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Urteil vom 01.12.2022 · IWW-Abrufnummer 236082

Landesarbeitsgericht Hamm - Aktenzeichen 4 Sa 322/22

1. Legt der Arbeitgeber in einer Versorgungszusage auf Grundlage einer Gesamtzusage fest, welche Vergütungskomponenten für die Errechnung der Versorgungsleistungen ruhegeldfähig sein sollen und welche nicht, kann die Vertragsauslegung ergeben, dass später auf tarifvertraglicher Grundlage geschaffene Vergütungskomponenten (hier: Garantierte Individuelle Zulage (GIZ) und Tariflicher Aufstockungsbetrag (TAB)) zum ruhegeldfähigen Arbeitseinkommen zählen, auch wenn die Parteien des Tarifvertrags dies ausgeschlossen haben.

2. Hat der Arbeitgeber den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern eine Versorgungszusage auf Grundlage einer Gesamtzusage erteilt, muss er bei Verhandlungen über den Abschluss von Haustarifverträgen nach §§ 241 Abs. 2, 242 BGB das Interesse der begünstigten Arbeitnehmer an einem Kaufkrafterhalt ihres betriebsrentenfähigen Entgelts berücksichtigen. Bei einer deutlichen Fehlentwicklung im Verhältnis zwischen ruhegeldfähigem Entgelt und nichtruhegeldfähigen Gehaltskomponenten kann dies in entsprechender Anwendung des § 162 BGB dazu führen, dass die benachteiligten Versorgungsberechtigten verlangen können, dass neu geschaffene Vergütungskomponenten bei der Berechnung der Versorgungsleistung zu berücksichtigen sind (hier bejaht).


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 09.02.2022 (3 Ca 1147/21) teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der Versorgungsansprüche des Klägers nach Maßgabe der Versorgungsordnung 1976 der A AG neben den jeweils maßgeblichen Entgelttabellen der dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorhergehenden drei Jahre auch 32% der Tabellenbeträge der "Garantierten Individuellen Zulage" zugrunde zu legen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der Versorgungsansprüche des Klägers nach Maßgabe der Versorgungsordnung 1976 der A AG neben den jeweils maßgeblichen Entgelttabellen der dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorhergehenden drei Jahre auch die Tabellenbeträge "Tariflicher Aufstockungsbetrag" zugrunde zu legen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger ¼ und die Beklagte ¾.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berücksichtigung nachträglich geschaffener tariflicher Gehaltskomponenten für die Bemessung betrieblicher Versorgungsbezüge.

Der am 14.04.1958 geborene Kläger ist seit dem 01.07.1984 als Arbeitnehmer bei der Beklagten, bzw. deren Rechtsvorgängerin, der A Kommunales B AG (nachfolgend: A AG), beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden unstreitig die mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und zuvor mit der Gewerkschaft ÖTV geschlossenen Haustarifverträge Anwendung. Der Kläger ist aktuell in die Tarifgruppe 13/Stufe 11 eingruppiert und erzielte im Zeitpunkt der Klageerhebung im August 2021 eine tarifliche Tabellenvergütung in Höhe von 4.276,00 €, eine Garantierte Individuelle Zulage in Höhe von 525,00 € und einen Tariflichen Aufstockungsbetrag in Höhe von 498,00 €. Zum 01.01.2002 schloss sich die A AG mit der Stadtwerke C AG zusammen und firmiert seitdem unter der Firmenbezeichnung der Beklagten.

Für den Kläger galt eine Versorgungszusage nach Maßgabe der Bestimmungen einer "Versorgungsordnung 1976" (nachfolgend: "VO 76"), einer vom Vorstand der A AG erlassenen Gesamtzusage.

Die VO 76 in der Fassung vom 18.12.1997 bestimmt unter anderem:

" . . . WERKSPENSION § 6 Beginn der Leistungen 1. Anspruch auf Werkspension haben Arbeitnehmer nach Vollendung des 65. Lebensjahres beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zu A. 2. Anspruch auf Werkspension haben auch Arbeitnehmer, die vor Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis zu A ausscheiden und vorzeitig Altersrente (Vollrente) aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. 3. ... § 7 Ruhegeldfähiges Einkommen 1. Für die Errechnung der Versorgungsleistungen ist die höchste Monatsvergütung (Anlage 1 zum jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag bzw. vertraglich vereinbarte Monatsvergütung) der dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorhergehenden 3 Jahre zu berücksichtigen. Zum ruhegeldfähigen Einkommen gehören ferner Vorarbeiterzulagen, Zulagen nach § 33 Manteltarifvertrag, Schichtzuschläge, die ruhegeldfähigen Anteile der Zulage nach § 19 MTV und ein Zwölftel der 13. Monatsvergütung. Schichtzuschläge werden berücksichtigt, sofern der Anspruch mindestens 10 Jahre bestanden hat und nicht früher als 3 Jahre vor Eintritt des Versorgungsfalls fortgefallen ist. Für die Berechnung sind die im Monatsdurchschnitt des letzten Schichtdienstjahres regelmäßig angefallenen Schichttage (Bruchteile von 0,5 und mehr werden aufgerundet) sowie die Höhe des zuletzt bezogenen Schichtzuschlags gemäß § 2 Vergütungstarifvertrag maßgebend. 2. Tantiemen, Einmal- oder Sonderzahlungen zählen nur dann zum ruhegeldfähigen Einkommen, wenn sie ausdrücklich als ruhegeldfähig vertraglich zugesichert sind. 3. ...... § 8 Versorgungsberechtigende Dienstjahre 1. Die Höhe der Versorgung richtet sich nach den ununterbrochen bei A geleisteten Dienstjahren, wobei Zeiten vor Vollendung des 20. Lebensjahres sowie Lehr- und Ausbildungsjahre und Zeiten nach Vollendung des 65. Lebensjahres nicht anrechenbar sind. 2. ... § 9 Gesamtversorgung Durch die Versorgungsanordnung wird eine Gesamtversorgung geschaffen, die sich aus dem anzurechnenden Einkommen und der zusätzlichen Werkspension zusammensetzt. Die Höhe der von A zu leistenden Werkspension ist daher - mit Ausnahme evtl. zu gewährender Mindestwerkspensionen - in allen Fällen von der Höhe des anzurechnenden Einkommens abhängig. Die Gesamtversorgung beträgt bei Leistungsbeginn nach zehn versorgungsberechtigenden Dienstjahren 45 v. H. des ruhegeldfähigen Einkommens. Der vorgenannte Prozentsatz steigt während eines Zeitraumes von zehn Jahren um zwei Punkte, und von da ab während eines weiteren Zeitraumes von zehn Jahren um einen Punkt für jedes Dienstjahr. Auf diese Weise wird nach 30 Dienstjahren der Höchstsatz der Gesamtversorgung von 75 v. H. des ruhegeldfähigen Einkommens erreicht. Die Gesamtversorgung beträgt nach 10 Dienstjahren 45 % des ruhegeldfähigen Einkommens 11 Dienstjahren 47 % des ruhegeldfähigen Einkommens12 Dienstjahren 49 % des ruhegeldfähigen Einkommens 13 Dienstjahren 51 % des ruhegeldfähigen Einkommens 14 Dienstjahren 53 % des ruhegeldfähigen Einkommens 15 Dienstjahren 55 % des ruhegeldfähigen Einkommens 16 Dienstjahren 57 % des ruhegeldfähigen Einkommens 17 Dienstjahren 59 % des ruhegeldfähigen Einkommens 18 Dienstjahren 61 % des ruhegeldfähigen Einkommens 19 Dienstjahren 63 % des ruhegeldfähigen Einkommens 20 Dienstjahren 65 % des ruhegeldfähigen Einkommens 21 Dienstjahren 66 % des ruhegeldfähigen Einkommens 22 Dienstjahren 67 % des ruhegeldfähigen Einkommens 23 Dienstjahren 68 % des ruhegeldfähigen Einkommens 24 Dienstjahren 69 % des ruhegeldfähigen Einkommens 25 Dienstjahren 70 % des ruhegeldfähigen Einkommens 26 Dienstjahren 71 % des ruhegeldfähigen Einkommens 27 Dienstjahren 72 % des ruhegeldfähigen Einkommens 28 Dienstjahren 73 % des ruhegeldfähigen Einkommens 29 Dienstjahren 74 % des ruhegeldfähigen Einkommens 30 Dienstjahren 75 % des ruhegeldfähigen EinkommensDie Gesamtversorgung wird bei Leistungsbeginn ab 1. Januar 2001 mit dem Abschlagsfaktor 0,977 belegt. § 10 Anzurechnendes Einkommen 1. Zum anzurechnenden Einkommen zählen: a) Altersrenten sowie Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wobei die Hälfte einer eventuellen Zurechnungszeit (§ 59 SGB VI) und Kinderzuschüsse unberücksichtigt bleiben ... . . . § 12 Werkspension 1. Die Werkspension ist der Unterschiedsbetrag zwischen der Gesamtversorgung und dem anzurechnenden Einkommen. ... . . . "

Unter dem 08.12.1998 schloss die A AG mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat eine "Betriebsvereinbarung über Zuschüsse zu Sozialversicherungsbeiträgen". Darin heißt es unter anderem:

1. A zahlt an ihre pflicht-, freiwillig und privat krankenversicherten Arbeitnehmer monatlich folgende Zuschüsse zu deren Sozialversicherungsbeiträgen:

1.1 Vollzeitbeschäftigte erhalten 250,-- DM.

. . .

