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Sozialversicherungsprüfung: Haftungsrisiken, Prüfungsschwerpunkte, Handlungsanleitung

Bild: © denisismagilov - stock.adobe.com

von Raschid Bouabba, MBA, MCGB GmbH Unternehmensberatung, Berlin

| Mindestens alle vier Jahre steht eine Sozialversicherungsprüfung an. Gerade beim Einsatz von Aushilfen (z.B. geringfügig oder kurzfristig Beschäftigte), dem Einsatz von Praktikanten oder der Beschäftigung von Studenten gibt es häufig Probleme. CE Chef easy erörtert 10 Prüfungsschwerpunkte und liefert 3 Checklisten ‒ denn mit der Ankündigung des Prüfers müssen Sie innerhalb von 14 Tagen die 4 zurückliegenden Kalenderjahre prüfungssicher machen. Seien Sie vorbereitet! |

Sozialversicherungsprüfung im Überblick

Anordnung: 14 Tage vor der Prüfung erhalten Sie die schriftliche Ankündigung. Die Sozialversicherungsprüfung (§ 28p SGB IV) erfolgt durch den Prüfdienst des zuständigen Rentenversicherungsträgers ‒ alle vier Jahre.

 

MERKE | Es gibt auch Ad hoc-Prüfungen bei Insolvenzverfahren, Verdachtshinweisen auf Schwarzarbeit / illegale Beschäftigung, ordentliche Betriebsschließungen (Liquidationen) sowie im Fall der Vermutung von Beitragshinterziehungen.

 

 

Haftung: Als Arbeitgeber haften Sie für die ordnungsgemäße Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags.

 

Umfang: Die Prüfung umfasst alle Arbeitgeberpflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag (GSV). Dazu zählen:

 

  • Kranken-, Pflege, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherungsbeiträge
  • Umlagen U1, U2 (AAG) sowie die Insolvenzgeldumlage
  • Führung und Sicherung von Wertguthaben (Flexi II) bei Langzeitkonten
  • Künstlersozialabgabe (KSVG) ‒ falls Sie selbstständig Tätige im Betrieb einbinden
  • Einhaltung der Mindestlohnvorschriften (Tarifvertrag, Mindestlohngesetz)

 

Auch der Lohnsteuer-Haftungsbescheid wird ausgewertet. Optional kann das Rechnungswesen einbezogen werden. Denn in Ihrer Kreditorenbuchhaltung sind die Rechnungen für Fremdleistungen erfasst.

 

 

Prüfungsbeginn: Kommt der Prüfer, muss er sich ausweisen und den Beginn der Prüfung mit Datum und Uhrzeit aktenkundig machen.

 

Prüfungserkenntnisse: Schon während der Prüfung müssen Ihnen die festgestellten Sachverhalte und Auswirkungen mitgeteilt werden.

 

Zeitrahmen: Die Prüfung findet während der üblichen Geschäfts- oder Arbeitszeit statt, die Dauer ist auf das notwendige Maß zu beschränken.

Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger

Die Rentenversicherungsträger stimmen ihre Zuständigkeit ab. Maßgeblich ist die Prüfziffer in der Betriebsnummer oder der Sitz der Abrechnungsstelle. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) prüft Unternehmen mit den Prüfziffern 0 bis 4, die Regionalträger der DRV Bund Unternehmen die mit den Prüfziffern 5 bis 9.

 

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers und den amtlich festgelegten Prüfbezirken. Maßgebend ist dabei der Betriebssitz, in der sich die Buchhaltung befindet ‒ oder die Abrechnungsstelle. Auch der Steuerberater, das Lohnbüro, Rechenzentren oder Shared Service Center (SSC) werden geprüft (§ 12 BVV). Arbeitgeber, die für andere ‒ von ihnen unabhängige ‒ Arbeitgeber Löhne und Gehälter ausrechnen, werden als Abrechnungsstelle im Sinne von § 28p Abs. 6 SGB IV angesehen.

