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Beschluss vom 09.12.2022 · IWW-Abrufnummer 233157

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg - Aktenzeichen 26 Ta (Kost) 6107/22

1. Der Wert einer Klage auf tatsächliche Beschäftigung ist gemäß §§ 23 Abs. 1 RVG, 48 Abs. 1 RVG, 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Maßgebend für die Wertfestsetzung ist dabei vor allem das objektiv zu bewertende Interesse der klagenden Partei an einer tatsächlichen Beschäftigung.

2. Um einen Wertungswiderspruch mit der Bewertung einer Bestandsstreitigkeit nach § 42 Abs. 4 GKG zu vermeiden, kann der Wert einer Beschäftigungsklage allerdings das Vierteljahresentgelt des Arbeitnehmers regelmäßig nicht übersteigen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 25. Mai 2009 - 17 Ta (Kost) 6029/09; 5. Oktober 2020 - 26 Ta (Kost) 6055/20).

Diese Grundsätze gelten auch für den Fall des Antrags auf Wiedereingliederung im Rahmen eines Hamburger Modells (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 3. April 2020 - 17 Ta (Kost) 6032/12, zu Nr. 2 der Gründe).

3. Es ist bei Anwendung dieser Grundsätze angemessen, die Klage auf Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes regelmäßig nicht mit weniger als zwei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass ein schwerbehinderter Mensch ein besonderes Interesse an einer behindertengerechten Beschäftigung hat; denn nur bei einer derartigen Tätigkeit ist gewährleistet, dass die Behinderung nicht zu Benachteiligungen und zu einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses führt.

4. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass eine Klage auf vorläufige Beschäftigung im gekündigten Arbeitsverhältnis mit bis zu einem Bruttomonatsverdienst zu bewerten ist und das Interesse des schwerbehinderten Menschen, dauerhaft seiner Behinderung entsprechend beschäftigt zu werden, als gewichtiger anzusehen ist.

Als Wertfaktor ist zu berücksichtigen, ob der Arbeitgeber jegliche Beschäftigung abgelehnt hat. Dann kommt auch eine Bewertung mit drei Bruttoeinkommen in Betracht (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 5. Oktober 2020 - 26 Ta (Kost) 6055/20).


Tenor:

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. September 2022 - 17 Ca 15245/20 - abgeändert und der Streitwert auf 11.175,56 Euro festgesetzt.



Gründe



I.



Das Arbeitsgericht hat den auf leidensgerechte Beschäftigung gerichteten Antrag mit einem Bruttoeinkommen bewertet. Der Beschwerdeführer macht mit der Beschwerde geltend, der Wert müsse auf zwei Bruttoeinkommen hochgesetzt werden.



II.



Die Beschwerde ist zulässig und begründet.



1) Der Wert einer Klage auf tatsächliche Beschäftigung ist gemäß §§ 23 Abs. 1 RVG, 48 Abs. 1 RVG, 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Maßgebend für die Wertfestsetzung ist dabei vor allem das objektiv zu bewertende Interesse der klagenden Partei an einer tatsächlichen Beschäftigung. Um einen Wertungswiderspruch mit der Bewertung einer Bestandsstreitigkeit nach § 42 Abs. 4 GKG zu vermeiden, kann der Wert einer Beschäftigungsklage allerdings das Vierteljahresentgelt des Arbeitnehmers regelmäßig nicht übersteigen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 25. Mai 2009 - 17 Ta (Kost) 6029/09; 5. Oktober 2020 - 26 Ta (Kost) 6055/20). Diese Grundsätze gelten auch für den Fall des Antrags auf Wiedereingliederung im Rahmen eines Hamburger Modells (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 3. April 2020 - 17 Ta (Kost) 6032/12, zu Nr. 2 der Gründe).



Es ist auch zu beachten, dass eine Klage auf vorläufige Beschäftigung im gekündigten Arbeitsverhältnis mit bis zu einem Bruttomonatsverdienst zu bewerten ist und das Interesse des schwerbehinderten Menschen, dauerhaft seiner Behinderung entsprechend beschäftigt zu werden, als gewichtiger anzusehen ist. Ein schwerbehinderter Mensch hat ein besonderes Interesse an einer behindertengerechten Beschäftigung; denn nur bei einer derartigen Tätigkeit ist gewährleistet, dass die Behinderung nicht zu Benachteiligungen und zu einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses führt. Als Wertfaktor ist zu berücksichtigen, ob der Arbeitgeber jegliche Beschäftigung abgelehnt hat. Dann kommt auch eine Bewertung mit drei Bruttoeinkommen in Betracht (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 5. Oktober 2020 - 26 Ta (Kost) 6055/20).



Es ist bei Anwendung dieser Grundsätze angemessen, die Klage auf Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes in der Regel nicht mit weniger als zwei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten.



2) Danach ist es hier angemessen, die Klage auf Zuweisung des leidensgerechten Arbeitsplatzes hier jedenfalls nicht mit unter zwei Bruttomonatsverdiensten in Ansatz zu bringen. III.



Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG. Das Verfahren ist gebührenfrei, § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG.



IV.



Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorschriften