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Urteil vom 14.10.2022 · IWW-Abrufnummer 235308

Hessisches Landesarbeitsgericht - Aktenzeichen 10 Sa 586/22 SK

1. Für die Frage, wer Arbeitgeber ist, kommt es nicht darauf an, dass die betreffende Person Unternehmer ist oder einen Betrieb bzw. eine Betriebsstätte unterhält.

2. Es kommt für die Beurteilung, ob ein Baubetrieb als "gewerblich" i.S.d. § 1 Abs. 2 VTV anzusehen ist, nicht (mehr) darauf an, ob eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird. Maßgeblich ist, ob die Wertschöpfung einem über das Private hinausgehenden Maß entspricht und eine professionelle Führung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen erfordert.

3. Die Grenze zur Gewerblichkeit ist grundsätzlich noch nicht überschritten, wenn ein Mehrfamilienhaus zur Kapitalanlage gebaut und vermietet werden soll. Dies gilt auch dann, wenn der Ehemann als Arbeitgeber auftrat und das Grundstück im Eigentum der Ehefrau stand.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 8. März 2022 ‒ 12 Ca 333/21 SK ‒ wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten um eine Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Beiträgen zu dem Sozialkassenverfahren im Baugewerbe.



Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien im Baugewerbe. Auf der Grundlage des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) nimmt er den Beklagten nach Verbindung von zwei ursprünglich getrennten Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung auf Zahlung von Beiträgen in Höhe von 324.690 Euro in Anspruch. Dabei handelt es sich um Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer in dem Zeitraum Dezember 2017 bis Mai 2021. Der Kläger berechnete seine Beitragsforderung für die gewerblichen Arbeitnehmer auf der Grundlage statistischer Durchschnittslöhne und legte dabei zu Grunde, dass pro Monat mindestens zehn Arbeitnehmer beschäftigt waren.



Der Beklagte ist verheiratet mit Frau A und ist Vater der beiden Töchter B und C. Die beiden Töchter sind Eigentümerinnen des Grundstücks .... Auf diesem Grundstück ist nach der Aktenlage (Bl. 11, 15 der Akte) in der Zeit vom 15. August 2017 bis 30. Oktober 2018 ein Mehrfamilienhaus als Neubau erstellt worden.



Ferner ist ein Mehrfamilienhaus mit acht Wohneinheiten auf dem Grundstück ..., welches im Eigentum der Ehefrau A steht, errichtet worden. Dieses Bauvorhaben ist nach der Aktenlage erst ab dem 1. Mai 2019 bei der BG Bau erfasst worden (Bl. 102 der Akte).



Unstreitig ist der Beklagte auf den Baustellen tätig geworden und hat mitgeholfen, z.B. bei Materiallieferungen, ferner hat er auch Anweisungen erteilt, wobei er nach seiner Darstellung nur fremde Anweisungen weitergegeben habe. Schriftliche Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern wurden nicht abgeschlossen. Teilweise sind Subunternehmer eingesetzt worden.



Die auf den Baustellen zum Einsatz kommenden Arbeitnehmer wurden im Wesentlichen auf geringfügiger Beschäftigungsbasis bei der Sozialversicherung angemeldet. Ursprünglich ist die sozialrechtliche Anmeldung der auf den Bauvorhaben eingesetzten Arbeitnehmer in 2018 von dem Beklagten als Arbeitgeber veranlasst worden. Sodann ist die Anmeldung den Frauen B und C zugeordnet worden. Eine Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung am 8. September 2021 zu der Betriebsnummer ... für die Jahre 2017 und 2018 in Bezug auf die Arbeitgeberinnen B und C blieb ergebnislos (Bl. 239 der Akte). Das Gleiche gilt für eine Betriebsprüfung am 8. September 2021 zu der Betriebsnummer ... der Arbeitgeberin A (Bl. 241 der Akte).



Die Tätigkeiten des Beklagten wurden einer Überprüfung durch das Hauptzollamt (HZA) D unterzogen. Mit Schreiben vom 20. Juli 2020 teilte das HZA dem Kläger mit, dass der Beklagte mit seiner Firma Häuser errichte, deren Wohnungen dann vermietet würden.



Am 6. Oktober 2020 sollte es in der Steuerkanzlei der Steuerberaterin des Beklagten zu einem geplanten Betriebsbesuch durch den Betriebsberater ... des Klägers kommen. In Bezug auf die Terminbestätigung durch den Kläger wird verwiesen auf Bl. 9 und der Akte. Der Termin wurde per Mail vom 30. September 2020 storniert (Bl. 131 der Akte).



Der Beklagte war seit dem Jahr 2017 und bis 31. Oktober 2020 - zumindest auch - in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis als Restaurantmitarbeiter bei dem Arbeitgeber E, F, tätig gewesen. Seit dem 1. November 2020 ist er in einem Arbeitsverhältnis als Facharbeiter bei dem Arbeitgeber G, H, tätig.



Ausweislich einer zur Akte gereichten Bestätigung der Stadt H vom 17. August 2022 hat der Beklagte dort kein Gewerbe angemeldet.



Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass der Beklagte verpflichtet sei, am Sozialkassenverfahren teilzunehmen. Er sei in Wirklichkeit Arbeitgeber der dort beschäftigten Arbeitnehmer gewesen. Er habe auch einen gewerblichen Betrieb unterhalten.



Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 324.690 Euro zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Der Beklagte hat gemeint, er sei nicht verpflichtet, am Sozialkassenverfahren teilzunehmen. Er hat bestritten, Arbeitgeber gewesen zu sein. Ferner hat er gemeint, es fehle jedenfalls an der Gewerblichkeit seines Handelns.



Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Rechtsansichten und des streitigen Parteivortrags wird auf den Tatbestand des Urteils erster Instanz nach § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.



Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 8. März 2022 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es - kurz zusammengefasst - ausgeführt, der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass der Beklagte Arbeitgeber von Arbeitnehmern, die bauliche Leistungen erbracht haben, gewesen sei. Der angebotene Beweis durch Vernehmung der Mitarbeiter des Hauptzollamts D sei auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem vorgelegten Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 24. Juni 2021, in dem erklärt wurde, der Mandant sei Arbeitgeber einiger auf den Grundstücken der Familie I tätigen Arbeitnehmer. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Urteils der ersten Instanz wird Bezug genommen auf Bl. 65 bis 69 der Akte.



Dieses Urteil ist dem Kläger am 18. März 2022 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist am 11. April 2022 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. Juni 2022 ist die Berufungsbegründung am 16. Juni 2022 beim Berufungsgericht eingegangen.



In der Berufungsbegründung vertritt der Kläger die Ansicht, dass das Arbeitsgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen habe. Er rügt, dass das Arbeitsgericht die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast fehlerhaft angewandt habe. Er sei berechtigt, sich als außenstehende Partei auf Baustellenprüfungen oder Prüfberichte des Hauptzollamts zu verlassen. Das Arbeitsgericht hätte auch berücksichtigen müssen, dass in der Güteverhandlung am 7. Dezember 2021 eingeräumt wurde, dass der Beklagte, seine Ehefrau und seine Tochter je ein Mietshaus zum Zwecke der eigenen Altersversorgung haben errichten lassen. Für das Merkmal der Gewerblichkeit verlange das BAG nach neuer Rechtsprechung keine Gewinnerzielungsabsicht mehr. Bei richtiger Betrachtung sei das Bestreiten des Beklagten als unerheblich zu bewerten, dieses müsse ernsthaft, wahrheitsgemäß, widerspruchsfrei und detailliert sein. Auf die Eigentümerstellung der Häuser komme es nicht an, sondern auf die Frage, wer Arbeitgeber der handelnden Arbeitnehmer gewesen sei. Richtig sei, dass es eine Betriebsprüfung bei der Steuerberaterin des Beklagten Frau J am 14. September 2020 gegeben habe. Der Kläger bestreitet, dass die Ehefrau bzw. die Töchter des Beklagten Arbeitgeber der handelnden Arbeitnehmer gewesen seien. Der Beklagte habe immerhin eingeräumt, dass die Arbeitnehmer zunächst sozialversicherungsrechtlich von ihm angemeldet worden sind.



Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2022 hat der Kläger seine Klageforderung bis auf einen Betrag in Höhe von 82.560 Euro teilweise zurückgenommen. Er hat die Klageforderung auf den Zeitraum Dezember 2017 bis Oktober 2018 beschränkt und seinen entgegenstehenden Vortrag, dass nach Oktober 2018 noch Arbeitnehmer beschäftigt waren, fallen gelassen.



Der Kläger stellt zuletzt den Antrag,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 8. März 2022 - 12 Ca 333/21 SK - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 82.560 Euro zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweise.



Der Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und meint, die Klage sei mit Recht abgewiesen worden. Die Ausführungen des HZA seien nachweislich unzutreffend. Er habe keine Firma und sei als Kaufmann auch nicht im Handelsregister eingetragen. Eine Überprüfung könne nicht „bei“ dem Beklagten stattgefunden haben. Eine Überprüfung bei ihm habe überhaupt nicht stattgefunden. Das Objekt „...“ sei ihm unbekannt, dies gehöre weder ihm noch einem Familienangehörigen. Das HZA habe offensichtlich keine tatsächlichen Ermittlungen angestellt, sondern vielmehr Mutmaßungen ins Blaue hinein. Bezüglich einer Betriebsprüfung bei der Steuerberaterin sei klarzustellen, dass ein Prüftermin am 6. Oktober 2020 nicht stattgefunden habe. Eine abweichende Wertung folge auch nicht aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 24. Juni 2021 an die Agentur für Arbeit. Ein Teil der Personen sei bei Frau B und C und bei Frau A beschäftigt worden. Im Übrigen seien die Häuser durch externe Fachfirmen errichtet worden. Er selbst sei nie Arbeitgeber der Arbeitnehmer gewesen. Die Arbeitnehmer seien ausschließlich geringfügig Beschäftigte tätig gewesen. Die Anmeldungen seien durch die Steuerberaterin vorgenommen worden.



Der Beklagte bestreitet auch, dass die gewerblichen Arbeitnehmer bauliche Tätigkeiten erbracht haben, wie das Abbrechen von Wänden, Sanitär- und Putzarbeiten etc. Er meint, dass der betriebliche Geltungsbereich des VTV nicht einschlägig sei, weil es an dem Merkmal der Gewerblichkeit fehle. Er habe in den zurückliegenden Jahren seine Hilfeleistung ausschließlich innerhalb seiner Familie angeboten. Seine Tätigkeit habe zu keinem Zeitpunkt die aus einer rein privaten, familienhaften Verbundenheit entstammenden Hilfeleistung überstiegen.



Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend Bezug genommen auf sämtliche gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften.



Die Akte des Hauptzollamts D - ... - ist beigezogen worden und auszugsweise den Parteien zwecks Gewährung rechtlichen Gehörs zur Verfügung gestellt bzw. zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.



Entscheidungsgründe



Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, in der Sache bleibt das Rechtsmittel aber ohne Erfolg. Zwar steht für das Berufungsgericht fest, dass der Beklagte in Wirklichkeit Arbeitgeber der eingesetzten Arbeitnehmer gewesen ist. Es fehlt allerdings an dem Merkmal der Gewerblichkeit. Zuletzt hat der Kläger seine Klageforderung auf den Zeitraum Dezember 2017 bis Oktober 2018 beschränkt. In diesem Zeitraum ist lediglich ein Mehrfamilienhaus errichtet worden. Die Errichtung eines (einzigen) Hauses als Kapitalanlage ist noch keine gewerbliche Tätigkeit. Entgegen der Meinung des Klägers ist die Gewerblichkeit auch nicht schon deshalb zu bejahen, weil das Grundstück im Eigentum der beiden Töchter stand.



I. Die Berufung ist zunächst zulässig. Sie ist vom Wert her unproblematisch statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt (§§ 519 ZPO, 66 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. ArbGG) sowie innerhalb der bis zum 16. Juni 2022 verlängerten Berufungsbegründungsfrist auch rechtzeitig begründet worden (§ 66 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., Abs. 1 Satz 5 ArbGG).



II. Die Berufung ist unbegründet.



Die Beitragsklage ist zwar zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. BAG 24. Februar 2021 - 10 AZR 43/19 - Rn. 15, NZA 2021, 1729; BAG 27. November 2019 - 10 AZR 476/18 - Rn. 41, Juris), sie ist aber nicht begründet. Der Kläger kann nicht Zahlung von 82.560 Euro gemäß der §§ 18 Abs. 2, 21 VTV i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 1 TVG verlangen.



1. Der betriebliche Geltungsbereich des VTV ist zunächst eröffnet. Im Betrieb des Beklagten wurden überwiegend bauliche Leistungen i.S.d. § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV erbracht. Zwar hat der Beklagte in der Berufungsinstanz bestritten, dass die gewerblichen Arbeitnehmer überwiegend bauliche Tätigkeiten erbracht haben. Sein Bestreiten ist allerdings unsubstantiiert i.S.d. § 138 Abs. 2, 3 ZPO, da er nicht selbst schildert, welche anderen Tätigkeiten die Arbeitnehmer verrichtet haben. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist insoweit unzulässig, § 138 Abs. 4 ZPO.



2. Der Beklagte ist für die Kalenderjahre 2017 und 2018 als Arbeitgeber der gewerblichen Arbeitnehmer anzusehen.



a) Der Begriff des Arbeitgebers wird vom Gesetzgeber nicht definiert, an vielen Stellen aber (stillschweigend) vorausgesetzt. Arbeitgeber ist, wer mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt (vgl. Müko-BGB/Spinner 8. Aufl. § 611a Rn. 148; ErfK/Preis 22. Aufl. § 611a BGB Rn. 183). Er schließt mit dem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag nach § 611a BGB, wobei dieser auch mündlich oder ggf. durch schlüssiges Verhalten zustande kommen kann. Maßgeblich für die Bestimmung des Arbeitgebers ist, wie aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers an der Stelle der Arbeitnehmer sein Verhalten einzuordnen ist. Der Arbeitgeberbegriff wird auch nicht durch weitere materielle Erfordernisse eingeschränkt. So setzt die Arbeitgeberstellung kein Eigentum an Betriebsmitteln voraus, ebenso nicht das Vorhandensein einer Betriebsstätte (ErfK/Preis 22. Aufl. § 611a BGB Rn. 183). Es ist auch nicht notwendig vorausgesetzt, dass die betreffende Person Unternehmer ist (vgl. Müko-BGB/Spinner 8. Aufl. § 611a Rn. 148). Für die arbeitsrechtliche Beurteilung kommt es nicht darauf an, wer die sozialrechtlichen Anmeldungen vorgenommen hat, wobei prinzipiell davon auszugehen sein dürfte, dass derjenige, der die sozialrechtliche Anmeldung vornimmt, zugleich Arbeitgeber im arbeitsrechtlichen Sinne ist.



Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (vgl. BAG 21. Mai 2019 - 9 AZR 295/18 - Rn. 13, NZA 2019, 1411). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. BAG 27. Juni 2017 - 9 AZR 851/17 - Rn. 17, NZA 2017, 1463 [BAG 27.06.2017 - 9 AZR 851/16]; BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16, NJW 2013, 3672). Für ein Arbeitsverhältnis spricht es auch, wenn der vermeintliche Arbeitgeber die Rahmenbedingungen der Tätigkeit schafft und die Arbeit „organisiert“ (vgl. zum Crowdworkerfall BAG 1. Dezember 2020 - 9 AZR 102/20 - Rn. 35, NZA 2021, 552).



Bejaht man die Arbeitgebereigenschaft des Beklagten, so ist gleichzeitig davon auszugehen, dass er einen Betrieb im tariflichen Sinne unterhalten hat. Ein Betrieb ist eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmer bestimmte arbeitsrechtliche Zwecke fortgesetzt verfolgt.



b) Die Darlegungs- und Beweislast für den Grund und die Höhe des Sozialkassenanspruchs trägt die ULAK. Geht es um die Frage, ob der Beklagte Arbeitnehmer „schwarz“ beschäftigte, hat auch dies der Kläger darzulegen und ggf. zu beweisen. Er muss die (verschleierte) Arbeitnehmereigenschaft der Beteiligten schlüssig behaupten. Nach allgemeinen Grundsätzen ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs schlüssig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen (vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 517/10 - Rn. 13, AP Nr. 338 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Im Falle der im Streit stehenden Arbeitnehmereigenschaft muss er demnach Indizien vorbringen, die für eine weisungsgebundene Tätigkeit sprechen (vgl. Hess. LAG 27. September 2019 - 10 Sa 501/19 SK - Rn. 37, Juris).



Nicht erforderlich ist, dass die Sozialkasse jede Einzelheit der behaupteten Tätigkeiten vorträgt. Dies kann sie in der Regel auch nicht, da sie in ihrer Funktion als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien regelmäßig keine näheren Einblicke in die dem Gegner bekannten Arbeitsabläufe hat und ihr eine Darlegung deshalb erschwert ist. Sie kann deshalb, wenn Anhaltspunkte für einen Baubetrieb vorliegen, auch von ihr nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Unzulässig ist dieses prozessuale Vorgehen erst dann, wenn die Sozialkasse ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BAG 14. März 2012 - 10 AZR 610/10 - Rn. 14, AP Nr. 342 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Liegt ein entsprechender Tatsachenvortrag der ULAK vor, hat sich der Arbeitgeber hierzu nach § 138 Abs. 2 ZPO zu erklären. Ihm obliegt regelmäßig die Last des substantiierten Bestreitens, weil die ULAK außerhalb des Geschehensablaufs steht und sie keine näheren Kenntnisse der maßgebenden Tatsachen hat, während der Arbeitgeber sie kennt und ihm die entsprechenden Angaben zuzumuten sind (BAG 14. März 2012 - 10 AZR 610/10 - Rn. 14, AP Nr. 342 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Hess. LAG 27. September 2019 - 10 Sa 501/19 SK - Rn. 37, Juris).



c) Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass der Beklagte Arbeitgeber im Hinblick auf die gewerblichen Arbeitnehmer gewesen ist. Schriftliche Arbeitsverträge existieren nicht. Es kommt daher darauf an, welche mündlichen Vereinbarungen bestanden und wie die Arbeitsvertragspraxis gelebt worden ist.



aa) Die Arbeitgeberstellung des Beklagten hat der Kläger zunächst durch eine Vielzahl von Indizien schlüssig behauptet. Dabei ist davon auszugehen, dass der Kläger nur solche objektiven Anknüpfungspunkte vortragen kann, die ihm durch Dritte, etwa durch das HZA oder die DRV, bekannt geworden sind. Zu den Einzelheiten der Arbeitsabläufe auf den Baustellen fehlt ihm naturgemäß genauere Kenntnis.



Es ist unstreitig, dass der Beklagte zunächst selbst die sozialversicherungsrechtlichen Anmeldungen der Arbeitnehmer vorgenommen hat. Auf das zur Akte gereichte Schreiben der Knappschaft Bahn See vom 16. März 2022 (Bl. 113 der Akte) wird Bezug genommen. Diese Anmeldungen wurden zwar im Nachhinein „storniert“, allerdings bleibt im Dunkeln, inwieweit an diesem Punkt ein Irrtum bestanden haben soll oder was der Anlass für dieses „Umdenken“ gewesen sein soll. Jedenfalls ist der Beklagte am Anfang selbst davon ausgegangen, dass er für die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung verantwortlich war. Dies spricht im erheblichen Maße dafür, ihn auch als Arbeitgeber im arbeitsrechtlichen Sinne anzusehen.



Das Bauvorhaben ... wurde vom Beklagten bei der BG Bau angemeldet (Bl. 102 der Akte). Auch dies spricht dafür, dass er nach außen hin als Arbeitgeber auftrat.



Der Beklagte hat auch eingeräumt, dass er „ab und an“ auf den Baustellen durch aktives Zupacken sowie durch Anwesenheit, z.B. bei Materiallieferungen, geholfen habe. Er habe auch Weisungen erteilt, wobei er nach seinem Darstellung Weisungen „im Auftrag der Arbeitgeberinnen“ weitergegeben habe. Damit steht fest, dass der Beklagte die Arbeit auf den Baustellen im Wesentlichen kontrollierte, beaufsichtigte, organisierte und Weisungen aussprach. Soweit er vorträgt, dass er Weisungen „im Auftrag der Arbeitgeberinnen“ weitergeben habe, wird dies als unsubstantiierten Sachvortrag, der letztlich eine bloße Schutzbehauptung darstellt, gewertet. Aus dem Sachvortrag des Beklagten ergibt sich schon nicht, wer genau welche Weisungen - mündlich oder schriftlich - erteilt haben soll, die der Beklagte dann als bloßer „Bote“ weitergab. Darüber hinaus erscheint ein solcher Vortrag auch im hohen Maße als unplausibel und unwahrscheinlich. Sofern die beiden Töchter gar nicht auf den Baustellen anwesend waren, können diese im Grunde genommen auch keine sachlich zutreffenden Weisungen im Hinblick auf die Arbeitsorganisation, die Arbeitszeit, die richtige Ausführung etc. treffen. Sofern sie selbst auf den Baustellen anwesend waren, erschließt sich nicht, weshalb der Beklagte entsprechende Weisungen nur als „Bote“ habe überbringen müssen.



Für eine Arbeitgeberstellung des Beklagten spricht auch, dass das HZA nach seinen Feststellungen den Beklagten ebenfalls als Arbeitgeber ansah. Aus der beigezogenen Akte des HZA D ist zu ersehen, dass der Beklagte im Nachgang zu einem Unfall, den der Arbeitnehmer K erlitt, stets als Arbeitgeber aufgetreten ist. In einer E-Mail vom 26. September 2019 gab er gegenüber der betreffenden Klinik an, dass „sein Bauvorhaben“ bei der BG Bau versichert sei. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2019 erklärte er gegenüber diesem Arbeitnehmer die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Bl. 249 der Akte). Dies spricht im ganz erheblichen Maße dafür, dass der Beklagte - und nicht etwa seine beiden Töchter - als Arbeitgeber anzusehen sind.



Des Weiteren spricht auch für die Arbeitgeberstellung des Beklagten, dass dieser im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung nach § 2 SchwarzArbG vom HZA als Arbeitgeber aufgetreten ist. Mit Schriftsatz vom 29. April 2020 wurde der Beklagte zu einer Einreichung der Geschäftsunterlagen zwecks Überprüfung, die coronabedingt an der Amtsstelle im schriftlichen Verfahren erfolgen sollte, aufgefordert. Dem kam der Beklagte - nicht etwa die Töchter oder die Ehefrau - auch nach, indem er die Arbeitszeitnachweise mit seiner Unterschrift versehen vorlegte.



