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Beschluss vom 21.12.2022 · IWW-Abrufnummer 233250

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Aktenzeichen 19 Ta 13/22

Für die Klage des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Entschädigung nach § 56 IfSG ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen auch dann nicht eröffnet, wenn der Arbeitgeber nach § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG in Anspruch genommen wird. Auch in diesem Fall ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, § 68 Abs. 1 IfSG .


Im Beschwerdeverfahren mit den Beteiligten
1.
- Kläger/Beschwerdeführer -
Proz.-Bev.:
2.
- Beklagte/Beschwerdegegnerin -
Proz.-Bev.:
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - - 19. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Meyer ohne mündliche Verhandlung am 21.12.2022
beschlossen:

Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 13. Juni 2022 - 7 Ca 26/22 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.


2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.



Gründe



I.



Zwischen den Parteien ist in der Hauptsache der Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetz und vorliegend die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen im Streit.



Der Kläger ist für die Beklagte seit dem 1. Januar 2004 als ... gegen ein stündliches Arbeitsentgelt in Höhe von zuletzt Euro 13,53 brutto vollschichtig tätig (Mitarbeitervertrag = Bl. 5 ff. der Akte des ArbG).



Der Kläger befand sich nach seinen Angaben vom 07.12.2021 bis einschließlich 28.12.2021 in Absonderung aufgrund einer Coronaerkrankung. Für die Zeit vom 6. bis zum 15. Dezember 2021 bestand eine ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 09.12.2021 der Internistin B.T. = Bl. 29 der Akte des ArbG). Die Beklagte leistete in dem genannten Zeitraum Entgeltfortzahlung. Für die Folgezeit bis einschließlich 28. Dezember 2021 legte der Kläger weder eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Beklagten vor noch erschien er an seinem Arbeitsplatz.



Mit der der Beklagten am 11. März 2022 zugestellten Klage vom 7. März 2022 nimmt der Kläger jene auf Zahlung einer Entschädigung für aufgrund einer Absonderungspflicht ausgefallene 16 Arbeitstage in der Zeit vom 7. bis 28. Dezember 2021 zu jeweils Euro 108,24 brutto in Anspruch.



Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 13. Juni 2022 nach Anhörung der Parteien die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen verneint und den Rechtsstreit an das für den Sitz der Beklagten zuständige Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen (§ 52 Nr. 5 VwGO).



Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 19. Juni 2022 eingereichten sofortigen Beschwerde vom Vortag.



Der Kläger ist der Auffassung, der Entschädigungsanspruch richte sich nach § 56 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz gegen den Arbeitgeber und es liege (infolgedessen) keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor. Deshalb sei der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet.



Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 16. Juli 2022 nicht abgeholfen und dieselbe dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.



II.



Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen zu Recht verneint und den Rechtsstreit der Parteien wegen der Zahlung einer Entschädigung nach § 56 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 Infektionsschutzgesetz in den Fassungen vom 24. November bis 11. Dezember 2021 und vom 12. Dezember 2021 bis 18. März 2022 (i. F.: IfSG) zu Recht in den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten verwiesen.



1. Die sofortige Beschwerde ist an sich statthaft nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG iVm. §§ 48 Abs. 1, 78 Satz 1 ArbGG und 567 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO. Die sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, denn sie wurde form- und fristgerecht eingereicht, § 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO. Das Beschwerdeverfahren hat seinen Gang genommen, § 572 Abs. 1ZPO.



2. Die sofortige Beschwerde ist aber nicht begründet. Für den geltend gemachten Anspruch nach § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG sind allein die Verwaltungsgerichte zuständig. Das gilt auch für den Auszahlungsanspruch nach Abs. 5 Satz 1 der Vorschrift. Denn es liegt keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit nach § 2 Abs. 1 Ziff. 3a) bzw. Ziff. 4a) ArbGG vor. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Das Beschwerdegericht macht sich die Ausführungen auf den Seiten 3 ff. der angefochtenen Entscheidung unter II. 1. und 2. der Gründe in vollem Umfang zu eigen (Bl. 49 bis 51 der Akte des ArbG). Anzumerken ist ergänzend:



a) Ob eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbGG vorliegt oder eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Art ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch abgeleitet wird. Maßgeblich ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des bürgerlichen Rechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird. Nicht entscheidend ist, ob sich die klagende Partei auf eine zivilrechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (BAG 1. März 2022 - 9 AZB 25/21 - Rndziffn. 12, 13, Juris mwN.).



b) Der Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG wird von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts geprägt, weil die Vorschrift auf Gebote und Verbote nach den §§ 30 ff. IfSG Bezug nimmt. Außerdem richten sich nach § 66 Abs. 1 IfSG Ansprüche nach den §§ 56 - 58 IfSG gegen das Land als Zahlungsverpflichteter.



c) Eine Zuständigkeit lässt sich auch nicht damit begründen, dass eine (konkurrierende) arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage einschlägig sein könnte (vgl. hierzu: LAG Düsseldorf 10. Oktober 2022 - 3 Ta 278/22 -, Juris).



d) Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Rechtsstreit in den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten verwiesen.



III



Aus der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels resultiert die Kostenlast, § 97 Abs. 1 ZPO.



Die Entscheidungsbefugnis des Vorsitzenden ergibt sich aus § 78 ArbGG.



Es liegen keine Gründe vor, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigen würden, § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG.



Die grundsätzlichen und auch in der vorliegenden Sache aufgeworfenen Fragen sind durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 1. März 2022 (- 9 AZB 25/21 -) hinreichend geklärt.

Der Vorsitzende: Meyer

Vorschriften§ 56 Infektionsschutzgesetz, § 52 Nr. 5 VwGO, § 56 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz, § 56 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 Infektionsschutzgesetz, § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, §§ 48 Abs. 1, 78 Satz 1 ArbGG, 567 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO, § 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, § 572 Abs. 1ZPO, § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG, § 2 Abs. 1 Ziff. 3a) bzw. Ziff. 4a) ArbGG, § 2 Abs. 1 ArbGG, § 56 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG, §§ 30 ff. IfSG, § 66 Abs. 1 IfSG, §§ 56 - 58 IfSG, § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG, § 56 IfSG, § 56 Abs. 5 Satz 2 IfSG, §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG, § 56 Abs. 5 Satz 3 IfSG, § 56 Abs. 12 IfSG, § 150a Abs. 1 SGB XI, § 2 Abs. 1 Ziff. 3a), Ziff. 4a) ArbGG, § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG, § 616 BGB, § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO, § 616 Satz 1 BGB, Abs. 5 IfSG, § 56 Abs. 1 IfSG, § 56 Abs. 5 IfSG, § 616 Abs. 1 BGB, §§ 56 bis 58, 55 IfSG, § 68 Abs. 1 IfSG, § 68 Abs. 1 Satz 1 IfSG, § 68 IfSG, § 97 Abs. 1 ZPO, § 78 ArbGG, § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG