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· Mitarbeiterführung

Das vertrauensvolle Jahresgespräch: Ein Blick zurück dient dem Blick nach vorn

| Teambesprechungen, Kritikgespräche oder Statusabfragen sind für Sie als Chef alltäglich. Aber führen Sie auch Jahresgespräche? Der Einsatz dieses Führungsinstruments hat sich bewährt: Sie halten Ihre Mitarbeiter in der Spur ‒ und die Kollegen wissen, was im nächsten Jahr von ihnen erwartet wird. |

 

Ziel des Jahresgespräches ist, die Leistungen Ihrer Mitarbeiter zu analysieren, zu bewerten und für die Zukunft zu optimieren. Machen Sie also deutlich, dass die rückwärtige Betrachtung nur dem Blick nach vorne dient.

 

Kreieren Sie im Gespräch vor allem ein Bild der Zukunft. Ein solches neues Bild wirkt viel stärker als der Versuch, ihm alte Vorgehens- und Verhaltensweisen auszureden.

Diese Gesprächsinhalte gehören ins Jahresgespräch

  • Arbeitsleistung insgesamt
  • Analyse der Stärken und Schwächen des Mitarbeiters
  • Wenn es bestehende Zielvereinbarungen gibt: Umsetzungsstand analysieren
  • Neue Ziele festgelegen
  • Kritik- und Reibungspunkte ansprechen
  • Förderungsmaßnahmen diskutieren

 

Beachten Sie | Wenn Sie bislang keine Ziele für die Mitarbeiter definiert haben, fällt Ihre Rückschau wahrscheinlich recht pauschal aus. Umso wichtiger ist es, für die Zukunft entsprechende Zielvorgaben und Kriterien zur Zielerreichung festzulegen.

Vorbereitung, Zeitplan und Ort

Entwickeln Sie für sich und den Mitarbeiter ein Vorbereitungsblatt mit Stichpunkten: Darin stellen Sie alle Themen und Fragen zusammen, die im Gespräch erörtert werden. Sie können diesen Erörterungsbogen direkt mit der Einladung zum Gespräch ‒ also spätestens eine Woche vor dem Termin ‒ per E-Mail versenden.

 

Gute Vorbereitung braucht Zeit: Nehmen Sie sich mindestens eine Stunde Zeit pro Gespräch und ermöglichen Sie auch dem Mitarbeiter, dass er Zeit zur Vorbereitung hat.

 

Den größten Stellenwert hat der Gesprächsleitfaden, der Sie einerseits durch das Gespräch führt und gleichzeitig als Protokoll dient. Ein Muster dazu finden Sie unter Abruf-Nr. 45005413. Das Gespräch setzen Sie mit einer Stunde an; halten aber eine Reserve für „Unvorhergesehenes“.

 

Wählen Sie als Ort des Gesprächs einen Besprechungsraum, bei dem Sie und der Mitarbeiter nicht gestört werden.

Das Gespräch

Entscheidend ist, dass das Gespräch strukturiert abläuft. Jeder Punkt der Vorbereitung wird nach dem gleichen Schema abgearbeitet:

 

  • Inwieweit wurde das Ziel erreicht?
  • Was waren die Kriterien dafür?
  • Welche Schlüsse können daraus gezogen werden?
  • Wo lagen die Ursachen für aufgetretene Schwierigkeiten?
  • Welches Ziel soll für das nächste Jahr vereinbart werden?
  • Woran soll es gemessen werden?
  • Kann der Mitarbeiter für die Zielerreichung belohnt werden?

 

Sowohl der Vorgesetzte als auch der Mitarbeiter müssen ihre Situation reflektieren und analysieren sowie ihre Wünsche und Vorstellungen konkretisieren. Formulieren Sie dabei stets klar und verständlich.

 

TIPPS |

  • Gesprächspsychologie: Eine Beurteilung erlebt der Mitarbeiter meist ganz anders als Sie. Versuchen Sie sich in seine Situation zu versetzen. Bedenken Sie je nach Inhalt, wie sich Ihr Gesprächspartner während und auch nach dem Gespräch fühlen wird. Gibt es vieles zu kritisieren, wird seine Verfassung sicherlich anders sein, als wenn Sie hauptsächlich loben.
  • Meinungsverschiedenheiten: Wird es Punkte geben, in denen sie unterschiedlicher Meinung sind? Wenn ja, versuchen Sie seine Argumente zu verstehen und überlegen Sie sich, wie Sie mit einem eventuellen Konflikt umgehen. Sie sollten sich Ihre Argumentationslinie genau zurechtlegen und durch Fakten untermauern können.
  • Vertrauensvorschuss: Ein Beurteilungsgespräch lebt vom Vertrauen. Nur wenn der Mitarbeiter daran glaubt, dass Sie beide ein gemeinsames Ziel verfolgen, geht er ohne Angst und damit offen in ein solches Gespräch. Das Vertrauen können Sie dadurch schaffen, indem Sie insbesondere zu Beginn des Gesprächs seine Aussagen durch Wiederholung bestärken. Sie zeigen damit, dass Sie ihn verstanden haben und gleicher Meinung sind.
  • Erwartungen vorausdenken: Natürlich haben Sie Erwartungen an Ihren Mitarbeiter: seien es Verhaltensänderungen, seien es neue Ziele. Bedenken Sie aber: Unter Umständen treffen Ihre Erwartungen auf kein Verständnis. Gehen Sie daher mit gutem Beispiel voran. Wenn Sie bereit sind, etwas zu geben, muss Ihnen auch Ihr Mitarbeiter entgegenkommen. Überlegen Sie, welche Wünsche Ihr Mitarbeiter mit ins Gespräch bringen könnte und ob Sie etwas für ihn tun können. Sie sollten sich daher mit seinen Motiven und Bedürfnissen beschäftigen. Der eine möchte sich fortbilden. Der Andere braucht Zeit für seine Familie. So können die Übernahme von Seminarkosten, ein Gutschein oder auch der zusätzliche Urlaubstag richtige Ansätze sein.
 

Wenn Sie Ziele definieren, sollten Sie für die Umsetzung einen Zeithorizont und Messgrößen finden.

 

Setzen Sie Fragetechniken bewusst ein:

  • Offene Fragen eignen sich, wenn Sie etwas vom Mitarbeiter erfahren wollen.
  • Fragen, auf die ein „Ja“ oder „Nein“ folgt, können Entscheidungen oder Vereinbarungen schnell herbeiführen.

 

Selbstbild und Fremdbild

Wenn sich der Mitarbeiter selbst kritisch sieht, spielt Ihnen das in die Hand: Hier können Sie leicht motivierende Sätze formulieren, weil Sie den Mitarbeiter ja gar nicht so kritisch sehen.

 

Ist das Selbstbild jedoch besser als Ihr Bild vom Mitarbeiter, ist Vorsicht geboten. Vermeiden Sie „Demotivation“. Bringen Sie stattdessen gute Beispiele, die Ihre Bewertung untermauern und zeigen Sie die Auswirkungen auf. Verweisen Sie auf das anzustrebende "Optimum".

 

Machen Sie deutlich, dass Sie immer an der Einschätzung des Mitarbeiters interessiert sind. Fragen Sie den Mitarbeiter nach Möglichkeiten der Unterstützung, vielleicht hat er ja auch Wünsche an Sie.

 

Die folgende Checkliste ist nicht nur für die anstehenden Jahresgespräche sinnvoll. In fast allen Situationen wirken sich diese Tipps positiv auf den Gesprächsverlauf und damit auf das Ergebnis aus.

 

Checkliste / Positive Gesprächsführung

  • Sprechen Sie den Kollegen regelmäßig mit Namen an.
  • Widersprechen Sie nicht. Lenken Sie die Einsichts-Fähigkeit mit Beispielen.
  • Geben Sie die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter sein Gesicht wahren kann. Stellen Sie niemanden bloß.
  • Greifen Sie niemals die Person an, sondern immer nur die Tat. Zeigen Sie vielmehr, dass Sie den Mitarbeiter mögen und ihm helfen wollen.
  • Geben Sie eigene Schwächen zu. Geben Sie dem Mitarbeiter die Möglichkeit, sich groß zu fühlen.
  • Sprechen Sie möglichst wenig und hören Sie viel zu.
  • Lassen Sie den Mitarbeiter glauben, die Idee stamme von ihm. Einer guten Idee ist es egal, wer sie hat.
  • Unterbrechen Sie nicht. Auch wenn Sie meinen, dass der Kollege im Unrecht ist. Er wird Ihnen nicht zuhören, solange er noch etwas auf dem Herzen hat.
  • Appellieren Sie an die edle Gesinnung und die edlen Motive des anderen. Jeder will sich für selbstlos und großmütig halten.
  • Wenn Sie möchten, dass sich jemand verbessert, dann handeln Sie so, als wenn er diese Eigenschaften bereits besäße. Er wird sich dann jede erdenkliche Mühe geben, Sie nicht zu enttäuschen.
 

Der Gesprächsabschluss

Formulieren Sie zum Abschluss die Punkte für das Protokoll. Übereinstimmungen haben Sie schnell zusammengefasst. Halten Sie auch Kompromisse fest. Der Mitarbeiter soll wahrnehmen, dass Sie auf ihn zugegangen sind.

 

Zum Schluss unterschreiben beide den Gesprächsleitfaden/das Protokoll. Ihr Mitarbeiter erhält eine Kopie davon.

 

Geben Sie am Schluss eine Einschätzung darüber ab, wie Sie das Gespräch erlebt haben. Machen Sie klar, dass Sie sehr viel Wert auf diese Form der Gespräche legen, und bedanken sich für die Offenheit Ihres Mitarbeiters. Vergessen Sie nicht danach zu fragen, wie er das Gespräch erlebt hat.

Anlässe für weitere Mitarbeitergespräche

  • Auf dem Weg der Zielerreichung: Lassen Sie nicht ein ganzes Jahr bis zum nächsten Mitarbeitergespräch verstreichen, um die Ergebnisse zu besprechen. Je schneller und regelmäßiger Sie einen Status einfordern, desto wahrscheinlicher wird das Ziel erreicht.

 

  • Gehaltsgespräche eher separat führen: Das Gehaltsgespräch würdigt in der Regel nur die Vergangenheit. Dagegen ist ein Mitarbeitergespräch überwiegend in die Zukunft gerichtet.

 

  • Kritikgespräche sofort führen: Sparen Sie sich keinesfalls mögliche Kritikpunkte für das Jahresgespräch auf. Das führt nur zu Demotivation und Frustration auf beiden Seiten. Falls Kritik notwendig ist, sollte sie unmittelbar angebracht werden.

 

  • Erwartungshaltung: Überzogene Erwartungen führen zu Demotivationen. Geben Sie sich selbst und auch Ihren Mitarbeitern Zeit, um aus den Erfahrungen zu lernen. Erwarten Sie nicht, dass sich durch ein einmaliges Jahresgespräch alle Probleme sofort lösen.

 

  • Verweigerung: Dürfen Mitarbeiter Mitarbeitergespräche verweigern? Nein. Sie können Ihre Mitarbeiter zu jedem Zeitpunkt zu einem Gespräch auffordern, das mit ihrer Tätigkeit zusammenhängt. Eine Verweigerung gilt in diesem Fall als arbeitsvertraglicher Pflichtverstoß.

Mitarbeiterführung: Allgemeinwissen für Chefs

CE Chef easy hat das Thema „Mitarbeiterführung“ kompakt aufgearbeitet ‒ mit 2 Checklisten. Mit den enthaltenen 80 Praxistipps können Sie sofort an die Umsetzung gehen.

Der 1. Teil erörtert praxisnah die entscheidenden 10 Fähigkeiten, die Sie brauchen, um als Führungskraft zu überzeugen.

Der 2. Teil liefert Ihnen die 20 Verhaltensregeln ‒ damit die Führung weder für Sie noch Ihre Mitarbeiter zur Zerreißprobe wird.

 

Weiterführende Hinweise

  • Gesprächsleitfaden und Tipps für ein gelungenes Jahresgespräch - Abruf-Nr. 45005413
  • Jack Nasher: Erkennen Sie Lügen, aber agieren Sie mit Bedacht! - Abruf-Nr. 44865526

(HB)

Quelle: ID 45004444