Details der Betriebsprüfung

Alle Abrechnungen werden geprüft, die

  • mit der Beurteilung der Versicherungspflicht oder -freiheit sowie
  • mit der Beitragsberechnung einschließlich Erstattung nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) zu tun haben.

 

Beachten Sie | Sie müssen auch Bescheide und Prüfberichte (Lohnsteuerhaftungsbescheide) parat haben. Denn auf eine Lohnsteuernachforderung folgt regelmäßig auch eine Beitragsnachforderung für die Sozialversicherung. Prüfen Sie das vorab mit Ihrem Rechnungswesen!

Wichtige Entgeltunterlagen

Da die Prüfung in „angemessener Zeit“ vorgesehen ist, sollen Stichproben durch den Prüfer genügen (§ 11 Abs. 1 BVV). Achten Sie darauf, dass Ihre Unterlagen den Vorschriften des SGB IV und der Beitragsverfahrensverordnung (BVV) entsprechen (siehe folgende Checkliste zu § 8 BVV):

Checkliste / Angaben über die Beschäftigten (§ 8 BVV)

  • Familien- und Vornamen und ggf. das betriebliche Ordnungsmerkmal
  • Geburtsdatum
  • Bei Drittstaatsangehörigen (außerhalb des EWR) Staatsangehörigkeit und Aufenthaltstitel
  • Wohnanschrift
  • Beginn und Ende der Beschäftigung
  • Beginn und Ende der Altersteilzeitarbeit
  • Wertguthaben aus flexibler Arbeitszeit einschließlich der Änderungen (Zu- und Abgänge),
    • Abrechnungsmonat 1. Gutschrift und Abrechnungsmonat für jede Änderung
    • Nachweis über Vorkehrungen zum Insolvenzschutz;
    • (wenn Wertguthaben auf Dritte übertragenen wurden, sind diese beim Dritten zu kennzeichnen)
  • Beschäftigungsart
  • Angaben zur Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht
  • Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV (Zusammensetzung, zeitliche Zuordnung) ‒ ausgenommen sind Sachbezüge und Belegschaftsrabatte, soweit für sie eine Aufzeichnungspflicht nach dem Lohnsteuerrecht nicht besteht
  • Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (Zusammensetzung, zeitliche Zuordnung)
  • Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt für die Unfallversicherung / die Gefahrtarifstelle und zeitliche Zuordnung
  • Unterschiedsbetrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 b des Altersteilzeitgesetzes
  • Beitragsgruppenschlüssel
  • Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag
  • Arbeitnehmer-Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (nach Beitragsgruppen)
  • Daten für die Erstattung von Meldungen, soweit sie in anderen Daten nicht enthalten sind
  • Eigenart und zeitliche Begrenzung bei Entsendung der Beschäftigten
  • Kurzarbeitergeld und die darauf entfallenden beitragspflichtigen Einnahmen
 

Wenn Sie Entgeltunterlagen in mehreren Teilen vorhalten, sind die Teile durch ein betriebliches Ordnungsmerkmal zu verbinden (§ 8 BVV). Diese Unterlagen sind zu den Entgeltunterlagen zu nehmen:

Checkliste / Dokumente die zu den Entgeltunterlagen gehören

  • Unterlagen, aus denen die nach § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 und 17 BVV erforderlichen Angaben ersichtlich sind
  • Arbeitgeber-Bescheinigung nach § 175 Abs. 2 SGB V
  • Daten der erstatteten Meldungen
  • Verzichtserklärung von geringfügig Beschäftigten auf Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung (Opt-In)
  • Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1b SGB VI (Opt-Out) ‒ mit Eingangs-Datum
  • Niederschrift nach § 2 Nachweisgesetz
  • Erklärung kurzfristig geringfügig Beschäftigter über weitere kurzfristige Beschäftigungen im Kalenderjahr bzw. Erklärung geringfügig Beschäftigter über weitere Beschäftigungen sowie in beiden Fällen die Bestätigung, dass die Aufnahme weiterer Beschäftigungen dem Arbeitgeber anzuzeigen sind
  • Kopie des Antrags nach § 7a Abs. 1 SGB IV mit den von der DRV-Bund für ihre Entscheidung benötigten Unterlagen sowie deren Bescheid nach § 7a Abs. 2 SGB IV
  • Bescheid der Einzugsstelle über die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 28h Abs. 2 SGB IV
  • Bei Studenten: Entscheidung der Finanzbehörden, dass die vom Arbeitgeber getragenen oder übernommenen Studiengebühren kein Arbeitslohn sind
  • Nachweis der Elterneigenschaft nach § 55 Abs. 3 SGV XI
  • Erklärung über den Auszahlungsverzicht von zustehenden Entgeltansprüchen (Einmalzahlungen).
  • Aufzeichnungen nach § 19 Abs. 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und nach § 17 Abs. 1 des Mindestlohngesetzes
  • Bescheinigung nach § 44a Abs. 5 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn die Beschäftigung wegen Bezugs von Pflegeunterstützungsgeld unterbrochen wird
  • Erklärung von Beschäftigten zur Inanspruchnahme einer Pflegezeit im Sinne des § 3 des Pflegezeitgesetzes
  • Veranlagungs-, Änderungs- und Nachtragsbescheide der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
  • Schriftliche Erklärung des Verzichts auf die Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 4 S. 2 oder § 230 Abs. 9 S. 2 SGB VI ‒ mit Eingangs-Datum
 

Beachten Sie | Die Entgeltunterlagen können auf Datenträgern geführt werden. Dann kann die Papierform auch entfallen. Aber Sie müssen sicherstellen, dass der Zugriff jederzeit gelingt (Vorschriften der BVV für die Aufbereitung der Daten beachten).

So legen Sie das Lohnkonto an

Mit dem Lohnkonto werden die persönlichen Daten jedes Beschäftigten und seine Brutto-/Nettoabrechnung dargestellt. Die Daten sind dabei als Jahreslohnkonto oder als zeitlich geordnete Sammlung der Lohn-/Gehaltsabrechnungen anzulegen.

Beitragsabrechnung

Zur Prüfung der Vollständigkeit der Entgeltabrechnung sowie der Eintragungen im Beitragsnachweis hat der Arbeitgeber für jeden Abrechnungszeitraum alle Beschäftigten mit den folgenden Angaben in Listenform und nach Krankenkassen (Einzugsstellen) getrennt zu erfassen (Krankenkassen-Liste):

 

Checkliste / Beitragsabrechnung

  • Familien- und Vorname / ggf. betriebliches Ordnungsmerkmal
  • Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt bis zur BBG der Rentenversicherung
  • Beitragspflichtige Arbeitsentgelt in der gesetzlichen Unfallversicherung
  • Unterschiedsbetrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 b Altersteilzeitgesetz
  • Beitragsgruppenschlüssel
  • Sozialversicherungstagen
  • Gesamtsozialversicherungsbeitrag, nach Beitragsgruppen getrennt
  • Kurzarbeitergeld und darauf entfallende beitragspflichtige Einnahmen
  • Beitragspflichtige Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge
  • Umlagesätzen nach Aufwendungsausgleichsgesetz und umlagepflichtiges Arbeitsentgelt
  • Parameter zur Berechnung der voraussichtlichen Höhe der Beitragsschuld
 

Auch Beschäftigte, für die Beiträge nicht gezahlt werden, sind mit Namen und ggf. dem betrieblichen Ordnungsmerkmal sowie dem Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV zu erfassen. Im Falle von Berichtigungen oder Stornierungen sind diese besonders kenntlich zu machen (§ 8 Abs. 1 S. 5 BVV). Die Beitragsabrechnung kann mithilfe automatischer Einrichtungen erstellt oder auf Bildträgern aufgezeichnet werden (§ 9 Abs. 1 BVV).

Schwerpunkte und Risiken der Prüfung

Arbeitgeber riskieren häufig den Wegfall der Sozialversicherungsfreiheit durch steuerfreie oder pauschal versteuerte Zusatzleistungen an Arbeitnehmer.