Unter dem 21. September 1999 erzielte die A AG in Verhandlungen mit der Gewerkschaft ÖTV den nachfolgenden "Tarifabschluss 1999", in den u.a. die bisher auf Grundlage der o.g. Betriebsvereinbarung gezahlten Zuschüsse zu Sozialversicherungsbeiträgen eingingen:

" . . . Präambel Die Änderungen der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch Einführung des Wettbewerbs erfordern einen tiefgreifenden Anpassungsprozeß bei A, der ihre aktiven Arbeitnehmer von erhebliche Herausforderungen stellt. Hervorzuheben sind eine verstärkte Kundenorientierung, die Optimierung der Geschäftsprozesse unter Einschluß der Aufbau- und Ablauforganisation, die unternehmensweit gleichzeitige Einführung neuer IV-Systeme, die Erschließung neuer Geschäftsfelder sowie die Ausschöpfung sämtlicher Kosteneinsparungspotentiale, um die Eigenständigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der A und damit auch Arbeitsplätze in der Region zu sichern. Unter Berücksichtigung dieser durch die aktive Belegschaft zu bewältigenden besonderen Aufgaben einerseits und der neben dem wettbewerbsbedingt hohen Kostendruck bestehenden gesetzlich bedingten Zusatzbelastungen der A insbesondere im Rahmen der Sozialversicherung und der betrieblichen Altersversorgung andererseits stellen die Tarifvertragsparteien angesichts der geringfügigen Verteilungsspielräume im diesjährigen Vergütungstarifabschluß die Einkommensverbesserung der aktiven Arbeitnehmer in den Mittelpunkt. A. Tarifvertrag über Garantierte Individuelle Zulage ... § 2 Begriff der Garantierten Individuellen Zulage (1) Die Garantierte Individuelle Zulage setzt sich zusammen aus - dem Grundbetrag sowie - dem Aufstockungsbetrag.(2) Der Grundbetrag entspricht in der Höhe den von A aufgrund der bis zum Inkrafttreten dieses Tarifvertrages geltenden Betriebsvereinbarung über Zuschüsse zu Sozialversicherungsbeiträgen monatlich gezahlten Beträgen: a) Für Vollzeitbeschäftigte gilt ein Grundbetrag von 250,00 DM. b) - d) ... (3) Der Aufstockungsbetrag entspricht 1,3 % der 13,5fachen Tabellenvergütung des Mitarbeiters, dividiert durch 12. (4) Grundbetrag und Aufstockungsbetrag werden addiert, kaufmännisch auf volle DM auf- bzw. abgerundet und jedem Mitarbeiter im Rahmen der monatlichen Vergütungsabrechnung als Garantierte Individuelle Zulage für jeden Monat ausgezahlt, in dem Anspruch auf Tabellenvergütung, Urlaubsvergütung und Krankenbezüge besteht. Bei der Berechnung des Zuschusses zum Kranken- oder Mutterschaftsgeld wird die Garantierte Individuelle Zulage entsprechend berücksichtigt. Auch bei der Berechnung der Vertreterzulage wird die Garantierte Individuelle Zulage entsprechend berücksichtigt und mit einbezogen. (5) Bei künftigen Veränderungen der Tabellenvergütung gemäß Vergütungstarifvertrag werden die Garantierten Individuellen Zulagen um den gleichen Prozentsatz angepaßt. (6) Auf die Garantierte Individuelle Zulage werden weder Zuschläge noch Zulagen gezahlt. (7) Für Vollzeitbeschäftigte und Auszubildende sowie für Teilzeitbeschäftigte gemäß Abs. 2 lit. b), deren vertraglich vereinbarte Arbeitszeit 19 Std./Woche beträgt, sind die Garantierten Individuellen Zulagen in den als Anlagen diesem Tarifvertrag beigefügten Tabellen ausgewiesen. § 3 Altersversorgung Die Garantierte Individuelle Zulage ist nicht ruhegeldfähig und wird daher weder in die Berechnung des ruhegeldfähigen Einkommens noch in die Anpassung des ruhegeldfähigen Einkommens bzw. der laufenden Versorgungsleistung im Rahmen der bei A geltenden Versorgungswerke der betrieblichen Altersversorgung einbezogen . . . D. VergütungstarifverträgeDer Vergütungstarifvertrag Nr. 23 vom 03. November 1998 und der Tarifvertrag Nr. 22 über die Vergütung der Auszubildenden vom 03. November 1998 gelten fort. Sie können mit einer Frist von einem Monat frühestens zum 31. Januar 2001. . . . "

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Tarifvertrags vom 21.09.1999 wird auf den Anlageordner (Anlage B2) verwiesen.

Am 28. September 2010 verständigte sich die B AG mit der ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Landesbezirksleitung NRW, auf einen Tarifvertrag "Tariflicher Aufstockungsbetrag und Beschäftigungssicherung sowie Änderung des Tarifvertrages über Garantierte Individuelle Zulage". Darin heißt es unter anderem:

" . . . Präambel Die Verstärkung des Wettbewerbs stellt B im Vergleich zu seinen Mitbewerbern auf den Märkten aufgrund der vorhandenen Kostenstruktur trotz in der Vergangenheit erfolgter Maßnahmen vor sehr große Herausforderungen, die der aktiven Belegschaft besondere Anstrengungen abfordern. Hinzu kommt, dass die Tarifvertragsparteien auf die Beschäftigungssicherung der aktiven Belegschaft einen besonderen Schwerpunkt legen. Unter Berücksichtigung dieser durch die aktive Belegschaft zu bewältigenden Aufgaben einerseits und der neben dem wettbewerbsbedingt hohen Kostendruck bestehenden Zusatzbelastungen aufgrund der betrieblichen Altersversorgung andererseits stellen die Tarifvertragsparteien angesichts der eingeschränkten Verteilungsspielräume im diesjährigen Vergütungstarifabschluss die Einkommensverbesserung sowie die Beschäftigungssicherung der aktiven Arbeitnehmer in den Mittelpunkt. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien den vorliegenden Tarifvertrag. . . . § 2 Betriff des Tariflichen Aufstockungsbetrages 1. Die Arbeitnehmer erhalten monatlich ab dem 01.07.2010 einen "Tariflichen Aufstockungsbetrag" dessen Höhe sich aus einer Anlage zu dem jeweils geltenden Vergütungstarifvertrag ergibt. 2. Der Tarifliche Aufstockungsbetrag gliedert sich in 15 Vergütungsgruppen mit jeweils 11 Stufen. Die Zuordnung zu einer Vergütungsgruppe / Stufe folgt der Eingruppierung / Stufung des jeweiligen Arbeitnehmers.3. Bei künftigen prozentualen Änderungen der Tabellenvergütung des Vergütungstarifvertrags (Anlage 1) wird der Tarifliche Aufstockungsbetrag entsprechend um den gleichen Prozentsatz angepasst. Den Tarifvertragsparteien bleibt unbenommen, hiervon abweichende Regelungen zu treffen. 4. ... § 3 Altersversorgung Der Tarifliche Aufstockungsbetrag ist nicht ruhegeldfähig im Sinne der Versorgungsordnungen 1976 und 1998. Er wird daher nicht in die Berechnung des ruhegeldfähigen Einkommens der vorgenannten Versorgungsordnungen einbezogen. Er hat daher auch keine Auswirkung auf die Anpassung der laufenden Versorgungsbezüge der Versorgungsordnung 1976. Bei dem Tariflichen Aufstockungsbetrag handelt es sich jedoch um steuerpflichtiges Einkommen. Daher ist er derzeit zusatzversorgungspflichtig im Sinne der Satzung der Zusatzversorgungskasse Westfalen - Lippe (zkw). . . . § 6 Regelung der Garantierten Individuellen Zulagen Im Tarifvertrag über die Garantierte Individuelle Zulage vom 21.09.1999 (im Rahmen des Tarifabschlusses 1999) werden die §§ 1 - 3 wie folgt neu gefasst:"§ 1 . . . § 2 Begriff der Garantierten Individuellen Zulage (1) Die Höhe der Garantierten Individuellen Zulage (im folgenden auch GIZ genannt) für in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer ergibt sich aus einer Anlage zum jeweils geltenden Vergütungstarifvertrag. (2) a) ... (2) b) ... (3) Bei künftigen prozentualen Änderungen der Tabellenvergütung des Vergütungstarifvertrags (Anlage 1) wird die GIZ entsprechend um den gleichen Prozentsatz angepasst. Bei einer rechnerischen prozentualen Erhöhung der Tabellenvergütung (Anlage 1), die zwischen der Erhöhung der Tabelle (Anlage 1) und dem Tariflichen Aufstockungsbetrag aufgeteilt wird, erhöht sich die GIZ um die gesamte rechnerische prozentuale Erhöhung der Tabellenvergütung. Den Tarifvertragsparteien bleibt unbenommen, hiervon abweichende Regelungen zu treffen. (4) ... § 3 Altersversorgung Die GIZ ist nicht ruhegeldfähig im Sinne der Versorgungsordnungen 1976 und 1998. Sie wird daher nicht in die Berechnung des ruhegeldfähigen Einkommens der vorgenannten Versorgungsordnungen einbezogen. Sie hat daher auch keine Auswirkung auf die Anpassung der laufenden Versorgungsbezüge der Versorgungsordnung 1976. Bei der GIZ handelt es sich jedoch um steuerpflichtiges Einkommen und sie ist daher derzeit zusatzversorgungspflichtig im Sinne der Satzung der Zusatzversorgungskasse Westfalen - Lippe (zkw)." . . . "

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Tarifvertrags vom 28.09.2010 wird auf den Anlageordner (Anlage B3) verwiesen.

In der Zeit von 1990 bis 2022 hat sich das Tarifentgelt der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie folgt entwickelt:

Vergütungstarifvertrag Nr. Vergütungserhöhung Anlage 1 GIZ* TAB Bemerkung 1990 Nr. 15 0,00% 1991 Nr. 16 6,30% 1992 Nr. 17 5,20% 1993 Nr. 18 2,50% 1994 Nr. 19 2,00% 1995 Nr. 20 3,80% 1996 Nr. 21 1,85% 1997 Nr. 22 1,50% 1998 Nr. 23 2,30 % 1999 weiterhin Anwendung VTV Nr. 23 0,00 % gestaffelt lt. Tabelle Neueinführung GIZ 2001 Nr. 24 0,00% 2,40% 0,00% 2,00% 2002-2003 Nr. 25 0,00% 2,50% 2004 - 2008 Nr. 26 0,00 % 0,00% weiterhin Anwendung VTV Nr. 25 2009 Nr. 27 0,00% 3,00% 2010 Nr. 28 0,95% 2,70% 1,75% Neueinführung TAB 2011 Nr. 29 2,30% 3,60% 4,90% 2013 Nr. 30 1,10% 2,95% 4,80% 2014/2015 Nr. 31 0,00% 1,00% 1,00% 0,00% 1,00% 1,00% 2018 bis 2020 Nr. 32 0,50% 3,00% 5,50% 0,50% 1,50% 2,50% 0,50% 1,50% 2,50% 2021 / 2022 Nr. 33 1,00% 1,80% 2,60% 0,70% 1,60% 2,50%

*ohne Festbetragserhöhung GIZ 2005: 50,00 €

Zum Begriff der Vergütung heißt es im Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer der A Kommunales B AG vom 10.05.1984 in der Fassung vom 16.10.1990 (nachfolgend: MTV 1990):

"... § 14 Eingruppierungsvoraussetzungen/Vergütung . . . III. Grundsätze der Vergütung 1. Die Arbeitnehmer erhalten für die monatlich im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit geleistete Arbeit die Tabellenvergütung nach der Vergütungstabelle des jeweils gültigen Vergütungstarifvertrages. . . . § 34 Begriffsbestimmungen . . . 8. Grundvergütung Die Grundvergütung umfaßt 8.1 die Tabellenvergütung 8.2 eine evtl. Sozialzulage 8.3 eine evtl. Vorarbeiterzulage 8.4 evtl. Ausgleichszulagen nach § 33 . . . 20. TabellenvergütungDie Tabellenvergütung ergibt sich aus der Vergütungstabelle des jeweils gültigen Vergütungstarifvertrages. ..."

