Urteil vom 23.11.2022 · IWW-Abrufnummer 233302
Landesarbeitsgericht Hamm - Aktenzeichen 9 Sa 682/22
Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Eine Vereinbarung, nach der"ein monatliches Fixum in Höhe von [...] sowie Provisionen und Prämien gemäß der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung"gewährt werden, ist auch bzgl. des monatlichen Fixums betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 10. Mai 2022 - 5 Ca 45/22 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Zahlung eines monatlichen Fixums.
Der Kläger ist auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 20. Juli 2001 seit dem 27. Juni 2001 bei der Beklagten als Verkäufer angestellt.
Die Beklagte betreibt ein Einrichtungsunternehmen (Amtsgericht Bielefeld HRA XXXXX). Im vorliegend maßgeblichen Betrieb ist ein Betriebsrat gewählt.
Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 20. Juli 2001 lautet auszugsweise wie folgt:
Die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende "Betriebsvereinbarung über Entlohnung der Verkäufer im Provisionsverkauf", die zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten war, lautet auszugsweise wie folgt:
Der Kläger erzielte unter Berücksichtigung von Fixum, Provisionen und Prämien seit jeher regelmäßig eine höhere Vergütung als das arbeitsvertraglich garantierte Tarifgehalt.
Mit Datum vom 18. Oktober 2004 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat eine "Betriebsvereinbarung über Prämien und Provisionen im Verkauf" ab, die zum 1. Januar 2005 in Kraft trat und auszugsweise wie folgt lautet:
Mit Inkrafttreten dieser Betriebsvereinbarung zum 1. Januar 2005 stellte die Beklagte die Zahlung des monatlichen Fixums in Höhe von 1.100,00 DM an den Kläger ein. Ungeachtet dessen erzielte der Kläger weiterhin regelmäßig eine höhere Vergütung als das arbeitsvertraglich garantierte Tarifgehalt.
Mit der beim Arbeitsgericht am 10. Januar 2022 eingegangenen und der Beklagten am 13. Januar 2022 zugestellten Klage sowie der am 2. Mai 2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der am 3. Mai 2022 zugestellten Klageerweiterung hat der Kläger die Zahlung des monatlichen Fixums in Höhe von 1.100,00 DM bzw. umgerechnet 562,42 EUR nebst Zinsen für die Monate Juni 2021 bis einschließlich Mai 2022 begehrt.
Der Kläger ist der Auffassung gewesen, er habe nach wie vor Anspruch auf Zahlung des in seinem Arbeitsvertrag in § 3 zugesagten monatlichen Fixums. Die Regelung im Arbeitsvertrag sei nicht betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet. Nach dem Wortlaut des § 3 solle sich nur der Gehaltsbestandteil der Provisionen und Prämien nach der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung richten, nicht jedoch das Fixum in Höhe von 1.100,00 DM. Der Kläger hat gemeint, Zweifel im Rahmen der Auslegung des Arbeitsvertrags gingen gemäß § 305c BGB zulasten der Beklagten. Im Übrigen seien mit der Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004 lediglich die Provisions- und Prämienregelungen neu gestaltet worden. Regelungen zum Umgang mit dem Fixum enthalte diese Betriebsvereinbarung nicht, weshalb das Fixum ebenfalls weiterhin zu gewähren sei. Mangels gegebenen Umstandsmoments sei trotz des Zeitablaufs von 17 Jahren keine Verwirkung des Anspruchs eingetreten.
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Sie ist der Auffassung gewesen, die Regelung in § 3 des Arbeitsvertrags habe nur den Inhalt der bereits geltenden Betriebsvereinbarung wiedergegeben. Die arbeitsvertragliche Regelung sei betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet gewesen. Nach der ersetzenden Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004 existiere kein Anspruch auf Zahlung eines Fixums mehr. Es bestehe lediglich noch ein Anspruch auf die in dieser Betriebsvereinbarung ausgewiesenen Provisionen und Prämien. Seither bestehe ein "reines Provisionslohnmodell". Es werde entsprechend der arbeitsvertraglichen Absprache lediglich eine monatliche Mindestvergütung garantiert, soweit die erzielten Provisionen und Prämien diesen Betrag unterschritten. Dies sei jedoch beim Kläger unstreitig niemals der Fall. Ein Fixum solle deshalb nicht mehr gezahlt werden, weil die erzielbaren Provisionen und Prämien mehr als auskömmlich gestaltet seien. Der Kläger habe durch die Umstellung auch keinerlei Einbußen erlitten. Zudem meint die Beklagte, dass ein etwaiger Anspruch verwirkt sei. Denn der Kläger habe über einen Zeitraum von 17 Jahren mit der Geltendmachung seiner Ansprüche gewartet. Wegen des sehr langen Zeitraums seien an das Umstandsmoment nur sehr geringe Anforderungen zu stellen.
