Urteil vom 05.09.2022 · IWW-Abrufnummer 233207
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg - Aktenzeichen 21 Sa 2/22
1. Ein angestellter oder eine angestellte Rechtsanwält*in unterliegt in entsprechender Anwendung des § 60 HGB während des Arbeitsverhältnisses einem Wettbewerbsverbot. Das Wettbewerbsverbot bezieht sich sowohl auf die Übernahme von anwaltlichen Mandaten als auch auf die Übernahme von persönlichen Ämtern wie Nachlasspflegschaften, soweit der oder die Arbeitgeber*in solche übernimmt.
2. Verletzt der oder die angestellte Rechtsanwält*in das Wettbewerbsverbot, stehen dem oder der Arbeitgeberin Schadensersatzansprüche entsprechend § 61 HGB zu, soweit er oder sie nicht den Eintritt in die von dem oder der Arbeitnehmer*in wettbewerbswidrig geschlossenen Verträge wählt.
3. Zur Ermöglichung der Durchsetzung dieses Anspruchs steht dem oder der Arbeitgeber*in ein Auskunftsanspruch aus Treu- und Glauben zur Seite, der sich hinsichtlich der Konkurrenztätigkeit im anwaltlichen Bereich auf den Namen der Mandantschaft, die Art der erbrachten Leistungen, die getroffenen Vergütungsvereinbarungen sowie auf noch abrechenbare Leistungen nach Grund, Art und Höhe bezieht. Zudem hat der oder die konkurrierende Rechtsanwält*in die gestellten Rechnungen und die darauf bezogenen Kontobewegungen vorzulegen.
4. Soweit es um anwaltliche Mandate geht, die nicht über die Kanzlei des oder der Arbeitgeber*in zustande gekommen sind, ist die Auskunft in anonymisierter Form (Mandat 1, Mandat 2 usw.) zu erteilen. Die Belege sind entsprechend abzudecken oder zu schwärzen. Das ergibt sich aus der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht nach § 43 Abs. 2 Satz 1 BRAO, die den aus Treu und Glauben folgenden Auskunftsanspruch modifiziert. Die Abgrenzung erfolgt durch Abwägung der Interessen des oder der Arbeitgeber*in mit den Interessen der Mandantschaft des oder der konkurrierenden angestellten Rechtsanwält*in.
5. Die Übernahme einer Nachlasspflegschaft ist für sich genommen keine anwaltliche sondern eine wirtschaftliche Tätigkeit. Der insoweit bestehende Auskunftsanspruch erstreckt sich auf die für diese Tätigkeiten erstellten Abrechnungen und noch nicht abgerechneten Tätigkeiten. Eine Anonymisierung der Auskunft ist nicht geboten, weil die anwaltliche Schweigepflicht nicht gilt und auch die Interessen der Beteiligten nicht überwiegen. Was die Erblasser*innen angeht, beschränkt sich das postmortale, nach dem Ableben bestehende Persönlichkeitsrecht allein auf die Wahrung der Menschenwürde. Ein Schutz von Geheimhaltungsinteressen besteht grundsätzlich nicht. Die Nachlasspflegschaft betrifft bei typisierter Betrachtung auch nicht den persönlichen Bereich der Erb*innen.
6. Die Erteilung der Auskunft ist mit der Datenschutz-Grundverordnung vereinbar, da sie der Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung iSv. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. c DS-GVO dient. Aus Art. 90 Abs. 1 Satz 1 DS-GVO ergibt sich, dass die Mitgliedsstaaten berechtigt sind, Berufsgeheimnisse zu regeln.
7. Auf die Übergabe ergänzender Unterlagen in der mündlichen Verhandlung findet die Verpflichtung von Rechtsanwältinnen nach § 46g ArbGG, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument einzureichen, keine Anwendung. Offen bleibt, ob in der mündlichen Verhandlung auch Schriftsätze in anderer als elektronischer Form eingereicht werden können.
In Sachen
pp.
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 21. Kammer,
auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht .... als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter .... und den ehrenamtlicher Richter .... für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. November 2021 - 55 Ca 1819/21 und 55 Ca 9354/21 - teilweise abgeändert und insgesamt - teilweise zur Klarstellung - wie folgt neu gefasst:
"I. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über sämtliche Mandate und Geschäftsbesorgungen, die er in der Zeit vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2020 auf eigene Rechnung angenommen, bearbeitet und abgerechnet hat oder noch für den angegebenen Zeitraum abrechnen kann, und zwar
a) soweit er die Mandate über die Kanzlei des Klägers angenommen hat, unter Benennung der Mandantschaft, der Art der erbrachten Leistungen und der getroffenen Vergütungsvereinbarungen und unter Vorlage der erstellten Rechnungen und der darauf bezogenen Kontobewegungen auf den Geschäftskonten des Beklagten bei der Comdirect (IBAN-Nr.: DE92 2004 1133 0487 2255 00) und bei der N26 (IBAN-Nr.: DE63 1001 1001 2621 5508 47) sowie unter Mitteilung des noch Abrechenbaren nach Grund, Art und Höhe,
b) soweit der Kontakt zu der Mandantschaft hinsichtlich des Mandats unmittelbar zustande gekommen ist, unter Benennung der Mandantschaft, der Art der erbrachten Leistungen und der getroffenen Vergütungsvereinbarungen und unter Vorlage der erstellten Rechnungen und der darauf bezogenen Kontobewegungen auf den Geschäftskonten des Beklagten bei der Comdirect (IBAN-Nr.: DE92 2004 1133 0487 2255 00) und bei der N26 (IBAN-Nr.: DE63 1001 1001 2621 5508 47) sowie unter Mitteilung des noch Abrechenbaren nach Grund, Art und Höhe jeweils in anonymisierter Form.
II. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über alle Angelegenheiten, die er als Nachlasspfleger im Zeitraum vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2020 bearbeitet hat, und die für diese Tätigkeit erstellten Abrechnungen sowie die geleisteten Tätigkeiten, die noch abzurechnen sind.
III. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Informationen, Akten, Daten in Papier und/oder digitaler Form, sonstige Gegenstände und Informationen, die er aus dem Büro oder sonstigen Stellen des Klägers, von dessen Computer oder in sonstiger Weise kopiert/mitgenommen hat.
IV. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben in Bezug auf die Behauptungen, er habe keine Mandanten abgeworben und er habe keine Ämter als Testamentsvollstrecker im Zeitraum vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2020 ausgeführt, an Eides statt zu versichern.
V. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 758,38 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. März 2021 zu zahlen.
VI. Hinsichtlich der Klageanträge zu 1. und 8. wird die Klage im Übrigen abgewiesen. Hinsichtlich des Klageantrages zu 6. wird die Klage abgewiesen, soweit der Kläger vom Beklagten eine eidesstattliche Versicherung hinsichtlich "ähnlicher Ämter" verlangt hat."
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in dem Berufungsverfahren darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Auskunft über Mandate und Angelegenheiten zu erteilen, die der für den Kläger als angestellter Rechtsanwalt tätige Beklagte im Zeitraum vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2020 neben seinem Arbeitsverhältnis mit dem Kläger anwaltlich sowie als bestellter Nachlasspfleger bearbeitet hat.
Der Kläger ist Rechtsanwalt und betreibt eine Kanzlei mit Schwerpunkt unter anderem auf dem Erbrecht. In diesem Zusammenhang übernimmt die Kanzlei auch Nachlasspflegschaften und Testamentsvollstreckungen. Solche Ämter werden von den Gerichten jeweils an eine bestimmte Person vergeben.
Der Beklagte war bei dem Kläger seit dem 1. September 2015 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 10. August 2015 zunächst als Assessor und nach seiner Zulassung als Rechtsanwalt als angestellter Rechtsanwalt gegen eine monatliche Bruttovergütung von anfangs 3.000,00 Euro und zuletzt 8.000,00 Euro in Vollzeit beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete am 31. Dezember 2020.
Der Arbeitsvertrag der Parteien enthielt auszugsweise folgende Regelungen:
"...
§ 1 Anstellungsbeginn
Der Angestellte wird am 01. September 2015 als anwaltlicher Mitarbeiter eingestellt.
§ 2 Aufgabenbereich, Geheimhaltung
(a) Dem Angestellten werden von dem Arbeitsgeber Mandate vorwiegend aus dem Zivilrecht zugewiesen, die er vollumfänglich zu bearbeiten hat. ... Auf Weisung hat der Beklagte im Einzelfall auch in anderen Angelegenheiten Schriftsätze zu formulieren, Gutachten zu verfassen, Mandantengespräche zu führen und Gerichtstermine wahrzunehmen.
(b) Die Übernahme neuer Mandate für den Arbeitgeber durch den Angestellten ist gewünscht, bedarf aber seiner Zustimmung.
(c) Bei wichtigen Sachentscheidungen und in Zweifelsfällen oder auf Verlangen ist vom Angestellten über den Stand der von ihm bearbeiteten Angelegenheiten zu berichten. In Eilfällen ist die Rücksprache mit dem Arbeitgeber erforderlich.
(d) Gegenüber Mandanten, Behörden und Gerichten bedarf der Angestellte der individuellen oder generellen Vollmacht zur Geschäftsführung und Vertretung.
...
§ 7 Nebentätigkeiten
(a) Der Angestellte darf in den Räumen des Arbeitgebers keine Nebentätigkeiten ausüben. Treten Mandanten an die Kanzlei des Arbeitgebers heran, müssen Mandatsverträge aus ihnen im Namen der Kanzlei des Arbeitgebers abgeschlossen werden.
(b) Jede entgeltliche Nebentätigkeit außerhalb der Kanzlei des Arbeitgebers bedarf der vorherigen Genehmigung des Arbeitgebers. Im Falle einer möglichen Interessenkollision ist die Mandatsübernahme in jedem Fall ausgeschlossen.
..."
Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf dessen Ablichtung (Blatt 36 f. (folgende) der Akten) verwiesen.
Der Beklagte war in der Kanzlei bis zum 30. November 2020 tätig. Ab dem 1. Dezember 2020 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2020 hatte er Urlaub. Eine Nebentätigkeitsgenehmigung holte er während des Arbeitsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt ein.
In der Kanzlei gab es eine undatierte "Dienstanweisung" des Klägers mit auszugsweise folgendem Inhalt:
"Dienstanweisung für alle Mitarbeiter
...
3.
Mandate mit einem Gegenstandswert von unter 3.000,00 € können kostendeckend nicht bearbeitet werden. Insoweit ist eine Gebührenvereinbarung über ein Zeithonorar oder einen höheren Gegenstandswert zu vereinbaren. Über Ausnahmen entscheidet UZ [gemeint ist der Kläger]."
Wegen des weiteren Inhalts der Dienstanweisung, welche der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 18. August 2022 vorgelegt hat und von der eine Ablichtung zu den Akten genommen worden ist, wird auf den Akteninhalt (Blatt 245 der Akten) verwiesen.
Am 2. Dezember 2021 übergab der Beklagte dem Kläger eine Anzahl von ihm bearbeiteter Akten sowie eine Übersicht über die Mandate. Mit Schreiben vom selben Tag (Blatt 38 der Akten) teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass Unterlagen aus der Zeit ab April 2020 sowie eine Aufstellung für die Rechnungsstellung unauffindbar seien, und bat um Aufklärung.
Am 4. Dezember 2020 erreichte den Kläger ein Schreiben des Amtsgerichts B, welchem eine Beschwerde einer Frau A über die Tätigkeit des Beklagten als Nachlasspfleger in der Erbangelegenheit ihres verstorbenen Bruders (Blatt 43 ff. (fortfolgende) der Akten) beigefügt war. Im Nachgang zu der Beschwerde wurde der Beklagte vom Amtsgericht B wegen Verletzung seiner Pflichten als Nachlasspfleger entlassen.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2020 mahnte der Kläger den Beklagten unter anderem wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens ab, wobei streitig ist, ob der Beklagte das Schreiben erhalten hat. Wegen der Einzelheiten des Abmahnungsschreibens wird auf dessen Ablichtung (Blatt 39 der Akten) verwiesen.
Am 7. oder 8. Dezember 2020 übergab der Beklagte dem Kläger einen Karton mit sechs Leitz Ordnern und diversen Akten, in welchen sich die Akteninhalte von 53 Akten des Klägers befanden, deren Aktenhüllen leer im Büro aufgefunden worden waren. Zu weiteren leeren Aktenhüllen, deren Anzahl zwischen den Parteien streitig ist, wurden keine Akteninhalte aufgefunden.
Weiter stellte der Kläger unter anderem fest, dass der Beklagte in der Erbangelegenheit Walter, in der er zum Nachlasspfleger bestellt worden war, die vom Amtsgericht B am 29. Oktober 2020 festgesetzte Nachlasspflegervergütung sowie einen weiteren dem Erben in Rechnung gestellten Betrag vom Nachlasskonto auf sein eigenes Konto überwiesen hatte, im Juli bzw. (beziehungsweise) August 2020 mehrere Mandate zu seinen Gunsten abgerechnet und am 30. November 2020 gegenüber dem Landgericht Berlin in einer Angelegenheit die Niederlegung des Mandats durch die Kanzlei des Klägers und die Übernahme durch seine eigene Kanzlei angezeigt hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Klägers auf Seite 8 f. seines Schriftsatzes vom 26. Februar 2021 (Blatt 31 f. der Akten) und auf die dem Schriftsatz beigefügten Anlagen K10 bis K16 (Blatt 50 ff. der Akten) verwiesen.
Der Beklagte bestellte sich unter eigenem Namen als Einzelanwalt in einem Kündigungsschutzverfahren am 16. September 2020 als Beklagtenvertreter und trat am nächsten Tag so auch im Kammertermin auf. Diese Bestellung bestand während des gesamten gerichtlichen Verfahrens.
Mit Mahnbescheid vom 28. Januar 2021 hat der Kläger den Beklagten zunächst auf Schadensersatz gemäß § 823 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in Höhe von 118.500,00 Euro nebst Zinsen seit dem 1. Januar 2021 in Anspruch genommen. Nachdem der Beklagte gegen diesen ihm am 3. Februar 2021 zugestellten Mahnbescheid Widerspruch eingelegt hat, hat der Kläger mit am 26. Februar 2021, beim Arbeitsgericht eingegangenem, dem Beklagten am 4. März 2021 zugestellten Schriftsatz vom 26. Februar 2021 Stufenklage erhoben und Auskunftsansprüche bezüglich der neben seiner Tätigkeit für der Kanzlei wahrgenommenen Mandate, der im Rahmen seiner Tätigkeit für die Kanzlei betreuten Mandate, der abgeworbenen Mandate und der als Nachlasspfleger, Testamentsvollstrecker und Ähnliches bearbeiteten Angelegenheiten geltend gemacht. Ferner hat er die Erstattung der anteiligen Prämie zur Vermögenshaftpflichtversicherung des Beklagten für 2021 und Herausgabe bestimmter Akten nebst dazugehörigen USB-Sticks verlangt. Wegen der Einzelheiten der angekündigten Anträge wird auf Seite 2 bis 4 des Schriftsatzes des Klägers vom 26. Februar 2021 (Blatt 25 ff. der Akten) verwiesen.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16. September 2021 Widerklage auf Vergütung für den Monat Dezember 2020, Erstattung von Fahrkosten und weiterer Auslagen sowie Überstundenvergütung und Umsatzbeteiligung erhoben und mit einem Teil der geforderten Fahrkosten gegen die anteilige Prämie zur Vermögenshaftpflichtversicherung aufgerechnet.
Der Beklagte nutzt Geschäftskontoverbindungen bei der Comdirect zur IBAN DE92 2004 1133 0487 2255 00 und bei der N26 zur IBAN DE63 1001 1001 2621 5508.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 10. November 2021 haben die Parteien die Auskunftsanträge bezüglich der abgeworbenen Mandate und der als Testamentsvollstrecker und Ähnliches bearbeiteten Angelegenheiten (Klageantrag zu 3. und Teile des Klageantrages zu 4.) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10. November 2021 (Blatt 163 ff. der Akten) verwiesen.
Der Kläger hat vorgebracht, der Beklagte habe mit seinen Tätigkeiten außerhalb der Kanzlei gegen seine vertraglichen Verpflichtungen verstoßen. Er sei mangels Nebentätigkeitsgenehmigung verpflichtet gewesen, alle seine Mandate über die Kanzlei und zu deren Gunsten abzuwickeln. Aus dem Arbeitsvertrag ergebe sich, dass der Beklagte seine ganze Arbeitskraft der Kanzlei des Klägers schulde und alle Mandate über dessen Kanzlei habe laufen lassen müssen. Wegen der Verletzung dieser Pflicht stehe ihm, dem Kläger, ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu, für dessen Bezifferung er auf eine Auskunft durch den Beklagten angewiesen sei. Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht des Beklagten stehe nicht entgegen.
Zuletzt hat der Kläger - soweit für das angefochtene Teilurteil von Bedeutung - sinngemäß beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
1. dem Kläger Auskunft zu erteilen über sämtliche Mandate/Geschäftsbesorgungen, die er in der Zeit vom 1. September 2015 bis 31. Dezember 2020 direkt unter eigenem Namen oder anderem Namen, aber nicht unter dem Namen des Klägers, als Volljurist und seit 12. November 2015 als Rechtsanwalt angenommen und bearbeitet sowie abgerechnet hat oder noch für den oben angegebenen Zeitraum abrechnen kann, insbesondere soll der Beklagte konkret die Mandanten benennen und die Art der erbrachten Leistungen nebst Vereinbarungen zur Vergütung mit ihnen beschreiben und die gelegten Rechnungen vorlegen, die Zahlungen belegen unter anderem durch Vorlage unter anderem der Kontoauszüge des Beklagtengeschäftskontos bei der Comdirect zur IBAN DE92 2004 1133 0487 2255 00 und bei der N26 zur IBAN DE63 1001 1001 2621 5508 und noch Abrechenbares nach Grund, Art und Höhe mitteilen;
...
4. dem Kläger Auskunft zu erteilen, über alle Mandate, die er in Person als Nachlasspfleger im Zeitraum 1. September 2015 bis 31. Dezember 2020 ausgeführt hat und über die in diesem Zeitraum für diese Tätigkeit gelegten Abrechnungen und die geleisteten Tätigkeiten, die noch abzurechnen sind;
5. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Informationen, Akten, Daten in Papier und/oder digitaler Form, sonstige Gegenstände und Informationen, die er aus dem Büro oder sonstigen Stellen des Klägers, von dessen Computern oder in sonstiger Weise kopiert/mitgenommen hat;
6. soweit die Auskunftsanträge übereinstimmend für erledigt erklärt worden sind, die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben an Eides statt zu versichern;
...
8. an den Kläger einen Betrag in Höhe von 959,98 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
..."
Der Beklagte hat insoweit beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat gemeint, ihm seien Nebentätigkeiten lediglich innerhalb der Kanzleiräume vertraglich untersagt gewesen. Die Genehmigungspflicht für außerhalb der Kanzlei durchgeführte Nebentätigkeiten habe lediglich der Vermeidung von Interessenkonflikten gedient. Im Übrigen sei ihm eine solche Genehmigung faktisch erteilt worden, da es der Kläger abgelehnt habe, Mandate mit niedrigen Streitwerten anzunehmen, was zunächst aufgrund der schriftlichen Dienstanweisung Streitwerte unter 3.000,00 Euro und später aufgrund mündlicher Aussage solche unter 5.000,00 Euro betroffen habe. Diese Kleinmandate hätten an Rechtsanwalt C abgegeben werden sollen. Der Kläger sei im Jahr 2019 angewiesen worden, täglich 2.000,00 Euro Umsatz zu machen. Er, der Beklagte, habe Mandate für eigene Rechnung bearbeitet, deren Streitwert unter der vom Kläger gewünschten Grenze gelegen habe. Insoweit scheide ein Schadensersatzanspruch aus. Soweit der geltend gemachte Auskunftsanspruch seine anwaltliche Tätigkeit betreffe, stehe diesem die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht entgegen. Zum Nachlasspfleger sei er, der Beklagte, persönlich und nicht der Kläger bestellt worden. Außerdem hat der Beklagte im Hinblick auf Vorgänge bis 2017 die Einrede der Verjährung erhoben.
Mit Teilurteil vom 10. November 2021, auf dessen Tatbestand (Blatt 168 - 173 der Akten) wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht die Anträge zu 1., 4. und 5. vollständig, den Antrag zu 6. hinsichtlich der Angaben zu etwaigen abgeworbenen sowie als Testamentsvollstrecker wahrgenommenen Mandaten und dem Antrag zu 8. in Höhe von 758,38 Euro nebst Zinsen stattgegeben. Im Übrigen hat es den Antrag zu 6., soweit er Gegenstand des Teilurteils war, und den Antrag zu 8. abgewiesen, ohne dies jedoch ausdrücklich zu tenorieren. Zur Begründung hat es hinsichtlich der mit den Klageanträgen zu 1. und 4. verfolgten Ansprüche im Wesentlichen ausgeführt, nach den vertraglichen Regeln sei der Beklagte verpflichtet gewesen, alle Mandate über die Kanzlei des Klägers abzuwickeln. Daher sei dem Beklagten auch konkludent keine Erlaubnis zu Nebentätigkeiten gegeben worden. Dies gelte auch für Kleinmandate, zumal er nach seinem eigenen Vortrag angewiesen gewesen sei, diese an Rechtsanwalt C abzugeben. Das Wettbewerbsverbot folge zudem aus dem Gesetz. Der sich daraus ergebende Auskunftsanspruch sei weder erfüllt noch verjährt. Ebenso wenig stehe dem Anspruch die anwaltliche Schweigepflicht entgegen. Zwecks der Überprüfung der Richtigkeit und Plausibilität der Auskünfte seien außerdem Belege vorzulegen. Das Nebentätigkeitsverbot beziehe sich auch auf Nachlasspflegschaften. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Blatt 173 -180 der Akten) verwiesen.
Gegen dieses dem Beklagten am 2. Dezember 2021 zugestellte Teilurteil richtet sich die am 3. Januar 2022, einem Montag, beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung des Beklagten, welche er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 2. März 2022 mit an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 18. Juli 2022 hat der Beklagte die Berufung zurückgenommen, soweit das Arbeitsgericht der Klage im Hinblick auf die zuletzt gestellten Klageanträge zu 5., 6. und 8. stattgegeben hat (Urteilsausspruch zu III., IV. und V.).
Der Beklagte setzt sich - unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens - mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Das Urteil lege ihm entgegen der gesetzlich in § 43a Absatz 2 Satz 1 und 2 BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung) geregelten Verschwiegenheitspflicht ohne gesetzliche Grundlage und damit unter Verstoß gegen die Gewaltenteilung eine Auskunftspflicht auf. Die Verschwiegenheitspflicht diene dem Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandantschaft. Es gehe um eine tragende Säule des Anwaltsberufs. Die Verschwiegenheitspflicht sei umfassend und gelte auch gegenüber Rechtsanwälten sowie auch nach Ende des Mandats oder dem Tod der Mandantschaft. Im Zweifel sei davon auszugehen, dass eine Person, die sich an einen Rechtsanwalt wende, diesen auch als Anwalt in Anspruch nehme. Die vom Arbeitsgericht zugrunde gelegte Auskunftspflicht beeinträchtige ihn unverhältnismäßig in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Artikel 12 GG (Grundgesetz) und sie widerspreche dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und rechtsstaatlich geordneten Rechtspflege sowie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Mandanten. Die Verschwiegenheitspflicht sei auch von der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) anerkannt. Die vom Kläger verlangten Auskünfte beträfen auch keine offenkundigen Tatsachen.
Mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie Ende 2019 hätten Mandanten die Kanzlei des Klägers nicht mehr betreten dürfen. Darauf habe ein Schild hingewiesen. Er habe deshalb in der Kanzlei ohnehin keine Mandate mehr persönlich annehmen können.
Der Beklagte beantragt zuletzt sinngemäß,
das Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 10. November 2021 - 55 Ca 1819/21 und 55 Ca 9354/21 - teilweise abzuändern und die Klage hinsichtlich der erstinstanzlich zuletzt gestellten Klageanträge zu 1. und 4. insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Berufung, soweit sie nicht zurückgenommen worden ist, zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass die Klageanträge zu 1. und 4. klarstellend wie folgt lauten:
1. den Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen über sämtliche Mandate und Geschäftsbesorgungen, die der Beklagte in der Zeit vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2020 auf eigene Rechnung angenommen, bearbeitet und abgerechnet hat oder noch für den angegebenen Zeitraum abrechnen kann, unter Benennung der Mandantinnen und Mandanten, der Art der erbrachten Leistungen und getroffenen Vergütungsvereinbarungen sowie unter Vorlage der Rechnungen und der Kontoauszüge des Beklagtengeschäftskontos bei der Comdirect zur IBAN-Nr. DE92 2004 1133 0487 2255 00 und bei der N26 zur IBAN-Nr. DE63 1001 1001 2621 5508 47 und unter Mitteilung des noch Abrechenbaren nach Grund, Art und Höhe;
2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen über alle Mandate, die der Beklagte als Nachlasspfleger im Zeitraum vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2020 bearbeitet hat, und die für diese Tätigkeit erstellten Abrechnungen sowie die geleisteten Tätigkeiten, die noch abzurechnen sind.
hilfsweise die Auskünfte gemäß den Anträgen zu 1. und 2. hinsichtlich Namen und Anschrift der Mandantinnen und Mandanten in anonymisierter Form zu erteilen.
Der Kläger verteidigt - unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens - das angefochtene Urteil. Eine Schweigepflicht des Beklagten ihm gegenüber bestehe nicht, da dieser angestellter Anwalt gewesen und er, der Kläger, als Rechtsanwalt seinerseits ebenfalls zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Zudem unterlägen die Namen der Mandanten schon deshalb nicht der Verschwiegenheitspflicht, weil sie bei gerichtlichen Verfahren öffentlich ausgehängt würden. Er benötige die Namen der Mandanten, um die erteilten Auskünfte mit den ihm bereits vorliegenden Informationen abzugleichen.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 2. März 2022 (Blatt 209 - 214 der Akten) und 15. August 2022 (Blatt 231 - 240 der Akten), den Schriftsatz des Klägers vom 7. April 2022 (Blatt 220 der Akten) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 18. August 2022 (Blatt 243 f. der Akten) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat überwiegend keinen Erfolg.
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Absatz 1 und 2 Buchstabe b ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne von § 66 Absatz 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG, §§ 519, 520 Absatz 1 und 3 ZPO (Zivilprozessordnung) eingelegt und begründet worden.
II. Die Berufung ist nur teilweise begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit sie in die Berufungsinstanz gelangt ist und der Kläger die Berufung nicht zurückgenommen hat, im Wesentlichen zu Recht stattgegeben. Allerdings ist der Beklagte hinsichtlich solcher von ihm in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt bearbeiteter Mandate, die er nicht über die Kanzlei des Klägers erhalten hat, nur in anonymisierter Form zur Auskunft verpflichtet. Daher ist die Klage insoweit im Hinblick auf den weitergehenden (Haupt-)Klageantrag zu 1. abzuweisen. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.
1. Prozessuale Bedenken bestehen nicht.
a) Das gilt zunächst hinsichtlich der Neuformulierung der Klageanträge in der Berufungsinstanz. Insbesondere liegt keine Klageänderung gegenüber der erstinstanzlichen Antragstellung (§§ 263, 533 ZPO) vor. Bei verständiger Würdigung war vielmehr der Klageantrag bereits in erster Instanz so auszulegen, wie er zweitinstanzlich formuliert wurde. Das gilt auch, soweit der Kläger hilfsweise eine anonymisierte Auskunft verlangt, denn dies ist von der Richtung seines auf umfassende Auskunft gerichteten Antrags mit abgedeckt. Insoweit hat auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer keine Bedenken erhoben.
b) Das Arbeitsgericht durfte durch Teilurteil entscheiden. Die Voraussetzungen nach § 301 ZPO waren erfüllt. Das Arbeitsgericht hat über eine Stufenklage (§ 254 ZPO) entschieden. Es hat dabei über die ersten Stufen hinsichtlich aller Anträge entschieden, die unerlaubten Wettbewerb des Beklagten betreffen. Die Gefahr widersprechender Entscheidungen stellt sich daher hinsichtlich der geltend gemachten Auskunftsansprüche nicht. Hinsichtlich der weiteren Stufen, lässt sich diese Gefahr nicht vermeiden und ist deshalb zu akzeptieren (vergleiche zum Ganzen BAG (Bundesarbeitsgericht) 24. Februar 2021 - 10 AZR 8/19 - Rn. (Randnummer) 31, 35).
2. Die Klage ist hinsichtlich des in der Berufungsinstanz klargestellten Klageantrages zu 1. nur in dem durch das vorliegende Urteil ausgeurteilten Umfang begründet. Der Beklagte ist wegen Verstoßes gegen sein vertragliches Wettbewerbsbot verpflichtet, dem Kläger über die von ihm in der Zeit vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2020 auf eigene Rechnung bearbeiteten Mandate Auskunft zu geben und zwar hinsichtlich der Art der erbrachten Leistungen, der getroffenen Vergütungsvereinbarungen, des noch Abrechenbaren nach Grund, Art und Höhe sowie unter Vorlage der erstellten Rechnungen und der darauf bezogenen Kontobewegungen auf seinen Geschäftskonten. Soweit der Kontakt zu der Mandantschaft unmittelbar zustande gekommen ist, darf er die Auskünfte anonymisiert erteilen. Soweit der Anspruch besteht, greift auch der Einwand der Verjährung nicht durch.
a) Der Beklagte hat im genannten Zeitraum mit der Bearbeitung von Mandaten auf eigene Rechnung gegen sein gegenüber dem Kläger bestehendes Wettbewerbsverbot verstoßen.
aa) Nach § 60 HGB (Handelsgesetzbuch) darf ein oder eine Handlungsgehilf*in ohne Einwilligung des oder der dort noch "Prinzipal" genannten Arbeitgeber*in weder ein Handelsgewerbe betreiben, noch in dessen oder deren Handelszweig für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Die §§ 60, 61 HGB sind vorliegend zwar nicht unmittelbar anwendbar, weil der Beklagte beim Kläger als Rechtsanwalt nicht in einem Gewerbe, sondern in einem freien Beruf (§ 2 BRAO) und damit nicht als Handlungsgehilfe im Sinne des § 59 HGB beschäftigt war. Sie finden aber gleichwohl entsprechende Anwendung, da durch das in § 60 Absatz 1 HGB geregelte Wettbewerbsverbot letztlich nur Umfang und Reichweite der vertraglichen Nebenpflichten nach § 241 Absatz 2 BGB ausgestaltet werden (vergleiche BAG 25. November 2021 - 8 AZR 226/20 - Rn. 38).
bb) Wie das Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat, ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag der Parteien keine Einschränkungen gegenüber dieser Rechtslage (zu den Grundsätzen der Vertragsauslegung: BAG 30. März 2022 - 10 AZR 414/19 - Rn. 40; BAG 16. Dezember 2021 - 8 AZR 498/20 - Rn. 19 f.). Im Gegenteil wird in § 7 (b) Satz 1 des Arbeitsvertrages betont, dass "jede" entgeltliche Nebentätigkeit der Einwilligung des Klägers bedarf. Das gilt auch, soweit sie nicht nach § 7 (a) des Arbeitsvertrages als Tätigkeit in den Kanzleiräumen ohnehin verboten ist. Soweit § 7 (b) Satz 2 des Arbeitsvertrages im Falle einer möglichen Interessenkollision eine Mandatsübernahme durch den Beklagten "in jedem Fall" ausschließt, ist damit lediglich klargestellt, dass der Kläger in diesen Fällen keine Einwilligung erteilen wird.
cc) Gegen dieses Wettbewerbsverbot hat der Beklagte verstoßen.
(1) Das folgt daraus, dass er während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger im genannten Zeitraum Mandate angenommen und bearbeitet hat, was aufgrund des unstreitigen Sachvortrages feststeht.
(2) Das gilt auch, soweit es um Kleinmandate bis 3.000,00 Euro bzw. 5.000,00 Euro geht. Entgegen der Ansicht des Beklagten, hat der Kläger mit der von ihm insoweit getroffenen Regelung keine konkludente Einwilligung für eine Mandatsübernahme durch den Kläger erteilt. Das ergibt sich aus der vom Kläger erlassenen "Dienstanweisung".
(a) Die Dienstanweisung ist zu berücksichtigen, obwohl der Beklagte sie nicht als elektronisches Dokument eingereicht hat.
(aa) Allerdings gilt für den Beklagten, der sich als Rechtsanwalt nach § 11 Absatz 4 Satz 4 Halbsatz 1 ArbGG selbst vertreten hat, nach § 64 Absatz 7 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren auch die Regelung des § 46g ArbGG. Danach haben unter anderem Rechtsanwält*innen vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument einzureichen, soweit - wie beim erkennenden Gericht - ein sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung steht.
Dieses Erfordernis entfällt auch nicht deshalb, weil die Akten beim erkennenden Gericht noch nicht elektronisch geführt werden. Denn die Pflicht zur Einreichung der in der Norm genannten Erklärungen und Unterlagen durch elektronisches Dokument dient der geregelten Umstellung der gerichtlichen Aktenführung auf elektronische Aktenführung, also der Etablierung des elektronischen Rechtsverkehrs (BT-Drs. (Bundestags-Drucksache) 17/12634 Seite 27 zur gleichlautenden Regelung des § 130d ZPO) und ist deshalb keine bloße Förmelei (vergleiche BAG 25. April 2022 - 3 AZB 2/22 - Rn. 20). Insoweit können sich lediglich Einschränkungen hinsichtlich der Formunwirksamkeit der Einreichung ergeben, soweit ein Dokument elektronisch zwar übermittelt worden ist, dies jedoch die - nach aktueller Rechtslage ohnehin geringen - Anforderungen an das elektronische Dokument nicht vollständig erfüllt (vergleiche BAG 1. August 2022 - 2 AZB 6/22 - Rn. 8 ff. für Anforderungen nach früherer Rechtslage).
(bb) Allerdings fällt die Übergabe von Unterlagen in der mündlichen Verhandlung nicht unter § 46g ArbGG.