 

Problem: Müssen sämtliche steuerfreien Zuwendungen (Sachleistungen bis 44 Euro monatlich) und Erstattungen (z. B. Reisekosten) über die monatliche Lohnabrechnung gesteuert werden, damit die Beitragsfreiheit nicht gefährdet wird?

 

Lösung: Es genügt, die gesetzlichen Vorgaben der Dokumentation für den einfachen Nachvollzug einzuhalten (§ 8 Abs.1 Nr.10 BVV, § 4 Abs. 3 Satz 2 LStDV).

 

 

 

  • Übersicht der besonders risikoträchtigen Prüfungsschwerpunkte

Haftungsfalle

Risiko

Lösung

Status der Mitarbeiter

Honorarkräfte, freie Mitarbeiter

Scheinselbstständigkeit

Statusklärung

Beiträge

steuerfreie und pauschal-besteuerte Bezüge

Beitragspflicht trotz Steuerfreiheit

  • Steuerrechtliche Bestimmungen anwenden
  • Anrufungsauskunft
  • im Bedarfsfall (Finanzamt)
  • Verbindliche Entscheidung (Krankenkasse)
  • Aufzeichnung im Lohnkonto

Mindestlohn

Entgeltfortzahlung bei Krankheit, Urlaub etc.

Phantomlohn

Arbeitsrechtliche Bestimmungen betrieblich umsetzen

Mindestlohn

Tariflohnzahlung

Phantom-lohn

Tarifliche Öffnungsklausel nutzen

 

10 Prüfungsschwerpunkte fokussiert

1. Abhängige Beschäftigung versus selbstständige Tätigkeit

Viele Unternehmen bevorzugen freie Mitarbeiter, weil diese keine Personalkosten verursachen. Eine falsche Einstufung als selbstständige Tätigkeit kann aber hohe Nachforderungen verursachen. Alleine deshalb und weil sie rechtlich dazu verpflichtet sind, müssen Auftraggeber vor Beginn der Tätigkeit die Kriterien prüfen, die für oder gegen eine Beschäftigung sprechen.

 

TIPP | Statusklärung!

Scheuen Sie nicht das Statusverfahren bei der Clearingstelle der DRV Bund (nach § 7a SGB IV). Die Klärung muss innerhalb eines Monats nach Beschäftigungsaufnahme beantragt werden.

Vorteil: Bei Feststellung einer abhängigen Beschäftigung entsteht die Versicherungspflicht erst ab Bekanntgabe des Ergebnisses. So sparen Sie Beiträge und Säumniszuschläge.

 

2. Beschäftigung von Studenten

 

3. Beschäftigung von Praktikanten

Sie müssen unterscheiden: Vorgeschriebenes oder nicht vorgeschriebenes Vor-, Zwischen- oder Nachpraktikum. Nur bei einem vorgeschriebenen Zwischenpraktikum fallen keine Sozialversicherungsbeiträge an. Bei allen anderen Fällen sind Spezialregelungen zu beachten.

 

Selbst unentgeltliche Praktika können Mindestbeiträge zur Rentenversicherung auslösen. Beachten Sie zusätzlich die nachfolgenden Regelungen für geringfügige oder kurzfristige Beschäftigungen.

 

TIPPS |

  • Für versicherungsfreie Praktikanten besteht gem. § 2 Abs. 1a NachwG (Nachweisgesetz) die Pflicht zur Aufzeichnung der wesentlichen Vertragsbedingungen.
  • Der Praktikantenvertrag zwischen der Hochschule und dem Arbeitgeber ist daher zu den Lohnunterlagen zu nehmen. Fehlt der Vertrag bei der Prüfung, drohen Nachforderungen.
 

4. Geringfügige Beschäftigung

Arbeitnehmer mit einem monatlichen Verdienst von bis zu 450 Euro sind zwar versicherungsfrei. Jedoch müssen Sie 30,94 Prozent Pauschalbeiträge an die Minijobzentrale abführen. Diese setzen sich wie folgt zusammen:

  • 13 Prozent zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für alle GKV-versicherten Minijobber (auch für freiwillig in der GKV Versicherte oder mitversicherte Angehörige) und zusätzlich
  • 15 Prozent zur gesetzlichen Rentenversicherung (RV)
  • 2 Prozent Pauschalsteuer
  • 0,70 Prozent Umlage U1
  • 0,24 Prozent Umlage U2.

 

Die Prüfer nehmen insbesondere folgende Punkte ins Visier:

 

  • Wurde die Entgeltgrenze von 5.400 Euro / Jahr eingehalten? Die Grenze darf bei unvorhersehbaren Ereignissen maximal dreimal überschritten werden.

 

  • Beachten Sie | Es ist notwendig, das unvorhersehbare Ereignis zeitnah zu dokumentieren.

 

  • Stellt ein Prüfer mehrere Minijobs fest, droht Versicherungspflicht. Hier muss der Arbeitgeber unbedingt die Angaben des Minijobbers im Einstellungsbogen beachten.

 

TIPPS | Für privat krankenversicherte Minijobber fallen keine Pauschalbeiträge an. Dazu ist im Lohnkonto ein Nachweis zu führen (Bestätigung von der privaten Krankenversicherung).

 

Bei der RV müssen Sie darauf achten, dass ein Befreiungsantrag des Arbeitnehmers nur bei rechtzeitiger Übermittlung gültig wird. Entscheidet sich der Minijobber für die RV-Pflicht, muss der Arbeitgeber die Beiträge aus einem Arbeitsentgelt von mindestens 175 Euro monatlich entrichten.

 

 

5. Kurzfristig Beschäftigte

Kurzfristig Beschäftigte sind versicherungsfrei, wenn sie von vornherein bei einer 5-Tage-Woche nicht länger als 3 Monate oder nicht länger als 70 Tage arbeiten sollen (§ 8 SGB IV).

 

Wenn kurzfristig Beschäftigte über 450 Euro verdienen, wird geprüft, ob die Mitarbeiter „berufsmäßig tätig“ sind. Dann wäre die Versicherungsfreiheit gefährdet. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Beschäftigten unmittelbar vor Beschäftigungsbeginn arbeitslos waren. Berufsmäßigkeit liegt immer dann vor, wenn die Beschäftigung für die jeweilige Person von höherer wirtschaftlicher Bedeutung ist.

 

TIPP | Lassen Sie sich schriftlich bestätigen, was der Bewerber vor Aufnahme der Tätigkeit getan hat und verlangen Sie entsprechende Nachweise.

 

 

6. Familienangehörige

Egal, ob ein Ehegatte freiberuflich oder sozialversicherungspflichtig im Betrieb mitarbeiten soll, die Betriebsprüfer werden immer kontrollieren, ob nicht ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt ‒ entweder um eine über die gesetzliche Versicherung gewünschte günstige Absicherung zu verhindern oder um Beiträge für einen nicht angemeldeten Ehegatten nachzufordern.

 

PRAXISHINWEIS | Sicherheit bringt nur ein Statusfeststellungsverfahren. Bei der sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung eines Ehegatten oder eines Kindes ist dieses obligatorisch (§ 7a Abs. 1 S. 2 SGB IV).

 

 

7. Gesellschafter-Geschäftsführer

Bei angestellten Gesellschaftern ist oft nicht klar, ob diese eine abhängige, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder eine selbstständige, sozialversicherungsfreie Tätigkeit ausüben. Eine falsche Einschätzung kostet entweder unnötige Sozialbeiträge (ohne Versicherungsschutz zu erhalten) oder Nachzahlungen bei einer späteren Feststellung der Versicherungspflicht.

 

Beachten Sie | Bei einem geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH gilt ebenfalls ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 S. 2 SGB IV.

 

8. Beschäftigung von Rentnern

Arbeitgeber sind oft der Auffassung, dass sie für geringfügig angestellte Rentner keine Pauschalbeiträge zur RV abführen müssten, weil sie bereits Rente beziehen. Dem ist nicht so! Folge: Nachforderungen.

 

Beachten Sie | Werden Bezieher einer Altersvollrente mit einem Lohn über 450 Euro monatlich beschäftigt, fallen seit 01.01.2017 Pflichtbeiträge zur RV an, bis der Rentner sein individuelles gesetzliches Rentenregelalter (65 plus) erreicht hat. Diese steigt derzeit in Abhängigkeit vom Geburtsjahr von 65 bis 67. Für alle ab 1964 geborenen gilt dann ab 2031 das Rentenregelalter von 67.

 

9. Phantomlohn

In der Sozialversicherung gilt für laufende Arbeitsentgelte das Entstehungsprinzip und für Einmalzahlungen das Zuflussprinzip. Somit fallen Beiträge auch auf arbeitsrechtlich geschuldeten, aber nicht gezahlten laufenden Lohn an. Das führt von Nachforderungen bis hin zur Versagung der Versicherungsfreiheit für Minijobs, wenn der Arbeitgeber geltenden Tariflohn oder den gesetzlichen Mindestlohn nicht einhält. Auf einmalige Sonderzahlungen werden Sozialbeiträge nur fällig, wenn diese tatsächlich gewährt wurden (§ 22 Abs. 1 S. 2 SGB IV).

 

10. Umlagen bei laufend gezahlten Sonderzahlungen

Die Umlagenbeiträge ‒ U1 für Krankheit und U2 für Mutterschaft ‒ sind nur von laufendem Arbeitsentgelt zu berechnen. Für einmalig gezahltes Entgelt fallen keine Umlagen an (§ 7 Abs. 2 AAG). Zahlen Arbeitgeber z. B. Weihnachts- oder Urlaubsgeld mit einem Zwölftel monatlich aus, verlieren diese Sonderzahlungen ihren Charakter als Einmalzahlung und werden laufendes Entgelt. Anders verhält es sich, wenn laufendes Arbeitsentgelt für flexible Arbeitszeiten (z. B. Mehrarbeit, Überstunden) über mehrere Monate gesammelt und dann als Einmalzahlung verbeitragt wird. In diesem Fall sind nach Auffassung der Sozialversicherungsträger weiterhin Umlagebeiträge abzuführen.

Prüfungsergebnis und Auswirkungen

Kurz vor Abschluss der Prüfung bekommen Sie das Ergebnis in einer Schlussbesprechung mitgeteilt. Jetzt haben Sie die Chance, letzte Fragen zu klären.

 

  • Werden Beiträge nachgefordert oder gutgeschrieben, geht der Prüfbericht an die Einzugsstelle (Gesetzliche Krankenkasse oder Künstlersozialkasse; § 7 Abs. 4 S. 4 BVV).
  • Entstehen bei der Betriebsprüfung Kosten, müssen Sie diese zahlen (§ 7 Abs. 2 BVV).
  • Das schriftliche Ergebnis bekommen Sie innerhalb von zwei Monaten (§ 7 Abs. 4 S. 1 BVV).
  • Gibt es keine Beanstandungen, gibt es nur eine Prüfmitteilung.
  • Kommt eine Nachforderung, erhalten Sie eine Zahlungsfrist ‒ mindestens vier Wochen.
  • Überziehen Sie die Frist, werden Säumniszuschläge erhoben und ggf. das Verwaltungsvollstreckungsverfahren eingeleitet (§ 28h Abs. 1 S. 2 SGB IV).

 

Den Prüfbericht müssen Sie bis zur nächsten Prüfung aufbewahren (§ 7 Abs. 4 S. 2 BVV).

BSG macht neue Vorgaben für Säumniszuschläge

Bei Säumniszuschlägen (§ 24 Abs. 1 SGB IV) rettet Sie nur die „Unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht“ (§ 24 Abs. 2 SGB IV). Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hat dafür einen eigenen Verschuldensmaßstab definiert (BSG-Urteil vom 12.12.18, Az. B 12 R 15/18 R). Dort heißt es: „Kenntnis ist das sichere Wissen ... zur Beitragszahlung verpflichtet zu sein. Ob ihr Fehlen unverschuldet ist, bestimmt sich nicht nach § 276 BGB ... Verschulden im Sinne des §24 Abs. 2 SGB IV setzt wenigstens bedingten Vorsatz voraus.“

 

Der Erlass von Säumniszuschlägen kommt grundsätzlich in Betracht bei:

 

  • Unabwendbaren Ereignissen
  • Bisher pünktlichen Beitragszahlern
  • Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung
  • Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz

 

Nicht rücknehmbar ist der Bescheid, wenn der betroffene Arbeitgeber vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat ‒ was in der Praxis kaum vorkommt.

 

TIPP| Beantragen Sie bei der Deutschen Rentenversicherung unverzüglich eine Überprüfung nach § 44 SGB SGB X. Die Zuschläge werden längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren erstattet. Bei Antragstellung 2019 kommen Erstattungen für die Zeiten ab 2015 in Betracht.

 

Summenbeitragsbescheid

Liegen keine oder lückenhafte Aufzeichnungen vor, kann der SV-Prüfer

  • die Beiträge anhand der gezahlten Arbeitsentgelte (Lohnsumme) erheben (§ 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV).
  • Sind die Arbeitsentgelte nicht bekannt, können sie geschätzt werden (§ 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV).
  • Können die einzelnen Entgelte pro Arbeitnehmer nicht ermittelt werden, werden die Beiträge aus der Lohnsumme ermittelt.

 

Beachten Sie | Der Summenbeitragsbescheid führt zu einer Quotierung der Beiträge für die Krankenkassen (Stichtag ist jeweils der 01.07.). Das heißt: Die Beitragsnachforderung wird in dem Verhältnis auf die Krankenkassen verteilt, wie diese prozentual am Gesamtsozialversicherungsbeitrag partizipieren.

Verjährung von Beitragsansprüchen

  • Ansprüche auf Sozialversicherungsbeiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit.
  • Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 SGB IV).

Beitragsvorenthaltung: Strafrechtliche Folgen

Wer Beiträge vorenthält, macht sich strafbar (§ 266a Abs. 1 StGB) ‒ mit Schadenersatzpflicht823 Abs. 2 BGB) in Höhe der Arbeitnehmerbeitragsanteile zur Sozialversicherung. Der Schadenersatzanspruch ist selbst dann gegeben, wenn der Arbeitgeber keinen Lohn / Gehalt an seine Arbeitnehmer gezahlt hat, soweit es ihm möglich wäre, die Arbeitnehmeranteile abzuführen.

 

Beachten Sie | Sie können den Arbeitnehmeranteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zurückverlangen, wenn der unterbliebene Abzug bei den nächsten drei Entgeltzahlungen nachgeholt werden kann. Später können Sie ihn nur zurückholen, wenn Sie tatsächlich keine Schuld am fehlenden Abzug tragen.

 

MERKE | Arbeitnehmeranteile, die von dem Arbeitgeber nicht zurückgefordert werden können, stellen einen geldwerten Vorteil dar (lohnsteuerpflichtig).

 

Ausnahme: Der Beschäftigte ist seinen Pflichten nach § 28o Abs. 1 SGB IV nicht nachgekommen ‒ Beispiele:

  • Er hat keine Auskunft über die Art und Dauer seiner Beschäftigungen gegeben
  • Er hat seine Arbeitsentgelte nicht vorgelegt
  • Er hat ‒ bei Mehrfachbeschäftigung ‒ die weiteren Arbeitgeber nicht bekanntgegeben
 

Handlungstipps: Gute Vorbereitung zahlt sich aus

Bleiben Sie bei Gesetzgebung und Rechtsprechung am Ball:

  • Prüfen Sie wenigstens einmal im Jahr, ob es Änderungsbedarf im laufenden Prozess gibt.
  • Schicken Sie die betroffenen Führungskräfte auf Schulungen.
  • Die operativen Mitarbeiter brauchen Checklisten und Prüfhilfen, um die vorgeschriebenen Aufzeichnungen und Dokumentationen für Prüfzwecke zu gewährleisten.
Quelle: ID 46057693