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Urteil vom 15.11.2022 · IWW-Abrufnummer 234930

Landesarbeitsgericht Köln - Aktenzeichen 4 Sa 104/22

Anspruch auf Annahmeverzugslohn: Ihre primäre Darlegungslast hinsichtlich einer Leistungsunfähigkeit des Klägers hatte die Beklagte vorliegend erfüllt. Nach Beweisaufnahme wurde für einen Teilzeitraum von Leistungsunfähigkeit ausgegangen, für den übrigen Zeitraum wurde der Beweis nicht erbracht.


Tenor:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 12.01.2022 - 3 Ca 1622/21 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:


1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.950,74 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.09.2021 zu zahlen.


2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.950,74 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2021 zu zahlen.


3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.950,74 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.11.2021 zu zahlen.


4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.950,74 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.12.2021 zu zahlen.


5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 666,30 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.01.2022 zu zahlen.


6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.


III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 85 % und der Kläger zu 15 %.


IV. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Annahmeverzugslohn.



Der am 1966 geborene Kläger ist seit dem 04.06.1996 bei der Beklagten beschäftigt. Zuletzt war er in Vollzeit als Luftsicherheitsassistent in der Entgeltgruppe E5 Stufe 4 des TVöD eingruppiert und bezog ohne Zulagen ein monatliches Entgelt i.H.v. 2.950,74 € brutto. Seit dem 26.07.2019 ist er mit einem Grad von 60 % schwerbehindert. Mit Bescheid vom 13.02.2020 wurde dem Kläger für die Zeit ab 01.12.2018 befristet bis zum 31.10.2021 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Mit Schreiben vom 04.06.2021 zeigte der Kläger der Rentenversicherung an, wieder arbeitsfähig zu sein, woraufhin diese mit Schreiben vom 12.07.2021 mit Wirkung zum 01.08.2021 den Rentenbescheid aufhob. Unter dem 27.09.2021 bescheinigte der behandelnde Arzt dem Kläger, dass dieser aus ärztlicher Sicht aktuell wieder psychisch und physisch belastbar und mit den bereits im Jahr 2015 festgestellten Einschränkungen, die zu einer Versetzung des Klägers von der Personenkontrolle an die Reisegepäckkontrollanlage geführt hatten, wieder arbeitsfähig sei.



Der Kläger teilte der Beklagten mit, wieder arbeitsfähig zu sein und bot mit Schreiben vom 12.07.2021 zum 01.08.2021 seine Arbeitskraft an. Die Beklagte forderte ihn mit Schreiben vom 21.07.2021 auf, sich zunächst zur Feststellung seiner psychischen und physischen Eignung für eine Tätigkeit nach § 5 LuftSiG durch den arbeitsmedizinischen Dienst untersuchen zu lassen. Bis zum Ergebnis der Untersuchung stellte sie den Kläger ab dem 01.08.2021 - ohne Fortzahlung der Vergütung - von der Arbeit frei. Unter dem 04.01.2022 unterzog sich der Kläger zur Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens unter anderem durch die Direktorin der Klinik und Polyklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums B , Frau Professor Dr. med. A P , einer persönlichen Untersuchung.



Wiederum auf seinen Antrag vom 18.11.2021 wegen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wurde ihm mit Weitergewährungsbescheid vom 08.03.2022 die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.08.2021 bis zum 29.02.2024 gewährt, da aus Sicht des sozialmedizinischen Dienstes die Erwerbsminderung durchgängig vorgelegen habe. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger "Widerspruch" ein mit der Begründung, die Rente erst ab dem 01.01.2022 wieder in Anspruch nehmen zu wollen, da er ansonsten das Gehalt zurückzahlen müsste. Die Deutsche Rentenversicherung wertete dies ausweislich ihres Schreibens vom 12.04.2022 als einen Verzicht auf die Zahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.08. bis 31.12.2021.



Der Kläger hat unter dem 02.09.2021 Klage gegen die Beklagte auf Annahmeverzugslohn zunächst für August 2021 erhoben und die Klage später um die Monate September bis Dezember 2021 erweitert. Er hat behauptet, von August bis Dezember 2021 arbeitsfähig für die ihm zuletzt zugewiesene Tätigkeit im Monitorkontrollraum der Gepäcküberwachung körperlich und geistig geeignet gewesen zu sein. Zudem seien andere leidensgerechte Arbeitsplätze vorhanden und von der Gesamtschwerbehindertenvertretung vorgeschlagen worden.



Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn tarifliches Entgelt für den Monat August 2021 in Höhe von 2.950,74 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.09.2021 zu zahlen;2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn tarifliches Entgelt für den Monat September 2021 in Höhe von 2.950,74 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2021 zu zahlen.3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn tarifliches Entgelt für den Monat Oktober 2021 in Höhe von 2.950,74 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.11.2021 zu zahlen;4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn tarifliches Entgelt für den Monat November 2021 in Höhe von 2.950,74 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.12.2021 zu zahlen;5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn tarifliches Entgelt für den Monat Dezember 2021 in Höhe von 2.950,74 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.01.2022 zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat behauptet, der Kläger erfülle wegen der im Jahr 2015 festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen nicht die körperlichen Voraussetzungen. Zudem fehle es auch an der erforderlichen psychischen Leistungsfähigkeit. Es bestünden erhebliche Zweifel an der luftsicherheitsrechtlichen Geeignetheit. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass es ihr jedenfalls nicht zumutbar gewesen sei, den Kläger vor der notwendigen Feststellung der körperlichen und psychischen Belastbarkeit einzusetzen. Sie hat behauptet, über andere leidensgerechte und der Eingruppierung des Klägers entsprechende Arbeitsplätze nicht zu verfügen.



Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 12.01.2022 - 3 Ca 1622/21 - der Klage stattgegeben; dem Kläger stehe der geltend gemachte Vergütungsanspruch aus § 615 BGB zu. Aufgrund der Freistellung durch die Beklagte sei ein Angebot der Arbeitsleistung durch den Kläger entbehrlich gewesen. Es stehe auch nicht ein Mangel der Leistungsfähigkeit des Klägers entgegen. Der Kläger habe eine ärztliche Bescheinigung seiner Arbeitsfähigkeit vorgelegt, für die die vom Bundesarbeitsgericht zur ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entwickelten Grundsätze gelten. Der Beklagten sei es unter Zugrundelegung dessen nicht geglückt, den Beweiswert der vorgelegten Bescheinigung zu erschüttern. Auch erkenne die Kammer nicht, dass die Beklagte aus rechtlichen Gründen an einer Beschäftigung des Klägers gehindert gewesen sei; dass die Beleihung zwischenzeitlich gemäß § 16a LuftSiG zurückgenommen worden, widerrufen oder vorläufig zum Ruhen gebracht worden sei, sei nicht dargetan.



Gegen dieses ihr am 24.01.2022 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.02.2022 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 24.04.2022 begründet.



Die Beklagte ist der Auffassung, dass dem Kläger für die Zeit vom 01.08. bis zum 31.10.2021 bereits deshalb kein Anspruch zustünde, da das Arbeitsverhältnis weiterhin geruht habe. Der Bescheid der DRV Bund vom 13.02.2020 sei bestandskräftig gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts komme der sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis im Zusammenhang mit den in § 33 Abs. 2-5 TVöD/TV-L geregelten Beendigungstatbeständen eine wesentliche Bedeutung zu. Ein Ausgleich der wechselseitigen Interessen habe jedenfalls im Hinblick auf die in den Vorschriften enthaltenen auflösenden Bedingungen zur Folge, dass Änderungen im Antragsverhalten des Arbeitnehmers nur in bestimmten Grenzen zu berücksichtigen sein. Wenn der Abnehmer von seiner sozial-rechtlichen Dispositionsbefugnis Gebrauch gemacht und einen Rentenantrag gestellt habe, könne er diesen nur innerhalb der Widerspruchsfrist und damit vor Eintritt der Bestandskraft des Rentenbescheids einschränken oder zurücknehmen. Sie verweist insofern auf die Entscheidung des BAG vom 23.06.2004 - 7 AZR 440/03. Diese Abwägung sei auch sachgerecht, wenn das Arbeitsverhältnis wegen Bewilligung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht aufgelöst werde, sondern lediglich nach § 33 Abs. 2 S. 6 TVöD (Bund) ruhe.



Ein Anspruch für die Zeit vom 01.08. bis 31.12.2021 sei nicht gegeben, da es aus ihrer Sicht ausgeschlossen und bestenfalls nicht mehr als eine ganz weit entfernt liegende theoretische Möglichkeit sei, dass der Kläger aufgrund seines Krankheitsbildes in der Lage sei, die Aufgaben eines Luftsicherheitsassistenten in Vollzeit ordnungsgemäß und zuverlässig zu verrichten. Sie verweist auf die erheblichen krankheitsbedingten Fehltage bis November 2018, die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.12.2018 bis zum 30.12.2021 als auch die Weitergewährung dieser Rente für die Zeit bis zum 29.02.2024. Zudem trägt sie vor, dass der Kläger im Rahmen der Begutachtung durch Frau Prof. Dr. med. P am 04.01.2022 selbst die Einschätzung mitgeteilt habe, dass er nicht arbeitsfähig sei und dass in dem Gutachten eine schwere depressive Symptomatik, die zur Arbeitsunfähigkeit führe, diagnostiziert sei und der Kläger aus psychiatrischer Sicht nicht in der Lage sei, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, solange keine deutliche Besserung der psychiatrischen Beschwerden erreicht werden könne. Die Beklagte verweist auf die Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Luftsicherheitsassistent in den Richtlinien über die Anforderung an das Kontrollpersonal zum Vollzug des § 5 LuftSiG auf deutschen Flughäfen. Sie ist zudem der Auffassung, dass der Arbeitsfähigkeitsbescheinigung nicht der hohe Beweiswert zukomme, der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zukomme. Hinzu komme, dass der Kläger für den fraglichen Zeitraum den Nachweis (noch) nicht habe erbringen können, dass er weiterhin über die nötigen Qualifikationen verfüge, die ihm zugewiesenen Aufgaben in angemessener Weise durchzuführen. Gemäß § 8 Abs. 2 der Prüfungsordnung und des Realisierungskonzepts für Rezertifizierung könne die örtlich zuständige Luftsicherheitsbehörde eine Nachprüfung fordern, soweit die Tätigkeit als Luftsicherheitsassistent/in über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten nicht mehr ausgeübt worden sei.



Die Beklagte beantragt,

das am 12.01.2022 verkündete Urteil des Arbeitsgericht Siegburg - 3 Ca 1622 / 21 - abzuändern und die Klage abzuweisen.



Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Der Kläger vertritt zudem die Auffassung, dass die Beklagte einen besonderen Vertrauensschutz in die ursprünglich bestimmte Ruhezeit nicht habe; die Deutsche Rentenversicherung habe den rechtmäßigen Bescheid in zulässiger Weise geändert. Hinsichtlich der Rezertifizierung ist er der Auffassung, dass die Beklagte gehalten sei, entsprechende Untersuchungen, wenn sie schon darauf bestehe, auch unverzüglich anzuordnen.



Nach Hinweis des Gerichts, dass die Beklagte ihrer primären Darlegungslast durch Vortrag von Indizien, die auf eine Leistungsunfähigkeit im Annahmeverzugszeitraum schließen lassen können, genügt habe, hat der Kläger die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden.



Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 06.09.2022 durch Vernehmung der sachverständigen Zeugin Prof. Dr. med. P . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.11.2022 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).



II. Das Rechtsmittel bleibt in der Sache überwiegend ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger für den Zeitraum vom 01.08. bis zum 07.12.2021 Anspruch auf Annahmeverzugslohn aus § 615 BGB gegen die Beklagte hat. Für den Zeitraum vom 08. bis 31.12.2021 besteht der Anspruch hingegen nicht.



1. Der Kläger hat nach §§ 611 a, 615,293 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag der Parteien Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.08. bis zum 07.12.2021 in unstreitiger Höhe von jeweils 2.950,74 € brutto für die vollen Monate und in Höhe von 666,30 € brutto für die erste Dezemberwoche nebst ausgeurteilter Zinsen.



Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste gemäß § 615 Satz 1 BGB die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.



a. Nach § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Dabei bedarf es nach § 294 BGB eines tatsächlichen Angebotes der Leistung so, wie diese zu bewirken ist. Nach § 296 BGB bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt, sofern für die vom Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist.



Demnach war ein Angebot der zu bewirkenden Arbeitsleistung (§§ 293 ff. BGB) durch den Kläger zur Begründung des Annahmeverzugs der Beklagten nicht erforderlich, denn die Beklagte hat dem Kläger ab dem 01.08.2021 keine Tätigkeit mehr zugewiesen, sondern ihn mit Schreiben vom 21.07.2021 vorläufig - bis zur Feststellung einer gesundheitlichen Eignung durch den arbeitsmedizinischen Dienst - freigestellt. Damit war ein Angebot der Arbeitsleistung entbehrlich (vgl. BAG 23. Februar 2021 - 5 AZR 314/20 - Rn. 12 mwN), denn mit einer einseitigen Freistellung gibt der Arbeitgeber zu erkennen, dass er zur Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht bereit ist.



b. Der Arbeitgeber gerät aber unbeschadet der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 297 BGB nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die geschuldete Arbeitsleistung aus in seiner Person liegenden Gründen zu bewirken (st. Rspr., vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 16, BAGE 134, 296; 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - Rn. 19, BAGE 152, 1). Die Leistungsfähigkeit ist somit - neben dem Leistungswillen - eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss (BAG 28. Juni 2017 - 5 AZR 263/16 - Rn. 30; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 17, BAGE 149, 144). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht freigestellt worden ist. Deren Aufhebung bedeutet zwar einen Verzicht des Arbeitgebers auf das Angebot der Arbeitsleistung. Jedoch muss der Arbeitnehmer zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung fähig sein, ein Absehen von den Erfordernissen des § 297 BGB bedarf der ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien (BAG 21. Oktober 2015 - 5 AZR 843/14 - Rn. 22, BA



c. Der Kläger war vom 01.08. bis zum 07.12.2021 nicht im Sinne von § 297 BGB unvermögend, die vertraglich geschuldete Leistung als Luftsicherheitsassistent in der Gepäckkontrolle zu erbringen.



Die Beklagte hat eine tatsächliche Leistungsunfähigkeit des Klägers für die Zeit vom 01.08.2021 bis zum 07.12.2021 nicht beweisen können; für die Zeit vom 08. bis 31.12.2021 hingegen schon.



aa. Die nach § 297 BGB zum Ausschluss des Annahmeverzugs des Arbeitgebers führende Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers bezieht sich auf die nach § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung. Die Beklagte hatte im Jahre 2015 aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen des Klägers von ihrem Weisungsrecht nach § 106 Satz 1 GewO Gebrauch gemacht und ihm eine Tätigkeit als Luftsicherheitsassistent in der Gepäckkontrolle zugewiesen. Maßgeblich für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit bzw. Leistungsunfähigkeit des Klägers war deshalb die konkrete, von ihm zu bewirkende Arbeitsleistung.



bb. Die Beklagte hat ihrer primären Darlegungslast für eine Leistungsunfähigkeit des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum genügt.



(1) Beruft sich der Arbeitgeber gegenüber einem Anspruch des Arbeitnehmers auf Annahmeverzug auf dessen Leistungsunfähigkeit iSd. § 297 BGB, erhebt er eine Einwendung (BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu II 2 a der Gründe), zu deren Voraussetzungen er als Gläubiger der Arbeitsleistung die Darlegungs- und Beweislast trägt (BAG 15. Mai 2013 - 5 AZR 130/12 - Rn. 27). Weil der Arbeitgeber über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, genügt er seiner primären Darlegungslast grundsätzlich schon dadurch, dass er Indizien vorträgt, aus denen auf eine Leistungsunfähigkeit im Annahmeverzugszeitraum geschlossen werden kann. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung der behaupteten Tatsachen zu erschüttern. Naheliegend ist es, insoweit die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Der Arbeitgeber ist dann für die Leistungsunfähigkeit beweispflichtig. Er kann sich auf das Zeugnis der den Arbeitnehmer behandelnden Ärzte und auf ein Sachverständigengutachten berufen (st. Rspr., zB BAG 22. August 2018 - 5 AZR 592/17 - Rn. 25 mwN).



Die primäre Darlegungslast des Arbeitgebers für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers bedeutet nicht, dass der Arbeitgeber die von ihm behauptete Tatsache - Leistungsunfähigkeit - mittels Indizien zu beweisen hätte. Er muss lediglich Tatsachen vortragen, die einen hinreichenden Anhaltspunkt dafür bieten, dass der Arbeitnehmer im Streitzeitraum für die geschuldete Tätigkeit nicht bzw. nicht uneingeschränkt leistungsfähig war (vgl. BAG 22. August 2018 - 5 AZR 592/17 - Rn. 30), die also eine entsprechende Schlussfolgerung ermöglichen und als wahrscheinlich erscheinen lassen. Dabei dürfen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden, denn der Arbeitgeber verfügt regelmäßig über keine näheren Informationen zum Gesundheitszustand des Arbeitnehmers. Generell kommen als Indizien, aus denen auf Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers geschlossen werden kann, insbesondere Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vor und nach dem Verzugszeitraum (BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - zu I 2 a der Gründe) sowie privatgutachterliche Stellungnahmen eines Betriebs- oder Vertrauensarztes über die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber im Prozess vorlegt und dessen Einschätzungen er sich - zumindest konkludent - zu eigen macht (BAG 22. August 2018 - 5 AZR 592/17 - Rn. 27), in Betracht (vgl. BAG vom 21.07.2021 - 5 AZR 543/20 - juris).



(2) Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass dem Kläger für die Zeit vom 01.12.2018 bis zum 30.12.2021 Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden war. Nach Abänderung für die Zeit vom 01.08. bis 31.12.2021 auf Wunsch des Klägers war ihm auf der Grundlage von persönlichen Untersuchungen in der Psychiatrie der Uniklinik B am 04. und 14.01.2022 Rente wegen voller Erwerbsminderung für die gesamte Zeit vom 01.12.2018 bis zum 29.02.2024 weitergewährt worden. Auf "Widerspruch" des Klägers, den die Deutsche Rentenversicherung als Verzicht auf die Zahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung wertete, war die Zeit vom 01.08. bis 31.12.2021 ausgenommen worden. Nach Sicht des Sozialmedizinischen Dienstes der DRV lag durchgängig Erwerbsminderung vor. Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass der Kläger im Rahmen der Untersuchung am 04.01.2021 selbst die Einschätzung mitgeteilt hatte, nicht arbeitsfähig zu sein sowie dass das privatärztliche Gutachten zu dem Ergebnis kam, dass in dem Gutachten eine schwere depressive Symptomatik, die zur Arbeitsunfähigkeit führe, diagnostiziert worden sei und der Kläger aus psychiatrischer Sicht nicht in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, solange keine deutliche Besserung der psychiatrischen Beschwerden erreicht werden könne.



(3) Damit hat die Beklagte ausreichend Indizien vorgetragen - die zudem zwischen den Parteien unstreitig waren -, aus denen auf eine Leistungsunfähigkeit des Klägers im Annahmeverzugszeitraum geschlossen werden konnte. Die Indizwirkung der behaupteten Tatsachen hat der Kläger wiederum in ausreichendem Maße erschüttert. Er hat sämtliche ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden, u.a. seinen behandelnden Arzt Dr. V , der ihm unter dem 29.07.2021 bescheinigt hatte, aus ärztlicher Sicht aktuell wieder psychisch und physisch belastbar und mit den bereits im Jahr 2015 festgestellten Einschränkungen, die zu einer Versetzung des Klägers von der Personenkontrolle an die Reisegepäckkontrollanlage geführt hatten, wieder arbeitsfähig zu sein. Die Beklagte hat zum Beweis für die Leistungsunfähigkeit des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum das Zeugnis der Frau Prof. Dr. med. P , die den Kläger am 04.01.2021 psychiatrisch untersucht hatte, angeboten.



cc. Im Hinblick hierauf hat die Berufungskammer Frau Prof. Dr. med. P als sachverständige Zeugin zu der Behauptung der Beklagten vernommen, der Kläger sei in der Zeit vom 01.08. bis 31.12.2021 gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Luftsicherheitsassistent in der Gepäckkontrolle der Beklagten erbringen zu können.



(1) Die sachverständige Zeugin hat glaubhaft und überzeugend ausgesagt, dass sie für einen Zeitraum von vier Wochen vor dem 04.01.2022 von einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers als Luftsicherheitsassistent in der Gepäckkontrolle ausgeht. Sie kannte die Anforderungen an die geschuldete Tätigkeit des Klägers, was sich auch aus dem zur Akte gereichten Privatgutachten ergibt. Die Zeugin hat sich für ihre Einschätzung insbesondere auf eine Eigenanamnese bezogen, ein Interview mit dem Kläger, welches den Zeitraum vier Wochen vor der Untersuchung betraf. Sie hat ausgesagt, für diesen Zeitraum mit über 90 % von einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers ausgehen zu können. Sie hat dies auch damit begründet, dass sich auch in den Untersuchungen deutliche Einschränkungen gezeigt haben. Sie hat ergänzend auf die neuropsychologische Untersuchung verwiesen, die bei Untersuchung der Aufmerksamkeit/Verarbeitungsgeschwindigkeit Beeinträchtigungen des Klägers gezeigt hat. (Ergänzend wird insofern auf das psychiatrische und das neuropsychologische Privatgutachten verwiesen, dass der Kläger zur Akte gereicht hat.)



Im Nachgang zu der Beweisaufnahme erklärte der Kläger, dass er auch so empfunden habe, wie Frau Prof. P dies auch geschildert habe. Er habe sich im Sommer besser gefühlt, aber die Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber und die Tatsache, dass man ihn nicht beschäftigen wollte, hätten ihm sehr zugesetzt. Er könne auch nachvollziehen, was Frau Dr. P über den Zeitraum vier Wochen zurück gesagt habe.



Aufgrund der Beweisaufnahme geht die Kammer davon aus, dass der Kläger ab dem 08.12.2021 gesundheitlich nicht in der Lage war, die geschuldete Arbeitsleistung für die Beklagte zu erbringen.



(2) Hinsichtlich des Zeitraums vom 01.08. bis zum 07.12.2021 hat die Zeugin ausgesagt, dass sie nicht sagen könne, wann genau der Zeitpunkt der Verschlechterung bei der vorliegenden rezidivierenden depressiven Störung gewesen sei. Er kündige sich in der Regel langsam fortschreitend an. Es gebe zwar Hinweise, auch aufgrund der neuropsychologischen Untersuchung darauf, dass sich der Beginn in die Zeit davor hineinziehe, es gebe aber keine Sicherheit. Retrospektiv könne man dies nicht zu 100 % sagen. Dies wäre nicht sachgemäß.



(3) Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung des Herrn Dr. Heepe, den die Beklagte in ihren Schriftsätzen für die Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Luftsicherheitsassistent als sachverständigen Zeugen benannt hat, bedurfte es nicht, da diese Voraussetzungen nicht streitig und zudem der Zeugin Frau Prof. Dr. Philipsen bekannt waren.



Insofern ist es der Beklagten nicht gelungen, den Beweis dafür zu erbringen, dass der Kläger in dem Zeitraum vom 01.08. bis zum 07.12.2021 gesundheitlich nicht in der Lage war, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.



d. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass der Kläger im Zeitraum vom 01.08. bis 31.12.2021 bzw. bis zum 07.12.2021 rechtlich nicht in der Lage war, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.



(1) Ob Leistungsfähigkeit besteht, bestimmt sich nach objektiven Kriterien. Grundsätzlich unerheblich ist die Ursache für eine Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Das Unvermögen kann auf tatsächlichen Umständen (wie zB Arbeitsunfähigkeit) beruhen oder seine Ursache im Rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht (st. Rspr., vgl. BAG 28. September 2016 - 5 AZR 224/16 - Rn. 23, BAGE 157, 34) oder eine erforderliche Erlaubnis für das Ausüben der geschuldeten Tätigkeit fehlt (vgl. beispielsweise BAG 6. März 1974 - 5 AZR 313/73 - zu I 1 der Gründe - Wegfall der Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs; 18. Dezember 1986 - 2 AZR 34/86 - zu B II 2 der Gründe - Entzug der Fahrerlaubnis eines als Auslieferungsfahrer beschäftigten Arbeitnehmers; 15. Juni 2004 - 9 AZR 483/03 - zu I 2 der Gründe, BAGE 111, 97 - fehlende bergrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung; 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 27 ff. - Entzug der missio canonica einer Gemeindereferentin; 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - Rn. 17, BAGE 152, 1 - Entzug der Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen nach dem Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes und den Schutz von Verschlusssachen [SÜG]; 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 - Rn. 15 ff., BAGE 152, 327 - Entzug der für eine Tätigkeit bei den US-Streitkräften erforderlichen Einsatzgenehmigung). In diesen Fällen steht der Erbringung der Arbeitsleistung ein objektives Leistungshindernis entgegen.



(2) Die Beklagte verweist darauf, dass gemäß § 8 Abs. 2 der Prüfungsordnung und des Realisierungskonzepts für die Rezertifizierung die örtlich zuständige Luftsicherheitsbehörde eine Nachprüfung fordern könne, soweit die Tätigkeit als Luftsicherheitsassistent/in über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten nicht mehr ausgeübt wurde. Der Kläger habe im vorliegenden Verfahren diese anspruchsbegründende Voraussetzung für die Zahlung der Vergütung nicht dargelegt.



Die Beklagte hat allerdings nicht vorgetragen, dass die zuständige Luftsicherheitsbehörde eine Nachprüfung überhaupt gefordert hat. Zudem hat der Kläger mit Schreiben vom 12.07.2021 der Beklagten seine Arbeitskraft für die Zeit ab dem 01.08.2021 angeboten. Es lagen somit noch nahezu drei Wochen dazwischen. Eine Anmeldung zur Überprüfung des Klägers durch die Beklagte wurde nicht vorgetragen. Ein Beliehener (eines beauftragten Dienstunternehmens) ist der Kläger unstreitig nicht, sodass ein Entzug der Beleihung ausscheidet.



e. Ebenso wenig steht dem Anspruch des Klägers entgegen, dass er sich nicht auf die Aufhebung des Bescheids zur Bewilligung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.08.2021 berufen dürfte.



aa. Die Beklagte vertritt unter Heranziehung von BAG vom 23.06.2004 - 7 AZR 440/03 - BAGE 111,148, 154f. die Auffassung, es bleibe bei der Tatbestandswirkung eines bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakts, d. h. der Arbeitnehmer könne einen Rentenantrag nur innerhalb der Widerspruchsfrist und damit vor Eintritt der Bestandskraft des Rentenbescheides einschränken oder zurücknehmen. Das Vertrauen des Arbeitgebers müsse auch im Falle des § 33 Abs. 2 S. 6 TVöD (Bund), in dem das Arbeitsverhältnis ruhe, geschützt werden.



bb. Tatsächlich wurde der Bescheid für den Zeitraum vom 01.08. bis zum 31.10.2021 durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 05.07.2021 aufgehoben, d.h. das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ruhte nicht gemäß § 33 Abs. 2 S. 6 TVöD. Mit Ablauf des Tages, an dem die Zeitrente endet, endet der Ruhenszeitraum, sodass am folgenden Tag Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis beidseits wieder zu beachten sind (vgl. Burger TVöD-TV-L, TVöD AT § 33, beck-online).



cc. Der von der Beklagten herangezogene Fall des § 33 Abs. 2 S. 1 bis 4 TVöD, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch Bewilligung von unbefristeter Rente wegen Erwerbsminderung endet, ist nicht vergleichbar dem Ruhenstatbestand von unbefristeter Rente wegen Erwerbsminderung nach S. 6 und dazu ergangene Rechtsprechung nicht heranzuziehen. Im ersten Fall stellt die Bewilligung der unbefristeten Rente eine auflösende Bedingung für das Arbeitsverhältnis dar, d.h. die Bewilligung hat gestaltende Wirkung im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis. Vorliegend ruhte das Arbeitsverhältnis durch die bewilligte befristete Rente; aufgrund der Aufhebung des Bescheids durch Bescheid vom 05.07.2021 jedoch nur bis zum 31.07.2021.



Zudem gilt: Selbst während des Ruhens eines Arbeitsverhältnisses entfallen nach allgemeiner Auffassung lediglich die sich aus dem Arbeitsverhältnis wechselseitig ergebenden Hauptleistungspflichten. Dagegen bleiben die sich aus dem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses ergebenden Nebenpflichten bestehen. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Arbeitsverhältnis nicht nur noch rein formaler Natur ist, weil seine Aktivierung nicht mehr zu erwarten steht (vgl. BAG 15. März 2000 - 10 AZR 115/99 - zu II 2 der Gründe). Die Ruhensanordnung des § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TVöD-AT beruht gerade auf der Erwartung, dass mit der Wiederherstellung des vollen Leistungsvermögens und deshalb mit der Fortsetzung des aktiven Arbeitsverhältnisses gerechnet werden kann (vgl. BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 29, BAGE 117, 255). Darum sind während des durch diese Bestimmung angeordneten Ruhens die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten weiterhin zu beachten (für die Ruhensanordnung in einem Tarifvertrag im Allgemeinen BAG 10. Mai 1989 - 6 AZR 660/87 - zu B II 1 f der Gründe, BAGE 62, 35; für den mit § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD-AT im Wesentlichen inhaltsgleichen DRK-TV vgl. BAG 14. Oktober 2003 - 9 AZR 100/03 - aaO). Zu den im ruhenden Arbeitsverhältnis weitergeltenden Pflichten gehört auch die in § 241 Abs. 2 BGB verankerte Rücksichtnahmepflicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann es diese Pflicht gebieten, dass der Arbeitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer, der aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage ist, die vom Arbeitgeber aufgrund des Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglichen Rahmens erneut konkretisiert, so dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird (BAG, Urteil vom 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 -, BAGE 154, 268-284, Rn. 46 - 47)



f. Die jeweiligen Zinsansprüche folgen aus §§ 280 Abs. 1 S.1, 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Beklagte ist jeweils am 1. des Folgemonats in Verzug geraten, da die Vergütung gemäß § 24 TVöD i.V.m. dem Arbeitsvertrag jeweils am letzten Tag des laufenden Monats fällig war.



2. Über einen Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung nach § 3 EFZG für den Zeitraum vom 08. bis zum 31.12.2021, auf den der Kläger sich nach Durchführung der Beweisaufnahme in der letzten mündlichen Verhandlung berief, war nicht zu entscheiden, da dieser nicht Streitgegenstand geworden ist. Fraglich wäre, ob die Geltendmachung von hilfsweise Entgeltfortzahlung nach § 3 EFZG erst in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO zulässig gewesen wäre. Jedenfalls hätte eine solche Klageänderung im Rahmen einer Anschlussberufung und mithin gemäß § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO im Rahmen der Berufungserwiderungsfrist erfolgen müssen. Eine Anschlussberufung zur Klageänderung am 15.11.2022 war demnach jedenfalls unzulässig.



III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG bestehen nicht, da die Entscheidung auf den Umständen des Einzelfalls beruht.

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