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Urteil vom 20.04.2023 · IWW-Abrufnummer 235410

Landesarbeitsgericht Köln - Aktenzeichen 6 Sa 740/22

1. Sehen die Betriebsparteien eines Luftfahrtunternehmens im Sozialplan anlässlich einer Standortschließung die Einrichtung eines konzerninternen Stellenmarktes vor (hier: "Clearing"), so folgt daraus zunächst nur der Anspruch der Beschäftigten, sich als Stellenbewerber melden zu können.

2. Wenn der Sozialplan denjenigen Beschäftigten, die aufgrund eines solchen Clearings als Bewerber auftreten und mit einem Standortwechsel einverstanden sind, eine Umzugskostenpauschale verspricht, deren Betrag über die im Übrigen vorgesehene Umzugskostenerstattung deutlich hinausgeht, so kommt der Zahlung neben dem Zweck, tatsächliche entstandene Nachteile zu kompensieren, auch der Zweck zu, das Engagement der Beschäftigten im Bewerbungsverfahren und die Freiwilligkeit des Standortwechsels zu fördern.

3. Soweit im Sozialplan und in den in Bezug genommenen konzernweiten Regelungen nichts Abweichendes vereinbart worden ist, ist es die Arbeitgeberin, die unter Beachtung des hierfür vereinbarten Verfahrens und unter Beachtung billigen Ermessens über die Schließung des Clearings entscheidet. Dabei erscheint die Schließung nicht ermessensfehlerhaft, wenn pandemiebedingt fast alle Flugzeuge am Boden sind, wenn für große Teile der Belegschaft Kurzarbeit vereinbart ist und wenn es nicht absehbar ist, wann sich dies alles ändern wird.

4. Sieht der Sozialplan zur Umsetzung der Standortschließung mehrere einvernehmliche Maßnahmen mit jeweils spezifischen Abfindungs-, Kostenübernahme- und Einmalzahlungen vor (rentenferne und rentennahe Aufhebungsverträge; Altersteilzeit, Vermittlung aus dem Konzern heraus, HUB-Wechsel, Boden-Bord-Wechsel, Qualifizierung, Arbeitsplatzwechsel in Folge struktureller Anpassung, Clearing), so kommt die für die Versetzung im Rahmen des Clearings geregelte Umzugskostenpauschale nicht als "Auffangtatbestand" für Maßnahmen und Vereinbarungen außerhalb des Clearings in Betracht.

5. Wenn die Arbeitgeberin nach Schließung des Clearings eine offensichtlich unwirksame Beendigungskündigung ausspricht, so hat dies im konkreten Fall für das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs auf Umzugskostenpauschale aus dem Sozialplan oder aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes keine Relevanz. Gleiches gilt, wenn Monate später und lange nach Schließung des Clearings eine Versetzung erfolgt, die einen Anspruch auf Umzugskostenpauschale ausgelöst hätte, wenn sie im Rahmen des Clearings vereinbart worden wäre.

Führendes Verfahren zu diversen Parallelverfahren mit gleichlautenden Entscheidungen.


Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln teilweise abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.


2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die klagende Partei zu tragen.


3. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten um eine pauschale Einmalzahlung im Zusammenhang mit der Änderung des Arbeitsortes.



Die Beklagte ist die größte deutsche Fluggesellschaft, die Drehkreuze (sog. HUBs) in F und M unterhält. Bisher betrieb sie darüber hinaus acht sogenannte dezentrale Stationen in B , Br , H , Ha , D , K , N und S .



Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, wie auch mehrerer Dutzend paralleler Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Köln, ist ein zwischen den Parteien bestehendes Arbeitsverhältnis an einer der dezentralen Stationen, das schon so lange besteht, dass nach dem anwendbaren Manteltarifvertrag für das Bodenpersonal (MTV Boden) eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist.



Nach ihrer Entscheidung, alle dezentralen Stationen zum 31.05.2021 zu schließen, vereinbarte die Beklagte mit allen örtlichen Betriebsräten Interessenausgleiche und Sozialpläne mit weitgehend übereinstimmenden Wortlaut. Auf den gesamten Inhalt dieser Vereinbarungen (Anlage zur Klageschrift) wird Bezug genommen. Alle diese Sozialpläne, wie auch der hier anwendbare Sozialplan, sehen mehrere Maßnahmen zur Vermeidung von Kündigungen vor (rentenferne Abfindungsverträge, rentennahe Aufhebungsverträge, Altersteilzeitverträge, HUB-Wechsel, Boden-Bord-Wechsel, Clearing). Für den vorliegenden Rechtsstreit relevant sind vor allem der HUB-Wechsel und das Clearing. In den Sozialplänen heißt es auszugsweise:



3. a) (6) HUB-Wechsel



[Die Beklagte] bietet allen Mitarbeitern der Station [...] im Rahmen ihrer betrieblichen Möglichkeiten gleichwertige Arbeitsplätze an den HUBs F und M an und unterstützt sie bei einem Wechselwunsch.



Mitarbeiter, die bis zum 31.05.2016 verbindlich ihren Wechselwunsch gegenüber dem zuständigen Personalmanagement anzeigen und bis zum 30.09.2016 den Wechsel nach M oder F vollziehen, haben einen Anspruch auf den Wechsel in eine vergleichbare Funktion. [...]



Sollte sich durch einen Wechsel gemäß dieser Ziffer der Arbeitsweg für den Mitarbeiter verlängern, so erhält der Mitarbeiter eine pauschale Einmalzahlung in Höhe von 15.000,00 Euro brutto.[...]



Darüber hinausgehende Erstattungsansprüche bestehen nicht.



In keinem der hier zur Entscheidung anstehenden Parallelfällen lag bis zum 31.05.2016 ein verbindlicher Wechselwunsch im Sinne dieser Regelung vor, genauso wenig wie im hier zu entscheidenden Rechtsstreit. Zum Clearing heißt es im Sozialplan weiter:



4. Clearing



Das Mitarbeiterclearing wird zum 01.06.2020 eröffnet. Dem Clearingverfahren unterliegen alle Mitarbeiter, die keine zum Zeitpunkt der Schließung der Station das aktive Arbeitsverhältnis beendende HR-Maßnahme gemäß Ziff. 3. a) (Rentenferne Aufhebungsverträge, rentennahe Aufhebungsverträge, Altersteilzeitverträge, HUB-Wechsel sowie Boden-Bord-Wechsel) in Anspruch genommen haben und die damit aufgrund des Entfalls des Arbeitsplatzes zum Schließungszeitpunkt von einer betriebsbedingten Kündigung bedroht sind. Dem Clearingverfahren unterliegen außerdem alle Mitarbeiter, die nicht zum Schließungszeitpunkt aus dem Unternehmen ausscheiden werden oder bereits ausgeschieden sind.



Die Umsetzung des Clearingverfahrens erfolgt gemäß der Betriebsvereinbarung Konzern-Vermittlungsprozess (Clearingverfahren) vom 27.09.2021.



Ziel des Clearingverfahrens ist es, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und Mitarbeitern alternative Beschäftigungsangebote innerhalb des Konzerns zu unterbreiten.



Im Fall einer Versetzung an einen anderen Standort bzw. im Fall der Zuweisung einer anderen Tätigkeit an einem anderen Standort durch Änderungskündigung, erhält der Mitarbeiter zur Abgeltung sämtlicher Versetzungsfolgekosten eine pauschale Einmalzahlung in Höhe von 12.000,00 Euro brutto. Darüber hinaus gehende Erstattungsansprüche bestehen nicht.



[...]



Sollte eine Vermittlung im Rahmen des Clearingverfahrens auf einen zumutbaren Arbeitsplatz nicht möglich sein oder ein Mitarbeiter einen zumutbaren Arbeitsplatz ablehnen, so kann [die Beklagte] als Ultima Ratio das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt kündigen.



Mitarbeiter, die im Rahmen des Clearingverfahrens einen zumutbaren angebotenen Arbeitsplatz ablehnen, haben keinen Anspruch auf Abfindung gemäß Ziff. 3. a) (1) dieses Sozialplans.



[...]



Um die in dieser Regelung benannte Einmalzahlung zur Abgeltung der Versetzungsfolgekosten in Höhe von 12.000,00 EUR streiten hier die Parteien in der Berufungsinstanz. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, dass eine Versetzung in der Zeit vor Abschluss des Clearingverfahrens nicht stattgefunden hat.