In der Fassung vom 30.11.2009 (Anlageordner - Anlage B1) heißt es im Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer der B (nachfolgend MTV 2009):

"... § 14 Eingruppierungsvoraussetzungen/Vergütung . . . III. Grundsätze der Vergütung 1. Die Arbeitnehmer erhalten für die monatlich im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit geleistete Arbeit die Tabellenvergütung nach der Vergütungstabelle des jeweils gültigen Vergütungstarifvertrages. 2. Nichtvollbeschäftigte Arbeitnehmer erhalten die Tabellenvergütung, den Tariflichen Aufstockungsbetrag sowie (soweit anwendbar) die Garantierte Individuelle Zulage zeitanteilig nach Maßgabe der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit. . . . § 34 Begriffsbestimmungen . . . 8. Grundvergütung Die Grundvergütung umfasst: 8.1 die Tabellenvergütung8.2 eine evtl. Sozialzulage 8.3 den Tariflichen Aufstockungsbetrag. Der Tarifliche Aufstockungsbetrag findet jedoch bei der Ermittlung des 13. Monatsvergütung (§ 15 MTV) keine Anwendung. 8.4 - entfällt - 8.5 Zulagen gem. § 4 Abs. 4 des Tarifvertrags über die Zusammenführung der Versorgungsbereiche vom 30. November 2001 8.6. (Ausschließlich bei der Ermittlung des Zuschusses zum Kranken- und Mutterschaftsgelds:) Garantierte Individuelle Zulage (GIZ), soweit der Arbeitnehmer ein Anspruch auf GIZ hat. . . . 20. Tabellenvergütung Die Tabellenvergütung ergibt sich aus der Vergütungstabelle des jeweils gültigen Vergütungstarifvertrages. . . ."

Auf Wunsch des Klägers erteilte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 13.01.2021 (Aktenblatt 37 bis 42) eine Auskunft über den Stand seiner Versorgungsanwartschaft. Der Kläger hält die angestellten Berechnungen für unzutreffend, weil er der Auffassung ist, bei der Ermittlung seiner Versorgungsanwartschaft müssten die tariflichen Entgeltkomponenten "Garantierte Individuelle Zulage" (nachfolgend: GIZ) sowie "Tariflicher Aufstockungsbetrag" (nachfolgend: TAB) berücksichtigt werden. Der Differenzbetrag zu seinen Gunsten betrage bei einem von ihm beabsichtigten vorzeitigen Ausscheiden zum 30.04.2022 771,58 €.

Der Kläger hat dazu vorgetragen, die VO 76 bezwecke, den versorgungsberechtigten Arbeitnehmern der Beklagten im Ruhestand ein bestimmtes Versorgungsniveau von, abhängig von der Dauer der Dienstzugehörigkeit, bis zu 75 % der letzten Monatsvergütung zu gewährleisten. Damit hänge die Höhe der späteren Betriebsrente unter anderem von den Tarifsteigerungen ab. Durch die neu eingeführten tariflichen Entgeltkomponenten GIZ und TAB, die für nicht ruhegehaltsfähig erklärt worden seien, griffen die Tarifvertragsparteien unmittelbar in seine Versorgungsansprüche ein. Ihm würden erhebliche Entgeltbestandteile als Berechnungsrundlage für die betriebliche Altersversorgung entzogen. Es komme hinzu, das GIZ und TAB im Vergleich zur Tabellenvergütung im Lauf der Zeit überproportional erhöht worden seien. In der Zeit von 2002 bis 2020 sei die versorgungsfähige Tabellenvergütung um 11,35 % angehoben worden, die GIZ dagegen um 26,75 %. Auch wenn man davon ausgehe, dass es sich bei der GIZ zunächst um die Tarifierung von Zuschüssen zu Sozialversicherungsbeiträgen gehandelt habe, habe diese damit die Funktion einer normalen Vergütung übernommen. Gleiches gelte für den durch Tarifvertrag vom 28.09.2010 eingeführten TAB, der seit seiner Einführung bis zum Jahr 2020 um 23,95 % angehoben worden sei, die Tabellenvergütung hingegen nur um 5,85 %. Dadurch werde die Systematik der VO 76 ad absurdum geführt. Je länger er bei der Beklagten beschäftigt sei, desto geringer werde damit sein Anspruch aus der betrieblichen Altersversorgung. Mit dem Wissen von heute hätte er eine zusätzliche private Altersversorgung abschließen müssen, um die Rentenlücke zu schließen und seinen bisherigen Lebensstandard im Rentenalter annähernd halten zu können. Durch die spätere Einführung der GIZ und des TAB sei eine Regelungslücke entstanden, die durch systematische Auslegung zu schließen sei. GIZ und TAB seien vergleichbar mit den übrigen in § 7 Abs. 1 VO 76 genannten regelmäßigen Einkommen. Aus der Staffelung nach Vergütungsgruppen und Stufen ergebe sich der Wille der Tarifvertragsparteien, diese Vergütungskomponenten wie eine Tarifvergütung zu behandeln. Nur wenn ein ausdrücklicher Vorbehalt in der Versorgungsordnung dies ermögliche, stehe es dem Arbeitgeber frei, Erhöhungen des Arbeitsentgelts vorzunehmen, ohne daran Folgerungen für die Betriebsrente zu knüpfen. Anderenfalls sei davon auszugehen, dass er treuwidrig das rentenfähige Grundgehalt in die nicht ruhegehaltfähige variable Erfolgsvergütung verschoben habe. Die Tarifvertragsparteien seien nicht in der Lage, der Auslegung einer individualrechtlichen Zusage einen anderen Inhalt zu geben. Es gelte das Günstigkeitsprinzip. Die Regelungen der VO 76 als Gesamtzusage unterlägen einer Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB. Zweifel in der Auslegung gingen zu Lasten des Verwenders. Die VO 76 sei nicht wirksam durch die nachfolgenden Tarifverträge zu seinem Nachteil geändert worden. Die Tarifvertragsparteien seien an die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gebunden. Durch den Eingriff in die Dynamik der VO 76 sei gegen diese Grundsätze verstoßen worden, ohne dass es hierfür triftige Gründe gebe. Die Tarifvertragsparteien hätten dadurch den ihnen durch die Tarifautonomie eröffneten Handlungsspielraum überschritten. Ebenso liege ein Verstoß gegen den Grundsatz des Auszehrungsverbots nach § 5 Abs. 2 BetrAVG vor. Für die Berechnung seiner Altersversorgung sei demnach weiterhin die höchste Monatsvergütung der dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorhergehenden drei Jahre zu berücksichtigen. Dazu gehörten auch die Zahlungen aus der GIZ und dem TAB.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung seiner Ansprüche aus der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung 1976, neben der jeweils gültigen Entgelttabelle auch die jeweils gültige Tabelle "Garantierte Individuelle Zulage" zugrunde zu legen.2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung seiner Ansprüche aus der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung 1976, neben der jeweils gültigen Entgelttabelle auch die jeweils gültige Tabelle "Tariflicher Aufstockungsbetrag" zugrunde zu legen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Einbeziehung von TAB und GIZ bei der Berechnung seiner Werkspension. Er habe schon deshalb nicht darauf vertrauen können, dass die GIZ ruhegeldfähig werde, weil der Grundbetrag der GIZ sich aus den seinerzeit gezahlten Zuschüssen zu Sozialversicherungsbeiträgen ableite. Diese Leistungen seien unstreitig niemals ruhegeldfähig gewesen. Welches Einkommen ruhegeldfähig sei, richte sich nach § 7 Ziffer 1 VO 76. Zudem enthalte § 7 Ziffer 2 VO 76 eine beispielhafte Negativabgrenzung. Gegen die Auffassung des Klägers spreche bereits der klare Wortlaut des § 7 Ziffer 1 Satz 1 VO 76. Dort werde durch den Klammerzusatz präzise der Begriff der 'höchsten Monatsvergütung' definiert, nämlich als das in Anlage 1 zum jeweiligen Vergütungstarifvertrag geregelte Tabellenentgelt oder die vertraglich vereinbarte Monatsvergütung. Daher hätte es noch nicht einmal einer klarstellenden Regelung der Tarifvertragsparteien zur fehlenden Ruhegeldfähigkeit bedurft. Auch der Verweis des Klägers auf eine Gesamtversorgung auf dem Niveau von 75 % der "höchsten Monatsvergütung" führe zu keinem anderen Ergebnis. GIZ und TAB seien in Tarifverträgen geregelt, auf die nicht Bezug genommenen werde. Deren Höhe ergebe sich aus anderen Anlagen der Vergütungstarifverträge. In § 7 Ziffer 1 Satz 2 VO 76 finde sich eine abschließende Auflistung weiterer ruhegeldfähiger Bezüge. Auch dort seien GIZ und TAB nicht genannt. Sie sei frei darin, die Versorgungsfähigkeit von Entgeltbestandteilen zu bestimmen und habe sich entschieden, nur die Anlage 1 zum Vergütungstarifvertrag zu bestimmen. Angesichts der klaren Wortwahl der VO 76 entspreche es weder dem Willen noch dem Verständnis eines verständigen Vertragspartners, dass automatisch sämtliche Vergütungsbestandteile einzubeziehen seien. Es könne keine Rede davon sein, dass die VO 76 durch nachfolgende Tarifverträge oder Erlasse zum Nachteil des Klägers geändert worden sei. Es bestehe auch keine vom Kläger vermutete Regelungslücke. Die Parteien der VO 76 hätten durchaus erkannt, dass neue Entgeltbestandteile eingeführt werden könnten. Hierzu bestimme die VO 76, dass diese nur dann versorgungsfähig seien, wenn sie als ruhegeldfähig bezeichnet worden seien. Für eine ergänzende Vertragsauslegung sei daher kein Raum. Es liege kein Eingriff zum Nachteil des Klägers in seine Versorgungsanwartschaft vor. Zu keinem Zeitpunkt sei die ihm zugesagte betriebliche Altersversorgung gekürzt worden. Der Umstand, dass GIZ und TAB nicht ruhegeldfähig seien, entzöge ihm keine Rechtsposition. Angesichts der klaren Regelungen habe er davon ausgehen müssen, dass diese Entgeltkomponenten keine Berücksichtigung in seiner betrieblichen Altersversorgung finden würden. Es liege auch kein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG vor. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung seien von dem Anrechnungsverbot ausgenommen.

