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Urteil vom 27.01.2023 · IWW-Abrufnummer 236104

Hessisches Landesarbeitsgericht - Aktenzeichen 14 Sa 359/22

Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird nicht dadurch erschüttert, dass die Arbeitnehmerin am letzten Tag ihrer Erkrankung am Reitstall angetroffen wird.

Mit der Anschlussberufung kann ein vom Arbeitsgericht übergangener Anspruch geltend gemacht werden, wenn ein fristgerechter Antrag nach § 321 ZPO unterblieben ist (BAG 15.11.2012 - 6 AZR 373/11-Juris).

Allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber dem Auskunftsverlangen der (ehemaligen) Arbeitnehmerin nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht innerhalb der Frist des Art. 12 Abs. 3 DSGVO nachkommt, begründet einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO, ohne, dass es darauf ankommt, ob ein "konkreter" Schaden nachgewiesen wird (vgl. BAG EuGH-Vorlage vom 26.08.2021 - 8 AZR 253/20 (A) - NZA 2021,1713). Dass insoweit kein Schaden in Rede steht, der aus der aus der Verarbeitung von Daten resultiert, steht dem Schadensersatzanspruch nicht entgegen (offengelassen BAG 11.05.2023 -2 AZR 363/21- Juris).

Das Ausmaß des Verschuldens des Arbeitgebers ist bei der Höhe des nach § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu schätzenden Schadensersatzanspruchs zu berücksichtigen (vgl. BAG EuGH-Vorlage vom 26.08.2021 - 8 AZR 253/20 (A) - NZA 2021,1713).


Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 29.11.2021 ‒ 10 Ca 321/21 ‒ teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich des Antrags auf Schadensersatz wegen Verletzung von Art. 13 DSGVO vollständig abgewiesen.

lm Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 29.11.2021 ‒ 10 Ca 321/21 ‒ teilweise abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 1.000 Euro Schadensersatz wegen Verletzung der Auskunftspflicht nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO zu zahlen. Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen.

Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 77% und der Beklagte 23% zu tragen. Von den Kosten der Berufung hat die Klägerin 81% und der Beklagte 19% zu tragen.

Die Revision wird für den Beklagten zugelassen, soweit über einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Auskunftspflicht nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO entschieden worden ist. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in der zweiten Instanz noch über eine außerordentliche, arbeitgeberseitige Kündigung und um Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen Verletzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Die 1997 geborene Klägerin war bei dem Beklagten seit dem 1. März 2021 als Rechtsanwaltsfachangestellte beschäftigt. Ihr Bruttomonatsgehalt betrug 2.300 Euro.

Der Beklagte, in dessen Kanzlei regelmäßig weniger als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten tätig sind, sprach der Klägerin gegenüber unter dem 30. August 2021, der Klägerin am gleichen Tag zugegangen, die außerordentliche, hilfsweise die ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin aus, wobei das Schreiben insoweit das Datum 13. September 2021 nennt.

Der Beklagte hat im Zusammenhang mit dem gegen die Klägerin erhobenen Kündigungsvorwurf des Arbeitszeitbetrugs wegen Vortäuschens einer Arbeitsunfähigkeit ein Strafverfahren angestrengt.

Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens, ihrer Anträge, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat der Klage durch Urteil vom 29. November 2021 hinsichtlich des beschränkten Kündigungsschutzantrags, des Antrags auf Zeugniserteilung ‒ insoweit ist das Urteil rechtskräftig ‒ und hinsichtlich des begehrten Schadensersatzes in Höhe von 2.000 Euro stattgegeben. Eine Klageabweisung im Übrigen ist nicht tenoriert.

Das Arbeitsgericht hat das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB verneint, weil der Beklagte seinen Vorwurf, die Klägerin habe ihre Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht, nicht durch hinreichenden Tatsachenvortrag belegt habe. Den für den Krankheitszeitraum existierenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen komme grundsätzlich ein hoher Beweiswert zu, diesen durch objektive Tatsachen zu erschüttern, sei dem Beklagten nicht gelungen. Insbesondere erschüttere auch der Aufenthalt der Klägerin am 30. August 2021 im Reitstall den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht, da die Klägerin nicht behauptet habe, an diesem Tag bettlägerig zu sein. Die von ihr vorgetragene Erkältungserkrankung stehe zu einem Besuch im Reitstall nicht in Widerspruch, da der Aufenthalt in der frischen Luft bei Erkältungskrankheiten durchaus genesungsfördernd sei. Ein Verbot, das Haus zu verlassen, folgt aus einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich nicht. Vor diesem Hintergrund komme es auch nicht darauf an, ob die Klägerin ausgeritten sei. Auch dass die Klägerin mitgeteilt hatte, sie befürchte, an Corona erkrankt zu sein oder behauptet hat, der Arzt habe ihr empfohlen, in Quarantäne zu gehen, stellten keine Tatsachen dar, die den Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hätten erschüttern können. Die Aussage der Klägerin, sie befinde sich in Quarantäne, habe nach den Gesamtumständen in richtiger Art und Weise eingeordnet werden können, nämlich dahingehend, dass eine behördliche Anordnung nicht vorlag.

Da die Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats betrage, ende das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der hilfsweise ordentlichen Kündigung mit Ablauf des 30. September 2021.

Das Arbeitsgericht befindet, der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen Verletzung ihrer Auskunftsansprüche nach Art. 15 DSGVO zu, da der Beklagte personenbezogene Daten der Klägerin verarbeite. Die Klägerin habe ihren Auskunftsanspruch wirksam geltend gemacht, insbesondere ergebe sich aus ihrem Schreiben vom 27. September 2021 eindeutig, welche Auskunft sie von wem auf welcher Grundlage begehre. Der Beklagte behaupte auch nicht, keine Kenntnis von dem Schreiben erlangt zu haben. Da der Beklagte die Auskunftsansprüche nicht erfüllt habe, sei er der Klägerin nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO schadensersatzpflichtig. Hiernach löse auch ein immaterieller Schaden die Schadensersatzverpflichtung aus, der bereits dann entstehen könne, wenn die von der Verarbeitung personenbezogener Daten betroffene Person daran gehindert werde, die sie betreffenden personenbezogenen Daten zu kontrollieren. Unter Berücksichtigung und Abwägung der Umstände des Einzelfalls sei ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 1.000 € pro Auskunftsanspruch angemessen.

Wegen der arbeitsgerichtlichen Begründung wird im Übrigen auf die angegriffene Entscheidung verwiesen (Bl. 73-78 d.A.).

Der Beklagte hat gegen das ihm am 17. Januar 2022 zugestellte Urteil am 17. Februar 2022 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. April 2022 (Ostermontag) mit am 18. April 2022 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangener Berufungsbegründung begründet.

Er rügt, das Arbeitsgericht habe nicht gewürdigt, dass die Klägerin bereits am 24. August 2021 gegenüber den bei ihm angestellten Rechtsanwälten A und B mehrfach über den Tag verteilt mitgeteilt habe, sie fürchte, am Coronavirus erkrankt zu sein, diese jedoch keinerlei Anzeichen für eine Erkrankung der Klägerin wahrnehmen konnten. Weiteres Indiz für das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit durch die Klägerin sei, dass diese unstreitig am 24. August 2021 morgens mitgeteilt habe, sie sei die nächsten zwei Tage zunächst in Quarantäne. Diese nach seiner Überzeugung falsche Aussage habe ebenfalls dazu gedient, den geplanten Arbeitszeitbetrug vorzubereiten bzw. zu unterstützen. Ein weiteres Indiz für einen Arbeitszeitbetrug stellt es dar, dass die Klägerin für einen vorgeblichen einheitlichen Krankheitsablauf verschiedene Ärzte aufgesucht habe.

Der Beklagte behauptet, die Klägerin sei auch am 26. August 2021 nicht zu Hause, sondern im Reitstall gewesen. Er meint, das Arbeitsgericht habe die Frage untersuchen müssen, ob sich die Klägerin trotz einer angeblichen Quarantäne aus dem Haus begeben und möglicherweise auch Kontakt zu anderen Personen gehabt habe. Mit ihrer Textnachricht vom 29. August 2021 habe die Klägerin zudem vorgetäuscht, bettlägerig zu sein. Aus diesen objektiven Tatsachen habe das Arbeitsgericht die Erschütterung des Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen folgern müssen.

Der Beklagte meint, die Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz sei rechtsfehlerhaft, weil zum einen keine ordnungsgemäße Aufforderung zur Auskunftserteilung erfolgt und zum anderen kein Schaden eingetreten sei. Die Klägerin wisse genau, welche Daten bei ihm über sie gespeichert seien, da sie im Arbeitsverhältnis vollen Zugriff auf die Adressdatenbank und die dort gespeicherten Daten gehabt habe. Wegen des vom Beklagten insoweit in Bezug genommenen Screenshots wird auf Bl. 98 der Akte verwiesen. Außerdem legt der Beklagte in der Berufungsinstanz den von der Klägerin ausgefüllten Personalbogen und die Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse vor. Insoweit wird auf Bl. 100-103 der Akte Bezug genommen. Der Beklagte meint zudem, der Schadensersatzanspruch diene nur dazu, sich für die fristlose Kündigung zu revanchieren und sei deshalb rechtsmissbräuchlich.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 29. November 2021 ‒ 10 Ca 321/21 ‒ teilweise abzuändern und die Zahlungsklage sowie die Kündigungsschutzklage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen sowie im Wege der Anschlussberufung das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 29. November 2021 ‒ 10 Ca 321/21 ‒ teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin wegen der nicht erteilten Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 und 2 DSGVO sowie wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 DSGVO Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts nach § 287 ZPO gestellt wird, einen weiteren Betrag von 9.000,00 Euro jedoch nicht unterschreiten sollte; an die Klägerin wegen der nicht erfüllten Informationspflicht nach Art. 13 DSGVO Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts nach § 287 ZPO gestellt wird, einen Betrag von 9.000,00 Euro jedoch nicht unterschreiten sollte.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts soweit sie obsiegt hat und meint, das Arbeitsgericht habe schlüssig begründet, dass der Vortrag des Beklagten, sie habe angegeben, gegebenenfalls an Corona erkrankt zu sein und sich daher in Quarantäne begeben zu müssen, nicht geeignet sei, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern. Selbst wenn sie gegen die Anordnung einer Quarantäne verstoßen hätte, ändere dies nichts an der Tatsache, dass sie arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Auch ihre Anwesenheit im Reitstall am 30. August 2021 habe das Arbeitsgericht zutreffend gewürdigt, zumal der Beklagte nicht einmal behaupte, sie sei bei ihrem Antreffen an diesem Tag bester Gesundheit gewesen. Insgesamt verkenne der Beklagte, dass es nicht darauf ankomme, ob eine Quarantäne bestanden habe oder ob sie an Corona erkrankt gewesen sei, sondern darauf, dass sie arbeitsunfähig war.

Ebenfalls zutreffend habe das Arbeitsgericht dem Grunde nach ihren Anspruch auf Schadensersatz nach der DSGVO bejaht. Insbesondere sei es zutreffend von einem ordnungsgemäßen Auskunftsverlangen sowie davon ausgegangen, dass ein konkreter Schaden nach Art. 82 Abs. 1 DSG VO nicht erforderlich sei. Die Klägerin meint schließlich, auch mit der Berufungsbegründung habe der Beklagte keine ordnungsgemäße Auskunft erteilt.

Die Klägerin hat, nachdem ihr die Berufungsbegründungsschrift am 26. April 2022 zugestellt worden ist, am 25. April 2022 eine Anschlussberufungsschrift, die Anschlussberufungsbegründung enthaltend, beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingereicht und begehrt insoweit einen höheren Schadensersatz.

Sie ist der Auffassung, das Gericht habe zu Recht zwei Verstöße gegen die DSGVO festgestellt. Zu beanstanden sei jedoch die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes. Ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 500 Euro pro verletztem Recht und Monat sei eklatant zu niedrig bemessen. So sei etwa zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Beklagten um einen Rechtsanwalt und Notar mit erheblichem Jahresumsatz handele. Zu beachten sei zudem die Ausgleichsfunktion, die Präventionsfunktion und die Sanktionsfunktion der Ersatzpflicht.

Es bestehe ein Anspruch auf Herausgabe einer Kopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO wegen dessen Verletzung der Beklagte Schadensersatz schulde. Der Beklagte habe sie von seiner Tochter und Auszubildenden im Krankenstand unautorisiert fotografieren lassen. Diese habe das Bild unautorisiert in der Berufsschule einem undifferenzierten Personenkreis gezeigt. Weiter habe der Beklagte vorgetragen, dass er sie trotz nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit anlasslos von seinen Angestellten habe bespitzeln lassen. Auch insoweit handelt es sich um personenbezogene Daten, über deren Verarbeitung der Beklagte Rechenschaft schulde.

Schließlich habe der Beklagte gegen seine Pflicht zur Auskunftserteilung nach Art. 15 Abs. 1, 2 DSGVO verstoßen und diese auch mit der Berufungsbegründungsschrift nicht erfüllt.

Im Berufungstermin am 9. Dezember 2022 stellte die Klägerin klar, sie begehre insgesamt mindestens 9.500 Euro Schadensersatz wegen Verstoßes gegen die Auskunftspflicht nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO, 250 Euro wegen Verstoßes gegen Art. 15 Abs. 2 DSGVO und 250 Euro im Hinblick auf einen Verstoß gegen Art. 6 DSGVO und weitere 9.000 Euro für die Verletzung der Informationspflicht nach Art. 13 DSGVO. Sie bestätigte zudem, dass Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens entsprechend der Antragsformulierung Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die Verletzung von Art. 15 Abs. 1, Art. 15 Abs. 2, Art. 6 und Art. 13 der DSGVO sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens und Anschlussberufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 9. Dezember 2022 verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung des Beklagten hat nur in geringem Umfang, nämlich im Hinblick auf den zuerkannten Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen Verletzung der Pflichten aus Art. 13 DSGVO Erfolg.

I.

Die Berufung ist allerdings zulässig.

1.

Die Berufung ist statthaft, §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 2 b, c ArbGG und form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 517, 519 ZPO.

2.

Die Berufungsbegründung erfüllt auch noch die Voraussetzungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Begründung der Berufung auch im Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen anwendbar. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die Regelung des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungskläger die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Die Berufungsbegründung muss sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (vgl. BAG 19. Februar 2013 ‒ 9 AZR 543/11 ‒ AP Nr. 48 zu § 64 ArbGG 1979; BAG 15. März 2011 ‒ 9 AZR 813/09 ‒ AP Nr. 44 zu § 64 ArbGG 1979). Auch genügt es nicht, in der Berufungsbegründung einen Rechtsfehler des erstinstanzlichen Gerichtes zu rügen, vielmehr muss auch dessen Entscheidungserheblichkeit dargelegt werden (BGH 1. Oktober 2009 ‒ VII ZB 43/09 ‒juris). Nicht erforderlich ist jedoch, dass die vom Berufungskläger erhobenen Rügen schlüssig oder auch nur vertretbar sind.

b) Hiernach ist die Berufung, soweit sie sich gegen die Stattgabe der Kündigungsschutzklage wendet, zulässig. Die Berufungsbegründung setzt sich gerade noch ausreichend mit der Argumentation des Arbeitsgerichts auseinander, dass und warum die von der Klägerin eingereichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in ihrem Beweiswert nicht erschüttert ist. Der Beklagte macht insoweit geltend, in der Ankündigung einer Coronaerkrankung durch die Klägerin am 24. August 2021 trotz nicht wahrnehmbarer Krankheitszeichen, dem widersprüchlichen Verhalten der Klägerin im Hinblick auf die behauptete Quarantäneanordnung, dem Besuchen unterschiedlicher Ärzte zur Erlangung eines Attests und der aus seiner Sicht mit der E-Mail vom 29. August 2021 vorgetäuschten Bettlägerigkeit bei Besuchen des Reitstalls am Folgetag lägen ausreichend starke Indizien vor, um den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern. Damit rügt er im Ergebnis, das Arbeitsgericht habe nicht alle Indizien gewürdigt und eine entsprechende Würdigung sei rechtserheblich, weil sie zur Annahme eines Arbeitszeitbetrugs und damit zur Wirksamkeit der Kündigung führe.

c) Auch im Hinblick auf die Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz genügt die Berufungsbegründung noch den dargestellten Voraussetzungen.

aa) Die Kammer geht insofern davon aus, dass der Beklagte durch das arbeitsgerichtliche Urteil verurteilt wurde, an die Klägerin Schadensersatz für die Verletzung seiner Pflichten aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO und aus Art. 13 DSGVO in Höhe von jeweils 1.000 Euro zu zahlen.

(1) Das arbeitsgerichtliche Urteil ist allerdings auslegungsbedürftig. Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens waren ausweislich des Wortlauts der gestellten Anträge Pflichtverletzungen des Beklagten im Hinblick auf Art. 15 Abs. 1 und 2 DSGVO, im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 DSGVO und im Hinblick auf Art. 13 DSGVO, ausweislich der Klagebegründung uU noch ein Anspruch wegen Verletzung des Art. 15 Abs. 3 DSGVO, was im Ergebnis offenbleiben kann. Es handelt sich insoweit jeweils um gesonderte Streitgegenstände, da sich die Schadensersatzansprüche auf unterschiedliche Lebenssachverhalte, nämlich unterschiedliche Pflichtverletzungen gründen. Beschieden hat das Arbeitsgericht jedoch lediglich zwei Streitgegenstände. Dies ergibt sich aus den Ausführungen auf Seite 13 des Urteils (Bl. 76 RS d.A.), wonach das Arbeitsgericht „pro Auskunftsanspruch“ einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 1.000 Euro für angemessen erachtet.

(2) Die Auslegung der Entscheidung ergibt, dass das Arbeitsgericht keinen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Pflichten nach Art. 6 DSGVO zuerkannt hat. Dies folgt aus dem Wortlaut der Entscheidung, wonach die Schadensersatzpflicht des Beklagten ausdrücklich im Hinblick auf Auskunftsansprüche der Klägerin bejaht wird. Solche hat Art. 6 DSGVO nicht zum Gegenstand, er befasst sich vielmehr mit unrechtmäßiger Datenverarbeitung.

(3) Aus dem gleichen Grund kann ‒ unabhängig von der Frage, ob dies angesichts des Wortlauts der Anträge überhaupt Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war ‒ nicht angenommen werden, dass das Arbeitsgericht Schadensersatz wegen Verletzung von Art. 15 Abs. 3 DSGVO zugesprochen hat. Geregelt ist dort die Verpflichtung des Verantwortlichen zur Überlassung einer Kopie der personenbezogenen Daten an die betroffene Person. Um ein reines Auskunftsrecht handelt es sich insofern nicht, zu den in Art. 15 Abs. 3 DSGVO geregelten Tatbestandsmerkmalen äußert sich das Arbeitsgericht auch nicht.

(4) Die Auslegung der Entscheidung ergibt, dass das Arbeitsgericht auch nicht über Ansprüche der Klägerin wegen Verletzung von Art. 15 Abs. 2 DSGVO entschieden hat. Art. 15 Abs. 2 DSGVO regelt zwar Informationsrechte des von der Datenverarbeitung Betroffenen, hat jedoch die Übermittlung von personenbezogenen Daten an ein Drittland oder an internationale Organisationen zur Voraussetzung und ist hier erkennbar nicht einschlägig. Das Arbeitsgericht zitiert weder die genannte Vorschrift noch die dort geregelten Tatbestandsmerkmale.

(5) Die Verletzung von Art. 15 Abs. 1 DSGVO war hingegen erkennbar Gegenstand der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Zum einen wird die Vorschrift des Art. 15 DSGVO ‒ wenn auch ohne Nennung des Absatzes ‒ zitiert, zum andern regelt Art. 15 Abs. 1 DSGVO tatsächlich einen Auskunftsanspruch und schließlich ist dieser Gegenstand des Schreibens des Klägervertreters vom 27. September 2021, welches das Urteil als ausreichendes Auskunftsverlangen anerkennt.

(6) Die Kammer geht davon aus, dass das Arbeitsgericht auch einen Anspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen Verletzung von Art. 13 DSGVO beschieden und der Klägerin insoweit 1.000 Euro zugesprochen hat. Hierfür spricht, dass die Vorschrift ebenfalls eine Informationspflicht des Beklagten regelt, der abstrakt ein Auskunftsanspruch der Klägerin gegenübersteht. Außerdem hat das Arbeitsgericht unzweifelhaft über zwei Streitgegenstände entschieden, die anderen zur Entscheidung gestellten Streitgegenstände wurden jedoch offensichtlich nicht zuerkannt. Schließlich spricht für die erfolgte Auslegung, dass ein Schadensersatzanspruch von Art. 13 DSGVO in einem gesonderten Antrag geltend gemacht wurde, den das Arbeitsgericht voraussichtlich bescheiden wollte und nicht übersehen hat.

bb) Mit den Gründen für die entsprechende Verurteilung setzt sich der Beklagte in seiner Berufungsbegründung noch ausreichend auseinander. Ob die bloße Behauptung, die substantiierte Darlegung eines immateriellen Schadens sei Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO insoweit vor dem Hintergrund der arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe ausreicht, kann hier offenbleiben. Der Beklagte macht auch geltend, die Schadens-ersatzklage sei rechtsmissbräuchlich, weil es sich lediglich um eine Revanche der Klägerin für die ausgesprochene fristlose Kündigung handele. Wie dargestellt, kommt es nicht darauf an, ob die vom Berufungsführer vertretene Rechtsauffassung vertretbar ist, sondern darauf, ob in ihr die Geltendmachung der Rüge eines entscheidungserheblichen Rechtsfehlers liegt. Dies ist hier zu bejahen. Das Arbeitsgericht hat den Einwand des Rechtsmissbrauchs verneint, weil hierfür keine Tatsachen vorgetragen seien. Die Berufung sieht den Rechtsmissbrauch weiterhin darin, dass sich die Klägerin für die ausgesprochene Kündigung habe revanchieren wolle. Hiermit hat sich das Arbeitsgericht nicht befasst, so dass eine Auseinandersetzung mit der Argumentation des arbeitsgerichtlichen Urteils insoweit nicht möglich war. Zur Rechtserheblichkeit des gerügten Rechtsfehlers ‒ Verkennung der Rechtsmissbräuchlichkeit durch das Arbeitsgericht ‒ hat der Beklagte zwar nicht ausdrücklich vorgetragen, dies war hier aber ausnahmsweise entbehrlich, weil es evident ist, dass der durchgreifende Einwand von Rechtsmissbrauch gegen einen eingeklagten Anspruch zur Klageabweisung führt (vgl. etwa BAG 31. März 2022 ‒ 8 AZR 238/21 ‒ juris). Dies betrifft hier sowohl den Anspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO iVm. Art. 15 Abs. 1 DSGVO als auch den aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO iVm. Art. 13 DSGVO.

II.

Die Berufung des Beklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Soweit sie sich gegen die Stattgabe der Kündigungsschutzklage richtet, ist sie unbegründet. Gleiches gilt, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung der Auskunftspflicht nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO wendet. Erfolg hat die Berufung hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zur Leistung von Schadensersatz wegen Verletzung der Pflichten aus Art. 13 DSGVO.

1.

Die Kündigungsschutzklage ist zulässig und begründet. Die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 30. August 2021 ist unwirksam, weil dem Beklagten kein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zur Seite steht. Dies stellt das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung, die sich die Kammer vollständig nach

§ 69 Abs. 2 ArbGG zu eigen macht, fest. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Bewertung und gibt lediglich Anlass zu folgenden Ergänzungen:

a) Kein den Beklagten zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung berechtigender wichtiger Grund im Sinne § 626 Abs. 1 BGB liegt im Hinblick auf einen Arbeitszeitbetrug der Klägerin vor, weil diese den Beklagten darüber getäuscht hätte, dass sie betreffend am 25. und 26. August 2021 eine Quarantäneanordnung bestand. Dass ihr gegenüber eine behördliche Quarantäneanordnung ausgesprochen worden sei, hat die Klägerin in ihrer Nachricht vom 25. August 2021 nicht behauptet. Der Beklagte lässt sogar selbst vortragen, die Klägerin habe ihm erklärt, dass der Arzt die Quarantäne angeordnet habe (Seite 2 des Schriftsatzes vom 15. Oktober 2021, Bl. 45 der Akte). Dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 2. November 2021 (Seite 10 des SS, Bl. 38 der Akte), wonach sie dem Beklagten lediglich mitgeteilt habe, der Arzt habe ihr empfohlen, dergestalt in Quarantäne zu gehen, dass sie sich nicht in Innenräumen mit anderen Personen aufhalten solle, ist der Beklagte nicht entgegengetreten, so dass dieser als wahr zu unterstellen ist. Daraus, dass die Klägerin diese Empfehlung in ihrer WhatsApp vom 25. August 2021 dahingehend wiedergegeben hat, sie befinde sich die nächsten zwei Tage zunächst „in Quarantäne“ ergibt sich keine Falschinformation, sondern es handelte sich in der Coronapandemie um eine übliche umgangssprachliche Beschreibung dafür, Kontakte wegen einer möglichen Infektion ganz oder weitgehend zu vermeiden.

b) Entgegen der Auffassung der Berufung ist auch nicht von einem Arbeitszeitbetrug wegen Vortäuschung von Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Dem Beklagten ist es nicht gelungen, den Beweiswert der von der Klägerin ausweislich der Feststellungen des Arbeitsgerichts für den gesamten Zeitraum vom 25. August 2021 bis einschließlich 30. August 2021 vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erschüttern. Er hat keine objektiven Tatsachen vorgetragen, die zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im fraglichen Zeitraum veranlassen.

aa) Keinerlei Indiz zur Erschütterung des Beweiswerts der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kann darin gesehen werden, dass die Klägerin bereits am 24. August 2021 mitteilte, sie sei möglicherweise mit dem Coronavirus infiziert. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Arbeitnehmer, der während seiner Arbeitszeit das Gefühl hat, krank zu werden, dies kommuniziert. Dass die Klägerin mit Erkältungssymptomen im fraglichen Zeitraum eine mögliche Coronainfektion assoziierte, ist weder untypisch noch auffällig und hier besonders gut nachvollziehbar, weil die Erkältungssaison noch nicht begonnen hatte. Warum die entsprechenden Bemerkungen der Klägerin dazu dienen sollten, eine vorgetäuschte Erkrankung vorzubereiten, ist zudem nicht erkennbar. Nichts Anderes ergibt sich daraus, dass die Klägerin nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten keine äußerlichen Anzeichen für eine Erkrankung erkennen ließ. Auch dies ist im Anfangsstadium von Erkältungen nicht ungewöhnlich.

bb) Soweit der Beklagte in seiner Berufung geltend macht, die Mitteilung der in Wahrheit nicht bestehenden Quarantäneanordnung habe den begangenen Arbeitszeitbetrug vorbereiten und unterstützen sollen, ist dies ebenfalls nicht nachvollziehbar. Es ist nicht ersichtlich, welchen Vorteil die Klägerin bei einer unterstellten Vortäuschung von Arbeitsunfähigkeit trotz Vorliegens eines Attests von der unzutreffenden Behauptung einer Quarantäneanordnung im gleichen Zeitraum haben sollte, unbeschadet der Tatsache, dass es wie dargelegt schon an einer entsprechenden Behauptung fehlt.

cc) Ebenfalls kein Indiz kann darin gesehen werden, dass sich am 26. August 2021 nach dem Vortrag des Beklagten das von der Klägerin geführte Fahrzeug nicht auf dem Grundstück des Wohnsitzes der Klägerin befand. Dies gilt selbst dann, wenn tatsächlich nur die Klägerin das Auto gefahren hätte, was der Beklagte auf das Bestreiten seiner Behauptung, nur sie nutze das Fahrzeug, hätte substantiieren müssen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts dahingehend, dass auch eine Erkältungskrankheit nicht zwingend zur Bettlägerigkeit führt, verwiesen. Schon gar nicht schließt eine Erkältungskrankheit aus, das Bett etwa für Einkäufe, Apothekenbesuche, Arztbesuche oder Spaziergänge zu verlassen. Unstreitig hat die Klägerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 26. August 2021 vorgelegt, war also offensichtlich an diesem Tag beim Arzt. Seine im Termin vom 29. November 2021 von der Klägerin ausdrücklich bestrittene und pauschale Behauptung, die Klägerin sei an diesem Tag im Reitstall gewesen, hat der Beklagte auch in der Berufungsinstanz nicht substantiiert.

dd) Keine Entkräftung der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen folgt hier daraus, dass die Bescheinigungen von unterschiedlichen Ärzten ausgestellt wurden. Dem Vortrag der Klägerin, der die erste Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellende C sei am 30. August 2021 nicht erreichbar gewesen, ist der Beklagte nur durch Bestreiten mit Nichtwissen entgegengetreten, ohne jedoch Beweis dafür anzubieten, dass C am fraglichen Tag erreichbar war. Die Beweislast für Erschütterungstatsachen trägt jedoch der Beklagte.

ee) Anders als die Berufung meint, musste das erstinstanzliche Gericht auch nicht die "sich aufdrängende Frage" untersuchen, warum die Klägerin sich trotz Quarantäne aus dem Haus begeben und möglicherweise auch Kontakt zu anderen Personen ‒ auch in Innenräumen ‒ hatte. Mangels entsprechenden Tatsachenvortrags ist schon nicht davon auszugehen, dass die Klägerin am 26. August 2021 außer ggf. im Rahmen eines Arztbesuchs Kontakt zu anderen Personen in Innenräumen gehabt hätte, zudem stellte ein Verstoß gegen die ärztliche Empfehlung zur Senkung der Ansteckungsgefahr auch keinen arbeitsrechtlichen Verstoß dar, schon gar nicht ließe sie auf einen Arbeitszeitbetrug schließen.

ff) Ebenfalls keinerlei Indiz zur Erschütterung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann darin gesehen werden, dass die Klägerin mit ihrer Textnachricht vom 29. August 2021 um 20:34 Uhr behauptet hat, sie habe das ganze Wochenende "flach gelegen". Abgesehen davon, dass mit dieser umgangssprachlichen Formulierung lediglich zum Ausdruck gebracht wird, wegen Krankheit nicht einsatzfähig gewesen zu sein, nicht aber zwingend Bettlägerigkeit behauptet wird, stünde selbst dies einem Besuch im Reitstall am darauffolgenden Tag nicht entgegen. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin in der Textnachricht bereits ankündigte, sie hoffe, am folgenden Tag wieder zur Arbeit zu kommen. Dass bereits am Tag vor Wiederantritt der Arbeit bei Erkältungskrankheiten eine deutliche Verbesserung eingetreten ist, ist eher die Regel als die Ausnahme.

2.

Soweit sich die Berufung des Beklagten gegen die Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz richtet, hat sie teilweise Erfolg.

a) Zurecht hat das Arbeitsgericht den Beklagten wegen Verletzung der Auskunftspflicht nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO zur Leistung von Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO verurteilt. Auch die Höhe des insoweit zuerkannten Schadensersatzes ist nicht zugunsten des Beklagten abzuändern.

aa) Die Klage ist zulässig, insbesondere bestimmt genug im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Geldforderungen sind zwar grundsätzlich durch bezifferten Klageantrag geltend zu machen. Ein unbezifferter Klageantrag ist aber zulässig, wenn eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO möglich ist (BAG 3. September 1998 ‒ 8 AZR 14/97 ‒juris). Allerdings setzt ein unbezifferter Klageantrag voraus, dass die Tatsachen, die das Gericht für die Schätzung heranziehen muss, benannt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung z. B. durch die Benennung eines Mindestbetrages klargestellt wird (BAG 28. Oktober 2008 -3 AZR 903/07- Juris; BAG 31. Juli 2007- 3 AZR 810/05- AP BetrAVG § 16 Nr. 65; BAG 3. September 1998 ‒ 8 AZR 14/97 ‒juris). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Klägerin hat in der Berufungsinstanz mit insgesamt 9.500 Euro einen Mindestbetrag für den Anspruch wegen Verletzung der Auskunftspflicht nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO benannt und Angaben gemacht, anhand derer eine Schätzung des immateriellen Schadens möglich ist.

bb) Die Klage ist auch in Höhe des ausgeurteilten Betrags (und darüber hinaus, vgl. die Ausführungen unter B. II. 1) begründet. Die Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO i.V.m. Art. 15 Abs. 1 DSGVO zu, weil dieser das Auskunftsrecht der Klägerin nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO verletzt hat.

(1) Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der Klägerin gegen den Beklagten ein Auskunftsrecht nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO zusteht, weil der Beklagte Verantwortlicher iSd. Art. 4 Nr. 7 DSGVO und die Klägerin betroffene Person iSd. Art. 4 Nr. 1 DSGVO ist. Es hat weiter zutreffend festgestellt, dass der Beklagte personenbezogene Daten der Klägerin verarbeitet, so dass sie nach Art. 15 Abs. 1 2. HS DSGVO ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten, konkret auf die dort unter a) bis h) genannten Informationen hat. Die Begründung des Arbeitsgerichts macht sich die Kammer nach § 69 Abs. 2 ArbGG zu Eigen und verweist auf sie. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung auch nicht.

(2) Der Beklagte hat das Auskunftsrecht der Klägerin verletzt, indem er nicht innerhalb der Frist des Art. 12 Abs. 3 DSGVO auf deren Auskunftsbegehren im Schreiben vom 27. September 2021 reagiert hat. Er hat die Auskunft auch nicht während des erstinstanzlichen Verfahrens nachgeholt.

(a) Der Auskunftsantrag der Klägerin vom 27. September 2021 ist dem Beklagten zugegangen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Prozessbevollmächtige des Beklagten insoweit zustellungsbevollmächtigt war. Das Arbeitsgericht hat zurecht darauf abgestellt, dass der Beklagte unstreitig Kenntnis von dem Auskunftsbegehren erhielt. Allein hierauf kommt es an.

(b) Das Arbeitsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass die Auslegung des Schreibens ohne weiteres ergibt, dass sich das Auskunftsbegehren an den Beklagten richtet. Dies folgt bereits daraus, dass die Klägerin als „ehemalige Mitarbeiterin“ bezeichnet wird und sich das Schreiben damit erkennbar gegen ihren Arbeitgeber richtet. Dies war jedoch nicht der Prozessbevollmächtigte des Beklagten, sondern dieser selbst.

(c) Das Auskunftsbegehren ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Wie das Arbeitsgericht zutreffend feststellt, unterliegt dieses nach Art. 12 DSGVO keinen besonderen Anforderungen an Form und Inhalt, sondern es reicht aus, dass der Verantwortliche als Anspruchsgegner erkennen kann, welche Auskünfte der Betroffene begehrt (LAG Hamm 11. Mai 2021 ‒ 6 Sa 1260/20 ‒ juris). Dies war hier durch die wörtliche Wiedergabe des Art. 15 Abs. 1 DSGVO im Antrag ohne weiteres gewährleistet. Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Dezember 2021 (‒ 2 AZR 235/21- NZA 2022, 362) ergibt sich keine andere Bewertung. Gegenstand der dort offengelassenen Frage war, ob ein Klageantrag, der lediglich den Gesetzestext wiederholt, den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt, ob nämlich die Reichweite der materiellen Rechtskraft des begehrten Urteils feststünde. Darum geht es jedoch bei dem außergerichtlichen Auskunftsbegehren nicht. Zudem weist das Bundesarbeitsgericht in der genannten Entscheidung ausdrücklich auf die unionsrechtliche Determiniertheit des Anspruchs hin, der in besondere Weise die Erforderlichkeit der prozessualen Durchsetzbarkeit bedingt. Aus dem 63. Erwägungsgrund DSGVO geht hervor, dass eine betroffene Person das Auskunftsrecht zu ihren personenbezogenen Daten problemlos und ohne Schwierigkeiten wahrnehmen können sollte und dem Verantwortlichen zugebilligt wird, er solle bei umfangreichen Datenverarbeitungen verlangen können, dass die betroffene Person präzisiert, auf welche Information oder welche Verarbeitungsvorgänge sich ihr Auskunftsersuchen bezieht. Dementsprechend kann das außergerichtliche Auskunftsbegehren, das sich am Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 DSGVO orientiert, nicht als unzureichend angesehen werden.

(d) Der Beklagte war auch nicht aus anderen Gründen berechtigt, untätig zu bleiben. Ein Fall des Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO liegt erkennbar nicht vor. Das Verlangen der Klägerin ist auch nicht iSd. § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. Selbst wenn man zugunsten des Beklagten unterstellt, dass auch Verärgerung über ihre Kündigung Motiv der Klägerin für das Auskunftsbegehren war, führte dies nicht dazu, dass dem Anspruch § 242 BGB entgegenstünde. Es läge insoweit weder widersprüchliches Verhalten vor noch machte die Klägerin von einer unredlich erlangten Rechtsposition Gebrauch (vgl. BAG 31. März 2022 ‒ 8 AZR 238/21 ‒ juris) noch könnten ihr vor diesem Hintergrund (auch) datenschutzrechtliche Zielsetzungen abgesprochen oder schikanöses Verhalten (vgl. OLG Karlsruhe 29. November 2022 ‒ 12 U 305/21 ‒Juris) unterstellt werden.

(e) Der Beklagte hat das Auskunftsrecht der Klägerin verletzt. Er hat weder innerhalb der Frist des Art. 12 Abs. 3 DSGVO noch später innerhalb des erstinstanzlichen Verfahrens auf das Auskunftsverlangen reagiert.

(3) Die Verletzung des Auskunftsrechts verpflichtet den Beklagten gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO zur Leistung von Schadensersatz wegen eines immateriellen Schadens der Klägerin.

(a) Mit der Verletzung des Auskunftsrechts der Klägerin hat der Beklagte iSd. Art. 82 Abs. 1 DSGVO gegen diese Verordnung verstoßen. Dem steht aus Sicht der Kammer nicht entgegen, dass der Erwägungsgrund 146 Satz 1 DSGVO nur von solchen Schäden spricht, „die einer Person aufgrund einer Verarbeitung entstehen, die mit dieser Verordnung nicht im Einklang steht“ (so aber LG Essen 10. November 2022 ‒ 6 O 111/22 ‒juris; offengelassen BAG 5. Mai 2022 ‒ 2 AZR 363/21 ‒juris, im Ergebnis wie hier LAG Hamm 11. Mai 2021 ‒ 6 Sa 1260/20 ‒ juris; LAG Niedersachsen 22. Oktober 2021 ‒ 16 Sa 761/20 ‒ juris; LAG Berlin-Brandenburg 18. November 2021 ‒ 10 Sa 443/21 ‒ juris). Zwar ist unter Verarbeitung im Sinne der DSGVO nach ihrem Art. 4 Nr. 2 „jede(r) mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführte(r) Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, der Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung“ zu verstehen. Die Nichterfüllung oder nicht vollständige Erfüllung des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO muss danach für sich genommen nicht gleichbedeutend sein mit einer verordnungswidrigen „Verarbeitung“ (ebenso BAG 5. Mai 2022 ‒ 2 AZR 363/21 ‒ NZA 2022, 1191). Nach Auffassung der Kammer kann der Erwägungsgrund 146 DSGVO aber nicht dazu führen, Art. 82 DSGVO hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale dergestalt einzuschränken, dass gerade nicht jeder Verstoß gegen die Verordnung zu Schadensersatzansprüchen führen kann, sondern nur solche, die eine Datenverarbeitung zum Gegenstand haben. Der Zweck der Erwägungsgründe liegt in der Veranschaulichung, Begründung und Rechtfertigung der ihnen nachfolgenden gesetzlichen Regelungen. Sie dienen daher zwar als Kriterien der Auslegung und stellen für diese wichtige Orientierungshilfen dar, sie entfalten aber gerade keine originäre Bindungswirkung und nehmen die eigentliche Auslegung weder vorweg noch schränken sie diese über Gebühr ein (vgl. Paal/Pauly, DSGVO BDSG Einleitung Rz. 10). Angesichts des Wortlauts des Art. 82 Abs. 1 DSGVO und der Bedeutung des Auskunftsanspruchs insofern, als dieser häufig dem Betroffenen erst diejenigen Informationen verschafft, die ihm sodann die Geltendmachung weiter Ansprüche ermöglichen, ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahingehend auszulegen, dass ein Verstoß gegen die Auskunftspflichten den Tatbestand des Art. 82 Abs. 1 DSGVO erfüllt und grundsätzlich geeignet ist, Schadensersatzpflichten zu begründen. Hierfür spricht auch, dass der Erwägungsgrund 75 DSGVO ausdrücklich anerkennt, dass gerade die fehlende Möglichkeit des Betroffenen, die verarbeiteten Daten zur kontrollieren, Risiken für seine Rechte und Freiheiten begründet.

(b) Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass sie keinen konkreten Nachweis eines Schadens erbracht hätte. Der Rechtsanspruch auf immateriellen Schadenersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO erfordert über eine Verletzung der DSGVO hinaus nicht zusätzlich, dass die verletzte Person einen (weiteren) von ihr erlittenen immateriellen Schaden darlegt (vgl. BAG, EuGH-Vorlage vom 26. August 2021 ‒ 8 AZR 253/20 (A) ‒ NZA 2021, 1713). Ein die Zusprechung von Schadensersatz bedingender Schaden ist, wie das Arbeitsgericht zutreffend annimmt, bereits deshalb zu bejahen, weil die Klägerin im Ungewissen ist, welche personenbezogenen Daten der Beklagte von ihr im Einzelnen in welcher Weise verarbeitet. Es bedarf auch nicht eines bestimmten Gewichts des eingetretenen Schadens- dieses ist vielmehr bei der Schadenshöhe zu berücksichtigen (LAG Hamm 11. Mai 2021 ‒ 6 Sa 1260/20 ‒juris; LAG Niedersachsen 22. Oktober 2021 ‒ 16 Sa 761/20 ‒, juris; LAG Berlin-Brandenburg 18. November 2021 ‒ 10 Sa 443/21 ‒ juris). Die Kammer schließt sich insofern der Auffassung an, dass eine Erheblichkeitsschwelle von Verstößen gegen die DSGVO als Voraussetzung für die Entstehung eines Schadensersatzanspruchs nicht besteht, weil sich eine solche weder aus der DSGVO selbst noch aus den Erwägungsgründen ergibt und der Erwägungsgrund 146 DSGVO gegen die Annahme einer solchen spricht (BVerfG 14. Januar 2021 ‒ 1 BvR 2853/19 ‒NJW 2021, 1005; LAG Hamm 11. Mai 2021 ‒ 6 Sa 1260/20 ‒juris). Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Erwägungsgrund 75 DSGVO der Möglichkeit der Betroffenen, ihre personenbezogenen Daten zur kontrollieren, ein besonderes Gewicht beimisst (vgl. LAG Hamm 11. Mai 2021 ‒ 6 Sa 1260/20 ‒juris).

(4) Die Berufung des Beklagten hat auch hinsichtlich der Höhe des ausgeurteilten Schadensersatzanspruchs keinen Erfolg.

(a) Die Klägerin hat die Höhe des Schadensersatzes in das Ermessen des Gerichts gestellt. Insofern findet mangels einschlägiger unionsrechtlicher Vorschriften § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO Anwendung (BAG 5. Mai 2022 ‒ 2 AZR 363/21 ‒ NZA 2022, 1191). Bei der Bestimmung des Schadensersatzes nach § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen (BAG 5. Mai 2022 ‒ 2 AZR 363/21 ‒ NZA 2022, 1191). Dazu gehören jedenfalls die Schwere und Dauer des Verstoßes, der Grad des Verschuldens des Verantwortlichen und die Intensität des eingetretenen Schadens beim Betroffenen. Nach dem Erwägungsgrund 146 DSGVO soll die betroffene Person einen vollständigen und wirksamen Schadensersatz erhalten.

(b) Bei Berücksichtigung der genannten Maßstäbe ist die Festsetzung des immateriellen Schadensersatzes mit 1.000 Euro nicht ermessensfehlerhaft zu hoch bemessen. Der Beklagte hat besonders schwer gegen Art. 15 Abs. 1 DSGVO verstoßen, er hat nämlich nicht nur eine unzureichende Auskunft erteilt, sondern das Auskunftsbegehren der Klägerin vollständig ignoriert und zwar besonders hartnäckig, indem er nicht nur auf das Aufforderungsschreiben vom 27. September 2021 hin, sondern auch im weiteren erstinstanzlichen Verfahrensverlauf seit der Klageerweiterung vom 2. November 2021 keine Auskunft erteilt hat. Sein Verschulden wiegt insofern besonders schwer, weil er sich als habilitierter Jurist und Rechtswalt über seine Verpflichtungen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO im Klaren gewesen sein muss, sich die notwendigen Kenntnisse aber jedenfalls leicht hätte verschaffen können. Seine Argumentation, er sei nicht Adressat des Auskunftsschreibens, vermag ihn nicht zu entlasten, im Gegenteil. Der Beklagte bemüht hier erkennbar ein formales und insbesondere nach der Klagerweiterung fernliegendes Argument und macht damit deutlich, seine rechtlichen Verpflichtungen ohne nachvollziehbare Gründe nicht erfüllen zu wollen.

Bei der Bewertung des Gewichts des immateriellen Schadens, der aus der Ungewissheit der Klägerin über Art und Umfang der Verarbeitung ihrer persönlichen Daten resultiert, ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte ihr gegenüber eine außerordentliche, fristlose Kündigung ausgesprochen hat und unstreitig ein Strafverfahren gegen sie anstrengt. Bei einer derart belastenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind mit der Ungewissheit über die Verarbeitung der persönlichen Daten für den Arbeitnehmer naturgemäß größere Unsicherheiten und Sorgen verbunden, als bei einer einvernehmlichen Beendigung.

Die Kammer vertritt nicht die Auffassung, dass hier zulasten der Klägerin zu berücksichtigen ist, dass diese bisher den Auskunftsanspruch nicht gerichtlich geltend gemacht hat (vgl. LAG Hamm 11. Mai 2021 ‒ 6 Sa 1260/20 ‒juris). Vor dem Hintergrund der insoweit bestehenden prozessualen Risiken, nämlich der objektiven Unsicherheit betreffend die Voraussetzungen eines § 253 Abs. 2 ZPO entsprechenden Antrags, aber auch im Hinblick darauf, die ohnehin extrem konfliktbelastete Situation der Parteien nicht weiter zu eskalieren, stellt dies aus Sicht der Kammer im konkret zu beurteilenden Fall keinen einen geringeren Schadensersatzanspruch bedingenden Umstand dar.

b) Die Berufung hat aber Erfolg soweit sie sich gegen die Verurteilung des Beklagten zur Leistung von Schadensersatz i.H.v. 1.000 Euro wegen Verletzung von Art. 13 DSGVO richtet. Insoweit ist die Klage bereits unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entspricht.

aa) Hiernach muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Zur Erfüllung dieser gesetzlichen Vorgaben kommt es nicht darauf an, ob der maßgebende Lebenssachverhalt bereits vollständig beschrieben oder der Klageanspruch schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist. Vielmehr ist es im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist, indem er durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann (vgl. nur BGH 25.6.2020 ‒ IX ZR 47/19- juris). Ein unbezifferter Klageantrag setzt deshalb wie dargelegt voraus, dass die Tatsachen, die das Gericht für die Schätzung des jeweils geltend gemachten Schadens heranziehen muss, benannt werden (BAG 3. September 1998 ‒ 8 AZR 14/97 ‒juris).

bb) Diese Voraussetzung ist hinsichtlich des Antrags auf Schadensersatz wegen Verletzung des Art. 13 DSGVO nicht erfüllt. Der Klageerweiterungsschriftsatz enthält keinerlei Begründung des Antrags, sondern setzt sich lediglich unter II. mit der Verletzung des Art. 15 Abs. 3 DSGVO und unter III. mit der Verletzung von Art. 15 Abs. 1, 2 DSGVO auseinander. Erwähnt wird auch Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Ausführungen zu Art. 13 DSGVO finden sich dagegen nicht. Auch der Schriftsatz vom 26. November 2021 enthält keine Ausführungen zu einer Verletzung von Art. 13 DSGVO. Soweit die Klägerin hier unter III. zur Frage ihrer Überwachung durch Angestellte des Beklagten Stellung nimmt, ist nicht erkennbar, welchem Antrag die dort behaupteten Lebenssachverhalte zugeordnet werden sollen. Auch in der Anschlussberufung erfolgt keine den oben genannten Anforderungen entsprechende Klagebegründung, die eine Individualisierung des Anspruchs zuließe. Unter IV. 1. setzt sich die Anschlussberufungsbegründung mit Art. 15 Abs. 3 DSGVO auseinander, unter IV. 2. mit Art. 15 Abs. 1,2 DSGVO, Ausführungen zu Art. 13 DSGVOO erfolgen nur insoweit, als die Klägerin ausführen lässt, angemessen sei ein Schadensersatz i.H.v. 10.000 Euro.

