· Datenschutz | Corona-Pandemie
Diese Gesundheitsdaten sind kein Geheimnis: So befragen Sie Mitarbeiter bei Infektionsverdacht!
von Jörg Thole, Chefredakteur, IWW Institut
| Bevor Ihr ganzes Unternehmen wegen der Corona-Pandemie in Quarantäne gehen muss, sollten Sie handeln! Doch der Umgang mit Gesundheitsdaten ist für Arbeitgeber heikel. Infektionsschutz hat jetzt aber Vorrang. Deshalb mussten die Landes-Datenschützer auch hinnehmen, dass der Handlungsspielraum für Arbeitgeber erweitert wurde. Am sichersten agieren Sie, wenn Sie Ihre neuen Befugnisse mit der Freiwilligkeit der Beschäftigten verbinden und die erforderliche Transparenz in der Belegschaft motivieren können ‒ das sichert Sie doppelt ab. |
Die Erhebung von Gesundheitsdaten im Verdachtsfall ist gegeben, weil Sie als Arbeitgeber die Fürsorgepflicht haben ‒ für die Belegschaft und für betroffene Dritte wie Kunden, Geschäftspartner etc. Um Schutzmaßnahmen ergreifen zu können, ist das frühzeitige Erkennen von Corona-Erkrankungen am Arbeitsplatz unabdingbar ‒ z. B. durch Befragungen im Verdachtsfall.
Die Frage nach dem Gesundheitszustand von Mitarbeitern ist zulässig, wenn
- ansteckende Krankheiten Kollegen, Kunden, Geschäftspartner gefährden könnten,
- unzumutbare Ausfallzeiten (Arbeitsunfähigkeiten) oder
- Einschränkungen bei den erforderlichen Tätigkeiten bestehen oder zu entstehen drohen.
Krankheitssymptome: So befragen Sie Ihre Arbeitnehmer
Die Datenschützer haben seit Jahren dafür gesorgt, dass es Ihnen als Arbeitgeber nicht zusteht, eine potenzielle Krankheit bei Mitarbeitern zu erforschen. Der einzige Bezugsanker ist normalerweise, dass ein Mitarbeiter offenkundig seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann. Doch auch dann ist Ihr Frage-Spielraum begrenzt ‒ und sollte die fürsorgliche Empfehlung eines Arztbesuchs beinhalten.
In der Corona-Krise ist das anders. Hier haben Sie Handlungsspielraum und auch Handlungspflichten ‒ weil es um
- den Schutz vor Ansteckung,
- die Eindämmung der Virusverbreitung im lokalen Raum und damit letztlich
- um die Verhinderung des Fortschreitens der Panademie insgesamt geht.
Aber Vorsicht: Beschränken Sie die Befragung auf typische Symptome dieser speziellen Viruserkrankung!
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Als häufigste Krankheitszeichen werden Husten und Fieber berichtet. Aber auch Atemnot, Schnupfen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Halsschmerzen und Kopfschmerzen sind zusätzlich möglich. Auch der Geruchs-/Geschmackssinn kann beeinträchtigt sein. Die Krankheitsverläufe sind vielfältig, den „typischen“ Krankheitsverlauf gibt es nicht. Quelle: BzgA |
Tipp | Fordern Sie bei vorliegenden Symptomen eine Testung ein. Fragen Sie gezielt das Testergebnis ab. Machen Sie klar, dass die Beschäftigten sind wegen der hohen Ansteckungsgefahr den Arbeitgeber im Falle einer festgestellten Corona-Infektion zu informieren haben.
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Beachten Sie | Eine allgemeine Frage nach privaten Reisezielen ist untersagt. Sie betrifft allein die Privatsphäre des Mitarbeiters. Aber:
- Fragen nach Aufenthalten in anerkannten Risikogebieten sind zulässig (z.B. China, Frankreich, Italien, etc). Dort besteht ein erhöhtes Ansteckungsrisiko ‒ und: Der Mitarbeiter ist zur Auskunft verpflichtet!
- Fragen zu Kontakten mit Infizierten sind zulässig, soweit sie das unmittelbare Umfeld des Mitarbeiters betreffen. Damit sensibilisieren Sie auch das Bemühen des Mitarbeiters, selbst Infektionsketten herauszufinden und sichern ggf. weitere Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner ab. Fokussieren Sie dabei nur die zurückliegenden 14 Tage!
Fiebermessung im Unternehmen: Das ist möglich!
