10.10.2017 · IWW-Abrufnummer 197006
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 25.09.2017 – 10 Sa 899/17
Das Präsentieren eines Hakenkreuzes auf dem Einband der Originalausgabe von "Mein Kampf" rechtfertigt die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses auch ohne Abmahnung.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Verkündet am 25.September 2017
10 Sa 899/17
21 Ca 12018/16 Arbeitsgericht Berlin
Im Namen des Volkes
Urteil
In Sachen
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Kammer 10, auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht W. als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter K. und P.
für Recht erkannt:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Mai 2017 - 21 Ca 12018/16 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
III. Der Gebührenwert des Berufungsverfahrens wird auf 8.973,69 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer fristgemäßen verhaltensbedingten Kündigung.
Der Kläger ist 39 Jahre alt (geb. …. 1978), ledig und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Er ist seit dem 22. September 2008 beim beklagten Land als Angestellter im Allgemeinen Ordnungsdienst (AOD) mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe E 9 TV-L entsprechend 2.991,23 EUR brutto/mtl. beschäftigt. Von November 2009 bis Ende Oktober 2013 war der Kläger als Schichtleiter eingesetzt. Nach Nr. 19 der Allgemeinen Anordnung Ordnungs- und Gewerbeamt für Dienstkräfte des AOD ist den Anweisungen der jeweiligen Schichtleitungen Folge zu leisten.
Nach § 2 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG) sind für die Gefahrenabwehr in Berlin die Ordnungsbehörden zuständig (Ordnungsaufgaben). Ordnungsbehörden sind entsprechend § 2 Abs. 2 ASOG die Senatsverwaltungen und die Bezirksämter. Die Zuständigkeit der Ordnungsbehörden ist im Einzelnen durch den als Anlage zum ASOG verbindlichen „Zuständigkeitskatalog Ordnungsaufgaben“ festgelegt. Nach § 2 Abs. 6 Satz 1 ASOG kann der Senat von Berlin durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die den bezirklichen Ordnungsbehörden durch dieses Gesetz und andere Gesetze zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse für die Dienstkräfte im Außendienst einheitlich geregelt und beschränkt werden. Von dieser Ermächtigung hat der Senat durch die Verordnung zur Festlegung der Aufgaben und Befugnisse der Dienstkräfte der Außendienste der bezirklichen Ordnungsämter (Ordnungsdiensteverordnung) vom 1. September 2004 (GVBl. 2004, 364f.), zuletzt geändert durch Art. I ÄndVO vom 12. Januar 2010 (GVBl. 2010, 10), Gebrauch gemacht.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Ordnungsdiensteverordnung überwachen die Dienstkräfte im Rahmen des AOD der bezirklichen Ordnungsämter insbesondere die Einhaltung der bei der Nutzung der Straßen und öffentlichen Einrichtungen des Landes Berlin geltenden rechtlichen Bestimmungen, soweit die Bezirksämter hierfür zuständig sind. Die konkreten Ordnungsaufgaben der Bezirksämter sind im zweiten Abschnitt des Zuständigkeitskatalogs Ordnungsaufgaben in den Nummer 15 bis 22c festgelegt. Ausgenommen ist die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG für den Bereich des ruhenden Verkehrs. Zusätzlich besteht eine Zuständigkeit in Bezug auf Haus- und Nachbarschaftslärm.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 der Ordnungsdiensteverordnung (ODV) sind die Aufgaben der die Dienstkräfte des AOD der bezirklichen Ordnungsämter wie folgt bestimmt:
1. Sie stellen Verstöße gegen die entsprechenden Vorschriften fest,
2. sie verfolgen sich daraus ergebende Ordnungswidrigkeiten und
3. sie können diese durch Verwarnungen ahnden oder die Weiterbearbeitung durch die hierfür zuständige Stelle veranlassen und
4. sie ergreifen die gebotenen Gefahrenabwehrmaßnahmen.
Zur Erfüllung dieser Aufgaben dürfen die Dienstkräfte des AOD gemäß § 3 Abs. 2 ODV folgende Befugnisse ausüben, soweit in besonderen ordnungsrechtlichen Vorschriften die Befugnisse nicht abschließend geregelt sind:
1. auf Grund des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes:
a) § 15, Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme,
b) § 17, Allgemeine Befugnisse,
c) § 18, Ermittlungen, Befragungen, Datenerhebungen,
d) § 21, Identitätsfeststellung,
e) § 22, Prüfung von Berechtigungsscheinen,
f) § 29, Platzverweisung,
g) § 34, Durchsuchung von Personen,
h) § 35, Durchsuchung von Sachen,
i) § 36 Absatz 5, Betreten von Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräumen sowie anderen Räumen und Grundstücken, die öffentlich zugänglich sind,
j) § 38, Sicherstellung von Sachen,
k) § 42, Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung,
l) § 44, Datenübermittlung innerhalb des öffentlichen Bereichs;
2. auf Grund des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes:
a) § 10, Ausübung der Ersatzvornahme,
b) § 12, Ausübung des unmittelbaren Zwanges gegen Personen durch körperliche Gewalt und gegen Sachen;
3. auf Grund des § 32 des Strafgesetzbuches und des § 227 des Bürgerlichen Gesetzbuches:
Gebrauch von Reizstoffen und Schlagstöcken zur Notwehr und Nothilfe;
4. auf Grund der Strafprozessordnung:
§ 127 Abs. 1 Satz 1, vorläufige Festnahme;
5. auf Grund des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten:
a) § 46 Abs. 1 in Verbindung mit § 163 Abs. 1 Satz 2 der Strafprozessordnung, Datenerhebungen,
b) § 46 Abs. 1 in Verbindung mit § 163b Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz und Satz 2 der Strafprozessordnung, Feststellung der Identität, Festhalten zur Identitätsfeststellung, soweit sie zur Erteilung von Verwarnungen nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten ermächtigt sind (§ 56),
c) § 49c in Verbindung mit § 483 Abs. 1 und § 485 der Strafprozessordnung, Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung,
d) § 49c in Verbindung mit § 487 Abs. 1 der Strafprozessordnung, Datenübermittlung.
Mit Schreiben vom 26. August 2016 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund, hilfsweise fristgemäß zum 31. Dezember 2016, nachdem der Kläger zuvor am 24. August 2016 im Beistand des Herrn G., Vertreter der dbb – beamtenbund und tarifunion, angehört worden war. Zu dieser Anhörung gibt es ein mehrseitiges und vom Kläger gegengezeichnetes Protokoll. Im Kündigungsschreiben hat das beklagte Land u.a. ausgeführt:
Die außerordentliche Kündigung begründet sich ebenso wie die ordentliche Kündigung mit einem wiederholten Fehlverhalten, Verstoß gegen die in § 3 Absatz 1 Satz 2 TV-L formulierte Hauptvertragspflicht und dem nicht mehr seitens der Dienststelle vorhandenen Vertrauen auf die korrekte Amtsausübung im Sinne eines Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch Sie.
Der zugrunde liegende Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:
Am 11.08.2016 haben Sie als Außendienstmitarbeiter während der Dienstzeit (ca. 12 Minuten nach dem Arbeitsbeginn um 13:48 Uhr) im Pausenraum der A-Schicht in einem alten privaten Buch gelesen. Auf Nachfrage des diensthabenden Schichtleiters Herrn B. (Ord AOD 9) haben Sie erklärt, dass es sich dabei um „Mein Kampf“ handele. Sie haben dieses Buch während des Lesens offen in der Hand gehalten, teilweise lag es auf dem Tisch.
Durch Herrn G. wurde im Ergebnis bestätigt, dass Sie das Buch „Mein Kampf“ während der Dienstzeit gelesen haben. An die von Herrn B. (diensthabender Schichtleiter) getroffene Feststellung und Aufforderung „Das kannst Du hier nicht lesen, das kannst Du zu Hause lesen“, können Sie sich nicht erinnern. Es wird bestätigt, dass das Buch zwischenzeitlich zum Lesen offen in den Händen gehalten wurde.
Beim Aufklappen bzw. Lesen des Buches soll Ihnen – nach Aussage von Herrn G. – nicht bewusst gewesen sein, dass man den besonderen Einband (Hakenkreuz) sehen konnte. Herr G. führte im Rahmen seiner Verteidigung für Sie aus, dass Sie keine Literatur aus der NS-Zeit sammelten und Sie insbesondere an Büchern mit Frakturschrift interessiert seien. Sie seien sich nach seiner Aussage nicht der Bedeutung des Buches „Mein Kampf“ bewusst gewesen. Herr G. führte dieses Nichtwissen insbesondere auf ihre Schulbildung (Hauptschulabschluss) zurück.
