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Urteil vom 08.11.2022 · IWW-Abrufnummer 233278

Landesarbeitsgericht Thüringen - Aktenzeichen 1 Sa 257/20

1. Die Bezugnahme auf einen Manteltarifvertrag einer bestimmten Branche in einem Arbeitsvertrag erfasst einen von einem einzelnen Unternehmen abgeschlossenen Tarifsozialplan selbst dann in aller Regel nicht, wenn die vertragliche Bezugnahmeklausel auch den Manteltarifvertrag ergänzende und ändernde Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen benennt.

2. Zur Zulässigkeit von Differenzierungsklauseln und Stichtagsregelungen in Tarifverträgen.


Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 17.06.2020 - Az. 5 Ca 2186/19 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.


2. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten um einen tariflichen Abfindungsanspruch.



Der Kläger war auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 30.04.1991 (Blatt 6 ff. der Akte) bei der Beklagten als Mechaniker gegen ein durchschnittliches Bruttoentgelt in Höhe von 2.537,51 € tätig. Dieses Entgelt erzielte der Kläger auch in den Monaten Januar bis März 2019.



§ 2 des Arbeitsvertrages lautet:



"Tarifvertrag, Betriebsordnung



Für das Arbeitsverhältnis gelten - außer diesen vertraglichen Vereinbarungen - die Vorschriften des Manteltarifvertrages für die Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung in Thüringen, die diese ergänzenden und ändernden Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und gesetzlichen Bestimmungen, sowie die Bestimmungen des Betriebsordnung des Arbeitgebers."



Am 13.06.2019 vereinbarte die Beklagte mit der IG Metall, Bezirksleitung Mitte, einen Tarifvertrag zur Standortschließung (Bl. 16-17 der Akte, im Folgenden "Tarifsozialplan"). Dieser Tarifsozialplan lautet auszugsweise wie folgt:



"§ 1 Geltungsbereich



Dieser Tarifvertrag gilt räumlich und persönlich für alle Mitarbeitende der Arbeitgeberin, die aus Anlass der geplanten Betriebsstilllegung eine betriebsbedingte Kündigung erhalten und zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Tarifvertrages durch Mitgliedschaft in der IG Metall tarifgebunden sind.



Keine Ansprüche aus dem Sozialtarifvertrag haben Arbeitnehmer,



...



e) die kein IG Metallmitglied sind.



§ 2 Abfindungsleistungen



Betroffene Mitarbeitende haben im Fall einer betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber einen Anspruch auf eine Abfindung gemäß nachfolgender Regelungen:



2.1. Die Brutto-Abfindung setzt sich gemäß 2.1.1. zusammen.



2.1.1. Abfindungsberechnung



Der Grundbetrag der Abfindung berechnet sich in Euro wie folgt:



Abfindung = Betriebszugehörigkeit x Bemessungsentgelt x Faktor 0,25



....



2.1.3. Bemessungsentgelt



Als Bemessungsentgelt gilt der durchschnittliche Monatsverdienst der letzten 3 Monate vor Beginn der Kurzarbeit (Januar bis März 2019). ...



2.3. Weitere Regelungen



Ansprüche aus diesem Sozialtarifvertrag sind nicht auf Ansprüche aus einem etwaig mit dem Betriebsrat auszuhandelnden Sozialplan anrechenbar.



§ 3 Sprinterprämie



Mitarbeiter denen gegenüber eine Kündigung ausgesprochen wurde, haben die Möglichkeit, mit einer Ankündigungsfrist von 2 Wochen das Arbeitsverhältnis durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber vorzeitig zu beenden. Die Abfindung erhöht sich dann für jeden vollen Monat der vorzeitigen Beendigung um ein hälftiges Bruttomonatsentgelt gemäß Ziff. 2.1.3.



..."



Der Kläger ist kein Mitglied der IG Metall.



Die Beklagte und der bei ihr gewählte Betriebsrat vereinbarten am 21.06.2019 einen Sozialplan, wonach Mitarbeiter, die aufgrund betriebsbedingter Kündigung, Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder durch Betriebsänderung motivierte Eigenkündigung aus dem Unternehmen ausscheiden, einen Abfindungsanspruch haben. Wegen des Inhalts des Sozialplans wird auf Blatt 14 und 15 der Akte verwiesen.



Mit Schreiben vom 27.06.2019 (Bl. 13 der Akte) sprach die Beklagte aufgrund der anstehenden Betriebsstilllegung eine betriebsbedingte Kündigung zum 31.01.2020 aus. Unter Berufung auf die sowohl im Sozialplan als auch im Tarifsozialplan vorgesehene Möglichkeit einer Eigenkündigung unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von zwei Wochen sprach der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 08.08.2019 (Bl. 18 der Akte) eine Eigenkündigung zum 31.08.2019 aus.



Die Beklagte zahlte zwar die Abfindung sowie die Sprinterprämie auf Basis des Sozialplans an den Kläger aus. Die Zahlung einer weiteren Abfindung aus dem Tarifsozialplan unterblieb jedoch. Diese machte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 30.10.2019 (Bl. 19 der Akte) unter Berufung auf § 2 des Tarifsozialplans unter Fristsetzung bis zum 13.11.2019 erfolglos geltend.



Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, der Tarifsozialplan fände auf das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages Anwendung. Der Tarifsozialplan ergänze den ausdrücklich genannten Manteltarifvertrag. § 1 des Tarifsozialplanes, wonach dieser keine Anwendung auf Nichtmitglieder finde, stehe seinem Anspruch nicht entgegen. Dies folge schon aus dem Günstigkeitsprinzip. Denn die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag führe zu einer Anwendbarkeit der tarifvertraglichen Regelungen des Tarifsozialplans. Die Vereinbarung im Arbeitsvertrag sei eine Gleichstellungsabrede, die seine Gewerkschaftsmitgliedschaft fingiere. Ziel der Gleichstellungsabrede sei die umfassende Gleichstellung von Gewerkschaftsmitgliedern und unorganisierten Arbeitnehmern. Diese Gleichbehandlung sei auch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses von der Beklagten praktiziert worden. Die Fiktion der Gewerkschaftsmitgliedschaft führe dazu, dass der Kläger bereits vor dem 13.06.2019 als Gewerkschaftsmitglied gelte.



Der Kläger hat ferner darauf verwiesen, dass ein Tarifvertrag dem Arbeitgeber nicht verbieten dürfe, entsprechende Leistungen auch gegenüber Nichtgewerkschaftsmitglieder zu erbringen. Die Beklagte habe außergerichtlich mehrfach angedeutet, eine Abfindung aus dem Tarifsozialplan nicht zahlen zu dürfen.



Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,



die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Abfindung in Höhe von 17.974,03 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2019 zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,



die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung aus dem Tarifsozialplan zu. Ein Verstoß gegen das Günstigkeitsprinzip sei nicht gegeben. Der Tarifvertrag untersage ihr eine entsprechende Zahlung an Nichtgewerkschaftsmitglieder nicht. Sie dürfe, müsse jedoch nicht zahlen.



Die Beklagte hat erstinstanzlich angeführt, dass der Kläger - insoweit unstreitig - zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages nicht Mitglied der tarifvertragschließenden Gewerkschaft war. Nach § 1 des Tarifsozialplans sei er von der Anwendbarkeit des Tarifvertrages ausgenommen. Eine Gleichstellungsabrede ändere hieran nichts. Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages erfasse lediglich den einschlägigen Manteltarifvertrag und etwaige diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge. Ein Tarifsozialplan sei jedoch kein den Manteltarifvertrag ergänzender Tarifvertrag. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Tarifvertragsparteien nicht identisch seien.



Mit Urteil vom 17.06.2020 (Bl. 64 ff. der Akte) hat das Arbeitsgericht Erfurt die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger falle nicht unter den Geltungsbereich des Tarifsozialplans. Zwar handele es sich bei § 2 des Arbeitsvertrages um eine Gleichstellungsabrede. Dahingestellt bleiben könne allerdings, ob der Tarifsozialplan den in § 2 des Arbeitsvertrages angesprochenen Manteltarifvertrag ändere oder ergänze. Denn dieser Tarifvertrag finde aus anderen Gründen nicht auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Parteien des Tarifsozialplanes hätten zwischen Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern unterschieden. Der Kläger sei so zu behandeln wie die Gruppe der Gewerkschaftsmitglieder, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifsozialplanes am 13.06.2009 noch nicht Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft waren. Denn mit der Gleichstellungsabrede werde der Kläger nur so behandelt wie ein Gewerkschaftsmitglied. Seine Gewerkschaftsmitgliedschaft werde nicht dergestalt fingiert, dass bezogen auf eine Stichtagsregelung die Gewerkschaftsmitgliedschaft bereits seit Vereinbarung der Gleichstellungsabrede vorliege. Aus diesem Grund liege auch kein Verstoß gegen das Günstigkeitsprinzip vor. Dass der Kläger von der Beklagten während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wie ein Gewerkschaftsmitglied behandelt worden sei, hindere die Beklagte nicht daran, die Zahlung der Abfindung aus dem Tarifsozialplan zu verweigern. Der Kläger gehe selbst davon aus, dass Tarifvertragsparteien Stichtagsregelungen wie in § 1 des Tarifsozialplanes wirksam vereinbaren könnten. Die Festlegung eines persönlichen Geltungsbereichs sei zulässig. Mit einer Stichtagsregelung werde nicht zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Nichtmitgliedern unterschieden, sondern zwischen verschiedenen Gruppen von Mitgliedern der Gewerkschaft. Eine Tarifausschlussklausel enthalte der Tarifvertrag nicht. Durch die tarifvertragliche Regelung werde auch die negative Koalitionsfreiheit von Außenseitern nicht beeinträchtigt. Die Regelung übe keinen unzulässigen Druck zum Gewerkschaftsbeitritt aus, da eine solche Mitgliedschaft bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Tarifvertrages hätte vorliegen müssen. Auch verbiete es der Tarifvertrag der Beklagten nicht, entsprechende Leistungen an Nichtgewerkschaftsmitglieder zu erbringen.



Gegen das ihm am 02.07.2020 zugestellte klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit einem am 29.07.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz, eingegangen beim Landesarbeitsgericht am 02.09.2020, begründet.



Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.



Er führt an, die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages erfasse sehr wohl auch den hier streitgegenständlichen Tarifsozialplan. Die Reichweite der Bezugnahmeklausel sei sehr weit und erfasse auch weitere Bestimmungen. Durch die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag sei der Kläger seit Vertragsschluss im Jahr 1991 einem Gewerkschaftsmitglied gleichgestellt. Zu Unrecht habe das Erstgericht daher den Kläger der Gruppe von Gewerkschaftsmitgliedern zugeordnet, welche am 13.06.2019 noch nicht Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft gewesen waren. Die Herausnahme des Klägers aus dem Anwendungsbereich des Tarifsozialplanes verstoße gegen das Günstigkeitsprinzip.



Der Kläger führt weiter an, das Verhalten der Beklagten sei auch als treuwidrig anzusehen. Sie habe den Kläger über einen Zeitraum von mehr als 28 Jahren einem Gewerkschaftsmitglied gleichgestellt und dadurch ein Vertrauen darauf geschaffen, dass er auch ohne Beitritt zur Gewerkschaft in den Genuss entsprechender Rechte komme.



Der Kläger beantragt sinngemäß,



das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 17.06.2020, Az. 5 Ca 2186/19, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Abfindung in Höhe von 17.974,03 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2019 zu bezahlen.



Die Beklagte beantragt,



die Berufung zurückzuweisen.



Sie führt an, der Tarifsozialplan sei kein Tarifvertrag, der den in § 2 des Arbeitsvertrages genannten Manteltarifvertrag ergänze oder ändere. Der Manteltarifvertrag gelte für sämtliche Unternehmen, der Tarifsozialplan lediglich für ein bestimmtes Unternehmen. Die tarifschließenden Parteien seien auch unterschiedlich. Während der Manteltarifvertrag durch den Arbeitgeberverband geschlossen werde, werde der Tarifsozialplan von nur einem einzelnen Arbeitgeber vereinbart.



Zu Recht habe das Arbeitsgericht den Tarifsozialplan für nicht auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbar gehalten. Denn der Kläger falle nach § 1 des Tarifsozialplans nicht unter den persönlichen Geltungsbereich. Die Stichtagsregelung bewirke, dass der Kläger so zu behandeln sei wie die Gewerkschaftsmitglieder, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifsozialplans am 13.06.2019 nicht Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft waren. Da der Tarifsozialplan nicht zugunsten des Klägers wirke, sei für das Günstigkeitsprinzip kein Raum. Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten sei nicht ersichtlich. Dem Kläger habe es freigestanden, jederzeit in die Gewerkschaft einzutreten, wenn er eine umfassende Behandlung als Gewerkschaftsmitglied hätte erreichen wollen.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz am 08.11.2022 (Bl. 133 der Akte) Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



I. Die Berufung ist zulässig.



Insbesondere ist sie nach § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft, da der Beschwerdegegenstand den Betrag von 600,00 € überschreitet. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm § 520



Abs. 3 ZPO.



II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet.



Zu Recht hat das Erstgericht einen Anspruch des Klägers auf eine Abfindung aus § 2 des Tarifsozialplans vom 13.06.2019 verneint. Dieser Tarifsozialplan findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.



1. Unstreitig ergibt sich ein Anspruch nicht aus einer beiderseitigen Tarifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 S. 1 TVG. Der Kläger ist nicht Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft.



2. Der streitgegenständliche Tarifsozialplan findet auch nicht Kraft Inbezugnahme im Arbeitsvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.



a) Dies zeigt schon der Wortlaut der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages. Dort ist der Tarifsozialplan nicht genannt. Nach dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel gelten für das Arbeitsverhältnis nur die Vorschriften des Manteltarifvertrages für die Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung in Thüringen. Weitere Tarifverträge werden nicht genannt.



b) Der Tarifsozialplan ist auch nicht als ein den Manteltarifvertrag ergänzender und abändernder Tarifvertrag anzusehen. Das ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags.



Zunächst ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Tarifsozialplan nicht um einen Verbandstarifvertrag des Arbeitgeberverbands, sondern um einen für ein einzelnes Unternehmen abgeschlossenen Haustarifvertrag handelt. Die Tarifvertragsparteien sind mithin nicht identisch. Auch der Regelungsinhalt eines Manteltarifvertrags ist ein anderer als der eines Tarifsozialplans. Während ein Manteltarifvertrag typischerweise Regelungen zu den allgemeinen Rahmenbedingungen von Arbeitsverhältnissen in einer bestimmten Branche - zum Beispiel zu Arbeitszeiten, Urlaub oder Kündigungsfristen - enthält und langfristig ausgerichtet ist, werden in einem Tarifsozialplan die Folgen einer Betriebsänderung in einem konkreten Unternehmen geregelt bzw. abgemildert. Wegen der genannten Unterschiede bezogen sowohl auf die tarifschließenden Parteien als auch auf die Regelungsgegenstände ist ohne weitere Anhaltspunkte nicht davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien von der Inbezugnahme eines Manteltarifvertrages auch den Abschluss eines Sanierungstarifvertrages erfasst wissen wollten.



c) In der Rechtsprechung ist zudem anerkannt, dass selbst bei einer sehr weit gefassten zeitdynamischen Bezugnahme auf die Tarifverträge einer bestimmten Branche nicht ohne weiteres auch ein von der tarifschließenden Gewerkschaft nicht mit dem Verband, sondern mit einem einzelnen Unternehmen abgeschlossener Haustarifvertrag erfasst wird (BAG 03.07.2019 - 4 AZR 312/18 - Rn. 30; BAG 12.12.2018 - 4 AZR 123/18 Rn. 22, 27; BAG 11.07.2018 - 4 AZR 533/17 - Rn. 21 bis 23). Dieser Rechtsprechung schließt sich die erkennende Kammer an.



d) Dass die Bezugnahmeklausel im Falle des späteren Abschlusses eines Haustarifvertrags als lückenhaft empfunden werden könnte, ändert an dem gefundenen Auslegungsergebnis nichts. Denn diese Regelungslücke wäre nicht planwidrig. Haustarifverträge im Allgemeinen und Sanierungstarifverträge im Speziellen sind nicht unüblich. Wenn die Arbeitsvertragsparteien die Anwendbarkeit solcher spezieller Haustarifverträge hätten sicherstellen wollen, wäre ihnen eine entsprechende ergänzende Formulierung unbenommen gewesen (so auch BAG 12.12.2018 - 4 AZR 123/18 - Rn. 27).



e) Zuletzt führt auch der Verweis auf weitere auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Bestimmungen entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu einer Anwendbarkeit des Tarifsozialplans. Insbesondere der Verweis auf Betriebsvereinbarungen lässt keinen Rückschluss auf den Willen der Parteien in Bezug auf die Reichweite der einbezogenen Tarifverträge zu. Denn die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge einerseits und auf Betriebsvereinbarungen andererseits betrifft unterschiedliche Normenwerke mit unterschiedlichen Wirkungen. Während Betriebsvereinbarungen normativ auf das Arbeitsverhältnis einwirken (§ 77 Abs. 4 BetrVG), gelten Tarifverträge grundsätzlich nur dann unmittelbar und zwingend, wenn die Arbeitsvertragsparteien auch tarifgebunden sind. Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge hat bei fehlender Tarifbindung konstitutive Wirkung, während einem Hinweis auf die Geltung von Betriebsvereinbarungen wegen der gesetzlichen Geltungsanordnung regelmäßig nur deklaratorischer Charakter zukommt. Dem Umstand, dass die Arbeitsvertragsparteien Betriebsvereinbarungen in Bezug genommen haben, kommt deshalb für die Auslegung der Bezugnahme auf Tarifverträge keine Bedeutung zu (BAG 11.07.2018 - 4 AZR 533/17 - Rn. 27; BAG 12.12.2018 - 4 AZR 123/18 - Rn. 23).



3. Selbst zugunsten des Klägers unterstellt, die arbeitsvertragliche Bezugnahme erfasse auch den hier im Streit stehenden Tarifsozialplan, hätte der Kläger keinen Anspruch aus dessen § 2. Denn der Kläger erfüllt die besonders geregelte persönliche Anspruchsvoraussetzung einer Gewerkschaftsmitgliedschaft zum Stichtag 13.06.2019 nicht.



a) In § 1 des Tarifsozialplans ist zum Geltungsbereich ausdrücklich festgelegt, dass der Tarifvertrag persönlich nur für solche Mitarbeitende gelten soll, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Tarifvertrages durch Mitgliedschaft in der IG Metall tarifgebunden sind. Und in § 1 lit. e) des Tarifsozialplans ist geregelt, dass Arbeitnehmer keine Ansprüche aus dem Tarifvertrag haben, "die kein IG Metall Mitglied sind". Der Kläger ist kein Mitglied der IG Metall.



b) Eine entsprechende Mitgliedschaft des Klägers ergibt sich entgegen seiner Auffassung nicht durch die Bezugnahme in § 2 des Arbeitsvertrages.



Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, mit der dynamisch auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk verwiesen wird, dient ausschließlich dem Zweck, die Anwendung der jeweiligen Tarifnormen im Arbeitsverhältnis herbeizuführen. Sie beinhaltet nicht eine vertragliche Vereinbarung über eine umfassende Behandlung des Arbeitnehmers als Gewerkschaftsmitglied (BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 Rn. 17; BAG 18.03.2009 - 4 AZR 64/08 Rn. 26).



c) Eine Statusverleihung als Gewerkschaftsmitglied ergibt sich selbst dann nicht, wenn die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags als sogenannte Gleichstellungsabrede anzusehen wäre. Denn bei der Gleichstellungsabrede geht es nur darum, den Arbeitgeber nicht weitergehend zu binden, als er gegenüber einem an den betreffenden Tarifvertrag gebundenen Arbeitnehmer gebunden wäre. Um dieses Zieles willen hat die ältere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht eine dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag einschränkend dahingehend ausgelegt, dass die Dynamik dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Eine Gleichstellungsabrede bewirkt demgegenüber nicht, dass der Arbeitgeber durch sie verpflichtet wird, den betreffenden Arbeitnehmer insgesamt bei der Anwendung der tariflichen Bestimmungen so zu behandeln, als wäre er Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft (BAG 18.03.2009 - 4 AZR 64/08 Rn. 28, 29).



4. Da die Bezugnahmeklausel nach dem zuvor Ausgeführten weder den Tarifsozialplan einbezieht noch eine Gewerkschaftsmitgliedschaft des Klägers fingiert, ist entgegen der Auffassung des Klägers für die Anwendung des Günstigkeitsprinzips kein Raum.



