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· Hitzewelle in Deutschland

Trotz heißer Sommertage gilt in Deutschland: Kaum Hitzefrei bei der Arbeit und im Büro!

Bild: © Jürgen Fälchle - stock.adobe.com

| Deutschland ächzt unter der Hitzewelle: Doch obwohl die Sonne fast täglich glüht, gibt es hierzulande kaum Hitzefrei. Eine Ausnahme bildet das Baugewerbe ‒ soweit Gefährdungspotenzial besteht. CE Chef easy zeigt die Rechtslage und gibt Tipps für die Work-Life-Balance. |

 

Heute, 35 Grad Außentemperatur ‒ Deutschland schwitzt bei der Arbeit. Glücklich, wer klimatisiert arbeiten kann.

Was ist eigentlich die Rechtslage?

Neben der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättVO), die kaum inhaltliche Ratschläge enthält, gibt es die Technische Regel A3.5 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und als Besonderheit für das Baugewerbe die Baustellenverordnung (BaustellV) als Ergänzung des Arbeitsschutzgesetzes. Dabei haben alle Regeln gemeinsam: Es gibt kein ausdrückliches „Hitzefrei“; allenfalls eine Ermunterung zu „geeigneten Maßnahmen“. Was geeignet ist, müssen Sie definieren. Ihr Ziel sollte immer ein Raumklima unter 26 Grad Celsius sein.

Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A3.5

Detailliert und mit Beispielen versehen sind die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A3.5.

 

Drei Kernregeln für heiße Raumtemperatur

  • ab 26 Grad: Sie müssen für Sonnenschutz sorgen.
  • über 30 Grad: Weitere Maßnahmen (siehe Kasten unten)
  • über 35 Grad: Der Raum ist ohne spezielle Maßnahmen nicht als Arbeitsraum geeignet (Ist das dann ein Indiz für Hitzefrei?)

 

  • Beispielhafte Maßnahmen bei über 30 Grad im Raum
  • effektive Steuerung des Sonnenschutzes (z.B. Jalousien auch nach der Arbeitszeit geschlossen halten)
  • effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen (z.B. Nachtauskühlung)
  • Reduzierung der inneren thermischen Lasten (z.B. elektrische Geräte nur bei Bedarf betreiben)
  • Lüftung in den frühen Morgenstunden
  • Bereitstellung geeigneter Getränke (z.B. Trinkwasser)
 

Das Arbeiten bei über 26 Grad (Außenluft) kann gesundheitsgefährdend sein ...

  • wenn z.B. schwere körperliche Arbeit zu verrichten ist.
  • wenn Arbeits- oder Schutzbekleidung getragen werden muss, die die Wärmeabgabe behindert oder
  • gesundheitlich Vorbelastete und besonders schutzbedürftige Beschäftigte im Raum tätig sind (z.B. Jugendliche, Ältere, Schwangere, stillende Mütter).

 

In solchen Fällen ist über Maßnahmen „anhand einer angepassten Gefährdungsbeurteilung zu entscheiden“. Vorgeschlagen werden dann Luftduschen (Ventilator, Klimaanlagen) oder Wasserschleier ‒ was auch immer das für Geräte sein mögen. Sogar Hitzeschutzkleidung wird genannt.

Setzen Sie vor allem auch auf organisatorische Maßnahmen!

Nutzen Sie in jedem Fall Ihren organisatorischen Spielraum, bevor Ihnen die Arbeitnehmer drohen, nach Hause zu gehen.

 

TIPPS |

  • Nutzen Sie Gleitzeit-Modelle zur Arbeitszeitverlagerung
  • Verschieben Sie ‒ soweit möglich ‒ Kernarbeitszeiten in frühere Morgen- bzw. späte Nachmittagsstunden
  • Richten Sie Arbeitszeitkonten ein
  • Lockern Sie in jedem Fall den Dresscode
 

 

Wer eigenmächtig nach Hause geht, wird abgemahnt

Da es keinen direkten Anspruch auf „Hitzefrei“ gibt, müssem Sie den Begehren der Kollegen keinesfalls nachgeben. Achten Sie aber auf die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Es macht keinen Sinn, Anwesenheit zu erzwingen, wenn sich die wertschöpfenden Fähigkeiten der Mitarbeiter unter der Hitze völlig erschöpfen.

 

Beachten Sie | Sollte ein Mitarbeiter meinen, ihm stehe „Hitzefrei“ zu, weil Sie die geeigneten Maßnahmen unterlassen hätten, so ist der Mitarbeiter in der Beweispflicht.

 

MERKE |

 

Für Arbeitnehmer gilt:

  • Eigenmächtig nach Hause gehen, ist verboten.
  • Ohne Absprache eigene technische Vorkehrungen treffen, ist verboten.
  • Es gibt kein Anrecht auf Hitzefrei.

 

Für Arbeitgeber gilt:

  • Die Schutzvorkehrungen zur Sicherung der Arbeits-Raumtemperatur müssen Sie umsetzen.
  • Welche Maßnahmen Sie treffen, liegt allein bei Ihnen.
  • Wenn kritische Temperaturen erreicht sind, müssen sie schnell handeln. Tun Sie das nicht, ist der Boykott der Arbeitnehmer unter Umständen gerechtfertigt.
 

Sollte die Hitze das Arbeiten (z.B. auf Baustellen) unmöglich machen, sind Sie nicht verpflichtet, die Mitarbeiter den gesamten Tag freizustellen. Auch auf dem Bau kann es genügen, nur stundenweise eine Ruhezeit zu verordnen, bis die Temperaturen etwas gesunken sind.

JT

Weiterführende Links

  • CE-Musterformulierung einer Abmahnung - Abruf-Nr. 44864707
Quelle: ID 45434042