Dies ergibt sich aus der beigezogenen Akte des HZA, deren wesentlicher Inhalt den Parteien vorab zugänglich bzw. zum Inhalt der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist.



bb) Das Bestreiten des Beklagten ist nicht erheblich. Der gesamte Sachvortrag des Beklagten ist unzureichend und nicht geeignet, dem Gericht eine tatsächliche Überprüfung zu ermöglichen, wer auf den Baustellen die Weisungen erteilt hat und wer letztendlich die Arbeitgeberstellung innehatte. Auch wenn er nach seiner Darstellung nicht selbst Arbeitgeber gewesen war, so war er nach seinen eigenen Angaben jedoch regelmäßig auf den Baustellen tätig, er hätte sich auch gegenüber seinen Töchtern erkundigen können, wie die tatsächlichen Abläufe gewesen sind. Es wäre vor diesem Hintergrund erforderlich gewesen zu schildern, auf welche Weise die nur mündlich abgeschlossenen Arbeitsverträge zustande gekommen sind - wer also etwa die Einstellungen vorgenommen hat -, wer die Vorgaben in Bezug auf die Arbeitszeit, die Art der zu verrichtenden Tätigkeiten etc. gemacht hat, wie die Lohnzahlung vonstattenging. Sein Vorbringen erschöpft sich im Wesentlichen darin, auf die sozialrechtlicher Anmeldung zu verweisen und klarzustellen, dass die Anmeldungen nunmehr auf die beiden Töchter liefen und dies bei einer Betriebsprüfung durch die DRV später auch nicht beanstandet wurde. Die Anmeldung zur Sozialversicherung ist ein bloßer formaler Akt, der keinen Sachvortrag über die tatsächliche Abwicklung der Beschäftigungsverhältnisse ersetzt.



Die Kammer hat aufgrund der erdrückenden Indizien keine vernünftigen Zweifel i.S.d. § 286 Abs. 1 ZPO, dass der Beklagte jedenfalls für die Jahre 2017 und 2018 als Arbeitgeber anzusehen ist. Auf die vom Kläger angebotenen Zeugenbeweise kommt es insoweit nicht mehr an. Es bedurfte auch nicht einer Beweiserhebung in Bezug auf Zeugen, die vom Beklagten benannt wurden. Insoweit wurde ein erheblicher Sachvortrag nicht unter Zeugenbeweis gestellt. Der Umstand, dass die DRV für die Jahre 2017 und 2018 keine Beanstandungen vornahm, kann zu Gunsten des Beklagten als wahr unterstellt werden. Hierauf kommt es für die arbeitsrechtliche Betrachtung nicht an.



3. Der betriebliche Geltungsbereich des VTV setzt neben der Arbeitgeberstellung in § 1 Abs. 2 VTV voraus, dass ein „Betrieb des Baugewerbes“ geführt worden ist(vgl. BAG 22. Juni 2022 - 10 AZR 388/19 - Rn. 25, NZA 2022, 1354). Daran fehlt es hier.



a) Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit ist nicht allgemein durch den Gesetzgeber definiert. Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes haben in den tariflichen Vorschriften im Grundsatz den Gewerbebegriff des staatlichen Gewerberechts in Bezug genommen (vgl. BAG 14. Dezember 2005 - 10 AZR 180/05 - Rn. 18, AP Nr. 280 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 3. Dezember 2003 - 10 AZR 107/03 - zu II 2 b der Gründe, Juris; BAG 11. März 1998 - 10 AZR 220/97 - zu II 1 a der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 204). Dieser Gewerbebegriff umfasste ursprünglich alle erlaubten selbstständigen Tätigkeiten, die auf nachhaltige Gewinnerzielung gerichtet sind und fortgesetzt ausgeübt werden, unter Ausschluss der Urproduktion (z.B. der Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei), der freien sowie des öffentlichen Dienstes (vgl. BAG 14. Dezember 2005 - 10 AZR 180/05 - Rn. 18, AP Nr. 280 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 3. Dezember 2003 - 10 AZR 107/03 ‒ zu II 2 b der Gründe, Juris). Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nach der neuen Rspr. nicht (mehr) erforderlich (vgl. BAG 16. Oktober 2020 - 10 AZR 56/19 - Rn. 30, NZA 2021, 361 [BAG 16.09.2020 - 10 AZR 56/19]).



Unabhängig von einer bestehenden Gewinnerzielungsabsicht zählen solche Betriebe nicht zum Baugewerbe, die bauliche Leistungen ausschließlich zu erzieherischen oder therapeutischen Zwecken erbringen lassen, um die Arbeitsfähigkeit der dazu eingesetzten Personen wiederzugewinnen oder zu steigern. Dasselbe gilt für Personen und Unternehmen, die für ihren eigenen Bedarf bauen oder ein Gebäude sanieren lassen und auf diese Weise ihr Kapital anlegen. Diese beiden Bereiche sind dadurch gekennzeichnet, dass die Bautätigkeit als solche nicht oder jedenfalls nicht in einem den privaten Bereich überschreitenden Maß der Wertschöpfung dient (vgl. BAG 16. Oktober 2020 - 10 AZR 56/19 - Rn. 33, NZA 2021, 361 [BAG 16.09.2020 - 10 AZR 56/19]). Eine gewerbliche Nutzung und Verwaltung von Immobilienvermögen ist demgegenüber in der Regel anzunehmen, wenn die Tätigkeit etwa angesichts ihres Umfangs und der Komplexität der damit verbundenen organisatorischen, personellen und wirtschaftlichen Vorgänge eine professionelle Führung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen erfordert. In diesem Fall dient die Betätigung in einem das Private übersteigenden Maß der Wertschöpfung und entspricht nach ihrem Gesamtbild den allgemeinen Vorstellungen von einem Gewerbe (vgl. BAG 22. Juni 2022 - 10 AZR 388/19 - Rn. 26, NZA 2022, 1354; BAG 16. Oktober 2020 - 10 AZR 56/19 - Rn. 34, NZA 2021, 361 [BAG 16.09.2020 - 10 AZR 56/19]). In diesem Zusammenhang spielt auch die - leicht festzustellende - Entgeltlichkeit der Leistung eine Rolle, die das infrage stehende Unternehmen am Markt anbietet. Auch eine etwaige Gewinnerzielungsabsicht ist zu berücksichtigen. Ihr Vorhandensein oder Fehlen ist jedoch nicht das ausschlaggebende Kriterium für die Beurteilung, ob es sich um einen gewerblichen Betrieb i.S.d. Verfahrenstarifverträge handelt oder nicht (vgl. BAG 16. Oktober 2020 - 10 AZR 56/19 - Rn. 34, NZA 2021, 361 [BAG 16.09.2020 - 10 AZR 56/19]).



b) Nach diesen Grundsätzen ergibt sich, dass eine gewerbliche Nutzung im vorliegenden Fall zu verneinen ist.



aa) Das Bauvorhaben ... (Eigentümerinnen: B und C) ist nach der Aktenlage in der streitgegenständlichen Zeit vom 15. August 2017 bis 30. Oktober 2018 erstellt worden. Es handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus. Das Haus diente zur Kapitalanlage. Die Wertschöpfung hat hier nicht ein das Private übersteigende Maß verlassen. Ein solches einzelnes Haus dient typischerweise der Kapitalanlage und Sicherung des Alters. Wie viele Wohnungen das Haus beinhaltete, ist nach der Aktenlage unklar geblieben. Dies geht zulasten des Klägers, der auch für das Merkmal der Gewerblichkeit die Darlegungs- und Beweislast trägt. Weder das HZA noch die DRV haben hierzu nähere Feststellungen getroffen.



Für eine Gewerblichkeit spricht nicht entscheidend, dass in dem Zeitraum Dezember 2017 bis Oktober 2018 ausweislich der Anmeldung bei der Knappschaft Bahn See sechs Arbeitnehmer angemeldet waren. Es handelt es sich um einen überschaubaren Zeitraum. Auch waren die Arbeitnehmer nur im geringfügigen Beschäftigungsverhältnis angemeldet.



Auch wenn nach der neueren Rechtsprechung des BAG das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht entfallen ist, bestehen gleichwohl im Rahmen der Abgrenzung zur privaten Kapitalanlage gewisse Prüfungsvoraussetzungen für die Bejahung des Merkmals der Gewerblichkeit. Das Gesamtbild der Betätigung muss - auch nach der neueren Rspr. - den allgemeinen Vorstellungen von einem planmäßigen (Bau-)Geschäftsbetrieb entsprechen(vgl. BAG 22. Juni 2022 - 10 AZR 388/19 - Rn. 26, NZA 2022). Für die Abwicklung des Bauvorhabens muss im Hinblick auf die organisatorischen, personellen und wirtschaftlichen Vorgänge eine professionelle Führung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen erforderlich sein. Das Vorhaben muss auch auf eine gewisse Dauer angelegt sein und planmäßig und nachhaltig verfolgt werden (vgl. BeckOK GewO/Pielow Stand: 01.03.2020 § 1 Rn. 143). Der Bau eines einzelnen Mehrfamilienhauses zur privaten Kapitalanlage übersteigt nicht den Bereich privater Wertschöpfung. Es ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar, dass die mit dem Bau verbundenen organisatorischen, personellen und wirtschaftlichen Vorgänge eine professionelle Führung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen verlangten. Der Beklagte musste im Wesentlichen sechs Arbeitnehmer bei der Knappschaft Bahn See anmelden. Damit waren die wesentlichen Voraussetzungen für den Beginn der Arbeiten bereits getroffen. Eine ständige Überwachung mit der Notwendigkeit einer Präsenz auf der Baustelle war nicht zwingend erforderlich. Weder aus den Behauptungen des Klägers noch aus der sonstigen Akte lässt sich entnehmen, welche baulichen Maßnahmen im Einzelnen erbracht wurden und welcher organisatorischer Aufwand i.S.v. Materiallieferungen etc. damit einherging. Der Beklagte hat - für die Kammer nachvollziehbar - bekundet, er habe nicht einmal ein eigenes Büro für die Abwicklung des Bauprojekts besessen. Insbesondere fehlt es auch an dem Merkmal einer nachhaltigen und auf Dauer angelegten Tätigkeit. Das Bauvorhaben dauerte 15 Monate. Es war daher auf einen bestimmten Zeitraum hin begrenzt angelegt.



Gegen eine Gewerblichkeit spricht ferner, dass der Beklagte nach seinem Sachvortrag im Hinblick auf die enge familienrechtliche Beziehung zu den Töchtern tätig geworden sei. Dies erscheint als nicht unplausibel. Er handelte, um sozialen Pflichten gegenüber Familienmitgliedern zu erfüllen, gegenüber der Ehefrau hat er damit zumindest teilweise auch dem Unterhaltsanspruch (§ 1360 Satz 1 BGB) genügt. Zumindest im Hinblick auf das Grundstück, das im Eigentum der Ehefrau stand, spricht vieles dafür, dass er zumindest mittelbar als Altersvorsorge hiervon zu profitieren hoffte. Auch sonst wird im Arbeitsrecht bei einer Mitarbeit der Ehepartner im Betrieb des Partners danach abgegrenzt, ob z.B. die Ehefrau im Betrieb des Ehemanns in einem Arbeitsverhältnis arbeitet oder auf einer familienrechtlichen Grundlage (vgl. ErfK/Preis 22. Aufl. § 611a Rn. 138). Hält sich die Arbeit im Rahmen üblicher Mitarbeit und fehlt es an einer Weisungsabhängigkeit bzw. einer Eingliederung in den Betrieb, so ist Rechtsgrundlage letztlich kein Arbeitsverhältnis (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 20. August 2014 - 4 Sa 3/14 - Juris; Schulz NZA 2010, 75). Entsprechend gilt dies im Verhältnis Vater - Tochter.



Es kommt häufig vor, dass Väter beim Hausbau ihrer Töchter selbst handwerklich mit anpacken, insoweit stellt es keinen großen Unterschied dar, wenn der Beklagte zu diesem Zweck einer Anzahl von Arbeitnehmern als Arbeitgeber anstellte und organisierte. Auch ist davon auszugehen - etwas anderes ist nach der Aktenlage jedenfalls nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich -, dass der Beklagte unentgeltlich tätig wurde, also für seine Tätigkeit auf der Baustelle keine Vergütung von den Töchtern oder der Ehefrau bezogen hat.



bb) Für die Frage der Gewerblichkeit kann entgegen der Ansicht des Klägers weder auf das Bauprojekt „...“ noch auf das Bauprojekt „...“ abgestellt werden. Dem Kläger ist zuzugeben, dass Einiges für die Annahme sprechen könnte, dass die Tätigkeit das Maß einer normalen privaten Kapitalanlage verlassen hätte, wenn man alle drei Objekte in einer Gesamtbetrachtung dem Handeln des Beklagten zuordnen könnte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.



(1) Das Projekt „...“ lässt sich der Beklagte nicht zurechnen. Er hat im Prozess behauptet, dass er dieses Bauprojekt nicht kenne und hier keinerlei Tätigkeit entfaltet habe. In einem Schreiben des HZA D vom 20. Juli 2020 findet sich allerdings ein Hinweis auf dieses Bauvorhaben. Es wird neben den beiden anderen Bauvorhaben erwähnt. Gleichwohl findet sich in dem Schreiben der Hinweis, dass für die ... noch keine BG-Meldungen vorliegen. Dies steht im Widerspruch dazu, dass das HZA das Objekt als bisher bekanntes und gemeldetes bei der Bau BG aufgeführt hat. Der Beklagte hat in diesem Kontext zu Recht auf diesen Widerspruch hingewiesen und geltend gemacht, dass es sinnwidrig erscheine, wenn zwar ein Objekt angemeldet sei, hierfür aber keine Bruttolohnsummen mitgeteilt wurden. Auch im Kammertermin am 14. Oktober 2022 hat der Beklagte verneint, in irgendeiner Form bei diesem Bauprojekt tätig gewesen zu sein. Damit kann zu Gunsten des Klägers auch nicht unterstellt werden, dass dieses Bauvorhaben zur Begründung eines gewerblichen Betriebs des Beklagten im Prozess herangezogen werden kann. Der Kläger hat als „außenstehende Partei“ grundsätzlich keine genauen Kenntnisse von den Abläufen auf den Baustellen. Er ist daher darauf angewiesen, welche Informationen er von Dritten, z.B. dem HZA oder der Bundesagentur für Arbeit, erhält. Stützt er sich auf Ermittlungsergebnisse, so müssen diese aber auch schlüssig und widerspruchsfrei sein. Dies ist in Bezug auf das dritte Bauvorhaben nicht der Fall. Auf die Bedeutung dieses dritten Bauvorhabens ist der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2022 auch hingewiesen worden. Der Kläger hat insoweit auch kein neues erhebliches Beweisangebot vorgelegt.



(2) Das Projekt des Baues eines Mehrfamilienhauses auf der Baustelle ... (acht Wohneinheiten, Eigentümerin Frau A) ist dem Beklagten ebenfalls als Arbeitgeber nicht zuordenbar. Dieses ist nach der Aktenlage erst ab dem 1. Mai 2019 bei der BG Bau erfasst worden und damit nicht im streitgegenständlichen Zeitraum. Das entsprechende Schreiben der Bau BG vom 23. Juni 2020 hat der Kläger mit der Berufungsbegründung selbst vorgelegt (Bl. 102 der Akte).



Mit Schreiben vom 4. Oktober 2022 hat der Kläger seine Klageforderung auf den Zeitraum bis einschließlich Oktober 2018 beschränkt und seine Behauptung, dass der Beklagte auch nach Oktober 2018 noch Arbeitnehmer beschäftigte, fallen gelassen. Zwar gibt es nach Beiziehung der Akte des HZA durchaus auch Anhaltspunkte, dass der Beklagte bei diesem Bauprojekt als Arbeitgeber in Erscheinung getreten ist. Es ist aber nicht Sache des Gerichtes, diese Umstände zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, wenn der Kläger an seiner primären Tatsachenbehauptung, dass der Beklagte als Arbeitgeber der auf den Baustellen in Erscheinung getretenen Arbeitnehmer anzusehen ist, in dem betreffenden Zeitraum gar nicht mehr festhält.



Soweit der Kläger in der Kammerverhandlung die Ansicht geäußert hat, dass das Geschehen im Jahre 2019 bei der Frage der Gewerblichkeit des Handelns des Beklagten durchaus noch Berücksichtigung finden könne, obgleich er für diesen Zeitraum formal die Klagerücknahme erklärt hat, vermag dem die Kammer nicht zu folgen. Dem Kläger ist die sog. Kalenderjahresrechtsprechung bekannt, nach der es für die Eröffnung des fachlichen Anwendungsbereiches stets auf die Betrachtung in einem Kalenderjahr ankommt. Mit der teilweisen Klagerücknahme für das Kalenderjahr 2019 hat der Kläger dieses Kalenderjahr aus dem zwischen den Parteien bestehenden Streit ausgeklammert. Dem würde es widersprechen, wenn das Gericht zur Beurteilung der Umstände im Kalenderjahr 2018 auch das Kalenderjahr 2019 hinzuziehen würde.



