dem einfachen Grund nicht, dass der Versandhandel gerade das Ziel verfolge, das das Herzstück des freien Warenverkehrs bilde (vgl. zur Niederlassungsfreiheit Urteil vom 9. März 1999 in der Rechtssache C-212/97, Centros, Slg. 1999, I-1459).
Antwort des Gerichtshofes
Zur Einstufung von § 43 Absatz 1 AMG als Maßnahme gleicher Wirkung
Für die Einstufung von § 43 Absatz 1 AMG als Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG ist der Herstellungsort eines Erzeugnisses nicht erheblich. Ein im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hergestelltes Erzeugnis, das ausgeführt und anschließend in diesen Staat wieder eingeführt wird, stellt daher ebenso ein eingeführtes Erzeugnis dar wie ein in einem anderen Mitgliedstaat hergestelltes Erzeugnis, das direkt in das Inland eingeführt wird (in diesem Sinne Urteile Leclerc u. a., Randnr. 26, und Schmit, Randnr. 10).
Diese Beurteilung wird auch nicht dadurch berührt, dass die Rechtsvorschriften über den Verkauf der im Ausgangsfall fraglichen Erzeugnisse, also von Arzneimitteln, nicht auf Gemeinschaftsebene harmonisiert worden sind, so dass ein aus dem Einfuhrstaat stammendes Erzeugnis infolge seines grenzüberschreitenden Vertriebes grundsätzlich unter den Schutz des Gemeinschaftsrechts fallen kann.
Jedoch gilt dies, wie der Gerichtshof im Hinblick auf den freien Warenverkehr festgestellt hat, dann nicht, wenn sich aus objektiven Umständen ergibt, dass die betreffenden Erzeugnisse allein zum Zweck ihrer Wiedereinfuhr ausgeführt worden sind, um eine gesetzliche Regelung wie die im Ausgangsfall fragliche zu umgehen (Urteil Leclerc u. a., Randnr. 27).
Sofern in dem Fall, den das vorlegende Gericht zu entscheiden hat, der Wirtschaftsteilnehmer, der die Arzneimittel ausgeführt hatte, nicht an ihrer Wiedereinfuhr beteiligt war, kann die Wiedereinfuhr der Arzneimittel durch die Beklagten des Ausgangsverfahrens nicht als missbräuchliche Inanspruchnahme des freien Warenverkehrs angesehen werden.
Da eine Vorschrift wie § 43 Absatz 1 AMG eine Beschränkung der Vermarktung von aus anderen Mitgliedstaaten stammenden Arzneimitteln bewirken könnte, ist ihre Einstufung als Maßnahme gleicher Wirkung daher nicht auf Arzneimittel mit Herkunft aus anderen Mitgliedstaaten als dem Einfuhrmitgliedstaat zu begrenzen, sondern gilt ebenso für Medikamente, die im Einfuhrmitgliedstaat bei einem Großhändler erworben wurden.
Zum Bestehen einer Rechtfertigung
Für die Beantwortung der Frage, ob für das Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln eine Rechtfertigung besteht, ist ebenfalls zwischen nicht verschreibungspflichtigen und verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu unterscheiden. Was die erste Kategorie anbelangt, so gelten die Erwägungen, auf deren Grundlage oben in den Randnummern 112 bis 116 festgestellt worden ist, dass dieses Verbot nicht gerechtfertigt ist, ebenso für reimportierte Erzeugnisse. Daher ist die Antwort auf die erste Frage, Buchstabe b, nicht im Hinblick auf Artikel 28 EG zu ändern.
Was die verschreibungspflichtigen Arzneimittel angeht, so haben die mit ihrer Wiedereinfuhr zusammenhängenden Aspekte - so insbesondere der Umstand, dass diese Arzneimittel bei ihrer Wiedereinfuhr wegen ihres Erwerbs über das Internet nicht der APO unterlägen - bereits bei der Beantwortung der ersten Frage, Buchstabe b, Berücksichtigung gefunden. Daher ist die Antwort auf diese Frage auch insoweit nicht zu ändern.
Somit ist auf die erste Frage, Buchstabe c, zu antworten, dass die erste Frage, Buchstaben a und b, nicht anders zu beurteilen ist, wenn es sich um den Import von in einem Mitgliedstaat zugelassenen Arzneimitteln handelt, die eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Apotheke zuvor von Großhändlern im Einfuhrmitgliedstaat bezogen hat.
Zur zweiten Frage
Mit dem ersten Teil seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob im Rahmen eines nationalen Verbotes der Werbung für den Versandhandel mit Arzneimitteln die Artikel 28 EG und 30 EG einer weiten Auslegung des Begriffes ?Werbung? entgegenstehen, nach der verschiedene Aspekte des Internetauftritts einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Apotheke als ?verbotene Werbung? eingestuft werden und dies zur Folge hat, dass grenzüberschreitende Arzneimittelbestellungen über das Internet erheblich erschwert werden.
Diese Frage setzt voraus, dass ein rechtmäßiger Verkauf von Arzneimitteln über das Internet mit einem rechtmäßigen Verbot der Werbung für diese Arzneimittel zusammentrifft, das den genannten Verkauf beeinträchtigen k önnte. Es ist daher darauf hinzuweisen, dass es sich hier um zwei verschiedene Fragen handelt, nämlich erstens um die Frage nach der Vereinbarkeit nationaler Verbote der Werbung für den Versandhandel mit Arzneimitteln mit den Artikeln 28 EG und 30 EG und zweitens um die Frage, ob bei Vereinbarkeit solcher Verbote (oder mancher von ihnen) mit diesen Artikeln eine weite Auslegung des Begriffes ?Werbung?, die den Verkauf über das Internet erschweren würde, ebenfalls mit diesen Artikeln vereinbar wäre.
Die Frage, wie weit der Begriff der ?Werbung? auszulegen ist, und die zweite Frage, Buchstaben a und b, sind daher nur zu prüfen, wenn ein gemeinschaftsrechtlich zulässiges Werbeverbot mit einem ebenfalls gemeinschaftsrechtlich zulässigen Absatz über das Internet zusammentrifft.
Zur Vereinbarkeit der Werbeverbote mit dem Gemeinschaftsrecht
Wie oben in den Randnummern 31 bis 33 dargelegt, gibt es im deutschen Recht drei Arten von Werbeverboten für Arzneimittel. Für jedes dieser Verbote ist zu prüfen, ob es gemeinschaftsrechtlich zulässig ist. Soweit erstens nach § 3a HWG für Arzneimittel nicht geworben werden darf, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen, aber nicht zugelassen worden sind oder als zugelassen gelten, genügt der Hinweis, dass dieses Verbot in Einklang steht mit dem Verbot nach Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 92/28, inzwischen ersetzt durch Artikel 87 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex. Eine Prüfung, ob dieses Werbeverbot mit den Bestimmungen des EG-Vertrags vereinbar ist, scheidet daher aus.
Zweitens ist nach § 10 Absatz 1 HWG Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel im Allgemeinen verboten. Ebenso wie vorstehend zu § 3a HWG ausgeführt, steht, wie die Kommission dargelegt hat, ein Verbot wie das in § 10 Absatz 1 HWG in Einklang mit dem inzwischen durch Artikel 88 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex ersetzten Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/28, der ein gleichartiges Verbot auf Gemeinschaftsebene vorsieht. Da dieses nationale Verbot somit die innerstaatliche Umsetzung einer gemeinschaftlichen Harmonisierungsmaßnahme darstellt, kommt auch dafür seine Prüfung anhand der Bestimmungen des EG-Vertrags nicht in Betracht.
Drittens untersagt § 8 Absatz 1 HWG Werbung für den Versandhandel mit Arzneimitteln, deren Abgabe Apotheken vorbehalten ist. § 8 Absatz 2 HWG untersagt weiterhin Werbung für den Arzneimittelkauf im Wege der Einzeleinfuhr nach § 73 Absatz 2 Nr. 6a oder Absatz 3 AMG. Dieses Verbot soll nach den Ausführungen der deutschen Regierung in Verbindung mit § 73 Absatz 1 AMG verhindern, dass etwaige Einzelimporte von nicht zugelassenen Arzneimitteln infolge einer solchen Werbung so zunehmen, dass damit die Zulassungsregelung unterlaufen würde, während diese Möglichkeit nach dem AMG nur als Ausnahme bestehen soll. Jedenfalls lässt sich, wie die Generalanwältin in Nummer 171 ihrer Schlussanträge dargelegt hat, den dem Gerichtshof vorliegenden Akten entnehmen, dass das vorlegende Gericht in Bezug auf den Arzneimittelversand nur das Verbot nach § 8 Absatz 1 HWG für anwendbar hält. § 8 Absatz 2 HWG gehört damit nicht zum rechtlichen und tatsächlichen Rahmen des Ausgangsrechtsstreits.
Zum Verbot nach § 8 Absatz 1 HWG ist festzustellen, dass es in den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften kein genaues Gegenstück hat. Obgleich nach Artikel 88 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex die Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel verboten ist, gestattet Artikel 88 Absatz 2 grundsätzlich Werbung für Arzneimittel, die so beschaffen und konzipiert sind, dass sie, erforderlichenfalls nach Beratung durch den Apotheker, ohne ärztliches Tätigwerden verwendet werden können.
Unter Bezugnahme auf Artikel 88 Absatz 2 des Gemeinschaftskodex führt die österreichische Regierung aus, es sei davon auszugehen, dass den Mitgliedstaaten in dieser Frage ein gewisser Spielraum verbleibe, da diese Art von Werbung nach dieser Bestimmung zwar grundsätzlich zulässig sei, darin aber nicht geregelt werde, inwieweit eine Beratung durch Apotheker als erforderlich anzusehen sei. Im Ergebnis sei daher ein Verbot der Werbung im Internet auch für Arzneimittel gerechtfertigt, die nicht verschreibungspflichtig, aber apothekenpflichtig seien.
Insoweit ist auf die Beantwortung der ersten Frage, Buchstabe b, zu verweisen (vgl. oben, Randnrn. 112 bis 116), die die mögliche Rechtfertigung eines Verbotes des Versandhandels mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln betrifft. Nach dieser Antwort kann ein solches Verbot für diese Kategorie von Arzneimitteln nicht mit dem angeblichen Erfordernis der physischen Anwesenheit eines Apothekers bei ihrem Kauf gerechtfertigt werden.
Folglich kann Artikel 88 Absatz 2 des Gemeinschaftskodex, wonach für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel öffentlich geworben werden darf, nicht dahin ausgelegt werden, dass er Werbung für den Versandhandel mit Arzneimitteln wegen der angeblich erforderlichen physischen Anwesenheit eines Apothekers nicht umfasst. Artikel 88 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex, der Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel untersagt, steht daher einem Verbot wie nach § 8 Absatz 1 HWG entgegen, soweit dieses sich auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bezieht.
Zur Tragweite des Begriffes ?Öffentlichkeitswerbung? im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 erster Gedankenstrich und Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/28
Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, stehen nur Werbeverbote wie die in § 3a und § 10 HWG, d. h. solche für nicht zugelassene Arzneimittel und für verschreibungspflichtige Arzneimittel, mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang. Es ist daher im Hinblick auf die Frage, ob der Begriff ?Öffentlichkeitswerbung? insbesondere im Hinblick auf seine Tragweite auszulegen ist, zu prüfen, ob sich diese Verbote ihrer Tragweite nach dahin auswirken können, dass durch sie der Verkauf von Arzneimitteln über das Internet verhindert wird.
Zu einem Verbot wie in § 3a HWG gen ügt der Hinweis, dass nach dem Gemeinschaftsrecht das Inverkehrbringen von Arzneimitteln in einem Mitgliedstaat, in dem sie zulassungspflichtig, aber nicht zugelassen sind, als solches untersagt ist. Daher kann nicht geltend gemacht werden, dass ein entsprechendes Werbeverbot den rechtmäßigen Verkauf von Arzneimitteln über das Internet verhindere.
Was den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln anbelangt, so steht seinem Verbot das Gemeinschaftsrecht nicht entgegen, womit auch das Werbeverbot für den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nicht als Unterbindung einer Form des rechtmäßigen Arzneimittelabsatzes angesehen werden kann.
Demnach ist auf den ersten Teil der zweiten Frage zu antworten, dass Artikel 88 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex einem § 8 Absatz 1 HWG entsprechenden nationalen Werbeverbot für den Versandhandel mit Arzneimitteln, die in dem betreffenden Mitgliedstaat nur in Apotheken verkauft werden dürfen, entgegensteht, soweit dieses Verbot Arzneimittel betrifft, die nicht verschreibungspflichtig sind.
Unter Berücksichtigung der Antwort auf die erste Frage, Buchstabe b, ist daher festzustellen, dass im Ausgangssachverhalt kein gemeinschaftsrechtlich zulässiges Werbeverbot besteht, das den rechtmäßigen Absatz von Arzneimitteln über das Internet verhindern könnte. Die zweite Frage, Buchstaben a und b, braucht daher nicht beantwortet zu werden.
Zur dritten Frage
Angesichts der Antwort auf die zweite Frage erübrigt sich eine Beantwortung der dritte Frage.
Kosten
Die Auslagen der deutschen, der griechischen, der französischen, der irischen und der österreichischen Regierung und der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
auf die ihm vom Landgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 10. August 2001 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
1. a) Ein § 43 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung vom 7. September 1998 entsprechendes nationales Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln, die in dem betreffenden Mitgliedstaat ausschließlich in Apotheken verkauft werden dürfen, stellt eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG dar.
b) Artikel 30 EG kann geltend gemacht werden, um ein nationales Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln, die in dem betreffenden Mitgliedstaat ausschließlich in Apotheken verkauft werden dürfen, zu rechtfertigen, soweit dieses Verbot verschreibungspflichtige Arzneimittel betrifft. Dagegen kann Artikel 30 EG nicht geltend gemacht werden, um ein absolutes Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln, die in dem betreffenden Mitgliedstaat nicht verschreibungspflichtig sind, zu rechtfertigen.
c) Die erste Frage, Buchstaben a und b, ist nicht anders zu beurteilen, wenn es sich um den Import von in einem Mitgliedstaat zugelassenen Arzneimitteln handelt, die eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Apotheke zuvor von Großhändlern im Einfuhrmitgliedstaat bezogen hat.
2. Artikel 88 Absatz 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel steht einem § 8 Absatz 1 des Heilmittelwerbegesetzes in der Fassung vom 19. Oktober 1994 entsprechenden nationalen Werbeverbot für den Versandhandel mit Arzneimitteln, die in dem betreffenden Mitgliedstaat nur in Apotheken verkauft werden dürfen, entgegen, soweit dieses Verbot Arzneimittel betrifft, die nicht verschreibungspflichtig sind.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg