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Beschluss vom 01.07.2022 · IWW-Abrufnummer 233114

Landesarbeitsgericht München - Aktenzeichen 7 TaBV 70/21

Der Betriebsrat hat verlangt, dass er Sprechstunden in der Verkaufsfiliale abhalten kann und dass ihm die Arbeitgeberin dafür ein Zimmer zur Verfügung stellt bzw. eine abgetrennte Fläche, in der für Vertraulichkeit Sorge getragen ist. Vorab ist im selben Verfahren mit rechtskräftigen Teilbeschluss entschieden worden, dass das Betriebsratsbüro in einer circa 800 m von der Filiale entfernten von der Arbeitgeberin angemieteten Räumlichkeit liegen darf, da in der Filiale kein Raum für ein Betriebsratsbüro vorhanden ist. Wegen der fehlenden Räumlichkeiten in der Filiale, ist der Betriebsrat gehalten auch seine Sprechstunden im Betriebsratsbüro abzuhalten. Die zu Gunsten des Betriebsrats ergangene Entscheidung des Arbeitsgericht war daher abzuändern.


Tenor:

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 10.11.2021 - 2 BV 31/18 abgeändert.

Der vom Betriebsrat zuletzt noch gestellte Antrag wegen Zimmer für eine Sprechstunde wird abgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.



Gründe



A



Die Beteiligten streiten soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Interesse darüber, an welchem Ort der Betriebsrat Sprechstunden abhalten kann.



Die Beteiligte zu 2 (fortan: Arbeitgeberin) ist ein Einzelhandelsunternehmen, das ua. eine Filiale in A. in der C. betreibt, in der ca. 50 Mitarbeiter beschäftigt sind. Seit Dezember 2017 gibt es in der Filiale in A. einen Betriebsrat mit drei Personen.



In der A. Filiale gibt es vier Lagerbereiche, die derzeit wie folgt aufgeteilt sind: Das Herrenlager, das ehemalige Materiallager, nun ebenfalls ein Herrenlager und gleichzeitig Raum für den Onlineversand, ein Kinderlager sowie ein Damenlager, gleichzeitig auch für den Onlineversand. Der Betriebsrat verfügte zunächst über keinen Büroarbeitsplatz mit entsprechender Ausstattung und über kein eigenes Betriebsratsbüro und bis zum 17.09.2018 wurde dem Betriebsrat für sämtliche Betriebsratstätigkeiten das sogenannte Managerbüro bei Bedarf - d.h. sofern es nicht für Manageraufgaben benötigt wurde - überlassen. Zwischenzeitlich hat die Arbeitgeberin außerhalb ihrer Filiale im D. in A. für den Betriebsrat einen Büroraum angemietet, der mit Möbeln, IT und Telefon ausgestattet ist. Die räumliche Entfernung zwischen diesem Büro und der Filiale beträgt je nach gewählter Wegstrecke zwischen 750 und 900 m. Am 17.09.2018 übergab die Arbeitgeberin dem Betriebsrat die Schlüssel zu diesem Raum und teilte ihm gleichzeitig mit, dass das Managerbüro nunmehr nicht mehr für Betriebsratstätigkeiten zur Verfügung stehe.



Daraufhin verlangte der Betriebsrat im vorliegenden Verfahren ua., dass ihm in den Räumlichkeiten der Filiale ein Büro für seine Arbeit zu Verfügung gestellt wird.



Das Arbeitsgericht hat diesen Antrag mit Teilbeschluss vom 09.01.2019 abgewiesen (vgl. Bl. 139 d.A.), wobei es auch ausgeführt hat, dass der Betriebsrat keinen Anspruch auf Nutzung oder Zurverfügungstellung des Managerbüros habe. Die vom Betriebsrat dagegen zum Landesarbeitsgericht eingelegte Beschwerde hat er mit Schriftsatz vom 28.09. 2020 zurückgenommen (Bl. 313 d.A.).



Vor dem Arbeitsgericht hat sich der Betriebsrat weiterhin darauf berufen, dass ihn die Zuweisung des Büros im D. in seiner Arbeit behindern würde. Mitarbeiter, die den Betriebsrat aufsuchen wollten, müssten hierzu ca. 15 Minuten laufen. Ein ungehindertes Erreichen des Betriebsrats während der Arbeitszeit sei für die Belegschaft daher nicht gegeben. Die Überlassung des Managerbüros, wenn auch nur vorübergehend, sei der Arbeitgeberin im Übrigen nicht unmöglich. Der Betriebsrat habe Kenntnis, dass E. selbst für ihren Betriebsrat Räumlichkeiten entsprechend umgebaut habe, so dass der Betriebsrat in diesem Gebäude ein Betriebsratsbüro habe und im Unternehmen F. bestünde die Möglichkeit, vor Ort den Betriebsrat für Notfälle aufzusuchen, die Sitzungen fänden indes wöchentlich im G. statt.



Vor dem Arbeitsgericht hat der Betriebsrat gemäß dem Schlussbeschluss des Arbeitsgerichts vom 10.11.2021 Seite 3 und 4 (Bl. 340 - 341 d.A.) zuletzt beantragt,



1. Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, dem Betriebsrat ein funktionsfähiges (beheizbar, beleuchtet) abschließbares Betriebsratsbüro in der Filiale am H. in 00000 A. zur Verfügung zu stellen ab stattgebender Entscheidung durch das Arbeitsgericht.



Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit der Ziffer 1:



2. Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, dem Betriebsrat zweimal pro Woche zu einer festen Zeit, nämlich Montag von 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr und donnerstags von 15.30 Uhr bis 16.30 Uhr, ein Zimmer für eine Sprechstunde für die Belegschaft zur Verfügung zu stellen, ggf. auch den Materialraum, in den Filialräumen am H. in 00000 A.



Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Ziffer 1 und 2 beantragt die Antragstellervertreterin nunmehr als Ziffer 3:



3. Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, dem Betriebsrat ein funktionsfähiges (beheizbar, beleuchtet) abschließbares Betriebsratsbüro im C. am H. in 00000 A. zur Verfügung zu stellen ab stattgebender Entscheidung durch das Arbeitsgericht.



Die Arbeitgeberin hat die Abweisung des Antrags beantragt.



Die Arbeitgeberin hat ausgeführt, sie verfüge in der Filiale in A. nur über einen Büroraum und dass dieser als Managerbüro für die Erledigung der Manageraufgaben durch die Manager der Filiale täglich für Büroarbeiten und Mitarbeitergespräche genutzt werde. Zwar sei dem Betriebsrat die Mitnutzung des Raumes zeitweise gestattet worden, doch sei dies für die Arbeitgeberin nicht mehr zumutbar, da den Managern der Raum während der Nutzungszeiten des Betriebsrats nicht mehr zur Verfügung stünde und sie zu dieser Zeit auch keinen Zugriff auf die administrativen Unterlagen hätten. Weiter hat sie sich darauf berufen, dass in dem ehemaligen Materialraum, der mittlerweile unstreitig als Herrenlager und für den Onlineversand genutzt werde, permanent Betrieb sei und dass dort Auffüllware gelagert sei, derzeit Sweatshirts, Schuhe und Accessoires. Die Arbeitgeberin habe den Anspruch des Betriebsrats auf Überlassung eines Betriebsratsbüros durch die Überlassung des Büros im D. erfüllt. Wesentliche Nachteile, die dem Betriebsrat durch die Nutzung des Büros im D. drohten, seien weder dargelegt noch glaubhaft gemacht und die pauschale Behauptung, die Betriebsratsarbeit werde durch die räumliche Entfernung zwischen D. und Filiale unterbunden, sei nicht nachvollziehbar. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Mitarbeiter von einer Kontaktaufnahme mit dem Betriebsrat abgehalten würden, da die Wegezeiten ohnehin Arbeitszeiten seien und als solche zu vergüten seien.



Hinsichtlich des weiter Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie auf den gesamten sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.



Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats im Wege einer Auslegung wie folgt stattgegeben:



Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, dem Betriebsrat zweimal pro Woche zu einer festen Zeit, nämlich Montag von 12:30 bis 13:30 Uhr und Donnerstag von 15:30 bis 16:30 Uhr, ein Zimmer für eine Sprechstunde für die Belegschaft zur Verfügung zu stellen in den Filialräumen am H. in 00000 A. bzw. eine abgetrennte Fläche, in der für Vertraulichkeit Sorge getragen ist.



Im Übrigen hat es den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen.



Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, dass nur noch über Ziffer 3 des Antrags zu entscheiden war und hat im Rahmen seiner Tenorierung auch keinen Verstoß gegen § 308 I ZPO gesehen. Es hat zunächst auf § 40 Abs. 2 BetrVG verwiesen, wonach der Arbeitgeber ua. für die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung des Betriebsrats in erforderlichem Umfang Räume zur Verfügung zu stellen habe. Sodann hat es darauf verwiesen, dass es unstreitig in der Filiale der Arbeitgeberin am H. in A. zuletzt vier verschiedene Lagerräume gegeben habe und dass es dem Arbeitgeber insbesondere im Hinblick auf die Organisation und unter Berücksichtigung von Art. 12 GG unzumutbar sei, auch nur für einen begrenzten Zeitraum von zwei Stunden in der Woche an festen Tagen einen dieser Lagerräume ausschließlich dem Betriebsrat zur Nutzung und Abhalten einer "Sprechstunde" zu überlassen. Sodann hat das Arbeitsgericht aber gemeint, dass es der Arbeitgeberin jedoch möglich und auch zumutbar sei, in einem dieser Räume nach ihrer Wahl dem Betriebsrat eine ausreichend große Fläche (Tisch/Stühle) zur Verfügung zu stellen zwecks Abhaltens einer einstündigen Sprechstunde. Auf diese Weise wäre zweimal in der Woche sichergestellt, dass Mitarbeiter/innen den Betriebsrat rasch und auch spontan aufsuchen könnten.



Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Seiten 6 - 10 (Bl. 343 - 347 d.A.) des erstinstanzlichen Schlussbeschlusses verwiesen.



Die Arbeitgeberin hat gegen diesen Beschluss vom 10.11.2021, der ihr am 02.12.2021 zugestellt wurde mit einem am 08.12.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, die sie mit einem am 03.03.2022 eingegangenen Schriftsatz begründet hat, nachdem zuvor die Beschwerdebegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war.



Die Arbeitgeberin hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für rechtsfehlerhaft. Sie verweist weiterhin darauf, dass in der Filiale kein separates Zimmer, das dem Betriebsrat für eine Sprechstunde zur Verfügung gestellt werden könnte, bestünde. Neben den Sozialräumen, Umkleideräumen, WC, Aufenthaltsraum für Mitarbeiter, Putzraum, Technikraum und dem Raum, in dem der Safe aufbewahrt werde, stehe der Arbeitgeberin in der Filiale A. nur ein weiterer Raum zur Verfügung, der als Büroraum genutzt werden könne. Dieser stehe ausschließlich dem Management der Filiale (Filialdirektor, stellvertretender Filialleiter, zwei Abteilungsleiter) als Managerbüro zur Verfügung und werde von diesen täglich für die Erledigung sämtlicher administrativer Tätigkeiten genutzt. Die Manager benötigen zur Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben jederzeit Zugriff auf die vertraulichen notwendigen administrativen Unterlagen (Tagesplanung, Personalplanung, Protokoll, Mitarbeitergespräch etc.), die im Managerbüro gelagert würden und dies habe das Arbeitsgericht mit Teilbeschluss vom 09.01.2019 - 2 BV 31/18 auch rechtskräftig festgestellt. Es könne auch keine abgetrennte Fläche, in der für Vertraulichkeit Sorge getragen ist, geschaffen werden, denn es fehle schlicht an den räumlichen Kapazitäten in der Filiale. Es würden auch sämtliche Lagerräumlichkeiten vollständig benötigt und die Lagerräume seien vollständig ausgelastet und es bestünden grundsätzlich in allen Lagerräumen Kapazitätsprobleme. Für die Arbeitgeberin sei auch nicht ersichtlich, wie in der Filiale eine abgetrennte Fläche geschaffen werden solle, in der für Vertraulichkeit Sorge getragen sei. Es könne nicht nachvollzogen werden, wie durch den Einsatz der vom Arbeitsgericht erwähnten Abtrennwände, die aus Behördenzimmern bekannt sein sollten, für die Vertraulichkeit Sorge getragen sein soll. Die Arbeitgeberin kenne keine Abtrennwände, auch nicht aus Behördenzimmern, die eine Vertraulichkeit gewährleisten und auch der Betriebsrat trage nicht konkret vor, wie eine Vertraulichkeit sichergestellt werden könne. Unabhängig davon könnten die Betriebsratsmitglieder sich aber jederzeit auch insbesondere während der Arbeitszeit von der Verkaufsfläche zurückziehen und in den Sozialräumen oder auch außerhalb der Filiale das Gespräch mit einem Mitarbeiter führen. Der Arbeitgeberin sei nicht bekannt, dass Mitarbeiter nicht mit dem Betriebsrat sprechen würden, weil dieser keinen Raum in der Filiale für eine feste Sprechstunde habe. Für die Mitarbeiter bestehe entgegen der Darstellung des Betriebsrats sehr wohl jederzeit die Möglichkeit, den Betriebsrat kurzfristig zu kontaktieren und gegebenenfalls auch einen Termin für ein Folgegespräch im Betriebsratsbüro zu vereinbaren. Zu berücksichtigen sei auch, dass der vormalige Hauptantrag des Betriebsrats auf Zurverfügungstellung eines Betriebsratsbüros in der Filiale mit Teilbeschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 09.01. 2019 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Weiter habe das Arbeitsgericht Augsburg auch in seinem Teilbeschluss vom 09.01.2019 rechtskräftig festgestellt, dass es der Arbeitgeberin unzumutbar sei, dem Betriebsrat das Managerbüro zur Verfügung zu stellen. Zu berücksichtigen sei weiter, dass die Lagerräume von den Mitarbeitern der Filiale ständig frequentiert werden könnten und während der Öffnungszeiten der Filiale nicht für die Mitarbeiter geschlossen werden können. Den Mitarbeitern müsse es jederzeit möglich sein Lager ein- und aufzuräumen, Online-Bestellungen, insbesondere Rücksendungen zu bearbeiten und auf der Verkaufsfläche fehlende Ware aus dem Lager zu holen und aufzufüllen. Die Betriebsabläufe der Arbeitgeberin würden massiv gestört, wenn beispielsweise Kunden nicht bedient werden könnten, weil die Mitarbeiter entsprechende Ware nicht aus dem Lager holen könnten.



Die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei auch widersprüchlich, denn zum einen stelle es fest, dass es keinen Raum gebe, der dem Betriebsrat zur Verfügung gestellt werden könnte und gleichwohl werde im Tenor ausgesprochen, dass die Arbeitgeberin "ein Zimmer" zur Verfügung zu stellen habe. Die Arbeitgeberin hält insbesondere auch den vom Arbeitsgericht formulierten Antrag nicht für hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 ZPO. Nach Ansicht der Arbeitgeberin sei es jedenfalls ausreichend, dass der Betriebsrat im D. sein Betriebsratsbüro habe und ein weiteres Zimmer in der Filiale sei für den Betriebsrat nicht erforderlich.



Die Arbeitgeberin beantragt,



Der Schlussbeschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 10.11.2021, Az. 2 BV 31/18 wird abgeändert.



Die Anträge werden zurückgewiesen.



Der Betriebsrat beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.



Der Betriebsrat verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Er verweist auch darauf, dass die Auswahl der Sprechstundenzeiten die üblichen Pausenzeiten betreffe und mithin nicht gerade die "Rush Hour". Die Fixierung auf zwei Tage mit festen Stunden gebe der Arbeitgeberin zudem Planungssicherheit, so dass in diesen Zeiten auch die möglichen Pausen geplant werden könnten. Aus der Vehemenz der Führung dieses Verfahrens werde die eigentliche Intention der Arbeitgeberin, nämlich mit allen Mitteln den Betriebsrat bzw. die Betriebsratsarbeit mindestens seit dem Jahre 2018 aus der Filiale fernzuhalten, deutlich. Von besonderer Bedeutung sei auch, dass es nur in besonders gelagerten Fällen genüge, wenn die Arbeitgeberin Räume außerhalb des Betriebsgebäudes zur Verfügung stelle. Grundsätzlich sei aber davon auszugehen, dass eine ordnungsgemäße Erfüllung der Betriebsratsarbeit es erfordere, dass sowohl der Büroraum als auch ein etwaiger Besprechungsraum des Betriebsrats im Betriebssitz der Betriebsleitung sein müssten um eine ordnungsgemäße Erfüllung der Betriebsratsaufgaben zu gewährleisten.



Zum weiteren Sachvortrag der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 03.03.2022 (Bl. 380-395 d. A.), 17.06.2022 (Bl. 420-424 d. A.) und vom 23.06.2022 (Bl. 426-428 d. A.) samt ihren Anlagen Bezug genommen. Des Weiteren wird insbesondere zur Prozessgeschichte auf die Sitzungsniederschrift vom 01.07.2022 (Bl. 430-432 d. A.) sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.



B



Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch darauf, dass ihm in der Filiale der Beklagten, wie vom Arbeitsgericht zugesprochen, Räumlichkeiten zur Abhaltung von Sprechstunden zur Verfügung gestellt werden. Dementsprechend war der Beschluss des Arbeitsgerichts abzuändern.



1. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Büropersonal sowie Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen (vgl. BAG, 17.02.2010 - 7 ABR 81/09).



a) Zwar kann ein Arbeitnehmer den Betriebsrat, soweit dies erforderlich ist, grundsätzlich jederzeit, auch außerhalb der Sprechstunden, in Anspruch nehmen. Dabei muss er aber auf die betrieblichen Notwendigkeiten Rücksicht nehmen (vgl. BAG, 23.06.1983 - 6 ABR 65/80). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss der einzelne Arbeitnehmer grundsätzlich die Möglichkeit haben, im Bedarfsfall zeitnah die einzelnen Betriebsratsmitglieder aufzusuchen (vgl. BAG, 30.06.1993 - 7 ABR 64/92; vgl. zum Ganzen BAG, 17.05.2017 - 7 ABR 21/15).



b) Auch der einzelne Arbeitnehmer muss grundsätzlich die Möglichkeit haben, immer dann, wenn er es für nötig hält, zeitnah an die einzelnen Mitglieder des Betriebsrats heranzutreten. Der Betriebsrat ist insgesamt der berufene Vertreter der Belegschaft. Es geht daher nicht an, die Arbeitnehmer praktisch nur auf die Sprechstunden oder auf bestimmte ortsansässige Betriebsratsmitglieder zu verweisen. Jedes einzelne Betriebsratsmitglied genießt das in ihn gesetzte Vertrauen der Belegschaft. Jeder Arbeitnehmer muss daher auch die Möglichkeit haben, das Betriebsratsmitglied seines Vertrauens aufzusuchen, ohne hieran allein wegen der räumlichen Entfernung gehindert zu sein (vgl. BAG, 30.06. 1993 - 7 ABR 64/92 mwN.).



2. Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich nicht zwingend, dass vom Betriebsrat festgelegte Sprechstunden wegen größerer Nähe zur Filiale außerhalb des Betriebsratsbüros stattfinden müssen. Maßgeblich ist vor allem, dass nach der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30.06.1993 der einzelne Arbeitnehmer gerade nicht nur auf die Sprechstunden des Betriebsrats verwiesen werden kann. Er muss vielmehr vorrangig die Möglichkeit haben, das einzelne Betriebsratsmitglied seines Vertrauens zeit-und ortsnah aufzusuchen.



a) Dies ist vorliegend der Fall, denn die Belegschaft kann jederzeit in der Filiale einzelne Betriebsratsmitglieder ansprechen ohne das Betriebsratsbüro im D. aufzusuchen. Insoweit erscheint die Einrichtung von Sprechstunden für die Belegschaft im Verhältnis zum Aufsuchen des einzelnen Betriebsratsmitglieds des Vertrauens zweitrangig.



b) Bei dieser Sachlage ist auch von besondere Bedeutung, dass sich der Betriebsrat durch die rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichts mit der Lage des Betriebsratsbüros im D. zufrieden stellen muss, weil entsprechende Räume in der Filiale der Arbeitgeberin nicht vorhanden sind und diese nach der rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts auch nicht verpflichtet ist, dem Betriebsrat das Managerbüro zur Verfügung zu stellen. Dann aber gleichsam durch die Hintertür und unter Umgehung der maßgeblichen Gründe des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 09.01.2019 die Arbeitgeberin zu verpflichten, Räume in der Filiale zur Verfügung zu stellen, wäre widersprüchlich und willkürlich. Es wäre auch ein nicht zu begründender Wertungswiderspruch trotz des Vorhandenseins eines Betriebsratsbüros die Arbeitgeberin zu verpflichten, dass Sprechstunden außerhalb dieses Büros stattfinden können. Denn wenn die Betriebsratsarbeit räumlich nur außerhalb der Filiale in diesem Büro möglich ist, dann hat dies konsequenterweise auch für die Festlegung und die Durchführung von Sprechstunden zu gelten. Dies insbesondre unter der Prämisse, dass der Arbeitnehmer vorrangig Anspruch darauf hat, ohne räumliche Hinderung das einzelne Betriebsratsmitglied seines Vertrauens jederzeit in der Filiale zu kontaktieren und ggf. auch einen speziellen Termin zu vereinbaren.



C



Die Kammer hält es für angebracht, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Auf die folgende Rechtsmittelbelehrungwird verwiesen.

Vorschriften§ 308 I ZPO, § 40 Abs. 2 BetrVG, Art. 12 GG, § 253 Abs. 2 ZPO