…
Herr G. erklärte in der arbeitsrechtlichen Anhörung, dass es sich bei Ihrem Fehlverhalten, für das Sie sich auch eingangs der Anhörung persönlich entschuldigt haben, um ein „Augenblicksversagen“ gehandelt hätte. In dieser Aussage sieht der Arbeitgeber ebenfalls eine „Schutzbehauptung“.
Schon durch das mehrmalige Auffordern des diensthabenden Schichtleiters Herrn B. hatten Sie die „Chance“ Ihr Fehlverhalten zu überdenken und zu beenden. Herr B. hat Sie zweimal (zum einen um 14:00 Uhr und zum anderen ca. 20 Minuten später) aufgefordert/angewiesen, das Buch wegzulegen und nicht zu lesen. Dieser dienstlichen Weisung sind Sie auch beim zweiten Mal nicht gefolgt. Herr B. erklärte gegenüber der Dienststelle, dass er nach der ersten Aufforderung den Pausenraum verlassen hat und Sie nach 20 Minuten weiterhin beim Lesen des Buches „Mein Kampf“ angetroffen hat. Auch der zweiten Aufforderung, das Fehlverhalten augenblicklich zu beenden, sind Sie nicht nachgekommen. Durch das wiederholte Fehlverhalten haben Sie deutlich gemacht, dass Ihnen die nötige Einsichtsfähigkeit fehlt. Die zweite Aufforderung des Herrn B., mit dem Lesen aufzuhören, haben Sie ignoriert. Herr B. teilte Ihnen mit, „dass mit solchen Sachen uns mehr Auflagenerteilt werden.“ Sie entgegneten, es sei Ihnen egal. Sie haben damit in keiner Weise dem Eindruck entgegengewirkt, dass Sie mit Ihrem Fehlverhalten provozieren wollen. Vielmehr haben Sie dadurch ein renitentes und uneinsichtiges Fehlverhalten dokumentiert. Ihr Fehlverhalten ist somit kein „Augenblicksversagen“.
In die nunmehr getroffene arbeitsrechtliche Entscheidung sind alle durch Sie und Herrn G. vorgetragenen Argumente und Aspekte aufgenommen worden. Ebenso wurde ihre zu Beginn der arbeitsrechtlichen Anhörung erfolgte persönliche Erklärung berücksichtigt, dass Sie sich von jeder politischen Partei distanzieren, Sie keine symbolträchtigen Tattoos tragen und Ihnen der Vorfall Leid tut. Diese authentisch wirkende Erklärung belegt ihre späte Einsichtsfähigkeit in das dokumentierte Fehlverhalten. Jedoch ist das in Sie gesetzte Vertrauen in eine korrekte Amtsausübung im Sinne eines Bekenntnisses zur freiheitlich demokratischen Grundordnung durch das dokumentierte Fehlverhalten auf der Seite des Arbeitgebers zerstört und nicht mehr vorhanden.“
Gegen diese dem Kläger am 2. September 2016 zugegangene Kündigung hat der Kläger am 13. September 2016 Kündigungsschutzklage erhoben und die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigungen sowie seine vorläufige Weiterbeschäftigung als Außendienstmitarbeiter im Ordnungsamt begehrt.
Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, dass er sich keines Verstoßes gegen die Pflicht zum Bekenntnis für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes schuldig gemacht habe. Es sei zwar richtig, dass er am späten Mittag des 11. August 2016 als Außendienstmitarbeiter im Pausenraum der A-Schicht am Beginn seiner Dienstschicht in einem von ihm auf einem Flohmarkt erworbenen Exemplar des Buches „Mein Kampf“ – Verfasser: Adolf Hitler – gelesen habe. Dieses Lesen in einem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Amtsbereich beinhalte aber keine Abkehr vom geforderten Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in einem Urteil vom 12. Mai 2011 (2 AZR 479/09) sei schon fraglich, ob dem Kläger überhaupt eine gesteigerte politische Treuepflicht abverlangt werden könne. Nach dem Arbeitsvertrag sei er „Angestellter“. Besondere hoheitliche Funktionen, aus denen sich eine besondere politische Treuepflicht ergeben könnte, seien ihm danach nicht übertragen. Auch in seiner derzeitigen Funktion als Außendienstmitarbeiter (Kontrolle von Park- und Hundehalterverstößen etc.) übe er keine besondere hoheitliche Funktion aus. Aber auch bei Annahme der gesteigerten Treuepflicht könne man aus dem Lesen nationalsozialistischer Literatur im Dienst nicht den aktiven Kampf gegen die Grundordnung ableiten.
Im Übrigen habe der Kläger sich in der Vergangenheit durch seinen Dienst in der Bundeswehr als Soldat unter Einsatz seines Lebens um die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht, wie eine Urkunde zur Verleihung der Einsatzmedaille aus dem Jahre 2011 sowie das Dienstzeugnis aus dem Jahre 2003 belegen würden. Der Kläger stehe weder rechtsradikalen Parteien noch derartigem Gedankengut nahe. Er habe aus Interesse an „altem Trödel“ das streitbefangene Buch erworben, was eine Eselei gewesen sei, und es im Dienst gelesen. Der Kläger müsse sich nicht zwischen den Zeilen entgegenhalten lassen, geistig dem Nationalsozialismus nahe zu stehen. Die bloße Lektüre des Buches von Adolf Hitler sei weder politische Agitation, Propaganda oder Verbreitung rechtsradikalen Gedankengutes oder das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Da es sich nicht um ein wiederholtes Fehlverhalten gehandelt habe, hätte der Kläger zuvor abgemahnt werden müssen. Selbst wenn der Kläger zweimal aufgefordert worden wäre, habe der Schichtleiter bei der ersten Aufforderung keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen angedroht. So seien dem Kläger die Folgen nicht klar gewesen. Der Kläger bestreitet schließlich die ordnungsgemäße Beteiligung der Personalvertretung. Ein Schichtleiter-Protokoll vom 14. März 2013 sei ihm nicht bekannt gewesen. Der diensthabende Schichtleiter sei auch weder zuständig noch berechtigt gewesen, dem Kläger die Lektüre des Buches zu untersagen. Das Direktionsrecht des beklagten Landes erstrecke sich nicht darauf zu bestimmen, welche privaten Bücher der Kläger lese.
Das beklagte Land hat erwidert, dass der Kläger während des gesamten Arbeitsverhältnisses Angestellter im Allgemeinen Ordnungsdienst gewesen sei und in Uniform habe Außendienst versehen müssen. Im Vorfeld seines Arbeitsverhältnisses habe er ein Gelöbnis abgelegt, wonach er seine Dienstobliegenheiten gewissenhaft erfüllen und das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und die Gesetze wahren werde. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L müssten sich Beschäftigte durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen. Zu den Tätigkeiten des Klägers gehörten in der Entgeltgruppe 9 besondere Fachkenntnisse und selbständige Leistungen. In einem Schichtleiter-Protokoll vom 14. März 2013 sei ausdrücklich festgehalten, dass alle Dienstkräfte im Rahmen ihrer Bürgerpflicht gehalten seien, strafbare Symbole an die zuständige Verfolgungsbehörde zu melden. Zur Erleichterung des Erkennens rechtsradikaler Symbole befänden sich aktualisierte Informationen in einem Ordner im PC-Raum und würden jährlich in Umlauf gegeben. Auch müsse berücksichtigt werden, dass Ende 2015/Anfang 2016 in allen Medien über die auslaufenden Urheberrechte an dem Hitlerwerk „Mein Kampf“ und eine Neuveröffentlichung berichtet worden sei.
Der Kläger habe während der Arbeitszeit ein privates Buch und zwar von Adolf Hitler das Buch „Mein Kampf“ als Originalexemplar mit einem deutlich sichtbaren Hakenkreuz auf der Einbandvorderdecke gelesen. Dabei handele es sich um ein Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation. Neben den sich aus § 3 TV-L ergebenden Pflichten gelte auch das allgemeine Rücksichtnahmegebot des
§ 241 Abs. 2 BGB. Auch wenn sich die Lektüre auf den Pausenraum beschränkt habe und zunächst nur einem begrenzten Kollegenkreis aufgefallen sei, sei doch davon auszugehen, dass das Verhalten des Klägers über diesen Personenkreis hinaus bekannt werden könne, indem es weitererzählt werde oder Bürger versehentlich den Pausenraum betreten würden. Die öffentliche Verwaltung, insbesondere auch der uniformiert auftretende Allgemeine Ordnungsdienst dürfe nicht einmal den Anschein erwecken Mitarbeiter zu beschäftigen, die eine Nähe zum Nationalsozialismus aufweisen und dessen Symbole verwenden. Der Allgemeine Ordnungsdienst habe eine besondere Rolle. Die Mitarbeiter hätten ordnungswidriges Verhalten von Bürgerinnen und Bürgern zu dokumentieren und zu ahnden. Es gehe um die Einhaltung von Rechtsvorschriften.
Schon der gedankenlose Gebrauch von NS-Symbolen und NS-Kennzeichen könne bereits dazu führen, dass das NS-Regime und seine Opfer verharmlost würden und NS-Begriffe und damit NS-Inhalte wieder hoffähig gemacht würden. Die vom Kläger behaupteten intellektuellen Defizite stünden im Widerspruch zu den selbständigen Tätigkeiten des Klägers mit besonderen Fachkenntnissen. Der Kläger habe trotz mehrfacher Aufforderung das Buch nicht zur Seite gelegt. Auf den Hinweis des Schichtleiters, dass das Verhalten des Klägers nur zu weiteren Reglementierungen führen könne, habe der Kläger entgegnet, dass ihm das scheissegal sei. Herr B. könne ihn ja anscheißen. Er habe damit den Eindruck bestätigt, dass er provozieren wolle. Der Zufallsfund zwischen den Pausenbroten sei schlechthin unglaubhaft. Der Kläger habe in dem Buch gelesen und ca. 20 Minuten später immer noch.
Die soziale Situation des Klägers könne die schwerwiegenden Verfehlungen nicht aufwiegen.
Auch der Personalrat sei ordnungsgemäß über die Kündigungsabsicht unterrichtet worden. Die Dienststelle habe ihn erstmals am 16. August 2016 unterrichtet. Nach der Anhörung des Klägers sei die Kündigungsverfügung des beklagten Landes nebst mehreren Vermerken, Schreiben und Protokollen, insbesondere dem Protokoll über die Anhörung des Klägers am 24. August 2016, beim Personalrat eingegangen. Entsprechend einem Beschluss vom 31. August 2016 habe der Personalrat der beabsichtigten Kündigung zugestimmt.
Mit Urteil vom 17. Mai 2017 hat das Arbeitsgericht der Klage hinsichtlich der fristlosen Kündigung stattgegeben, sie aber wegen der fristgemäßen Kündigung abgewiesen. Der Kläger habe gegen 14:00 Uhr in einer Originalausgabe des Buches „Mein Kampf“ von Adolf Hitler mit einem auf der Vorderseite eingeprägten Hakenkreuz gelesen. Der Schichtleiter habe die Lektüre des Buches untersagt, der weitere Verlauf sei zwar zwischen den Parteien streitig. Wenn aber ein Arbeitnehmer des allgemeinen Ordnungsdienstes eines Landes während der Dienstzeit sichtbar einen Gegenstand mit einem Hakenkreuz mit sich führe, verstoße er auf schwerwiegende Weise gegen eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag. Das Hakenkreuz sei eines der zentralen Symbole des NS-Regimes, welches die Verantwortung für den Holocaust trage und Millionen von Menschen das Leben genommen habe. Indem ein Arbeitnehmer während der Dienstzeit sichtbar einen Gegenstand mit einem Hakenkreuz mit sich führe, verstoße er gegen die Pflicht aus § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L, wonach er sich mit seinem gesamten Verhalten zu freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen habe.
Daran ändere nichts, dass das nur im Pausenraum erfolgt sei, der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sei und allenfalls versehentlich von Bürgern betreten werde. Schon das Zeigen des Buches mit dem Hakenkreuz im Kollegenkreis sei geeignet, den Betriebsfrieden zu gefährden und bringe die Gefahr mit sich, dass das Mitführen von Nazisymbolen im Allgemeinen Ordnungsdienst der Öffentlichkeit bekannt werde.
Das Hakenkreuz sei ein gesetzlich verbotenes Kennzeichen. Auch wenn dem Kläger wie in der Anhörung behauptet, die Bedeutung des Hakenkreuzes oder des Buches nicht bekannt bzw. bewusst gewesen sei, ändere das nichts. Auch das gedankenlose Mitführen von Nazisymbolen verharmlose das NS-Regime und seine Opfer.
Ob der Kläger einmal oder mehrfach vom Schichtleiter aufgefordert worden sei, das Buch wegzulegen, sei nicht entscheidend. Auch bei einem einmaligen Verstoß sei ein Kündigungsgrund gegeben. Wenn wesentliche Teile eines Straftatbestandes erfüllt würden, bedürfe es keiner Abmahnung, da kein Arbeitnehmer annehmen könne, dass der Arbeitgeber eine solche Pflichtverletzung hinnehmen werde, insbesondere auch aufgrund der tariflichen Regelung in § 3 Abs. 1 TV -L. Damit sei jedenfalls die fristgemäße Kündigung gerechtfertigt. Denn der Kläger habe unstreitig erst 20 Minuten nach der Aufforderung des Schichtleiters das Buch wieder weggesteckt. Die Vertrauensgrundlage zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht wieder herstellbar.
Gegen dieses dem Klägervertreter am 14. Juni 2017 zugestellte Urteil legte dieser am 4. Juli 2017 Berufung ein und begründete diese sogleich. Dabei wiederholt er weitgehend seinen Vortrag aus der ersten Instanz.
Der Kläger habe sich nicht von der freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes abgewandt. Es bestehe aber für ihn auch keine gesteigerte Treuepflicht. Er habe nicht aktiv die freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekämpft. Der Kläger entschuldige sich noch einmal und habe dieses bereits mehrfach getan. Der Schichtleiter habe keine Weisungsbefugnis, welche privaten Bücher der Kläger lese. Der Kläger sei nicht zuvor – unter Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen – abgemahnt worden. Die Abmahnung sei auch nicht entbehrlich. Der Arbeitgeber müsse zwar nicht hinnehmen, dass ein Arbeitnehmer Teile eines Straftatbestandes erfülle, aber es müssten wesentliche Elemente des Straftatbestandes erfüllt sein. Der Kläger habe aber nichts verbreitet oder öffentlich verwendet. Und selbst dann müsse eine verhältnismäßige Sanktion erfolgen, was auch eine Abmahnung sein könne. Es habe sich nicht um eine schwere Pflichtverletzung gehandelt. Der Kläger habe jahrelang beanstandungsfrei gearbeitet und sich bis heute mehrfach entschuldigt Eine Wiederholung sei ausgeschlossen. Ein etwaiger Schaden sei vergleichsweise gering. Auch das Risiko der Kenntniserlangung Dritter innerhalb von 20 Minuten sei gering gewesen. Das Buch sei nur aus der Nahdistanz als „Mein Kampf“ zu erkennen gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Mai 2017 - 21 Ca 12018/16 abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung des (Berufungs-)Beklagten vom 26. August 2016 aufgelöst worden ist.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land erwidert, dass ein Hakenkreuz in Räumlichkeiten des öffentlichen Dienstes nichts zu suchen hätte. Entsprechendes zu verhindern sei natürlich auch Aufgabe des Schichtleiters. Es sei nicht um das Verbot eines Buches, sondern um die Entfernung des Hakenkreuzes aus den Räumen des beklagten Landes gegangen. Der Kläger als uniformierter Mitarbeiter des Allgemeinen Ordnungsdienstes trete mit Bürgern in Kontakt und habe dafür zu sorgen, dass Rechtsvorschriften eingehalten würden. Der Kläger sei Repräsentant des Staates und präge wesentlich das Ansehen des Staates. Jedem Deutschen und erst recht einem Bundeswehrsoldaten sei das Verbot des Hakenkreuzes bekannt. Jedem Arbeitnehmer müsse bewusst sein, dass ein öffentlicher Arbeitgeber das Mitführen derartiger Symbole nicht dulde. Es habe sich nicht um ein Augenblicksverhalten gehandelt, sondern um einen Vorgang von 20 Minuten Dauer. Angesichts der Offensichtlichkeit der Pflichtverletzung sei eine Abmahnung entbehrlich gewesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung des Klägers vom 4. Juli 2017, den vorgetragenen Inhalt der Berufungserwiderung des beklagten Landes vom 14. August 2017 sowie das Sitzungsprotokoll vom 25. September 2017 Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist allerdings unbegründet. Im Ergebnis und in der Begründung ist keine andere Beurteilung als in erster Instanz gerechtfertigt. Die Angriffe der Berufung sind nicht geeignet, die Rechtslage anders zu beurteilen.
