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· Kienbaum-Analyse

Transformation und „neue Normalität“: Das sind die Handlungsfelder zur Krisenbewältigung

Bild: © Kateryna - stock.adobe.com

| Zwischen März und Mai befand sich Deutschland im akuten Krisenmodus. Bis Ende des Jahres geht es den Unternehmen nun darum, neu Fahrt aufzunehmen und wirtschaftlich wieder aufzubauen. Ab 2021 beginnt die Aufholjagd oder der Überlebenskampf. Eine Analyse des Personal-Consulting-Unternehmens Kienbaum gibt Aufschluss, welche Baustellen in der Personalarbeit jetzt bewältigt werden müssen. CE Chef easy fasst die wichtigsten Ergebnisse für Unternehmer in sechs Tipps zusammen. |

Die drei Phasen der Corona-Krise

Schematisch teilt Kienbaum die Krise in drei Phasen ein.

 

1. Krise
2. Transformation
3. Neue Normalität

März bis Mai 2020

Juni bis Ende 2020

 ab 2021

  • Akuter Krisenmodus
  • Anschwellendes Infektionsgeschehen
  • Schrittweiser Shutdown
  • Defensive und allgemeine Betroffenheit
  • Wirtschaftlicher Wideraufbau
  • Varianz in den Wirtschaftlichen Auswirkungen
  • Betroffenheit zwischen schwer besädigt und schnellem Neustart
  • Szenarien von optimistischer Aufholjagd bis zähem Überlebenskampf
  • Unternehmerisches Handeln unter neuen Vorzeichen (z.B. Nachhaltigkeit, Regionalität)
 

 

 

 

Dabei analysierte das Beratungsunternehmen einen Querschnitt aus Groß-, Mittel-, und Kleinunternehmen.

Bewältigungsstrategien in Phase 1

In der akuten Krise wurde intensiv an der Mitarbeiterkommunikation und -bindung sowie dem Schutz der Belegschaft gearbeitet. Erst danach folgten Maßnahmen der Liquiditätssicherung und Kundenbindung.

 

Harte Personalmaßnahmen ‒ wie ein Austausch des Managements ‒ waren kein Instrument zur Bewältigung der akuten Krise. Sie gelten auch nicht als „Treiber der Transformation nach Corona“.

 

Bild: IWW Institut / Kienbaum

Wie war das Lagebild unmittelbar nach der Krise?

 

  • So schätzen Unternehmer die wirtschaftlichen Auswirkungen ein

„Mein Unternehmen profitiert von einem steigenden Kundenbedarf.“

12 %

„Der Markt, auf dem mein Unternehmen tätig ist, ist nachhaltig stabil.“

17 %

„Mein Unternehmen verzeichnet zwar Umsatz- und Ergebniseinbußen, die sich aber in einem gewissen Rahmen halten.“

37 %

„Aufgrund von Umsatzeinbußen erwartet mein Unternehmen einen bedeutsamem Ergebnisrückgang.“

26 %

„In Erwartung der künftigen Ertragslage steht mein Unternehmen vor der Existenzfrage.“

5%

 

 

Die Handlungsfelder für die Zeit nach der Krise sind klar „New Ways of Working“ ‒ also z.B. Homeoffice, gefolgt von agiler Unternehmenstransformation und Business Innovation; doch es wird auch Restrukturierungen und Personalaustausch geben.

 

Bild: Kienbaum / IWW Institut

Erkenntnisse in den Arbeitsprozessen

Kienbaum schreibt: „Vor allem die Umstellung auf mobiles Arbeiten erscheint als Janusgesicht mit (teils überraschenden) Chancen und Risiken.“ Eine sinkende Produktivität (oft als Argument gegen die Flexibilisierung verwendet) habe sich nicht eingestellt.

 

Bild: Kienbaum / IWW Institut
Bild: Kienbaum / IWW Institut

Strategie- und Kernprozesse im Personalmanagement

In Zukunft wird diesen fünf Prozessen die größte Bedeutung beigemessen:

  • 1. HR Digital & Innovation (69,9 %),
  • 2. Führungs- & Organisationskultur (65,9 %),
  • 3. HR-Kommunikation (64,2 %),
  • 4. Organisationsentwicklung & Change Management (58,4 %) sowie
  • 5. Strategische Personalplanung & People Analytics (50,9 %)

 

Insgesamt werden Strategie- und Kernprozesse stärker als Support-Prozesse betont. Der hohe Druck auf die Verschlankung von Services steigt weiter.

Bewältigungstrategien nach Organisationstypen

Differenziert man das Antwortverhalten in Abhängigkeit vom Grad der Betroffenheit durch die Krise, so unterscheiden sich die Organisationstypen punktuell markant in ihren Bewältigungsstrategien.

 

Bild: Kienbaum / IWW Institut

Organisationen am Scheideweg

Unternehmen mit starker Wettbewerbsposition haben die Krise besser überstanden. Über alle Unternehmen hinweg wurde ein Schub für flexibles / digitales Arbeiten beobachtet. IT-Infrastrukturen und interne Prozesse scheinen dabei keinen Engpass mehr zu bilden.

 

Stark krisengeschüttelte Unternehmen mit hoher Betroffenheit spüren nun einen starken Veränderungsdruck und versuchen sich mit „harten“ Maßnahmen hinsichtlich Arbeitskosten, -zeit und -verhältnis über die Krise zu retten, schreibt Kienbaum. Dementsprechend intensiv gestalteten Fragen der Mitbestimmung. Arbeitsrechtliche Themen haben im Verhältnis zu Strategie- und -Kernprozessen einer höhere Priorisierung.

 

Der schwierige Kampf der mäßig Betroffenen

Interessanterweise geben Unternehmen mit mittlerer Betroffenheit oft „spitze“ Antworten mit Blick auf Krisenhebel und Transformationstreiber: Von allen drei Organisationstypen ergreifen sie am häufigsten Maßnahmen der Kundenbindung (66 %), forcieren am stärksten die Einführung von „New Ways of Working“ (85 %) und treiben die Entwicklung von digitalen Geschäfts- modellen (60 %) und einer People-Strategie (47 %) am schnellsten voran ‒ was die Schlussfolgerung nahelegt, dass Unternehmen von mittlerer Betroffenheit sich in der entscheidenden Phase zwischen Existenzkrise und Wachstumschance befinden und diese positive Veränderungsenergie auf erfolgskritische Initiativen fokussieren.

 

Unternehmerische Ausrichtung

Arbeitshilfe / Ergebnisse und strategische Tipps für Unternehmer

1. Managementqualität

Managementqualität haben die Unternehmen weniger als Krisenhebel verstanden und auch nicht als Transformationsthema diskutiert (mit Ausnahmen in stark krisengeschüttelten Unternehmen).

 

Tipp | Prüfen Sie dennoch die Führungskompetenz und Steuerungsqualität Ihres Unternehmens! Fragen Sie sich: Sind wir zukunftsfähig aufgestellt? Auch wenn das Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise nicht allein durch das Managementverhalten beeinflusst wird, stellt sich diese Frage grundsätzlich.

 

2. New Ways of Working

Agile Organisation und digitale Transformation werden als Schlüsselinitiativen der Unternehmensentwicklung ausgewiesen.

 

Tipp | Personalabteilungen sind gut beraten, Werttreiber wie Agilität und Transformationswillen bei der Akquise höher zu priorisieren. Passen Sie zum Beispiel die Employee Experience entsprechend der „neuen Wege“ an ‒ das schafft Identifikation und Begeisterung bei bestehenden und neuen Kollegen. „Performance Management“ und „Leadership Frameworks“ heißen die Buzzswords. Wenn Sie schon die Rekrutierung neuer Talente digital vornehmen, strahlen Sie eine zunehmend gewünschte Modernität aus.

 

3. Digitale Erprobung in der Krise

40 Prozent der Befragten beobachten auf Individual- und Team-Ebene keine Demotivation. Daher ist eine vollständige Rückkehr zur Präsenzkultur auch nur schwer vermittelbar. Aber: Es besteht Anpassungsbedarf in Fragen der Teamführung, der Arbeitsorganisation, der IT-Infrastruktur und Leistungssteuerung.

 

Tipp | Entwickeln Sie hybride Arbeitsmodelle. Das ist die Zukunft. So sichern Sie den persönlichen Austausch (in Präsenz) und lassen gleichzeitig partiell zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten zu.

4. Steuerung des Personals

Der Umgang und die Steuerung von Mitarbeitern ist eine neue Herausforderung. Die Erprobungen mit Hilfe digitalisierter Werkzeuge in der Zusammenarbeit der Teams erfordert auch strukturelle Anpassungen.

 

Tipp | Überdenken Sie die aktuelle Ressourcenallokation und Rollendifferenzierung in der Transformation des Unternehmens (z.B. Bereinigung der Business-Partner-Rolle um administrative Prozessanteile).

 

5. Reorganisation: Einparung oder Innvovation?

Die Unternehmen stehen vor der Reorganisation ‒ je nach Auswirkungen der Krise. Das kann zu „Effizienz getriebener Restrukturierung“ (z.B. durch Einsparungen oder Leistungsverschiebungen) oder durch neue Wachstums- und Innovationsoffensiven führen.

 

Tipp | Die Unternehmenslandschaft ist hier gespalten. Es gibt weniger belastete und stark belastete Branchen. Die Personalstrategie hat zwei Stoßrichtungen:

  • transaktional - wechselseitige Beziehung im Team / zu Vorgesetzten - und
  • transformational - das ist Veränderungsbereitschaft / Veränderungswille

 

Sie müssen entsprechend Ihres Bedarfs die Personalplanung und Personalstärke ‒ also die Quantität) überprüfen und qualitativ die Kompetenzen und Stellenprofile anpassen oder neu entwickeln.

 

6. Innovation gewinnt

Stark betroffene Unternehmen zeigen erwartungskonform klassische Reaktionsmuster im Krisenmodus ‒ mit einem starken Fokus auf Bottom-line-Themen wie etwa Restrukturierungen oder Effizienz- und Kostenprogramme.

 

Tipp | Betroffene Unternehmen sollten innovations- und veränderungsorientierte Themen wie Geschäftsmodellentwicklung und die strategische Verankerung neuer Führungskonzepte nicht ignorieren ‒ Restrukturierung taugt nicht als langfristige Überlebensstrategie.

 

 

(JT mit Kienbaum-Analyse „HR Pulse Check“)

Quelle: ID 46839554