(3) Selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre dadurch kein anderes Ergebnis vorgezeichnet. Denn auch wenn man das zweite Bauvorhaben auf dem Grundstück der Ehefrau berücksichtigte, wäre die Grenze zu einem gewerblichen Handeln noch immer nicht überschritten. Der Beklagte hätte dann über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren sowohl ein Mehrfamilienhaus für die beiden Töchter als auch für die Ehefrau mit errichtet. Zwei Häuser halten sich durchaus noch im Rahmen einer „normalen“ privaten Kapitalanlage. Es ist nicht erkennbar, dass für den Bau oder Unterhaltung in personeller und wirtschaftlicher Hinsicht eine betriebswirtschaftliche Organisation unter einer professionellen Führung erforderlich war. Vielmehr handelt es sich um eine Tätigkeit und einen Arbeitsaufwand, der innerhalb der Familie und auch neben einer sonstigen Erwerbstätigkeit zu bewältigen ist. Etwas anderes hat der Kläger im Prozess nicht dargelegt.



Hierfür spricht auch, dass auch das HZA D in seiner abschließenden Bewertung zu dem gleichen Ergebnis gekommen ist. Nach dessen Einschätzung wurden die Bauleistungen nicht gewerblich auf dem Markt angeboten und der Beklagte habe als Vermieter auch kein Gewerbe geführt.



cc) Der Beklagte handelte auch nicht schon deshalb gewerblich, weil die Grundstücke nicht in seinem Eigentum standen. Die beiden Häuser standen vielmehr im Eigentum der Töchter bzw. der Ehefrau. Daher geht es nicht um die Frage der Wertschöpfung und Bebauung bei einem eigenen Grundstück. Die Grundstücke konnten somit nicht unmittelbar zur Kapitalanlage in Bezug auf den Beklagten selbst dienen. Allerdings hat das BAG in der Entscheidung vom 16. Oktober 2020 (- 10 AZR 56/19 - NZA 2021, 361 [BAG 16.09.2020 - 10 AZR 56/19]) nicht die von der Vorinstanz vorgetragene Argumentation aufgegriffen, nach der eine Ausnahme aus dem Gewerbebegriff wegen der Betreuung eigenen Vermögens als Kapitalanlage schon deshalb geboten sei, weil diejenige GmbH, die die baugewerblichen Arbeitnehmer beschäftigte, nicht identisch war mit derjenigen GmbH bzw. natürlichen Person, der die Grundstücke gehörten (vgl. Hess. LAG 16. November 2018 - 10 Sa 1579/17 - Rn. 39, Juris). Damit scheint das BAG eine Betrachtung vorzunehmen, die losgelöst von den formalen Eigentumsverhältnissen ist. Überträgt man dies auf den vorliegenden Fall, kann es entscheidend für die Beurteilung der Gewerblichkeit nicht darauf ankommen, ob der Beklagte formal Eigentümer der für die Bebauung anstehenden Grundstücke war oder nicht. Dies erscheint im vorliegenden Fall auch zutreffend. Der Beklagte stellte seine Arbeitsleistung als Arbeitgeber zur Verfügung, um innerhalb des engsten Familienkreises einen Kapitalaufbau und eine Kapitalanlage zu ermöglichen. Er handelte, wie oben ausgeführt, um sozialen Pflichten gegenüber Familienmitgliedern zu erfüllen. Das ist etwas anderes als gewerblich tätig zu werden. Hätte der Beklagte bei dem Bau der beiden Häuser in der Weise mitgeholfen, dass er selbst handwerkliche Tätigkeiten erbrachte - wie dies innerhalb einer Familie häufig anzutreffen ist -, wäre die Annahme, er hätte hierfür ein Gewerbe anmelden müssen, aus Sicht der Kammer fernliegend. Leistet er ein Beitrag, in dem er zwar nicht selbst handwerklich tätig wird, aber Arbeitnehmer beaufsichtigt und anleitet, so liegt hierin kein sachlich entscheidender Unterschied.



Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass es auch die Gefahr geben kann, tarifliche Arbeitnehmerschutzrechte zu umgehen. Durch die Aufspaltung von Vermögen und Arbeitgeberstellung in unterschiedlichen natürlichen oder juristischen Personen könnte der Anwendungsbereich des VTV (leicht) ausgehebelt werden. Aus Sicht der Arbeitnehmer besteht auch ein Bedürfnis, dass Urlaubsansprüche geschützt werden etc., wenn sie bei einem Bauobjekt innerhalb des privaten Familienkreises tätig werden. Dies ist letztlich aber kein ausschlaggebendes Argument. Wären hier unter Anleitung des Beklagten Häuser gebaut worden, die das normale Maß privater Wertschöpfung überstiegen hätten, so wäre die Tätigkeit auch als gewerblich einzuordnen gewesen. Da aber hier nur ein und max. zwei Häuser im Raum standen, war der Bereich privater Wertschöpfung noch nicht verlassen. Im Übrigen kann die Nähe des Verwandtschaftsgrades bei der Gesamtbetrachtung auch nicht draußen vor bleiben. So würde es tendenziell für ein gewerbliches Handeln sprechen, wenn zwischen Eigentümer und handelndem Arbeitgeber bloß eine lose verwandtschaftliche Beziehung, z.B. Onkel - Cousin, Schwager etc. gegeben war. Im vorliegenden Fall handelt es sich indes um ein Geschehen, welches sich im engsten Familienkreis abspielt.



III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



Die Revision ist nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Die Frage der Einordnung eines gewerblichen Baubetriebs bei einer Tätigkeit innerhalb des engsten Familienkreises ist höchstrichterlich nicht eindeutig geklärt.

Vorschriften§ 69 Abs. 2 ArbGG, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, §§ 18 Abs. 2, 21 VTV, § 5 Abs. 4 Satz 1 TVG, Abschn. V VTV, § 138 Abs. 2, 3 ZPO, § 138 Abs. 4 ZPO, § 611a BGB, § 138 Abs. 2 ZPO, § 2 SchwarzArbG, § 286 Abs. 1 ZPO, § 1 Abs. 2 VTV, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG