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Urteil vom 28.02.2023 · IWW-Abrufnummer 235483

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern - Aktenzeichen 2 Sa 143/22

1. Der Schuldner handelt mit Vorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Das Vorliegen dieses subjektiven Tatbestandmerkmals kann als innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache regelmäßig nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden.

2. Nicht nur die wirtschaftliche Lage des Schuldners ist in den Blick zu nehmen. Auch Art und Weise der angefochtenen Rechtshandlung können für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO sprechen. Deshalb hat der Tatrichter neben den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners auch die Umstände in seine Würdigung einzubeziehen, unter denen die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen worden ist. Zu diesen Umständen zählen etwa die Gewährung einer inkongruenten Deckung, die Bewirkung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung und die Übertragung von Vermögensgegenständen an nahestehende Dritte (BGH, Urteil vom 03.03.2022 - IX ZR 53/19 - Rn. 12, juris).

3. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden. Sie ist im Anfechtungsprozess entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet. Kennen Schuldner und Anfechtungsgegner Tatsachen, aus denen sich bei zutreffender rechtlicher Würdigung die Zahlungseinstellung des Schuldners mit der nach § 286 ZPO notwendigen Gewissheit ergibt, kennen sie damit auch die Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urteil vom 06.05.2021 - IX ZR 72/20 - Rn. 14, juris).

4. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners setzt im Falle der erkannten Zahlungsunfähigkeit zusätzlich voraus, dass der Schuldner im maßgeblichen Zeitpunkt wusste oder jedenfalls billigend in Kauf nahm, seine übrigen Gläubiger auch künftig nicht vollständig befriedigen zu können; dies richtet sich nach den ihm bekannten objektiven Umständen (BGH, Urteil vom 06.05.2021 - IX ZR 72/20 - Rn. 31, juris).

5. Die Anfechtung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt weiter voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO).

6. Der Insolvenzverwalter, der die Beweislast für die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO trägt, muss im Einzelfall nachweisen, dass der Arbeitnehmer alle erforderlichen Informationen besaß (BAG, Urteil vom 12.09.2013 - 6 AZR 980/11- Rn. 64, juris).

7. Ein Arbeitnehmer erlangt diese Informationen nicht, wenn er aufgrund seiner Tätigkeit und Stellung im Betrieb keine Übersicht zur Liquiditätslage erhält, lediglich das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber kennt und auch sonst keine Umstände wahrgenommen hat, welche auf Zahlungsunfähigkeit bzw. drohende Zahlungsunfähigkeit hinweisen.


Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 19.07.2022 zum Aktenzeichen 6 Ca 1278/21 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.


2. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten um Vergütungsrückzahlung nach Insolvenzanfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung.



Die Beklagte war gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag ab dem 01.01.2006 als Planungsingenieurin bei der XXXXXX E. in der unselbstständigen Niederlassung in S-Stadt beschäftigt. Insgesamt waren etwa 6 Mitarbeiter in dieser Niederlassung tätig. Nach dem Auszug des Handelsregisters (Bl. 119 ff d. A.) erfolgte unter dem 12.05.2016 die Eintragung der Umfirmierung in XXXXX. Der Geschäftsführer Dr.-Ing. U. H. war nach Kenntnis der Beklagten an insgesamt 5 Firmen neben ihrer Arbeitgeberin, der XXXXXX E. bzw. der XXXXX u.a. an der "T. GmbH, "XXXX U.-, R. GmbH" und der "XXXX GmbH" beteiligt.



Die Beklagte hat ihr Gehalt nach ihren Kontoauszügen von dort angegebenen unterschiedlichen Auftraggebern erhalten. So wurde unter dem 06.05.2015 eine Zahlung unter dem Auftraggeber "XXXXX E." gebucht, unter dem 02.05.2015 und dem 16.10.2015 jeweils eine Zahlung unter dem Auftraggeber "XXXXX B.", am 25.01.2016 unter "XXXXX E. B.", am 04.03.2016 von dem Auftraggeber "XXXX U.-, R.".



Der Kläger hat eine Aufstellung über an die Beklagte erfolgte Zahlungen zur Akte gereicht (Bl. 45 d.A.), wegen des näheren Inhaltes dieser Aufstellung wird ausdrücklich auf den Akteninhalt verwiesen.



Unter dem 28.06.2016 (Anlage A 6, Bl. 105 d.A.) sandte der Geschäftsführer der XXXXX Dr.-Ing. U. H. an den Leiter der Niederlassung S-Stadt, Herrn R. Z., eine E-Mail, in welcher die sechs in der Niederlassung S-Stadt beschäftigten Mitarbeiter persönlich angesprochen wurden. Die E-Mail enthält folgenden Text:



"Die für heute zugesagte Zahlung der zweiten Rate der aufgelaufenen Gehaltsrückstände verschiebt sich leider auf den 01.07.2016. Ich bitte um Verständnis.



Aufgrund einer von mir vorgenommenen Kreditaufnahme wird es dann möglich sein, ein weiteres volles Gehalt bis zum 10.07.2016 zu zahlen, soweit mir die Kreditverträge noch vor meinem Urlaub, welcher am 04.07.2016 beginnen soll, zugehen."



Die Beklagte erhielt sodann im Monat Juli und August 2016 nach der von dem Kläger eingereichten Tabelle (Bl. 45 d.A.) folgende Zahlungen:

04.07.2016 1.034,87 € Gehalt März für PROWA Gehalt 03/2016 (Rest) 12.07.2016 1.844,87 € Gehalt April für PROWA Gehalt 04/2016 15.07.2016 1.844,87 € Gehalt Mai für PROWA Gehalt 05/2016 04.08.2016 1.844,87 € Gehalt Juli für PROWA Gehalt 07/2016



Insolvenzanträge vom 05.01.2016 (Eigenantrag) von März 2017 und September 2017 (Fremdanträge) wurden jeweils wieder zurückgenommen. Auf den Eigenantrag vom 20.06.2018 (Anlage 2, Bl. 17 d.A.) wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Halle vom 01.08.2018 (Anlage 1, Bl. 14 ff d.A.) über das Vermögen der PROWA das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Beklagte war gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag (Bl. 81 ff d.A.) ab dem 01.08.2018 bei der XXXX GmbH angestellt. Über das Vermögen der XXXX GmbH ist ebenfalls das Insolvenzverfahren zwischenzeitlich eröffnet worden.



Mit Schreiben vom 19.03.2019 (Bl. 8 ff d.A.) hat der Kläger die Anfechtung von Zahlungen gemäß § 133 Abs. 1, Abs. 2 InsO erklärt, bezogen auf folgende Zahlungen:

Datum Betrag Anmerkung Kein Bargeschäftsprivileg für Betrag (ggf. anteilig) 18.12.2017 1.850,46 € Gehalt August PROWA 1.850,46 € 24.11.2017 1.850,46 € Gehaltszahlung, 4. u. 5. Rate gem. Ratenzahlungsvereinbarung PROWA 1.850,46 € 19.10.2017 1.473,60 € Restgehalt Dezember 2016 PROWA 1.473,60 € 06.10.2017 371,17 € Gehalt anteilig Nov. + anteilig Dez. 2016 PROWA 371,17 € 06.10.2017 738,85 € Gehalt anteilig Nov. + anteilig Dez. 2016 PROWA 738,85 € 18.07.2017 1.108,02 € Gehaltsnachzahlung, 1. Rate Verauslagung für PROWA 1.108,02 € Summe: 7.392,56 €



In dem Anfechtungsschreiben hat der Kläger u.a. mitgeteilt, dass die Zahlungen zum Großteil nicht unmittelbar aus dem Vermögen der Schuldnerin, sondern durch die XXXX GmbH U.-, R.- und A. erfolgt seien. Mit Schreiben vom 08.12.2021 (Bl. 19 ff d.A.) hat der Kläger die Anfechtungserklärung ergänzt und auf weitere insgesamt 5.711,70 € bezogen, welche auf folgenden Zahlungen beruhen:

Datum Betrag Anmerkung Kein Bargeschäftsprivileg für Betrag (ggf. anteilig) 16.02.2017 914,87 € Gehaltsnachzahlung PROWA, Gehalt 10/2016 (Rest) 914,87 € 23.12.2016 914,87 € Gehalt 09/2016, Rest Verauslagung PROWA 670,90 € 21.11.2016 944,87 € Gehalt August 2016 für PROWA (Rest) 629,91 € 14.10.2016 944,87 € Gehalt Juni 2016, Rest Verauslagung für PROWA 944,87 € 19.09.2016 900,00 € Gehalt Juni 2016 Abschlag Verauslagung für PROWA GmbH 540,00 € 12.07.2016 1.844,87 € Gehalt April für PROWA 676,45 € 04.07.2016 1.034,87 € Gehalt März für PROWA 1.034,87 € 20.05.2016 224,87 € Gehalt Februar 224,87 € Gehalt März 810,00 € Verauslagung für PROWA gem. Mitteilung vom 27.04.2016 142,42 € 22.04.2016 224,87 € Restgehalt Januar 224,87 € Abschlag Gehalt Februar 1.620,00 € PROWA 157,41



Der über das Vermögen der XXXX U.-, R.- und A. GmbH eingesetzte Insolvenzverwalter F. hat an den Kläger für an die Beklagte im Zeitraum vom 25.02.2016 - 31.07.2018 erfolgte Zahlungen in Höhe von 13.104,26 € Anfechtungsansprüche an den Kläger abgetreten unter dem 09.12.2021 (Bl. 98 d.A.).



Mit der der Beklagten am 29.12.2021 zugestellten Klage hat der Kläger die Zahlung von 13.104,26 € netto gegenüber der Beklagten geltend gemacht.



Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach erfolgreicher Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung zur Rückzahlung erhaltener Gehälter in Höhe der Klageforderung verpflichtet. Die durch die XXXX geleisteten Zahlungen seien als sogenannte Anweisungen auf Schuld erfolgt. Die XXXXX als Gemeinschuldnerin habe seit mindestens 2016 ihren gesamten Geschäftsverkehr im Wesentlichen über das Konto der XXXX GmbH U.-, R.- und A. abgewickelt. Nahezu sämtliche Forderungen der Schuldnerin seien durch die Auftraggeber auf dieses Konto ausgeglichen und nahezu sämtliche Auszahlungen von diesem Konto getätigt worden, vor dem Hintergrund, dass die Schuldnerin aufgrund von Pfändungen nicht mehr über ein eigenes aktiv geführtes Konto verfügt habe. De facto habe aufgrund der Zahlungseingänge auf dem "Fremdkonto" ein Auskehranspruch der Schuldnerin gegen die XXXX GmbH U.-, R.- und A., etwa unter dem Gesichtspunkt eines Auftragsverhältnisses (§ 662 BGB, § 667 BGB) oder eines Kondiktionsanspruches (§ 812 BGB) bestanden. Bei einer solchen "Anweisung auf Schuld" liege eine gläubigerbenachteiligende Verkürzung des Vermögens des Anweisenden vor, da dem Aktivvermögen des Anweisenden die Forderungen gegen den Angewiesenen entzogen werde. Die Insolvenzschuldnerin sei mit Beginn des Jahres 2016 zahlungsunfähig gewesen, weshalb sie nicht mehr in der Lage gewesen sei, Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu erfüllen. Die Insolvenzschuldnerin habe dies auch gewusst und deshalb mit Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt. Die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit und Gläubigerbenachteiligungsabsicht ergebe sich aus der gesetzlichen Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO aufgrund des Vorliegens der Indizien Inkongruenz, Kenntnis von erheblichen Zahlungsrückständen, von verspäteten Zahlungen über einen Zeitraum von zwei Jahren, von wiederholten Zahlungsverzögerungen, von Zwangsvollstreckungen, von der Nichteinhaltung von Zahlungsvereinbarungen, von der Betroffenheit der gesamten Belegschaft.



Der Kläger hat beantragt,



die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13.104,26 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 7.392,56 € seit dem 05.04.2019 und aus weiteren 5.711,70 € seit dem 22.12.2021 zu bezahlen.



Die Beklagte hat beantragt,



die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat die erhobenen Zahlungsansprüche geleugnet und dazu vorgetragen, es sei ihr gleichgültig gewesen, wer ihre Vergütung zahlt, solange diese geleistet wurde. Die finanzielle Situation der Insolvenzschuldnerin sei in der Niederlassung S-Stadt nicht bekannt gewesen. Aufgrund der guten Auftragslage sei sie von guten wirtschaftlichen Verhältnissen ausgegangen. Zahlungen Dritter hätten sie aufgrund der Identität der Geschäftsführung der unterschiedlich Zahlenden nicht irritiert. Sie habe keinerlei Kenntnis von einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit oder irgendwie gearteten Gläubigerbenachteiligungsabsicht bei der Insolvenzschuldnerin gehabt.



Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt, es bestehe kein Rückzahlungsanspruch nach § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO wegen Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO, weil selbst wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt werde, dass die Insolvenzschuldnerin bei den streitbefangenen Zahlungen an die Beklagte um die (drohende) Zahlungsunfähigkeit wusste und deshalb mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt habe, nicht festgestellt werden könne, dass die Beklagte um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO wusste und auch keine Umstände im Sinne des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vorliegen, die eine solche Kenntnis vermuten ließen. Der Kläger habe eine positive Kenntnis der Beklagten nicht dargetan. Eine solche ergebe sich insbesondere nicht aus der E-Mail der Insolvenzschuldnerin vom 28.06.2016. Diese deute vielmehr lediglich auf einen Liquiditätsengpass hin, bei nach wie vor vorhandener Liquidität. Zumal im Juli mehrere Gehälter gezahlt worden seien. Die angesprochene Kreditgewährung durch eine Bank vermittle den Eindruck einer vorübergehenden Zahlungsbeschränkung, der Prüfung der Finanzsituation und Feststellung der Zahlungsfähigkeit. Auch durch die Zahlungen der XXXX sei keine Kenntnis von einer Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin vermittelt, sondern infolge der Zahlungen von verschiedenen Unternehmen der Eindruck erweckt, dass nicht genau zwischen den einzelnen Betrieben unterschieden werde. Die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO greife nicht, weil der Beklagten zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen keine Tatsachen bekannt gewesen seien, die bei der gebotenen Gesamtbetrachtung und -würdigung zwingend auf eine drohende (oder schon bestehende) Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin schließen ließen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte als Planungsingenieurin über keinerlei "Insiderkenntnisse" verfügt habe und sich die "Zentrale" in H-Stadt befand.



Der Kläger hat gegen das ihm am 01.09.2022 zugestellte Urteil mit am 26.09.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 26.10.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.



Hierzu führt der Kläger an, mit dem Urteil des Arbeitsgerichts liege eine Rechtsverletzung vor, weil die Vorschriften der § 133 und § 143 InsO nicht richtig angewendet und sein Vortrag einer unzutreffenden Bewertung unterzogen worden seien. Es liege ein direktes Eingeständnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gegenüber der Beklagten in den dokumentierten hohen Zahlungsrückständen gegenüber den Mitarbeitern, in der langen Geschichte der schleppenden Lohnzahlungen sowie der internen E-Mail-Korrespondenz, dass man auch rückständige Gehälter trotz einer ursprünglich geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung nicht zahlen könne, zudem alle Zahlungen inkongruent und erheblich verspätet erfolgten. Für die Beklagte hätten sich über einen Zeitraum von zwei Jahren seit dem Dezembergehalt 2015 auflaufende Zahlungsrückstände von mehreren Gehältern gezeigt, die seit Februar 2016 immer weiter anwuchsen, was schließlich darin gemündet habe, dass die Beklagte wegen diverser eingeklagter Zahlungen von September 2017 - Januar 2018 im Termin der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht am 14.02.2018 einen Vergleich mit der Insolvenzschuldnerin geschlossen habe und nach Klageerweiterung ein weiterer Güteverhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht wegen Gehälter bis einschließlich Mai 2018 stattgefunden habe. Die Beklagte habe aus dem Austausch mit Kollegen Kenntnis von Lohnrückständen bei mehreren Mitarbeitern von mehreren Monaten über zwei Jahre hinweg gehabt. Zudem habe es weitere Anhaltspunkte für eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei der Beklagten gegeben, welche die Vermutung nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO begründeten. So bilde die E-Mail vom 28.06.2016 einen eindeutigen Hinweis auf eine bestehende Zahlungsunfähigkeit. Diese gebe ausdrücklich zu erkennen, dass bei Fälligkeit nicht geleistet werden könne und erwähne entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts keine Kreditgewährung durch eine Bank. Es könne deshalb auch nicht von einer Prüfung der Finanzsituation oder gar Zahlungsfähigkeit ausgegangen werden. Angesichts der bestehenden Gehaltsrückstände zu diesem Zeitpunkt könne auch nicht von einem Liquiditätsengpass gesprochen werden. Die Tatsache, dass auch hier erneut eine Zahlung entgegen einer ohnehin schon notwendigen Ratenzahlungsvereinbarung für Löhne wieder einseitig verschoben wurde, spreche insbesondere vor dem Hintergrund vergangener, ebenfalls nicht eingehaltener Zahlungsversprechen gleichfalls als klares Indiz für eine Zahlungsunfähigkeit und die Kenntnis hiervon. Ein maßgebliches Indiz für die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit stelle zudem die inkongruente Zahlung dar. Hinzu kämen die der Beklagten bekannte Nichtzahlung betriebswichtiger Verbindlichkeiten (Löhne, Steuern, Sozialversicherung) und die Nichtzahlung von Verbindlichkeiten, bei denen die persönliche zivilrechtliche Inanspruchnahme des Geschäftsführers und dessen Strafbarkeit drohten. Die Tatsachen habe die Beklagte auch erkennen können, obgleich sie nicht in der Buchhaltung oder im kaufmännischen Bereich und in der Niederlassung in S-Stadt beschäftigt war. Selbst, wenn bei den ersten verspäteten Gehaltszahlungen für Januar 2016 - März 2016 im April 2016 möglicherweise noch keine Kenntnis vorgelegen haben sollte, so sei dies jedoch jedenfalls bei den verspäteten und nicht der Absprache entsprechenden Ratenzahlungen für das Gehalt Februar im Mai 2016, jedenfalls aber nach der E-Mail Ende Juni 2016 der Fall. Wenn schließlich das Gehalt für November und Dezember 2016 erst im Juli, Oktober und November 2017 unter Bruch der Ratenzahlungsvereinbarung geleistet werde, sei jedenfalls bei diesen Zahlungen die Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes evident, wenn gleichzeitig die fälligen Gehälter ebenfalls offenbleiben und dafür gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss. Das Arbeitsgericht differenziere hier überhaupt nicht zwischen den unterschiedlichen Zahlungen und gehe nicht auf einzelne, auch später liegende Zahlungszeitpunkte ein, wobei eindeutig für das Arbeitsgericht erkennbar gewesen sei, dass sich die Zahlungsrückstände ja auch über den Juni 2016 hinaus weiter bis ins Jahr 2018 fortsetzten.



Das Arbeitsgericht ignoriere zudem den Vortrag, dass zum Zeitpunkt der späten angefochtenen Zahlungen zu Ende 2017 und Anfang 2018 die Gehälter ab September 2017 offen gewesen waren. Die Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der streitbefangenen Zahlungen ergebe sich zudem daraus, dass zu diesem Zeitpunkt bereits fällige Verbindlichkeiten vorgelegen hätten, die bis zum Insolvenzantrag nicht beglichen und zur Insolvenztabelle angemeldet worden seien. Der Umstand, dass die Mitarbeiter in S-Stadt "gut zu tun" gehabt hätten, und eine gute Auftragslage vorgelegen habe, führe nicht zur Entkräftung der Indizien.



Der Kläger beantragt:



Unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 19.07.2022, 6 Ca 1278/21, wird beantragt:



1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.104,26 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 7.392,56 € seit dem 05.04.2019 und aus weiteren 5.711,70 € seit dem 22.12.2021 zu bezahlen.



2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.



3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, erforderlichenfalls gegen Sicherheitsleistung, die durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Bankverkehr zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden kann.



Die Beklagte beantragt,



den Antrag abzuweisen.



Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung, bestreitet weiterhin eine Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der streitbefangenen Zahlungen und trägt vor, über keinerlei Kenntnis von einer Zahlungsunfähigkeit oder drohenden Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin sowie eines im Übrigen bestehenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes verfügt zu haben. Das Arbeitsgericht unterstelle zwar ein Wissen der Gemeinschuldnerin um ihre Zahlungsunfähigkeit, habe jedoch nicht berücksichtigt, dass sie - die Beklagte - die dazu vorgetragenen Indizien bestritten habe. Ihr sei bekannt gewesen, dass alle Mitarbeiter in S-Stadt "gut zu tun" hatten, die Auftragslage sehr gut gewesen sei. Worauf die Insolvenzreife der Insolvenzschuldnerin zurückzuführen sei, sei ihr nicht im Ansatz erkennbar. Als Planungsingenieurin sei sie weder mit der Buchhaltung noch mit der Geschäftsführung betraut gewesen. Aufgrund der E-Mail vom 28.06.2016 habe sie von einer vorübergehenden Zahlungsstockung ausgehen dürfen. Es sei ihr auch der Rückschluss zuzugestehen, dass eine Kreditgewährung durch eine Bank mit entsprechender Prüfung der Finanzsituation und Feststellung der Zahlungsfähigkeit erfolgt seien. Da eine Liquidationsbilanz nicht vorgelegt werde, könne nicht festgestellt werden, dass tatsächlich keine hinreichende Liquidität der Schuldnerin zu irgendeinem Zeitpunkt vorhanden gewesen sei. Einlassungsfähiger Tatsachenvortrag zu einer Zahlungsunfähigkeit habe der Kläger nicht erbracht. Es sei betriebliche Praxis gewesen, dass Gehaltszahlungen nicht vom Arbeitgeber erfolgten. Für die Arbeitnehmer sei entscheidend gewesen, dass eine Zahlung überhaupt erfolgte. Von welcher Gesellschaft aus dem Firmenkonglomerat gezahlt wurde, sei für sie nicht von Interesse gewesen. Ihr sei nicht bekannt gewesen, dass die Insolvenzschuldnerin Verbindlichkeiten wie Löhne, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt habe. Dass Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt wurden, müsse sie zudem bestreiten. Sie habe keinerlei Kenntnis von der wirtschaftlichen Situation der Hauptstelle in H-Stadt gehabt. Auch das Argument der inkongruenten Leistung für eine Zahlungsunfähigkeit sei zurückzuweisen. Es sei vielmehr betriebliche Praxis gewesen, Zahlungen des Arbeitgebers durch verschiedene Unternehmen aus der Firmengruppe zu erhalten. Allein durch die Dauer der Zahlungen von unterschiedlichen Auftraggebern habe sie davon ausgehen dürfen, dass sich die wirtschaftliche Situation nicht nur stabil darstelle, sondern aufgrund des Zeitraums auch ausgewogen entwickelt habe. Für eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht sei zudem erforderlich, dass sie im Fall einer erkannten Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im maßgeblichen Zeitpunkt zusätzlich habe wissen müssen, dass der Schuldner nach den ihm bekannten objektiven Umständen seine übrigen Gläubiger auch künftig nicht mehr werde befriedigen können. Zu dieser rechtlichen Voraussetzung habe der Kläger nichts ausgeführt. Sie habe überhaupt keinen Anlass für die Annahme gehabt, mit einer Zahlung an sie würden weitere Gläubiger leerlaufen. Sie habe nicht einmal Kenntnis von weiteren Gläubigern gehabt.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften, die erstinstanzliche Entscheidung verwiesen.



Entscheidungsgründe



Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn sie ist unbegründet. Der Kläger hat gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO gegenüber der Beklagten als Anfechtungsgegnerin keinen Anspruch auf Rückgewähr der streitbefangenen Entgeltzahlungen zur Insolvenzmasse, denn die Voraussetzungen einer Anfechtung gemäß § 133 InsO sind nicht erfüllt.



I.



Die gegen das Urteil des Arbeitsgerichts eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1, 2b) ArbGG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes von 600,00 € überschritten wird. Die Berufung ist auch fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 4 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO.



II.



Die Berufung ist nicht begründet. Ein Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich nicht aus § 133 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 InsO i.V.m. § 143 Abs. 1 InsO.



Voraussetzung für einen Anspruch nach § 133 Abs. 1 und 2 InsO ist eine Rechtshandlung, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht und die der Schuldner in den letzten 10 Jahren bzw. in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat. Eine solche ist anfechtbar, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. § 133 Abs. 1 InsO beruht auf der Erwägung, dass Rechtshandlungen keinen Schutz gegenüber den anderen Gläubigern verdienen, die in einer dem Geschäftsgegner bekannten Absicht vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger vorgenommen werden. Die Anforderungen sind vorliegend nicht erfüllt.



Es liegen bereits die Grundvoraussetzungen des § 129 InsO für eine Anfechtung nicht zweifelsfrei vor. Zudem fehlt es an den weiteren Voraussetzungen des § 133 InsO.



1.



Nach § 129 Abs. 1 InsO sind Rechtshandlungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, nach Maßgabe der §§ 130 - 146 InsO anfechtbar. Vorliegend ist nicht eindeutig, welche Rechtshandlungen den jeweiligen hier angefochtenen Zahlungen zugrunde liegen und dass mit ihnen eine Gläubigerbenachteiligung bewirkt wurde.



Eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne von § 129 InsO liegt vor, wenn eine Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat und sich deswegen die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten.



Wenn eine Zahlung von dem Konto eines Dritten an den Anfechtungsgegner erfolgt, liegt die Rechtshandlung des Schuldners in der an den Dritten gerichteten Anweisung, zu Gunsten des Anfechtungsgegners eine Überweisung auszuführen. Die Gläubigerbenachteiligung äußert sich in der Weggabe der Zahlungsmittel an den Anfechtungsgegner, durch die entweder das auf dem Konto des Dritten befindliche Treugut des Schuldners vermindert und zugleich das für seine Verbindlichkeiten haftende Vermögen verkürzt wird, oder der Dritte seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Schuldner tilgt und dieser dadurch unter Verkürzung des haftenden Vermögens seine Forderung gegen den Dritten verliert. Demgegenüber liegt eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung bei einer Überweisung von einem Konto eines Dritten nicht vor, wenn dieser auf Veranlassung des Schuldners, ohne dazu diesem gegenüber verpflichtet zu sein, dessen Verbindlichkeiten aus eigenen Mitteln begleicht (Anweisung auf Kredit). Schließlich fehlt es an einer gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlung, sofern der Dritte ohne Veranlassung und nähere Kenntnis des Schuldners im ausschließlichen Interesse der Befriedigung des Anfechtungsgegners aus eigenem Vermögen die Überweisungen vornimmt (BAG, Urteil vom 25.05.2022 - 6 AZR 497/21 - Rn. 15, juris). Bei einer Zahlung des Schuldners durch Einschaltung eines Dritten auf Schuld tilgt der Angewiesene mit der Zahlung an den Empfänger eine eigene, gegenüber dem Anweisenden bestehende Verbindlichkeit. Dies führt zu einer Gläubigerbenachteiligung, weil der Schuldner mit der Zahlung an den Empfänger seine Forderung gegen den Angewiesenen verliert und der Empfänger nicht mehr an der wechselseitigen Ausgleichshaftung der Gläubigergesamtheit teilnimmt. Liegt dagegen eine Anweisung auf Kredit vor, nimmt also der Angewiesene die Zahlung an den Empfänger ohne eine Verpflichtung gegenüber dem Anweisenden vor, wird er infolge der Zahlung zum Gläubiger des Anweisenden. Es kommt lediglich zu einem Gläubigerwechsel (Angewiesener für befriedigten Gläubiger), so dass eine Gläubigerbenachteiligung grundsätzlich ausscheidet. Die Belastung der Masse mit dem Zugriffsanspruch des Angewiesenen wird hier durch die Befreiung von der Schuld des Zahlungsempfängers ausgeglichen (BAG, Urteil vom 21.11.2013 - 6 AZR 159/12 - Rn. 30, 31, juris).



Vorliegend hat der Kläger zwar vorgetragen, die Insolvenzschuldnerin habe sich des Kontos der XXXX GmbH bedient, weil ihr eigenes Konto infolge Pfändung nicht habe genutzt werden können, es seien sowohl Zahlungen an die Insolvenzschuldnerin auf das Konto der XXXX erfolgt, sowie Zahlungen der Insolvenzschuldnerin auf eigene Verbindlichkeiten wie die Gehaltsforderungen der Beklagten. Die Beklagte hat dies jedoch bestritten. Substantiierten Tatsachenvortrag, welcher es ermöglichen könnte, festzustellen, ob eine Anweisung auf Schuld oder eine Anweisung auf Kredit vorliegt, hat der Kläger jedoch nicht gebracht. Er hat nicht für die einzelnen angefochtenen Zahlungen konkret dargestellt, von welchem Auftraggeber Zahlungen auf welcher Grundlage erfolgten, bei welchen Zahlungen es sich um solche der Schuldnerin oder eines Dritten handelte. Insoweit ist bereits eine Gläubigerbenachteiligung fraglich.



2.



Der Schuldner handelt mit Vorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Das Vorliegen dieses subjektiven Tatbestandmerkmals kann als innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache regelmäßig nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit es dabei auf Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit ankommt, muss deren Vorliegen oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Für den Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners können verschiedene Beweisanzeichen vorliegen. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. Er weiß dann in aller Regel, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie ihm bei der Vornahme der Rechtshandlung bekannt war. In diesen Fällen handelt der Schuldner allerdings dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände mit einer baldigen Überwindung bzw. Abwendung der Krise rechnen kann.



Der erforderliche Vorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Bei den subjektiven Tatbestandsmerkmalen der Vorsatzanfechtung handelt es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung können daher in aller Regel nur mittelbar aus objektiven, Hilfs-(Tatsachen) hergeleitet werden. Der Tatrichter hat die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Dabei verbietet sich eine schematische Betrachtung. Die in Betracht kommenden Beweisanzeichen betreffen zum einen die wirtschaftliche Lage des Schuldners im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung. Erkennt ein Schuldner, dass er aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nicht mehr alle seine Gläubiger wird befriedigen können, kann die Erfüllung einzelner Gläubigerforderungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen sein. Es ist aber nicht nur die wirtschaftliche Lage des Schuldners in den Blick zu nehmen. Auch Art und Weise der angefochtenen Rechtshandlung kann für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO sprechen. Deshalb hat der Tatrichter neben den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners auch die Umstände in seine Würdigung einzubeziehen, unter denen die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen worden ist. Zu diesen Umständen zählen etwa die Gewährung einer inkongruenten Deckung, die Bewirkung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung und die Übertragung von Vermögensgegenständen an nahestehende Dritte (BGH, Urteil vom 03.03.2022 - IX ZR 53/19 - Rn. 12, juris). Der Tatrichter darf seine Würdigung nicht auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners beschränken, erst recht nicht, auf eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit.



Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich nach § 17 InsO. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden. Eine solche Liquiditätsbilanz ist vorliegend nicht vorgetragen. Sie ist im Anfechtungsprozess auch entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet. Kennen Schuldner und Anfechtungsgegner Tatsachen, aus denen sich bei zutreffender rechtlicher Würdigung die Zahlungseinstellung des Schuldners mit der nach § 286 ZPO notwendigen Gewissheit ergibt, kennen sie damit auch die Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urteil vom 06.05.2021 - IX ZR 72/20 - Rn. 14, juris). Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Es muss sich zumindest für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außer Stande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Es reicht die Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten für eine Zahlungseinstellung aus. Das gilt selbst dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten ebenfalls auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind (BGH, Urteil vom 06.05.2021 - IX ZR 72/20 - Rn. 15, juris).



Ein weiteres in der Regel erhebliches Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ist es, wenn eine inkongruente Deckung vorliegt, also der Gläubiger eine Befriedigung oder Sicherung erhalten hat, die er nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Nach allgemeiner Erfahrung im Geschäftsverkehr sind Schuldner regelmäßig nicht bereit, anderes oder gar mehr zu leisten, als sie schulden. Tun sie dies dennoch, so müssen dafür im Allgemeinen besondere Beweggründe vorliegen. Eine solche Begünstigung muss deshalb beim Leistungsempfänger in der Regel den entsprechenden Verdacht wecken. Zugleich liegt auf der Hand, dass wegen der Bevorzugung einzelner Gläubiger über das ihnen von Rechts wegen zustehende Maß hinaus die Masse zu Lasten anderer Gläubiger entsprechend verkürzt wird. Nimmt allerdings der Schuldner trotz der Gewährung einer inkongruenten Deckung aufgrund konkreter Umstände an, mit Sicherheit alle seine Gläubiger befriedigen zu können, fehlt ihm der Benachteiligungsvorsatz. Zudem hängt die Bedeutung der Inkongruenz als Beweisanzeichen von deren Art und Ausmaß ab. Je geringer das Ausmaß der Inkongruenz im Einzelfall ist, desto mehr tritt ihre Bedeutung als Beweisanzeichen zurück. Die Indizwirkung einer inkongruenten Deckung fällt auch umso weniger ins Gewicht, je länger die Handlung vor der Verfahrenseröffnung liegt. Sie kann sogar ganz entfallen, wenn die Handlung bereits zu einer Zeit vorgenommen wird, in welcher noch keine ernsthaften Zweifel an der Liquidität des Schuldners bestehen oder aus Sicht des Zahlungsempfängers zu bestehen scheinen (BAG, Urteil vom 12.09.2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 51 ff, juris).



Die Indizwirkung von Inkongruenz und Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit kann durch Umstände des Einzelfalls ausgeschlossen sein. Dies ist dann der Fall, wenn Einzelfallumstände ergeben, dass die angefochtene Rechtshandlung von einem anderen, anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuches ist. Es muss dann allerdings zur Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegen, das zumindest in den Anfängen in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt. Die bloße Hoffnung des Schuldners, die Krise überwinden bzw. noch abwenden zu können, genügt nicht, den Benachteiligungsvorsatz zu widerlegen.



Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners setzt im Falle der erkannten Zahlungsunfähigkeit zusätzlich voraus, dass der Schuldner im maßgeblichen Zeitpunkt wusste oder jedenfalls billigend in Kauf nahm, seine übrigen Gläubiger auch künftig nicht vollständig befriedigen zu können; dies richtet sich nach den ihm bekannten objektiven Umständen (BGH, Urteil vom 06.05.2021 - IX ZR 72/20 - Rn. 31, juris).



Bezugspunkt für die Beurteilung des Vorsatzes ist die Liquiditätslage im Moment der Rechtshandlung. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz kann nicht allein daraus abgeleitet werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Rechtshandlung nicht in der Lage ist, sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Von entscheidender Bedeutung für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist vielmehr, dass der Schuldner weiß oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt, dass er seine (übrigen) Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen können wird. Dies kann aus der im Moment der Rechtshandlung gegebenen Liquiditätslage nicht in jedem Fall mit hinreichender Gewissheit abgeleitet werden. Die gegenwärtige Zahlungsunfähigkeit allein spricht für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz im hier verwendeten Sinne, wenn sie ein Ausmaß angenommen hat, dass eine vollständige Befriedigung der übrigen Gläubiger auch in Zukunft nicht erwarten lässt, etwa deshalb, weil ein Insolvenzverfahren unausweichlich erscheint. Maßgeblich ist, ob der Schuldner wusste oder jedenfalls billigend in Kauf nahm, seine übrigen Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können. Entsprechendes gilt für die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners (BGH, Urteil vom 06.05.2021 - IX ZR 72/20 - Rn. 36, juris).



Der Kläger hat zwar behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei seit Beginn des Jahres 2016 zahlungsunfähig gewesen, er hat dies jedoch nicht mit entsprechendem Tatsachenvortrag unterlegt. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass es insoweit an einer Gegenüberstellung des Vermögens und der Verbindlichkeiten fehlt. Insbesondere hat der Kläger zu den Zeitpunkten der hier im einzelnen streitbefangenen Zahlungen keine Tatsachen dargelegt, welche jeweils darauf schließen ließen, dass zu diesem Zeitpunkt tatsächlich eine Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin vorlag bzw. drohte. Unter diesen Umständen kann lediglich eine Zahlungseinstellung eine Zahlungsunfähigkeit begründen.



Eine Zahlungseinstellung im zuvor beschriebenen Sinne ist vorliegend allerdings ebenfalls nicht feststellbar. Der Kläger behauptet eine solche zwar mit der Email vom 28.06.2016, diese bezieht sich auf Gehälter der Beschäftigten der Niederlassung S-Stadt. Die Höhe der Verbindlichkeiten ist nicht erkennbar, so dass nicht beurteilt werden kann, ob es sich um einen wesentlichen Teil der Verbindlichkeiten handelt, welcher eine Zahlungseinstellung bedeuten könnte. Der Hinweis in der Email auf eine Kreditgewährung, eine Zahlungsverzögerung um wenige Tage und die anschließend erfolgen Zahlungen sprechen gegen eine Zahlungseinstellung, sondern vielmehr für eine Zahlungsverzögerung. Damit bleibt eine Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der jeweils angefochtenen Zahlungen unklar. Es sind keine objektiven Umstände vorgetragen, aus welchen auf die Vermögenslage der Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der jeweils angefochtenen Zahlungen geschlossen werden könnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die angefochtenen Zahlungen den Zeitraum von April 2016 bis Dezember 2017 umfassen. Der Kläger weist zwar darauf hin, dass das Arbeitsgericht die sich zuspitzende Situation verkannt habe, er selbst trägt jedoch die Tatsachen, aus denen auf eine Eskalation sowie deren Zeitpunkt geschlossen werden könnte, nicht im Einzelnen vor. Der Eigenantrag aus Januar 2016 zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sowie die Fremdanträge aus März und September 2017 sprechen für eine prekäre Vermögenslage der Schuldnerin, andererseits ist deren Rücknahme ein Anzeichen dafür, dass es der Schuldnerin gelungen ist, Verbindlichkeiten zu tilgen. Insgesamt ist allerdings nicht nachvollziehbar, welche Vermögenslage zu welchem Zeitpunkt objektiv vorgelegen hat, wie sich diese entwickelte und welche Kenntnis hierüber bei der Insolvenzschuldnerin vorlag. Ob möglicherweise ein Sanierungskonzept entwickelt war, welches durch die in der Email vom 28.06.2016 angesprochene Kreditgewährung eine Krise überwinden und einen Vermögensverfall verhindern sollte, kann nicht ausgeschlossen werden.



Zweifelhaft bleibt zudem, ob die Insolvenzschuldnerin durch die hier strittigen Zahlungen der Nettogehälter an die Beklagte mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelte, dass sie im Moment der jeweiligen Zahlungen an die Beklagte davon ausging, künftig nicht all ihre Gläubiger befriedigen zu können. Unstreitig hatte die Beklagte aufgrund ihres Arbeitsvertrages und ihrer jeweils erbrachten Arbeitsleistung einen fälligen Anspruch auf die gezahlte Vergütung. Durch die Arbeitsleistung der Beklagten war es der Insolvenzschuldnerin u.a. möglich, den Betrieb aufrechtzuerhalten und weitere Aufträge zu akquirieren, diese zu erfüllen und vergütet zu erhalten. Die Insolvenzschuldnerin bedurfte der Leistung der Beklagten, um den Betrieb aufrechterhalten zu können. Hätte eine ausstehende Vergütungszahlung die Beklagte veranlasst, ihre Arbeitsleistung einzustellen bzw. von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen, wäre die Fortführung des Betriebes gefährdet gewesen. Es stand daher im Interesse aller Gläubiger, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten fortgesetzt wird und hierfür war es erforderlich, dass die Insolvenzschuldnerin die Beklagte durch Leistung des Entgelts im Arbeitsverhältnis behält. Vor diesem Hintergrund erscheint es zweifelhaft, allein aufgrund einer möglicherweise gegebenen bzw. (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der streitigen Gehaltszahlungen zu schlussfolgern, dass die Insolvenzschuldnerin an die Beklagte deren Gehälter auszahlte, um die Gläubiger zu benachteiligen. Die Gehaltszahlungen können vielmehr erfolgt sein, um den Betrieb aufrechtzuerhalten und gegebenfalls für den Fall der Krise nach Möglichkeit zu retten. Zudem dienen Gehaltszahlungen regelmäßig zum Bestreiten des Lebensunterhalts, so dass die Arbeitnehmer auf diese zwingend angewiesen sind. Sofern die Höhe der tatsächlich ausgezahlten Nettogehälter nach der Lebenserfahrung gerade zur Sicherung des Lebensunterhalts reicht, erschient ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz fraglich. Schließlich lassen sich Anzeichen dafür, dass die Insolvenzschuldnerin zu den jeweiligen Zahlungszeitpunkten von April 2016 bis Dezember 2017 jeweils davon ausging, aufgrund der an die Beklagten geleisteten Zahlungen ihre Gläubiger auch künftig nicht befriedigen zu können, nicht ermitteln. Es mag sein, dass sich diesbezüglich die Situation zugespitzt hat, tatsächlich verifizieren lässt sich dies jedoch nicht.



3.



Die Anfechtung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt weiter voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte, und die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO).



Wenn man zu Gunsten des Klägers vorliegend unterstellt, dass die streitbefangenen Zahlungen Rechtshandlungen im relevanten Anfechtungszeitraum von 10 Jahren bilden, für den Zeitpunkt des Forderungseingangs Zahlungsunfähigkeit vermutet werden muss, weil zum Zeitpunkt der Zahlungen Indizien für eine Zahlungsunfähigkeit vorliegen, zudem durch die Zahlungen das Schuldnervermögen verkürzt wurde, also eine Benachteiligung der Gläubiger vorliegt, und auch zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass der Schuldner vorliegend mit Benachteiligungsvorsatz handelte, scheitert die Klage jedoch - wie das Arbeitsgericht festgestellt hat - deshalb, weil es dem Kläger nicht gelungen ist, die Kenntnis der Beklagten von der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Benachteiligungsabsicht der Insolvenzschuldnerin darzulegen. Da der Kläger die Darlegungslast trägt, geht dies zu seinen Lasten. Zudem kann unter Berücksichtigung der in § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO geregelten Vermutung an einer vermuteten Kenntnis der Beklagten vom (unterstellten) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht ausgegangen werden.



Wer im Zeitpunkt der Rechtshandlung alle seine Gläubiger befriedigen kann, handelt in aller Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Dementsprechend liegt regelmäßig keine Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vor, wenn er dessen Zahlungsunfähigkeit nicht kennt (BGH, Urteil vom 06.05.2021 - IX ZR 72/20 - Rn. 38, juris). Kennt der Gläubiger aber die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern, und ist zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Schuldner gewerblich tätig ist und der Gläubiger dies weiß. Dann muss er mit weiteren Gläubigern des Schuldners, deren Ansprüche ungedeckt sind, rechnen.



Der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen.



Die grob fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit genügt dafür nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände positiv kennt, aus denen bei betreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit objektiv zweifelsfrei folgt, und dass er aus diesen Indiztatsachen zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen muss. Da ist nur dann der Fall, wenn sich ein redlich Denkender, der vom Gedanken an den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, angesichts der ihm bekannten Tatsachen der Einsicht nicht verschließen kann, der Schuldner sei zahlungsunfähig. Dann kann der Anfechtungsgegner sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er diesen Schluss nicht gezogen habe. Mischen sich dagegen in die Vorstellungen des Anfechtungsgegners - wenn auch irrtümlich - Tatsachen, die bei einer Gesamtbetrachtung den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht zwingend nahelegen, fehlt ihm die für die Vorsatzanfechtung erforderliche Kenntnis. Das Indizanzeichen der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit entfällt ferner, wenn der Anfechtungsgegner, der zunächst die (drohende) Zahlungsunfähigkeit gekannt hat, aufgrund einer ihm bekannten Veränderung der Tatsachengrundlage es für möglich hält, dass die (drohende) Zahlungsunfähigkeit nunmehr behoben ist (BAG, Urteil vom 12.09.2013 - 6 AZR 980/11- Rn. 63, juris).



Bei der Beurteilung, ob ein Arbeitnehmer die erforderliche positive Kenntnis von Vermutungstatsachen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen lassen, hatte, ist die Stellung oder Funktion des Arbeitnehmers im Unternehmen nicht per se maßgebend. Unabhängig davon, ob er Einblick in die Liquiditäts- oder Zahlungslage des Unternehmens hat, trifft den Arbeitnehmer auch keine Beobachtungs- oder Erkundigungspflicht. Der Insolvenzverwalter, der die Beweislast für die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO trägt, muss im Einzelfall nachweisen, dass der Arbeitnehmer alle erforderlichen Informationen besaß (BAG, Urteil vom 12.09.2013 - 6 AZR 980/11- Rn. 64, juris).



Nach diesen Maßstäben kann von einer Kenntnis der Beklagten von einer - unterstellten - Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin für keine der streitbefangenen Zahlungen ausgegangen werden. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte Umstände kannte, die mit hinreichender Gewissheit auf eine Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin zu den maßgeblichen Zeitpunkten schließen ließen.



Es sind keinerlei Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte irgendeine Kenntnis über Art, Ausmaß und Höhe von Außenständen der Insolvenzschuldnerin gehabt haben könnte. Ebenso liegen keinerlei Umstände vor, welche die Schlussfolgerung zuließen, die Insolvenzschuldnerin habe bei der Beklagten den sicheren Eindruck vermittelt, sie sei nicht zahlungsfähig. Die Insolvenzschuldnerin hat gegenüber der Beklagten eine Zahlungsunfähigkeit zu keinem Zeitpunkt dargestellt. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Insolvenzschuldnerin etwa gegenüber der Beklagten erklärt habe, es bestehe Zahlungsunfähigkeit bzw. eine solche drohe. Die in der E-Mail vom 28.06.2016 angegebene Kreditgewährung ließ vielmehr - auch wenn die Kreditgewährung durch eine Bank nicht ausdrücklich angesprochen ist - die Schlussfolgerung der Beklagten zu, es liege lediglich ein Liquiditätsengpass, jedoch keinerlei Zahlungsunfähigkeit vor.



Auch liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte als Planungsingenieurin über die Vermögenslage der Insolvenzschuldnerin bzw. überhaupt über deren finanzielle Situation unterrichtet gewesen sei oder deren Zahlungsverhalten insgesamt gekannt habe. Zu Recht hat das Arbeitsgericht diesbezüglich darauf verwiesen, dass die Beklagte zum einen aus ihrer Position als Planungsingenieurin über keinerlei Einsichtsmöglichkeit in die wirtschaftlichen Belange der Insolvenzschuldnerin verfügte und zudem aus der Entfernung der Niederlassung C-Stadt von der Hauptniederlassung in H-Stadt aufgrund der räumlichen Entfernung der Beklagten allein die Verhältnisse der Niederlassung zu einer Kenntnisnahme offenstanden und nur hieraus eine Beurteilung der wirtschaftlichen Situation der Insolvenzschuldnerin ermöglicht wurde.



Die Beklagte kannte lediglich das Zahlungsverhalten der Insolvenzschuldnerin ihr gegenüber. Möglicherweise hat sie durch die E-Mail vom 28.06.2016 Kenntnis darüber erlangt, dass auch Gehaltszahlungen ihrer Kollegen in der Niederlassung S-Stadt ausstanden, welche näheren Kenntnisse sie hierüber jedoch zu welchen konkreten Zeitpunkten gehabt haben kann, sind den klägerischen Darlegungen nicht zu entnehmen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte Kenntnis von Insolvenzanträgen aus den Jahren 2016 oder 2017 hatte, wobei sich eine Kenntnis im Jahr 2017 nicht auf hier im Jahr 2016 erfolgten angefochtene Zahlungen beziehen könnte. Der Kläger hat auch keinerlei Umstände vorgetragen, aus denen sich folgern ließe, die Beklagte könnte Kenntnis von anderen Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin gehabt haben. Insbesondere ist nicht ersichtlich, aus welchen Gesichtspunkten heraus, eine Kenntnis der Beklagten darüber vorgelegen haben sollte, dass Steuern, Sozialversicherungsbeiträge usw. durch die Insolvenzschuldnerin nicht abgeführt werden. Dies umso mehr, da die Beklagte nicht einmal Kenntnis darüber erhielt, dass die Insolvenzschuldnerin auf die Vergütung der Beklagten entfallende Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt hätte. Angesichts der unstreitig gebliebenen sehr guten Auftragslage für die Niederlassung S-Stadt ist nicht erkennbar, dass die Beklagte von einer Zahlungseinstellung ausgehen musste und auch die verzögerten Gehaltszahlungen nicht lediglich als Anzeichen einer Zahlungsstockung werten durfte. Allein die Vereinbarung von Ratenzahlungen hinsichtlich ausstehender Löhne ergibt noch keine positive Kenntnis von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Einzig aus dem Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen konnte die Beklagte ohne Kenntnis der gesamten Vermögenslage der Insolvenzschuldnerin und ohne das Hinzutreten weiterer objektiver Umstände nicht auf einen Benachteiligungsvorsatz bezüglich anderer Gläubiger schließen. Ratenzahlungsvereinbarung verdeutlichen vielmehr die Absicht bestehende Verbindlichkeiten zu erfüllen, deuten auf einen Liquiditätsengpass hin, bei nach wie vor vorhandener Liquidität. Es ist vielmehr der Nachweis erforderlich, dass die Beklagte alle für die Erstellung einer Liquiditätsprognose erforderliche Informationen über Bestand und Entwicklung der Verbindlichkeiten und kurzfristig verwertbaren Aktiva erhalten hat. Hierzu ergibt sich aus dem klägerischen Vorbringen jedoch nichts. Allein eine gegebenenfalls bei der Beklagten vorliegende Kenntnis von Lohnrückständen lässt nicht den erforderlichen Gesamtüberblick über die Liquiditäts- oder Zahlungslage der Insolvenzschuldnerin zu. Insbesondere war für die Beklagte nicht erkennbar, ob über Lohnrückstände hinaus anderweitige Verbindlichkeiten durch die Insolvenzschuldnerin nicht bzw. nicht zeitnah erfüllt werden konnten. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte von sonstigen Außenständen und deren Höhe Kenntnis besaß. Die Beklagte ist vielmehr aufgrund der in der Niederlassung S-Stadt vorliegenden sehr guten Auftragslage davon ausgegangen, dass eine ausreichende Liquidität vorliegen müsse, um ausstehende Verbindlichkeiten zu begleichen.



Weil vorliegend Anhaltspunkte für eine Kenntnis der Beklagten von einer Zahlungsunfähigkeit und Benachteiligungsabsicht der Insolvenzschuldnerin direkt nicht erkennbar sind, bleibt dem Kläger lediglich die Vermutungswirkung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO.



Die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit und die übrigen Beweisanzeichen begründen allerdings keine gesetzliche Vermutung im Sinne des § 292 ZPO dafür, dass die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung erfüllt sind. Solche Tatsachen sind vielmehr nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Ob die Voraussetzungen des § 133 InsO vorliegen, unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung des Tatsachengerichtes. Es ist dabei seine Aufgabe, das Vorliegen des Benachteiligungsvorsatzes und die Kenntnis des Anfechtungsgegners davon gemäß § 286 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Beweisanzeichen und sonstigen Umstände des Einzelfalles isoliert und in ihrer Gesamtheit auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung sowie einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen.



Vorliegend könnte eine Inkongruenz der geleisteten Zahlungen als Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz gegeben sein, soweit die Beklagte Zahlungen durch Dritte erhielt. Der Schuldner handelt mit Vorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Die Rechtsprechung hat für den Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes verschiedene Indizien bzw. Beweisanzeichen entwickelt. Ein solches Beweisanzeichen kann das Vorliegen einer inkongruenten Deckung sein.



Eine solche ist gegeben, wenn der Gläubiger eine Befriedigung oder Sicherung erhalten hat, die er nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Nach allgemeiner Erfahrung sind Schuldner nicht bereit, anderes oder gar mehr zu leisten, als die Schulden. Weist der spätere Insolvenzschuldner einen Dritten an, die geschuldete Leistung gegenüber dem Gläubiger zu erbringen, liegt darin im Regelfall eine inkongruente Deckung, weil die Erfüllung nicht "in der Art" erfolgt, in der sie geschuldet ist. Das gilt auch dann, wenn der Schuldner und der Dritte Schwesterunternehmen sind oder einen Gemeinschaftsbetrieb unterhalten (BAG, Urteil vom 21.11.2013 - 6 AZR 159/12 - Rn. 18, juris).



Eine inkongruente Deckung reicht isoliert betrachtet für die Annahme eines Beweisanzeichens jedoch nicht aus. Sie bildet nur dann in der Regel ein Beweisanzeichen, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an einer Liquidität des Schuldners zu zweifeln. Der auslösende Umstand für die von einer inkongruenten Deckung vermittelte Indizwirkung liegt in einer ernsthaften Besorgnis bevorstehender Zahlungsverkürzungen oder -stockungen des Schuldners, weil sich damit die Gefährdung der anderen, nicht in gleicher Weise begünstigten Gläubiger aufdrängt.



