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· Lohnentwicklung ab 1.1.2020

Mindestlohn steigt auf 9,35 Euro: Beachten Sie Branchen, Minijobs und die Dokumentation

Bild: © psdesign1 - stock.adobe.com

| Zum 01.01.2020 steigt der Mindestlohn um 16 Cent auf 9,35 Euro je Stunde. Die Steigerung orientiert sich am Tarifindex und an den Tarifabschlüssen des 1. Halbjahrs 2018 und war schon damals für 2020 festgeschrieben worden. Beachten Sie auch die Anpassung zahlreicher Branchen-Mindestlöhne und ggf. die branchenabhängigen Dokumentationspflichten. |

 

Seit 2015 gilt branchenunabhängig ein gesetzlicher Mindestlohn (damals 8,50 Euro). In den Jahren 2017 und 2018 betrug er 8,84 Euro, seit 2019 9,19 Euro und ab 2020 beträgt er 9,35 Euro brutto pro Stunde.

 

  • Ausnahmen | Für diese Personen gilt kein Mindestlohn ...
  • Unter 18-Jährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung
  • Auszubildende
  • Langzeitarbeitslose in den ersten 6 Monaten nach der Arbeitslosigkeit
  • Praktikanten
    • bei Pflichtpraktika (Abei Schul- oder Hochschulausbildung
    • bei freiwilligen Praktika bis zu einer Dauer von 3 Monaten (zur Ausbildungs-Orientierung oder Studien-Aufnahme
  • Jugendliche, die eine Einstiegsqualifikation absolvieren (zur Vorbereitung einer Berufs(aus)bildung nach dem Berufsbildungsgesetz)
  • Ehrenamtlich Tätige
 

Beachten Sie | Mit dem Mindestlohn wurde indirekt eine Höchstarbeitszeit bzw. Maximalstundenzahl eingeführt. Arbeiten Minijobber über diese Stundengrenze hinaus, wird die Beschäftigung sozialversicherungspflichtig. Bei einem Stundenlohn von bisher 9,19 Euro (2019) beträgt die zulässige Höchstarbeitszeit 48,96 Stunden pro Monat. Aufgrund des erhöhten Stundenlohns im Jahre 2020 sinkt die Höchstarbeitszeit nun geringfügig (450 Euro: 9,35 Euro = 48,12 Stunden).

 

 

Branchen-Mindestlöhne steigen ab Januar und Mai 2020

Neben dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es branchenspezifische Mindestlöhne. Diese gelten für alle Betriebe der jeweiligen Branche.

 

Beachten Sie | Wenn Ihr Unternehmen zu den unten aufgeführten Branchen zählt, müssen Sie den Mindstlohn zahlen ‒ unabhängig von einer Tarifbindung! Die meisten Anpassungen wirken zum 01.01.2020; weitere werden ab 01.02.2020 und 01.05.2020 wirksam.

 

  • Branchenspezifische Mindestlöhne ‒ Anpassung zum 01.01.2020
Branche
Branchen-Mindestlohn 2019
Branchen-Mindestlohn 2020

Berufliche Aus- und Weiterbildung

 

 

  • Pädagogische Mitarbeiter

15,72 Euro

16,19 Euro

  • Pädagogische Mitarbeiter mit Bachelor-Abschluss

15,79 Euro

16,39 Euro

Elektrohandwerk

11,40 Euro

11,90 Euro*

Gebäudereinigerhandwerk

 

 

  • Innen- und Unterhaltsreinigung

10,56 Euro (West)10,05 Euro (Ost)

10,80 Euro (West)10,55 Euro (Ost)

  • Glas- und Fassadenreinigung

13,82 Euro (West)12,83 Euro (Ost)

14,10 Euro (West)13,50 Euro (Ost) 

Geld- und Wertdienste

 

 

  • Geld- und Werttransport

13,53 Euro* (Ost)

13,79 Euro bis 17,25 Euro* (West, je Bundesland verschieden)

14,42 Euro* (Ost)

14,68 Euro bis 18,00 Euro*

(West, je Bundesland verschieden)

  • Geldbearbeitung

11,27 Euro* (Ost)

11,80 Euro* bis 14,28 Euro*

(West, je Bundesland verschieden)

12,16 Euro (Ost)

12,69 Euro* bis 15,03 Euro*

(West, je Bundesland verschieden)

Pflegebranche

 

 

  • West inkl. Berlin
  • Ost

11,05 Euro

10,55 Euro

11,35 Euro

10,85 Euro

* Allgemeinverbindlichkeit noch nicht erteilt

Quelle | DGB (WSI-Tarifarchiv) ‒ ohne Gewähr

 

 

  • Branchenspezifische Mindestlöhne ‒ Anpassung zum 01.02.2020
Branche
Branchen-Mindestlohn 2019
Branchen-Mindestlohn ab 02 | 2020

Dachdeckerhandwerk

 

 

  • ungelernte Arbeitnehmer

12,20 Euro

12,40 Euro

  • Fachkräfte

13,20 Euro

13,60 Euro

 

 

  • Branchenspezifische Mindestlöhne ‒ Anpassung zum 01.05.2020
Branche
Branchen-Mindestlohn 2019
Branchen-Mindestlohn ab 5 | 2020

Maler- und Lackiererhandwerk

 

 

  • ungelernter Arbeitnehmer

10,85 Euro

11,10 Euro

  • Geselle (West inkl. Berlin)
  • Geselle (Ost)

13,30 Euro

12,95 Euro

13,50 Euro

13,50 Euro

Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk

11,85 Euro*

12,20 Euro*

* Allgemeinverbindlichkeit noch nicht erteilt

Quelle | DGB (WSI-Tarifarchiv) ‒ ohne Gewähr

 

Nächste Lohnrunde ‒ Ausblick auf 2021

Mitte 2020 wird die Mindestlohn-Kommission wieder tagen und eine neue Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns ab 01.01.2021 empfehlen. Stimmt dieBundesregierung zu, wird ab 01.01.2021 erneut angepasst.

Hintergrund zum Mindestlohn

Die Mindestlohnkommission berät alle zwei Jahre über die Anpassungen der Höhe des Mindestlohns. Zu ihr gehören Vertreter von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Wissenschaft. Sie soll eine Abwägung vornehmen, nach der

  • ein Mindestschutz der Arbeitnehmer gewährleistet wird,
  • der faire Wettbewerb erhalten bleibt und
  • die Beschäftigung für Unternehmer noch möglich (lukrativ) ist.

 

Bild: Quelle: BMAS | Grafik: IWW Institut

Bei der Anhebung zum 01.01.2019 auf 9,19 Euro brutto / Stunde richtete sich die Kommission nach dem Betrag, der sich nach Angaben des Statistischen Bundesamts aus dem Tarifindex ergibt. Die 2. Anhebung auf 9,35 Euro ab 2020 orientiert sich auch an den Tarifabschlüssen des 1. Halbjahrs 2018.

Dokumentationspflicht

Um den Nachweis zu erbringen, dass Unternehmer den Mindestlohn auch zahlen, besteht in bestimmten Branchen die Pflicht, die Arbeitszeiten zu notieren. Die Dokumentationspflicht gilt nur für

  • geringfügig Beschäftigte (Ausnahme: Minijobber im privaten Bereich) und

 

Diese Branchen müssen Arbeitszeiten aufschreiben:

 

  • Baugewerbe
  • Gaststätten und Herbergen
  • Spedition, Transport und Logistik
  • Forstwirtschaft
  • Gebäudereinigung
  • Messebau
  • Fleischwirtschaft
  • Zeitungszusteller
  • Paketdienste

 

PRAXISTIPPS |

  • 2. Pausenzeiten können Sie herausrechnen; die Dauer und Lage der Pausen sind irrelevant.
  • 3. Das BMAS hat auch eine App zur Erfassung entwickelt: Android iOS
 

Dokumentationsrahmen

  • Keine Unterschriften erforderlich
  • Korrekheit der Liste muss Arbeitgeber sicherstellen
  • Die Dokumentation darf max. eine Woche aufgeschoben werden
  • Halten Sie die Dokumentation griffbereit (Kontrolle durch den Zoll)

Mindestlohn für Ausländer

Für den Fall, dass Sie Ausländer oder Flüchtlinge in Ihrem Unternehmen anstellen wollen (z.B. als Praktikant) , wissen Sie oft nicht, wie es um die Anerkennung der Qualifikation steht. Dazu hat die Bundesregierung Praxishinweise entwickelt ‒ Abruf-Nr. 45417555

Mindestlohn für Studenten

Auch wenn Sie Studenten in Ihrem Unternehmen nach dem Mindestlohngesetz beschäftigen wollen, hält die Bundesregierung Informationen für Sie bereit. Eine Broschüre soll Ihnen einen Überblick verschaffen, welche Rechte und Pflichten bei Praktikumsverhältnissen aus dem Mindestlohngesetz folgen ‒ Abruf-Nr. 45417554

Relevante Gesetze zum Mindestlohn im Überblick

 

 

  • Lesen Sie dazu auch ...
  • Arbeitshilfe: Vordruck Dokumentation Arbeitszeiten → Abruf-Nr. 45417087
  • Arbeitshilfe: Mindestlöhne nach AEntG, AÜG und TVG → Abruf-Nr. 45417552
  • Arbeitshilfe: Ausländer und Mindestlohn: 6 Musterbeispiele zur Qualifikationsanalyse → Abruf-Nr. 45417555
  • Mindestlohn für Studenten: Eine Broschüre des BMAS → Abruf-Nr. 45417554
  • Broschüre der Bundesagentur für Arbeit zur Beschäftigung von Flüchtlingen → Abruf-Nr: 44837135
  • Broschüre der Bundesagentur für Arbeit zum Eingliederungszuschuss → Abruf-Nr: 44891852
  • Leitfaden für Unternehmer „Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Beschäftigung“, DIHK, Stand Februar 2017 → Abruf-Nr: 44867600
 

 

Bundesregierung äußert sich zur Umsetzung der Entsenderichtlinie

Hinweis | Mit der Richtlinie 2018/957/EU (Änderungs-RL) vom Juni 2018 wurden zahlreiche Bestimmungen der Richtlinie 96/71/EG (Entsende-RL) geändert. Danach sollen ab 2020 für entsandte Arbeitnehmer europaweit die gleichen Lohnbedingungen wie für einheimische Arbeitnehmer gelten. Doch die Umsetzung in nationales Recht hakt.

 

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Umsetzungsgesetzes noch nicht fertig. Das schreibt die Regierung in einer Antwort vom 09.10.2019 (Drs. 19/13842, Abruf-Nr. 211909) auf eine Kleine Anfrage (19/13448) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Zu den Fragen, wie einzelne in der Richtlinie verwendete Rechtsbegriffe zu interpretieren seien, welche Konsequenzen dies für den unionsrechtlichen Handlungsbedarf auslösen werde und von welchen den Mitgliedstaaten in der Richtlinie eingeräumten Gestaltungsoptionen bei der Umsetzung in welcher Form Gebrauch gemacht werden solle, bestehe aber derzeit noch keine abgestimmte Auffassung der Bundesregierung.

 

(JT)

 

Weiterführende Links

Quelle: ID 46285711