5. Der Kläger hat auch nicht deshalb einen Anspruch auf die begehrte Zahlung, weil der Tarifsozialplan mit der in ihm enthaltenen Anspruchsvoraussetzung einer Gewerkschaftsmitgliedschaft als unzulässige Differenzierung anzusehen wäre. Zwar könnte aus einer unzulässigen Differenzierung die Erstreckung des Anspruchs auf Nichtorganisierte folgen. Die vorliegende Regelung des persönlichen Anwendungsbereichs in § 1 des Tarifsozialplans ist jedoch wirksam.



a) Sogenannte einfache Differenzierungsklauseln, welche die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft ausdrücklich zu einer anspruchsbegründenden Voraussetzung machen, werden nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als grundsätzlich zulässig erachtet (BAG 23.03.2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 21; BAG 18.03.2009 4 AZR 64/08 Rn. 47). Entgegen der Darstellung des Klägers verbietet es der Tarifsozialplan auch nicht der Beklagten, entsprechende Zahlungen an Nichtgewerkschaftsmitglieder vorzunehmen. Wie das Erstgericht zutreffend ausführt, begründet der Tarifvertrag gegenüber Außenseitern nur keinen Anspruch.



b) Unter Berücksichtigung der sogenannten "negativen Koalitionsfreiheit" der Außenseiter können Differenzierungsklauseln aber dann unzulässig sein, wenn solche Klauseln das Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung betreffen oder einen unzumutbaren Beitrittsdruck auf nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer ausüben (vgl. BAG 23.03.2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 22; BAG 18.03.2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 39, 40, 79).



Die Regelung in § 1 des Tarifsozialplans übt unter Berücksichtigung der dargestellten Voraussetzungen keinen unzulässigen, gegen die negative Koalitionsfreiheit der Außenseiter verstoßenden Druck zum Gewerkschaftsbeitritt aus. Denn die Zahlung einer Abfindung wegen des Verlusts des Arbeitsverhältnisses durch eine Betriebsänderung betrifft nicht das laufende Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Zudem wird - wie das Erstgericht zutreffend ausführt - bereits deshalb kein unzumutbarer Beitrittsdruck ausgeübt, weil wegen der in § 1 geregelten Stichtagsregelung ein nach Abschluss des Tarifvertrages erfolgender Gewerkschaftsbeitritt den Abfindungsanspruch nicht mehr auslösen könnte.



c) Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Anspruchsvoraussetzung der Gewerkschaftsmitgliedschaft in § 1 des Tarifsozialplans als Stichtagsregelung ausgestaltet und somit nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gar nicht als echte Differenzierungsklausel anzusehen ist. Denn bei einer Stichtagsregelung unterscheiden die Tarifvertragsparteien nicht zwischen Mitgliedern einer Gewerkschaft auf der einen und Nichtmitgliedern auf der anderen Seite, sondern lediglich zwischen verschiedenen Gruppen von Mitgliedern der Gewerkschaft und damit allein zwischen tarifgebunden Arbeitnehmern (BAG 27.01.2016 - 4 AZR 830/13 - Rn. 16; BAG 15.04.2015 - 4 AZR 796/13 - OS 1).



6. Zuletzt stellt sich die Berufung der Beklagten auf die fehlende Gewerkschaftsmitgliedschaft des Klägers auch nicht als treuwidrig dar.



Selbst wenn die Beklagte den Kläger in der Vergangenheit einem Gewerkschaftsmitglied gleichgestellt hätte, konnte ein schützenswertes Vertrauen des Klägers darauf, dass er auch zukünftig ohne Beitritt zur Gewerkschaft in allen Belangen des Arbeitsverhältnisses in den Genuss entsprechender Rechte komme werde, nicht entstehen.



Denn zu berücksichtigen ist, dass die Anwendung der Tarifverträge auf das klägerische Arbeitsverhältnis seine Grundlage im Arbeitsvertrag hat. So kommt der Manteltarifvertrag kraft Inbezugnahme zur Anwendung (§ 2 des Arbeitsvertrags). Auch der Lohn regelt sich nach § 4 des Arbeitsvertrages in Anlehnung an die tariflichen Vorschriften. Aufgrund dieser vertraglichen Verpflichtung der Beklagten zur "Gleichbehandlung" des Klägers mit Gewerkschaftsmitgliedern in den genannten Regelungsbereichen konnte der Kläger auf einen darüberhinausgehenden Verpflichtungswillen der Beklagten zur umfassenden Gleichbehandlung des Klägers auch jenseits der im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Gegenstände nicht schließen.



III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



IV. Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass. Es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalles, der die Auslegung eines Arbeitsvertrages unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Gegenstand hat.

Vorschriften§ 64 Abs. 2 b) ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 S. 1 TVG, § 77 Abs. 4 BetrVG, § 97 Abs. 1 ZPO