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Urteil vom 22.11.2022 · IWW-Abrufnummer 233096

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern - Aktenzeichen 5 Sa 29/22

1. Bei der Auslegung der Begriffe Aufgaben, Aufgabengebiete und Aufgabenbereiche sind die hierfür jeweils erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu berücksichtigen, da diese Rückschlüsse auf den damit verbundenen typischen Aufgabenzuschnitt zulassen.

2. Der Begriff "Aufgabengebiet" (Entgeltgruppe 9 ERA) bezeichnet einen Aufgabenzuschnitt, der Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, wie sie unter anderem in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung vermittelt werden. In der Breite und Tiefe hat dieser Aufgabenzuschnitt allerdings einen kleineren Umfang als ein "Aufgabenbereich".

3. Ein "Aufgabenbereich" erstreckt sich über mehrere, unterschiedliche Aufgabengebiete. Für die Wahrnehmung von Aufgabenbereichen im Rahmen von allgemeinen Richtlinien (Entgeltgruppe 10 ERA) sind Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben werden oder auf einem anderen Wege erworben wurden. Ein Aufgabenbereich erfordert regelmäßig Kenntnisse und Fertigkeiten in der gesamten Breite und Tiefe einer abgeschlossenen Hochschulausbildung.


Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 12.01.2022 - 3 Ca 155/21 - abgeändert:


1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als weiteres Arbeitsentgelt für den Zeitraum August 2020 bis einschließlich Februar 2021 € 3.287,06 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen.


2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.03.2021 nach der Entgeltgruppe 10 Hauptstufe des Entgeltrahmentarifvertrages (ERA), abgeschlossen zwischen Nordmetall, Verband der Metall- und Elektroindustrie und der IG Metall, Bezirksleitung Küste, zu vergüten.


3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers nach dem Entgeltrahmentarifvertrag, abgeschlossen zwischen NORDMETALL, Verband der Metall- und Elektroindustrie e. V., Hamburg einerseits und der IG Metall, Bezirksleitung Küste, Hamburg andererseits (im Folgenden: ERA).



Der im September 1974 geborene Kläger absolvierte nach Beendigung der Schulzeit zunächst eine Berufsausbildung zum Nachrichtentechniker, nach deren Abschluss er bei dem ausbildenden Unternehmen eine entsprechende Beschäftigung aufnahm. Von diesem Unternehmen ließ er sich später für die Dauer des Studiums der Nachrichtentechnik an der Fachhochschule Stralsund freistellen und kehrte nach dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums dorthin zurück. Da ihm das Unternehmen jedoch keine Ingenieurstätigkeit anbieten konnte, beendete er das Arbeitsverhältnis dort und nahm am 01.03.2004 bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Beschäftigung als Prüftechniker auf. Der Kläger hatte insbesondere die Aufgabe, Testgeräte für die seinerzeit noch am Standort gefertigten Kabelverzweiger (Schaltschränke für die zum Kunden führenden Nachrichtenkabel) zu entwickeln.



Zum 01.12.2006 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers anlässlich einer Spaltung des Betriebs auf eine andere Arbeitgeberin über. Ab dem 01.04.2007 erhielt der Kläger die Vergütung der Entgeltgruppe 9 Zusatzstufe 2 ERA. Im November 2007 übernahm der Kläger eine Tätigkeit in der hardware-nahen Softwareentwicklung und erstellte Software für Kabelverzweiger.



Im Juli 2009 wechselte der Kläger in das DSL-Lab, das von M. nach G. verlagert worden war. Seitdem ist er im Wesentlichen damit befasst, die Kompatibilität von im In- und Ausland verwendeten Modems mit den von der Beklagten vertriebenen Kabelverzweigern zu testen. Von Bedeutung sind dabei insbesondere auch die im jeweiligen Land genutzten Kabeltypen und deren Qualität. Die Tests richten sich nach den Vorgaben des Broadband Forums (BBF). Das BBF ist ein weltweiter Zusammenschluss von rund 200 Unternehmen der Telekommunikation und Informationstechnologie einschließlich Zulieferern, Ausrüstern und Servicedienstleistern. Zu den Mitgliedern gehört auch die Unternehmensgruppe der Beklagten. Das BBF entwickelt und definiert internationale Standards für das Breitbandnetzwerk. Dazu gehören auch Vorgaben für Testaufbauten, für Tests anhand bestimmter Störsignale (z. B. durch Stromabnehmer von Straßenbahnen) sowie Normbereiche für die Testauswertung. Für G.fast - eine auf Vectoring basierende, auf höheren Frequenzen fußende DSL-Technik mit Datenraten bis zu 1 Gigabit pro Sekunde und mehr - sind die Testverfahren in dem englischsprachigen Broadband Forum Final Ballot G.fast Certification Test Plan festgelegt. Diese nehmen wiederum Bezug auf die Standards der International Telecommunications Union (ITU), einer Sonderorganisation der UN. Die bei den Modems festgestellten Fehler meldet der Kläger den jeweiligen Herstellern, zum Teil direkt über eine von diesen bereitgestellte Eingabemaske. Treten Fehler bei den von der Beklagten vertriebenen Baugruppen auf, wendet sich der Kläger an die entsprechenden Software- bzw. Hardware-Entwickler im Betrieb. Zu den Testergebnissen erstellt der Kläger einen entsprechenden Report. Welche Modems getestet werden, d. h. welcher Kunde bedient wird, entscheidet der Product Owner, also der Vorgesetzte des Klägers. Neben den Funktionstests, für die der Kläger zuständig ist, gibt es Performance-Tests sowie Last- und Stresstests.



Zum Februar 2018 übertrug die Beklagte, auf die das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich übergegangen war, dem Kläger die Aufgaben eines Scrum-Masters im G.fast Release Train. Aufgabe des Scrum-Masters ist es, in dem sich selbst organisierenden Team Meetings zu moderieren einschließlich der täglichen Stand-ups, für die Einhaltung der Teamziele zu sorgen, das Umfeld für eine leistungsstarke Teamdynamik zu schaffen, Aktivität mit anderen Teams im Agilen Release Train zu koordinieren, Teamergebnisse in das Ticketsystem zu übertragen usw.



Der Kläger nahm im Laufe der Jahre an zahlreichen betriebsinternen und externen Schulungen teil, die regelmäßig einen Umfang von 1 Stunde bis zu mehreren Tagen hatten und insbesondere Produkte der Beklagten bzw. die Tätigkeit als Scrum-Master betrafen. Der Kläger besuchte beispielsweise Schulungen wie DSL Layer 1 Training, xDSL Grundlagen Training, DSL Simulation and Noise Simulations Training, DSL Components Training etc.



Im Zusammenhang mit einer geplanten Betriebsänderung und einem hierzu geschlossenen Interessenausgleich sowie Sozialplan schrieb die Beklagte die Stellen am Standort G. neu aus, unter anderem am 02.10.2020 vier Stellen für DSL-Lab Engineers. In der Stellenausschreibung heißt es:



"...



Arbeitsaufgabe:



Arbeiten als Experten auf dem Gebiet der DSL/G.fast Technologie (Subject Matter Expert).



Analysieren von Kunden-spezifischen Anforderungen und Entwicklung von Lösungen.



Im Detail:



• Troubleshooting von DSL/G.fast-Problemen in Kundennetzen.



• Durchführen von Software/Firmware-Tests zur Release-Freigabe.



• Interoperabilität von Geräten verschiedener Hersteller prüfen und analysieren.



• Durchführen bzw. unterstützen von Abnahmetests beim Kunden und Präsentation der Ergebnisse.



• Durchführen von Features- und Performance-Tests.



• Erstellung von Testreports, Bearbeiten von Test-Scripts, Weiterentwickeln der Testautomatisierung.



• Unterstützung sowohl von Sales Engineering als auch Customer Support / Product Support beim Trouble Shooting im Feldeinsatz.



• Präsentationen von Lösungen in großer technischer Detailtiefe beim Kunden.



• Durchführung von bzw. Unterstützung bei Abnahmetests sowie Labor- und Feldversuchen beim Kunden.



• Trouble Shooting auf den Technologiegebieten ADSL2+, VDSL2 Vectoring, System-Level-Vectoring, G.fast Vectoring in Twisted Pair & Coax-Mischszenarien, Reverse Power Feeding und zunehmend GPON und XGS-PON.



Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen



Hochschule: Bachelor bzw. Dipl. im Bereich Technische Informatik, Netzwerktechnologie, bzw. Elektrotechnik/Nachrichtentechnik oder Kenntnisse und Fertigkeiten, die auf einem anderen Wege erworben wurden.



Mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Physical Layer Technology



• Expertenwissen der ADSL-, VDSL2-, Vectoring- und G.fast-Technologie, aller relevanten ITU-T-Standards, DSL- und G.fast-Features und deren mathematischen Grundlagen



• Umfangreiche Kenntnisse der Netz- und Kabelinfrastruktur internationaler Kunden



• Tiefe Detailkenntnisse der hiX56-Produktfamilie mit Acl-EMS, vom kompletten G.fast DPU-Portfolio, G.fast CPE-Portfolio einschließlich RPF-Varianten sowie Mosaic CP als Managementsystem



• Erfahrungen im Arbeiten nach SAFe-Methoden



• Schnelles Verständnis komplexer Zusammenhänge



• zielorientiert, selbständig, teamfähig und kommunikationsstark



• Sehr gute Englischkenntnisse



• Bereitschaft zu Dienstreisen im In- und Ausland



Eingruppierung



Die Position entspricht einer ERA 9



..."



Die oben genannten Aufgaben entsprechen denjenigen, die der Kläger seit dem Jahr 2009 wahrnimmt. Die Bewerbung des Klägers auf die Stelle war erfolgreich. Der Betriebsrat stimmte am 18.11.2020 der Stellenvergabe an den Kläger zu, widersprach jedoch der Zuordnung zur Entgeltgruppe 9 ERA.



Mit Schreiben vom 23.11.2020 forderte der Kläger unter Bezugnahme auf die in der Stellenausschreibung genannten Tätigkeiten und Anforderungen von der Beklagten die Vergütung der Entgeltgruppe 11 ERA. Die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie finden kraft beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Der Kläger bezog bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden zuletzt eine monatliche Vergütung von € 5.055,00 brutto zuzüglich einer Leistungszulage von 6 %.



Seit dem 05.05.2022 ist der Kläger nicht mehr als Scrum-Master tätig, da die Beklagte diese Aufgabe einem anderen Mitarbeiter übertrug.



Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass er die Anforderungen der Entgeltgruppe 11 ERA erfülle. Zu 75 % seiner Tätigkeit habe er bislang die Aufgaben des DSL-Lab-Engineers ausgeübt, zu 25 % diejenigen des Scrum-Masters. Der Kläger müsse ein weites Spektrum an Testgeräten bedienen können. Bei der Fehleranalyse herrsche oft hoher Zeitdruck, sodass er schnell zu einer Lösung gelangen müsse, beispielsweise wenn ein Kunde, also ein Netzbetreiber, schwankende Übertragungsraten in seinem Telekommunikationsnetz melde. Der Kläger müsse die aus eigenen und fremden Komponenten bestehende Netzstruktur und Übertragungsverfahren erfassen, die möglichen Schnittstellen für eine Gewinnung von Daten erkennen und diese auswerten können. Der Kläger formuliere Entwicklungsziele (Pflichtenheft) und Lösungen zum Nachweis deren Erfüllung (Verifikationsstrategien).



Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt



1.1 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger [als weiteres Arbeitsentgelt für die Monate August 2020 bis einschließlich Februar 2021] € 8.354,92 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen,



1.2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.03.2021 nach der Entgeltgruppe 11 Hauptstufe ERA zu vergüten,



- hilfsweise -



2.1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger [als weiteres Arbeitsentgelt für die Monate August 2020 bis einschließlich Februar 2021] € 3.287,06 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen, und



2.2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.03.2021 nach der Entgeltgruppe 10 Hauptstufe ERA zu vergüten.



Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei in der Entgeltgruppe 9 ERA zutreffend eingruppiert. Im Übrigen habe die Beklagte ihm zwei Zusatzstufen zuerkannt, und zwar eine Zusatzstufe für das Merkmal "Verantwortung" wegen seines Entscheidungsspielraums und die andere für das Merkmal "Kooperation" wegen der Notwendigkeit, sich mit anderen abzustimmen. Der Kläger ziehe teilweise Tätigkeiten heran, die dem Product Owner zugewiesen seien. Die vom Kläger genannten Zeitanteile seien nicht nachvollziehbar, zumal er auch keinen Zeitraum hierfür angegeben habe. An der zweitägigen, aus Landesmitteln geförderten Schulung zum Scrum-Master habe nicht nur der Kläger teilgenommen. Diese Schulung sei von mehr als 90 Beschäftigten des Standorts A-Stadt besucht worden. Die ebenfalls zweitägige Ausbildung zum SAFe-Practitioner sei von 41 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern absolviert worden.



Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Kläger erfülle die Anforderungen der Entgeltgruppe 11 ERA. Er sei mit einem komplexen Aufgabenbereich betraut, für den nur teilweise allgemeine Richtlinien vorhanden seien. Die Beklagte habe ihm eine Kombination mehrerer Aufgabengebiete unterschiedlichen Umfangs und Schwierigkeitsgrades übertragen. Hierfür gebe es zum Teil keine allgemeinen Richtlinien, was seinen Entscheidungsspielraum vergrößere. Der Kläger arbeite in einem agilen Team ohne konkrete Anweisungen. Er verfüge über Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel nur durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung und eine langjährige fachspezifische Berufserfahrung sowie eine entsprechende Fortbildung zu erwerben seien.



Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Das Arbeitsgericht habe sich mit dem Begriffsinhalt der Eingruppierungsmerkmale nicht hinreichend auseinandergesetzt. Ausschlaggebend für die Eingruppierung seien allein der Arbeitsinhalt und der Handlungs- bzw. Entscheidungsspielraum. Ob ein Mitarbeiter über eine bestimmte Qualifikation verfüge, sei nicht maßgeblich. Dem Kläger sei ein Aufgabengebiet, nämlich das Testen, übertragen, nicht jedoch ein ganzer Aufgabenbereich. Für die Testprozedur gebe es klare Vorgaben des BBF. Der Kläger müsse lediglich die geeignete Messtechnik einsetzen und Testprogramme erstellen. Der Kläger habe eine automatische Testsuite nicht allein, sondern zusammen mit Kollegen entwickelt. Seine Aufgabe sei es, Fehler nachzuvollziehen und durch bestimmte Testschritte einzugrenzen bzw. zu lokalisieren. Testgeräte beschaffe nicht der Kläger, sondern sein Vorgesetzter als Product Owner. Der Kläger sei lediglich Teil des Auswahlkomitees. Die für die Arbeit des Klägers prägenden Tätigkeiten seien im Rahmen von Richtlinien auszuführen. Der Einsatz als Scrum-Master erfolge stets nur vorübergehend, weshalb diese Tätigkeit nicht eingruppierungsrelevant sei.



Die Beklagte beantragt,



das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 12.01.2022 - 3 Ca 155/21 - abzuändern und die Klage abzuweisen.



Der Kläger beantragt,



die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.



Er verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Kläger nutze nicht lediglich vorhandene Testautomatisierungslösungen, sondern entwickle diese selbst und passe diese ständig an. Die Tests seien gerade nicht im Testplan des BBF vorgegeben. Vielmehr müsse der Kläger die Tests implementieren, also Testskripte schreiben, die Testgeräte konfigurieren, die Tests automatisieren und Testergebnisse auswerten bzw. auf ihre Richtigkeit hin überprüfen. Der Kläger benötige umfangreiche Kenntnisse der Netz- und Kabelinfrastruktur internationaler Kunden, insbesondere aus Deutschland, der USA, Großbritannien, Australien, Japan und Israel. Die Ursache von Fehlern könne auf unterschiedlichen Kabeltypen beruhen, mangelhaften Verbindungen, Umwelteinflüssen (Feuchtigkeit, Temperaturen), aber auch mit der Konfiguration beim Kunden bzw. mit der Konfiguration der eigenen Produkte zusammenhängen. All das sei bei der Erarbeitung von Lösungsstrategien einzubeziehen ebenso wie sich daraus ergebende Nebenwirkungen. Darüber hinaus seien die jeweiligen Kundenwünsche (Datenrate bzw. Qualität der Verbindung) zu berücksichtigen.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.



Entscheidungsgründe



Die Berufung der Beklagten ist zulässig und teilweise begründet. Die Klage ist nur im Umfang des Hilfsantrages begründet. Der Kläger hat aus § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG einen Anspruch gegenüber der Beklagten auf die Vergütung der Entgeltgruppe 10 ERA ab August 2020.



Der Entgeltrahmentarifvertrag, der auf das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung findet, hat, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, folgenden Wortlaut:



"...



§ 1



Geltungsbereich



...



2. Nicht unter den Tarifvertrag fallen,



2.1 leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG.



2.2 Beschäftigte,



a. die einen Aufgabenbereich haben, der höhere Anforderungen stellt, als die höchste Entgeltgruppe verlangt, und



b. die aufgrund eines schriftlichen Einzelarbeitsvertrages als außertarifliche Beschäftigte bezeichnet werden und



c. deren vereinbartes regelmäßiges Monatseinkommen den jeweils im Tarifvertrag über Entgelte und Ausbildungsvergütungen festgelegten Werten für die Tarifgebiete Nordwestliches Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern bzw. für die Tarifgebiete Hamburg und Umgebung und Unterweser mindestens entspricht. Der Betrag ist tarifdynamisch und wird nach einer Tariferhöhung auf volle 10 Euro gerundet.



Entfällt eine dieser Bedingungen, unterliegt der/die Beschäftigte wieder dem Geltungsbereich des Tarifvertrages.



...



§ 2



Eingruppierung - Allgemeine Bestimmungen



1. Die Beschäftigten werden in die Entgeltgruppen und -stufen gemäß §§ 4 und 5 eingruppiert.



...



§ 3



Eingruppierungsgrundsätze



1. Grundlage der Eingruppierung sind die Anforderungen aus der übertragenen Arbeit (Tätigkeiten, Aufgaben, Aufgabengebiete oder Aufgabenbereiche) an die Beschäftigten.



Hierbei werden alle Anforderungen, soweit sie die übertragene Arbeit im Wesentlichen prägen, in ihrer Gesamtheit bewertet. Es sind die Anforderungen prägend, die die Wertigkeit der Arbeit bestimmen. Dabei kommt es nicht auf die Prozente der einzelnen Arbeitsanteile an.



2. Berufs-, Positions- und Funktionsbezeichnungen, Dienststellungen u. ä. begründen keinen Anspruch auf eine Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe bzw. -stufe.



Soweit die Merkmale (Oberbegriffe) einer Entgeltgruppe einen bestimmten beruflichen Ausbildungsgang ansprechen, Beschäftigte einen solchen aber nicht durchlaufen haben, sind sie doch in diese Entgeltgruppe einzugruppieren, wenn ihre Arbeit die Anforderungen dieser Gruppe erfüllt.



Kenntnisse und Fertigkeiten gelten als "auf anderem Wege erworben" im Sinne der Entgeltgruppen 4 bis 11, wenn der Beschäftigte die Anforderungen der jeweiligen Entgeltgruppe erfüllt.



Andererseits begründet ein bestimmter Ausbildungsgang für sich allein dann keinen Anspruch auf Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe, wenn die übertragene Arbeit diesen Ausbildungsgang nicht verlangt.



...



7. Unter Hochschulausbildung i. S. d. EG 9 bis EG 11 ist auch eine Fachhochschulausbildung zu verstehen.



...



§ 4



Entgeltgruppen



...



Entgeltgruppe 8



Fachgebietsübergreifende Aufgabengebiete, deren Erledigung im Rahmen von bestimmten Richtlinien erfolgt.



Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie



- in der Regel durch eine abgeschlossene zweijährige Fachschulausbildung



oder



- durch eine abgeschlossene fachspezifische mindestens dreijährige Berufsausbildung und eine langjährige Berufserfahrung sowie eine zusätzliche spezielle Weiterbildung erworben werden



oder



- auf einem anderen Wege erworben wurden.



Entgeltgruppe 9



Komplexe Aufgabengebiete im Rahmen von Richtlinien.



Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie



- in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung



oder



- durch eine abgeschlossene zweijährige Fachschulausbildung und eine mehrjährige Berufserfahrung sowie eine zusätzliche spezielle Weiterbildung erworben werden



oder



- auf einem anderen Wege erworben wurden.



Entgeltgruppe 10



Aufgabenbereiche im Rahmen von allgemeinen Richtlinien.



Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie



- in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben werden



oder



- auf einem anderen Wege erworben wurden.



Entgeltgruppe 11



Komplexe Aufgabenbereiche - teilweise nach allgemeinen Richtlinien.



Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie



- in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung und eine langjährige fachspezifische Berufserfahrung sowie eine entsprechende Fortbildung erworben werden



oder



- auf einem anderen Wege erworben wurden.



..."



Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (z. B. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 4 AZR 365/20 - Rn. 21, juris = ZTR 2022, 155; BAG, Urteil vom 13. Juli 2021 - 3 AZR 363/20 - Rn. 23, juris = NZA 2021, 1504).



1. Übertragene Arbeit



Grundlage der Eingruppierung ist nach § 3 Nr. 1 ERA die dem Beschäftigten übertragene Arbeit (Tätigkeiten, Aufgaben, Aufgabengebiete oder Aufgabenbereiche).



Die dem Kläger im Streitzeitraum übertragene Arbeit ist diejenige eines Experten auf dem Gebiet der DSL/G.fast Technologie (Subject Matter Expert). Der Kläger hat kundenspezifische Anforderungen zu analysieren und Lösungen zu entwickeln. Wegen der einzelnen Arbeiten und der hierzu erforderlichen Kenntnisse bzw. Erfahrungen wird auf die Stellenausschreibung mit E-Mail vom 02.10.2020 verwiesen. Dass diese Darstellung insoweit zutrifft, ist zwischen den Parteien nicht im Streit.



2. Anforderungen an den Beschäftigten aus der übertragenen Arbeit



Anforderung der Entgeltgruppe 10 ERA ist, dass dem Beschäftigten Aufgabenbereiche im Rahmen von allgemeinen Richtlinien übertragen sind, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben werden oder auf anderem Wege erworben wurden.



Zu unterscheiden ist nach der tarifvertraglichen Systematik zwischen Aufgaben, Aufgabengebieten und Aufgabenbereichen (vgl. § 3 Nr. 1 Abs. 1 ERA). Diese Reihenfolge beschreibt den sich von den unteren zu den höheren Entgeltgruppen jeweils vergrößernden Aufgabenzuschnitt. Dementsprechend beinhaltet ein Aufgabengebiet im Regelfall mehrere Aufgaben, während sich ein Aufgabenbereich grundsätzlich auf mehrere Aufgabengebiete erstreckt. Der Begriff "Aufgabengebiete" findet sich in den Entgeltgruppen 8 und 9 ERA. Anforderung der Entgeltgruppe 8 ERA ist die Übertragung fachgebietsübergreifender Aufgabengebiete, deren Erledigung im Rahmen von bestimmten Richtlinien erfolgt. In der Entgeltgruppe 9 ERA müssen dem Beschäftigten komplexe Aufgabengebiete im Rahmen von Richtlinien übertragen sein. In den Entgeltgruppen 10 und 11 ERA muss es sich sodann um Aufgabenbereiche handeln, die entweder im Rahmen von allgemeinen Richtlinien (Entgeltgruppe 10) oder nur teilweise nach allgemeinen Richtlinien (Entgeltgruppe 11) zu erledigen sind.



Bei der Auslegung der Begriffe Aufgaben, Aufgabengebiete und Aufgabenbereiche sind die hierfür jeweils erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu berücksichtigen, da diese Rückschlüsse auf den damit verbundenen typischen Aufgabenzuschnitt zulassen. Grundlage der Eingruppierung ist zwar nicht der Abschluss eines bestimmten Ausbildungsgangs. Beschäftigte können auch dann in einer bestimmten Entgeltgruppe einzugruppieren sein, wenn sie den dort angesprochenen beruflichen Ausbildungsgang nicht durchlaufen haben, die übertragene Arbeit allerdings die Anforderungen dieser Gruppe erfüllt (§ 3 Nr. 2 Abs. 2 ERA). Andererseits begründet ein bestimmter Ausbildungsgang für sich allein noch keinen Anspruch auf Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe, wenn die übertragene Arbeit diesen Ausbildungsgang nicht verlangt (§ 3 Nr. 2 Abs. 4 ERA). Ausschlaggebend ist, welche Kenntnisse und Fertigkeiten die übertragene Arbeit erfordert. Diese Kenntnisse und Fertigkeiten bilden zugleich den Maßstab für die an Sinn und Zweck der Tarifnorm orientierte Auslegung der Tarifmerkmale.



Die Wahrnehmung von Aufgabengebieten erfordert Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie entweder in der Regel durch eine abgeschlossene zweijährige Fachschulausbildung oder aber durch eine abgeschlossene fachspezifische mindestens dreijährige Berufsausbildung und zusätzlich langjährige Berufserfahrung sowie eine zusätzliche spezielle Weiterbildung erworben werden (Entgeltgruppe 8 ERA) bzw. wie sie entweder durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung oder aber eine abgeschlossene zweijährige Fachschulausbildung und zusätzlich mehrjährige Berufserfahrung sowie eine zusätzliche spezielle Weiterbildung erworben werden (Entgeltgruppe 9 ERA).



Die Wahrnehmung von Aufgabenbereichen erfordert Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben werden, in der Entgeltgruppe 11 ERA darüber hinaus durch langjährige fachspezifische Berufserfahrung und durch entsprechende Fortbildung.



Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung, zu der auch eine Fachhochschulausbildung gehört (§ 3 Nr. 7 ERA), vermittelt werden, sind sowohl in der Entgeltgruppe 9 als auch in der Entgeltgruppe 10 ERA angesprochen. Während in der Entgeltgruppe 9 ERA auch Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie durch eine abgeschlossene zweijährige Fachschulausbildung und eine mehrjährige Berufserfahrung sowie eine zusätzliche spezielle Weiterbildung erworben werden, genügen können, ist das in der Entgeltgruppe 10 ERA nicht mehr der Fall. In der Entgeltgruppe 11 ERA werden Kenntnisse und Fertigkeiten verlangt, die über eine abgeschlossene Hochschulausbildung hinausgehen. Das Wissen und Können muss eine Steigerung in Form einer langjährigen fachspezifischen Berufserfahrung sowie durch eine entsprechende Fortbildung erfahren haben.



Der Begriff "Aufgabengebiet" bezeichnet einen Aufgabenzuschnitt, der Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, wie sie durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung vermittelt werden. In der Breite und Tiefe hat dieser Aufgabenzuschnitt allerdings einen kleineren Umfang als ein "Aufgabenbereich". Selbst wenn es sich um ein "komplexes Aufgabengebiet" handelt, so weist dieses dennoch eine gewisse Begrenzung in der Bandbreite und in der Aufgabenvielfalt auf. In einem Aufgabengebiet - mag dieses auch komplex sein - sind verschiedene Aufgaben zusammengefasst, die der Anzahl nach, aufgrund einer gewissen Ähnlichkeit, der Größe nach oder aus sonstigen Gründen nicht das bei dem angesprochenen Ausbildungsgang insgesamt mögliche Ausmaß erreichen.



"Aufgabenbereiche" im Sinne des Tarifvertrages erstrecken sich über mehrere, unterschiedliche Aufgabengebiete. Für die Wahrnehmung von Aufgabenbereichen im Rahmen von allgemeinen Richtlinien (Entgeltgruppe 10 ERA) sind Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben werden oder auf einem anderen Wege erworben wurden. Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie durch eine abgeschlossene zweijährige Fachschulausbildung und eine mehrjährige Berufserfahrung sowie eine zusätzliche spezielle Weiterbildung erworben werden (Entgeltgruppe 9 ERA), genügen im Rahmen der Entgeltgruppe 10 ERA hingegen nicht mehr. Da sich ein Aufgabenbereich über die gesamte Breite und Tiefe einer abgeschlossenen Hochschulausbildung erstreckt, sind grundsätzlich Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich, wie sie durch eine solche Ausbildung vermittelt werden.



Nicht erforderlich sind hingegen Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie erst durch eine langjährige fachspezifische Berufserfahrung sowie eine entsprechende Fortbildung erworben werden. Diese Anforderung stellt erst Entgeltgruppe 11 ERA. Mit der Entgeltgruppe 11 ERA endet das Eingruppierungssystem des Entgeltrahmentarifvertrages. Auf Beschäftigte, die einen Aufgabenbereich haben, der höhere Anforderungen als die Entgeltgruppe 11 ERA stellt, findet der Entgeltrahmentarifvertrag keine Anwendung mehr, sofern auch die übrigen Voraussetzungen vorliegen (§ 1 Nr. 2.2 ERA).



Dem Kläger ist ein Aufgabenbereich übertragen, den er im Rahmen von allgemeinen Richtlinien wahrnimmt und wozu Kenntnisse sowie Fertigkeiten erforderlich sind, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben werden. Dass die dem Kläger übertragene Arbeit einen Bachelor- bzw. Diplomabschluss im Bereich Technische Informatik, Netzwerktechnologie bzw. Elektrotechnik/Nachrichtentechnik erfordert, lässt sich bereits der Stellenausschreibung vom 02.10.2020 entnehmen, in der ausdrücklich auf diese Ausbildungsgänge Bezug genommen wird. Die weiteren Ausführungen der Beklagten hierzu bestätigen dieses Anforderungsprofil. Das von der Beklagten erwartete Expertenwissen der ADSL-, VDSL2-, Vectoring- und G.fast-Technologie und deren mathematischen Grundlagen, das schnelle Verständnis komplexer Zusammenhänge und die erwarteten umfangreichen Kenntnisse der in- und ausländischen Netz- und Kabelinfrastruktur sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine der genannten Hochschulausbildungen erworben werden.



Gegenstand des Bachelor-Studiengangs Elektrotechnik an der Hochschule Stralsund beispielsweise sind



• Naturwissenschaftliche Grundlagen (Mathematik, Physik),



• Technische Grundlagen (Werkstofftechnik, Programmierungstechnik, Messtechnik, Regelungstechnik),



• Elektrotechnische Grundlagen (analoge und digitale Schaltungen, Mikroprozessortechnik, Elektromagnetische Verträglichkeit, Elektronik-Design),



• Nachrichten- und Hochfrequenztechnik,



• Optische Nachrichtentechnik,



• Nachrichtensysteme



(Studienordnung für den Bachelor-Studiengang Elektrotechnik an der Fachhochschule B-Stadt vom 10.03.2016 in der Fassung der 2. Satzung zur Änderung dieser Studienordnung vom 31.05.2021).



Dem Kläger ist nicht nur ein Aufgabengebiet, sondern ein Aufgabenbereich übertragen. Die ihm übertragene Arbeit erstreckt sich über die gesamte Bandbreite des hier einschlägigen Ausbildungsgangs. Insbesondere beim Troubleshooting von DSL/G.fast-Problemen sind zielgerichtet die unterschiedlichen Fehlerquellen abzuprüfen und praktikable, kurzfristige Lösungen zu entwickeln. Hier sind regelmäßig mehrere Aufgabengebiete berührt. Gleiches gilt für das Troubleshooting auf den Technologiegebieten ADSL2+, VDSL2 Vectoring, System-Level-Vectoring, G.fast Vectoring in Twisted Pair & Coax-Mischszenarien, Reverse Power Feeding und GPON und XGS-PON. Hierfür notwendig sind vertiefte Kenntnisse der verschiedenen Technologien von Kupferkabeln, Glasfaser und Kombination hiervon. Auch die Beklagte geht in der Stellenausschreibung davon aus, dass es sich hierbei um verschiedene Technologiegebiete handelt. Das Weiterentwickeln der Testautomatisierung berührt ebenfalls verschiedene Aufgabengebiete. Gleiches gilt für die Interoperabilitätsprüfung und -analyse von Modems verschiedener Hersteller. Angesichts der unterschiedlichen Baugruppen in den Geräten und deren Programmierung in Kombination mit den verschiedenen Kabeltypen und Übertragungstechniken beschränkt sich die Arbeit nicht auf ein einzelnes Aufgabengebiet, sondern geht weit darüber hinaus. Es ist nicht nur der gesamte Bereich einer einschlägigen Hochschulausbildung berührt. Das dort vermittelte Wissen muss auch durch praktische Tätigkeit vertieft, ausgebaut und gefestigt worden sein.