1.
Schon aus der allgemeinen Regelung des § 241 Abs. 2 BGB ergibt sich die Pflicht des Arbeitnehmers zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers und zum Schutz und zur Förderung des Vertragszwecks (vgl. etwa BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12). Dies bedeutet zwar nicht, dass der Arbeitnehmer schrankenlos seine private Lebensführung und sein dienstliches Verhalten an den Interessen des Arbeitgebers auszurichten hätte. Jedoch gilt gerade im Hinblick auf die Regelung des § 241 Abs. 2 BGB ganz generell ein Mindestmaß an Loyalitätsobliegenheiten des Arbeitnehmers. Weitergehende Verhaltensanforderungen im dienstlichen wie im außerdienstlichen Bereich können sodann aufgrund der Eigenart und des Inhalts des Arbeitsverhältnisses bestehen, was etwa für Arbeitnehmer in Tendenzbetrieben, im kirchlichen Bereich, aber gerade auch für Beschäftigte im öffentlichen Dienst anerkannt ist (vgl. etwa BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09). Dies wird für den öffentlichen Dienst des Landes Berlin dokumentiert in der tariflichen Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L, wonach der Beschäftigte sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen muss. Zu Recht werden daraus für den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes Verhaltensobliegenheiten bzw. Unterlassungspflichten hergeleitet, die auch sein dienstliches Verhalten betreffen. Der Beschäftigte muss sein außerdienstliches und sein dienstliches Verhalten so einrichten, dass das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes nicht in Zweifel gezogen wird. Der Beschäftigte hat sich so zu verhalten, dass das Ansehen des Arbeitgebers nicht durch derartige Zweifel beschädigt wird und das Vertrauen der Bürger in den öffentlichen Dienst keinen Schaden erleidet. Dies kann dann der Fall sein, wenn das Verhalten des Beschäftigten in der Öffentlichkeit als Fehlverhalten gewertet wird. Wie weitgehend sich der Beschäftigte bei seiner privaten Lebensführung und seinem dienstlichen Verhalten danach zu richten hat und er über die Vorschriften der §§ 241 Abs. 2 BGB, 3 TV-L als allgemeine Schrankenregelungen in seinem Persönlichkeitsrecht und in seinem Recht auf Meinungsfreiheit dadurch eingeschränkt werden kann, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei auf die Stellung des öffentlich Bediensteten und seine ihm obliegenden Funktionen, dem arbeitsvertraglichen Pflichtenkreis, abzustellen ist (vgl. BAG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 2 AZR 483/07).
Der arbeitsvertragliche Pflichtenkreis des Klägers ist durch die oben beschriebene ODV bestimmt. Danach ist dieser Pflichtenkreis deutlich größer als die vom Kläger vorgenommene verharmlosende Darstellung, er sei nur „für die Kontrolle von Park- und Hundehalterverstößen etc.“ zuständig.
2.
Die Verwendung eines Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation stellt einen erheblichen Verstoß gegen die vertragliche Rücksichtnahmepflicht dar. Das vom Kläger im Betrieb gezeigte Hakenkreuz ist das Symbol, welches am deutlichsten auf nationalsozialistische Vorstellungen oder Absichten hinweist; seine Verwendung ist strafbar. Das Hakenkreuz ist ein Kennzeichen im Sinne des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB.
Es konnte offen bleiben, ob das Benutzen der Originalausgabe des Buches „Mein Kampf“ mit dem im Bucheinband enthaltenen Hakenkreuz durch den Kläger ein Verwenden oder Verbreiten im Sinne des § 86 a StGB darstellt. Für die kündigungsrechtliche Bewertung ist die strafrechtliche Beurteilung nicht maßgeblich, sondern es kommt entscheidungserheblich auf die Schwere der Vertragspflichtverletzung an (BAG, Urteil vom 12. Mai 2010 – 2 AZR 845/08).
Ein wichtiger Grund liegt auch nicht erst bei einem wiederholten derartigen Verhalten vor (LAG Sachsen, Urteil vom 6. Juli 2001 - 3 Sa 6/01). Ein Arbeitnehmer kann nicht davon ausgehen, dass der Arbeitgeber ein auch nur einmaliges Verhalten hinnimmt, wenn die Handlung des Arbeitnehmers zumindest wesentliche Teile eines Straftatbestandes erfüllt (vgl. BAG, Urteil vom 1. Juli 1999 - 2 AZR 676/98).
3.
Eine vorherige Abmahnung des Klägers war entbehrlich.
3.1
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kommt nur in Betracht, wenn es mildere Mittel, eine Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen, nicht gibt (BAG, Urteile vom 24. März 2011 – 2 AZR 282/10 und vom 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09). Eine mildere Reaktion wäre insbesondere eine Abmahnung. In Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedarf es einer Abmahnung nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich und auch für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen ist (vgl. nur BAG, Urteil vom 24. März 2011 – 2 AZR 282/10).
3.2
Das Verhalten des Klägers wiegt so schwer, dass es ohne vorherige Abmahnung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigte.
Wer nationalsozialistische Kennzeichen in den Betrieb oder eine Dienststelle einbringt und sie dort zeigt, handelt nicht nur besonders gedankenlos, wenn er zu seinem Verhalten ausführt, die Bedeutung des Buches „Mein Kampf“ von Adolf Hitler nicht gekannt zu haben und es sich um ein Augenblicksversagen gehandelt habe. Das Buch ist nicht versehentlich in das Eigentum des Klägers gelangt und es wurde auch nicht versehentlich mit zur Arbeit gebracht und zumindest für 20 Minuten aus dem Rucksack genommen und zeitweise so gehalten, dass das Hakenkreuz sichtbar war. Das offensichtliche Vorführen gegenüber dem Schichtleiter in Gegenwart der Kollegen lässt sich allein mit einem (Besitzer-) Stolz erklären oder aber mit dem klaren Willen zur Provokation. Da das Verhalten des Klägers somit nicht nur eine gedankenlose Eselei war, lässt es letztlich eine Einstellung erkennen, die zwar nicht offen, wohl aber verdeckt durchscheinen lässt, dass er mit der Verwendung nationalsozialistischer Kennzeichen bzw. Symbole keine besonderen Probleme hat. Auch außerhalb des öffentlichen Dienstes ist eine solche Einstellung bereits in hohem Maße verwerflich, verharmlost das NS-Regime und verhöhnt dessen Millionen von Opfern. Erst recht gilt dieses aber bei einem Mitarbeiter des Allgemeinen Ordnungsdienstes eines Bezirksamtes, der als uniformierter Vertreter des Landes Berlin dazu aufgerufen ist, Verstöße gegen die Rechtsordnung festzustellen und zu ahnden. Das wenngleich nur einmalige Verhalten, stellt eine schwere Pflichtverletzung des Klägers dar. Der Kläger hätte, spätestens nach dem Hinweis des Schichtführers, dass er das Buch einpacken solle, leicht erkennen können, dass das beklagte Land sein Verhalten u.a. wegen das Ansehensverlustes auch im Kollegenkreis nicht hinnehmen würde.
Dem beklagten Land war es auch unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls und der gebotenen Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis noch fortzusetzen. Denn der Pflichtenverstoß betraf einen zentralen Aufgabenbereich des Klägers, die Einhaltung der Rechtsordnung sicherzustellen. Daran ändern auch die zwei Unterhaltspflichten und die ca. 8jährige Betriebszugehörigkeit des Klägers nichts.
4.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es entgegen der Ansicht des Klägers nicht darum geht, dass das Lesen des Buches „Mein Kampf“ eine Abkehr von der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes belegt. Wer sich nicht zu dieser Grundordnung bekennt, muss sich noch nicht abgekehrt haben. Die auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendende Tarifvorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L verlangt mehr als eine indifferente Haltung zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes.
III.
Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO. Der Kläger als unterlegene Partei hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs.2 ArbGG kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Der Kläger wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG hingewiesen.
Verkündet am 25.September 2017
10 Sa 899/17
21 Ca 12018/16 Arbeitsgericht Berlin
Im Namen des Volkes
Urteil
In Sachen
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Kammer 10, auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht W. als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter K. und P.
für Recht erkannt:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Mai 2017 - 21 Ca 12018/16 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
III. Der Gebührenwert des Berufungsverfahrens wird auf 8.973,69 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer fristgemäßen verhaltensbedingten Kündigung.
Der Kläger ist 39 Jahre alt (geb. …. 1978), ledig und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Er ist seit dem 22. September 2008 beim beklagten Land als Angestellter im Allgemeinen Ordnungsdienst (AOD) mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe E 9 TV-L entsprechend 2.991,23 EUR brutto/mtl. beschäftigt. Von November 2009 bis Ende Oktober 2013 war der Kläger als Schichtleiter eingesetzt. Nach Nr. 19 der Allgemeinen Anordnung Ordnungs- und Gewerbeamt für Dienstkräfte des AOD ist den Anweisungen der jeweiligen Schichtleitungen Folge zu leisten.
Nach § 2 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG) sind für die Gefahrenabwehr in Berlin die Ordnungsbehörden zuständig (Ordnungsaufgaben). Ordnungsbehörden sind entsprechend § 2 Abs. 2 ASOG die Senatsverwaltungen und die Bezirksämter. Die Zuständigkeit der Ordnungsbehörden ist im Einzelnen durch den als Anlage zum ASOG verbindlichen „Zuständigkeitskatalog Ordnungsaufgaben“ festgelegt. Nach § 2 Abs. 6 Satz 1 ASOG kann der Senat von Berlin durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die den bezirklichen Ordnungsbehörden durch dieses Gesetz und andere Gesetze zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse für die Dienstkräfte im Außendienst einheitlich geregelt und beschränkt werden. Von dieser Ermächtigung hat der Senat durch die Verordnung zur Festlegung der Aufgaben und Befugnisse der Dienstkräfte der Außendienste der bezirklichen Ordnungsämter (Ordnungsdiensteverordnung) vom 1. September 2004 (GVBl. 2004, 364f.), zuletzt geändert durch Art. I ÄndVO vom 12. Januar 2010 (GVBl. 2010, 10), Gebrauch gemacht.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Ordnungsdiensteverordnung überwachen die Dienstkräfte im Rahmen des AOD der bezirklichen Ordnungsämter insbesondere die Einhaltung der bei der Nutzung der Straßen und öffentlichen Einrichtungen des Landes Berlin geltenden rechtlichen Bestimmungen, soweit die Bezirksämter hierfür zuständig sind. Die konkreten Ordnungsaufgaben der Bezirksämter sind im zweiten Abschnitt des Zuständigkeitskatalogs Ordnungsaufgaben in den Nummer 15 bis 22c festgelegt. Ausgenommen ist die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG für den Bereich des ruhenden Verkehrs. Zusätzlich besteht eine Zuständigkeit in Bezug auf Haus- und Nachbarschaftslärm.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 der Ordnungsdiensteverordnung (ODV) sind die Aufgaben der die Dienstkräfte des AOD der bezirklichen Ordnungsämter wie folgt bestimmt:
1. Sie stellen Verstöße gegen die entsprechenden Vorschriften fest,
2. sie verfolgen sich daraus ergebende Ordnungswidrigkeiten und
3. sie können diese durch Verwarnungen ahnden oder die Weiterbearbeitung durch die hierfür zuständige Stelle veranlassen und
4. sie ergreifen die gebotenen Gefahrenabwehrmaßnahmen.
Zur Erfüllung dieser Aufgaben dürfen die Dienstkräfte des AOD gemäß § 3 Abs. 2 ODV folgende Befugnisse ausüben, soweit in besonderen ordnungsrechtlichen Vorschriften die Befugnisse nicht abschließend geregelt sind:
1. auf Grund des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes:
a) § 15, Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme,
b) § 17, Allgemeine Befugnisse,
c) § 18, Ermittlungen, Befragungen, Datenerhebungen,
d) § 21, Identitätsfeststellung,
e) § 22, Prüfung von Berechtigungsscheinen,
f) § 29, Platzverweisung,
g) § 34, Durchsuchung von Personen,
h) § 35, Durchsuchung von Sachen,
i) § 36 Absatz 5, Betreten von Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräumen sowie anderen Räumen und Grundstücken, die öffentlich zugänglich sind,
j) § 38, Sicherstellung von Sachen,
k) § 42, Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung,
l) § 44, Datenübermittlung innerhalb des öffentlichen Bereichs;
2. auf Grund des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes:
a) § 10, Ausübung der Ersatzvornahme,
b) § 12, Ausübung des unmittelbaren Zwanges gegen Personen durch körperliche Gewalt und gegen Sachen;
3. auf Grund des § 32 des Strafgesetzbuches und des § 227 des Bürgerlichen Gesetzbuches:
Gebrauch von Reizstoffen und Schlagstöcken zur Notwehr und Nothilfe;
4. auf Grund der Strafprozessordnung:
§ 127 Abs. 1 Satz 1, vorläufige Festnahme;
5. auf Grund des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten:
a) § 46 Abs. 1 in Verbindung mit § 163 Abs. 1 Satz 2 der Strafprozessordnung, Datenerhebungen,
b) § 46 Abs. 1 in Verbindung mit § 163b Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz und Satz 2 der Strafprozessordnung, Feststellung der Identität, Festhalten zur Identitätsfeststellung, soweit sie zur Erteilung von Verwarnungen nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten ermächtigt sind (§ 56),
c) § 49c in Verbindung mit § 483 Abs. 1 und § 485 der Strafprozessordnung, Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung,
d) § 49c in Verbindung mit § 487 Abs. 1 der Strafprozessordnung, Datenübermittlung.
Mit Schreiben vom 26. August 2016 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund, hilfsweise fristgemäß zum 31. Dezember 2016, nachdem der Kläger zuvor am 24. August 2016 im Beistand des Herrn G., Vertreter der dbb – beamtenbund und tarifunion, angehört worden war. Zu dieser Anhörung gibt es ein mehrseitiges und vom Kläger gegengezeichnetes Protokoll. Im Kündigungsschreiben hat das beklagte Land u.a. ausgeführt:
Die außerordentliche Kündigung begründet sich ebenso wie die ordentliche Kündigung mit einem wiederholten Fehlverhalten, Verstoß gegen die in § 3 Absatz 1 Satz 2 TV-L formulierte Hauptvertragspflicht und dem nicht mehr seitens der Dienststelle vorhandenen Vertrauen auf die korrekte Amtsausübung im Sinne eines Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch Sie.
Der zugrunde liegende Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:
Am 11.08.2016 haben Sie als Außendienstmitarbeiter während der Dienstzeit (ca. 12 Minuten nach dem Arbeitsbeginn um 13:48 Uhr) im Pausenraum der A-Schicht in einem alten privaten Buch gelesen. Auf Nachfrage des diensthabenden Schichtleiters Herrn B. (Ord AOD 9) haben Sie erklärt, dass es sich dabei um „Mein Kampf“ handele. Sie haben dieses Buch während des Lesens offen in der Hand gehalten, teilweise lag es auf dem Tisch.
Durch Herrn G. wurde im Ergebnis bestätigt, dass Sie das Buch „Mein Kampf“ während der Dienstzeit gelesen haben. An die von Herrn B. (diensthabender Schichtleiter) getroffene Feststellung und Aufforderung „Das kannst Du hier nicht lesen, das kannst Du zu Hause lesen“, können Sie sich nicht erinnern. Es wird bestätigt, dass das Buch zwischenzeitlich zum Lesen offen in den Händen gehalten wurde.
Beim Aufklappen bzw. Lesen des Buches soll Ihnen – nach Aussage von Herrn G. – nicht bewusst gewesen sein, dass man den besonderen Einband (Hakenkreuz) sehen konnte. Herr G. führte im Rahmen seiner Verteidigung für Sie aus, dass Sie keine Literatur aus der NS-Zeit sammelten und Sie insbesondere an Büchern mit Frakturschrift interessiert seien. Sie seien sich nach seiner Aussage nicht der Bedeutung des Buches „Mein Kampf“ bewusst gewesen. Herr G. führte dieses Nichtwissen insbesondere auf ihre Schulbildung (Hauptschulabschluss) zurück.
…
Herr G. erklärte in der arbeitsrechtlichen Anhörung, dass es sich bei Ihrem Fehlverhalten, für das Sie sich auch eingangs der Anhörung persönlich entschuldigt haben, um ein „Augenblicksversagen“ gehandelt hätte. In dieser Aussage sieht der Arbeitgeber ebenfalls eine „Schutzbehauptung“.
Schon durch das mehrmalige Auffordern des diensthabenden Schichtleiters Herrn B. hatten Sie die „Chance“ Ihr Fehlverhalten zu überdenken und zu beenden. Herr B. hat Sie zweimal (zum einen um 14:00 Uhr und zum anderen ca. 20 Minuten später) aufgefordert/angewiesen, das Buch wegzulegen und nicht zu lesen. Dieser dienstlichen Weisung sind Sie auch beim zweiten Mal nicht gefolgt. Herr B. erklärte gegenüber der Dienststelle, dass er nach der ersten Aufforderung den Pausenraum verlassen hat und Sie nach 20 Minuten weiterhin beim Lesen des Buches „Mein Kampf“ angetroffen hat. Auch der zweiten Aufforderung, das Fehlverhalten augenblicklich zu beenden, sind Sie nicht nachgekommen. Durch das wiederholte Fehlverhalten haben Sie deutlich gemacht, dass Ihnen die nötige Einsichtsfähigkeit fehlt. Die zweite Aufforderung des Herrn B., mit dem Lesen aufzuhören, haben Sie ignoriert. Herr B. teilte Ihnen mit, „dass mit solchen Sachen uns mehr Auflagenerteilt werden.“ Sie entgegneten, es sei Ihnen egal. Sie haben damit in keiner Weise dem Eindruck entgegengewirkt, dass Sie mit Ihrem Fehlverhalten provozieren wollen. Vielmehr haben Sie dadurch ein renitentes und uneinsichtiges Fehlverhalten dokumentiert. Ihr Fehlverhalten ist somit kein „Augenblicksversagen“.
In die nunmehr getroffene arbeitsrechtliche Entscheidung sind alle durch Sie und Herrn G. vorgetragenen Argumente und Aspekte aufgenommen worden. Ebenso wurde ihre zu Beginn der arbeitsrechtlichen Anhörung erfolgte persönliche Erklärung berücksichtigt, dass Sie sich von jeder politischen Partei distanzieren, Sie keine symbolträchtigen Tattoos tragen und Ihnen der Vorfall Leid tut. Diese authentisch wirkende Erklärung belegt ihre späte Einsichtsfähigkeit in das dokumentierte Fehlverhalten. Jedoch ist das in Sie gesetzte Vertrauen in eine korrekte Amtsausübung im Sinne eines Bekenntnisses zur freiheitlich demokratischen Grundordnung durch das dokumentierte Fehlverhalten auf der Seite des Arbeitgebers zerstört und nicht mehr vorhanden.“
Gegen diese dem Kläger am 2. September 2016 zugegangene Kündigung hat der Kläger am 13. September 2016 Kündigungsschutzklage erhoben und die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigungen sowie seine vorläufige Weiterbeschäftigung als Außendienstmitarbeiter im Ordnungsamt begehrt.
Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, dass er sich keines Verstoßes gegen die Pflicht zum Bekenntnis für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes schuldig gemacht habe. Es sei zwar richtig, dass er am späten Mittag des 11. August 2016 als Außendienstmitarbeiter im Pausenraum der A-Schicht am Beginn seiner Dienstschicht in einem von ihm auf einem Flohmarkt erworbenen Exemplar des Buches „Mein Kampf“ – Verfasser: Adolf Hitler – gelesen habe. Dieses Lesen in einem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Amtsbereich beinhalte aber keine Abkehr vom geforderten Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in einem Urteil vom 12. Mai 2011 (2 AZR 479/09) sei schon fraglich, ob dem Kläger überhaupt eine gesteigerte politische Treuepflicht abverlangt werden könne. Nach dem Arbeitsvertrag sei er „Angestellter“. Besondere hoheitliche Funktionen, aus denen sich eine besondere politische Treuepflicht ergeben könnte, seien ihm danach nicht übertragen. Auch in seiner derzeitigen Funktion als Außendienstmitarbeiter (Kontrolle von Park- und Hundehalterverstößen etc.) übe er keine besondere hoheitliche Funktion aus. Aber auch bei Annahme der gesteigerten Treuepflicht könne man aus dem Lesen nationalsozialistischer Literatur im Dienst nicht den aktiven Kampf gegen die Grundordnung ableiten.
Im Übrigen habe der Kläger sich in der Vergangenheit durch seinen Dienst in der Bundeswehr als Soldat unter Einsatz seines Lebens um die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht, wie eine Urkunde zur Verleihung der Einsatzmedaille aus dem Jahre 2011 sowie das Dienstzeugnis aus dem Jahre 2003 belegen würden. Der Kläger stehe weder rechtsradikalen Parteien noch derartigem Gedankengut nahe. Er habe aus Interesse an „altem Trödel“ das streitbefangene Buch erworben, was eine Eselei gewesen sei, und es im Dienst gelesen. Der Kläger müsse sich nicht zwischen den Zeilen entgegenhalten lassen, geistig dem Nationalsozialismus nahe zu stehen. Die bloße Lektüre des Buches von Adolf Hitler sei weder politische Agitation, Propaganda oder Verbreitung rechtsradikalen Gedankengutes oder das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Da es sich nicht um ein wiederholtes Fehlverhalten gehandelt habe, hätte der Kläger zuvor abgemahnt werden müssen. Selbst wenn der Kläger zweimal aufgefordert worden wäre, habe der Schichtleiter bei der ersten Aufforderung keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen angedroht. So seien dem Kläger die Folgen nicht klar gewesen. Der Kläger bestreitet schließlich die ordnungsgemäße Beteiligung der Personalvertretung. Ein Schichtleiter-Protokoll vom 14. März 2013 sei ihm nicht bekannt gewesen. Der diensthabende Schichtleiter sei auch weder zuständig noch berechtigt gewesen, dem Kläger die Lektüre des Buches zu untersagen. Das Direktionsrecht des beklagten Landes erstrecke sich nicht darauf zu bestimmen, welche privaten Bücher der Kläger lese.
Das beklagte Land hat erwidert, dass der Kläger während des gesamten Arbeitsverhältnisses Angestellter im Allgemeinen Ordnungsdienst gewesen sei und in Uniform habe Außendienst versehen müssen. Im Vorfeld seines Arbeitsverhältnisses habe er ein Gelöbnis abgelegt, wonach er seine Dienstobliegenheiten gewissenhaft erfüllen und das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und die Gesetze wahren werde. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L müssten sich Beschäftigte durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen. Zu den Tätigkeiten des Klägers gehörten in der Entgeltgruppe 9 besondere Fachkenntnisse und selbständige Leistungen. In einem Schichtleiter-Protokoll vom 14. März 2013 sei ausdrücklich festgehalten, dass alle Dienstkräfte im Rahmen ihrer Bürgerpflicht gehalten seien, strafbare Symbole an die zuständige Verfolgungsbehörde zu melden. Zur Erleichterung des Erkennens rechtsradikaler Symbole befänden sich aktualisierte Informationen in einem Ordner im PC-Raum und würden jährlich in Umlauf gegeben. Auch müsse berücksichtigt werden, dass Ende 2015/Anfang 2016 in allen Medien über die auslaufenden Urheberrechte an dem Hitlerwerk „Mein Kampf“ und eine Neuveröffentlichung berichtet worden sei.
Der Kläger habe während der Arbeitszeit ein privates Buch und zwar von Adolf Hitler das Buch „Mein Kampf“ als Originalexemplar mit einem deutlich sichtbaren Hakenkreuz auf der Einbandvorderdecke gelesen. Dabei handele es sich um ein Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation. Neben den sich aus § 3 TV-L ergebenden Pflichten gelte auch das allgemeine Rücksichtnahmegebot des
§ 241 Abs. 2 BGB. Auch wenn sich die Lektüre auf den Pausenraum beschränkt habe und zunächst nur einem begrenzten Kollegenkreis aufgefallen sei, sei doch davon auszugehen, dass das Verhalten des Klägers über diesen Personenkreis hinaus bekannt werden könne, indem es weitererzählt werde oder Bürger versehentlich den Pausenraum betreten würden. Die öffentliche Verwaltung, insbesondere auch der uniformiert auftretende Allgemeine Ordnungsdienst dürfe nicht einmal den Anschein erwecken Mitarbeiter zu beschäftigen, die eine Nähe zum Nationalsozialismus aufweisen und dessen Symbole verwenden. Der Allgemeine Ordnungsdienst habe eine besondere Rolle. Die Mitarbeiter hätten ordnungswidriges Verhalten von Bürgerinnen und Bürgern zu dokumentieren und zu ahnden. Es gehe um die Einhaltung von Rechtsvorschriften.
Schon der gedankenlose Gebrauch von NS-Symbolen und NS-Kennzeichen könne bereits dazu führen, dass das NS-Regime und seine Opfer verharmlost würden und NS-Begriffe und damit NS-Inhalte wieder hoffähig gemacht würden. Die vom Kläger behaupteten intellektuellen Defizite stünden im Widerspruch zu den selbständigen Tätigkeiten des Klägers mit besonderen Fachkenntnissen. Der Kläger habe trotz mehrfacher Aufforderung das Buch nicht zur Seite gelegt. Auf den Hinweis des Schichtleiters, dass das Verhalten des Klägers nur zu weiteren Reglementierungen führen könne, habe der Kläger entgegnet, dass ihm das scheissegal sei. Herr B. könne ihn ja anscheißen. Er habe damit den Eindruck bestätigt, dass er provozieren wolle. Der Zufallsfund zwischen den Pausenbroten sei schlechthin unglaubhaft. Der Kläger habe in dem Buch gelesen und ca. 20 Minuten später immer noch.
Die soziale Situation des Klägers könne die schwerwiegenden Verfehlungen nicht aufwiegen.
Auch der Personalrat sei ordnungsgemäß über die Kündigungsabsicht unterrichtet worden. Die Dienststelle habe ihn erstmals am 16. August 2016 unterrichtet. Nach der Anhörung des Klägers sei die Kündigungsverfügung des beklagten Landes nebst mehreren Vermerken, Schreiben und Protokollen, insbesondere dem Protokoll über die Anhörung des Klägers am 24. August 2016, beim Personalrat eingegangen. Entsprechend einem Beschluss vom 31. August 2016 habe der Personalrat der beabsichtigten Kündigung zugestimmt.
Mit Urteil vom 17. Mai 2017 hat das Arbeitsgericht der Klage hinsichtlich der fristlosen Kündigung stattgegeben, sie aber wegen der fristgemäßen Kündigung abgewiesen. Der Kläger habe gegen 14:00 Uhr in einer Originalausgabe des Buches „Mein Kampf“ von Adolf Hitler mit einem auf der Vorderseite eingeprägten Hakenkreuz gelesen. Der Schichtleiter habe die Lektüre des Buches untersagt, der weitere Verlauf sei zwar zwischen den Parteien streitig. Wenn aber ein Arbeitnehmer des allgemeinen Ordnungsdienstes eines Landes während der Dienstzeit sichtbar einen Gegenstand mit einem Hakenkreuz mit sich führe, verstoße er auf schwerwiegende Weise gegen eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag. Das Hakenkreuz sei eines der zentralen Symbole des NS-Regimes, welches die Verantwortung für den Holocaust trage und Millionen von Menschen das Leben genommen habe. Indem ein Arbeitnehmer während der Dienstzeit sichtbar einen Gegenstand mit einem Hakenkreuz mit sich führe, verstoße er gegen die Pflicht aus § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L, wonach er sich mit seinem gesamten Verhalten zu freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen habe.
Daran ändere nichts, dass das nur im Pausenraum erfolgt sei, der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sei und allenfalls versehentlich von Bürgern betreten werde. Schon das Zeigen des Buches mit dem Hakenkreuz im Kollegenkreis sei geeignet, den Betriebsfrieden zu gefährden und bringe die Gefahr mit sich, dass das Mitführen von Nazisymbolen im Allgemeinen Ordnungsdienst der Öffentlichkeit bekannt werde.
Das Hakenkreuz sei ein gesetzlich verbotenes Kennzeichen. Auch wenn dem Kläger wie in der Anhörung behauptet, die Bedeutung des Hakenkreuzes oder des Buches nicht bekannt bzw. bewusst gewesen sei, ändere das nichts. Auch das gedankenlose Mitführen von Nazisymbolen verharmlose das NS-Regime und seine Opfer.
Ob der Kläger einmal oder mehrfach vom Schichtleiter aufgefordert worden sei, das Buch wegzulegen, sei nicht entscheidend. Auch bei einem einmaligen Verstoß sei ein Kündigungsgrund gegeben. Wenn wesentliche Teile eines Straftatbestandes erfüllt würden, bedürfe es keiner Abmahnung, da kein Arbeitnehmer annehmen könne, dass der Arbeitgeber eine solche Pflichtverletzung hinnehmen werde, insbesondere auch aufgrund der tariflichen Regelung in § 3 Abs. 1 TV -L. Damit sei jedenfalls die fristgemäße Kündigung gerechtfertigt. Denn der Kläger habe unstreitig erst 20 Minuten nach der Aufforderung des Schichtleiters das Buch wieder weggesteckt. Die Vertrauensgrundlage zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht wieder herstellbar.
Gegen dieses dem Klägervertreter am 14. Juni 2017 zugestellte Urteil legte dieser am 4. Juli 2017 Berufung ein und begründete diese sogleich. Dabei wiederholt er weitgehend seinen Vortrag aus der ersten Instanz.
Der Kläger habe sich nicht von der freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes abgewandt. Es bestehe aber für ihn auch keine gesteigerte Treuepflicht. Er habe nicht aktiv die freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekämpft. Der Kläger entschuldige sich noch einmal und habe dieses bereits mehrfach getan. Der Schichtleiter habe keine Weisungsbefugnis, welche privaten Bücher der Kläger lese. Der Kläger sei nicht zuvor – unter Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen – abgemahnt worden. Die Abmahnung sei auch nicht entbehrlich. Der Arbeitgeber müsse zwar nicht hinnehmen, dass ein Arbeitnehmer Teile eines Straftatbestandes erfülle, aber es müssten wesentliche Elemente des Straftatbestandes erfüllt sein. Der Kläger habe aber nichts verbreitet oder öffentlich verwendet. Und selbst dann müsse eine verhältnismäßige Sanktion erfolgen, was auch eine Abmahnung sein könne. Es habe sich nicht um eine schwere Pflichtverletzung gehandelt. Der Kläger habe jahrelang beanstandungsfrei gearbeitet und sich bis heute mehrfach entschuldigt Eine Wiederholung sei ausgeschlossen. Ein etwaiger Schaden sei vergleichsweise gering. Auch das Risiko der Kenntniserlangung Dritter innerhalb von 20 Minuten sei gering gewesen. Das Buch sei nur aus der Nahdistanz als „Mein Kampf“ zu erkennen gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Mai 2017 - 21 Ca 12018/16 abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung des (Berufungs-)Beklagten vom 26. August 2016 aufgelöst worden ist.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land erwidert, dass ein Hakenkreuz in Räumlichkeiten des öffentlichen Dienstes nichts zu suchen hätte. Entsprechendes zu verhindern sei natürlich auch Aufgabe des Schichtleiters. Es sei nicht um das Verbot eines Buches, sondern um die Entfernung des Hakenkreuzes aus den Räumen des beklagten Landes gegangen. Der Kläger als uniformierter Mitarbeiter des Allgemeinen Ordnungsdienstes trete mit Bürgern in Kontakt und habe dafür zu sorgen, dass Rechtsvorschriften eingehalten würden. Der Kläger sei Repräsentant des Staates und präge wesentlich das Ansehen des Staates. Jedem Deutschen und erst recht einem Bundeswehrsoldaten sei das Verbot des Hakenkreuzes bekannt. Jedem Arbeitnehmer müsse bewusst sein, dass ein öffentlicher Arbeitgeber das Mitführen derartiger Symbole nicht dulde. Es habe sich nicht um ein Augenblicksverhalten gehandelt, sondern um einen Vorgang von 20 Minuten Dauer. Angesichts der Offensichtlichkeit der Pflichtverletzung sei eine Abmahnung entbehrlich gewesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung des Klägers vom 4. Juli 2017, den vorgetragenen Inhalt der Berufungserwiderung des beklagten Landes vom 14. August 2017 sowie das Sitzungsprotokoll vom 25. September 2017 Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist allerdings unbegründet. Im Ergebnis und in der Begründung ist keine andere Beurteilung als in erster Instanz gerechtfertigt. Die Angriffe der Berufung sind nicht geeignet, die Rechtslage anders zu beurteilen.
1.
Schon aus der allgemeinen Regelung des § 241 Abs. 2 BGB ergibt sich die Pflicht des Arbeitnehmers zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers und zum Schutz und zur Förderung des Vertragszwecks (vgl. etwa BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12). Dies bedeutet zwar nicht, dass der Arbeitnehmer schrankenlos seine private Lebensführung und sein dienstliches Verhalten an den Interessen des Arbeitgebers auszurichten hätte. Jedoch gilt gerade im Hinblick auf die Regelung des § 241 Abs. 2 BGB ganz generell ein Mindestmaß an Loyalitätsobliegenheiten des Arbeitnehmers. Weitergehende Verhaltensanforderungen im dienstlichen wie im außerdienstlichen Bereich können sodann aufgrund der Eigenart und des Inhalts des Arbeitsverhältnisses bestehen, was etwa für Arbeitnehmer in Tendenzbetrieben, im kirchlichen Bereich, aber gerade auch für Beschäftigte im öffentlichen Dienst anerkannt ist (vgl. etwa BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09). Dies wird für den öffentlichen Dienst des Landes Berlin dokumentiert in der tariflichen Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L, wonach der Beschäftigte sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen muss. Zu Recht werden daraus für den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes Verhaltensobliegenheiten bzw. Unterlassungspflichten hergeleitet, die auch sein dienstliches Verhalten betreffen. Der Beschäftigte muss sein außerdienstliches und sein dienstliches Verhalten so einrichten, dass das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes nicht in Zweifel gezogen wird. Der Beschäftigte hat sich so zu verhalten, dass das Ansehen des Arbeitgebers nicht durch derartige Zweifel beschädigt wird und das Vertrauen der Bürger in den öffentlichen Dienst keinen Schaden erleidet. Dies kann dann der Fall sein, wenn das Verhalten des Beschäftigten in der Öffentlichkeit als Fehlverhalten gewertet wird. Wie weitgehend sich der Beschäftigte bei seiner privaten Lebensführung und seinem dienstlichen Verhalten danach zu richten hat und er über die Vorschriften der §§ 241 Abs. 2 BGB, 3 TV-L als allgemeine Schrankenregelungen in seinem Persönlichkeitsrecht und in seinem Recht auf Meinungsfreiheit dadurch eingeschränkt werden kann, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei auf die Stellung des öffentlich Bediensteten und seine ihm obliegenden Funktionen, dem arbeitsvertraglichen Pflichtenkreis, abzustellen ist (vgl. BAG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 2 AZR 483/07).
Der arbeitsvertragliche Pflichtenkreis des Klägers ist durch die oben beschriebene ODV bestimmt. Danach ist dieser Pflichtenkreis deutlich größer als die vom Kläger vorgenommene verharmlosende Darstellung, er sei nur „für die Kontrolle von Park- und Hundehalterverstößen etc.“ zuständig.
2.
Die Verwendung eines Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation stellt einen erheblichen Verstoß gegen die vertragliche Rücksichtnahmepflicht dar. Das vom Kläger im Betrieb gezeigte Hakenkreuz ist das Symbol, welches am deutlichsten auf nationalsozialistische Vorstellungen oder Absichten hinweist; seine Verwendung ist strafbar. Das Hakenkreuz ist ein Kennzeichen im Sinne des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB.
Es konnte offen bleiben, ob das Benutzen der Originalausgabe des Buches „Mein Kampf“ mit dem im Bucheinband enthaltenen Hakenkreuz durch den Kläger ein Verwenden oder Verbreiten im Sinne des § 86 a StGB darstellt. Für die kündigungsrechtliche Bewertung ist die strafrechtliche Beurteilung nicht maßgeblich, sondern es kommt entscheidungserheblich auf die Schwere der Vertragspflichtverletzung an (BAG, Urteil vom 12. Mai 2010 – 2 AZR 845/08).
Ein wichtiger Grund liegt auch nicht erst bei einem wiederholten derartigen Verhalten vor (LAG Sachsen, Urteil vom 6. Juli 2001 - 3 Sa 6/01). Ein Arbeitnehmer kann nicht davon ausgehen, dass der Arbeitgeber ein auch nur einmaliges Verhalten hinnimmt, wenn die Handlung des Arbeitnehmers zumindest wesentliche Teile eines Straftatbestandes erfüllt (vgl. BAG, Urteil vom 1. Juli 1999 - 2 AZR 676/98).
3.
Eine vorherige Abmahnung des Klägers war entbehrlich.
3.1
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kommt nur in Betracht, wenn es mildere Mittel, eine Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen, nicht gibt (BAG, Urteile vom 24. März 2011 – 2 AZR 282/10 und vom 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09). Eine mildere Reaktion wäre insbesondere eine Abmahnung. In Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedarf es einer Abmahnung nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich und auch für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen ist (vgl. nur BAG, Urteil vom 24. März 2011 – 2 AZR 282/10).
3.2
Das Verhalten des Klägers wiegt so schwer, dass es ohne vorherige Abmahnung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigte.
Wer nationalsozialistische Kennzeichen in den Betrieb oder eine Dienststelle einbringt und sie dort zeigt, handelt nicht nur besonders gedankenlos, wenn er zu seinem Verhalten ausführt, die Bedeutung des Buches „Mein Kampf“ von Adolf Hitler nicht gekannt zu haben und es sich um ein Augenblicksversagen gehandelt habe. Das Buch ist nicht versehentlich in das Eigentum des Klägers gelangt und es wurde auch nicht versehentlich mit zur Arbeit gebracht und zumindest für 20 Minuten aus dem Rucksack genommen und zeitweise so gehalten, dass das Hakenkreuz sichtbar war. Das offensichtliche Vorführen gegenüber dem Schichtleiter in Gegenwart der Kollegen lässt sich allein mit einem (Besitzer-) Stolz erklären oder aber mit dem klaren Willen zur Provokation. Da das Verhalten des Klägers somit nicht nur eine gedankenlose Eselei war, lässt es letztlich eine Einstellung erkennen, die zwar nicht offen, wohl aber verdeckt durchscheinen lässt, dass er mit der Verwendung nationalsozialistischer Kennzeichen bzw. Symbole keine besonderen Probleme hat. Auch außerhalb des öffentlichen Dienstes ist eine solche Einstellung bereits in hohem Maße verwerflich, verharmlost das NS-Regime und verhöhnt dessen Millionen von Opfern. Erst recht gilt dieses aber bei einem Mitarbeiter des Allgemeinen Ordnungsdienstes eines Bezirksamtes, der als uniformierter Vertreter des Landes Berlin dazu aufgerufen ist, Verstöße gegen die Rechtsordnung festzustellen und zu ahnden. Das wenngleich nur einmalige Verhalten, stellt eine schwere Pflichtverletzung des Klägers dar. Der Kläger hätte, spätestens nach dem Hinweis des Schichtführers, dass er das Buch einpacken solle, leicht erkennen können, dass das beklagte Land sein Verhalten u.a. wegen das Ansehensverlustes auch im Kollegenkreis nicht hinnehmen würde.
Dem beklagten Land war es auch unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls und der gebotenen Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis noch fortzusetzen. Denn der Pflichtenverstoß betraf einen zentralen Aufgabenbereich des Klägers, die Einhaltung der Rechtsordnung sicherzustellen. Daran ändern auch die zwei Unterhaltspflichten und die ca. 8jährige Betriebszugehörigkeit des Klägers nichts.
4.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es entgegen der Ansicht des Klägers nicht darum geht, dass das Lesen des Buches „Mein Kampf“ eine Abkehr von der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes belegt. Wer sich nicht zu dieser Grundordnung bekennt, muss sich noch nicht abgekehrt haben. Die auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendende Tarifvorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L verlangt mehr als eine indifferente Haltung zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes.
III.
Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO. Der Kläger als unterlegene Partei hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs.2 ArbGG kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Der Kläger wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG hingewiesen.
RechtsgebietKSchG Vorschriften§ 1 KSchG