· Gefahr der „Mitwirkung des Arbeitgebers“
Mitarbeiterbindung durch Rabatte von Dritten: So vermeiden Sie die Lohnsteuerpflicht
| Qualifiziertes Personal zu finden, ist schwierig geworden. Umso wichtiger ist die Mitarbeiterbindung. Eine Möglichkeit, die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter zu erhöhen, können Rabatte sein, die den Arbeitnehmern von Dritten eingeräumt werden. Chef easy zeigt Gefahren auf, die durch Ihre „Mitwirkung“ entstehen können und gibt Lösungsoptionen, damit die Rabatte nicht ungewünscht als Arbeitslohn zu versteuern sind. |
Fallbeispiel
Die mittelständische X-GmbH möchte ihre Attraktivität auf dem umkämpften Arbeitsmarkt erhöhen, indem sie ihren Mitarbeitern bei lokalen Einzelhändlern, einem Fitnessbetrieb und Gastronomen Rabatte ermöglicht (Mitarbeiter-Vorteilsprogramm). Um lohnsteuerliche Risiken zu vermeiden, holt sich der Inhaber/Geschäftsführer bei seinem Steuerberater Rat.
Lösung
Zunächst sind die Begriffe „Arbeitslohn“ und „eigenwirtschaftliches Interesse des Dritten“ abzugrenzen. Der Steuerberater verweist auf die Gefahr, der sogenannten „schädlichen Mitwirkung des Arbeitgebers“ bei der Rabattgewährung.
Arbeitslohn versus eigenwirtschaftliches Interesse des Dritten
Bei dem geplanten Mitarbeiter-Vorteilsprogramm ist entscheidend, ob es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn oder um „normale“ Rabatte handelt, die der Dritte aus eigenem Interesse gewährt.
In § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG werden lediglich typische Beispiele für Arbeitslohn aufgezählt. Bei der Prüfung, ob steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt, stellt die Rechtsprechung das Veranlassungsprinzip in den Mittelpunkt der Betrachtung (z. B. BFH, Urteil vom 17.09.82, Az. VI R 75/79). Danach kommt es entscheidend darauf an, ob der ausgereichte Vorteil eine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft darstellt und somit Entlohnungscharakter hat.
Für die Beurteilung ist nicht die subjektive Betrachtung bzw. das Gefühl des Arbeitnehmers entscheidend, sondern ob der Vorteil unter objektiven Gesichtspunkten als Entlohnung anzusehen ist. Auch das BMF klassifiziert Preisvorteile als steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn sie der Arbeitnehmer als „Frucht seiner Arbeit“ erhält (BMF 20.1.15, Az. IV C 5 - S 2360/12/10002).
Überwiegt hingegen das eigenwirtschaftliche Interesse des Dritten, liegt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Für ein eigenwirtschaftliches Interesse des Dritten spricht, dass er sich durch die Teilnahme am Mitarbeiter-Vorteilsprogramm einen neuen Kundenkreis aufbauen kann. Entsprechend hat er vergleichsweise geringe Marketing- und Vertriebskosten und auch zukünftig nur geringe Aufwendungen für die Kundenbetreuung und Kundenbindung. Ein klares Indiz für ein überwiegend eigenwirtschaftliches Interesse ist, wenn der Dritte anderen Kunden oder Unternehmen dieselben Rabatte gewährt („Jedermann-Rabatte“).
Mitwirkung des Arbeitgebers aus Verwaltungssicht
In welchem Umfang der Arbeitgeber bei der Verschaffung der Preisvorteile mitgewirkt hat, ist für die Finanzverwaltung ein wichtiges Indiz für die steuerliche Beurteilung (BMF 20.1.15, a. a. O.). Die folgende Übersicht stellt Beispiele für eine schädliche und unschädliche Mitwirkung des Arbeitgebers aus Sicht der Finanzverwaltung gegenüber:
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Schädliche Mitwirkung | Unschädliche Mitwirkung |
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Mitwirkung des Arbeitgebers aus der Rechtsprechungssicht
Das dem BMF-Schreiben zugrundeliegende Verständnis der Rechtsprechung des BFH ist in der Literatur vielfach kritisiert worden. So hat beispielsweise Geserich (NWB 15, 1610, 1616) auf der Grundlage der Rechtsprechung des BFH (vom 20.05.10, Az. VI R 41/09; BFH vom 10.04.14, Az. VI R 62/11) herausgestellt, dass es nicht mit der Rabattrechtsprechung übereinstimmt, einer engen Beziehung zwischen Arbeitgeber und Dritten arbeitslohnbegründende Wirkung beizumessen.
In einer aktuellen Entscheidung hat das FG Hamburg (Urteil vom 29.11.17, Az. 1 K 111/16, Abruf-Nr. 200176) diese Kritik bekräftigt. In dem Verfahren gewährte eine KG (ein Handels- und Dienstleistungskonzern) ihren Arbeitnehmern auf alle Käufe aus dem Sortiment 15 Prozent Rabatt. Den Rabatt erhielten auch die Arbeitnehmer des Unternehmens U. Beide Unternehmen hatte einst derselbe Unternehmer gegründet. Bestellungen richteten die Arbeitnehmer des U direkt an die KG unter Angabe ihrer Personalnummer. Das FA behandelte die Preisnachlässe gegenüber den Arbeitnehmern des U als Arbeitslohn.
Das FG Hamburg konnte in den Preisnachlässen der KG indes keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn für die Arbeitnehmer des U erkennen. Es ist nämlich nicht davon überzeugt, dass die Rabattgewährung gegenüber den Arbeitnehmern des U tatsächlich durch ihr Dienstverhältnis zu U veranlasst war und ihnen als Gegenleistung für die von ihnen erbrachte Arbeitsleistung gewährt wurde. Insbesondere begründen „enge Beziehungen sonstiger Art“ zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber allein den erforderlichen Veranlassungszusammenhang nicht. Zudem reicht eine bloße Mitwirkung nicht aus, um die Preisnachlässe als Arbeitslohn zu behandeln.
Praktische Umsetzung
Obwohl die finanzgerichtliche Rechtsprechung im Vergleich zur Verwaltungssicht weniger restriktiv erscheint, sind Arbeitgeber gut beraten, den Grad ihrer Mitwirkung zu minimieren.
PRAXISTIPPS | Zur Vermeidung einer Lohnsteuerpflicht bei Rabatten Dritter rät Heuser (LGP 15, 59):
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Die Überlegung, den Betriebs- bzw. Personalrat einzubinden, basiert auf den Ausführungen der Verwaltungsanweisung vom 20.1.15. Denn hier führt das BMF (a. a. O.) aus: „Die Mitwirkung des Betriebsrats oder Personalrats an der Verschaffung von Preisvorteilen durch Dritte ist für die steuerliche Beurteilung dieser Vorteile dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen und führt allein nicht zur Annahme von Arbeitslohn.“
Beachten Sie | Sollte die Gesamtwürdigung dazu führen, dass die Preisnachlässe als Entlohnung anzusehen sind, hat ein Lohnsteuerabzug zu erfolgen, wenn der Arbeitgeber weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen erbracht werden (§ 38 Abs. 1 S. 3 EStG). Für lohnsteuerpflichtige Rabatte von Dritten ist die 44-Euro-Grenze für Sachbezüge anwendbar. Zuwendungen von dritter Seite sind allerdings nicht nach § 37b EStG pauschalierungsfähig (vgl. hierzu BMF 19.5.15, Az. IV C 6 - S 2297-b/14/10001, Tz. 11).
Beispiel-Checkliste
Nachfolgend hat CE Chef easy die vorgenannte Argumentation in einer Checkliste am Beispiel eines Fitnesstudios verarbeitet.
Checkliste / Vorsicht: Hier droht Lohnsteuerpflicht! | |
Gefährdung durch ... | Beispiel |
konkretes Handeln | Es wurde mit einem Fitnessstudio vereinbart, dass es für Ihre Mitarbeiter X Prozent Preisnachlass gibt. |
Übernahme von Verpflichtungen | Sie ziehen den Mitarbeitern ihre rabattierten Studiogebühren vom Lohn ab. |
Verflechtung mit dem Dritten | Sie liefern Sportartikel oder Ausstattung an das Studio ‒ und bekommen den Rabatt für Mitarbeiter als Gegenleistung. |
gegenseitig eingeräumte Rabatte | Auch andere Fitnesstudio-Nutzer können von Ihnen rabattierte Sportartikel beziehen. |
Checkliste / Entwarnung: Hier droht keine Lohnsteuerpflicht! | |
Zulässige Aktion ... | Beispiel |
Bekanntmachung des Angebots | Das Fitnesstudio bewirbt die Rabattierung auf Flyer, die Sie auslegen. |
Bescheinigung der Betriebszugehörigkeit | Das Studio will einen Nachweis für die Rabattierung. |
Betriebsrat wirkt bei Rabatt-Beschaffung mit | Nicht der Arbeitgeber, sondern der Betriebsrat verhandelt den Rabatt. Dann besteht keine Gefahr für die Lohnsteuer. |
Eigenwirtschaftliches Interesse überwiegt | Wenn das Studio nicht nur der X-GmbH, sonderen weiteren Unternehmen rabatte anbietet, sind eigenwirtschaftliche Interessen erkennbar. |
Weiterführende Links
TIPP | Zum Jahresende werden so genannte Jahresgespräche gern genutzt, um interne Vorteilsprogramme zu kommunizieren. Doch hier ist Vorsicht geboten. Schnell kann Ihnen daraus ein Fallstrick gedreht werden, wenn Sie zum Beispiel mitteilen, dass Sie den Deal mit dem Dritten ausgehandelt haben (Konkretes Handeln führt zur Lohnsteuerpflicht). Hier müssen Sie defensiver agieren!
Lesen Sie zur Vorgehensweise im Jahresgespräch auch:
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