Das Arbeitsgericht Iserlohn hat die Klage durch Urteil vom 09.02.2022 abgewiesen. Zur Begründung führt das Arbeitsgericht aus, die Klage sei zulässig. Der Kläger habe ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung des Umfangs seiner Versorgungsrechte. Die Klage sei aber nicht begründet. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, bei der Berechnung der dem Kläger zustehenden betrieblichen Altersversorgung die ihm als aktivem Arbeitnehmer gewährte Garantierte Individuelle Zulage sowie den Tariflichen Aufstockungsbetrag zusätzlich zur Tabellenvergütung zugrunde zu legen. Aus dem Wortlaut der VO 76 ergebe sich, dass für die Errechnung der Versorgungsleistungen die höchste Monatsvergütung mit ausdrücklichem Verweis auf die "Anlage 1 zum jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag zu berücksichtigen sei. Es seien auch keine außerhalb der Vereinbarung liegende Umstände ersichtlich, die einen anderen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zuließen. Aus der Freiwilligkeit der Versorgungszusage ergebe sich, dass es im Belieben des zusagenden Vertragspartners stehe, welchen Inhalt die Zusage habe und welche Entgeltbestandteile Ruhegeldfähig seien. Auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung könne § 7 VO 76 nicht dahin ausgelegt werden, dass GIZ und TAB zu berücksichtigen seien. Es fehle bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Die Vertragsparteien hätten nur die Entgeltbestandteile zum ruhegeldfähigen Einkommen zählen wollen, die ausdrücklich genannt seien. Sie hätten deutlich gemacht, welche sonstigen Entgeltbestandteile hätten Berücksichtigung finden sollen und welche nicht. Aus § 7 Abs. 2 VO76 ergebe sich, dass alle nicht ausdrücklich aufgezählten Zahlungen keine Berücksichtigung finden sollten. Für spätere, neue Zahlungen hätte es Sache der Vertragsparteien sein sollen, zu entscheiden, ob diese ruhegeldfähig seien oder nicht. Es liege auch kein Eingriff in die Versorgungsansprüche des Klägers durch die Einführung von GIZ und TAB vor. Dies gelte auch dann, wenn die vom Kläger vorgetragenen Zahlen stimmten. Es gebe keine Verpflichtung des Arbeitgebers, Lohnerhöhungen durchzuführen. Deshalb gebe es auch keine Verpflichtung, das das tariflich zu zahlende Entgelt in gleicher Weise zu erhöhen wie andere Entgeltbestandteile. Dies liege in der freien Entscheidung der Tarifvertragsparteien. Es wäre umgekehrt ein unzulässiger Eingriff in die finanzielle Planung von Arbeitgebern, würde man ohne eine entsprechende individuelle Vereinbarung sich über den eindeutigen Willen der Tarifvertragsparteien hinwegsetzen und einzelne Bestandteile als ruhegeldfähig anerkennen, die es nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eben nicht sein sollten. Der Kläger stehe durch die Nichtberücksichtigung von GIZ und TAB nicht schlechter, als wenn es überhaupt keine Lohneerhöhung gegeben hätte. Wenn die Vertragsparteien frei darin seien, Erhöhungen zu vereinbaren, könne der Arbeitgeber nicht zur Berücksichtigung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung gezwungen werden, weil diese ebenfalls freiwillig sei. Die Beklagte habe auch nicht in unzulässiger Weise bestimmte Entgeltbestandteile aus der Tabellenvergütung in die GIZ und den TAB verschoben. Die Tabellenvergütungen seien ebenfalls erhöht und nicht reduziert worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Aktenblatt 152 bis 165 verwiesen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 18.02.2022 zugestellte Urteil mit am 17.03.2022 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18.05.2022 mit am 12.05.2022 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger trägt vor, das Arbeitsgericht habe versäumt, zu untersuchen, in welchem Maße seine Tabellenvergütung nach Einführung von GIZ und TAB niedriger ausgefallen sei. Tatsächlich habe es im Durchschnitt nur eine jährliche Anpassung der Tabellenvergütung um 0,585 % gegeben, während GIZ um 1,725 % und TAB um 2,195 % jährlich gestiegen sei. Die Entwicklung seines ruhegeldfähigen Gehalts sei von der Entwicklung der Sozialversicherungsrente abgekoppelt worden. Das Arbeitsgericht verkenne, dass zum Zeitpunkt der Erstellung der VO 76 die tarifliche Situation 23 Jahr später in keiner Weise absehbar gewesen sei. Wesentlich sei, dass mit der VO 76 ein Gesamtversorgungssystem geschaffen worden sei. Damit dieses System nicht aus dem Gleichgewicht gerate, müsse das ruhegeldfähige Einkommen entsprechend den branchenüblichen Gehaltserhöhungen mitwachsen. Sonst zehre die allgemeine Rentenentwicklung die betriebliche Versorgung teilweise auf. Sinn und Zweck einer Gesamtversorgung sei es, ein Versorgungsniveau bis zum Eintritt in den Ruhestand aufrecht zu erhalten. Dies habe auch dem Willen der Vertragsparteien entsprochen. Sein ruhegeldfähiges Gehalt hätte daher in der Zeit ab 2010 entsprechend der Entwicklung von GIZ und TAB abgepasst werden müssen. Dass der reale Kaufkraftverlust für das Versorgungsniveau eine erhebliche Rolle spiele, klammere die Beklagte einfach aus. Für die Auslegung des § 7 Ziff. 1 VO 76 habe die Beklagte nichts vorgetragen. Die VO 76 sei eine Gesamtzusage und unterliege der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Unklarheiten gingen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten. Die Tatsache, dass die VO 76 die Gesamtvergütung einbeziehe und 25 bzw. 35 Jahre später von den Tarifvertragsparteien ausgehöhlt worden sei, spreche dafür, dass eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen sei. Im Ergebnis seien GIZ und TAB eine nunmehr dreigeteilte Tabellenvergütungen auf einer anderen rechtlichen Grundlage. Er habe außerdem einen Anspruch auf Anpassung seines ruhegeldfähigen Einkommens aus betrieblicher Übung, denn für einen Zeitraum von 34 Jahren Gehaltserhöhungen ohne Vorbehalt erfolgt. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass dies weiterhin so bleibe. Der Rechtsgedanke der Werterhaltung im Rahmen eines Gesamtversorgungssystems sei dem BetrAVG nicht fremd, wie § 2a Abs. 3 BetrAVG oder § 5 Abs. 1 BetrAVG zeigten. Die bei Einführung einer Gesamtversorgung festgelegten Parameter dürften nicht zum Nachteil des Versorgungsberechtigten abgeändert werden, so dass er bei Eintritt des Versorgungsfalls eines wesentlich reduzierte Leistung erhalte. Die Beschränkung der Anhebung des ruhegehaltsfähigen Einkommens stelle einen Eingriff in seine Versorgungsansprüche dar, ohne dass es darauf ankomme, ob dies unmittelbar oder mittelbar geschehen sei. Das Arbeitsgericht missachte die Drei-Stufen-Theorie des BAG. Ein Eingriff sei auch denkbar, wenn Zuwachsraten wegfielen oder reduziert würden. Dieser Eingriff sei nicht durch kollektivrechtliche Regelungen gerechtfertigt. Es fehle bereits formell an einer wirksamen Vereinbarung. Durch Tarifvertrag könne nicht in individuelle Zusagen eingegriffen werden. Sachliche Gründe lägen auch nicht vor. Die Beklagte habe hierzu auch nicht vorgetragen. Die Arbeitnehmervertretung sei bei den Tarifvertragsverhandlungen übervorteilt worden. Der Einwand der Beklagten zur wirtschaftlichen Lage sei unerheblich. Die Beklagte und ihre Schwestergesellschaft seien mehr als wohlhabend. Der lapidare Hinweis auf zu hohe Pensionsrückstellungen sei nicht ausreichend. Es finde der Rechtsgedanke des § 162 Abs. 1 BGB Anwendung. Im Ergebnis habe die Beklagte die Gesellschafter bevorzugt und die Mitarbeiter benachteiligt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 09.02.2022 - Az. 3 Ca 1147/21 - abzuändern und 1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung seiner Ansprüche aus der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung 1976, neben der jeweils gültigen Entgelttabelle auch die jeweils gültige Tabelle "garantierte individuelle Zulage" zugrunde zu legen.2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung seiner Ansprüche aus der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung 1976, neben der jeweils gültigen Entgelttabelle auch die jeweils gültige Tabelle "Tariflicher Aufstockungsbetrag" zugrunde zu legen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und trägt ergänzend vor, auf die Erhöhung der Tabellenvergütung im Verhältnis zu GIZ und TAB komme es nicht an. Auch sei unerheblich, in welchem Umfang die gesetzliche Altersrente gestiegen sei. Zu keiner Zeit habe es einen Anspruch auf Anpassung der Vergütung an die allgemeine Gehaltsentwicklung gegeben. Es sei legitim, dass der Arbeitgeber Vergütungsbestandteile einführe, die nicht zum Bemessungsentgelt der betrieblichen Altersrente zählten. Der Arbeitgeber dürfe das Versorgungsniveau selbst festlegen und von Entgelterhöhungen gänzlich absehen. Ein Verstoß gegen Grundsätze der Gesamtversorgung liege nicht vor und werde auch nicht aus dem Gleichgewicht gebracht. Es gebe auch keine betriebliche Übung auf Anpassung des ruhegeldfähigen Einkommens. Sie habe lediglich die zwischen den Sozialpartnern beschlossenen Entgelterhöhungen weitergegeben. Die Frage der Einbeziehung von GIZ und TAB sei auch kein Eingriff in die gehaltsabhängige Dynamik der VO 76. Ein Eingriff liege gar nicht vor. Daher sei auch die Drei-Stufen-Theorie nicht anzuwenden. Sie habe im Hinblick auf die VO 76 schlicht gar nichts getan. Der Ausschluss von GIZ und TAB sei durch die Tarifvertragsparteien vereinbart worden. Außerdem sei im Rahmen eines Günstigkeitsvergleichs zu berücksichtigen, dass die Lohnerhöhungen im Bereich der GIZ und des TAB nur deshalb vorgenommen worden seien, weil diese nicht ruhegeldfähig gewesen seien. Sonst wären Erhöhungen nicht in dem vorgenommenen Umfang erfolgt. Eine Nichtberücksichtigung von GIZ und TAB bei der Berechnung der Werkspension sei daher für den Kläger günstiger gewesen, weil er während des laufenden Arbeitsverhältnisses ein Mehr an Vergütung erhalten habe. Die Tarifvertragsparteien hätten auch nicht ihre Regelungskompetenz überschritten. Die Sozialpartner könnten sehr wohl neue Vergütungsbestandteile einführen und seien lediglich ihrem Regelungsauftrag nachgekommen. Sie verwahre sich gegen die Behauptung, sie habe bei der Einführung von GIZ und TAB die Tarifvertragsparteien getäuscht. Der Hinweis auf die fehlende Ruhegeldfähigkeit von GIZ und TAB in den Tarifverträgen wirke ohnehin nur deklaratorisch. Wäre sie verpflichtet, die TAB und GIZ Zahlungen bei der Werkspensionsberechnung einzubeziehen, wäre dies für ihre wirtschaftliche Lage desaströs. Die Pensionsrückstellungen müssten um 90 Millionen Euro erhöht werden. Dem Kläger wäre nicht geholfen, wenn sie dadurch insolvent werde.

Die ruhegeldfähige Monatsvergütung bestimme sich ausschließlich nach der Tabellenvergütung gemäß Anlage 1 zum jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag. Die Anlage 1 habe stets die Tabellenvergütung zum Vergütungstarifvertrag ausgewiesen. Die Benennung der ruhegeldfähigen und nicht ruhegeldfähigen Vergütungsbestandteile in § 7 VO 76 sei abschließend. Es würden gerade keine typischen Formulierungen verwendet, die für eine nicht abschließende Auflistung sprächen. Auch § 7 Ziffer 2 VO 76 spreche für eine enumerative und damit abschließende Auflistung der ruhegeldfähigen Vergütungsbestandteile. Die dort genannten Vergütungsbestandteile seien nämlich nur aufgrund einer ausdrücklichen vertraglichen Zusicherung ruhegeldfähig. Die Einführung weiterer Vergütungsbestandteile sei daher unbeachtlich. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass in der GIZ zuvor in einer Betriebsvereinbarung geregelte Zuschüsse zu Sozialversicherungsbeiträgen zusammengefasst worden seien, die auch ursprünglich nicht ruhegeldfähig gewesen seien. Es sei darauf hinzuweisen, dass sämtliche weitere Anlagen zu den Vergütungstarifverträgen schon vor Einführung der GIZ und des TAB stets nicht ruhegeldfähige Entgeltkomponenten beinhaltet hätten, nämlich die nicht ruhegeldfähige Sozialzulage nach Anlage 2 und das nicht ruhegeldfähige Urlaubsgeld nach Anlage 3. Den Parteien sei sehr wohl bewusst gewesen, dass es noch weitere Vergütungsbestandteile gegeben habe oder geben werde, die nicht ruhegeldfähig sein sollten. Auch eine Auslegung am Maßstab des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingung ändere nichts an der Eindeutigkeit, dass die Berechnung der Werkspension ohne Einbeziehung von GIZ und TAB erfolge. Für die Unklarheitenregelung bestehe kein Raum. Es gebe nur ein vertretbares Auslegungsergebnis. Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung seien nicht gegeben. Eine Regelungslücke existiere nicht, denn die Parteien der VO 76 hätten den Begriff der Monatsvergütung ausdrücklich definiert. Eine etwaige ergänzende Vertragsauslegung müsse sich innerhalb des vertraglichen Rahmens halten und dürfe die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten nicht erweitern. Eine Einbeziehung von GIZ und TAB im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung würde auch den Rechtsgrundsatz konterkarieren, wonach der Arbeitgeber bei der betrieblichen Altersversorgung frei darin sei, das versorgungsfähige Entgelt zu bestimmen. Obwohl die VO 76 nach Einführung von GIZ und TAB in anderen Punkten geändert worden sei, sei in diesem Punkt gerade keine Änderung vorgenommen worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf ihre zu Protokoll genommenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Die Berufung des Klägers ist teilweise auch begründet. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage wird auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen (§ 69 Abs. ArbGG), die mit der Berufungserwiderung auch nicht mehr angegriffen werden. Die gebotene Auslegung des § 7 Ziffern 1 und 2 VO 76 ergibt entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts, dass zur "Monatsvergütung" auch der Tarifliche Aufstockungsbetrag (TAB) in voller Höhe sowie bezüglich der Garantierten Individuellen Zulage (GIZ) der Teilbetrag, der auf den Aufstockungsbetrag im Sinne von § 2 Ziffer 3 des Tarifvertrags über Garantierte Individuelle Zulage vom 21.09.1999 entfällt, zählt (1.). Würde man dies anders sehen, wäre eine ergänzende Vertragsauslegung geboten, die zum gleichen Ergebnis führen würde (2.). Jedenfalls ist die Beklagte gemäß §§ 241 Abs. 2, 242 BGB i.V.m. mit dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB gehindert, sich auf eine etwa nicht gegebene Ruhegeldfähigkeit der Entgeltkomponenten GIZ und TAB zu berufen (3.). Demzufolge war das erstinstanzliche Urteil dementsprechend abzuändern und der Klage teilweise stattzugeben. Soweit sich der Feststellungsantrag des Klägers bezüglich der Garantierten Individuellen Zulage auch auf den Grundbetrag nach § 2 Ziffer 2 des Tarifvertrags vom 21.09.1999 erstreckt, musste demgegenüber die Berufung erfolglos bleiben (4.). Im Einzelnen hat die Kammer die nachfolgende Erwägung angestellt:

1. Die gebotene Auslegung des § 7 Ziffern 1 und 2 VO 76 ergibt, dass zur "Monatsvergütung" auch der Tarifliche Aufstockungsbetrag (TAB) in voller Höhe sowie bezüglich der Garantierten Individuellen Zulage (GIZ) der Teilbetrag, der auf den Aufstockungsbetrag im Sinne von § 2 Ziffer 3 des Tarifvertrags über Garantierte Individuelle Zulage vom 21.09.1999 entfällt, zählt.

Bei der Versorgungsordnung 1976 handelt es sich nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien um eine Gesamtzusage. Eine Gesamtzusage ist eine an alle Arbeitnehmer oder an abgrenzbare Gruppen von Arbeitnehmern in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen zu erbringen. Der Arbeitnehmer erwirbt dann einen einzelvertraglichen Anspruch hierauf, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung (§ 151 BGB) des in der Gesamtzusage enthaltenen Angebots des Arbeitgebers wird nicht erwartet. Ob eine Gesamtzusage vorliegt und welchen Inhalt sie hat, richtet sich nach den für Willenserklärungen geltenden Regeln (§§ 133, 157 BGB). Maßgeblich ist der objektive Erklärungsinhalt aus der Sicht des Empfängers (BAG, Urteil vom 22.12.2009 - 3 AZR 136/08 = NZA-RR 2010, 541 ff.; BAG, Urteil vom 16.10.2007 - 9 AZR 170/07 = NJW 2008, 1612 ff.). Nach allgemeinen Grundsätzen ist dabei auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (BGH, Urteil vom 12.10.2012 - V ZR 187/11 = NJW-RR 2013, 789 ff.; BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 4 AZR 796/08 = NZA 2010, 1183 ff. zur ergänzenden Vertragsauslegung). Zu den anerkannten Auslegungsregeln gehören insbesondere die Maßgeblichkeit des Wortlauts als Ausgangspunkt jeder Auslegung sowie die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner im Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags (BGH, Urteil vom 05.04.2006 - VIII ZR 384/04 = NJW-RR 2006, 676 ff.).

Es gibt keinen Rechtssatz, der es gebietet, dass der Arbeitgeber alle Bestandteile des Arbeitsentgelts in die Betriebsrente einfließen lassen muss. Vielmehr ist er bei der Bemessung der betrieblichen Altersversorgung frei und kann daher auch bestimmen, dass einzelne Gehaltsbestandteile nicht rentenfähig sind. Deshalb ergibt sich aus dem Umstand, dass Versorgungsordnungen wie die vorliegende, die eine sogenannte Gesamtversorgung bezwecken, noch nichts zugunsten der Rechtsauffassung des Klägers. Denn inwieweit eine Versorgungszusage den bisherigen Lebensstandard sichern will, hängt vor allem davon ab, welche Vergütungsbestandteile nach der konkreten Versorgungsordnung als versorgungsfähig bezeichnet werden. Das Versorgungsziel ist keine vorgegebene Größe, sondern ergibt sich erst durch Auslegung, bei welcher Wortsinn und Systematik im Vordergrund stehen (BAG, Urteil vom 21.01.2014 - 3 AZR 362/11 - juris; BAG, Urteil vom 19.08.2008 - 3 AZR 1101/06 = NZA-RR 2009, 274 f.; LAG Hamm, Urteil vom 05.11.2014 - 4 Sa 882/14 n. v.). Die Auslegung der fraglichen Versorgungsordnung kann ergeben, dass der Versorgungszusage bei der Frage, welche Einkünfte für die Ermittlung der Höhe der Versorgungsbezüge maßgeblich sind, ein weiter Einkommensbegriff zugrunde liegt (etwa BAG, Urteil vom 21.08.2001 - 3 AZR 746/00 = NZA 2002, 394 ff. zur Berücksichtigungsfähigkeit der erlaubten Privatnutzung eines Geschäftswagens; BAG, Urteil vom 24.04.2001 - 3 AZR 210/00 = EzA § 1 BetrAVG Nr. 75 zur Berücksichtigungsfähigkeit vermögenswirksamer Leistungen). Ebenso ist es möglich, dass die Versorgungszusage von vornherein die Bemessung der betrieblichen Altersversorgung von einer einzelnen Gehaltskomponente, etwa dem Grundgehalt, abhängig macht.

Unter Zugrundelegung dieser Auslegungsgrundsätze kommt die Kammer zum Ergebnis, dass im vorliegenden Fall der Tarifliche Aufstockungsbetrag in voller Höhe und hinsichtlich der Garantierten Individuellen Zulage anteilig 32 % als Monatsvergütung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 VO 76 bei der Berechnung der Versorgungsansprüche des Klägers zu berücksichtigen sind.

Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Norm. Mit dem Begriff der Monatsvergütung nimmt die VO 76 Bezug auf den jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag, in dem die Monatsvergütung als Anlage, gestaffelt nach Vergütungsgruppe und -stufe, in Form einer "Tabellenvergütung" ausgewiesen ist. Bei dem Begriff der Monatsvergütung handelt es sich mithin um das regelmäßig für einen Monat als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung gezahlte Arbeitsentgelt im Sinne von § 611a Abs. 2 BGB und ist damit Oberbegriff zum Monatsgehalt bzw. Monatslohn (s. auch BAG, Urteil vom 12.10.2004 - 3 AZR 444/03 = NZA 2005, 595 f; BAG, Urteil vom 19.07.2011 - 3 AZR 383/09 - juris zum Begriff "Gehalts- und Lohnsätze"). GIZ und TAB sind Bestandteil der Monatsvergütung, denn ihre Höhe bestimmt sich ebenfalls nach Tabellen in Anlagen zum jeweiligen Versorgungstarifvertrag und sie werden ebenfalls allein für die erbrachte Arbeitsleistung gezahlt ohne zusätzliche Voraussetzungen oder Zweckbestimmungen. Die Regelungen des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der A AG vom 10.05.1984 in der Fassung vom 16.10.1990 bestätigt die vorstehenden Erwägungen. Nach § 14 Ziffer III 1 MTV 1990 entspricht die an die Arbeitnehmer zu zahlende monatliche Vergütung der Tabellenvergütung nach der Vergütungstabelle des jeweils gültigen Vergütungstarifvertrages. Gleiches ergibt sich aus den Begriffsbestimmungen nach § 34 MTV 1990, dort Ziffer 20 "Tabellenvergütung". Nach Einführung der GIZ und des TAB haben die Tarifvertragsparteien den Manteltarifvertrag vom 10.05.1984 überarbeitet. Dabei ist § 14 Ziffer III 1 des Manteltarifvertrags unverändert geblieben. In § 14 Ziffer III 2 MTV 2009 ist bestimmt, dass nicht vollbeschäftigte Arbeitnehmer die Tabellenvergütung, den Tariflichen Aufstockungsbetrag sowie die Garantierte Individuelle Zulage zeitanteilig erhalten. Die Kammer teilt die Auffassung des Klägers, dass die Tarifvertragsparteien hierin ebenfalls zum Ausdruck gebracht haben, dass GIZ und TAB zur regelmäßigen monatlichen Vergütung der Arbeitnehmer der Beklagten zählen. Dies ergibt sich zunächst aus der Überschrift zu § 14 MTV 2009 "Eingruppierungsvoraussetzungen/Vergütung" sowie der Zwischenüberschrift zu § 14 Ziffer III MTV 2009 "Grundsätze der Vergütung". Dabei haben die Tarifvertragsparteien davon abgesehen, dies in § 14 Ziffer III 1 MTV 2009 für die vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ausdrücklich zu erwähnen. Es kann aber nicht angenommen werden, dass GIZ und TAB nur für die teilzeitbeschäftigten Mitarbeiter zur Vergütung zählen sollten und nicht auch für die vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer. Das Fehlen einer ausdrücklichen Erwähnung in § 14 Ziffer III 1 MTV 2009 lässt sich vielmehr zwanglos damit erklären, dass die Tarifvertragsparteien dies als selbstverständlich und damit nicht erwähnungsbedürftig angesehen haben und lediglich deshalb in § 14 Ziffer III 2 MTV 2009 für die Teilzeitbeschäftigten und für alle Vergütungsarten eine Regelung getroffen haben, um den Grundsatz der zeitanteiligen Kürzung der Tabellenbeträge klarzustellen.

Der Klammerzusatz in § 7 Abs. 1 Satz 1 VO 76 hinter dem Wort 'Monatsvergütung' "(Anlage 1 zum jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag bzw. vertraglich vereinbarte Monatsvergütung)" schränkt im vorliegenden Fall den Betriff der Monatsvergütung nicht weiter ein. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass bei der Auslegung von Tarifverträgen Klammerzusätze eine gewichtige Bedeutung haben können. Klammerzusätze zu einem bestimmten Begriff haben im Allgemeinen den Sinn, diesen Begriff zu erläutern. Das kann dazu führen, dass der durch Klammerzusatz erläuterte Begriff einen anderen Sinn erhält, als ihm nach seinem Wortlaut und im allgemeinen Sprachgebrauch ohne den Klammerzusatz zuzuerkennen wäre. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag kommt damit ein Klammerzusatz für die Bestimmung des vorangestellten Begriffs entscheidende Bedeutung zu (BAG, Urteil vom 02.11.2016 - 10 AZR 615/15 = AP Nr. 36 zu § 1 TVG Tarifverträge: Luftfahrt; BAG, Urteil vom 02.03.1988 - 4 AZR 604/87 = AP Nr. 142 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Andererseits gilt, wenn im Zusammenhang mit Begriffsbestimmungen Klammerzusätze verwendet werden, befindet sich regelmäßig das Wesentliche, nämlich die Begriffsbestimmung vor der Klammer. Deshalb wird oftmals in Klammerzusätzen nichts Eigenständiges festgelegt, sondern lediglich erklärt oder erläutert (BAG, Urteil vom 10.05.1994 - 3 AZR 721/93 = DB 1995, 328 f). Im vorliegenden Fall hat die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Klammerzusatz in § 7 Abs. 1 Satz 1 VO 76 der Begriff der Monatsvergütung durch Bezugnahme auf die Anlage 1 zum jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag eingeschränkt werden sollte. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der VO 76 waren die für die Arbeitnehmer gültigen Monatsvergütungen stets und ausschließlich in der Anlage 1 des jeweils gültigen Vergütungstarifvertrags geregelt. Dem fraglichen Klammerzusatz konnte damals mithin nicht der Zweck zukommen, den Begriff der Monatsvergütung weiter einzuschränken, zu präzisieren oder zu definieren. Ihm kommt daher allenfalls insoweit eine klarstellende Funktion zu, als durch die Bezugnahme in der Klammer klargestellt wird, dass andere Entgeltbestandteile nicht zur Monatsvergütung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 VO 76 zählen. Dies wäre freilich nicht erforderlich gewesen, weil in § 7 Ziffer 1 VO 76 unterschieden wird zwischen der Monatsvergütung einerseits (§ 7 Abs. 1 Satz 1 VO 76) und "ferner" dem ruhegeldfähigen Einkommen andererseits (§ 7 Abs. 1 Satz 2 VO 76), wobei die Monatsvergütung lediglich einen (wesentlichen) Teil des ruhegeldfähigen Einkommens darstellt. Dass dem Klammerzusatz in § 7 Abs. 1 Satz 1 VO 76 keine konstitutive Bedeutung zukommt, ergibt sich auch daraus, dass bei Erlass der Gesamtzusage der VO 76 nicht feststand und nicht feststehen konnte, dass die Tarifvertragsparteien in den Vergütungstarifverträgen die Monatsvergütung stets in einer Anlage 1 regeln würden. Es erscheint ohne weiteres vorstellbar, dass zu irgendeinem späteren Zeitpunkt die Tarifvertragsparteien zu einer anderen Regelungstechnik übergehen könnten, sei es durch Verzicht von in Anlagen geregelten Vergütungstabellen, sei es durch eine andere Anordnung der Anlagen. Dass diese Überlegung nicht lediglich hypothetisch ist, ergibt sich daraus, dass die Tarifvertragsparteien mit dem Vergütungstarifvertrag Nr. 32 vom 21.09.2018 tatsächlich in drei verschiedenen Anlagen, abhängig von der jeweiligen Laufzeit, die Tabellenvergütung ausgewiesen haben. Wenn aber zum Zeitpunkt des Erlasses der VO 76 gar nicht gesichert feststehen konnte, dass die Monatsvergütung stets und ausschließlich in der Anlage 1 zu den jeweiligen Vergütungstarifverträgen geregelt sein würde, dann kann dem Klammerzusatz jedenfalls keine konstitutive Bedeutung zukommen.

Dass zu einem späteren Zeitpunkt zunächst GIZ und dann TAB eingeführt wurden, vermag an der Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 1 VO 76 nichts zu ändern, da es auf den Zeitpunkt des Erlasses der VO 76 ankommt. GIZ und TAB haben auch im Vergleich zur Tabellenvergütung im Sinne der Anlage 1 zu den jeweiligen Vergütungstarifverträgen keinen inhaltlich abweichenden Regelungsgehalt oder eine anderweitige Struktur, sodass sich nicht aus diesem Grund eine Gleichsetzung mit der Monatsvergütung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 VO 76 verbieten würde. Auch GIZ und TAB werden regelmäßig monatlich allein für die erbrachte Arbeitsleistung gezahlt und deren Höhe bestimmt sich abhängig von der jeweiligen Vergütungsgruppe und Entgeltstufe nach Vergütungstabellen. Abgesehen von der bloßen Bezeichnung und natürlich der jeweiligen Höhe unterscheiden sie sich in nichts von der "allgemeinen" Vergütungstabelle. Dies rechtfertigt es, davon auszugehen, dass diese Vergütungskomponenten im Wege der Auslegung der VO 76 GIZ und TAB zur Monatsvergütung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 zählen.

Etwas anderes folgt nicht aus dem Umstand, dass die Tarifvertragsparteien in § 3 des Tarifvertrags über Garantierte Individuelle Zulage vom 21.09.1999 sowie in § 3 des Tarifvertrags "Tariflicher Aufstockungsbetrag und Beschäftigungssicherung" vom 28.09.2010 jeweils bestimmt haben, dass GIZ bzw. TAB nicht ruhegeldfähig sein sollen im Sinne der Versorgungsordnungen 1976 und 1998. Den Tarifvertragsparteien kam hinsichtlich der VO 76 schon keine Regelungskompetenz zu, weil es sich dabei um eine Gesamtzusage und nicht um eine tarifvertragliche Regelung handelt. Ob die Regelungen der VO 76 womöglich offen waren für eine nachfolgende kollektivrechtliche Regelung, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil die Beklagte selbst vorgetragen hat, dass gar nicht beabsichtigt gewesen sei, die VO 76 zu ändern. Konsequenterweise wird in § 3 Satz 1 des Tarifvertrags vom 28.09.2010 ausdrücklich Bezug genommen auf die VO 76 und in Satz 2 klargestellt, dass der Tarifvertrag keine Auswirkungen auf die Anpassung der laufenden Versorgungsbezüge der VO 76 habe.

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Tarifvertragsparteien nicht gehindert waren, für die neu geschaffenen Vergütungskomponenten GIZ und TAB Ruhegeldfähigkeit auszuschließen, würde dies jedenfalls gegen das Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG verstoßen. Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, dass eine günstigere individualrechtliche Norm nicht vorliege, weil sie nicht bereit gewesen wäre, im Falle der Ruhegeldfähigkeit von GIZ und TAB tarifliche Abschlüsse in gleicher Höhe zu akzeptieren. Ob eine einzelvertragliche Regelung günstiger ist als eine tarifliche, beurteilt sich nach dem sogenannten Sachgruppenvergleich. Dabei ist maßgeblich, ob die Regelungen im Tarifvertrag und der abweichenden Abmachung nach der Verkehrsanschauung denselben Regelungsgegenstand betreffen (ErfKomm/Franzen, 23. Auflage 2023, § 4 TVG Rn. 38 mit weiteren Nachweisen). Der erforderliche sachliche Zusammenhang fehlt im vorliegenden Fall, weil die Vergütungskomponenten GIZ und TAB die Höhe des Arbeitsentgelts betreffen, während die VO 76 Versorgungsansprüche regelt. Nach der Verkehrsanschauung ist damit nicht derselbe Regelungsgegenstand betroffen. Auf die Frage, ob die Regelung in § 7 VO 76 abschließend bestimmt, welche Entgeltbestandteile ruhegeldfähig sind, kommt es demnach gar nicht an, weil die Auslegung ergibt, dass GIZ und TAB Monatsvergütung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 VO 76 sind.

Dessen ungeachtet hält die Kammer die Regelungen des § 7 Ziffern 1 und 2 VO 76 aber auch nicht für abschließend. Bei der Bestimmung des ruhegeldfähigen Einkommens wurde der VO 76 ersichtlich ein weiter Ruhegeldbegriff zugrunde gelegt. Neben der Monatsvergütung selbst wurden zahlreiche weitere Entgeltkomponenten, nämlich Vorarbeiterzulagen, Zulagen nach § 33 MTV, ruhegeldfähige Anteile der Zulage der nach § 19 MTV sowie anteilig die 13. Monatsvergütung, unter bestimmten Voraussetzungen außerdem Schichtzuschläge, für berücksichtigungsfähig erklärt. Diese Aufzählung ist nicht abschließend, weil in § 7 Ziffer 2 VO 76 eine negative Abgrenzung vorgenommen wird, die aber ihrerseits nicht abschließend ist, denn nur Tantiemen, Einmal- oder Sonderzahlungen werden nicht als ruhegeldfähig anerkennt, sofern eine entsprechende vertragliche Zusicherung fehlt. Dies lässt nicht den Schluss darauf zu, dass andere Entgeltbestandteile als solche, die in § 7 Ziffer 1 VO 76 genannt sind, von vornherein nicht als Teil des ruhegeldfähigen Einkommens in Betracht kommen. Wäre dies gewollt gewesen, wäre es ein Leichtes gewesen, eben dies zum Ausdruck zu bringen. Stattdessen werden nur bestimmte Entgeltkomponenten, nämlich Tantiemen, Einmal- und Sonderzahlungen in § 7 Ziffer 2 VO 76 aufgezählt, denen gemein ist, dass sie nicht regelmäßig und nicht in gleichbleibender Höhe gewährt werden. Daraus ist abzuleiten, dass nur im Wege der Auslegung jeweils geklärt werden kann, ob Entgeltkomponenten, die weder unter § 7 Ziffer 1 noch unter § 7 Ziffer 2 VO 76 fallen, ruhegeldfähig sind oder nicht. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, es stehe dem Arbeitgeber frei, zu bestimmen, welche Einkommensbestandteile ruhegeldfähig sein sollen und welche nicht, trifft dies zwar im Ansatz zu. Hat er aber einmal eine Versorgungszusage erteilt, bleibt er hieran gebunden.

Unter Beachtung des weiten Ruhegeldbegriffs ist davon auszugehen, dass die hier im Streit stehenden Entgeltkomponenten GIZ und TAB ruhegeldfähig sind, weil sie den in § 7 Ziffer 1 VO 76 ausdrücklich benannten Entgeltkomponenten zumindest entsprechen.

2. Würde man abweichend von den unter Ziffer 1 dargestellten Ausführungen davon ausgehen, dass § 7 VO 76 auch nach der gebotenen Auslegung keine Regelung über die Ruhegeldfähigkeit der Entgeltkomponenten GIZ und TAB enthält, käme man jedenfalls zum gleichen Ergebnis über eine ergänzende Vertragsauslegung.

Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist, dass eine vertragliche Vereinbarung eine Regelungslücke - eine planwidrige Unvollständigkeit - aufweist. Eine Regelungslücke liegt dann vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht für regelungsbedürftig gehalten haben, sofern sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer planwidrigen Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrundeliegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (BAG, Urteil vom 17.04.2012 - 3 AZR 803/09 - juris). Auch eine nachträglich entstandene Regelungslücke kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden. An die Stelle der lückenhaften Klausel tritt bei der ergänzenden Vertragsauslegung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten. Eine ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der allgemeinen Geschäftsbedingungen, zu denen auch Gesamtzusagen zählen, hat sich zu orientieren an einem objektiv-generalisierenden, am Willen und dem Interesse der typischerweise an Geschäften der fraglichen Art beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Maßstab. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt zur Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch dann, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundsätze des konkreten Vertrags "zu Ende gedacht" werden (BAG, Urteil vom 06.07.2011 - 4 AZR 501/09 = AP Nr. 91 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 4 AZR 796/08 = NZA 2010, 1183 ff.; BGH, Urteil vom 20.09.1993 - II ZR 104/92 = NJW 1993, 3193 ff.).

Unterstellt man, dass die Frage, ob GIZ und TAB zum ruhegeldfähigen Einkommen im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 VO 76 zählen, nicht bereits im Wege der einfachen Vertragsauslegung zu klären ist, wären jedenfalls die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung erfüllt. Da, wie gezeigt, die Regelungen in § 7 Ziffern 1 und 2 VO 76 jedenfalls nicht abschließend sind, läge dann eine Regelungslücke vor und diese wäre auch planwidrig, denn zum Zeitpunkt der Errichtung der VO 76 waren die Entgeltkomponenten GIZ und TAB naturgemäß nicht bekannt und konnten deshalb auch nicht berücksichtigt werden. Unter Berücksichtigung der Interessenlage zum Zeitpunkt des Erlasses der VO 76 ist nach dem mutmaßlichen Parteiwillen davon auszugehen, dass die Entgeltkomponenten GIZ und TAB in den Katalog der ruhegeldfähigen Einkommensbestandteile aufgenommen worden wären, hätte die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin bei dem Erlass der Gesamtzusage der VO 76 die spätere Schaffung der Gehaltskomponenten GIZ und TAB bedacht. Dies lässt sich daraus ableiten, dass die insgesamt nach § 7 Ziffer 1 VO 76 genannten Entgeltkomponenten nicht nur das Grundgehalt bzw. die Tabellenvergütung erfasst, sondern darüber hinaus alle Entgeltkomponenten einbezieht, die den Beschäftigten regelmäßig zufließen und die damit den Lebensstandard der begünstigten Arbeitnehmer prägten. Dabei ist mit zu berücksichtigen, dass die VO 76 als Gesamtversorgungszusage bezweckt hat, den im Arbeitsleben erreichten Lebensstand im Ruhestand abzusichern. Da GIZ und TAB ohne weitere Voraussetzungen oder besondere Zweckbestimmung regelmäßig in gleichbleibender Höhe an die aktive Belegschaft der Beklagten gezahlt werden, ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der VO 76 die Beklagte GIZ und TAB in den Katalog des ruhegeldfähigen Einkommens nach § 7 Abs. 1 VO 76 einbezogen hätte, hätte sie daran gedacht, dass derartige Entgeltkomponenten zu einem späteren Zeitpunkt geschaffen werden könnten. Dass die Beklagte mittlerweile, bei Einführung von GIZ und TAB, dies nicht mehr möchte, ist unbeachtlich.

3. Selbst wenn man davon ausginge, dass sich im Rahmen der Vertragsauslegung und der ergänzenden Vertragsauslegung der in den Tarifverträgen vom 21.09.1999 und vom 28.09.2010 zum Ausdruck kommende Wille, GIZ und TAB bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen Einkommens im Sinne von § 7 VO 76 unberücksichtigt zu lassen, durchsetzen würde, könnte die Beklagte damit dennoch nicht gehört werden. Sie hat im Rahmen der Tarifvertragsverhandlungen die Interessen der durch die VO 76 begünstigten Anwartschaftsberechtigten grob missachtet, was eine Verletzung der §§ 241 Abs. 2, 242 BGB i.V.m. dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB darstellt. Nach der sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebenden Leistungstreuepflicht müssen die Parteien alles unterlassen, was den Eintritt des Leistungserfolgs und die Verwirklichung des Vertragszwecks gefährden oder vereiteln könnte (MüKoBGB/Bachmann, 9. Aufl. 2022, § 241 Rn. 111). § 162 BGB bringt den im Schuldrecht allgemein gültigen Grundsatz zum Ausdruck, dass treuwidriges Parteiverhalten generell nicht dazu führen darf, dass eine Vertragspartei zulasten der anderen durch die von ihr treuwidrig herbeigeführte Lage Vorteile ziehen darf (MüKoBGB/Westermann, 9. Auflage 2021, § 162 Rn. 18).

Würde man annehmen, dass die neu geschaffene Entgeltkomponenten GIZ und TAB zum Nachteil der Versorgungsanwartschaftsberechtigten nicht zum ruhegeldfähigen Einkommen zählten, weil dem die einschlägigen tariflichen Vorschriften entgegenstünden, würde der Beklagten ein derartiger Vorwurf des Verstoßes gegen die Leistungstreuepflicht zur Last fallen. Als Partei der fraglichen Tarifverträge vom 21.09.1999 und vom 28.09.2010 hätte sie die Pflicht gehabt, die Interessen der Versorgungsanwartschaftsberechtigten angemessen zu berücksichtigen, denn diesen war, wie gezeigt, eine den bisherigen Lebensstandard bewahrende Altersversorgung durch die Bestimmungen der VO 76 zugesagt. Aufgrund der ihnen erteilten Versorgungszusage durften sie insbesondere davon ausgehen, dass sie keine Eigenvorsorge für ihren späteren Ruhestand treiben müssten.

Allerdings hat es das Bundesarbeitsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung mehrfach gebilligt, dass Tarifvertragsparteien neue nicht ruhegeldfähige Zulagen als Vergütungsbestandteil schaffen. Mit Urteil vom 27.03.2007 (3 AZR 60/06 = NZA 2008, 133 ff.) hat es eine neu eingeführte Entgeltkomponente - auch im Bereich der Versorgungswirtschaft und ebenfalls als "Garantierte Individuelle Zulage" bezeichnet - gebilligt. In einer Entscheidung vom 19.07.2011 (3 AZR 383/09 - juris) hat es die Schaffung eines neu eingeführten tariflichen "Aufstockungsbetrag (AB2) der GIZ" ebenfalls nicht beanstandet. Auch in einem aktuellen Urteil vom 25.01.2022 (3 AZR 345/21 - juris) akzeptierte es eine durch Betriebsvereinbarung eingeführte neue Entgeltkomponente "variable Zulage (WAZ)" als nicht ruhegeldfähig.