Es handelt sich jedoch nicht um einen komplexen Aufgabenbereich, für den nur zum Teil allgemeine Richtlinien bestehen und der Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, wie sie nicht allein in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung, sondern zusätzlich durch eine langjährige fachspezifische Berufserfahrung sowie eine entsprechende Fortbildung erworben werden.



Komplex bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch "nicht allein für sich auftretend" oder "ineinanderübergreifend" (Duden, Bedeutungswörterbuch, 5. Aufl. 2018, Stichwort: komplex). Der Aufgabenbereich muss eine Komplexität aufweisen, die nicht nur Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, wie sie nicht mehr in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben werden, sondern darüber hinaus Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, wie sie durch eine langjährige fachspezifische Berufserfahrung und durch eine entsprechende Fortbildung erworben werden. Entgeltgruppe 11 ERA ist die oberste Gruppe des Eingruppierungssystems und stellt dementsprechend hohe Anforderungen.



Die dem Kläger übertragene Arbeit erfordert zwar Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben werden. Die Arbeiten gehen jedoch nicht über das einschlägige Fachgebiet der Elektrotechnik/Nachrichtentechnik hinaus. Sie greifen nicht auf ein anderes Fachgebiet über, sodass auch aus diesem zumindest Grundlagenkenntnisse nötig sind. Die vom Kläger im Laufe der Jahre absolvierten betriebsinternen und externen Schulungen vermittelten keine Kenntnisse und Fertigkeiten fachübergreifender Art. Die Schulungen dienten im Wesentlichen der Aktualisierung und Vertiefung des Wissens im Bereich Elektrotechnik/Nachrichtentechnik. Das gilt auch für die Schulungen zu modernen Organisation- und Führungsmodellen im Aufgabenbereich des Klägers (Scrum-Master, Scaled-Agile-Framework).



3. Gesamtheitliche Bewertung der die Arbeit prägenden Anforderungen



Die sich aus der übertragenen Arbeit ergebenden Anforderungen sind, soweit sie die übertragene Arbeit im Wesentlichen prägen, in ihrer Gesamtheit zu bewerten (§ 3 Nr. 1 Abs. 2 ERA). Einzelne Arbeitsanteile und deren zeitlicher Umfang (Prozente) sind unerheblich.



Prägend sind diejenigen Anforderungen, die die Wertigkeit der Arbeit bestimmen (§ 3 Nr. 1 Abs. 2 ERA). Wertbestimmend für die Arbeit sind Anforderungen, die nicht nur gelegentlich, sondern auf Dauer und ständig hiermit verbunden sind und der Arbeit, gleichsam einer Münze, den Stempel aufdrücken, also das Erscheinungsbild ausmachen. Ausschlaggebend sind diejenigen Anforderungen, die eine Arbeit charakterisieren und ihr unverzichtbarer Bestandteil sind. Prägend ist das, was einer Arbeit dauerhaft ihr Gesicht verleiht und Wesensmerkmal ist.



Im Wesentlichen prägend für die dem Kläger übertragene Arbeit sind die Anforderungen der Entgeltgruppe 10 ERA. Anforderungen aus einer höheren Entgeltgruppe stellt diese Arbeit nicht. Andererseits geht sie jedoch in ihrer Gesamtheit über die Anforderungen der Entgeltgruppe 9 ERA hinaus. Die Wertigkeit der Arbeit wird durch die Anforderungen der Entgeltgruppe 10 ERA, also der Erforderlichkeit einer elektrotechnischen/nachrichtentechnischen Hochschulausbildung in ihrer gesamten Bandbreite und Tiefe, bestimmt. Das verleiht der dem Kläger übertragenen Arbeit dauerhaft ihren Charakter.



Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

Vorschriften§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG, § 5 Abs. 3 BetrVG, § 92 Abs. 1 ZPO