04.09.2008 | Sicherheitsleistung
So erhalten Sie die Sicherheitsleistung zurück
Häufig muss der Gläubiger vor Einleitung der Vollstreckung Sicherheit durch Zahlung oder Stellung einer Bürgschaft stellen. Ebenso oft kommt es vor, dass die Veranlassung zur Stellung der Sicherheit durch zwischenzeitliche Rechtskraft der Ursprungsentscheidung nachträglich wegfällt. Der folgende Beitrag erläutert, wie Gläubiger die hinterlegte Sicherheit zurückerhalten. Stellen Sie sich dazu zunächst folgenden Beispielsfall vor:
Beispielsfall |
Das Gericht ordnet im Urteil Folgendes an: „Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte (Schuldner) darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger (Gläubiger) Sicherheit in gleicher Höhe leistet.“
Der Kläger K. als Gläubiger leistet vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit durch Geldhinterlegung (alternativ: durch Stellung einer Bankbürgschaft) und vollstreckt gegen den Schuldner S. Nachdem das Urteil rechtskräftig geworden ist, will K. seine hinterlegte Geld-Sicherheit bzw. Bankbürgschaft wieder haben. Was ist zu tun? |
Gläubiger muss Freigabe beantragen
Ist das Bedürfnis für eine zuvor angeordnete Sicherheitsleistung weggefallen, kann das Gericht, das die Sicherheitsleistung angeordnet hat, gemäß §§ 715, 109 ZPO anordnen, dass diese an den Gläubiger zurückzuzahlen ist. Wurde die Sicherheitsleistung in Form einer Bürgschaft erbracht, muss das Gericht das Erlöschen der Bürgschaft anordnen (§ 715 Abs. 1 S. 2 ZPO).
In diesen Fällen erfolgt eine Anordnung
§ 715 ZPO greift nur in folgenden gesetzlich geregelten Fällen:
- § 709 ZPO: vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung;
- § 711 ZPO: Abwendungsbefugnis der Vollstreckung durch den Schuldner in den Fällen des § 708 Nr. 4bis 11 ZPO, wenn nicht der Gläubiger zuvor Sicherheit leistet;
- § 712 Abs. 2 S. 2 ZPO: Sicherheitsleistung durch den Gläubiger in den Fällen des § 708.
Praxishinweis: Die Regelung ist nicht anzuwenden, wenn durch das Rechtsmittelgericht in den Fällen der §§ 719, 707 ZPO die Einstellung der Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit angeordnet ist.
Der Antrag richtet sich an das Gericht, das die Sicherheitsleistung angeordnet bzw. zugelassen hat. Anwaltszwang ist nicht gegeben, sodass der Antrag auch bei land- bzw. oberlandesgerichtlichen Entscheidungen zu Protokoll der Geschäftsstelle bzw. durch den Gläubiger persönlich gestellt werden kann (§§ 715 Abs. 2, 109 Abs. 3 ZPO). Es entscheidet der Rechtspfleger bei freigestellter mündlicher Verhandlung durch Beschluss (§ 20 Nr. 3 RpflG).
Damit der Antrag begründet ist, muss zunächst nachgewiesen werden, dass die zugrunde liegende Entscheidung tatsächlich rechtskräftig ist. Dies geschieht durch ein sogenanntes Rechtskraftzeugnis (§ 706 ZPO).
Praxishinweis: Ist ein Rechtskraftzeugnis noch nicht erteilt, empfiehlt es sich, zugleich mit dem Antrag auch einen auf Erteilung eines Rechtskraftzeugnisses zu stellen. Hierüber entscheidet dann zunächst der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle.
Musterformulierung: Antrag auf Erteilung eines Rechtskraftzeugnisses |
An das ...gericht ..., Az. ...
In der Sache
gegen ...
wird in der Anlage die Kurzausfertigung des Urteils des ...gerichts vom ..., Az. ..., nebst Zustellbescheinigung und Notfristzeugnis überreicht mit dem Antrag auf Erteilung eines Rechtskraftzeugnisses gemäß § 706 Abs. 1 ZPO.
Rechtsanwalt |
Wichtig: Es fallen keine Gerichtskosten an. Der Antrag auf Erteilung des Rechtskraftzeugnisses gehört nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG zum Rechtszug und löst damit für den Rechtsanwalt, der bereits in dem Rechtsstreit als Prozessbevollmächtigter tätig war, keine gesonderten Gebühren aus. Die erstmalige Erteilung in der Zwangsvollstreckung ist ebenso keine besondere Angelegenheit. Dem Rechtsanwalt des Rechtsstreits oder der Zwangsvollstreckung steht daher keine besondere Gebühr zu. Nur wenn sich seine Tätigkeit auf die Erteilung beschränkt, erhält er die Gebühr nach Nr. 3403 VV RVG.
Musterformulierung: Antrag auf Rückgabe einer Sicherheitsleistung |
An das ...gericht ..., Az. ...
In der Zivilangelegenheit
Kläger ... gegen Beklagter ...
wird gemäß §§ 715 ZPO beantragt, die Rückgabe der Sicherheitsleistung anzuordnen.
Des Weiteren wird für den Fall, dass nicht rechtzeitig die Erhebung der Klage nachgewiesen wird, beantragt, die Rückgabe der Sicherheitsleistung anzuordnen.
Gründe: Durch Urteil des erkennenden Gerichts vom ... wurde der Beklagte verurteilt. Das Urteil wurde gegen Sicherheitsleistung in Höhe von ... EUR für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Beklagte hat die Sicherheitsleistung durch Hinterlegung des geforderten Geldbetrags in Höhe von ... EUR durch Hinterlegung bei der Hinterlegungsstelle des AG ... erbracht. Durch anliegendes Rechtskraftzeugnis des ...gerichts vom ... ist nachgewiesen, dass die Klage rechtskräftig durch Berufungsurteil zurückgewiesen worden ist.
Die Rückgabe der Sicherheitsleistung ist daher anzuordnen.
Rechtsanwalt |
Praxishinweis: Erlässt der Rechtspfleger einen entsprechenden Beschluss, der die Rückgabe der Sicherheitsleistung anordnet, muss anschließend der Gläubiger unter Vorlage des rechtskräftigen Beschlusses bei der zuständigen Hinterlegungsstelle die Auszahlung beantragen (vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 2 HinterlO).
Musterformulierung: Antrag auf Auszahlung einer Sicherheitsleistung bei der Hinterlegungsstelle |
An das AG – Hinterlegungsstelle – ...
Az. ... HL ../...
In dem Hinterlegungsverfahren
Gläubiger ... gegen Schuldner ...
wird namens und in Vollmacht für den Gläubiger beantragt, die am ... hinterlegte Sicherheitsleistung an den Gläubiger auszuzahlen.
Zum Nachweis der Berechtigung gem. § 13 Nr. 2 HinterlO wird auf den anliegenden rechtskräftigen Beschluss des ...gerichts vom ..., Az. ... verwiesen, wonach die Rückgabe der Sicherheitsleistung angeordnet wurde.
Rechtsanwalt |
Wichtig: Die Tätigkeit des Rechtsanwalts auf Rückgabe der Sicherheitsleistung bzw. Erlöschen der Bürgschaft gehört zum Rechtszug und ist durch die Regelgebühren Nr. 3100 ff. VV RVG mit abgegolten (§ 19 Abs. 1 Nr. 7 RVG).
Musterformulierung: Antrag auf Erlöschen einer Bürgschaft |
An das ...gericht ..., Az. ...
In der Zivilangelegenheit
Kläger ... gegen Beklagter ...
wird gemäß § 715 ZPO beantragt, dass das Erlöschen der dem Beklagten mittels Schriftsatz vom ... zugestellten Bürgschaft angeordnet wird.
Gründe: Durch Urteil des erkennenden Gerichts vom ... wurde der Beklagte verurteilt. Das Urteil wurde gegen Sicherheitsleistung in Höhe von ... EUR für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Der Gläubiger hat die Sicherheitsleistung durch Zustellung einer selbstschuldnerischen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft der ...-Bank vom ... in Höhe von ... an den Schuldner durch Zustellung erbracht.
Durch anliegendes Rechtskraftzeugnis des ...gerichts vom ... ist nachgewiesen, dass das zugrunde liegende Urteil rechtskräftig ist, weshalb das Erlöschen der Bürgschaft anzuordnen ist.
Rechtsanwalt |