Zum einen geht es nicht um einen Schriftsatz oder eine Anlage zu einem Schriftsatz, sondern um eine ergänzende Unterlage zu einem mündlichen Vortrag. Auch für das arbeitsgerichtliche Berufungsverfahren gilt, dass die Parteien vor dem erkennenden Gericht über den Rechtsstreit mündlich verhandeln (§ 128 Absatz 1 ZPO in Verbindung mit § 525 Satz 1 ZPO und § 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG). Schriftsätze dienen nur der Vorbereitung dieser Verhandlung (§ 129 ZPO in Verbindung mit § 525 Satz 1 ZPO und § 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG). Die mündliche Verhandlung schließt die Bezugnahme auf Dokumente (§ 137 Absatz 2 ZPO in Verbindung mit § 525 Satz 1 ZPO und § 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG) und damit ebenfalls deren Überreichung ein. Dies entspricht auch einem praktischen Bedürfnis, da sich bei der gesetzlich vorgesehenen erschöpfenden Erörterung der Sache (§ 136 Absatz 3 Halbsatz 1 ZPO in Verbindung mit § 525 Satz 1 ZPO und § 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG) die Bedeutung von Unterlagen erst im Termin herausstellen kann. Bei einer elektronischen Aktenführung ist es auch ohne größeren Aufwand möglich, derartige Unterlagen einzuscannen und so zum Bestandteil der elektronischen Akte zu machen. Diese in dieser besonderen Fallgestaltung bestehende Notwendigkeit beeinträchtigt den elektronischen Rechtsverkehr nur minimal. Außerdem ist weder der gesetzlichen Regelung noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass sich die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs auch auf die mündliche Verhandlung erstrecken soll (vergleiche dazu insbesondere BT-Drs. 17/12634 Seite 27 f.).
Zum anderen ist, ist in der mündliche Verhandlung die schriftliche Abgabe von Erklärungen gerade nicht vorgeschrieben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob in der mündlichen Verhandlung auch noch Schriftsätze übergeben werden können (bejahend Hettenbach/Müller NJW 2022, Seite 815 ff.) oder diese auch dann lediglich vorbereitenden Charakter haben und damit unter § 46g ArbGG fallen.
(b) Nach der "Dienstanweisung" behielt sich der Kläger vor, in Ausnahmefällen auch Kleinmandate durch die Kanzlei bearbeiten zu lassen. Von einer konkludenten Einwilligung wäre deshalb allenfalls in den Fällen auszugehen, in denen der Kläger eine Ausnahmeregelung abgelehnt hat. Dazu ist nichts vorgetragen. Außerdem war im Rahmen einer Gebührenvereinbarung die Bearbeitung von Kleinmandaten auch durch die Dienstanweisung gedeckt.
b) Aus dem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot folgt ein Auskunftsanspruch des Klägers gegen den Beklagten aus § 241 Absatz 2 BGB.
Verletzt der oder die Arbeitnehmer*in - wie hier der Beklagte - das in § 60 Absatz 1 geregelte und hier entsprechend anwendbare Wettbewerbsverbot kann der oder die Arbeitgeber*in in entsprechender Anwendung des § 61 Absatz 1 Halbsatz 1 HGB Schadensersatz fordern, soweit er oder sie nicht nach dem Halbsatz 2 der Vorschrift verlangt, dass der oder die Handlungsgehilf*in die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des oder der Arbeitgeber*in eingegangen gelten lässt und die aus den Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgibt oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtritt. Auf einen solchen Schadensersatzanspruch beruft sich der Kläger.
Diesen Schadensersatzanspruch hat der Kläger als Arbeitgeber der Höhe nach darzulegen und zu beweisen. Denn nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen obliegt die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründeten tatsächlichen Voraussetzungen der Prozesspartei, die aus einer ihr günstigen Norm Rechte herleitet (vergleiche BAG 28. Oktober 2021 - 6 AZR 450/20 - Rn. 26; BGH (Bundesgerichtshof) 10. März 2010 - IV ZR 264/08 - Rn. 12). Damit der oder die Arbeitgeber*in diesen Vortrag leisten kann, hat er oder sie einen auf § 241 Absatz 2 BGB gestützten Auskunftsanspruch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (vergleiche BAG 25. November 2021 - 8 AZR 226/20 - Rn. 68 ff.).
c) Allerdings stehen Verschwiegenheitspflichten des Beklagten diesem Auskunftsanspruch entgegen, soweit es um Mandate geht, die er unabhängig von der Kanzlei des Klägers angenommen hat. Insoweit ist er lediglich zur anonymisierten Auskunft verpflichtet. Darüber hinausgehende Einschränkungen bestehen nicht.
aa) Die Beschränkung der Auskunftspflicht auf eine anonymisierte Auskunft folgt aus der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht des Beklagten.
(1) Auskunftspflichten aus Treu und Glauben können durch berechtigte Geheimhaltungsinteressen des oder der Schuldner*in beschränkt sein (vergleiche BGH 21. Februar 2002 - I ZR 140/99 - NJW-RR (Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht) 2002, 1119 unter II 3 b der Gründe). Zu diesen berechtigten Geheimhaltungsinteressen gehören auch berufsrechtliche Verschwiegenheitspflichten, die dem oder der Schuldner*in zumindest auch im Interesse Dritter obliegen, weil deren Interessen sonst nicht gewahrt würden. Das betrifft auch die dem Beklagten obliegende anwaltliche Verschwiegenheitspflicht, wie sie in § 43a Absatz 2 Satz 1 BRAO als anwaltliche Grundpflicht niedergelegt ist. Zudem ist die Einhaltung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht nicht nur ein Recht des oder der Rechtsanwält*in, sondern auch seine oder ihre Berufspflicht (BVerwG (Bundesverwaltungsgericht) 13. Dezember 2011 - 8 C 24/10 - Rn. 28).
Andererseits besteht diese Pflicht nicht unbegrenzt. Nach § 2 Absatz 3 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA), die die anwaltlichen Berufspflichten, darunter auch die Verschwiegenheitspflicht, konkretisiert, liegt ein Verstoß gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht vor, soweit Gesetz und Recht eine Ausnahme fordern oder zulassen. Soweit rechtliche Auskunftspflichten bestehen, gehen diese deshalb auch dann vor, wenn sie die Verschwiegenheitspflicht nicht ausdrücklich einschränken, sondern allgemein und nicht berufsbezogen gelten (BVerwG 13. Dezember 2011 - 8 C 24/10 - Rn. 25). Eine solche allgemeine, nicht berufsbezogene Auskunftspflicht begründet auch § 241 Absatz 2 BGB im Hinblick auf die Durchsetzung der dem oder der Arbeitgeber*in in entsprechender Anwendung des § 61 HGB zustehenden Rechte.
Demnach ist einerseits der Auskunftsanspruch nach § 241 Absatz 2 BGB durch die Verschwiegenheitspflicht und andererseits die Verschwiegenheitspflicht durch den Auskunftsanspruch begrenzt. Es bedarf daher einer genauen, im Zweifel durch Abwägung der maßgeblichen Interessen bestimmten Abgrenzung der jeweils dem oder der auskunftsverpflichteten Rechtsanwält*in obliegenden Pflichten.
Soweit sich daraus eine Auskunftspflicht ergibt, ist die Auskunft auch nicht "unbefugt" im Sinne von § 203 Absatz 1 Nr. 3 StGB (Strafgesetzbuch), wonach die Nicht-Einhaltung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht strafbewehrt ist. Die Erteilung der Auskunft ist vielmehr durch die Rechtsordnung geboten. Dem Beklagten wird also keine Straftat auferlegt.
(2) Die Abgrenzung erübrigt sich hier nicht schon deshalb, weil die Angaben zu den vom Beklagten bearbeiteten Mandaten ohnehin nicht der Verschwiegenheitspflicht unterlägen. Vielmehr sind die Angaben von der Verschwiegenheitspflicht erfasst.
(a) Die Verschwiegenheitspflicht bezieht sich auf alles, was dem oder der Rechtsanwält*in in Ausübung des Berufs bekannt geworden ist (§ 43a Absatz 2 Satz 2 BRAO). Das umfasst unter anderem auch die Identität der Mandantschaft, die Tatsache ihrer Beratung sowie die Höhe der Vergütung. Die Verschwiegenheitspflicht besteht auch gegenüber Personen, die - wie der Kläger - ihrerseits einer Verschwiegenheitspflicht unterliegen (BVerwG 30. September 2009 - 6 A 1/08 - Rn. 37).
(b) Die vom Auskunftsanspruch erfassten Tatsachen sind - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht in den Fällen offenkundig und deshalb nach § 43a Absatz 2 Satz 3 Alternative 1 BRAO von der Verschwiegenheitspflicht ausgenommen, in denen der Beklagte als Prozessvertreter aufgetreten ist, der Name der Mandantschaft auf einem gerichtlichen Terminaushang angegeben und die bearbeitete Angelegenheit etwa Gegenstand einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war. Die Verschwiegenheitspflicht hat den Zweck, die Mandantschaft vor der Verbreitung von Tatsachen zu schützen, die sie für sich behalten will, ohne die Beratung durch die Rechtsanwaltschaft zu behindern. Nur unter der Voraussetzung dieser Verschwiegenheit kann der Rechtsanwalt der Mandantschaft umfassend beistehen (BVerwG 13. Dezember 2011 - 8 C 24/10 - Rn. 28). Mit dem Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwält*in und Mandantschaft ist es nicht vereinbar, wenn die Mandantschaft jederzeit befürchten müsste, tatsächlich nur einem kleinen Kreis bekannte Informationen würden gerade durch ihre anwaltliche Vertretung weiterverbreitet. Ein Gerichtsaushang oder ein öffentliches gerichtliches Verfahren führten deshalb lediglich dann zu einer offenkundigen Tatsache, wenn sie allgemein bekannt ist oder sich jeder oder jede aus allgemein zugänglichen Quellen über die Tatsache unterrichten kann (Henssler/Prütting-Henssler, BRAO 5. Auflage § 43a Rn. 54 allerdings mit zweifelhaftem Bezug auf den Begriff der Offenkundigkeit nach dem Beweisrecht; ähnlich wie hier Kleine-Cosak, BRAO 9. Auflage § 43a Rn. 18). Das ist bei gerichtlichen Verfahren in der Regel nicht der Fall. Eine bloße "Fluröffentlichkeit" macht eine Tatsache nicht offenkundig. Ausnahmen - zum Beispiel aufgrund öffentlicher Berichterstattung - sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
(c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass ein Mandat in ein gerichtliches Verfahren münden und der Name der Mandantschaft so auf dem Gerichtsflur und im Gerichtssaal bekannt werden kann. Das macht Mandantennamen nicht so unbedeutend, dass sie nach im Sinne von § 43a Absatz 2 Satz 3 Alternative 2 BRAO keiner Geheimhaltung bedürften. Diese gesetzliche Vorschrift betrifft nur Bagatelltatsachen (Henssler/Prütting-Henssler, BRAO § 43a Rn. 56; Kleine-Cosak, BRAO § 43a Rn. 18). Darum geht es hier nicht. Es sind vielmehr zentrale Fragen des Mandats betroffen.
(3) Die danach vorzunehmende Abgrenzung ist dahingehend vorzunehmen, dass die Verschwiegenheitspflicht zwar der Auskunft auch über die Identität der Mandantschaft nicht entgegensteht, soweit der Beklagte das einzelne Mandat über die Kanzlei des Klägers erhalten hat. In den Fällen jedoch, in denen er das Mandat auf andere Weise erlangt hat, ist die Auskunftspflicht lediglich in anonymisierter Form (Mandat 1, Mandat 2 und so weiter) zu erfüllen (für weitergehende Auskunftspflichten wohl LAG (Landesarbeitsgericht) Berlin-Brandenburg 30. April 2010 - 10 Sa 2763/09 - zitiert nach juris Rn. 65 f.).
Denn, wenn das Mandat über die Kanzlei des Klägers entstanden ist, hat sich die Mandantschaft an diese Kanzlei gewandt und damit zugleich ihr Einverständnis mit der Kenntnis des Kanzleiinhabers bezüglich des Mandats erteilt. Damit liegt es in ihrer Sphäre, dass die Kanzlei und damit der Kläger in die Abwicklung des Mandats verwickelt wird und an den darauf bezogenen Informationen teilhat. Zudem werden grundlegende, wenngleich unvollständige Informationen dort auch bereits vorliegen (vergleiche zu einem vormals angestellten Steuerberater BAG 27. September 1988 - 3 AZR 59/87 - Rn. 39; zu einer gegenteiligen Abwägung im dort entschiedenen Einzelfall BGH 11. April 2002 - I ZR 317/99 - NJW 2002, 209 (Neue Juristische Wochenschrift) unter II 3 der Gründe). Der Bezug zur Kanzlei des Klägers ist unabhängig davon, ob die Mandatierung in den Räumlichkeiten der Kanzlei des Klägers vorgenommen wurde oder wegen der Covid-19-Pandemie in anderer Weise. Entscheidend ist, wie der Kontakt zwischen dem Beklagten und der Mandantschaft zustande gekommen ist.
Beschränkt ist die Auskunftspflicht, soweit das Mandat nicht über die Kanzlei des Klägers sondern auf andere Weise zustande gekommen ist. Denn dann hat das Mandat aus der Sicht der Mandantschaft nichts mit der Kanzlei des Klägers zu tun. Einerseits ist in diesem Fall die Mandantschaft besonders schützenswert. Andererseits kann der Kläger als Arbeitgeber auch bei einer anonymisierten Auskunft wenn auch eingeschränkte, aber noch relevante Informationen erhalten, die ihm bei der Berechnung seiner Forderung weiterhelfen können. Maßgeblich ist dabei nicht, ob der Kontakt zwischen dem Beklagten und der Mandantschaft ursprünglich auf die Kanzlei des Klägers zurückgeht, sondern wie der Kontakt in Bezug auf das konkrete Mandat zustande gekommen ist. Denn jedes Mandat betrifft eine andere Sache und damit potentiell neue und andere Informationen.
(4) Dies entspricht - hält man die Vorschrift hier überhaupt für anwendbar - auch § 24 Absatz 1 Nr. 2 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz). Denn diese Vorschrift verlangt ebenfalls eine Abwägung der maßgeblichen Interessen. Diese wäre nach denselben Gesichtspunkten vorzunehmen.
(5) Das ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
(a) Artikel 12 GG ist nicht verletzt. Der Beklagte ist in seiner dort geschützten Berufsausübungsfreiheit nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt (zu den allgemeinen Voraussetzungen: BVerwG 13. Dezember 2011 - 8 C 24/10 - Rn. 30 ff.). Die Auskunftspflicht dient einem legitimen Interesse, nämlich der Stärkung der Möglichkeit des oder der Arbeitgeber*in, berechtigte Ansprüche durchzusetzen. Dafür ist sie auch geeignet, weil durch die Erteilung der Auskunft der Kläger die für die Durchsetzung der Ansprüche erforderlichen Informationen erhält. Die nach den obigen Grundsätzen bestehende Auskunftspflicht ist auch im engeren Sinne verhältnismäßig. Da bei neuen unabhängig von der Kanzlei des Klägers zustande gekommenen Mandaten die Namen von Mandant*innen nicht mitgeteilt werden müssen und in den anderen Fällen seitens der Mandantschaft der Kontakt ohnehin zur Kanzlei des Klägers angebahnt worden ist, wird die Tätigkeit des Beklagten nur am Rande berührt. In sein Vertrauensverhältnis zur Mandantschaft wird nur unwesentlich eingegriffen.
(b) Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Mandantschaft des Beklagten ist nicht verletzt.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird aus dem durch Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht strahlt auch auf die Rechtsbeziehungen Privater wie den Kläger aus. Es hat sich maßgeblich in Konstellationen der mittelbaren Drittwirkung und geleitet von dem Erfordernis praktischer Konkordanz entwickelt. Deshalb bestimmen sich die Schutzdimensionen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts letztlich immer einzelfallbezogen im Abgleich mit den Grundrechten Dritter. Die Bestimmung seiner Schutzwirkungen und die Abwägung mit den gegenüberstehenden Freiheitsrechten greifen hier Hand in Hand. Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist insoweit flexibel und durch die Einbindung der Person in ihre sozialen Beziehungen relativiert. Ihm steht die Freiheit gegenüber, selbst Informationen aufzugreifen, zu verarbeiten und nach eigenen, auch wechselnden Zwecken zu nutzen. Seine Anforderungen und die hieraus folgenden Rechtfertigungslasten lassen sich damit nicht in gleicher Weise formal bestimmen, sondern sind in Blick auf die unterschiedlichen und nicht selten vielpoligen Konstellationen zwischen Privaten je nach Schutzbedarf durch Abwägung zu ermitteln (BVerfG (Bundesverfassungsgericht) 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 - Rn. 79, 81, 86, 87 - "Recht auf Vergessen I").
Dabei ergibt die Abwägung der jedenfalls durch die Allgemeine Handlungsfreiheit nach Artikel 2 Absatz 1 GG geschützten Interessen des Klägers mit denen der Mandantschaft des Beklagten, dass die Interessen des Klägers vorgehen, soweit die Mandate über die klägerische Kanzlei zum Beklagten gelangten. Denn es geht um die Durchsetzung ihm zustehender Rechtspositionen. Die Namen der Mandantschaft des Beklagten werden nur insoweit bekannt, als sie sich an die Kanzlei des Klägers gewandt haben. Zudem ist eine Auskunftspflicht ohnehin nur insoweit gegeben, als sie zur Vorbereitung der Durchsetzung von Ansprüchen nach § 61 HGB erforderlich ist. Dies schließt eine umfassende Auskunftspflicht von vornherein aus (zu einer ähnlichen Konstellation: BFH (Bundesfinanzhof) 1. Februar 2005 - VII B 198/04 - NJW 2005, 1308 unter 2 der Gründe). Weiter ist mit zu berücksichtigen, dass die Informationen dem Kläger zugutekommen, der in den Fällen, in denen seine eigene anwaltliche Tätigkeit betroffen ist, selbst schweigepflichtig ist (vergleiche BVerwG 30. September 2009 - 6 A 1/08 - Rn. 40), auch wenn er im Falle einer gerichtlichen Interessenverfolgung unter dem Gesichtspunkt der berechtigten Vertretung von Eigeninteressen diese Informationen verwenden darf (dazu § 2 Absatz 4 Buchstabe b BORA).
(c) Das Recht auf ein faires Verfahren nach Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 EMRK ist nicht verletzt. Die beschränkten Informationen, um die es hier geht, und die begrenzte Fallgestaltung, die zu einer Offenlegung führt, sind so weit von einer Prozessführung der Mandantschaft des Beklagten entfernt, dass Auswirkungen auf gerichtliche Verfahren, an denen die Mandantschaft beteiligt ist, nicht zu erwarten sind. Das gilt auch für indirekte Auswirkungen in Erwartung einer möglichen Offenlegung bei unerlaubter Konkurrenztätigkeit des oder der eigenen Rechtsanwält*in.
bb) Aus Unionsrecht folgt kein anderes Ergebnis. Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) verbietet die Auskunftserteilung nicht. Denn die Auskunft dient der Erfüllung des Auskunftsanspruchs aus § 241 Absatz 2 BGB und damit einer rechtlichen Verpflichtung, der der Beklagte als für die Datenverarbeitung Verantwortlicher (Artikel 4 Nr. 2 und 7 DS-GVO) unterliegt (Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c DS-GVO). Der gesetzliche Auskunftsanspruch nach nationalem Recht in den genannten Grenzen ist auch eine Rechtsvorschrift, die notwendig und verhältnismäßig die Weitergabe von Daten zu einem anderen Zweck als ihrer ursprünglichen Erhebung zur Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche ermöglicht (Artikel 6 Absatz 4 in Verbindung mit Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe j DSG-VO). Soweit nach nationalem Recht die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht geregelt ist und in die Abgrenzung des Auskunftsanspruchs einfließt, ergibt sich aus Artikel 90 Absatz 1 Satz 1 DS-GVO, dass die Mitgliedsstaaten berechtigt sind, Berufsgeheimnisse zu regeln. Da somit keine unionsrechtliche Vollharmonisierung vorliegt, sind bei der grundrechtlichen Beurteilung grundsätzlich die Grundrechte des Grundgesetzes und nicht die der Charta der Grundrechte der Europäischen Union heranzuziehen (BVerfG 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 - Rn. 41 ff. - "Recht auf Vergessen I"), hier also - wie geschehen - Artikel 12 sowie Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG.
d) Der Auskunftsanspruch erstreckt sich - soweit nicht die Verschwiegenheitspflicht des Beklagten nach dem Vorgesagten einer Namensnennung entgegensteht - auf Auskunft über die vom Beklagten in der Zeit vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2020 auf eigene Rechnung bearbeiteten Mandate einschließlich des Namens der Mandantschaft. Der Beklagte hat insoweit Auskunft zu geben hinsichtlich der Art der erbrachten Leistungen, der getroffenen Vergütungsvereinbarungen, des noch Abrechenbaren nach Grund, Art und Höhe. Ferner hat er die erstellten Rechnungen und der darauf bezogenen Kontobewegungen auf seinen Geschäftskonten vorzulegen. Soweit es seine Verschwiegenheitspflicht verlangt, sind die Auskünfte anonymisiert zu erteilen.
aa) Die Auskunftspflicht des Beklagten besteht in dem genannten Umfang.
(1) Die Reichweite der zu erteilenden Auskunft ergibt sich aus der Funktion des Auskunftsanspruchs. Auskunft ist zu erteilen über Umstände, die zur Prüfung und Bezifferung des materiellrechtlichen Anspruchs, hier des vom Kläger angesprochenen Schadensersatzanspruchs, erforderlich sind. Dafür bedarf es der ausgeurteilten Auskünfte. Soweit der Auskunftsanspruch hinsichtlich der Namen der Mandantschaft nicht beschränkt ist, weil das Mandat über die Kanzlei des Klägers zustande gekommen ist, hat der Beklagte auch über den Namen Auskunft zu erteilen. Der Kläger bringt zu Recht vor, dass er die Informationen benötigt, um diese mit den ihm vorliegenden Unterlagen abzugleichen und so die erteilten Auskünfte auf ihre Plausibilität zu prüfen.
(a) Eine Beschränkung auf Geschäfte mit einem Streitwert ab 3.000,00 Euro bzw. 5.000,00 Euro ist auch unter Berücksichtigung der klägerischen "Dienstanweisung" nicht erforderlich. Auch danach muss der Kläger prüfen können, ob und inwieweit ihm auch hinsichtlich der darin genannten Kleinmandate Schadensersatzansprüche zustehen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Gebührenvereinbarung zustande gekommen wäre oder der Kläger seine Zustimmung zur Mandatsübernahme auch ohne Gebührenvereinbarung erteilt hätte, zum Beispiel in Erwartung weiterer lukrativer Mandate.
bb) Der Beklagte hat auch die erstellten Rechnungen und die darauf bezogenen Kontobewegungen auf seinen Geschäftskonten vorzulegen, insoweit handelt es sich um erforderliche Belege. Jedoch besteht kein Anspruch des Klägers auf vollständige Kontoeinsicht.
(1) Eine Verpflichtung zur Vorlage von Belegen sieht das Gesetz in den allgemeinen Vorschriften über Auskunft und Rechnungslegung (§§ 259, 260 BGB) nur für die Rechnungslegung (§ 259 Absatz 1 BGB: "... soweit Belege erteilt zu werden pflegen ..."), nicht dagegen für die Auskunft (§ 260 Absatz 1 BGB) vor. Jedoch kann sich im Rahmen des aus Treu und Glauben abgeleiteten Auskunftsanspruchs - wie er auch hier gegeben ist - ausnahmsweise auch ein Anspruch auf Vorlage von Belegen ergeben. Das setzt voraus, dass der oder die Gläubiger*in hierauf angewiesen ist und dem oder der Schuldner*in diese zusätzliche Verpflichtung zugemutet werden kann (BGH 21. Februar 2002 - I ZR 140/99 - NJW-RR 2002, 1119 unter II 3 b der Gründe mwN (mit weiteren Nachweisen) - Entfernung der Herstellungsnummer III).
(2) Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Dem oder der auskunftsberechtigten Arbeitgeber*in wird erst durch die Einsicht in die Rechnungen und die damit in Zusammenhang stehenden Kontobelege ermöglicht, die Verlässlichkeit der Auskunft zu überprüfen. Zudem wird die Vorlage der Belege häufig Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft ausräumen und damit eine eidesstattliche Versicherung des Schuldners über die Richtigkeit der erteilten Auskunft überflüssig machen (ähnlich BGH 21. Februar 2002 - I ZR 140/99 - NJW-RR 2002, 1119 unter II 3 b der Gründe - Entfernung der Herstellungsnummer III).
Soweit der Beklagte nicht verpflichtet ist, die Mandantschaft namentlich zu benennen, wird seinem berechtigten Geheimhaltungsinteresse Genüge getan, indem er nur verpflichtet ist, Kopien vorzulegen, bei denen die entsprechenden Daten abgedeckt oder geschwärzt sind (dazu BGH 21. Februar 2002 - I ZR 140/99 - NJW-RR 2002, 1119 unter II 3 b der Gründe - Entfernung der Herstellungsnummer III).
Durch die Verpflichtung entsteht auch kein Wertungswiderspruch zu § 259 Absatz 1 BGB. Die hier maßgeblichen Belege - Rechnung und Kontoauszug - sind allgemein üblich, pflegen also, wie es das Gesetz verlangt, erteilt zu werden.
(3) Es ergibt sich auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben keine Einschränkung daraus, dass in vergleichbaren Fällen eine Vorlage von Belegen nicht üblich ist (dazu BGH 16. Mai 2017 - X ZR 85/14 - Rn. 67 - Sektionaltor II). Denn vergleichbar ist die Situation, dass der Beklagte die Mandate ordnungsgemäß über die Kanzlei des Klägers abgewickelt hätte. In diesem Fall hätte der Kläger unbegrenzt Zugang zu allen Belegen.
(4) Demgegenüber ist der Beklagte nicht verpflichtet, vollständig Einblick in seine Kontounterlagen zu gewähren. Denn es ist ihm unzumutbar, Informationen zu offenbaren, die nichts mit der wettbewerbswidrigen Mandatsbearbeitung zu tun haben.
e) Die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung für Vorgänge bis zum Ende des Jahres 2017 greift nicht durch. Weder der Auskunftsanspruch noch mögliche Zahlungsansprüche des Klägers sind verjährt.
Dies gilt auch unter Heranziehung der kürzestmöglichen Verjährungsfrist des § 61 Absatz 2 Halbsatz 1 HGB. Nach dieser Vorschrift verjähren Ansprüche nach drei Monaten ab dem Zeitpunkt, in welchem der oder die Arbeitgeber*in Kenntnis vom Abschluss des Geschäfts erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (zu den möglicherweise von dieser Frist erfassten Ansprüchen BAG 25. November 2021 - 8 AZR 226/20 - Rn. 36 ff.). Es kann dabei zugunsten des Beklagten auch davon ausgegangen werden, dass die Frist schon beginnt, wenn der oder die Arbeitgeber*in nicht von dem einzelnen Geschäft, sondern davon Kenntnis erlangt, dass der oder die Arbeitnehmer*in überhaupt unerlaubt Wettbewerb betreibt (dazu BAG 25. November 2021 - 8 AZR 226/20 - Rn. 50 f.). Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger von den maßgeblichen Vorgängen frühestens im Dezember 2020 Kenntnis erlangt hat und auch nicht früher ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Dagegen hat sich der Beklagte nicht mit der Berufung gewehrt. Dass diese Annahme falsch wäre, ist auch nicht ersichtlich. Eine Verjährung konnte damit frühestens im März 2021 eintreten. Selbst wenn man nicht auf den Mahnbescheid, sondern auf den am 26. Februar 2021 beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem Beklagten am 4. März 2021 zugestellten Schriftsatz vom 26. Februar 2021 abstellt, wäre die Verjährung durch die mit diesem Schriftsatz erhobene Stufenklage gehemmt (§ 204 Absatz 1 Nr. 1 BGB, § 697 Absatz 2 Satz 1, §§ 253 und 167 ZPO; vergleiche BAG 25. November 2021 - 8 AZR 226/20 - Rn. 51 und 53).
3. Hinsichtlich des Klageantrages zu 4. ist die Klage in der Formulierung, wie sie vor dem Landesarbeitsgericht angebracht und nunmehr unter II. der Urteilsformel ausgeurteilt wurde, begründet.
a) Der Auskunftsanspruch ergibt sich ebenfalls daraus, dass der Beklagte gegen sein vertragliches Wettbewerbsverbot verstoßen hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass er nach § 1 des Arbeitsvertrages als anwaltlicher Mitarbeiter eingestellt wurde.
aa) Allerdings ist die Tätigkeit als Nachlasspfleger keine anwaltliche Tätigkeit.
Die Tätigkeit als Rechtsanwält*in erfasst die Beratung und Vertretung in "allen Rechtsangelegenheiten" beispielsweise vor Gerichten (§ 3 Absatz 1 und 2 BRAO). Tätigkeiten, die sich nicht auf Rechtsangelegenheiten beziehen, sondern sich als wirtschaftlich darstellen, sind daher keine anwaltliche Tätigkeit (vergleiche BVerwG 13. Dezember 2011 - 8 C 24/10 - Rn. 22). Dazu gehört auch die Abwicklung von Nachlässen, da es hierbei nicht um rechtliche, sondern um wirtschaftliche Fragen geht. Demgemäß sieht auch die Bundesrechtsanwaltsordnung die Befassung mit einer Angelegenheit als Nachlassverwalter oder in ähnlicher Funktion als nichtanwaltliche Vorbefassung an (§ 45 Absatz 1 Nr. 2 BRAO). Da die Nachlassverwaltung ein Unterfall der Nachlasspflegschaft ist (§ 1975 BGB), gehört die Nachlasspflegschaft zu den einer Nachlassverwaltung zumindest ähnlichen Funktionen (für eine Unterscheidung von Pflegschaft und anwaltlicher Tätigkeit auch OLG (Oberlandesgericht) Rostock 22. April 2021 - 3 W 70/18 - FamRZ (Zeitschrift für das gesamte Familienrecht) 2022, 64 unter 2 der Gründe).
bb) Darauf kommt es indes nicht an. Denn ob unerlaubte Konkurrenztätigkeit vorliegt, entscheidet sich entsprechend § 60 Absatz 1 HGB danach, ob der oder die Arbeitnehmer*in im Wirtschaftszweig des oder der Arbeitgeber*in Geschäfte macht. Da der Kläger in seiner Kanzlei Nachlasspflegschaften übernahm, übte der Beklagte, indem er dies auf eigene Rechnung ebenfalls tat, unerlaubten Wettbewerb aus.
cc) Dass es sich bei der Übernahme einer Nachlasspflegschaft um ein an die Person des Nachlasspflegers gebundenes Amt handelt, steht dem Auskunftsanspruch nicht entgegen. Denn auch bei einer persönlichen Bestellung des oder der Arbeitnehmer*in zum oder zur Nachlasspfleger*in können Ansprüche des oder der Arbeitgeber*in bestehen (vergleiche BAG 22. Oktober 2022 - 6 AZR 566/18 - Rn. 20 ff. zur vergleichbaren Bestellung als Insolvenzverwalter*in).
b) Der Auskunftsanspruch beschränkt sich nicht auf anonymisierte Angaben.
aa) Aus der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht ergibt sich eine solche Einschränkung schon deshalb nicht, weil insoweit keine anwaltliche Tätigkeit vorliegt, hinsichtlich derer der Beklagte dieser Pflicht unterliegen könnte. Soweit der Beklagte im Einzelfall in Zusammenhang mit einer Nachlasspflegschaft anwaltlich tätig war, fällt dies unter die Übernahme von Mandaten und wird bereits vom Klageantrag zu 1. bzw. vom Urteilsausspruch zu I. erfasst.
bb) Sonstige Rechtsgründe für eine Begrenzung der Auskunftspflicht auf anonymisierte Angaben bestehen nicht. Insbesondere sind Rechte der Verstorbenen und ihrer Erb*innen nicht unzulässig beeinträchtigt.
(1) Soweit es um die Verstorbenen geht, kommt nur noch ein postmortales - also nach dem Ableben weiter bestehendes - Persönlichkeitsrecht in Betracht. Dieses greift jedoch nicht ein. Zu schützen ist lediglich noch die auch nach dem Tode weiter bestehende Menschenwürde; die Schutzanforderungen bleiben daher hinter denen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zurück. Es besteht grundsätzlich kein Schutz des Geheimhaltungsinteresses (BGH 29. November 2021 - VI ZR 248/18 - Rn. 20, 127, 131 mwN - KOHL-PROTOKOLLE I).
(2) Den Erb*innen kommt zwar ein allgemeines Persönlichkeitsrecht zu. Es tritt jedoch bei der Abwägung hinter die Interessen des Klägers zurück. Da es um Angelegenheiten geht, die sich aus dem Nachlass der Erblasser*innen ergeben, betrifft die rein wirtschaftliche Tätigkeit in Zusammenhang mit einem Nachlass bei typisierter Betrachtung nicht den persönlichen Bereich der Erb*innen. Demgegenüber sind die Auskünfte für den Kläger von hoher wirtschaftlicher Bedeutung, weil sie ihm dabei helfen, berechtigte Ansprüche durchsetzen zu können.
c) Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen zum Klageantrag zu 1. verwiesen.
III. Das Berufungsgericht hat den Tenor der arbeitsgerichtlichen Entscheidung insoweit klarstellend nach § 319 ZPO berichtigt, als er keinen Ausspruch zum abgewiesenen Teil der Klage enthält (zur entsprechenden Berechtigung des Rechtsmittelgerichts BAG 24. Februar 2021 - 10 AZR 8/19 - Rn. 26 ff.).
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Absatz 1 und 2 Nummer 1, § 97 Absatz 1, § 516 Absatz 3 Satz 1 ZPO. Da die Zuvielforderung des Klägers verhältnismäßig geringfügig war und keine höheren Kosten verursacht hat, konnten dem Beklagten die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt werden.
V. Hinsichtlich der Entscheidung über die Berufung ist die Revision nach § 72 Absatz 2 Nr. 1 ArbGG für beide Parteien wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Verkündet am 5. September 2022