Der Interessenausgleich nimmt in Nr. 5 im Übrigen Bezug auf die Konzernbetriebsvereinbarung "Interessenausgleich und Sozialplan" vom 20.11.1992 in der Fassung vom 01.01.2001. Dort heißt es wörtlich:



§ 9 Umzugskosten



(1) Ist mit einer Versetzung ein Umzug verbunden, werden die anfallenden Kosten nach den allgemeinen Regelungen (Handbuch Personal, bzw DV PER) von L übernommen.



[...]



Der Inhalt und der Ablauf des Clearingverfahrens ist in der Konzernbetriebsvereinbarung Clearing (KBV Clearing) vom 27.09.2012 geregelt. Nach § 1 der KBV Clearing beschreibt das Clearing einen Vermittlungsprozess auf der Suche nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten für Beschäftigte, die von einer betriebsbedingten Kündigung bedroht sind. Beteiligte dieses Vermittlungsprozesses sind gemäß § 2 der KBV Clearing eine Zentrale Clearingstelle (ZCS), eine lokale Vermittlungsstelle (LVS), die Personalabteilungen der stellenanbietenden Konzerngesellschaften, der stellenanbietende Fachbereich und die vom Arbeitsplatzverlust betroffenen Beschäftigten. Gemäß § 3 der KBV Clearing wird zur Vorbereitung des Vermittlungsprozesses der vom Arbeitsplatzverlust bedrohte Mitarbeiterkreis definiert und in Zusammenarbeit der Betriebspartner eine Qualifikationsliste erstellt. Ist dies geschehen, wird das sogenannte Mitarbeiterclearing eröffnet, das bedeutet, dass die Vermittlungstätigkeit aufgenommen wird. Ab diesem Zeitpunkt sind die Angehörigen des definierten Mitarbeiterkreises bevorzugt auf freie Stellen in den Konzerngesellschaften zu vermitteln und alle Konzerngesellschaften sind verpflichtet, freie Stellen für den Vermittlungsprozess zur Verfügung zu stellen. Ein konkreter Zeitraum für das Clearing ist in der KBV Clearing nicht geregelt. Soweit zwischen den Parteien und in der Betriebsöffentlichkeit von einem Zeitraum von 36 Monaten die Rede ist, folgt dies also nicht aus der KBV Clearing selbst. Jedoch wird an anderer Stelle, ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das Clearing-Verfahren, nämlich in § 11 des "Abkommens zum Schutz der Mitarbeiter im D-Konzern vor nachteiligen Folgen aus Rationalisierungsmaßnahmen (Schutzabkommen)" vom 18. April 1980 idF vom 1. Oktober 1995 (nachfolgend: TV-S) ein Zeitraum von 36 Monaten genannt. Aus dieser Regelung hat der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 10.05.2007 - 2 AZR 626/05 -) in einem Kündigungsschutzverfahren rückgeschlossen, dass eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung so lange nicht durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt sei, so lange nicht die Prognose angestellt werden könne, dass die unkündbare Arbeitnehmerin oder der unkündbare Arbeitnehmer während der zukünftigen 36 Monate nicht auf einen freien Arbeitsplatz vermittelt werden könne. Die einschlägige Vorschrift im TV-S lautet wörtlich:



§ 11 Wiedereinstellung



(1) Werden für Arbeitsplätze im Konzern Einstellungen vorgenommen, sind ehemalige Mitarbeiter des Konzerns, die aufgrund einer Maßnahme im Sinne des § 3 entlassen worden sind, anderen (externen) Bewerbern bei gleicher Qualifikation und Eignung vorzuziehen, wenn seit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr als 36 Monate vergangen sind.



Das Clearing endet nach § 3 Nr. 2 der KBV Clearing mit dem sogenannten Notariellen Clearing. In § 3 Nr. 2 der KBV Clearing heißt es wörtlich:



Vor Beendigung des Vermittlungsprozesses erfolgt bei den vorgenannten Konzerngesellschaften eine durch die ZCS initiierte letztmalige und verbindliche Abfrage geeigneter Beschäftigungsmöglichkeiten für die nicht vermittelten Mitarbeiter. Kann nach Abschluss des notariellen Clearings keine geeignete und zumutbare Beschäftigung angeboten werden, wird der Vermittlungsprozess beendet.



Die Beklagte hatte das Clearingverfahren wie im Sozialplan vorgesehen nach Maßgabe der besagten KBV Clearing am 01.06.2020, also ca. drei Monate nach Ausbruch der Corona-Pandemie eröffnet. Im hier zu entscheidenden Fall wie auch in allen Parallelfällen ist es im Rahmen des Clearings nicht zu einer Vermittlung an einen anderen Standort oder in eine andere Konzerngesellschaft gekommen. Dabei ist zwischen den Parteien streitig, ob es im (Corona-)Sommer 2020 bei der Beklagten und bei den Konzerngesellschaften überhaupt freie zu besetzende Stellen gegeben hat. Schon am 10.09.2020, also nach gut drei Monaten, wurde das Clearing durch die Beklagte nach Durchführung eines notariellen Clearings abgeschlossen. Bereits mit Schreiben vom 16.06.2020, also gut zwei Wochen nach Eröffnung des Clearings, teilte die Beklagte den Beschäftigten der dezentralen Stationen mit Blick auf die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie u.a. das folgende mit:



[...] Hintergrund dieser Anpassung sind die Erkenntnis und das Eingeständnis, dass unser Geschäftsmodell am Boden liegt. Dieser Zustand wird lange andauern.



[...] An allen Standorten fehlen Geschäft und Arbeit, befinden sich unsere Kolleginnen und Kollegen in Kurzarbeit und müssen wir als Unternehmen das wirtschaftliche Überleben sichern, um so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten.



[...] auf der Basis aller bisher bekannten Prognosen besteht in den kommenden Jahren keine Aussicht auf freie Stellen in den HUBs - vielmehr ist auch dort mit einem deutlichen Personalüberhang zu rechnen. Daher sehen wir keine Möglichkeit mehr, Ihnen Angebote zum Wechsel auf Arbeitsplätze an den HUBs zu unterbreiten.



[...] Die weiteren Maßnahmen, die bereits im Jahre 2016 bestanden (etwa Boden-Bord-Wechsel oder der Abschluss eines Altersteilzeitvertrages) stehen leider nicht mehr zur Verfügung. Auch wenn wir weiterhin versuchen werden, freie Stellen zu finden, könnte es notwendig werden, die in den Sozialplänen angelegte ultima ratio betriebsbedingter Beendigungskündigungen mit Wirkung zum 31.05.2021 zu bemühen. Wir sehen keine Möglichkeit, Sie im Rahmen des bereits eröffneten Clearing-Verfahrens überhaupt auf freie Arbeitsplätze zu vermitteln.



Die Beklagte kündigte die betroffenen Arbeitsverhältnisse im Oktober 2020 aus betriebsbedingten Gründen außerordentlich unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist. Zum 31.05.2021 wurden die dezentralen Stationen geschlossen. Seitdem werden dort keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr beschäftigt. Vorliegend wie auch in den parallel zu entscheidenden Rechtsstreiten hatten die gegen die Kündigung erhobenen Kündigungsschutzklagen und die mit diesen verbundenen Weiterbeschäftigungsklagen vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Bereits nach Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung und damit nach Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung, wurden die gekündigten Beschäftigten von der Beklagten zu den bisherigen Bedingungen an einem der beiden HUBs im Rahmen einer Prozessbeschäftigung eingesetzt. Nachdem die Entscheidungen rechtskräftig geworden waren, wurden die Beschäftigten von der Beklagten dauerhaft auf dieses HUB versetzt.



Erstinstanzlich ist hier noch die Zahlung der Versetzungsfolgekosten-Pauschale iHv. 15.000,00 Euro geltend gemacht worden und nur hilfsweise die Zahlung iHv. 12.000,00 Euro als Umzugskostenpauschale im Zusammenhang mit der betrieblichen Regelung über das Clearing. Nur die letztgenannte Forderung ist noch Gegenstand des Berufungsverfahrens.



Zur Begründung der Klage ist vorgetragen worden, der Anspruch ergebe sich aus dem Sozialplan, da die Versetzung aufgrund des Gegenstands des zuvor abgeschlossenen Interessenausgleichs erfolgt sei. Es könne dabei nicht darauf ankommen, ob die Versetzung im Rahmen des Clearingverfahrens durchgeführt worden sei oder erst nach dessen Beendigung. Dem stehe schon entgegen, dass die Beklagte dieses Clearingverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt und viel zu früh abgebrochen habe. Es habe vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung eine Reihe freier Stellen in F oder M gegeben.



Zur Verteidigung gegen die Klage hat die Beklagte vorgetragen, die Umzugskostenpauschale aus dem Sozialplan komme nur für Versetzungen im Rahmen des Clearings in Betracht. Die hier gegebene Konstellation eines Wechsels nach Abschluss des Clearings sei durch den Sozialplan nicht geregelt. Eine Lückenfüllung zugunsten der Beschäftigten sei ausgeschlossen. Denn es könne nicht angenommen werden, dass die Betriebsparteien eine Versetzungskostenpauschale in gleicher Höhe auch für solche Fälle vereinbart hätten, in denen die Versetzung erst nach dem 31.05.2021, also nach Schließung der Station, erfolgt sei. Die Regelung in der Betriebsvereinbarung sei ausdrücklich auf Maßnahmen in der Zeit bis zu diesem 31.05.2021 beschränkt.



Das Arbeitsgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen mit dem Hilfsantrag in Höhe von 12.000,00 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Die Abweisung des Hauptantrages ist mangels eines auf sie gerichteten Rechtsmittels nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Grundsätzlich sei der Sozialplan auf den vorliegenden Fall anwendbar, denn die inzwischen erfolgte Versetzung nach F sei eine Maßnahme, die sich aus dem zwischen der Beklagten und dem örtlichen Betriebsrat abgeschlossenen Interessenausgleich ergebe, nämlich der Schließung der dezentralen Station. Sowohl die inzwischen als unwirksam erkannte Kündigung des Arbeitsverhältnisses als auch die nachfolgende Versetzung stünden in unmittelbaren Zusammenhang zur Stationsschließung. Wenn nun der Sozialplan Anwendung finde, dann gelte auch dessen ausdrückliche Regelung aus Nr. 4 Abs. 4 "Im Fall einer Versetzung an einen anderen Standort [...] erhält der Mitarbeiter zur Abgeltung sämtlicher Versetzungsfolgekosten eine pauschale Einmalzahlung in Höhe von 12.000,00 Euro brutto". Der Umstand, dass die Versetzung nicht im Zeitrahmen des Konzernclearings erfolgt sei, sondern erst nach Ausspruch einer Beendigungskündigung, stehe diesem Anspruch nicht entgegen. Der Wortlaut der Regelung lasse eine Beschränkung des Anspruchs auf Versetzungsfälle in der Zeit vor Abschluss des Clearings nicht zu. Der Anspruch sei zwar unter der Überschrift "Clearing" geregelt worden, stehe aber nicht ausdrücklich unter der Bedingung eines durchgeführten Clearingverfahrens. Die Nummer 4 des Sozialplans, die sich mit dem Clearingverfahren befasse, bestehe aus mehreren Absätzen. In jedem Absatz sei von Clearingverfahren die Rede, nicht aber im Absatz 4, der hier als Anspruchsgrundlage in Frage komme und der sich deshalb als Auffangtatbestand auch für Fälle außerhalb des Clearingverfahrens darstelle. Weder der Gesamtzusammenhang der Regelung, noch Sinn und Zweck der Vorschrift, noch die Systematik der Betriebsvereinbarung ergäben etwas Anderes. Sinn und Zweck des Sozialplanes sei es gewesen, betriebsbedingte Beendigungskündigungen zu vermeiden und den notwendigen Personalabbau möglichst sozialverträglich zu gestalten. Dazu hätten die Betriebsparteien im Sozialplan zunächst verschiedene Maßnahmen zur Durchführung während des Jahres 2016 bestimmt (Beendigungsverträge gegen Abfindung, Altersteilzeitverträge, Unterstützungsprogramme, HUB-Wechsel, Boden-Bord-Wechsel, Qualifizierungsmaßnahmen). Für den Fall, dass sich von der Schließung zukünftig betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jahre 2016 für einen HUB-Wechsel nach F oder M oder einen Wechsel in die Kabine entschieden, sei im Sozialplan eine pauschale Einmalzahlung iHv. 15.000,00 Euro brutto geregelt gewesen. Für die Zeit ab dem 01.06.2020 sei dann nach den Reglungen des Sozialplans durch die Eröffnung des Mitarbeiterclearings die Vermittlungstätigkeit zu intensivieren gewesen. Erst für den Fall, dass sich eine solche Vermittlung als nicht möglich erweise, sei es nach den Regelungen des Sozialplans gestattet gewesen, als letztes Mittel das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zu kündigen. Durch die ausdrückliche Bezugnahme auf Ziffer 3 a des Sozialplans werde deutlich, dass der Sozialplan für alle Fälle, die nicht von den im Übrigen genannten HR-Maßnahmen betroffen seien, entweder eine Umzugskostenpauschale oder im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung vorsehe. Ein anderes Verständnis führe zu Ergebnissen, die das Ziel des Sozialplans zu vereiteln drohten: es wäre dann nämlich die Beklagte, die es in der Hand gehabt habe, durch den Ausspruch von Kündigungen ohne hinreichende Durchführung eines Clearingverfahrens die Zahlung dieser Einmalzahlungen zu verhindern. Die Einräumung eines solchen einseitigen Bestimmungsrechts könne nicht zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führen. Nach alldem komme es auf die zeitliche Begrenzung des Clearingverfahrens nicht an. Einer Lückenfüllung bedürfe es nicht.



Gegen dieses Urteil des Arbeitsgerichts Köln hat die Beklagte binnen Monatsfrist Berufung eingelegt und diese fristgerecht begründet.



Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, das Arbeitsgericht habe nach ihrer Auffassung den Sozialplan falsch ausgelegt. Bei richtiger Auslegung habe das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Regelung über die Umzugskostenpauschale nur für solche Versetzungen zur Anwendung komme, die innerhalb des Clearingverfahrens erfolgt seien. Für Versetzungen im Zeitraum nach Abschluss des Clearingverfahrens sehe der Sozialplan nach richtiger Auslegung keine Regelung vor, insbesondere auch keine Anspruchsgrundlage für eine Umzugskostenpauschale. Selbst wenn hier eine Regelungslücke erkannt werde, könne diese jedenfalls nicht durch die Annahme eines Anspruchs in Höhe von 12.000,00 EUR geschlossen werden. Bei der Betrachtung des Wortlauts der Regelung verkenne das Arbeitsgericht die Bedeutung der Überschrift des Abschnitts "Clearing". Auch in anderen Abschnitten werde nur geregelt, was Gegenstand der jeweiligen Überschrift sei. An keiner anderen Stelle im Sozialplan fänden sich Regelungen, die nicht ausschließlich den Regelungsgegenstand ihrer Überschrift beträfen. Hinzukomme, dass der hier für die Umzugskostenpauschale relevante Absatz 4 des Abschnitts ein Teil einer klar geregelten Chronologie sei: Beginn des Clearings - Ablauf des Clearings - Folgen der Vermittlung oder Nichtvermittlung. Diese chronologische Struktur präge den gesamten Sozialplan. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, die hier maßgebliche Regelung stelle sich als "Auffangtatbestand" dar, sei aus mehreren Gründen fehlerhaft. So sei die Umzugskostenpauschale bei Anwendung anderer HR-Modelle gerade und ausdrücklich nicht vorgesehen: Bei Teilnahme am Programm COMPASS; bei HUB-Wechsel vor dem 01.06.2020; bei Boden-Bord-Wechseln. Des Weiteren komme eine Umzugskostenpauschale nach dem ihrer Auffassung nach eindeutigen Wortlaut des Sozialplans erst ab Beginn des Clearings in Frage und nicht für Versetzungen aus dem Zeitraum davor. Die so vom Sozialplan vorgenommene Verknüpfung zwischen Pauschale und Beginn des Clearingverfahrens wirke, konsequent weitergedacht, auch nur bis zum Ende des Clearingverfahrens. Sinn und Zweck des Sozialplans und seiner abgestuften Regelungen für den Zeitraum vor dem Clearing (einvernehmliche Umsetzung mit Pauschale iHv 15.000,00 EUR), dem Zeitraum während des Clearings (einvernehmliche Umsetzung mit Pauschale iHv 12.000,00 EUR) und dem Zeitraum nach dem Clearing (einvernehmliche Vertragsänderung oder einseitige Maßnahmen im Rahmen des Direktionsrechts ohne pauschale Leistung), sei die Förderung eines möglichst einvernehmlichen Wechsels gewesen. Die Förderung eines Wechselwillens bei den Beschäftigten durch das Versprechen von Pauschalen in Höhe von zunächst 15.000,00 EUR und später 12.000,00 EUR, sei bei am Ende nicht mehr vermeidbaren einseitigen Arbeitgebermaßnahmen (Versetzung und Kündigung) weder sinnvoll noch notwendig, denn dann müsse mit Blick auf den Willen der Beschäftigten nichts mehr gefördert werden. Selbst wenn eine Regelungslücke angenommen werde, fehle es an Anhaltspunkten dafür, mit welcher Regelung diese Lücke gefüllt werden müsse. Es sei nicht ersichtlich, in welcher Höhe die Betriebspartner eine Umzugskostenpauschale für Umsetzungen im Zeitraum nach dem Clearing vereinbart hätten (geringere Pauschale? Nur tatsächlich entstandene Umzugskosten?). Ein Anlass, irgendeine Bereitschaft bei den Beschäftigten zu fördern habe dann jedenfalls nicht mehr bestanden.



Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln teilweise abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen.



Die klagende Partei beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.



Zur Erwiderung auf die Berufung der Beklagten wird der erstinstanzliche Vortrag vertieft und das Urteil des Arbeitsgerichts verteidigt. Die Schließung der dezentralen Station sei Gegenstand des Interessenausgleichs, der dem Sozialplan zugrunde liege; aufgrund der Schließung sei es zur Versetzung gekommen; der Anspruch auf Umzugskostenpauschale ergebe sich für diesen Fall der Versetzung unmittelbar aus dem Wortlaut des Sozialplans. Es sei unerheblich, dass es zu dieser Versetzung erst nach Abschluss des Clearings und nach (erfolglosem) Ausspruch einer Kündigung gekommen sei. Die Beklagte habe das Clearing nicht ordnungsgemäß durchgeführt, indem sie es bereits knapp dreieinhalb Monate nach seinem Beginn beendet habe. Die Beklagte habe dadurch verhindert, dass die hier betroffenen ordentlich nicht kündbaren Beschäftigten im Rahmen des Clearings auf einen anderen Arbeitspatz hätten wechseln können. Diese seien so zu behandeln, als hätten sie keine Kündigung erhalten. Daher seien die im Sozialplan vorgesehenen Versetzungsfolgekosten zu zahlen. Nach richtigem Verständnis würden alle Mitarbeitenden, die nicht durch einen freiwilligen Wechsel, nicht durch Altersteilzeit, nicht durch einen Boden-Bord-Wechsel, nicht durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages aus dem Unternehmen vor der Schließung der dezentralen Station ausgeschieden seien, schlussendlich auf der letzten Stufe zur finalen Umsetzung der Schließung örtlich versetzt. Alle diese Mitarbeitenden sollten nach dem Wortlaut und nach dem Sinn und Zweck auf der letzten Stufe die Versetzungsfolgekostenpauschalen in Höhe von 12.000,00 € brutto erhalten. Ein Anspruch folge auch aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Alle diejenigen Beschäftigten, die einen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen und noch restliche Monate ihrer aktiven Phase vor sich gehabt hätten, hätten von der Beklagten Umzugskosten-Ausgleichszahlungen erhalten, die die Beklagte auf die hier streitigen 12.000,00 EUR gedeckelt habe.



Jedenfalls ergebe sich ein Anspruch in gleicher Höhe aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes. Hätte die Beklagte das Clearing ordnungsgemäß durchgeführt, wäre sie nicht zu dem unzutreffenden Ergebnis gelangt, die Arbeitsverhältnisse der unkündbaren Beschäftigten außerordentlich kündigen zu müssen.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.



I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).



II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist nicht begründet. Für Fälle wie den vorliegenden ergibt sich kein Anspruch auf Zahlung einer Kostenpauschale in Höhe von 12.000,00 EUR, weder aus dem Sozialplan (1.) noch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (2.), noch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung (3.).



1. Der durch das Arbeitsgericht zugesprochene Anspruch auf Zahlung einer Kostenpauschale in Höhe von 12.000,00 EUR ergibt sich nicht aus dem Sozialplan in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und § 611 a BGB. Zwar kam es nach Schließung der dezentralen Station, die der Gegenstand des Interessenausgleichs war, zu einer Versetzung. Die Versetzung erfolgte aber nicht im Rahmen des Clearings, sondern erst Monate nach dessen Schließung und ist daher nicht geeignet, den streitgegenständlichen Anspruch zu begründen.



Nur eine Vermittlung auf eine neue Position, die im Rahmen des Clearings erfolgt wäre, hätte den Anspruch auf Zahlung der Pauschale in Höhe von 12.000,00 EUR ausgelöst. Nach den Grundsätzen der Auslegung abstrakt-genereller Vorschriften (BAG v. 15.05.2018 - 1 AZR 20/17 -) ergibt sich aus dem Sozialplan nichts Anderes. Ausgehend vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Darüber hinaus sind Sinn und Zweck der Regelung von besonderer Bedeutung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen hier: sozialplankonformen Verständnis der Regelung führt (BAG v. 05.05.2015 - 1 AZR 826/13 -).



Während nach diesen Vorgaben noch der Wortlaut des aus dem Gesamtzusammenhang herausgelösten Absatz 4 der Nummer 4 des Sozialplans für einen Anspruch auf eine pauschale Einmalzahlung streitet (a.), sprechen der Gesamtzusammenhang (b.), die Systematik (c.) sowie Sinn und Zweck der Regelung (d.) gegen einen Anspruch. Die Beschränkung der im vierten Absatz der Nr. 4 des Sozialplans geregelten pauschalen Einmalzahlung auf die im Rahmen des Clearings-Verfahrens erfolgten Versetzungen führt am Ende auch zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen bzw. hier sozialplankonformen Verständnis der Regelung (e.). Da es dem Sozialplan somit an einer planwidrigen Lücke fehlt, kommt eine ergänzende Auslegung nicht in Betracht (f.).



a. Wird singulär der Absatz 4 der Sozialplanregelung über das Clearing betrachtet, dann spricht der Wortlaut tatsächlich für einen Anspruch auf eine pauschale Einmalzahlung in Höhe von 12.000,00 EUR. Wenn es in der Vorschrift heißt "im Fall einer Versetzung an einen anderen Standort [...] erhält der Mitarbeiter [...] eine pauschale Einmalzahlung in Höhe von 12.000,00 Euro brutto," dann umfasst dieser herausgelöste Wortlaut jede Versetzung an einen anderen Standort. Denn es heißt hier ja gerade nicht "im Fall einer Versetzung im Rahmen des Clearings ...". Gleichgültig wäre dann, ob diese Versetzung im Jahre 2010 oder im Jahre 2023 erfolgt ist, denn die singuläre Betrachtung der Vorschrift würde ja auch bedeuten, dass die Aussagen des Sozialplans über den Tag seines Abschlusses und über den Grund seiner Existenz außer Betracht blieben. Nach dem auf diese Weise herausgelösten Wortlaut des konkreten Absatzes in der Vorschrift ist es auch gleichgültig, ob es sich um eine einseitige durch die Arbeitgeberin angeordnete Versetzung handelt, oder um eine einvernehmlich durchgeführte Maßnahme. Beides wäre eine "Versetzung" nach der Legaldefinition des § 95 Abs. 3 BetrVG.



Bei der Auslegung einer abstrakt-generellen Vorschrift kommt dem Wortlaut der Regelung ein besonders Gewicht zu. Die Normunterworfenen, die nicht wie Vertragsparteien selbst das Regelwerk bestimmt haben, müssen beim Lesen der Vorschrift verstehen können "was gilt". Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen verlören ihre normative Kraft, wenn die Normunterworfenen erst nach Befragen des Normgebers oder nach Klärung durch die Justiz wissen könnten, wie die Vorschrift verstanden werden soll.



Das entbindet die Normunterworfenen aber nicht von der Obliegenheit, sich von dem Fokus auf einen einzelnen Absatz einer einzelnen Vorschrift in einer Betriebsvereinbarung zu lösen und sich mit dem Grund für die Existenz der Regelung, mit ihrer zeitlichen Geltung, mit ihrer regulatorischen Umgebung im Normsystem und mit ihrem Sinn und Zweck zu befassen, um sich dem Verständnis der Vorschrift zu nähern.



Vorliegend führt die Wortauslegung nur dann zu einem günstigen Ergebnis für die hier klagenden Beschäftigten, wenn alles andere ausgeblendet wird. Werden Gesamtzusammenhang, Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung aber beachtet, wird deutlich, dass ein Anspruch aus Absatz 4 der Vorschrift nur für solche Versetzungen in Betracht kommt, die ihren Ursprung im Clearingverfahren haben.



b. Der Gesamtzusammenhang der Regelung über die Versetzungskostenpauschale, die im vierten Absatz unter der Überschrift "Clearing" geregelt ist, spricht schon gegen eine Anwendung der Vorschrift auf solche Fälle, in denen es außerhalb eines Clearing-Verfahrens zu einer Versetzung kommt, also gegen eine Anwendung auf den vorliegenden Fall. Die einzelnen angebotenen Maßnahmen und die mit diesen Angeboten jeweils konkret verknüpften Zahlungsansprüche sind in der Struktur der Betriebsvereinbarung zu systematisiert und zu ausdifferenziert, um annehmen zu können, ein unter der Überschrift einer Maßnahme ("Clearing") geregelter Zahlungsanspruch könne auch auf die anderen ebenfalls unter gesonderter Überschrift ("HUB-Wechsel", "Boden-Bord-Wechsel" etc.) geregelten Maßnahmen anzuwenden sein.



Im Sozialplan finden sich ausdifferenziert und systematisiert die folgenden Angebote, die sich teilweise als Versetzung darstellen können, jedenfalls aber als tiefe Einschnitte in die jeweilige Arbeitsbiografie:



- Rentenferne Aufhebungsverträge (mit Abfindung),



- rentennahe Aufhebungsverträge (mit Abfindung),



- Altersteilzeitverträge (mit Abfindung),



- Teilnahme am Programm COMPASS (ohne Abfindung, ohne Einmalzahlung),



- HUB-Wechsel (15.000,00 EUR Einmalzahlung bei schneller Entscheidung),



- Boden-Bord-Wechsel (15.000,00 EUR Zuschuss zur Schulungsvergütung),



- Arbeitsplatzwechsel infolge struktureller Anpassungen (ohne Abfindung, ohne Einmalzahlung),



- Vermittlung auf andere zumutbare Arbeitsplätze im Unternehmen oder im Konzern durch Versetzung oder Änderungskündigung im Rahmen des Clearings (12.000,00 EUR Ersatz der Versetzungsfolgekosten).



Im Gesamtzusammenhang genießt also jede dieser Maßnahmen eine gesonderte Regelung zu mehr oder weniger pauschalen Einmalzahlungen bzw. Abfindungen oder Zuschüssen. In der Regelung zum HUB-Wechsel und in der Regelung zum Boden-Bord-Wechsel heißt es ausdrücklich "darüber hinaus gehende Erstattungsansprüche bestehen nicht". Beide Maßnahmen können eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG darstellen, genauso wie ein Arbeitsplatzwechsel infolge struktureller Anpassungen und die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes innerhalb desselben Konzernunternehmens (eine Vermittlung in ein anderes Konzernunternehmen wäre nicht einmal eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG, wird im Gesamtzusammenhang zugunsten der Beschäftigten aber als solche zu verstehen sein). Für den frühzeitigen HUB-Wechsel sieht der Sozialplan eine Einmalzahlung in Höhe von 15.000,00 EUR vor; ein Boden-Bordwechsel geschieht nach der hierzu vereinbarten Regelung im Sozialplan gegen Zahlung eines Zuschusses zur Ausbildungsvergütung; für die Versetzung/Änderungskündigung, wie sie im streitgegenständlichen Absatz 4 der Regelung zum Clearingverfahren genannt ist, soll die Arbeitgeberin 12.000,00 EUR als pauschale Einmalzahlung zum Ausgleich für die Versetzungsfolgekosten zahlen. Bei einem Arbeitsplatzwechsel "infolge struktureller Anpassungen" gemäß Nr. 4 des Interessenausgleichs ist gar keine Zahlung vorgesehen, im Gegenteil wird nach dem Sozialplan eine solche Maßnahme zusätzlich erleichtert, indem der Betriebsrat im Text des Sozialplans zugesagt hat, einer ggfls. auszusprechenden Änderungskündigung die Zustimmung nicht zu verweigern. So hat im Text des Sozialplans ausdifferenziert jede Maßnahme ihre eigene Regelung zu gesonderten Ausgleichszahlungen, Abfindungen und Zuschüssen. Das gilt auch und insbesondere für die Regelungen zu Maßnahmen, die sich als Versetzung darstellen können.



Eine Vorschrift, die in dem Kontext einer dieser von den Betriebsparteien vorgesehenen Maßnahmen fixiert wurde (Umzugskostenpauschale unter der Überschrift "Clearing"), auf andere Kontexte anzuwenden, widerspräche nach alldem diesem ausdifferenzierten Gesamtzusammenhang.



c. Auch die Systematik des Sozialplans spricht dagegen, den Anspruch auf Einmalzahlung aus dem Absatz 4 der Clearingregelung des Sozialplans auf sämtliche Versetzungen unabhängig von Kontext und Zeit anzuwenden. Der Annahme eines solchen "Auffangtatbestandes" wie sie von den Klägerinnen und Klägern vorgeschlagen wird, steht der Ort der Regelung entgegen. Dieser Regelungsort innerhalb der Kodifizierung ist für die Auslegung des Textes wichtig. Es mag zugestanden werden, dass Betriebsvereinbarungen nicht immer so abstrakt, in sich schlüssig, professionell und verständlich formuliert sind, wie (die meisten) Gesetze. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber um einen klar strukturierten und systematisierten Text, der in jeder Einzelvorschrift chronologisch aufgebaut vom Abstrakten ins Konkrete formuliert, von der Voraussetzung zur Rechtsfolge und von der Regel zur Ausnahme. Es wäre in einem solchen Text auffällig systemwidrig, wenn ein "Auffangtatbestand", der für jede Art der Versetzung gelten soll, nicht als allgemeine Regelung am Anfang oder als Auffangtatbestand am Ende der Kodifizierung stünde, sondern irgendwo dazwischen als Absatz 4 der Vorschriften zu einer von mehreren HR-Maßnahmen.



Hinzukommt, dass die Vorschrift mit der Überschrift "4. Clearing" in sich eine klare Struktur und Chronologie zeigt: Beginn des Mitarbeiterclearings und dessen Anwendungsbereich in Absatz 1 - Umsetzung des Clearingverfahrens nach der KBV Clearing in Absatz 2 - Ziel des Clearingverfahrens in Absatz 3 - Pauschale Einmalzahlung im Falle der Versetzung und Ausschluss sonstiger Erstattungsansprüche (wie z.B. der Umzugskostenerstattung nach § 11 TV-S) in Absatz 4 - Definition eines zumutbaren Arbeitsplatzes in Absatz 5 - Erwähnung und damit Nichtausschluss einer betriebsbedingten Kündigung bei Erfolglosigkeit des Clearings in Absatz 6 - Ausschluss eines Abfindungsanspruchs bei Ablehnung eines zumutbaren Arbeitsplatzes in Absatz 7.



Damit findet sich der Absatz 4 mit seinem Versprechen einer pauschalen Einmalzahlung für Versetzungen aufgrund des Clearingverfahrens an systematisch und vor allem chronologisch richtiger Stelle mitten in den Vorschriften, die den Beginn, die Durchführung, das Ziel, die Rechtsfolgen und das Ende des Clearingverfahrens bestimmen. Einen Teil dieser geordneten Regelungsabfolge als Solitär herauszulösen und auf andere Maßnahmen anzuwenden, bedürfte aus systematischem Blickwinkel zusätzlicher Rechtstatsachen, wie z.B. Bezugnahmen in anderen Vorschriften. Es ist jedoch nichts dergleichen ersichtlich.



Auch die - hier nur beispielsweise zu nennende - Regelung im zweiten Absatz der Nummer 3 a) (3) des Sozialplans mit dem Text "Die Abfindung berechnet sich wie folgt: 5.500,00 EUR plus 3 Bruttomonatsvergütungen plus 1.000,00 EUR pro vollendetem Beschäftigungsjahr" kommt als allgemeine Regel oder Auffangtatbestand nicht in Betracht, weil sie von den Betriebsparteien systematisch und chronologisch schlüssig unter der Überschrift "Altersteilzeitverträge" eingefügt wurde und demnach ersichtlich nur für Altersteilzeitverträge gelten soll. Gleichfalls naheliegend ist es, den aus dem achten Absatz der Nummer 3 b einzeln herausgelösten Satz "Der Einsatz auf dem jeweiligen neuen Arbeitsplatz erfolgt unter Beibehaltung der bisherigen vertraglichen Arbeitszeit", nur auf die Fälle des Arbeitsplatzwechsels infolge struktureller Anpassungen (so die Überschrift der Regelung) anzuwenden und nicht auf sämtliche neuen Tätigkeiten nach Abschluss eines ATZ-Vertrages, nach einem HUB-Wechsel, nach einem Boden-Bord-Wechsel, nach Versetzung im Rahmen des Clearingverfahrens, etc.



Auch der Gesichtspunkt der Regelungssystematik verbietet damit eine Anwendung des Absatzes 4 der Nummer 3 a) (3) des Sozialplans auf andere Versetzungen als solche, die im Rahmen des Clearingverfahrens erfolgt sind.



d. Entgegen der von den Beschäftigten geäußerten Auffassung, Sinn und Zweck der Regelung streite für die Anwendung des vierten Absatzes der Nummer 4 des Sozialplans auf alle Fälle der Versetzung, also auch für den vorliegenden, ist das Gegenteil der Fall. Gerade Sinn und Zweck des Interessenausgleichs und des Sozialplans im Allgemeinen und der Regelungen in den Nummern 3 und 4 des Sozialplans im Besonderen machen deutlich, dass das Versprechen einer pauschalen Einmalzahlung zur Abgeltung sämtlicher Versetzungsfolgekosten nur für solche Versetzungen gelten kann, die als Ergebnis des Clearingverfahrens in dessen Rahmen erfolgen, denn mit der Zahlung der 12.000,00 EUR wird neben einem Belastungsausgleich auch ein Anreiz bezweckt, der mit Schließung des Clearingverfahrens seinen Sinn verliert.



Ausweislich der Nummer 1 in Verbindung mit der Nummer 3 des Interessenausgleichs ist die Umsetzung der Arbeitgeberentscheidung, die dezentrale Station zu schließen, das Ziel der Vereinbarung. Dabei sollen gemäß Nummer 1 Abs. 3 des Interessenausgleichs die Interessen des Unternehmens mit den wirtschaftlichen und sozialen Belangen der betroffenen Beschäftigten abgewogen werden. Ausdrücklich soll den Beschäftigten die Möglichkeit eröffnet werden, bis zum vereinbarten Schließungszeitpunkt (31.05.2021) in der Station ihrer Beschäftigung nachzugehen. Der Sozialplan ist nach dem Wortlaut seiner Präambel zum Ausgleich bzw. zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile geschlossen worden, die den Beschäftigten durch die Stationsschließung entstehen.



Das Ziel des Sozialplans insgesamt ist also, Interessen möglichst ausgewogen zu berücksichtigen. Das in diese Abwägung einzustellende Interesse der Arbeitgeberin ist neben der Schließung der dezentralen Station als solcher eine möglichst konfliktarme Abwicklung derselben bei einer möglichst transparenten Berechenbarkeit der wirtschaftlichen Belastung. Das Interesse der Beschäftigten ist in der Regel ein möglichst langer Verbleib am ursprünglichen Arbeitsort, bei Verlassen der dezentralen Station und Wechsel an einen anderen Arbeitsort eine möglichst attraktive neue Beschäftigung und zum Ausgleich der durch die Schließung der Station entstehenden Nachteile und Kosten die Zahlung eines möglichst hohen Geldbetrages.



Zur Verwirklichung und zum Ausgleich dieser Interessen sieht der Sozialplan mehrere mögliche Maßnahmen und unterschiedliche Zahlungsbeträge vor (s.o. ab Seite 14). Über den gesamten Zeitraum von der Schaffung des Sozialplans im Jahre 2015 bis zur Schließung der Station im Jahre 2021 stellt der Sozialplan nur einvernehmliche Maßnahmen zur Verfügung mit dem Ziel, eine einseitig belastende Arbeitgebermaßnahme am Ende zu vermeiden, wie eine Versetzung oder eine Kündigung.



Die Förderung einvernehmlicher Regelungen entspricht sowohl den Interessen der Beschäftigten als auch den Interessen der Arbeitgeberin. Denn die mit ihr vermiedene einseitig belastende Arbeitgebermaßnahme wäre zum einen ein besonders tiefgreifender Einschnitt in die Rechte und Interessen der Beschäftigten und zum anderen ein nur schwer kalkulierbares wirtschaftliches Risiko für die Arbeitgeberin.



Für die rentennahen und rentenfernen Aufhebungsverträge, für Altersteilzeitverträge und für den Boden-Bordwechsel regelt der Sozialplan sehr unterschiedliche Ausgleichs- und Zahlungsansprüche für die betroffenen Beschäftigten mit jeweils eigenen hinzutretenden Zielen und Zwecken: Ausgleich für den Verlust des sozialen Besitzstandes, Ausgleich für Rentenminderung, Beitrag zu Schulungskosten bei gleichzeitiger Gewährung weiterer Qualifizierung. Diese Maßnahmen stellt der Sozialplan über den gesamten Zeitraum seiner Geltungsdauer zur Verfügung. Über diesen gesamten Zeitraum haben die Beschäftigten bei Änderung ihres Arbeitsortes einen Anspruch auf Umzugskostenübernahme nach den Maßgaben der in Bezug genommenen Konzernbetriebsvereinbarung "Interessenausgleich und Sozialplan" vom 20.11.1992, also zum Beispiel auch für einen HUB-Wechsel (wenn dieser Erstattungsanspruch nicht nach Absatz 6 der Nummer 3 a (6) des Sozialplans ausgeschlossen ist).



Neben diese Maßnahmen, die der Sozialplan über die gesamte Dauer seiner Geltung zur Verfügung gestellt hat, haben die Betriebsparteien zwei Regelungen gesetzt, die zeitlich begrenzt sind: Den schnellen HUB-Wechsel ab Oktober des Jahres 2015 bis zum 30.09.2016 und das Clearing ab dem 01.06.2020 bis zu dessen Schließung.



Diese beiden zeitlich begrenzten Regelungen stellen für die betroffenen Beschäftigten Pauschalansprüche zur Verfügung, im ersten Fall 15.000,00 EUR und im zweiten Fall 12.000,00 EUR. In beiden Regelungen haben die Betriebsparteien am jeweiligen Ende "darüber hinaus gehende Erstattungsansprüche" ausgeschlossen, also z.B. auch die Umzugskostenerstattung aus der Konzernbetriebsvereinbarung "Interessenausgleich und Sozialplan" vom 20.11.1992. Damit wird deutlich, dass der Zweck der beiden Zahlungen sich nicht im Ausgleich von finanziellen Belastungen erschöpft. Vielmehr haben diese Zahlungen auch eine Anreizfunktion. Auch diejenigen Beschäftigten, die nicht umziehen und auch diejenigen Beschäftigten, deren konkrete Umzugskosten geringer als 12.000,00 EUR ausfallen, sollen den Pauschalbetrag erhalten und damit motiviert werden, einvernehmlich ihren Arbeitsplatz in der dezentralen Station zu räumen, indem sie einen von der Arbeitgeberin angebotenen alternativen Arbeitsplatz akzeptieren. Damit korrespondiert eine klare vom Sozialplan vorgenommene Risikozuweisung: Ein Anspruch auf einen Wechsel in eine vergleichbare Position ist nach dem Wortlaut der Nummer 3 (6) des Sozialplans und nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung nur im Rahmen der zeitlich vorgeschalteten Phase vorgesehen; beim Verstreichenlassen dieser Möglichkeit geht das Risiko, dass bei Erfüllung des Anspruchs auf Vermittlungsbemühungen im Rahmen des Clearingverfahrens diese Bemühungen nicht erfolgreich verlaufen, auf die Beschäftigten über.



Wenn im Rahmen des Clearings von der Arbeitgeberin kein alternativer Arbeitsplatz angeboten werden kann oder aus anderen Gründen nicht angeboten wird, steht die Arbeitgeberin am Ende vor dem wirtschaftlichen Risiko einer einseitigen Arbeitgebermaßnahme einschließlich der Verpflichtung, die etwa bei den Beschäftigten entstandenen Umzugskosten nach Maßgabe der Konzernbetriebsvereinbarung "Interessenausgleich und Sozialplan" vom 20.11.1992 tragen zu müssen. Dieses Risiko hat sich hier verwirklicht durch die Prozessniederlage vor der Arbeitsgerichtsbarkeit im Kündigungsschutzverfahren.



Wenn die Beschäftigten alle im Sozialplan vorgesehenen Möglichkeiten einschließlich der "Sprinterklausel" zum schnellen HUB-Wechsel an sich vorbeiziehen lassen und auch einen im Rahmen des Clearings angebotenen Alternativarbeitsplatz nicht annehmen oder mangels eines Angebots nicht annehmen können, stehen diese Beschäftigten am Ende ebenfalls vor dem Risiko einer einseitigen Arbeitgebermaßnahme bis hin zum endgültigen Verlust ihres Arbeitsverhältnisses.



Es liegt damit im Interesse beider Seiten, zu einer einvernehmlichen Regelung spätestens im Rahmen des Clearings zu kommen. Wenn das Clearing erfolglos verläuft und wenn daher nur noch die einseitige Arbeitgebermaßnahme übrigbleibt, verliert das Versprechen der Pauschale in Höhe von 12.000,00 EUR seinen Incentive-Zweck.



Dass die Arbeitgeberin es nach diesem Verständnis "in der Hand hat", die Pauschale zahlen zu müssen oder nicht, indem sie zum Beispiel tatsächlich existierende Alternativarbeitsplätze bewusst nicht anbietet, ändert an diesem Ergebnis nichts. Angesichts der grundsätzlich ohnehin bestehenden Verpflichtung, tatsächlich entstehende Umzugskosten zu tragen, geht es nur um die verbleibende Differenz zu 12.000,00 EUR und selbst wenn es tatsächlich in jedem Fall um die volle Höhe von 12.000,00 EUR ginge, entspräche mindestens dieser Betrag dem wirtschaftlichen Risiko einer einseitigen Arbeitgebermaßnahme. Folglich hat die Arbeitgeberin keinen wirtschaftlichen Grund, tatsächlich existierende Alternativ-Arbeitsplätze im Clearing zurückzuhalten.



Damit stellt sich der Sinn und Zweck der von den Betriebsparteien getroffenen Vereinbarung zur Zahlung einer Pauschale in Höhe von 12.000,00 EUR als ein Anreiz für die Beschäftigten dar. Sie sollen durch das Zahlungsversprechen motiviert werden, die ihnen im Rahmen des Clearingverfahrens angebotenen Versetzungsvereinbarungen anzunehmen.



Und damit spricht auch der Sinn und Zweck der Vorschrift gegen die Annahme der Beschäftigten, sie hätten auch dann einen Anspruch auf die Versetzungskostenpauschale, wenn die erfolgte Versetzung ihren Ursprung nicht in einer Vereinbarung hat, die durch das Clearingverfahren herbeigeführt wurde.



e. Die Beschränkung der im vierten Absatz der Nr. 4 des Sozialplans geregelten pauschalen Einmalzahlung auf die im Rahmen des Clearings-Verfahrens erfolgten Versetzungen führt am Ende auch zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und sozialplankonformen Verständnis der Regelung. Es ist sachgerecht, die Bereitschaft zu einvernehmlichen Vertragsänderungen durch das Versprechen von Pauschalzahlungen zu fördern. Ein Verständnis der Vorschrift, sie sei auch auf Versetzungen anwendbar, die nicht im Rahmen des Clearingverfahrens vereinbart worden seien, wäre nicht zweckorientiert. An der praktischen Brauchbarkeit bestehen keine Zweifel und dass sich das hier gefundene Verständnis der Regelung in das System des streitgegenständlichen Sozialplans einfügt, wurde bereits oben (Seite 14) gezeigt.



f. Eine ergänzende Auslegung des Sozialplans durch analoge Anwendung des vierten Absatzes der Nummer 4 des Sozialplans auf Versetzungen, die nicht im Rahmen des Clearingverfahrens vereinbart worden sind, kommt nicht in Betracht. Denn es fehlt an einer planwidrigen Lücke.



Die analoge Anwendung einer Sozialplanvorschrift ist nur möglich, wenn der Sozialplan eine planwidrige Regelungslücke enthält, deren Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann. Andernfalls könnte jedes Schweigen der Betriebsparteien als planwidrige Lücke aufgefasst und im Wege der Rechtsfortbildung von den Gerichten ausgefüllt werden. Die Lücke muss sich aus dem unbeabsichtigten Abweichen des Normgebers (hier also der Betriebsparteien) von seinem dem konkreten Sozialplanverfahren zugrundeliegenden Regelungsplan ergeben. Darüber hinaus muss der ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangen, wie die vom Wortlaut des Sozialplans erfassten Fälle (BAG, EuGH-Vorlage vom 16.08.2022 - 9 AZR 76/22 (A) -).



Dass die Versetzung außerhalb des Clearingverfahrens in diesem Sinne ein "ungeregelter Fall" wäre, kann nicht festgestellt werden. Wie gezeigt ist eine Versetzung über den gesamten vom Sozialplan geregelte Zeitraum jederzeit möglich gewesen. Auf jede der somit denkbaren Versetzungen wäre die Konzernbetriebsvereinbarung "Interessenausgleich und Sozialplan" vom 20.11.1992 mit den dort versprochenen Leistungen anwendbar gewesen. Aus dem regulatorischen Plan des Sozialplans ergibt sich auch nicht, dass jede vertragsändernde Maßnahme von einer Ausgleichszahlung begleitet sein müsste. Das zeigen die Regelungen über "COMPASS", über "Qualifizierungsmaßnahmen" und über den "Arbeitsplatzwechsel infolge struktureller Anpassungen".



Nichts Anderes ergäbe sich, wenn die Betriebsparteien, also die Normgeber, bei Abschluss des Sozialplans im Jahre 2015 davon ausgegangen wären, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung (auch für eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung) liege ohne weiteres immer schon dann vor, wenn ein Clearing erfolglos verlaufen sei. Dass dem nicht so ist hat ausdrücklich das Bundesarbeitsgericht erst im Jahre 2019 entschieden (BAG v. 27.06.2019 - 2 AZR 50/19 -). Denkbar wäre danach, dass die Betriebsparteien den Fall gar nicht vor Augen hatten, dass Beschäftigte im Clearing erfolglos bleiben, es dann aber dennoch zu einer Versetzung (und nicht zu einer Kündigung) kommt. Sollte dem so sein, bleibt aber offen, was die Betriebsparteien geregelt hätten, wenn sie diesen Fall vor Augen gehabt hätten. Wie gezeigt ist es nicht zwingend, dass dann auch für diesen Fall eine Pauschalzahlung geregelt worden wäre. Eher spricht die bereits aufgezeigte Risikoverteilung dafür, dass das Risiko eines aufgrund nicht zu vertretender Umstände erfolglosen Clearings diejenigen Beschäftigten tragen müssen, die alle anderen angebotenen HR-Maßnahmen an sich haben vorbeiziehen lassen.



Nach alldem kann sich aus dem Sozialplan für den vorliegenden Fall ein Zahlungsanspruch in Höhe von 12.000,00 EUR nicht ergeben.



2. Der durch das Arbeitsgericht zugesprochene Anspruch auf Zahlung einer Kostenpauschale in Höhe von 12.000,00 EUR ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes.



Die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB sind nicht erfüllt. Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger nach dieser Vorschrift den Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dabei muss der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten haben. Voraussetzung ist also eine vorsätzlich oder fahrlässig begangene Pflichtverletzung, die kausal für einen konkreten Schaden ist, die also nicht weggedacht werden kann, ohne dass der Schaden entfiele.



Weder stellt sich der Abbruch des Clearingverfahrens als eine solche Pflichtverletzung dar noch der Ausspruch der unwirksamen Kündigung.



a. Die Schließung des Clearingverfahrens (schon) am 10.09.2020 stellt keine Pflichtverletzung dar, die zu einem konkreten Schaden führen könnte. Es blieb aufgrund nicht zu vertretender Umstände erfolglos.



Das Clearingverfahren ist nach den Vorschriften der KBV Clearing mit der Erstellung der Qualifikationsliste, mit der Eröffnung des Mitarbeiterclearings, mit der Durchführung des notariellen Clearings und mit dem Schließen des Clearingverfahrens formal ordnungsgemäß durchgeführt worden. Nach Nummer 4 Absatz 1 des Sozialplans waren es die Betriebsparteien, die im Jahre 2015 das Datum für die Eröffnung des Clearings, nämlich den 01.06.2020, festgelegt haben. Nach § 3 Nr. 2 der KBV Clearing ist es die Arbeitgeberin, die mit Einleitung des Notariellen Clearings den Zeitpunkt der Beendigung des Vermittlungsprozesses zu bestimmen hat. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB muss sie dabei Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Beschäftigten nehmen. Sie darf sich bei ihrer Entscheidung, das Clearing zu schließen, also jedenfalls nicht von sachwidrigen Motiven lenken lassen.



