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Beschluss vom 24.02.2023 · IWW-Abrufnummer 235206

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz - Aktenzeichen 1 TaBV 12/22

1. Die Wahl einer zu großen Betriebsvertretung führt zur Anfechtbarkeit der Wahl.

2. Zur Ermittlung der Anzahl der regelmäßig in der Dienststelle Beschäftigten ist zunächst von der Personalstärke am Tag des Wahlausschreibens auszugehen. Im Rahmen einer rückblickenden und prognostischen Betrachtung ist zu prüfen, ob Umstände vorliegen, die den für die bevorstehende Amtsperiode zu erwartenden Personalbestand beeinflussen und es mit einem höheren Maß an Gewissheit rechtfertigen, von einer hiervon abweichenden Personalstärke auszugehen.

3. Eine die Beschäftigtenzahl erhöhende Prognose kann getroffen werden, wenn sie auf konkreten Veränderungsentscheidungen beruht. Veränderungen aufgrund der gerade auch in größeren Dienststellen gegebenen Fluktuation bleiben hingegen unberücksichtigt, da diese Schwankungen nicht den regelmäßigen Personalbestand prägen.


Tenor:
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06.09.2022, Az.: 1 BV 6/22, wird zurückgewiesen.


II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.



Gründe



I.



Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl zur Betriebsvertretung bei der personalvertretungsrechtlichen Dienststelle X. der US Airforce-Europe. Die Antragstellerin tritt für diese Dienststelle in Prozessstandschaft auf. Die Beteiligte zu 2. (im Folgenden: Betriebsvertretung) ist die aus der Betriebsvertretungswahl vom 9. bis 11. Mai 2022 hervorgegangene, aus 11 Mitgliedern bestehende Betriebsvertretung der genannten Dienststelle.



In der Dienststelle war in den Jahren vor 2022 eine Betriebsvertretung aus 11 Mitgliedern gebildet.



Vor Aushang des Wahlausschreibens am 10. März 2022 erstellte die Dienststelle eine dem Wahlvorstand am 9. März 2022 zugeleitete Wählerliste. Diese wies insgesamt 594 Mitarbeitende, darunter 416 Angestellte und 178 Arbeiter, auf. Ausweislich des Wahlausschreibens wurde die Wahl für ein Gremium, bestehend aus 11 Betriebsvertretungsmitgliedern, eingeleitet und ungeachtet eines Schreibens der Dienststelle an den Wahlvorstand vom 16. März 2022 mit dem Hinweis, dass der Wahlvorstand die Zahl der zu wählenden Betriebsvertretungsmitglieder zu hoch angesetzt habe, fortgesetzt. Am 12. Mai 2022 gab der Wahlvorstand das Ergebnis der Wahl durch Aushang bekannt.



Die Betriebsvertretung erhält von der Antragstellerin monatlich sogenannte Strength Reports. Diese Reports wiesen für den Zeitraum Januar 2020 bis einschließlich April 2022 nur für einen Monat (Februar 2020) eine Personalstärke von über 600 wahlberechtigten Arbeitnehmern auf. Im Übrigen bewegte sich die Personalstärke in einer Schwankungsbreite von 576 bis 594 Beschäftigten. Hinsichtlich der Einzelheiten insoweit wird auf die tabellarische Aufstellung der Antragstellerin im Antragschriftsatz vom 24. Mai 2022 (Bl. 2 d.A.) Bezug genommen. Die Betriebsvertretung stützt sich hinsichtlich der Zahl wahlberechtigter Beschäftigter auf jährlich zum Stichtag November eines Jahres erstellte Tätigkeitsberichte (Bl. 71 ff. d.A.). Danach bestand folgende Personalstärke:



Zum Zeitpunkt des Aushangs des Wahlausschreibens hatte die zuvor bestehende Betriebsvertretung hinsichtlich der beabsichtigten Einstellung von 17 Personen einen Zustimmungsbeschluss gefasst. Mit 13 Personen wurde in der Folge ein Arbeitsverhältnis tatsächlich begründet. Auf die Aufstellung der Betriebsvertretung in deren Schriftsatz vom 17. November 2022, S. 5 (Bl. 178 d.A.), wird Bezug genommen. Zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens gab es ferner insgesamt 28 interne Stellenausschreibungen. Diesbezüglich wirdauf die Aufstellung der Betriebsvertretung im Schriftsatz vom 4. August 2022, S. 2 ff. (Bl. 117 ff. d.A.) verwiesen. Die Dienststelle hatte allerdings auch in den vergangenen Jahren und auch Jahrzenten durchgehend Stellen zur Besetzung ausgeschrieben und zwar stets mindestens im gleichen Umfang wie im Jahr 2022. Eine Vielzahl dieser Stellen konnte nicht besetzt werden, was auch dem Wahlvorstand bekannt war. Die Antragstellerin verweist in diesem Zusammenhang auf eine stets gegebene Fluktuation und hat in tabellarischer Form (Schriftsatz vom 21.07.2022), S. 3 ff., Bl. 78 ff. d.A.) eine Aufstellung der im Zeitraum vom 31. März bis 30. November 2022 erfolgten Zu- und Abgänge dargelegt. 28 Zugängen standen demnach 30 Abgänge gegenüber.



Mit dem am 24. Mai 2022 beim Arbeitsgericht Trier eingegangenen Antrag hat die Antragstellerin die Wahl unter dem Gesichtspunkt der Wahl eines zu großen Gremiums angefochten. Sie hat die Ansicht vertreten, es hätte kein aus 11 Mitgliedern bestehendes Gremium gewählt werden dürfen. Die Personalstärke sei in den letzten Jahren merklich zurückgegangen und überschreite auch unter Berücksichtigung der fluktuationsbedingten Einstellungen nicht den Schwellenwert von 600 Arbeitnehmern. Eine etwaige Besetzung von Stellen nach internen Stellenausschreibungen führe nicht zur Erhöhung der Mitarbeiterzahl.



Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt,



Die Betriebsvertretung hat den Antrag gestellt,



Sie hat die Auffassung vertreten, nach den Beschäftigtenzahlen der jährlichen Tätigkeitsberichte habe es durchschnittlich 602,25 Beschäftigte gegeben. Der Wahlvorstand habe zulässigerweise im Rahmen einer Prognose auch die künftigen Neueinstellungen miteinbezogen, denen die bisherige Betriebsvertretung ja bereits zugestimmt habe. Der Wahlvorstand habe deshalb zulässigerweise davon ausgehen können, dass innerhalb von ca. 4 Monaten mit einer Beschäftigtenzahl von 611 Mitarbeitenden zu rechnen gewesen sei. Für eine Prognose dahingehend, dass mehr als 600 wahlberechtigte Beschäftigte zu erwarten gewesen seien, sprächen auch die 28 internen Stellenausschreibungen. Soweit die Antragstellerin auf Fluktuationen infolge von Eigenkündigungen oder gar den Tod von Arbeitnehmern verweise, seien derartige Ereignisse für den Wahlvorstand nicht vorhersehbar gewesen.



Die Antragstellerin hat erstinstanzlich geltend gemacht, die Personalstärke sei ausweislich der vorgelegten Zahlen merklich zurückgegangen. Ausweislich der beispielhaft vorgelegten Aufstellung entsprächen sich die Zahl von personellen Zu- und Abgängen. Eine etwaige Besetzung von Stellen nach internen Stellenausschreibungen führe nicht zur Erhöhung der Mitarbeiterzahl, zumal Stellen in ähnlichem Umfang auch in der Vergangenheit stets ausgeschrieben gewesen seien. Die Wahl habe damit gegen wesentliche Wahlvorschriften für das Wahlverfahren, namentlich § 16 Bundespersonalvertretungsgesetz i.d.F. vom 16. Januar 1991, verstoßen. Maßgeblich sei die tatsächliche Zahl der Beschäftigten am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens. Anhaltspunkte tatsächlicher Art, die eine Korrektur der dadurch begründeten Regelvermutung nach oben rechtfertigen könnten, bestünden nicht.



Mit Beschluss vom 6. September 2022 hat das Arbeitsgericht Trier, Az. 1 BV 6/22, die Betriebsvertretungswahl vom 9. bis 11. Mai 2022 für unwirksam erklärt.



Der genannte Beschluss ist der Betriebsvertretung am 21. September 2022 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 6. Oktober 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 17. November 2022, am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründet.



Zur Begründung ihrer Beschwerde macht die Betriebsvertretung nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 174 ff. d.A.), im Wesentlichen geltend:



In Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien habe der Wahlvorstand pflichtgemäß von einer regelmäßigen Beschäftigtenzahl von 601 oder mehr Mitarbeitenden ausgehen dürfen. Zwar habe die Beschäftigtenzahl am maßgeblichen Tag des Wahlausschreibens unter 600 Beschäftigen gelegen, und dies auch in den zwei vorangegangenen Jahren 2021 und 2020, wobei der Schwellenwert allerdings jeweils nur äußerst knapp unterschritten worden sei. Angesichts dessen habe der Wahlvorstand im Rahmen einer Prognoseentscheidung zulässigerweise die bevorstehenden Einstellungen neuer Mitarbeiter zumindest insoweit berücksichtigen können, als zum Zeitpunkt des Tages des Wahlausschreibens die vorige Betriebsvertretung bereits ihre Zustimmung erteilt hatte. Hinsichtlich der Einstellung dieser Mitarbeiter sei eine konkrete Unternehmerentscheidung getroffen worden. Allein dies führe bei prognostischer Betrachtung zu einer deutlichen Überschreitung des Schwellenwerts. Diese Prognose werde zusätzlich gestützt durch die zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens vorhandenen 28 internen Stellenausschreibungen.



Die Betriebsvertretung beantragt,



Die Antragstellerin beantragt,



Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss nach Maßgabe ihrer Beschwerdeerwiderung mit Schriftsatz vom 19.01.2023, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 199 ff. d.A.), als rechtlich zutreffend. Die tatsächliche Zahl wahlberechtigter Beschäftigter am Tag des Wahlausschreibens von unter 601 Mitarbeitern begründe zunächst die Vermutung einer dementsprechenden auch zukünftigen Anzahl von Mitarbeitenden. Eine rückblickende Betrachtung bestätige diese Vermutung. Es gebe auch keine Veränderungsentscheidungen, die im Rahmen einer Prognose dahingehend hätten berücksichtigt werden können, dass aufgrund solcher Entscheidungen die Beschäftigtenanzahl den Schwellenwert überschreitet. Personelle Veränderungen beruhten auf der üblichen jährlichen Fluktuation. Zu- und Abgänge hielten sich dabei die Waage. Einstellungen stünden regelmäßig entsprechende Abgänge gegenüber.



Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.



II.



Die Beschwerde ist zulässig. Das Rechtsmittel ist nach § 87 Abs. 1 ArbGG an sich statthaft. Die Beschwerde ist gemäß §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Unwirksamkeit der Wahl der Betriebsvertretung vom 09.- 11.05.2022 festgestellt.



1.



Der Wahlanfechtungsantrag war zulässig.



Die Wahlanfechtung erfolgt nach Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zu den Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen (NATO-ZusAbk) i.V.m. Abs. 9 Unterzeichnungsprotokoll zu Art. 56 NATO-ZusAbk i.V.m. §§ 25, 83 Abs. 1 Nr. BPersVG im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. Die Beteiligungs- und Antragsbefugnis der Antragstellerin folgt unmittelbar aus Abs. 9 des genannten Unterzeichnungsprotokolls.



Für die Beurteilung maßgeblich ist das BPersVG in der am 16.01.1991 geltenden Fassung (im Nachfolgenden: mod. BPersVG). Insoweit enthält Abs. 1 S. 1 des genannten Unterzeichnungsprotokolls zu Art 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens eine statische Verweisung auf das BPersVG (BAG, Beschluss vom 11.09.2013 -7 ABR 18/11- ,Rn. 15 ff., juris).



Die demnach nach § 25 mod. BPersVG zu wahrende Antragsfrist von 12 Werktagen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses, welche vorliegend am 12.05.2022 erfolgte, wurde durch den am 24.05.2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag gewahrt.



2.



Die Wahlanfechtung ist auch begründet. Bei der Wahl wurde gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren verstoßen, indem die Wahl von 11, statt nur 9 Mitgliedern der Betriebsvertretung erfolgte. Dieser Verstoß gegen § 16 Abs. 1 mod. BPersVG war geeignet, das Wahlergebnis im Sinne des § 25 mod. BPersVG zu beeinflussen.



a)



Nach § 16 mod. BPersVG ist die Zahl der zu wählenden Mitglieder der Betriebsvertretung abhängig von der Anzahl der in der Dienststelle regelmäßig beschäftigten Wahlberechtigten. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei grundsätzlich der Tag des Erlasses des Wahlausschreibens, mithin vorliegend der 10.03.2022. Durch das Tatbestandsmerkmal der "in der Regel Beschäftigten" soll andererseits verhindert werden, dass sich die Größe des Vertretungsorgans nach Zufälligkeiten am Stichtag richtet. Maßgeblich soll vielmehr der Regelstand (Normalstand) sein.



Die Ermittlung dieser Regelbeschäftigtenzahl ist insbesondere auch in größeren Dienststellen mit einem gewissen Grad an Fluktuation schwierig. Anerkannt ist insoweit, dass neben dem aktuellen Stand der Anzahl wahlberechtigter Beschäftigter am Stichtag auch dessen Entwicklung in der Vergangenheit sowie eine zu erwartende Entwicklung des Beschäftigtenstandes zu berücksichtigen sein können.



Das BVerwG (etwa Beschluss vom 19.12.2006 -6 PB 12/06, Rn. 4-5, juris) hat konkretisierende Grundsätze aufgestellt, von denen das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist und die auch die Beteiligten ihrer Argumentation jeweils zugrunde legen. Danach begründet in einem ersten Schritt die tatsächliche Personalstärke am Stichtag zunächst eine Regelvermutung dahingehend, dass sich die Verhältnisse in der folgenden Amtsperiode nicht ändern werden. Sodann ist einem zweiten Schritt zu prüfen, ob bei rückblickender und prognostischer Betrachtung Umstände bestehen, die den für die bevorstehende Amtsperiode zu erwartenden Personalbestand beeinflussen und es mit einem höheren Maß an Gewissheit rechtfertigen, die Regelvermutung zu korrigieren. Diese Vorgehensweise entspricht im Wesentlichen auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa BAG, Beschluss vom 18.01.2017 -7 ABR 60/15, Rn. 34, juris). In Grenzfällen ist dem Wahlvorstand ein gewisser Beurteilungsspielraum im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens einzuräumen (BAG, Beschluss vom 17. 10. 1976 -1 ABR 1/76- , Rn. 30, juris; LAG Hessen, Beschluss vom 24.02.2020 - 16 TaBV 20/19 -, Rn. 22, juris; GK-BetrVG/Jacobs, 12. Aufl., § 9 BetrVG Rz. 18 mwN., jeweils zur vergleichbaren Problemlage im BetrVG).



b)



Hiervon ausgehend ist zunächst festzuhalten, dass am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens unstreitig nur 594 wahlberechtigte Beschäftigte vorhanden waren, so dass zunächst die Vermutung bestand, dass diese Zahl auch die zukünftigen Verhältnisse kennzeichnet.



aa)



Eine rückwirkende Betrachtung ergibt keine Umstände, die es mit einem höheren Grad an Gewissheit rechtfertigen, die Zahl der zu berücksichtigenden Beschäftigten zu erhöhen. Im Gegenteil spricht eine rückblickende Betrachtung eher für einen regelmäßigen Personalstand von unter 601 Beschäftigten.



Für den Zeitraum des Rückblicks wird ein solcher von 6 Monaten bis 2 Jahren als angemessen betrachtet (BAG, Beschluss vom 18.01.2017 - 7 ABR 60/15 -, Rn. 34, juris; LAG Hessen, Beschluss vom 24.02.2020, aaO., Rn. 21). Hierbei ist allerdings nicht die durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten eines bestimmten Zeitraums maßgeblich (BAG, Beschluss vom 07.05. 2008 - 7 ABR 17/07 -, Rn. 17, juris).



Vorliegend ergibt die Einbeziehung eines Zeitraums von 2 Jahren, dass nur in einem der in diesen Zeitraum fallenden Monate der Wert von 600 Beschäftigten im Sinne des § 16 BPersVG überschritten (Februar 2020, 601 Beschäftigte), ansonsten unterschritten wurde. Dies ergibt sich aus den von der Antragstellerin mitgeteilten Zahlen (Bl. 2 d.A.). Wie die Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen hat, wurden und werden der Betriebsvertretung die monatlichen "Strength Reports" übermittelt, so dass es für die Beschwerdeführerin möglich gewesen wäre, sich anhand dieser mit den dargelegten Zahlen auseinanderzusetzen. Aber auch nach Darstellung der Beschwerdeführerin selbst belief sich die Zahl wahlberechtigter Beschäftigter in den Jahren 2020 und 2021 auf unter 601.



bb)



Auch unter dem Gesichtspunkt einer Prognose über die zu erwartende Entwicklung des Beschäftigtenstandes war es auch in Anerkennung eines gewissen Beurteilungsspielraums des Wahlvorstandes im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens nicht gerechtfertigt, von einer gegenüber der tatsächlichen Beschäftigtenzahl erhöhten Anzahl wahlberechtigter Beschäftigter auszugehen.



Die Beschwerdeführerin stützt ihre gegenteilige Ansicht zum einen darauf, dass am Tag des Wahlausschreibens die bisherige Betriebsvertretung bereits einen Zustimmungsbeschluss zur Einstellung von 17 Personen gefasst hatte und darauf, dass es zum genannten Zeitpunkt 28 interne Stellenausschreibungen gab.



Beide Vorgänge rechtfertigten jedoch nicht die Prognose, dass es mit einer gegenüber der Annahme einer Beschäftigtenzahl von unter 601 höheren Gewissheit zu einer berücksichtigungsfähigen Erhöhung der für die Dienststelle kennzeichnenden Beschäftigtenzahl kommen werde.



Eine die Beschäftigtenzahl erhöhende Prognose kann getroffen werden, wenn sie auf konkreten Veränderungsentscheidungen beruht (BAG, Beschluss vom 18.01.2017 -7 ABR 60/15, Rn. 34, juris; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.02.2011 -25 TaBV 2219/10-, Rn. 28 juris; GK-BetrVG/Jacobs, aaO., Rn. 19), so etwa einem im Rahmen der Personalplanung beabsichtigten Personalabbau oder Personalaufstockung, nicht aber, wenn sie sich auf bloße Erwartungen stützt. Das Erfordernis einer konkreten Veränderungsentscheidung stellt sicher, dass Veränderungen der Personalstärke vorübergehender Art infolge der gerade auch in größeren Dienststellen gegebenen Fluktuation unberücksichtigt bleiben, da diese Schwankungen nicht den regelmäßigen Personalstand prägen.



Die Beschwerdeführerin hat nicht dargelegt, dass die Einstellung von 17 Personen Folge einer konkreten Veränderungsentscheidung der Arbeitgeberin war. In der mündlichen Anhörung der Parteien ist unstreitig geblieben, dass zwar der maßgebliche Stellenplan mehr als 601 Stellen aufweist, dieser Stellenplan aber seit Jahren unverändert geblieben ist. Damit bringt der zum Zeitpunkt der Wahl maßgebliche Stellenplan keine gegenüber einer früheren Planung abweichende Entscheidung zur einer beabsichtigten personellen Aufstockung zum Ausdruck. Die rückblickende Betrachtung zeigt insoweit vielmehr, dass auch in der Vergangenheit nicht in ausreichendem Umfang Personal zur Ausfüllung des Stellenplans gewonnen werden konnte. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin nachvollziehbar dargelegt, dass sich die geplanten Einstellungen im Rahmen der üblichen Fluktuation bewegten und den Personalzugängen zumindest eine entsprechende Zahl von Personalabgängen gegenüberstand.



Entsprechendes gilt die von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen internen Stellenausschreibungen. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass es sich bei den ausgeschriebenen Stellen um zusätzliche, den regelmäßigen Personalbestand erhöhende Stellen handelt.



Zwischen den Beteiligten ist unstreitig geblieben und im Rahmen der Anhörung bestätigt worden, , dass es sich weder bei den beabsichtigten Einstellungen, noch bei den internen Stellenausschreibungen um außergewöhnliche Vorgänge handelt, sondern es sich um immer wieder auftretende Vorgänge handelt. Insbesondere hat der Vorsitzende der Beschwerdeführerin bestätigt, dass es sich bei der Anzahl der in der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen Einstellungsverfahren der Zahl nach um den "gewöhnlichen Geschäftsanfall" der Betriebsvertretung im Rahmen von Einstellungsverfahren handelt, was aber auch im relevanten Betrachtungszeitraum in der Vergangenheit nicht zu einer den Schwellenwert überschreitenden Anzahl wahlberechtigter Beschäftigter geführt hat.



An diesem Ergebnis ändert auch der Gesichtspunkt des einem Wahlvorstand in Grenzfällen zuzubilligenden gewissen Beurteilungsspielraums im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens nichts. Ein Beurteilungsspielraum rechtfertigt sich daraus, dass jeder Prognoseentscheidung eine mehr oder wenig große Unsicherheit innewohnt. Deshalb kann sich eine früher getroffene Prognoseentscheidung selbst dann als rechtlich nicht zu beanstanden darstellen, wenn sie durch die nachfolgende tatsächliche Entwicklung nicht bestätigt wird. Voraussetzung ist aber, dass sich die Prognose auf tatsächliche Gesichtspunkte stützen kann, die die prognostizierte Entwicklung aus Sicht des Zeitpunkts der Prognose stützten. Wie ausgefüht fehlt es an derartigen Anknüpfungstatsachen.



3.



Durch den Verstoß gegen § 16 mod. BPersVG als wesentliche Vorschrift über die Wahl konnte auch im Sinne des § 25 mod. BPersVG das Wahlergebnis beeinflusst werden. Dies entspricht für die Wahl eines zu großen Gremiums sowohl der Rechtsprechung des BVerwG (Beschluss vom 24.02.2015 - 5 P 7/14 -, Rn. 20, juris) als auch der des BAG für den Bereich des BetrVG (st. Rspr., vgl. etwa Beschluss vom 07.05.2008 -7 ABR 17/07-, Rn. 23, juris; Beschluss vom 16.11.2011- 7 ABR 48/10 -, Rn. 22, juris ).



III.



Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da in Beschlussverfahren nach § 2 a Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 2 Abs. 2 GKG Kosten nicht erhoben werden.



Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

Verkündet am 24.02.2023

Vorschriften§ 16 Bundespersonalvertretungsgesetz, § 87 Abs. 1 ArbGG, §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 89 Abs. 1, 2 ArbGG, § 16 BPersVG, § 2 a Abs. 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 GKG, §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG