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Beschluss vom 15.03.2023 · IWW-Abrufnummer 234869

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern - Aktenzeichen 3 TaBV 17/22

§ 313 a Abs. 2 ZPO findet auf das Beschwerdeverfahren im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren uneingeschränkte Anwendung.


Tenor:
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Rostock vom 01.09.2022 zum Az. 1 BV 9/22 wird zurückgewiesen.


2. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.



Gründe



Die Beteiligten zu 1. bis 3. streiten in dem vorliegenden Beschlussverfahren um die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2. zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Beteiligten zu 3. durch die Beteiligten zu 1.



Der Beteiligte zu 3. ist Mitglied des bei der Beteiligten zu 1. bestehenden Betriebsrates (Beteiligter zu 2.).



Die Beteiligte zu 1. wirft dem Beteiligten zu 3. vor, in seiner damaligen Funktion als Betriebsratsvorsitzender wider besseren Wissens der Beteiligten zu 1. ein falsches Abstimmungsergebnis im Hinblick auf eine beabsichtigte fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Mitarbeiters mitgeteilt zu haben.



Mit Beschluss vom 01.09.2022 hat das Arbeitsgericht den Zustimmungsersetzungsantrag der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen und im Wesentlichen argumentiert, die von der Beteiligten zu 1. gegenüber dem Beteiligten zu 3. erhobenen Vorwürfe seien allesamt ausschließlich dem Bereich der Betriebsratsarbeit zuzuordnen. Selbst wenn man den Vortrag der Beteiligten zu 1. als richtig unterstelle, so sei im Rahmen der vorzunehmenden Negativprognose keine derart gewichtige Ausstrahlung auf das bestehende Arbeitsverhältnis gegeben, als dies den Ausspruch einer fristlosen Kündigung nach § 626 BGB rechtfertigen könne.



Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1.



Unmittelbar im Anschluss an die Anhörung der Beteiligten am 15.03.2023 hat das erkennende Gericht in Anwesenheit der Beteiligten zu 1. bis 3. die getroffene Entscheidung verkündet und die Beschwerde der Beteiligten zu 1. ohne Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.



Die Beteiligte zu 1. hat sodann Verzicht auf das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde erklärt. Zudem haben die Beteiligten zu 1. bis 3. Verzicht auf Absetzung der Gründe erklärt. Die tragenden Entscheidungsgründe sind den Beteiligten zu 1. bis 3. im Rahmen der Entscheidungsverkündung ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung vom 15.03.2023 erläutert worden.



Von einer weitergehenden Darstellung der Gründe wird daher gem. § 87 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG, § 313 a Abs. 2 ZPO abgesehen.



Gem. § 87 Abs. 2 ArbGG gelten für das Beschwerdeverfahren die für die Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 - 91 ArbGG nichts anderes ergibt. Gem. § 64 Abs. 6 ArbGG gelten für das Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend, soweit sich aus dem ArbGG nichts anderes ergibt. Gem. § 313 a Abs. 2 ZPO kann von der Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe abgesehen werden, wenn die Entscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet wird und die Parteien auf Rechtsmittel verzichten. Ist die Entscheidung nur für eine Partei anfechtbar, so genügt es, wenn diese verzichtet.



Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.



Der Beschluss ist den Beteiligten zu 1. bis 3. im Rahmen der Anhörung der Beteiligten verkündet worden. Die durch die Entscheidung beschwerte Beteiligte zu 1. hat auf Rechtsmittel verzichtet. Zudem haben die Beteiligten zu 1. bis 3. auf die Absetzung der Gründe verzichtet.



§ 313 a Abs. 2 ZPO findet nach Maßgabe der §§ 87 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 ArbGG auf das Beschwerdeverfahren im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren unmittelbare Anwendung.



Für das erstinstanzliche Beschlussverfahren ist die Anwendbarkeit von § 313 a Abs. 2 ZPO - soweit ersichtlich - allgemein anerkannt (Erfurter Kommentar, 23. Aufl./Koch Rn 1 zu § 84 ArbGG; Germellmann u. a./Spinner, 10. Aufl.; Rn 11 zu § 84 ArbGG; GK-ArbGG, Band 3, Stand 10/22/Ahrendt, Rn 9 zu § 84 ArbGG; Düwell/Lipke, ArbGG, 5. Aufl./Oesterele, Rn 6 zu § 84 ArbGG).



Für das zweitinstanzliche Beschwerdeverfahren im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ergibt sich zur Überzeugung der Kammer kein anderes Ergebnis. Die einschränkende Bezugnahme im § 91 Abs. 2 S. 2 ArbGG (entsprechende Anwendbarkeit von § 69 Abs. 1 S. 2 ArbGG) steht dem nicht entgegen. Es ist zwar grundsätzlich zutreffend, dass die gesonderten Regelungen für das arbeitsgerichtliche Berufungsverfahren nach § 69 Abs. 2 bis Abs. 4 ArbGG aufgrund der eingeschränkten Bezugnahmeklausel in § 91 Abs. 2 S. 2 ArbGG für das Beschlussverfahren nicht zur Anwendung gelangen (vgl. insoweit Erfurter Kommentar, a. a. O./Koch, Rn 1 zu § 91 ArbGG). Dies gilt jedoch nicht im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 313 a Abs. 2 ZPO. Denn § 69 Abs. 4 S. 2,1 Hs ArbGG enthält lediglich eine gesonderte und von der ZPO abweichende Regelung bzgl. § 313 a Abs. 1 ZPO. Mithin kommt § 69 Abs. 4 S. 2, 2. Hs ArbGG lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Die unmittelbare Anwendbarkeit von § 313 a Abs. 2 ZPO im Beschwerdeverfahren in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren folgt mithin unmittelbar aus der allgemeinen Bezugnahmeklausel in § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 87 Abs. 2 ArbGG.



Der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung des BAG vom 13.05.2014 (2 ABR 51/11) dem nicht entgegensteht. Dieses Ergebnis folgt bereits aus dem Umstand, dass anlässlich der dortigen Fallgestaltung von den - beschwerten - Beteiligten kein Rechtsmittelverzicht und auch kein Verzicht auf Absetzung der Gründe erklärt worden ist.



Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben, da die Rechtsbeschwerde durch die Kammer nicht zugelassen worden ist und die von der Entscheidung beschwerte Beteiligte zu 1. auf das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde verzichtet hat.

Vorschriften§ 626 BGB, § 87 Abs. 2 ArbGG, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 313 a Abs. 2 ZPO, §§ 88 - 91 ArbGG, §§ 87 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 ArbGG, § 84 ArbGG, § 91 Abs. 2 S. 2 ArbGG, § 69 Abs. 1 S. 2 ArbGG, § 69 Abs. 2 bis Abs. 4 ArbGG, § 69 Abs. 4 S. 2,1 Hs ArbGG, § 313 a Abs. 1 ZPO, § 69 Abs. 4 S. 2, 2. Hs ArbGG