Beschluss vom 11.04.2023 · IWW-Abrufnummer 235432
Landesarbeitsgericht Nürnberg - Aktenzeichen 2 Ta 28/23
Der mit der Vollstreckungsabwehrklage verbundene Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erhöht den Streitwert nicht.
Tenor:
Die Beschwerde des Beklagtenvertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 21.11.2022 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 24.01.2023, Az. 12 Ca 5096/21, wird zurückgewiesen.
Gründe
A.
Gegenstand des Verfahrens war eine Vollstreckungsabwehrklage vom 29.11.2021 gegen eine mit Endurteil vom 15.09.2021 titulierte Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung (Az. 12 Ca 2873/20). Darüber hinaus begehrte die Klägerin die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zunächst mit Schriftsatz vom 29.11.2021 und erneut mit Schriftsatz vom 01.03.2022. Das Verfahren wurde durch Vergleichsschluss vor dem LAG Nürnberg miterledigt.
Das Arbeitsgericht setzte mit Beschluss vom 21.11.2023 den Streitwert für das Verfahren auf 5.138,48 € fest.
Der Beklagtenvertreter rügt mit seiner Beschwerde vom 08.12.2022, das Arbeitsgericht sei von einer unzutreffenden Höhe des Bruttomonatsgehalts ausgegangen. Dieses betrage nicht 5.138,48 €, sondern 6.638,48 €, da eine jährliche Prämie in Höhe von 18.000,00 € brutto anteilig mit zu berücksichtigen sei. Der Streitwert sei außerdem nicht nur mit einem Bruttomonatsgehalt, sondern auf Grund der beiden Anträge auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung mit drei Bruttomonatsgehältern zu bewerten. Insgesamt sei der Streitwert daher auf 19.915,44 € festzusetzen. Die Klägerin hat sich zu der Streitwertbeschwerde nicht geäußert.
Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 24.01.2023 teilweise ab, setzte den Streitwert auf 6.638,48 € fest und legte das Verfahren im Übrigen dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor. Die Jahresprämie sei auf den einzelnen Monat umzulegen. Für die Vollstreckungsabwehrklage sei der Wert des titulierten Anspruchs maßgebend. Die beantragte einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erhöhe den Streitwert nicht.
Das Landesarbeitsgericht räumte den Beteiligten eine Frist zur Stellungnahme bis 31.03.2023 ein. Stellungnahmen erfolgten nicht.
B.
I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- €. Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG. Der Beklagtenvertreter kann aus eigenem Recht Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.
II. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für die Vollstreckungsgegenklage zutreffend mit einem Monatsgehalt bewertet.
1. Die seit 01.01.2020 für Streitwertbeschwerden allein zuständige Kammer 2 des Landesarbeitsgerichts Nürnberg folgt grundsätzlich den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission. Diese sind im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit niedergelegt (derzeitige Fassung vom 09.02.2018, NZA 2018, 498). Der Streitwertkatalog entfaltet zwar keine Bindungswirkung. Er stellt aber aus Sicht des erkennenden Gerichts eine ausgewogene mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Orientierung für die Arbeitsgerichte dar.
2. Der Wert einer Vollstreckungsabwehrklage bemisst sich nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung. In diesem Umfang entscheidet der Wert des zu vollstreckenden Anspruchs einschließlich etwaiger Rückstände ohne Zinsen und Kosten des Vorprozesses (BGH 09.02.2006 - IX ZB 310/04, Rn 9 juris; LAG Köln 16.09.2016 - 4 Ta 179/16, Rn 2 juris).
Die Vollstreckungsabwehrklage richtete sich gegen den Titel auf vorläufige Weiterbeschäftigung. Dieser ist mit dem Wert von einem Monatsgehalt zutreffend bewertet (LAG Nürnberg - 19.03.2020 - 2 Ta 15/20; vgl. I. Nr. 26 Streitwertkatalog). Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Jahresprämie auf den Monatsverdienst umgelegt (Anmerkung ** zum Streitwertkatalog).
3. Der mit der Vollstreckungsabwehrklage verbundene Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erhöht diesen Streitwert nicht. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden.
Weder das GKG noch die ZPO sehen bei der Bestimmung des Streitwerts eine Erhöhung aufgrund von Anträgen auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung vor. Im Übrigen sind mehrere Ansprüche nur dann zusammenzurechnen, wenn sie wirtschaftlich unterschiedliche Streitgegenstände betreffen. Bei wirtschaftlicher Identität hat eine Zusammenrechnung hingegen zu unterbleiben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 769 Abs. 1 ZPO und die Vollstreckungsabwehrklage sind in diesem Sinne auf dasselbe Interesse ausgerichtet, weil der Antrag lediglich die Absicherung des mit der Klage verfolgten Rechtsschutzziels - die Vernichtung der Vollstreckbarkeit eines Titel - bezweckt (OLG Karlsruhe 04.01.2018 - 12 W 37/17, BeckRS 2018,58 Rn 13).
Deshalb folgt das erkennende Gericht insoweit nicht dem LAG Köln (16.09.2016 - 4 Ta 179/16 und 30.12.2015 - 12 Ta 347/15), das ohne eigene Begründung unter Berufung auf den Beschluss des BGH vom 28.05.1991 - IX ZR 181/90 zusätzlich 1/5 des Hauptsachewertes für den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ansetzt. Der Beschluss des BGH bezieht sich jedoch nicht auf einen mit der Vollstreckungsgegenklage verbundenen Antrag, sondern auf den Streitwert einer Beschwerde, die ausschließlich die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung betrifft.
C.
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen, § 78 Satz 3 ArbGG.
Für eine Kostenentscheidung bestand kein Anlass, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 68 Abs. 3 GKG.