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Urteil vom 10.01.2023 · IWW-Abrufnummer 236210

Landesarbeitsgericht Düsseldorf - Aktenzeichen 8 Sa 420/22

1. Die Tarifvertragsparteien dürfen die Senioritätsregeln für den beruflichen Aufstieg vom First Officer zum Kapitän durch nachfolgenden Tarifvertrag ändern. Sie haben dabei den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten und dürfen nicht gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen.

2. Diese Anforderungen sind hier erfüllt. Die Tarifvertragsparteien durften eine Umstellung auf ein System, das tatsächliche Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit mischt (Gruppe 2), vornehmen und dabei zugleich sog. "Altbeschäftigten" (Gruppe 1) Bestandsschutz in ihrer bisher allein arbeitgeberbezogen erworbenen Seniorität zubilligen.

3. Ist nach den tariflichen Prämissen davon auszugehen, dass die Beschäftigungsdauer bei der Arbeitgeberin kein angemessenes Ordnungsmerkmal für den betrieblichen Aufstieg darstellt, ist es tendenziell nicht nachvollziehbar, zu diesem System nach einem bestimmten Zeitraum tariflich für die Zukunft (ab dem 01.01.2019 - Gruppe 3) wieder zurückzukehren. Dies führte hier nicht zum Erfolg der Klage. Ggfs. kann sich ein ab dem 01.01.2019 eingestellter Beschäftigter darauf berufen, dass er aufgrund seiner tatsächlichen, aber nicht auf die Beklagte bezogenen höheren Berufserfahrung gemäß den Kriterien der Gruppe 2 eine bessere Seniorität hat und die Anwendung dieser Senioritätsregeln für Gruppe 2 verlangen. Dies hilft dem vor dem 01.01.2019 eingestellten Kläger aus Gruppe 2 nicht, denn entweder verbleiben diese Beschäftigten in der Seniorität hinter ihm oder aber sie ziehen an ihm vorbei. Einen besseren Platz als bisher kann der Kläger so nicht erreichen.

4. Zu den prozessualen Voraussetzungen der Geltendmachung entgangenen - künftigen - Verdiensts in Form eines Schadensersatzanspruchs.


Tenor: 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 04.05.2022 - Az. 15 Ca 168/22 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zeitliche Geltung und die Wirksamkeit der Ablösung der tariflichen Senioritätsregeln. Daraus ableitend macht der Kläger einen Anspruch auf Ausbildung vom First Officer zum Flugkapitän, eine daraus folgende Beförderung, Schadensersatz auf Differenzvergütung sowie die Unterlassung der Anwendung bestimmter tariflicher Senioritätsregeln auf ihn geltend. Für die Zukunft verlangt er, die Beklagte zu verpflichten, ihn bei künftigen Förderungsmaßnahmen zu berücksichtigen.

Der Kläger war in der Zeit von März 2017 bis Dezember 2017 bei der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs AG (im Folgenden "Air C.") als Co-Pilot beschäftigt. Seit dem 12.01.2018 war er bei der Beklagten, die vormals als F. Luftverkehrs AG firmierte, als First Officer in Teilzeit (91,7 %) an der Station R. beschäftigt. Grundlage war der Anstellungsvertrag vom 12.01.2018. In diesem hieß es u.a.:

"3. Geltung von Tarifverträgen (1) Auf das Arbeitsverhältnis finden die im Betrieb jeweils für die Berufsgruppe des Mitarbeiters einschlägigen, normativ geltenden Verbands- und Firmentarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Derzeit sind dies der Manteltarifvertrag Nr. 6 für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der F. GmbH sowie der Vergütungstarifvertrag Nr. 7 für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der F. GmbH. ..."

Diese Bezugnahmeklausel ist nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien so zu verstehen, dass sämtliche in Nr. 3 Absatz 1 Satz 1 genannten Tarifverträge Anwendung finden und der zweite Satz - beginnend mit "derzeit" - nur so zu verstehen ist, dass dies eigentlich ein "insbesondere" meint.

Weiterhin heißt es in Ziffer 10. des Anstellungsvertrages unter der Überschrift "Vorbehalt abweichender kollektiver Regelungen":

"Sämtliche Regelungen dieses Vertrages stehen unter dem Vorbehalt abweichender Regelungen in - sowohl normativ als auch über Ziffer 3. dieses Vertrages geltenden - Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen. Dies gilt insbesondere, aber nicht ausschließlich, für die Regelungen der Ziffern 2. bis 6. und 6. bis 8. dieses Vertrages. Kollektive Regelungen nach Satz 1 können insbesondere auch zum Nachteil des Mitarbeiters von den Regelungen dieses Vertrages abweichende Regelungen treffen, die dann zur Anwendung kommen."

Der Kläger war zuletzt der Tarifgruppe FO 08 zugeordnet und erzielte ein Bruttomonatsgehalt von 5.007,76 Euro zuzüglich einer Flugzulage in Höhe von 917,00 Euro brutto. Seinen ersten kommerziellen Flug für die Beklagte erbrachte er am 02.02.2018. Die Beklagte beschäftigte im Cockpit sowohl Kapitäne als auch First Officer.

In dem Zeitraum vom 29.04.2008 bis zum 21.09.2021 fand bei der F. Luftverkehrs AG und nachfolgend der Beklagten der zwischen der F. Luftverkehrs AG und der Vereinigung Cockpit e.V. (im Folgenden: VC Cockpit) abgeschlossene "Tarifvertrag Wechsel und Förderung für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der F. Luftverkehrs AG" vom 29.04.2008 (im Folgenden: TV WeFö) Anwendung. Dieser regelte die Wechselmöglichkeiten zwischen Flugzeugmustern und zwischen konzernangehörigen Fluggesellschaften sowie die Förderung zum Kapitän für die Cockpitmitarbeiter. Er lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 2 Seniorität (1) Unter Seniorität ist eine besondere Art der Betriebszugehörigkeit zu verstehen, welche nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen festzustellen und zu berücksichtigen ist. (2) Jedes Jahr wird für die bei EW Beschäftigten eine Senioritätsliste erstellt, die folgende Angaben enthält: laufende Nummer, Vorname, Nachname, TLC, Funktion, Flotte, 1. Kommerzieller Einsatz, Geburtsdatum. (3) Innerhalb der Senioritätsliste richtet sich die Reihenfolge, in der die einzelnen Beschäftigten aufzuführen sind, nach dem kalendermäßigen Aufeinanderfolgen nach den §§ 3 und 4 festzusetzenden Daten. § 3 Festlegung der Seniorität (1) Die Seniorität bestimmt sich nach dem ersten kommerziellen Einsatz als ununterbrochenen abhängig Beschäftigter an Bord unter Supervision. Haben eine Mehrzahl an Beschäftigten ihren ersten kommerziellen Einsatz am selben Tag, bestimmt sich die Senioritätsfolge nach Maßgabe des Geburtsdatums, so dass ältere Beschäftigte jüngeren vorgehen. ... (2) Einreihungen in die am 01.05.2008 erstmalig nach diesem Tarifvertrag aufzustellende Senioritätsliste werden in der Weise vorgenommen, dass sich die Senioritätsfolge der dort aufgeführten Beschäftigten zueinander für die Vergangenheit und aus Gründen, die vor dem 01.05.2008 entstanden sind, nicht mehr ändert. ... § 5 Erstellung und Führung der Listen (1) Die nach § 2 Absatz 2 erstellte Senioritätsliste wird von EW geführt und zum 1. April eines jeden Jahres der Personalvertretung Cockpit der EW übergeben. Danach wird sie vorläufig veröffentlicht. ... (3) Hat die Personalvertretung Cockpit im Einzelfall gegen die Festsetzung bestimmter Senioritätsdaten Bedenken, so kann sie - unter Angaben von Gründen - innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach der vorläufigen Veröffentlichung bei EW schriftlich Einspruch einlegen. (4) Der Einspruch kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Ablauf der Einspruchsfrist gegen die vorherige Senioritätsliste entstanden ist. ... (5) Der Einspruch hat aufschiebende Wirkung. ... (6) Die Senioritätsliste wird von EW zum 1. Juli eines jeden Jahres endgültig veröffentlicht und in Kraft gesetzt. Gleichzeitig verlieren die jeweils vorherige und die vorläufige Senioritätsliste ihre Gültigkeit. Für den Zeitraum 1. April bis 30. Juni wird auf die dann noch gültige Senioritätsliste des Vorjahres zurückgegriffen. (7) Ansprüche aus diesem Tarifvertrag stehen nur der Personalvertretung Cockpit zu. § 6 Förderung und Wechsel (1) Förderung im Sinne dieses Tarifvertrages ist die Schulung vom First Officer zum Kapitän (Upgrading). (2) Wechsel im Sinne dieses Tarifvertrages sind Umschulungen auf ein anderes Flugzeugmuster unter Beibehaltung der beruflichen Funktion und wenn der Beschäftigte mindestens 36 Monate planbar auf dem neuen Flugzeugmuster eingesetzt werden kann. ... (3) Erfüllen für eine Förderung mehrere geeignete Bewerber/innen die festgesetzten Förderungsbedingungen, werden die ausgeschriebenen Stellen nach der Seniorität besetzt. (4) Kann eine freie Kapitänstelle nicht im Wege der Förderung besetzt werden, so ist sie bei entsprechenden Bewerbungen im Wege des Wechsels zu besetzten. Satz 1 gilt nicht für die dadurch freiwerdende Kapitänstelle. ..."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den als Anlage K4 zur Klageschrift und B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 04.03.2022 zur Akte gereichten TV WeFö Bezug genommen.