Der Anspruch ist damit gerade nicht durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen ‒ nämlich den weiteren geltend gemachten Schadensersatzansprüchen ‒ so unterschieden und abgegrenzt, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann. Er benennt nicht die Tatsachen, die das Gericht für die Schätzung heranziehen soll. Zwar ist es Aufgabe des Gerichts, einen erhobenen Anspruch aufgrund eines abgegrenzten Lebenssachverhalts einer Anspruchsgrundlage zuzuordnen, bei mehreren Ansprüchen iSv. unterschiedlichen Streitgegenständen ist es jedoch nicht befugt, verschiedene vorgetragene Lebenssachverhalte eigenständig den jeweils erhobenen Ansprüchen zuzuordnen und damit den Streitgegenstand erst selbst herzustellen.

B.

Die Anschlussberufung der Klägerin hat nur teilweise Erfolg.

I.

Sie ist insgesamt zulässig. Sie wurde innerhalb der Berufungserwiderungsfrist eingereicht, § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO und ist in der Anschlussschrift den gesetzlichen Anforderungen entsprechend begründet worden, §§ 524 Abs. 3 S. 1,2 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO. Die Berufungsbegründung macht geltend, dass das Arbeitsgericht, soweit es einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach bejaht hat, diesen nicht in zutreffender Höhe ausgeurteilt hat. Da das Arbeitsgericht die Höhe des zuerkannten Schadensersatzes nur insofern begründet hat, als es jeweils 500 € pro Monat für jeden nichterfüllten Anspruch als angemessen angesehen hat, reicht es für die Zulässigkeit der Anschlussberufung aus, dass die Klägerin geltend macht, die Höhe des Schadensersatzes sei zu gering bemessen, weil es sich bei dem Beklagten um einen Rechtsanwalt und Notar handele und weil der zuerkannte Anspruch der Ausgleichsfunktion, der Präventionsfunktion und der Sanktionsfunktion des Schadensersatzanspruchs nicht gerecht werde.

II.

Die Klägerin kann mit ihrer Anschlussberufung auch die erstinstanzlich übergangenen Anträge auf Verurteilung des Beklagten auf die Leistung von Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen Verletzung der Pflichten aus Art. 6 DSGVO und aus Art. 15 Abs. 2 DSGVO verfolgen.

1.

Wird ein nach dem Tatbestand erhobener Haupt- oder Nebenanspruch ganz oder teilweise übergangen, ist das Urteil gem. § 321 ZPO auf Antrag durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen, wobei nach § 321 Abs. 2 ZPO die nachträgliche Entscheidung binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden muss. Wird der Antrag auf Urteilsergänzung nicht fristgerecht gestellt, entfällt die Rechtshängigkeit des übergangenen Anspruchs. Das Urteil beschwert die Partei, deren Anspruch übergangen wurde, von diesem Zeitpunkt an nicht mehr (BAG 15. 11. 2012 ‒ 6 AZR 373/11- Juris).

2.

Ein übergangener Anspruch kann jedoch durch Klageerweiterung in zweiter Instanz wieder in den Prozess eingeführt werden, wenn der Rechtsstreit wegen anderer Teile noch in der Berufungsinstanz anhängig ist (BAG 15. 11. 2012 ‒ 6 AZR 373/11- Juris). Das kann auch ‒ wie hier ‒ im Weg einer zulässigen Anschlussberufung

i.?S.v. § 524 Abs. 1 ZPO geschehen.

III.

Die Anschlussberufung hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Höhe des nach Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 82 Abs. 1 DSGVO ausgeurteilten Schadensersatzes wendet. Im Übrigen ist sie unbegründet, weil die Anträge unzulässig sind.

1.

Die Kammer hält betreffend die Verletzung des Art. 15 Abs. 1 DSGVO einen Schadensersatz i.H.v. 2.000 Euro für angemessen.

a) Wie ausgeführt, ist der Schadensersatzanspruch nach § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu ermitteln. Maßgeblich sind insoweit alle Umstände des Einzelfalls. Dabei ist nach Auffassung der Kammer zu berücksichtigten, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO auch eine Präventionsfunktion zukommt, die Höhe des zuerkannten Schadensersatzes also auch general ‒ und spezialpräventive Gesichtspunkte zu berück-sichtigen und mithin abschreckende Wirkung zu entfalten hat (ebenso LAG Hamm 14. Dezember 2021 ‒ 17 Sa 1185/20 ‒ juris; LAG Baden-Württemberg 25.2.2021 ‒ 17 Sa 37/20 ‒ Juris; Brandenburgisches OLG 11. August 2021 ‒ 1 U 69/20 ‒ juris; Sydow/Marsch-Kreße Art. 82 DSGVO Rz. 6; offengelassen BAG 5. Mai 2022 ‒ 2 AZR 363/21 ‒ juris, dagegen Paal NJW 2022, 3673). Dies folgt aus dem Erwägungsgrund 146 DSGVO, wonach die betroffenen Personen einen vollständigen und wirksamen Schadenersatz für den erlittenen Schaden erhalten sollen. Das Ziel einen „wirksamen Schutz“ zu gewährleisten, legt nahe, dass die Bemessung des immateriellen Schadenersatzes durch das Gericht nicht nur der Ausgleichsfunktion für den bereits erlittenen Schaden dient, sondern darüber hinaus Einfluss auf das zukünftige Verhalten sowohl des konkreten als auch potentiell anderer Verantwortlicher nehmen soll, ihr mithin abschreckende Wirkung zuzukommen hat (LAG Baden-Württemberg 25.2.2021 ‒ 17 Sa 37/20 ‒ Juris; Brandenburgisches OLG 11. August 2021 ‒ 1 U 69/20 ‒ juris; Sydow/Marsch-Kreße Art. 82 DSGVO Rz. 6; vgl. BAG, EuGH-Vorlage vom

26. August 2021 ‒ 8 AZR 253/20 (A) ‒, juris).

b) Die Schwere und die Dauer des Verstoßes des Beklagten gegen seine Auskunftspflicht, der Grad seines Verschuldens und das besondere Auskunftsinteresse der Klägerin vor dem Hintergrund der außerordentlichen Kündigung und des angestrengten Strafverfahrens lassen auch wegen des dargelegten Erfordernisses eines wirksamen Schadensersatzes eine Schadensersatzhöhe von 2.000 Euro als angemessen erscheinen. Der Beklagte hat seiner Verpflichtung aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO auch bis zum Abschluss der zweiten Instanz nicht genügt, obwohl das Urteil seine Auskunftspflicht bestätigt hat. Hierzu reichen insbesondere die Vorlage des eingereichten Screenshots, die Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse und der Personalfragebogen erkennbar nicht aus, was dem Beklagten angesichts des Schreibens der Klägerin vom 27. September 2021 und seiner beruflichen Stellung als Rechtsanwalt klar sein musste.

c) Allerdings kommt die Zuerkennung eines höheren als des ausgeurteilten Schadensersatzes nicht in Betracht. Der zuerkannte Schadensersatz hat dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu entsprechen und muss insofern vor allem den Umfang des eingetretenen Schadens berücksichtigen. Der immaterielle Schaden, der Klägerin, der im Rahmen des zulässigen Antrags auf Schadensersatz wegen Verletzung des Art. 15 Abs. 1 DSGVO auszugleichen ist, beschränkt sich auf die Unsicherheit und die mangelnde Kontrolle ihrer Daten und bewegt sich damit im unteren Bereich möglicher immaterieller Schadensersatzansprüche iSd. § 82 DSGVO. Es sind gerade keine Verletzungen des Persönlichkeitsrechts der Klägerin auszugleichen, wie dies häufig bei feststehender unzulässiger Verarbeitung persönlicher Daten, insbesondere bei deren Weitergabe oder gar Veröffentlichung der Fall sein wird.

2.

Hinsichtlich des mit der Anschlussberufung begehrten weiteren Schadensersatzes nach Art 82. Abs. 1 DSGVO wegen Verletzung der Pflichten aus Art. 13 DSGVO hat diese keinen Erfolg. Der Antrag ist mangels ausreichender Bestimmtheit nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Auf die Darlegungen unter A II. 2 b) wird verwiesen.

3.

Die Anschlussberufung ist ebenfalls unbegründet, soweit sie die vom Arbeitsgericht übergangenen Ansprüche wegen Verletzung der Pflichten aus Art. 6 DSGVO und aus Art. 15 Abs. 2 DSGVO verfolgt. Die Klage ist auch insofern unzulässig. Zwar hat die Klägerin den geltend gemachten Ansprüchen nunmehr jeweils gesondert Beträge zugeordnet, die das Gericht ihr im Rahmen der Schadensschätzung jeweils mindestens zusprechen soll. Es liegt aber nicht die erforderliche Kennzeichnung der Ansprüche vor, durch die sie von anderen Ansprüchen unterschieden und abgegrenzt werden können.

a) Es fehlt hinsichtlich des erhobenen Anspruchs nach Art. 15 Abs. 2 DSGVO i.V.m. Art 82 DSGVO vollständig an einer Klagebegründung. Der Klageerweiterungsschriftsatz enthält eine solche Begründung nicht. Die dortigen Ausführungen unter II. befassen sich nur mit der Verletzung des Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Im Rahmen der Ausführungen unter III. zitiert die Klägerin zwar Art. 15 Abs. 2 DSGVO, leistet aber hierzu keinen Sachvortrag, behauptet insbesondere keine Übermittlung ihrer Daten an einen Drittstaat oder eine internationale Organisation. Gleiches gilt für den Schriftsatz vom 26. November 2021, für die Begründung der Anschlussberufung vom 9. Mai 2022 und für den Schriftsatz der Klägerin vom 7. Dezember 2022.

Dies führt bereits zur Unzulässigkeit und nicht erst zur Unschlüssigkeit der Klage. Würde diese nämlich als unschlüssig abgewiesen, könnte die Reichweite der Rechtskraft dieser Entscheidung nicht festgestellt werden, weil unklar wäre, über welche Datenübermittlung entschieden worden ist.

b) Nichts anders gilt hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs aus Art. 6 DSGVO iVm. Art. 82 Abs. 1 DSGVO. Art. 6 DSGVO zitiert die Klägerin zunächst unter III. des Klageerweiterungsschriftsatzes, ohne der Forderung jedoch ein konkretes Geschehen zuzuordnen. Sie macht vielmehr geltend, der Beklagte verstoße durch die nicht vollständig (gemeint ist wohl nicht) erteilte Auskunft gegen Art. 6 DSGVO, was nicht nachvollziehbar ist, weil die Vorschrift sich mit der Rechtmäßigkeit von Datenverarbeitung und nicht mit Auskunftspflichten befasst. In der Begründung der Anschlussberufung lässt die Klägerin ausführen, das Arbeitsgericht habe zurecht über einen Anspruch wegen Verletzung von Art. 15 Abs. 1, 2 DSGVO und Art. 13 DSGVO entschieden (Seite 7 der Anschlussberufungsschrift, Bl. 114 d.A), begründet aber sodann unter Ziff. IV.1- (Seite 11 der Anschlussberufungsschrift, Bl. 118 d.A.) einen Anspruch wegen Verletzung von Art. 15 Abs. 3 DSGVO und unter Ziff. IV.2. einen Anspruch nach Art. 15 Abs. 1, 2 DSGVO, wobei sie erneut geltend macht, die nicht erteilte Auskunft stelle einen Verstoß gegen Art. 6 DSGVO dar.

Soweit die Klägerin vorträgt, der Beklagte habe sie von seiner Tochter fotografieren und von Frau B bespitzeln lassen, bringt sie dies nicht mit einem Anspruch wegen Verletzung von Art. 6 DSGVO in Verbindung, sondern ihre Ausführungen finden sich teilweise im Rahmen ihrer Erörterungen zu dem Kündigungssachverhalt, teilweise bei der Begründung ihrer Ablehnung des gerichtlichen Vergleichsvorschlags und teilweise in Zusammenhang mit ihren Ausführungen zu Art. 15 Abs. 3 DSGVO, also dem Anspruch auf Erteilung einer Kopie. Weiterhin trägt sie vor, der Beklagte schulde hierüber „Rechenschaft“, was wiederum einen Auskunftsanspruch impliziert. Die entsprechenden Lebenssachverhalte kann die Kammer mithin nicht ohne einen Verstoß gegen § 308 ZPO einem Anspruch nach Art. 6 DSGVO iVm. Art. 82 Abs. 1 DSGVO zuordnen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

1.

Für das erstinstanzliche Verfahren errechnet sich eine Kostenquote der Klägerin von 77 % und des Beklagten von 23 %. Der erstinstanzliche Streitwert betrug zunächst drei Bruttomonatsgehälter i.H.v. jeweils 2.300 Euro betreffend den ursprünglichen Kündigungsschutzantrag, ein weiteres Bruttomonatsgehalt i.H.v. 2.300 Euro betreffend das eingeklagte Zeugnis sowie 20.000 Euro betreffend den geltend gemachten Schadensersatzanspruch, mithin insgesamt 29.200 Euro. In Bezug auf den Kündigungsschutzantrag hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen und insoweit nach § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten zu tragen. Im Übrigen hat sie obsiegt. Ebenfalls obsiegt hat sie mit dem Zeugnisantrag und i.H.v. 2.000 Euro betreffend den Schadensersatzantrag und damit insgesamt i.H.v. 6.600 Euro.

2.

Für das zweitinstanzliche Verfahren errechnet sich eine Kostenquote der Klägerin von 81 % und des Beklagten von 19 %. Im Berufungsverfahren war nur noch die eingeschränkte Kündigungsschutzklage mit einem Streitwert von 2.300 Euro und der Schadensersatzanspruch von 20.000 Euro Gegenstand. Die Klägerin hat hinsichtlich des eingeschränkten Bestandsschutzantrags voll obsiegt und hinsichtlich des Schadensersatzanspruch wiederum im Umfang von 2.000 Euro, insgesamt also i.H.v. 4.300 Euro bei einem Gesamtwert von 22.300 Euro.

V.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, soweit die Kammer den Beklagten zur Leistung von Schadensersatz wegen Verletzung des Art. 15 Abs. 1 DSGVO verurteilt hat.

1.

Ob Art. 82 Abs. 1 DSGVO Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des Art. 15 Abs. 1 DSGVO umfasst, ist eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die das Bundesarbeitsgericht mangels Entscheidungserheblichkeit in seinem Urteil vom

5. Mai 2022 (‒ 2 AZR 363/21 ‒juris) offengelassen hat. Auch die Frage, ob der Nachweis eines konkreten Schadens für einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO nötig ist oder bereits die Verletzung der DSGVO selbst zu einem auszugleichenden immateriellen Schaden führt, ist höchstrichterlich nicht entschieden und Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens des Bundesarbeitsgerichts (BAG, EuGH-Vorlage vom 26. August 2021 ‒ 8 AZR 253/20 (A) ‒, juris). Gleiches gilt für die Frage, welche Umstände bei der Bemessung des Schadensersatzanspruchs zu Lasten des Verpflichteten zu berücksichtigen sind.

2.

Im Übrigen bestand für die Zulassung der Revision bei der vorliegenden Einzelfallentscheidung kein gem. § 72 Abs. 2 ArbGG begründeter Anlass. Dies gilt auch, soweit die Kammer einen höheren Schadensersatzanspruch der Klägerin abgelehnt hat, da das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden hat, dass das Gericht bei der Bestimmung der in sein Ermessen gestellten Höhe des Schadenersatzes gem. § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO alle Umstände des Einzelfalls würdigen muss und dass, selbst wenn man annimmt, dass der Schadenersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO auch einen präventiven Charakter hat und damit auch eine Abschreckungsfunktion erfüllen muss, sogar ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 1.000 Euro bei Verletzung der Auskunftspflicht dieser Anforderung genügt (BAG 5. Mai 2022 ‒ 2 AZR 363/21 ‒ juris). Die Kammer ist nicht nur von davon ausgegangen, dass der festzusetzende Schadensersatz Präventionsgesichtspunkten genügen muss, sondern hat auch das Verschulden des Beklagten zu seinen Lasten gewertet. Insofern ist die Klägerin hinsichtlich keiner der offenen Fragen zur Bestimmung der Höhe des Schadensersatzes nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO durch die Entscheidung beschwert.

Vorschriften