Mit Urteil vom 10. Mai 2022 das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht angenommen, dass zum einen der Arbeitsvertrag nicht betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet sei, dies weder ausdrücklich noch konkludent. Die arbeitsvertragliche Regelung trenne das Fixum bereits sprachlich von den weiter ausgewiesenen Provisionen und Prämien. Nur im Hinblick auf letztere sei ein Bezug zur seinerzeit geltenden Betriebsvereinbarung hergestellt. Im Übrigen liege auch keine Betriebsvereinbarungsoffenheit vor, weil die entsprechende Regelung zum Fixum keinen kollektiven Bezug aufweise. Dies alles könne jedoch dahinstehen, weil sich die Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004 überhaupt nicht zum Fixum verhalte und das Fixum damit auch nicht abbedungen worden sei. Die Ansprüche seien schließlich nicht verwirkt.
Gegen das der Beklagten am 31. Mai 2022 zugestellte Urteil richtet sich deren am 23. Juni 2022 eingelegte und am 1. September 2022 nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tage begründete Berufung.
Die Beklagte ist unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiterhin der Auffassung, dass die arbeitsvertragliche Regelung lediglich den Inhalt der seinerzeit geltenden Betriebsvereinbarung, die zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten sei, wiedergebe. Der Arbeitsvertrag nehme ausdrücklich auf diese Betriebsvereinbarung Bezug und sei damit ausdrücklich betriebsvereinbarungsoffen gestaltet. In jedem Fall sei, da vorliegend auf die arbeitsvertraglichen Regelungen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen anwendbar sei, von einer konkludenten Betriebsvereinbarungsoffenheit auszugehen. Wie die Regelungen in den Betriebsvereinbarungen zeigten, handele es sich auch um Bestimmungen mit kollektivem Bezug. Im Übrigen könne nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004 die vorhergehende Betriebsvereinbarung bezüglich des Fixums nicht habe inhaltlich abgelöst werden sollen. Wie sich aus § 14 Ziffer 14.2. der Betriebsvereinbarung ausdrücklich ergebe, solle diese Betriebsvereinbarung alle bisherigen Betriebsvereinbarungen zur leistungsbezogenen Gewährung von Provisionen und Prämien ablösen. Hierunter falle auch die vorhergehende Betriebsvereinbarung, die zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten sei. Im Rahmen der dortigen Regelung einer variablen Vergütung sei auch das Fixum geregelt gewesen. Schließlich sei weiterhin von einer Verwirkung der klägerisch geltend gemachten Ansprüche auszugehen.
Die Beklagte beantragt,
Der Kläger beantragt,
und begründet dies nach Zustellung der Berufungsbegründung am 6. September 2022 mit am 4. Oktober 2022 eingegangener Anschlussberufungsschrift wie folgt:
Der Kläger meint unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags weiterhin, die arbeitsvertragliche Regelung zur Gewährung eines Fixums sei weder ausdrücklich noch konkludent betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet. Anders verhalte sich dies bzgl. der Gewährung von Provisionen und Prämien. Im Hinblick darauf sei der Arbeitsvertrag tatsächlich ausdrücklich betriebsvereinbarungsoffen gefasst. Es gelte jedoch weiterhin die arbeitsvertragliche Zusage eines Fixums in Höhe von seinerzeit 1.100,00 DM und nunmehr 562,42 EUR monatlich. Im Übrigen habe auch die Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004 die vorhergehende Betriebsvereinbarung bzgl. des Fixums inhaltlich nicht abgelöst. Die spätere Regelung enthalte keinerlei Ausführungen zum Umgang mit dem seinerzeit zugesagten Fixum. Die Ansprüche seien nicht verwirkt.
Die Beklagte beantragt,
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung und die Anschlussberufung sind zulässig.
1. Die Berufung ist gemäß §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG am 23. Juni 2022 gegen das am 31. Mai 2022 zugestellte Urteil innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt, sowie innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 und 5 ArbGG ordnungsgemäß im Sinne der §§ 520 Abs. 3 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG am 1. September 2022 begründet worden.
2. Die Berufungsbegründungsschrift ist dem Kläger am 6. September 2022 zugestellt worden. Die Anschlussberufungsschrift ist am 4. Oktober 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und damit nach den §§ 524 Abs. 2 S. 2 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG fristgemäß eingelegt und begründet worden.
Dass der Kläger die Anschlussberufung in der Berufungsbeantwortung vom 4. Oktober 2022 nicht ausdrücklich als solche bezeichnet hat, ist unschädlich (vgl. statt aller hierzu: LAG Berlin-Brandenburg 20. September 2018 - 21 Sa 390/18 m.w.N.). Die mit der Berufungsbeantwortung vorgenommene und vorliegend allein im Rahmen einer Anschlussberufung mögliche nachträgliche Klagehäufung ist entsprechend §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 263, 533 Nr. 1 ZPO sachdienlich und damit zulässig (vgl. hierzu: BGH 7. Mai 2015 - VII ZR 145/12; LAG Rheinland-Pfalz 18. April 2006 - 2 Sa 887/05).
II. Die Berufung der Beklagten ist begründet, während die Anschlussberufung des Klägers unbegründet ist.
Denn die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte gemäß §§ 611 Abs. 1, 2. Hs., 611 a Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 des Arbeitsvertrags vom 20. Juli 2001 auf Zahlung eines Betrags in Höhe von insgesamt 8.998,72 EUR brutto für den Zeitraum von Juni 2021 bis September 2022.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung eines monatlichen Fixums in Höhe von jeweils 564,42 EUR.
a) Gemäß § 3 des Arbeitsvertrags erhält der Kläger für seine Tätigkeit "ein monatliches Fixum in Höhe von 1.100,00 DM [...] sowie Provisionen und Prämien gemäß der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung."
b) Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des monatlichen Fixums für den vorliegend streitgegenständlichen Zeitraum ist jedoch vor dem Hintergrund der Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004 über Prämien und Provisionen im Verkauf, die zum 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, ausgeschlossen.
Denn die Regelung in § 3 des Arbeitsvertrags der Parteien ist betriebsvereinbarungsoffen gestaltet.
aa) Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Das kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen und ist nicht nur bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich, sondern auch bei einzelvertraglichen Abreden (unter Auseinandersetzung mit dem Meinungsstand im Falle einer Gesamtzusage: BAG 30. Januar 2019 - 5 AZR 450/17 m.w.N.; sowie weiter: BAG 17. Februar 2015 - 1 AZR 599/13; ErfK/Kania, 23. Aufl. 2023, BetrVG § 77, Rdn. 79 ff. m.w.N.). Eine konkludente Vereinbarung darf angenommen werden, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug aufweist. Mit der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen macht der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar deutlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gelten sollen. Eine betriebsvereinbarungsfeste Gestaltung der Arbeitsbedingungen stünde dem entgegen. Da Allgemeine Geschäftsbedingungen ebenso wie Bestimmungen in einer Betriebsvereinbarung auf eine Vereinheitlichung der Regelungsgegenstände gerichtet sind, kann aus Sicht eines verständigen und redlichen Arbeitnehmers nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei den vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsbedingungen um solche handelt, die einer Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausdrücklich Vertragsbedingungen vereinbaren, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollen (BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12; unter Darstellung des Meinungsstands: Richardi BetrVG/Richardi/Picker, 17. Aufl. 2022, BetrVG, § 77 Rdn. 191b ff.).
bb) Die Auslegung der durch die Beklagte als Allgemeine Geschäftsbedingung gemäß §§ 305, 310 Abs. 3 und 4 S. 2 BGB gestellten Regelung in § 3 des Arbeitsvertrags der Parteien ergibt vorliegend, dass die Vergütungszusage ausdrücklich betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet worden ist.
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders (BAG 3. August 2016 - 10 AZR 710/14; BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12).
(2) Der Arbeitsvertrag der Parteien bestimmt in § 3, dass der Kläger "ein monatliches Fixum in Höhe von DM 1.100,00 [...] sowie Provision und Prämien gemäß der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung" erhält. Die seit dem 1. Januar 1992 seinerzeit im Betrieb geltende Betriebsvereinbarung sah in Ziffer 2 vor, dass jeder "Provisionsverkäufer [...] ein Fixum in Höhe von DM 1.100,00 [...] zuzüglich nachstehende Provisionen" erhält.
Nach Auffassung der Kammer wird vorliegend - abgesehen von dem wörtlichen Bezug auf "Prämien" - anhand des Vertragswortlauts sehr deutlich, dass sich die Arbeitsvertragsparteien nahezu wortwörtlich an der seinerzeit geltenden Betriebsvereinbarung orientiert haben und dies auch bzgl. des Fixums. Zwar wird im Arbeitsvertrag nicht lediglich deklaratorisch auf die Betriebsvereinbarung Bezug genommen, sondern konstitutiv ein eigener Anspruch mindestens auf das laut Arbeitsvertrag garantierte Tarifgehalt, bestehend aus Fixum, Provision und Prämien, begründet ("Er erhält für seine Tätigkeit folgende Bezüge...", vgl. zur Abgrenzung zwischen konstitutiven zu deklaratorischen Regelungen: BAG 12. März 2008 - 10 AZR 256/07; BAG 18. November 2003 - 1 AZR 604/02), wobei das Gesamtvolumen der Vergütung im Falle des Klägers unstreitig stets über das mindestens garantierte Tarifgehalt hinausging. Dass die Betriebsparteien hier über die Grenzen des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hinaus mit einem festen Betrag - 1.100,00 DM - eine absolute Höhe des Fixums festgelegt haben, was mangels Tarifüblichkeit im Sinne des § 77 Abs. 3 BetrVG und einer insoweit freiwilligen Regelung gemäß §§ 88, 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG unschädlich sein dürfte (vgl. Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, 31. Aufl. 2022, BetrVG, § 77, Rdn. 90 ff. und 117; § 88 Rdn. 12; vgl. im Übrigen § 10 Abs. 6 des vorliegend einschlägigen MTV Einzelhandel nebst dortiger Öffnung für betriebliche Regelungen; BAG 19. Januar 2000 - 4 AZR 814/98; LAG Hamm 17. Januar 2005 - 16 Sa 1458/03), kommt es indes vorliegend nicht an (vgl. statt aller im Übrigen: BAG 6. Dezember 1988 - 1 ABR 44/87; BAG 29. März 1977 - 1 ABR 123/74; Roloff RdA 2014, 228, 239).
Allerdings steht eben diese arbeitsvertraglich konstitutiv begründete Gewährung von Fixum, Provision und Prämien ausdrücklich unter dem Vorbehalt einer betriebsverfassungsrechtlichen (Neu-) Regelung. Dies wird dem Wortlaut nach vor allem durch die seinerzeit übereinstimmende Höhe des Fixums wie auch durch das ab Vertragsschluss bestehende - inhaltlich identische - Nebeneinander von arbeitsvertraglicher und betriebsverfassungsrechtlicher Regelung deutlich. Zudem wird in § 3 des Arbeitsvertrags Bezug ausdrücklich auf die "jeweils gültige" Betriebsvereinbarung genommen. Hiermit wird deutlich, dass der Kläger stets mindestens das Tarifgehalt erhalten soll, sich die Zusammensetzung der Bezüge des Klägers sowie das über das Tarifgehalt hinausgehende Volumen hingegen nach dem jeweils durch Betriebsvereinbarung bestimmten Vergütungsmodell bemessen sollten.
Lediglich durch das Wort "sowie" wird der Satz in § 3 des Arbeitsvertrags im Übrigen nicht dergestalt in zwei Teile getrennt, dass sich der Verweis auf die geltende Betriebsvereinbarung nur auf die Provisionen und Prämien bezieht, ein Anspruch auf das Fixum jedoch ungeachtet einer bestehenden Betriebsvereinbarung konstitutiv begründet werden sollte. Mit der Verwendung des Wortes "sowie" wird lediglich vermieden, dass im Rahmen der Aufzählung zweimal das Wort "und" hintereinander verwendet wird.
(3) Die vorstehende Auslegung ergibt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang der arbeitsvertraglichen Regelung vor dem Hintergrund der seinerzeit einschlägigen Betriebsvereinbarung. Die vertragliche Regelung ist aus Sicht verständiger und redlicher Vertragspartner nicht anders zu verstehen.
(a) Die Auffassung des Klägers lässt nach Auffassung der Kammer außer Acht, dass Arbeitgeber wie die Beklagte in einem Betrieb mit Betriebsrat - abgesehen vom Geldfaktor - das Verhältnis aus Fixum, Provisionen und Prämien gar nicht allein regeln können, sondern insoweit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG besteht (vgl. BAG 6. Dezember 1988 - 1 ABR 44/87; Roloff RdA 2014, 228, 239). Die durch den Arbeitgeber und den Betriebsrat ausgehandelte Betriebsvereinbarung unterliegt ihrerseits der Inhaltskontrolle nach § 75 BetrVG. Diese geltende Rechtslage kann ein verständiger Arbeitnehmer wie auch der Kläger bei Vertragsschluss nach § 157 BGB nicht negieren. Er hat sie vielmehr in den Blick zu nehmen und bei der Bestimmung des Vertragsinhalts zu berücksichtigen. Sie verdeutlicht ihm, dass es sich bei den vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsbedingungen um solche handelt, die einer - möglicherweise auch verschlechternden - Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich sind (vgl. so auch: BAG 30. Januar 2019 - 5 AZR 450/17).
(b) Wie bereits hervorgehoben, ist der Ausgangspunkt des klägerischen Vergütungsanspruchs stets als garantierter Mindestanspruch das Tarifgehalt und nicht das Fixum. Lediglich die Zusammensetzung des mindestens zu gewährenden Tarifgehalts bzw. der das Tarifgehalt überschießende Teil wurde durch Betriebsvereinbarung so ausgestaltet, dass ein Fixum nebst Provisionen und Prämien gewährt wird. Das Fixum steht nicht selbständig neben der Gewährung von Provisionen und Prämien, sondern bildet mit diesen ein einheitliches Vergütungsmodell. Jede andere Lesart würde eben dieses bei der Beklagten zur Anwendung gebrachte und mit dem Betriebsrat vereinbarte Vergütungsmodell künstlich in zwei Teile auftrennen. Die Gesamtvergütung lässt sich gerade nicht in mehrere voneinander unabhängige Bestandteile - wie etwa Grundvergütung und Provisionen usw. - aufspalten (vgl. so ausdrücklich auch: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz 8. September 2010 - 8 TaBV 19/10). Auch die seinerzeit geltende Betriebsvereinbarung sieht mithin die Gewährung eines Fixums im Rahmen eines Provisionen- und Prämiensystems vor und nicht neben bzw. zusätzlich zu diesem. Dies macht ebenfalls deutlich, dass sich nicht nur die Zusage der Gewährung von Provisionen und Prämien, sondern auch das Fixum nach den Vorgaben der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung richten sollte.
(4) Schließlich ist auch darüber hinaus kein Grund vorgetragen oder sonst wie ersichtlich, warum hier - wo doch eine kollektive Regelung zur Vergütung der "Verkäufer im Provisionsbereich", wozu der Kläger von Beginn an gehörte, existierte - zugunsten des Klägers im Arbeitsvertrag ein zusätzliches Fixum aus dem Vergütungsmodell "herausgebrochen" und zugesagt werden solle.
Dem steht entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht die sogenannte Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB entgegen. Diese Auslegungsregel kommt erst dann zur Anwendung, wenn der Klauselinhalt nicht bereits durch Auslegung zweifelsfrei festgestellt werden kann. Es müssen "erhebliche Zweifel" an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10). Vorliegend sind keine erheblichen Zweifel im Hinblick auf das vorstehende gewonnene Auslegungsergebnis erkennbar.
c) Im Übrigen hat die Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004, die zum 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist, das vorhergehende Vergütungssystem auf der Grundlage der bis dahin geltenden Betriebsvereinbarung und der arbeitsvertraglichen Regelung - auch zum Fixum - inhaltlich vollständig abgelöst.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können die Betriebspartner eine Angelegenheit, die sie durch Betriebsvereinbarung geregelt haben, unter deren - auch stillschweigender - Aufhebung für die Zukunft in einer neuen Betriebsvereinbarung regeln. Es gilt das Ablösungsprinzip. Die neue Betriebsvereinbarung tritt an die Stelle der bisherigen (BAG 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 m.w.N.; Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, 31. Aufl. 2022, BetrVG, § 77, Rdn. 143a).
bb) Dass die Betriebsparteien mit der Neuregelung des Provisionen- und Prämiensystems zum 1. Januar 2015 das gesamte bisherige Vergütungsmodell inklusive der Gewährung eines Fixums ablösen wollten, ergibt die Auslegung der Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004.
(1) Die Auslegung des normativen Teils einer Betriebsvereinbarung erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regelungen. Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut der Betriebsvereinbarung. Zu ermitteln ist der Sinn der Erklärung, ohne am Buchstabe zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der betrieblichen Norm mit zu berücksichtigen, soweit sie in der Norm ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben danach noch Zweifel, können weitere Kriterien wie die Historie, praktische Handhabung im Betrieb und Entstehungsgeschichte der jeweiligen Betriebsvereinbarung ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Auslegung der Betriebsvereinbarung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG 28. September 2005 - 10 AZR 34/05 m.w.N.; ErfK/Kania, 23. Aufl. 2023, BetrVG § 77, Rdn. 30 f.).
(2) Der Wortlaut der Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004 macht bereits deutlich, dass die bisher geltende Betriebsvereinbarung, die zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten war, vollinhaltlich abgelöst werden sollte, so auch bezüglich des Fixums. Zur betrieblichen Lohngestaltung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gehört unter anderem auch die Frage, ob ein Fixum und bzw. oder Provisionen sowie Prämien gezahlt werden (so schon: BAG 6. Dezember 1988 - 1 ABR 44/87; BAG 19. März 1977 - 1 ABR 123/74; im Übrigen: Roloff RdA 2014, 228, 239 m.w.N.). Gegenstand der Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004 ist dementsprechend die Regelung eines Provisionen- und Prämiensystems, im Rahmen dessen nunmehr auf ein Fixum verzichtet wird. Gemäß § 3 Ziffer 3.1. soll jeder Mitarbeiter - nur - eine variable Vergütung erhalten, die sich aus der Summe der in dieser Betriebsvereinbarung geltenden Prämien und Provisionen ergibt. Das Ausschweigen zum Fixum verdeutlicht, dass ein solches gerade nicht mehr gewährt werden soll.
(3) Schließlich definiert § 14 Ziffer 14.2. ausdrücklich, dass die Betriebsvereinbarung alle bisherigen Betriebsvereinbarungen zur leistungsbezogenen Gewährung von Provisionen und Prämien ersetzt. Diesbezüglich existierte bis dato aber - soweit vortragen und daher ersichtlich - lediglich die Betriebsvereinbarung über die Entlohnung der Verkäufer im Provisionsverkauf, die zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten war. Gegenstand der bis dahin geltenden leistungsbezogenen Gewährung von Provisionen und Prämien war gerade ein Provisionen- und Prämiensystem, das sich zum einen aus einem Fixum in Höhe von seinerzeit 1.100,00 DM sowie darüber hinaus aus Provisionen und Prämien zusammensetzte. Das Fixum war - wie bereits hervorgehoben - Teil des Vergütungssystems und stand nicht unabhängig daneben. Genau dieses bisherige Vergütungssystem wurde durch die Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004 abgelöst, weshalb für den Kläger ein monatlicher Anspruch auf das Fixum nicht - mehr - gegeben ist.
2. Mangels Hauptansprüchen bestehen auch keine Zinsansprüche.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 91 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Ein gesetzlich begründbarer Anlass zur Zulassung der Revision liegt nicht vor, § 72 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 ArbGG.