Kontaktlose Fiebermessungen können Sie unter engen Voraussetzungen mit § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG an Eingängen zu Betriebsgeländen oder -Gebäuden rechtfertigen. Die Kontrollen helfen, Corona-Verdachtsfälle zu erheben. Voraussetzungen dafür sind:
- 1. Es gab bereits nachweislich eine Infektion im Unternehmen
- 2. Das Unternehmen liegt in einem Risikogebiet
- 3. Beschäftigte hatten Kontakt zu Infizierten
Allerdings: Die dauerhafte Speicherung der Daten ist nicht erlaubt; sie gilt nur für den laufenden Tag.
Wird bei einem Mitarbeiter eine erhöhte Temperatur dokumentiert, sollte Sie ihn zur weiteren Abklärung in eine Klinik oder zu einem Arzt schicken. Das heißt: Er darf das Betriebsgelände erstmal nicht betreten! Wird der Fall bestätigt, müssen Sie Schutzkonzepte für die übrigen Beschäftigten haben.
TIPP | Setzen Sie auf Einvernehmlichkeit / Freiwilligkeit und Transparenz in Bezug auf Schutzkonzeption und Information der Beschäftigten, des Betriebs- oder Personalrats sowie der Datenschutzbeauftragten. Ideal ist es, wenn die Mitarbeiter freiwillig einwilligen, wie Sie bei Verdachtsfällen gemeinsam vorgehen. Machen Sie transparent, wann Sie welche Daten verarbeiten und auch wieder löschen. |
So informieren Sie Beschäftigte und andere
Wenn ein erhöhtes Infektionsrisiko im Unternehmen besteht (z. B. weil es einen Infektionsfall gibt), müssen Sie handeln. So sollten Sie Mitarbeiter, die mit dem Infizierten enger in Kontakt standen und auch weitere Beschäftigte oder Dritte informiert werden (Infektionsrisiko!). Dabei sind auch entsprechende Datenverarbeitungen zulässig, soweit sie dem Personenschutz der anderen dienen. Vermeiden Sie aber die namentliche Nennung einer infizierten Person ‒ auch wenn andere daraus eigene Schlüsse ziehen können.
So informieren Sie Behörden
Im Infektionsfall ist es Ihre Pflicht, die Mitarbeiter beim Gesundheitsamt zu melden. Meist ist Ihr Gesundheitsamt oder die Polizeibehörde zuständig, wenn es zu Quarantänemaßnahmen bei Betrieben kommen sollte. Dort liegen dann auch lokale Regelungen vor, wann und wie die Maßnahmen umgesetzt werden.
Orientieren müssen sich die Behörden beim betrieblichen Pandemieschutz an den §§ 30, 31 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ‒ dort sind die Quarantäneanordnung und das berufliche Tätigkeitsverbot durch das Gesundheitsamt geregelt. Darüber hinaus gelten Generalklauseln in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 S. 3 IfSG.
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Informationen über die Gesundheit eines Mitarbeiters unterliegen einem besonderen Schutz. Dazu müssen Sie diese Rechtsverordnungen kennen:
Gesundheitsdaten sind speziell geschützte personenbezogenen Daten, die im Grundsatz nicht verarbeitet werden dürfen:
Als Arbeitgeber haben Sie abweichend von diesem Art. 9 Abs. 1 DSGVO nach
Beachten Sie | Wenn Sie Gesundheitsdaten erheben und verarbeiten, darf das nicht zur Benachteiligung des betroffenen Kollegen führen. Dennoch hebt der Diskriminierungsschutz Ihr besonderes Fragerecht und Ihre Handlungspflichten im Infektionsfall nicht auf!
§ 8 Abs. 1 AGG erlaubt die Nachfrage nach gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit, wenn diese „wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt“. Danach ist die Frage nach dem Gesundheitszustand eines Beschäftigten zulässig, wenn gezielt die Beschäftigung unzumutbar machende potenzielle Ausfallzeiten oder Einschränkungen der Tätigkeit bestehen oder zu erwarten sind. Weiterhin darf nach ansteckenden Krankheiten gefragt werden, die Kollegen oder Kunden gefährden könnten. |
Weiterführender Link
Neben den Anforderungen an den Datenschutz müssen Sie in diesen Tagen auch einen neuen Arbeitsschutzstandard des Bundesarbeitsministeriums berücksichtigen: So vermeiden Sie die behördliche Betriebsschließung (Praxistipps)!
(mit Quellen-Material: LDI NRW)