In einem Urteil vom 10.12.2019 (3 AZR 478/17 = AP Nr. 79 zu § 1 BetrAVG) hat das Bundesarbeitsgericht eine auf einzelvertraglicher Grundlage vorgenommene Aufteilung von Gehaltsansprüchen in ein monatliches betriebsrentenfähiges Grundgehalt und eine monatliche feste Zulage, die nicht betriebsrentenfähig sein sollte, für wirksam erachtet. Zugleich hat es allerdings das Interesse des klagenden Arbeitnehmers an einem Kaufkrafterhalt seines betriebsrentenfähigen Entgelts ausdrücklich (Rn. 75) anerkannt. In jenem Verfahren sah das BAG dessen Interessen als gewahrt, weil dort das monatliche Grundgehalt im fraglichen Zeitraum sogar stärker angehoben wurde als die monatliche Zulage.

Im vorliegenden Fall ergibt sich demgegenüber eine deutliche Fehlentwicklung im Vergleich zwischen dem unstreitig versorgungsfähigen Einkommen gemäß der jeweiligen Vergütungstabelle und der Entwicklung der Gehaltskomponenten GIZ und TAB.

Der ursprüngliche Versorgungsgrad nach § 9 VO 76 hat für die begünstigten Anwartschaftsberechtigten nach 30 Dienstjahren unter Berücksichtigung eines Abschlagsfaktors von 0,977 bei 73,275 % gelegen. Bezogen auf den Zeitpunkt der Klageerhebung im August 2021 lag er nur noch bei 59,14 %. Am Beispiel des Klägers, der in die Tarifgruppe 13/Endstufe eingruppiert war, errechnet sich das wie folgt: Gemäß Tabelle in Anlage 1 des Vergütungstarifvertrags Nr. 33 vom 12.04.2021 hat seine Tabellenvergütung im August 2021 nach Anlage 1 (Teil A!) 4.276,00 € betragen, die GIZ nach Anlage 2 (Teil A) 525,00 € und der TAB nach Anlage 3 (Teil A) weitere 498,00 €, sodass GIZ und TAB zusammen mehr als 19 % seines gesamten Gehalts ausmachten. Die Schieflage in der Gehaltsentwicklung wird auch darin deutlich, dass das Tabellenentgelt des Klägers in der Zeit vom 01.11.1999 bis zum 31.08.2021 lediglich um - aufaddiert - 6,85 Prozentpunkte (ohne Arbeitszeitverkürzung um eine Stunde) angehoben wurde, während die zum 01.11.1999 eingeführte GIZ im gleichen Zeitraum von 181,00 € (umgerechnet auf Euro) auf 525,00 € und damit um 290,1 % erhöht wurde. Der Ausgangswert des zum 01.07.2010 eingeführten TAB für die Tarifgruppe 13/Endstufe ist nicht vorgetragen. Die Kammer weiß aber aus einem Parallelverfahren (4 Sa 1060/21), dass dieser Wert für die Entgeltgruppe 15/Endstufe 79,00 € betragen hat. Rechnet man zugunsten der Beklagten mit diesem Wert weiter, dann hat sich der Tabellenbetrag im genannten Zeitraum jedenfalls um 630 % auf 498,00 € erhöht. Zum Vergleich: Der Verbraucherpreisindex für Deutschland (Basis: 2015 = 100) ergab für Zeitraum Oktober 1999 bis August 2021 eine prozentuale Veränderung von 39,7 %. Nach dem Flächentarifvertrag TV-Versorgungsbetriebe stiegen die Gehälter, bezogen auf die (höchste) Entgeltgruppe 15, Stufe 6, seit Einführung des TV-V zum 01.04.2002 bis zum 31.08.2021 um 52,7 %.

Aus diesen Vergleichszahlen wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien bei den im Bereich der Beklagten gültigen Tarifverträgen systematisch die Entgeltentwicklung nach der Anlage 1 des jeweiligen Vergütungstarifvertrags zugunsten der neu eingeführten Gehaltskomponenten GIZ und TAB ausgehöhlt haben. Ein plausibler Grund, außer der Absenkung der Versorgungsanwartschaften, ist hierfür nicht ersichtlich. Selbst wenn man annimmt, dass eine Einbeziehung der Gehaltskomponenten GIZ und TAB in das versorgungsfähige Einkommen nach der VO 76 für die Beklagte logischerweise "teurer" geworden wäre und es deshalb durchaus lebensnah ist, anzunehmen, dass die tariflichen Vergütungserhöhungen insgesamt geringer ausgefallen wären, wären GIZ und TAB in vollem Umfang ruhegeldfähig gewesen, entband dies die Beklagte als tarifschließende Partei nicht von ihrer Verpflichtung, auch die Interessen ihrer Versorgungsanwartschaftsberechtigten zu berücksichtigen. Dass dies missachtet wurde, wird insbesondere darin deutlich, dass nach § 2 Abs. 5 des Tarifvertrags über Garantierte Individuelle Zulage vom 21.09.1999 wie auch nach § 2 Ziffer 3 Satz 1 des Tarifvertrags "Tarifliche Aufstockungsbetrag und Beschäftigungssicherung" vom 28.09.2010 die Tarifvertragsparteien ihre Absicht bekundet haben, bei künftigen prozentualen Änderungen der Tabellenvergütung die zusätzlichen Vergütungskomponenten (nur) in entsprechender Höhe anzupassen. Daran haben sie sich nachfolgend in keiner Weise gehalten und das Verhältnis zwischen Tabellenvergütung und GIZ und TAB zum Nachteil der Anwartschaftsberechtigten immer weiter in Richtung der vermeintlich nicht ruhegeldfähigen Vergütungskomponenten verschoben. Damit haben sie zugleich auch ihren in den Präambeln der Tarifverträge vom 21.09.1999 und vom 28.09.2010 niedergelegten Willen, "angesichts der geringfügigen Verteilungsspielräume im diesjährigen Vergütungstarifabschluss die Einkommensverbesserung der aktiven Arbeitnehmer in den Mittelpunkt" zu stellen, ad absurdum geführt, denn seit dem Tarifabschluss 1999 gaben sie mit jedem einzelnen Vergütungstarifvertrag stets den Interessen der aktiven Arbeitnehmer den Vorrang. Der Sache nach haben die Tarifvertragsparteien nichts anderes getan, als die Beklagten dabei zu unterstützen, eine als zu teuer empfundene Versorgungszusage über die Einführung neuer Entgeltkomponenten bei der allgemeinen Tarifentwicklung auszuhöhlen, anstatt das für verschlechternde Eingriffe in erteilte Versorgungszusagen zur Verfügung stehende Instrumentarium zu nutzen, was freilich mit Risiken verbunden gewesen wäre. Rechtsfolge der Verletzung der Leistungstreuepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB ist in entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 2 BGB, dass die benachteiligten Anwartschaftsberechtigten verlangen können, dass die neu geschaffenen Entgeltkomponenten GIZ und TAB bei der Berechnung ihrer Werkspension berücksichtigt werden.

4. Der Feststellungsantrag des Klägers zu Ziffer 1 konnte dennoch nicht in vollem Umfang erfolgreich sein, weil die Kammer berücksichtigen musste, dass ursprünglich die Garantierte Individuelle Zulage nach dem Tarifvertrag vom 21.09.1999 aus zwei Komponenten bestand, nämlich dem Grundbetrag sowie einem Aufstockungsbetrag. Die vorstehenden Ausführungen gelten nur für den Aufstockungsbetrag, aber nicht für die Teilkomponente "Grundbetrag". Dabei handelt es sich um eine Leistung des Arbeitgebers, die zuvor in der Betriebsvereinbarung über Zuschüsse zu Sozialversicherungsbeiträgen vom 01.12.1998 geregelten war und unstreitig zu keinem Zeitpunkt ruhegeldfähig war oder es sein sollte. Nach der höchsten Entgeltgruppe/Stufe 11 wurde die Garantierte Individuelle Zulage zum 01.11.1999 auf 368,00 DM, mithin 188,16 €, festgesetzt. Dabei entfiel auf den "Grundbetrag" ein Teilbetrag in Höhe von 250,00 DM. Die Differenz von 118,00 DM ergibt den Aufstockungsbetrag. Das entspricht gerundet einem Anteil von 32 %. Zugunsten der Beklagten hat die Kammer unterstellt, dass diese prozentuale Verteilung zwischen Grundbetrag und Aufstockungsbetrag der GIZ gleich geblieben ist, denn sie wäre auch bei einem Fortbestand der Betriebsvereinbarung über Zuschüsse zur Sozialversicherung nicht gehindert gewesen, die diesbezüglichen Leistungen in gleichem Umfang zu dynamisieren. Die Kammer verkennt nicht, dass die weitere Entwicklung in der Höhe der GIZ eher gegen diese Annahme spricht und gegen eine prozentuale Aufteilung der GIZ in einen Grundbetrag und einen Aufstockungsbetrag auch der Umstand spricht, dass der Grundbetrag entsprechend der Vorgängerregelung für alle Vollzeitbeschäftigten ungeachtet ihrer Eingruppierung pauschal 250,00 DM betragen hat. In typisierender Betrachtungsweise hielt es die Kammer aber in entsprechender Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO für geboten, eine prozentuale Betrachtungsweise vorzunehmen, was zugleich für die darunterliegenden Entgeltgruppen einen gewissen Ausgleich dafür schafft, dass die Tarifvertragsparteien bei der Fortschreibung der Tabellen zur GIZ ersichtlich nicht mehr die ursprüngliche Komponente der GIZ, nämlich den Grundbetrag, im Blick hatten.

5. Nach alledem war der Sache nach dem Antrag des Klägers zu Ziffer 2, bezogen auf den Tariflichen Aufstockungsbetrag, uneingeschränkt stattzugeben und dem Antrag Ziffer 1 hinsichtlich der Garantierten Individuellen Zulage lediglich in Höhe von 32 %.

Zur Klarstellung hat die Kammer bei der Tenorierung die Feststellungsanträge unter Berücksichtigung der gebotenen Auslegung präzisiert. In dem genannten Umfang war mithin das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Hagen abzuändern, wohingegen die weitergehende Berufung des Klägers zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zuzulassen.

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