Wie lange das Clearingverfahren durchzuführen ist, ist nirgends geregelt, nicht im Interessenausgleich, nicht im Sozialplan, nicht in der KBV Clearing und nicht in der Konzernbetriebsvereinbarung "Interessenausgleich und Sozialplan" vom 20.11.1992. Auch der TV-S regelt dazu nichts, soweit dort in § 11 von 36 Monaten die Rede ist, geht es um einen Wiedereinstellungsanspruch von bereits entlassenen Beschäftigten. Auf diesen Zeitraum bezieht sich der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 10.05.2007 (2 AZR 626/05) bei der Suche nach einem Maßstab für eine betriebsbedingte außerordentliche Kündigung. Diesen Maßstab zugrunde gelegt stellten sich die hier gegenüber den unkündbaren Beschäftigten ausgesprochenen Kündigungen auch als offensichtlich unwirksam dar. Eine Aussage über die notwendige Dauer des Clearingverfahrens ist damit aber nicht getroffen. Die Pflicht zur Suche nach einer vertragsgemäßen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in den - mindestens - 36 kommenden Monaten ist nicht das gleiche wie die Eröffnung und Offenhaltung eines konzerninternen Stellenmarktes auf dem die betroffenen Beschäftigten als Stellenbewerber (BAG v. 27.06.2019 - 2 AZR 50/19) auftreten.



Die nach der KBV Clearing vorgesehene Pflicht der Arbeitgeberin, sich im Rahmen des Clearingverfahrens um eine Weiterbeschäftigung zu bemühen, stellt sich zwar als ein Instrument dar, das (auch) geeignet ist, betriebsbedingte Kündigungen zu verhindern. Das Verfahren, in dem die oder der Betroffene lediglich die Position eines Stellenbewerbers hat, mag deshalb noch als eine notwendige Voraussetzung für eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung betrachtet werden. Eine hinreichende Voraussetzung ist es jedenfalls nicht (vgl. BAG v. 27.06.2019 - 2 AZR 50/19 - Rn. 15). Jedenfalls reicht die Durchführung des Clearingverfahrens nicht aus, um die für die Kündigung notwendige Zukunftsprognose zu rechtfertigen, der zufolge die oder der unkündbare Beschäftigte weit über die nächsten 36 Monate hinaus nicht mehr vertragsgerecht eingesetzt werden kann. Aus alldem ergibt sich jedenfalls nicht, wie lange das Clearingverfahren dauern soll.



Die formell ordnungsgemäße Schließung des Clearings durch die Beklagte am 10.09.2020 erfolgte nicht aufgrund sachwidriger Erwägungen. Die Entscheidung war vielmehr naheliegend. Die Zeit, in der hier das Clearingverfahren - der Terminierung einer Vereinbarung aus dem Jahre 2015 folgend - geöffnet wurde, war eine besondere. Fast alle Flugzeuge standen wegen der Naturkatastrophe der Corona-Pandemie am Boden, die Entwicklung eines Impfstoffs war nicht in Sicht, es war nicht absehbar, ob und wann ein normaler Flugbetrieb wiederaufgenommen werden kann. Dass in F Stellen ausgeschrieben waren, ist vor diesem Hintergrund irrelevant. Nachvollziehbar ist vielmehr der Brief der Arbeitgeberin an die Beschäftigten vom 16.06.2020, also zwei Wochen nach Eröffnung des Clearings "... die Erkenntnis und das Eingeständnis, dass unser Geschäftsmodell am Boden liegt. Dieser Zustand wird lange andauern ...". In einer solchen Situation, in der kein Konzernunternehmen eine freie Stelle melden kann (Notarielles Clearing), weil die meisten Beschäftigten in Kurzarbeit sind, ist es naheliegend, die Fortsetzung des Clearings als sinnlos zu betrachten. Die formell ordnungsgemäß erfolgte Schließung des Clearings nach Durchführung des Notariellen Clearings ist damit nicht zu beanstanden und kann keine Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis darstellen. Durch die Schließung des Clearings bleibt die Pflicht der Beklagten zur Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt, genauso wie alle Pflichten aus dem TV-S (Umorganisation, Wiedereinstellung etc.).



Die Tatsache, dass die Beklagte alle Beschäftigten, die in den Kündigungsschutzverfahren einen Weiterbeschäftigungstitel erwirkt hatten, schon ab Mai 2021, also schon 8 Monate später, in den HUBs eingesetzt hat, kann die Tatsache bestätigen, dass die Zukunftsprognose, aufgrund derer die Beklagte die Kündigungen ausgesprochen hat, fehlerhaft war. Sie führt aber zu keiner anderen Bewertung der Arbeitgeberinnen-Entscheidung, im September 2020 das Clearing zu schließen.



b. Auch der Ausspruch der Kündigung im Oktober 2020, die sich spätestens im Kündigungsschutzverfahren als unwirksam erwiesen hat, ist keine für einen Schaden kausale Pflichtverletzung. Der Ausspruch einer offensichtlich unwirksamen Kündigung mag dem Grunde nach als Pflichtwidrigkeit angesehen werden. Nicht erkennbar ist aber, für welchen Schaden sie kausal sein sollte. Die Umzugskostenpauschale iHv 12.000,00 EUR ist den Beschäftigten nicht durch die Kündigung entgangen. Wie gezeigt war die Schließung des Clearingverfahrens am 10.09.2020 fehlerfrei. Die Beschäftigten sind nicht aufgrund des Clearings vermittelt worden und konnten wegen dessen Schließung auch nicht mehr im Rahmen des Clearing-Verfahrens vermittelt werden. Deshalb scheidet ein Anspruch aus Absatz 4 der Nummer 4 des Sozialplans von vornherein aus. Ob danach das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde oder nicht ist dann nicht mehr relevant.



3. Der durch das Arbeitsgericht zugesprochene Anspruch auf Zahlung einer Kostenpauschale in Höhe von 12.000,00 EUR ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Es fehlt bereits an einer erkennbaren Gruppenbildung, die die hier klagenden Beschäftigten gleichheitswidrig ausschlösse.



Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Das daraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem die Begünstigung einem Personenkreis gewährt und einem anderen Personenkreis vorenthalten wird. Differenzierungen sind nicht untersagt. Sie müssen jedoch durch Sachgründe gerechtfertigt sein, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind



(BAG v. 09.12.2020 - 10 AZR 334/20 -).



Hier wurde nur unspezifisch vorgetragen, dass andere Beschäftigte, wohl insbesondere solche, die einen Altersteilzeit-Vertrag abgeschlossen hatten, Zahlungen zum Ausgleich der Versetzungsfolgen erhalten haben sollen. Das ist zur Begründung eines Anspruchs auf Zahlung aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht ausreichend. Um in die oben skizzierte Prüfung einsteigen zu können, müsste zunächst eine Gruppe bezeichnet werden, in der alle Gruppenmitglieder eine bestimmte Vergünstigung erhalten; dann würde sich erst die Frage stellen, ob die klagenden Beschäftigten mit den Mitgliedern dieser Gruppe vergleichbar sind. Eine solche Vergleichbarkeit kann schon mangels weiterer mitgeteilter Tatsachen zu der Gruppe und den Gruppenangehörigen nicht angenommen werden. Wird aber zugunsten der klagenden Beschäftigten unterstellt, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen hatten, eine bestimmte Vergünstigung erhalten, die hier klagenden Beschäftigten aber nicht, und wird weiter unterstellt, dass die hier klagenden Beschäftigten mit der Gruppe der Altersteilzeit-Beschäftigten vergleichbar sind - wenigstens mit Blick auf den neuen Beschäftigungsort -, so drängt sich ein zulässiger Differenzierungsgrund auf: Diejenigen, die einen Altersteizeitvertrag abgeschlossen haben, haben während der Laufzeit eine im Sozialplan angebotene Maßnahme angenommen, die hier klagenden Beschäftigten aber gerade nicht.



Hiernach kommt aus mehreren Gründen auch ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht in Betracht.



III. Nach allem musste somit die Entscheidung des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen werden. Als unterliegende Partei hat die klagende Partei gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.

Vorschriften§ 1 der KBV, § 2 der KBV, § 3 der KBV, § 3 Nr. 2 der KBV, § 64 Abs. 1, 2 ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, § 611 a BGB, § 95 Abs. 3 BetrVG, § 280 Abs. 1 BGB, § 241 Abs. 2 BGB, Art. 3 Abs. 1 GG, § 97 Abs. 1 ZPO