· Rechtsprechung
Plichtverletzung des Arbeitnehmers ‒ den Schadenersatzanspruch muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen
| Macht ein Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzung geltend, muss er nicht nur die Pflichtverletzung darlegen und beweisen, sondern die haftungsbegründende Kausalität sowie den Schaden. So lautet die zentrale Aussage des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern in einem Rechtsstreit zwischen dem Träger eines Universitätsklinikums und einem dort angestellten Juristen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 20.04.2021, Az. 2 Sa231/20). |
Der Fall
In dem komplexen Urteilsfall hatte der Klinikträger Schadenersatzansprüche gegen den angestellten Juristen in Höhe von über 180.000 Euro geltend gemacht und erklärt, diese mit unstrittigen Gehaltszahlungen zu verrechnen. Dagegen klagte der Jurist mit Erfolg. Nach Auffassung des LAG ist es dem Klinikträger nicht gelungen, den Nachweis für den Schadenersatzanspruch zu erbringen.
Die wichtigsten Aussagen aus dem LAG-Urteil
In seinen Urteilsgründen traf das LAG einige grundsätzliche Aussagen zur Darlegungs- und Beweislast von Arbeitgebern.
Arbeitnehmer muss Rücksicht auf das Vermögen des Arbeitgebers nehmen
Begeht ein Arbeitnehmer bei oder im Zusammenhang mit der Arbeit rechtswidrige, vorsätzliche Handlungen, die unmittelbar gegen das Vermögen des Arbeitgebers gerichtet sind, verletzt er seine Pflicht zur Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Ein Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber dann Schadensersatz zu leisten, wenn er seine arbeitsvertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt und dadurch dem Arbeitgeber ein Schaden entstanden ist (§§ 280, 282, 241 Abs. 2 BGB).
Beweislast für vorwerfbares Verhalten des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt hat und dem Arbeitgeber zum Schadensersatz verpflichtet ist, liegt beim Arbeitgeber. Dazu gehört auch, „die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität sowie den Schaden“ darzulegen (Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 21.05.2015, Az. 8 AZR 116/14, 8 AZR 867/13). Er muss also sowohl für die Pflichtverletzung als auch das „Vertretenmüssen“ des Arbeitnehmers beweisen. Vertreten müssen heißt: Wer im rechtlichen Sinne die Verwirklichung eines Tatbestands zu vertreten hat, hat für die Rechtsfolgen (in der Regel Schadenersatz) zu haften.
Es gibt keine „Erfolgshaftung“ des Arbeitnehmers
Weiter weist das LAG darauf hin: Zu berücksichtigen sei, dass der Arbeitsvertrag als Dienstvertrag keine „Erfolgshaftung“ des Arbeitnehmers kennt. Der Dienstverpflichtete schulde das „Wirken“, nicht das „Werk“ (BAG, Urteil vom 11.12.2003, Az. 2 AZR 667/02).
FAZIT | Das Urteil zeigt: Für den Arbeitgeber stellen sich erhebliche Hürden, wenn er eine Schadenersatzhaftung gegen einen Arbeitnehmer wegen vorwerfbarer Pflichtverletzung durchsetzen will. Führen dessen Handlungen bei Ihnen als Arbeitgeber zu einem Vermögensschaden, so müssen Sie für einen Schadenersatzanspruch den Nachweis führen können, dass der Arbeitnehmer vorsätzlich keine Rücksicht auf Ihre Interessen genommen hat. Ein solcher Nachweis kann gelingen, ist aber oft recht schwierig und daher vorab sorgfältig zu prüfen. |
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(Ke)
Quelle
- LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 20.04.2021, Az. 2 Sa231/20