Ein Benachteiligungsvorsatz der Beklagten scheitert nach diesen Maßstäben daran, dass zu den Zeitpunkten der streitigen Lohnzahlungen nicht durchgängig ernsthafte Zweifel an der Liquidität der Insolvenzschuldnerin bestanden. Allein ausstehende Lohnzahlungen, die Ratenzahlungserfüllung innerhalb eines langfristigen Zeitraumes, inkongruente Leistungen sowie die E-Mail vom 28.06.2016 genügen nicht, um derartige Zweifel begründen zu können.



Möglicherweise konnte die Beklagte vorliegend auf Zahlungsschwierigkeiten, Zahlungsstockungen oder eine Tendenz zum Vermögensverfall schließen, dies ist jedoch nicht ausreichend (vgl. BGH, Urteil vom 19.02.2009 - IX ZR 62/08 - Rz. 17, juris). Die Kenntnis einzelner Tatsachen, die für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit sprechen, kann vielmehr nicht genügen, wenn sie nur die ungewisse Möglichkeit einer Zahlungsunfähigkeit befürchten lassen. Der zwingende Schluss aus den Indiztatsachen auf die Zahlungsunfähigkeit kann vielmehr nur gezogen werden, wenn sich ein redlich Denkender, der vom Gedanken auf den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, angesichts der ihm bekannten Tatsachen der Einsicht nicht verschließen kann, der Schuldner sei zahlungsunfähig.



Auch das Zahlungsverhalten der Insolvenzschuldnerin führt nicht dazu, dass der Beklagten eine Kenntnis von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz unterstellt werden könne.



Zutreffend ist, dass die Beklagte im Jahr 2016 teilweise um Monate verspätet Ratenzahlung auf Gehaltszahlungen erhalten hat. So waren bei der jeweiligen Gehaltszahlung teilweise mehrere Monate vergangen. Zum Beispiel hat die Beklagte im Oktober 2017 das Restgehalt für den Monat Dezember 2016 erhalten, im Dezember 2017 noch Gehalt für den Monat August 2017. Die Beklagte ist mit der Einforderung bzw. dem Erhalt ihres Gehaltes sehr langmütig gewesen und hat eine sehr schleppende Zahlung durch einen Dritten akzeptiert, dies reicht jedoch allein nicht aus, schon eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu erkennen oder gar wahrzunehmen, dass diese Zahlungen gewährt wurden, während andere Gläubiger bewusst zurückgesetzt werden sollten. Schleppende Gehaltszahlungen sind bei der Insolvenzschuldnerin nicht ungewöhnlich gewesen, zogen sich über mehrere Jahre hin, waren eigentlich bereits die Regel, können auch lediglich einen Hinweis auf eine Unzuverlässigkeit der Insolvenzschuldnerin geben. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Zahlungen durch Dritte erfolgten. Dieses Zahlungsverhalten der Insolvenzschuldnerin zog sich ebenfalls über weite Zeiträume des bestehenden Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten hin, so dass es als betriebsübliche Praxis angesehen werden kann. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Zahlungen durch Dritte über einen langen Zeitraum mit einer gewissen Regelmäßigkeit erfolgten. Die Bedeutung der Inkongruenz als Beweisanzeichen hängt jedoch auch von deren Art und Ausmaß ab. Je geringer das Ausmaß der Inkongruenz im Einzelfall ist, desto mehr tritt ihre Bedeutung als Beweisanzeichen zurück. Die Indizwirkung einer inkongruenten Deckung fällt auch umso weniger ins Gewicht, je länger die Handlung vor der Verfahrenseröffnung liegt. Sie kann sogar ganz entfallen, wenn die Handlung bereits zu einer Zeit vorgenommen wird, in welcher noch keine ernsthaften Zweifel an der Liquidität des Schuldners bestehen oder aus Sicht des Zahlungsempfängers zu bestehen scheinen (BAG, Urteil vom 12.09.2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 56, juris). Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass sich dieses Indiz durch den längeren Fortbestand des Unternehmens praktisch selbst widerlegt (BAG, Urteil vom 27.03.2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 31, juris). Vorliegend wurde das Insolvenzverfahren am 01.08.2018 eröffnet, verspätete Zahlungen, Zahlungen durch Dritte erfolgten jedoch bereits seit zumindest 2016 regelmäßig. Aufgrund dieser Regelmäßigkeit sowie der bereits lange vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübten Praxis ist eine Indizwirkung der Kongruenz widerlegt.



Zwar können für einen Großgläubiger wie das Finanzamt oder die Sozialkasse eine Beobachtungs- und Erkundigungspflicht bezüglich der Vermögenslage bestehen, derartige Pflichten treffen die Beklagte als Arbeitnehmerin der Insolvenzschuldnerin jedoch nicht.



Soweit der Kläger auf eine gerichtliche Geltendmachung von Gehaltsforderungen durch die Beklagte verweist, erfolgte diese erst zu einem Zeitpunkt nach den hier vorliegenden angefochtenen Zahlungen. Durch den Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches zur Zahlung von Gehältern gab die Insolvenzschuldnerin zudem gegenüber der Beklagten bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten zu erkennen, dass sich die Insolvenzschuldnerin zwar in einem momentanen Zahlungsengpass befand, sie diesen Engpass jedoch als vorübergehend betrachtete und sich in der Lage sah, die Außenstände gegenüber der Beklagten zur vereinbarten Zeit auszugleichen.



Letztlich muss berücksichtigt werden, dass es Arbeitnehmern - wie es auch die Beklagte ausgedrückt hat - gleichgültig ist, von wem wann eine Entgeltzahlung erfolgt, wenn die erbrachten Leistungen einigermaßen vergütet werden, der Lebensunterhalt gesichert ist und Verbindlichkeiten letztendlich erfüllt werden. Diese Überlegung mag von der Hoffnung des Arbeitsnehmers getragen sein, dass der Betrieb, der ihm einen Arbeitsplatz gewährt, weiterhin geführt werden kann und er seinen Arbeitsplatz weiterhin behält. Möglicherweise verschließt der Arbeitnehmer aus diesem Grunde seine Augen vor einer möglichen Erkenntnis der Krise, dies reicht jedoch nicht aus, um eine Kenntnis des Arbeitnehmers begründen zu können, das Unternehmen habe keine Aussicht auf Fortbestand und andere Gläubiger sollten benachteiligt werden.



Aus Sicht der Beklagten erfolgten die Zahlungen einzig und allein in Erfüllung des Arbeitsvertrages und in der Absicht, dass sie, die Beklagte, auch künftig zur Fortführung des Betriebes - und damit letztlich auch zum Wohle aller anderen Gläubiger - ihre Arbeitsleistung erbringt. Insoweit konnte die Beklagte vielmehr gerade davon ausgehen, dass durch die Gehaltszahlungen die Gläubiger gerade nicht benachteiligt werden. Aus einer Vergütungszahlung "in der Krise" muss sich keine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligungsabsicht ableiten lassen. Soweit eine pünktliche Zahlung übriger Forderungen erfolgt, kann sich der Schluss ergeben, dass der Arbeitnehmer das bekommen hat, was ihm zusteht und die Unternehmensfortführung erfolgversprechend war und deshalb keine Gläubigerbenachteiligung zur Folge hatte. Tatsachen, welche derartige Zweifel bei der Beklagten zu den jeweiligen Zeitpunkten der hier streitbefangenen Zahlungen belegen könnten, hat der Kläger substantiiert nicht dargetan. Der Kläger hat nicht vorgetragen, aufgrund welcher Umstände oder Indizien sicheres Wissen der Beklagten zur Liquiditätslage der Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der Gehaltszahlungen anzunehmen ist.



Nach allem war die Klage abzuweisen.



III.



Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.



Gründe für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) bestehen nicht.

Vorschriften