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· Länderinitiative

Gerichtsvollziehergebühren sollen um 10 Prozent steigen ‒ Vermeiden Sie Gebührenfallen

Bild: © Studio_East - stock.adobe.com

| Während für drohende Insolvenzen weiter vom Staat Aufschub gewährt wird, fragen sich zunehmend Gläubiger, wie lange sie sich noch gedulden müssen. Ausgerechnet jetzt bringen Nordrhein-Westfalen und das Saarland die Idee im Bundesrat ein, nach der die Gebühren für Gerichtsvollzieher linear um zehn Prozent erhöht werden sollen. Am 26.03.2021 stellten die beiden Länder dazu einen Gesetzesantrag vor, der nun in die Fachausschüsse gehen soll. |

Anpassung an wirtschaftliche Entwicklung

Dabei war die letzte Gebührenerhöhung erst 2013 erfolgt. Die beiden Länder sagen jedoch, dass die Kosten für den Bürobetrieb erheblich gestiegen sein sollen. Auch die Anpassung an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung rechtfertige eine Anhebung der Gebührensätze. Dabei müssten die Auftragsbücher eigentlich voll sein.

 

Eher wahrscheinlich erscheint der Vorstoß, weil andere Berufsgruppen ihre Gebühren bereits angehoben haben. So sind diverse Vergütungen für Rechtsanwälte, Insolvenzverwalter, Dolmetscher, Sachverständige, Schöffen bereits erhöht worden. Und weil deren Auslagen auch von öffentlichen Haushalten bestritten werden müssen, belaste das die Haushalte. Es geht also um Kompensation der gestiegenen Ausgaben. Denn auch das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 habe dies nur teilweise ausgeglichen.

Ausschüsse beraten

Die Fachausschüsse befassen sich nach der Osterpause mit dem Vorschlag. Sobald sie ihre Beratungen abgeschlossen haben, kommt der Antrag wieder auf die Plenartagesordnung ‒ dann zur Abstimmung darüber, ob der Bundesrat den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag einbringen will.

Diese Anträge lösen Kosten aus

§§ 754 Abs. 1, 755 Abs. 1, 802a Abs. 2 ZPO regeln die unterschiedlichen Möglichkeiten im Rahmen der Gerichtsvollziehervollstreckung tätig zu werden. Im Einzelnen ergeben sich folgende Inhalte eines Auftrags an den Gerichtsvollzieher:

  • Ermächtigung des Gerichtsvollziehers zur Ermittlung des Aufenthaltsortes des Schuldners Nachforschungen vorzunehmen (§ 755 ZPO),
  • Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache (§§ 802a Abs. 2 Nr. 1, 802b, 754 Abs. 1 ZPO),
  • Einholen der Vermögensauskunft des Schuldners (§§ 802a Abs. 2 Nr. 2, 802c ZPO),
  • Einholen von Auskünften Dritter über das Schuldnervermögen (§§ 802a Abs. 2 Nr. 3, 802l ZPO),
  • Betreiben der Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen (§ 802a Abs. 2 Nr. 4 ZPO),
  • Durchführung einer Vorpfändung (§§ 802a Abs. 2 Nr. 5, 845 ZPO).

 

Achtung | Diese Maßnahmen sind im Vollstreckungsauftrag zu bezeichnen. Das gilt hinsichtlich des Versuchs einer gütlichen Erledigung jedoch nur, wenn sich der Auftrag hierauf beschränkt.

 

  • Exkurs: Gebührenfalle Gerichtsvollzieher

Die Formulare zur Zwangsvollstreckung scheinen einfach in der Handhabung. Doch hier droht eine Falle:

 

Will ein Gläubiger z. B. eine Zahlungsvereinbarung mit dem Schuldner ausschließen, reicht er lediglich die dafür nötigen Seiten ein. Damit will er zum Ausdruck bringen: „Wenn ich etwas nicht ausfülle, soll es auch nicht Bestandteil des Auftrags sein.“ Hier ist Vorsicht geboten ...

 

Auftrag zur gütlichen Einigung

§ 802b ZPO Gütliche Erledigung; Vollstreckungsaufschub bei Zahlungsvereinbarung:

(1) Der Gerichtsvollzieher soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein.

 

Die Intention des Gläubigers ist einleuchtend. Die Beauftragung einer gütlichen Erledigung löst eine Gebühr für den Gerichtsvollzieher aus. Die soll vermieden werden. Leider steht es dem Gerichtsvollzieher frei, diese Gebühren trotzdem zu berechnen. Das kommt so zustande:

 

Obwohl im Auftrag zur Zwangsvollstreckung die gütliche Einigung, durch weglassen der betreffenden Seiten, ausdrücklich nicht beauftragt wurde, kann sich der Gerichtsvollzieher auf § 802 Absatz2 ZPO berufen.

 

§ 802b ZPO

(2) Hat der Gläubiger eine Zahlungsvereinbarung nicht ausgeschlossen, so kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Zahlungsfrist einräumen oder eine Tilgung durch Teilleistungen (Ratenzahlung) gestatten, sofern der Schuldner glaubhaft darlegt, die nach Höhe und Zeitpunkt festzusetzenden Zahlungen erbringen zu können. Soweit ein Zahlungsplan nach Satz 1 festgesetzt wird, ist die Vollstreckung aufgeschoben. 3Die Tilgung soll binnen zwölf Monaten abgeschlossen sein.

 

Beachten Sie | Das Auslassen der besagten Module ist nicht gleichbedeutend mit der Untersagung, eine gütliche Einigung zu versuchen. Ein Gläubiger der aus gutem Grund eine gütliche Einigung mit dem Schuldner ausdrücklich nicht beauftragen will, sollte die Module also nicht weglassen, sondern ausfüllen.

 

Quelle | ISE deutsche Inkasso e.K.

 

(JT)

 

Quellen:

- Bundesrat kompakt, Top 79

- ZPO

- SE deutsche Inkasso e.K.

Quelle: ID 47317982