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· Work-Life-Blending

Sind 30 Tage Urlaub nicht genug? Deutsche haben gefühlt größeren Urlaubsbedarf

Bild: © Prostock-studio - stock.adobe.com

| Vor über 40 Jahren haben Gewerkschafter einen tariflichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen erstreikt. Mittlerweile sind in vielen Branchen 30 Tage üblich. Doch ist das zeitgemäß? Die Vacation Deprivation-Studie von Expedia hat ergeben, dass die Deutschen an erheblichem Urlaubsmangel leiden, weil sie z. B. nach der „Bürozeit“ im Home-Office kein Arbeitsende finden und nicht zur Ruhe kommen. Das nennt sich Work-Life-Blending, ein neuer Trend ‒ mit Schattenseiten. |

 

Die Pandemie hat die bisherigen Arbeitsmodelle auf den Prüfstand gestellt. Nachdem viele Unternehmen bereits mit flexiblen Arbeitszeiten oder hybriden Lösungen auf die neuen Bedürfnisse von Arbeitnehmer reagiert haben, könnte sich nun eine weitere Veränderung anbahnen. Über Jahre hinweg zeigten die Deutschen eine gleichbleibende Verdrossenheit in Bezug auf die ihnen zur Verfügung stehenden Urlaubstage. Doch im vergangenen Pandemiejahr stieg diese sprunghaft an: 79 Prozent der Bundesbürger litten der Expedia-Umfrage zufolge an akutem Urlaubsmangel, obwohl ihnen im Schnitt 27 Urlaubstage zustanden und 81 Prozent ihre Urlaubstage auch vollständig genommen haben.

Work-Life-Blending statt Work-Life-Balance

Ein Grund für das Verlangen nach mehr Urlaub könnte die zunehmende Verschmelzung von Arbeit und Freizeit sein. „Vielen fällt es schwer, im Urlaub einfach mal komplett abzuschalten“, sagt Svetlana Hirth, Expedia-Sprecherin. „Die Grenze zwischen Arbeit und Urlaub ist trotz der viel diskutierten Work-Life-Balance fließend.“ Auch wenn sich mit 87 Prozent eine deutliche Mehrheit Urlaub nimmt, um bewusst Abstand zum Arbeitsalltag zu gewinnen, klappt dies nur in den seltensten Fällen. Bei 35 Prozent wandert der Arbeitslaptop mit ins Urlaubsgepäck, 30 Prozent wählen sich sogar während ihres Urlaubs in Zoom-Calls ein und 28 Prozent hinterlegen in ihrer Abwesenheitsnotiz ihre Handynummer für Notfälle. „Jeder spricht vom wohl verdienten Urlaub, aber kaum jemand gesteht sich selbst eine Pause zu“, fügt Svetlana Hirth hinzu.

 

  • Definition: Work-Life-Blending

Work-Life-Blending beschreibt das Verschmelzen von Arbeits- und Privatleben ‒ die Grenzen der beiden Bereiche werden aufgehoben. Ziel ist eine Verbindung zu schaffen in der beide Welten optimal aufeinander abgestimmt sind und so mehr Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse der Arbeitnehmer genommen wird. Üblich war bislang die Work-Life-Separation: Sie basiert auf einer klaren Trennung zwischen Privatleben und Arbeitszeit.

 

Merkmale von Work-Life-Blending: Die Folge der Verknüpfung sind beispielsweise die ständige Erreichbarkeit auch während der eigentlich freien Zeit. Teile der Arbeit werden im Home Office erledigt, während im Gegenzug in der Arbeitszeit auch private Angelegenheiten geklärt werden dürfen.

 

Beachten Sie | Wenn die Vermischung nicht ausgewogen ist, geht das zumeist auf Kosten der privaten Zeit. Die Folgen sind steigende Arbeitszeiten und auch eine zunehmende gesundheitliche Belastung durch die Dauererreichbarkeit. Die Gefahr des Work-Life-Blendings besteht letztendlich darin, dass das Privatleben dem Job zum Opfer fällt.

 

Quelle | Unternehmer.de, Existenzgründer-Lexikon

Workation kann echten Urlaub nicht ersetzen

Der neue Workation-Trend verbindet Arbeit mit Urlaub. Doch er scheint langfristig kein Allheilmittel gegen die allgemeine Abgeschlagenheit zu sein, ganz im Gegenteil: Die Umfrageergebnisse suggerieren, dass eine Workation nicht mit einem echten Urlaub vergleichbar ist. Dies bestätigen fast drei Viertel (74 Prozent) der Arbeitnehmenden, die 2021 ihren Arbeitsort zeitweise an den Strand oder in die Berge verlegt haben. Rund die Hälfte (49 Prozent) gibt an, dass sie sich nach Feierabend nicht von den Arbeitsaufgaben lösen konnte. Noch einmal mehr (59 Prozent) fühlten sich nach einer Workation nicht so erholt wie nach einem regulären Urlaub.

 

  • Workation

Workation beschreibt die Verschmelzung von Urlaub und Arbeit. Menschen reisen dafür an einen Ort und arbeiten während des Urlaubs. Die Entwicklung dieses Arbeitsmodells ist eng mit der Digitalisierung verbunden.

 

Gründe für eine Workation

  • Neue Reize: Eine neue Umgebung kann festgefahrene Gedankengänge auflockern und zu neuen Sichtweisen führen. Eine Workation kann inspirierend sein und neue Ideen hervorbringen.
  • Networking: Kontakt zu fremden Menschen eröffnen Kontakte, sich zu vernetzen. Es gibt bereits Workation-Anbieter, die branchenspezifische Reisen organisieren.
  • Entspannung: Workations sind dazu gedacht, die sonst so starren Strukturen der Arbeit zu durchbrechen und zu hinterfragen.
  • Flexibilität: Meist gibt es keinen festen Zeitplan. Daher ist es jedem freigestellt, was er wann erledigen will.
  • Motivation: Oft verbessern sich Qualität und Quantität der Arbeit durch eine Workation. Das liegt unter anderem auch daran, dass die Ablenkungen des Alltags wegfallen und man sich somit viel besser auf die Arbeit konzentrieren kann.
  • Entdecken: Das Entdecken der Umgebung und der fremdländischen Kultur gehört natürlich ebenso zur Workation, wie die Entwicklung spannender Projekte.

 

Zielgruppen von Workation

Das neuen Arbeitsmodell ist Teil der Digitalisierungskultur. Workation eignet sich vor allem für ortsunabhängige Freelancer und Solopreneure, Blogger, digitale Nomaden.

 

Quelle | Unternehmer.de, Existenzgründer-Lexikon

 

„Eine Workation bringt Abwechslung in den Arbeitsalltag, ist aber kein Ersatz für einen Erholungs- oder Abenteuerurlaub“, weiß Svetlana Hirth aus eigener Erfahrung. „Ich achte darauf, regelmäßig Auszeiten einzuplanen, die es mir erlauben, Abstand zur Arbeit zu gewinnen. Mich bringt zum Beispiel schon ein Städtetrip übers Wochenende auf andere Gedanken.“

Experiment „Urlaub unlimited“

Ist mehr bezahlter Jahresurlaub also die Lösung? Experimente dahingehend gibt es bereits. Was hierzulande noch weitgehend unbekannt ist, hält in immer mehr Firmen im angelsächsischen Sprachraum Einzug: Arbeitnehmer dürfen so viele Urlaubstage nehmen, wie sie möchten. Laut der Expedia-Umfrage können 14 Prozent der Angestellten in den USA auf unbegrenzte Urlaubstage zurückgreifen. Die wenigsten machen jedoch von diesem Angebot Gebrauch. Nur vier Prozent haben im vergangenen Jahr mehr als 30 Tage Urlaub eingefordert, im Schnitt nehmen sich die US-Amerikaner gerade einmal 13 Tage frei. Ob sich dieses Modell in Deutschland durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Aktuell berichten nur sieben Prozent der Arbeitnehmer hierzulande von ähnlichen Regelungen.

 

Über die Vacation Deprivation-Studie

Die Vacation Deprivation-Studie untersucht jährlich seit dem Jahr 2000 die Urlaubsgewohnheiten und Work-Life-Balance von Arbeitnehmer. Die aktuelle Umfrage wurde unter 14.544 Befragten in ausgewählten Ländern in Nord- und Südamerika, in Europa und im asiatisch-pazifischen Raum vom 14. bis 30. Dezember 2021 von Northstar Research Partners im Auftrag von Expedia durchgeführt. In Deutschland wurden 1.000 Erwachsene befragt.

 

(JT)

 

Quellen |

  • ots / Expedia, PM v. 07.03.2022, Vacation Deprivation-Studie
  • Unternehmer.de, Existenzgründer-Lexikon
Quelle: ID 48086439