Am 18.12.2017 schlossen die Beklagte und die VC Cockpit den Tarifvertrag Wachstum für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der F. GmbH (im Folgenden: TV Wachstum). Der TV Wachstum i.V.m. der letzten Änderungsvereinbarung vom 26.06.2019 lautete auszugsweise wie folgt:

"Präambel Mit der Entscheidung der F. Gruppe, in Deutschland an verschiedenen Standorten in kurzer Zeit um 25 AC zu wachsen, ergibt sich für deren Flugbetriebe eine konkrete Wachstumsperspektive. Beide Parteien sind sich einig, dass die Voraussetzungen geschaffen werden sollen, auch den Flugbetrieb der F. GmbH an diesem Wachstum partizipieren zu lassen. Dabei soll zumindest ein Wachstum an den heutigen Stationen E. und I. sowie an der neuen Station D. durch die F. GmbH realisiert werden. Dabei legt F. Wert darauf, im Cockpit sowohl routinierte, erfahrene Mitarbeiter als auch engagierten Nachwuchs für sich zu gewinnen. F. erachtet vor dem Hintergrund des angestrebten raschen Wachstums die alleinige Rekrutierung junger Mitarbeiter mit geringer Berufserfahrung als nicht geeignet, sondern wird - je nach Resonanz auf die Stellenausschreibungen - auch erfahrene Mitarbeiter mit längerer Erfahrung rekrutieren. Ein vernünftiger "Erfahrungsmix" des Cockpitpersonals ist für F. am besten geeignet, um die gesetzten Wachstumsziele zu erreichen. ... § 1 Geltungsbereich (1) Dieser Tarifvertrag Wachstum (TV Wachstum) gilt für die Beschäftigten des Cockpitpersonals (im Folgenden Beschäftigte genannt1) der F.. ... § 2 Auswahlverfahren (1) Für die Einstellungen von Cockpitpersonal für den Zeitraum vom 18.12.2017 bis zum 31.12.2018, ..., gilt abschließend das folgende Ausschreibungs- und Auswahlverfahren: ... . § 4 Eingruppierung und Einstufung Aufgrund des vorübergehend hohen Personalbedarfs gelten für Beschäftigte, die in dem Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 31.12.2018 eingestellt werden, für Zwecke der Eingruppierung und Einstufung folgende Sonderregelungen zum VTV Nr. 7: ... § 7 Verhandlungsverpflichtung zum Tarifvertrag "Berücksichtigung beruflicher Vorerfahrung von Neueinstellungen bei der Vergabe von Off-Request, betriebliche Teilzeit, Urlaub sowie der Festlegung der Upgrade Reihenfolge. Die Parteien verpflichten sich, bis zum 31.10.2019 eine tarifliche Regelung zur Berücksichtigung beruflicher Vorerfahrung von Neueinstellungen bei der Vergabe von Off-Request, betrieblicher Teilzeit, Urlaub sowie der Festlegung der Upgrade Reihenfolge abgeschlossen zu haben. § 8 Inkrafttreten und Vertragsdauer Dieser Tarifvertrag tritt am 18.12.2017 in Kraft und endet mit dem Beginn der Upgradeschulung des letzten internen Bewerbers gemäß § 3 Abs. (2) dieses Tarifvertrages, der zum 31.12.2018 die Fördervoraussetzungen erfüllt hat, spätestens zum 30.06.2021 ohne Nachwirkung. Hiervon ausgenommen ist die Erfüllung der Ausgleichszahlung gem. § 3 sowie vorstehender § 5, der auch über die Vertragsdauer dieses Tarifvertrages Bestand hat. ..."

Wegen der weiteren Einzelheiten des TV Wachstum wird auf Anlage B2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 04.03.2022 Bezug genommen. In Geltung des TV Wachstum wurden von der Beklagten ca. 300 Personen im Bereich des Cockpits von der ehemaligen Air C. eingestellt. Auf Grundlage des TV WeFö erstellte die Beklagte am 01.07.2021 eine endgültige Senioritätsliste, wonach der Kläger sich auf Listenplatz 290 befand. Wegen der Einzelheiten der Liste wird auf Anlage K 15 zum Schriftsatz des Klägers vom 30.03.2022 Bezug genommen.

Am 22.09.2021 unterzeichneten die Beklagte und die VC Cockpit den "Tarifvertrag Karriere für das Cockpitpersonal der F." (im Folgenden: TV Karriere). In dem TV Karriere hieß es u.a.:

"§ 1 Persönlicher und sachlicher Geltungsbereich (1) Dieser Tarifvertrag gilt für das Cockpitpersonal der F. (im Folgenden "Beschäftigte1" genannt), auf die der Manteltarifvertrag für das Cockpitpersonal in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung findet. (2) Dieser Tarifvertrag regelt die Seniorität, die Förderung und den Wechsel aller Voll- und Teilzeitbeschäftigten des Cockpitpersonals der F.. § 2 Senioritätsliste (1) Unter Seniorität ist eine besondere Art der Betriebszugehörigkeit zu verstehen, welche nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen festzustellen und zu berücksichtigen ist. (2) Jedes Jahr wird für die F. Beschäftigten eine Senioritätsliste erstellt, die folgende Angaben enthält: ... (3) Die Seniorität bestimmt sich nach dem Datum der Einstellung (erster Arbeitstag laut Arbeitsvertrag) bei F. als abhängig Beschäftigter des Cockpitpersonals. Haben eine Mehrzahl von Beschäftigten das gleiche Einstellungsdatum, bestimmt sich die Senioritätsreihenfolge nach Maßgabe des Geburtsdatums, so dass ältere Beschäftigte jüngeren vorgehen. (4) Für Beschäftigte, die bis einschließlich 31.12.2018 bei F. eingestellt wurden ("Altpersonal" und Einstellungen nach "TV Wachstum vom 18.12.2017"), gilt abweichend eine gesonderte Sortierung nach Anlage 1. Diese Beschäftigten werden in der Senioritätsliste vor den Beschäftigten mit Einstellungsdatum ab 01.01.2019 geführt. Auch für die nach dem TV Ready Entry eingestellten Beschäftigten gilt die Anlage 1. (5) Nach Abschluss dieses Tarifvertrages erfolgt einmalig die Neuermittlung der Senioritätsreihenfolge nach den Bestimmungen der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag. (6) Die Senioritätsliste wird auf der Grundlage der Regelungen in §§ 2, 3 und 4 erstellt und nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Tarifvertrages weitergeführt. ... § 4 Erstellen, Führen und Veröffentlichen der Listen (1) Die nach § 2 erstellte Senioritätsliste wird von F. geführt und zum 1. April eines jeden Jahres der Personalvertretung Cockpit der F. übergeben. Danach wird sie vorläufig veröffentlicht. ... (3) Hat die Personalvertretung Cockpit im Einzelfall gegen die Festsetzung bestimmter Senioritätsdaten Einwände, so kann sie - unter Angabe von Gründen - innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach der vorläufigen Veröffentlichung bei F. in Textform Einspruch einlegen. Der Einspruch hat aufschiebende Wirkung. Die VC ist hiervon in Textform zu unterrichten. (4) Der Einspruch kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Ablauf der Einspruchsfrist für die vorherige Senioritätsliste entstanden sind. Ein Einspruch, für den keine Gründe vorgetragen werden, gilt als nicht eingelegt. ... (5) Über Einsprüche gegen die Erstellung der Senioritätsliste entscheidet eine betriebliche paritätisch besetzte Kommission. Die Anrufung der Kommission erfolgt durch den Personalbereich binnen zwei Wochen. Nach ihrem Zusammentreten hat die paritätische Kommission binnen weiterer zwei Wochen zu entscheiden. ... (7) Die paritätische Kommission trifft ihre Entscheidung mit der Mehrheit der Stimmen ihrer Mitglieder. Kommt eine Mehrheitsentscheidung nicht zu Stande, so können die Personalvertretung Cockpit oder F. eine Einigungsstelle anrufen, die spätestens innerhalb von sechs Wochen nach Einlegung des Einspruchs (Absatz 3) zusammentritt. Nach ihrem Zusammentreten hat die Einigungsstelle bis spätestens 30. Juni zu entscheiden. Die Festsetzung der Seniorität erfolgt dann für den mit dem Einspruch angegriffenen Fall durch den Spruch der Einigungsstelle. Die Einigungsstelle entscheidet verbindlich. (8) Die Senioritätsliste wird von F. zum 1. Juli eines jeden Jahres endgültig veröffentlicht und in Kraft gesetzt. Gleichzeitig verlieren die jeweils vorherige und die vorläufige Senioritätsliste ihre Gültigkeit. Für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni wird auf die dann noch gültige Senioritätsliste des Vorjahres zurückgegriffen. Bei einem nachgewiesenen Täuschungsversuch wird die Senioritätsliste mit sofortiger Wirkung geändert. (9) Abweichend von den vorgenannten Regelungen gelten für die Neuerstellung der Senioritätsliste gemäß § 2 Abs. 5 einmalig folgende Fristen: - Unmittelbar nach der Neuerstellung der Senioritätsliste gemäß § 2 Abs. 5 wird eine (ggf. weitere) vorläufige Senioritätsliste an die Personalvertretung Cockpit übergeben. - Eine eventuell einberufene Einigungsstelle muss innerhalb zwölf Wochen nach Veröffentlichung dieser vorläufigen Senioritätsliste entscheiden. Spätestens 14 Wochen nach der vorläufigen Veröffentlichung tritt die neu erstellte Liste endgültig in Kraft. Gleichzeitig verlieren die jeweils vorherige und die vorläufige Liste ihre Gültigkeit. (10) Ansprüche aus diesem Tarifvertrag stehen nur der Personalvertretung Cockpit zu. § 5 Förderung und Wechsel (1) Förderung im Sinne dieses Tarifvertrages ist die Schulung vom First Officer zum Kapitän (Upgrading). (2) Wechsel im Sinne dieses Tarifvertrages sind Umschulungen auf ein anderes Flugzeugmuster unter Beibehaltung der beruflichen Funktion und wenn der Beschäftigte mindestens 36 Monate planbar auf dem neuen Flugzeugmuster eingesetzt werden kann. ... (3)Erfüllen für eine Förderung mehrere gleich geeignete Bewerber/Bewerberinnen die festgesetzten Förderungsbedingungen, werden die ausgeschriebenen Stellen nach der Seniorität besetzt. (4) Kann eine freie Kapitänstelle nicht im Wege der Förderung besetzt werden, so ist sie bei entsprechenden Bewerbungen im Wege des Wechsels zu besetzten. Satz 1 gilt nicht für die dadurch freiwerdende Kapitänstelle. § 10 Inkrafttreten und Vertragsdauer (1) Dieser Tarifvertrag tritt mit dem Datum seiner Unterzeichnung in Kraft. Er ersetzt den bisherigen TV WeFö vom 29.04.2008. ..."

Die Anlage 1 zum TV Karriere vom 22.09.2021 (im Folgenden TV-A Karriere) enthielt u.a. folgende Bestimmungen:

"Präambel Viele der in den ergangenen Jahren bei F. eingestellten Pilotinnen und Piloten besitzen Flugerfahrung aus anderen Flugbetrieben. Die reine Beschäftigungsdauer bei der F. reflektiert diese Berufserfahrung nur unzureichend und stellt insbesondere für die betroffenen Ersten Offiziere kein angemessenes Ordnungsmerkmal für den beruflichen Aufstieg zum Kapitän dar. Die Tarifvertragsparteien vereinbaren daher mit der Änderung dieses Tarifvertrags nicht nur neue Regularien zur jährlichen Erstellung der Senioritätsliste, sondern auch die einmalige Neuordnung der Seniorität nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Tarifvertrages. § 1 Persönlicher und sachlicher Geltungsbereich (1) Für Beschäftigte, welche bis zum Inkrafttreten dieses Tarifvertrages eingestellt wurden, wird einmalig eine Neuermittlung der Senioritiätsreihenfolge vorgenommen. ... § 2 Beschäftigtengruppen (1) Gruppe 1 "Altpersonal" Für Beschäftigte, welche bei der F. GmbH oder einer ihrer Vorgängergesellschaften (RFG, NFD) ihren ersten kommerziellen Einsatz bis spätestens 30.09.2017 hatten und seitdem in einem durchgehenden Arbeitsverhältnis zur heutigen F. einschließlich ihrer Rechtsvorgänger stehen, bestimmt das Datum des ersten kommerziellen Einsatzes die Rechtsposition in der Senioritätsliste. Beschäftigte mit einem früheren kommerziellen Einsatzdatum gehen Beschäftigten mit einem späteren kommerziellen Einsatzdatum vor. Bei gleichem kommerziellen Einsatzdatum bestimmt sich die Senioritätsreihenfolge nach Maßgabe des Geburtsdatums, so dass ältere Beschäftigte jüngeren vorgehen. (2) Gruppe 2 "Einstellungen gemäß TV Wachstum" Für Beschäftigte, welche ihren ersten kommerziellen Einsatz ab dem 01.10.2017 bei der F.-Gruppe hatten und die bis spätestens zum 31.12.2018 bei der F.-Gruppe eingestellt wurden und seitdem in einem durchgehenden Arbeitsverhältnis zur heutigen F.-Gruppe stehen, bestimmen sich die Senioritätsreihenfolge durch Senioritätspunkte: a. Unter "Zugehörigkeit zur F.-Gruppe" ist die Anzahl der Kalendertage ab vollständigem Bewerbungseingang auf eine Stelle als Verkehrsflugzeugführer in einem aktuell oder ehemals zur F.-Gruppe gehörigen Flugbetrieb zu verstehen, der (ohne zwischenzeitliche Beschäftigung als Verkehrsflugzeugführer außerhalb der genannten Flugbetriebe) zu einem Arbeitsvertrag mit anschließendem ununterbrochenem Arbeitsverhältnis geführt hat. Die Tage der Zugehörigkeit zur F.-Gruppe werden frühestens ab dem 18.12.2017 gezählt. Bei früherem Bewerbungseingang zählt der 18.12.2017. Je Tag Zugehörigkeit zur F.-Gruppe ergibt sich ein Senioritätspunkt. b. Unter Berufserfahrung ist die Anzahl der Kalendertage seit dem ersten Einsatz als Halter einer Fluglizenz und Teil der operativen Cockpitcrew eines Flugzeuges (einschließlich des Landestrainings) ab MTOW 14 t oder größer zu verstehen (entsprechend D-Bxxx oder äquivalent). Vergleichbare militärische Berufserfahrung wird anerkannt. Je Tag Berufserfahrung ergibt sich ein Senioritätspunkt. c. Die Summe aus Tagen Berufserfahrung und Tagen Zugehörigkeit zur F. Gruppe bestimmt die Sortierungsreihenfolge in Form von Senioritätspunkten und wird in gleicher Wertigkeit berücksichtigt. Haben eine Mehrzahl von Beschäftigten die gleiche Anzahl von Senioritätspunkten, bestimmt sich die Senioritätsreihenfolge nach Maßgabe des Geburtsdatums, so dass ältere Beschäftigte jüngeren vorgehen. (3) Gruppe 3 "Beschäftigte mit dem Einstellungsdatum ab dem 01.01.2019" Für Beschäftigte, welche ab dem 01.01.2019 bei einer Gesellschaft der F.-Gruppe als Verkehrsflugzeugführer eingestellt wurden und seitdem in einem durchgehenden Arbeitsverhältnis zur F.-Gruppe stehen, bestimmt sich die Seniorität nach dem Datum der Einstellung (erster Arbeitstag laut Arbeitsvertrag). Haben eine Mehrzahl von Beschäftigten einen Arbeitsvertrag mit demselben ersten Arbeitstag, bestimmt sich die Senioritätsreihenfolge nach Maßgabe des Geburtsdatums, so dass ältere Beschäftigte jüngeren vorgehen. (4) Sortierung der Beschäftigungsgruppen zueinander Die Senioritätsliste wird so geführt, dass Gruppe 1 vor Gruppe 2 und diese vor Gruppe 3 geführt wird. Eine Überschneidung oder Vermischung der Gruppen ist ausgeschlossen. ..."

Wegen der weiteren Einzelheiten von TV Karriere und TV-A Karriere wird auf die als Anlage K6 zur Klageschrift und B3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 04.03.2022 gereichten Ablichtungen der Tarifverträge Bezug genommen. In dem Manteltarifvertrag Nr. 6 für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der F. GmbH (im Folgenden MTV) hieß es u.a.:

"§ 3 Betriebszugehörigkeit (1) Die Betriebszugehörigkeit für Ansprüche aus diesem Tarifvertrag beginnt mit dem Tage der Einstellung bei F., ununterbrochene Beschäftigungszeiten bei NFD und RFG sowie Beschäftigungszeiten bei anderen F.-Luftverkehrsgesellschaften werden angerechnet. (2) Einstellungsdatum ist der erste kommerzielle Einsatz als ununterbrochen abhängig Beschäftigter an Bord unter Supervision und ist die Grundlage für die Senioritätsliste. Die Supervisionszeit hat unverzüglich zu beginnen, spätestens jedoch zu Beginn der zweiten Dienstplanperiode nach Lizenzerhalt mit gültiger Musterberechtigung."

Aus der Zeit nach dem 01.01.2019 existierte ein Informationsschreiben der VC Cockpit für das Cockpitpersonal von F. In diesem hieß es u.a.:

"Den Vorstoß der F. Geschäftsführung, dem Cockpit- und Kabinenpersonal der F. einen Arbeitsplatz in der F.-Gruppe anbieten zu wollen, haben wir daher positiv zur Kenntnis genommen. Bei der F. in Deutschland besteht nach wie vor ein sehr hoher Bedarf an Copiloten, da das Unternehmen weiter wachsen möchte. Die Geschäftsleitung erwähnte uns gegenüber außerdem, dass man Kapitänen einen Arbeitsplatz bei F. Europe anbieten möchte. Die EW-Cockpit-Tarifkommission der VC hat daher in einem ihrer letzten Gespräche mit der Geschäftsleitung unter anderem angeboten, die Vorerfahrung der Copiloten finanziell anzuerkennen, damit diese nicht in Gehaltsstufe 1 beginnen müssten. Eine Antwort zu diesem Thema steht gleichwohl noch aus, aber wir sind guter Dinge, hier eine adäquate Lösung verhandeln zu können."

Mit Schreiben vom 29.11.2021 veröffentlichte die Beklagte die innerbetriebliche Stellenausschreibung Nr. 70/21, wonach sie zwölf Copiloten für das Upgrading zum Kapitän A320 suchte. Geplanter Ausbildungsbeginn war der 03.01.2022. Der Kläger bewarb sich bei der Beklagten innerhalb der Bewerbungsfrist mit dem dafür vorgesehenen Bewerbungsformular am 29.11.2021 auf die Stellenausschreibung Nr. 70/21 für einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz als Flugkapitän. Der Kläger wies im Bewerbungszeitpunkt die in der Stellenbeschreibung jeweils benannten Anforderungen auf.

Am 03.12.2021 veröffentlichte die Beklagte auf Grundlage des TV Karriere eine vorläufige Senioritätsliste Cockpit. Diese wies den Kläger auf Listenplatz 501 aus. In der Gruppe 2 waren dabei jedenfalls sechs Arbeitnehmer aufgenommen, die bei der Beklagten bereits vor dem 18.12.2017 eingestellt worden waren und ihren ersten kommerziellen Flug bereits nach dem 01.10.2017 hatten. Dies betraf z.B. Herrn Q. (Kläger in dem Verfahren Arbeitsgericht Düsseldorf - 4 Ca 368/22, nachfolgend LAG Düsseldorf - 10 Sa 421/22), der am 25.09.2017 eingestellt wurde und am 20.10.2017 seinen ersten kommerziellen Flug für die Beklagte hatte. Diese Personen waren auf der Senioritätsliste mit Stand 01.07.2021 auf den Rängen 248 bis 253 platziert gewesen. Wegen der Einzelheiten der Liste vom 03.12.2021 wird auf Anlage K 16 zum Schriftsatz des Klägers vom 30.03.2022 Bezug genommen. Gegen die vorläufige Senioritätsliste erhob die Personalvertretung Cockpit (im Folgenden PV Cockpit) für zahlreiche Beschäftigte der Beklagten Einspruch. Ein Teil der Einsprüche richtete sich jeweils gegen die Festsetzung bestimmter Senioritätsdaten in dieser Liste. Ein anderer Teil der Einsprüche benannte den Einwand der "ungerechten Behandlung". Betreffend den Kläger, der sich per E-Mail am 04.12.2021 an die PV Cockpit gewendet hatte, bezog sich der über die Personalvertretung eingelegte Einspruch auf die "ungerechte Behandlung". Gegen die seinem Listenplatz zugrundeliegenden Sozialdaten hatte der Kläger keine Einwände.

Mit Schreiben vom 06.12.2021 veröffentlichte die Beklagte die interne Stellenausschreibung Nr. 75/21, wonach weitere zwölf Copiloten mit geplantem Ausbildungsbeginn am 17.01.2022 benötigt wurden. Mit innerbetrieblichen Stellenausschreibungen Nr. 76/21 und Nr. 77/21 vom 13.12.2021 suchte sie jeweils nach weiteren zwölf Copiloten für das Upgrading zum Kapitän A 320. In den vorgenannten Stellenausschreibungen führte die Beklagte aus, dass eine Bewerbung von Mitarbeitern, die sich bereits auf die Stellenausschreibung Nr. 70/21 beworben hätten, nicht notwendig sei, weil sie automatisch berücksichtigt würden. Die Stellenausschreibungen Nr. 70/21, 75/21, 76/21 und 77/21 enthielten u.a. jeweils den nachfolgenden Hinweis:

"Die Auswahl erfolgt nach Seniorität, siehe § 5 (3) TV Karriere."

Wegen der weiteren Einzelheiten betreffend den Inhalt der jeweiligen Stellenausschreibungen wird auf die Anlagen K8, K11, K12 und K13 zur Klageschrift Bezug genommen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 06.12.2021 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Unwirksamkeit der Neuregelung der Senioritätsliste geltend und forderte sie auf, die anstehenden Förderungen nach der Senioritätsliste vom 01.07.2021 zu verteilen.

Die Stellenausschreibungen Nr. 70/21, Nr. 75/21, 76/21 und 77/21 waren nicht auf Vorrat erfolgt, sondern mit dem Ziel, die erfolgreichen Bewerberinnen und Bewerber nach bestandener Ausbildung, die ca. zwei Monate dauerte, auch tatsächlich als Kapitänin und Kapitän einzusetzen. Die Beklagte besetzte im Nachgang sämtliche der ausgeschriebenen Stellen zu den genannten Stellenausschreibungen auch tatsächlich mit den auf der Grundlage der vorläufigen Senioritätsliste vom 03.12.2021 ausgewählten und nachfolgend ausgebildeten Bewerberinnen und Bewerber. Hierbei wurden unter anderem die nachfolgenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Kapitän A320 bzw. zur Kapitänin A320 ausgebildet und befördert: T. G., K. X., O. P. und K. T.. Diese Personen befinden sich in der endgültigen Senioritätsliste vom 01.07.2021 jeweils auf Positionen hinter dem Kläger. Der Kläger wurde bei der Besetzung nicht berücksichtigt.

Am 09.03.2022 veröffentlichte die Beklagte die finale Senioritätsliste Cockpit gemäß Tarifvertrag Karriere. Diese wies den Kläger auf Listenplatz 510 aus. Wegen der Einzelheiten dieser Liste wird auf Anlage K 17 zum Schriftsatz des Klägers vom 30.03.2022 Bezug genommen. Mit E-Mail vom 23.03.2022 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie ihn bei den hier in Rede stehenden vier Stellenausschreibungen nicht für ein Upgrade zum Kapitän habe berücksichtigen können. Einstweiligen Rechtsschutz in Bezug auf die Besetzung der mit den Ausschreibungen Nr. 70/21, Nr. 75/21, 76/21 und 77/21 ausgeschriebenen Stellen hatte der Kläger nicht geltend gemacht.

Bei der Beklagten wurden Kapitäne mit der Erfahrungsstufe des Klägers tariflich in die Gehaltsstufe "Cpt 02" eingruppiert. In dieser Gehaltsstufe betrug das Bruttomonatsgehalt einer Vollzeitkraft zu Beginn des Jahres 2022 6.317,31 €. In der Zeit von April 2022 bis zum 23.11.2022 erbrachte der Kläger seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß.

Der Kläger hat gemeint, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ausbildung bzw. Beförderung zum Kapitän A320.

Er ist der Auffassung gewesen, dass sich ein Anspruch eines First Officers auf Ausbildung und Beförderung aufgrund der tariflichen Regelungen und der von der Beklagten ausgeschriebenen Kapitänstellen ergebe. Dies folge daraus, dass die Tarifvertragsparteien sowohl im TV WeFö als auch im TV Karriere verbindlich vereinbart hatten, dass bei Vorliegen mehrerer gleich geeigneter Bewerber/-innen auf ein Upgrade vom First Officer zum Kapitän die Stellen nach der Seniorität besetzt würden. Dies werde dadurch bestätigt, dass die Beklagte selbst in den streitgegenständlichen Stellenausschreibungen jeweils darauf hinwies, dass die Auswahl nach der Seniorität erfolge. Die Beklagte habe ihn bei der Vergabe der Ausbildungs- und Beförderungsstellen zu Unrecht nicht berücksichtigt. Der Kläger hat behauptet, dass er aufgrund seines Listenplatzes 290 nach der endgültigen Senioritätsliste vom 01.07.2021 bereits aufgrund der innerbetrieblichen Stellenausschreibung Nr. 70/21, jedenfalls aber aufgrund der nachfolgenden Stellenausschreibungen (Nr. 75/21, 76/21 und 77/21) bei der Vergabe des Upgrades hätte berücksichtigt werden müssen. Ein Großteil der vor ihm in dieser Liste aufgeführten Personen habe die Position des Kapitäns bereits innegehabt. Dabei seien insbesondere auch 13 der in dieser Liste noch als First Officer aufgeführten Personen im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Stellenausschreibungen tatsächlich bereits als Kapitän tätig gewesen. Lediglich 36 der vor ihm positionierten Personen seien vor den streitgegenständlichen Stellenausschreibungen für die Beklagte als First Officer tätig gewesen. Bei neun dieser First Officer handle es sich nach Mitteilung der Beklagten um Personen, die sich nicht mehr auf eine Beförderungsstelle zum Kapitän bewerben würden, weshalb eine Bewerbung dieser Personen auf die streitgegenständlichen Stellenbeschreibungen bestritten werde. Ferner gehe er davon aus, dass zwölf der vor ihm positionierten First Officer die in der Stellenausschreibung geforderten Flugstundenanzahl noch nicht erreicht hätten. Vor diesem Hintergrund hätte er eine der insgesamt 48 von der Beklagten ausgeschriebenen Stellen erhalten müssen. Die Beklagte könne dieses Vorbringen nicht lediglich pauschal bestreiten, weil sie vorliegend die Substantiierungslast treffe. Jedenfalls habe er einen Anspruch auf Auskunft mit Blick auf konkrete Benennung der First Officer, die von der Beklagten aufgrund der streitgegenständlichen Stellenausschreibungen zum Kapitän A320 ausgebildet bzw. befördert worden seien sowie auf Benennung der First Officer, die sich auf diese Stellenausschreibungen beworben haben, einen Listenplatz vor ihm haben und die Einstellungsvoraussetzung nicht erfüllt haben.

Der Kläger hat weiter gemeint, die endgültige Senioritätsliste vom 01.07.2021 sei für die Vergabe der Stellen maßgeblich gewesen, weil die vorläufige Senioritätsliste vom 03.12.2021 sowohl aus zeitlichen als auch aus sachlichen Gründen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung keine Anwendung gefunden habe. Die vorläufige Senioritätsliste vom 03.12.2021 habe aus zeitlichen Gründen der Auswahlentscheidung der Beklagten nicht zugrunde gelegt werden können. Da die Senioritätsliste vom 03.12.2021 lediglich als "vorläufig" veröffentlicht worden sei, hätte die Beklagte ihre Auswahlentscheidung Ende 2021 - jedenfalls noch bis zur Endgültigkeit dieser "neuen" Liste - nach der endgültigen Senioritätsliste vom 01.07.2021 treffen müssen. Die von der VC Cockpit erhobenen Einsprüche gegen die vorläufige Senioritätsliste hätten insgesamt eine aufschiebende Wirkung entfaltet, sodass die gesamte Liste, d.h. auch ihn betreffend, in diesem Zeitpunkt keine Wirkung entfaltet habe. Es habe - so die Ansicht des Klägers - vorliegend auch eine Ungleichbehandlung gegeben, weil die Beklagte - jedenfalls teilweise - First Officer befördert habe, die in der endgültigen Senioritätsliste vom 01.07.2021 einen Listenplatz hinter ihm gehabt hätten. Der Kläger hat gemeint, er könne sein Recht auf Ausbildung bzw. Beförderung auch individualrechtlich geltend machen, weil er sich nicht auf eine bloße Korrektur bestimmter Senioritätsdaten beziehe. Vielmehr ergebe sich sein Anspruch aus der Festsetzung der Seniorität. Er habe die vorläufige Senioritätsliste vom 03.12.2021 bewusst nicht bereits unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung angegriffen und gewartet, bis sich die Pflichtverletzung der Beklagten in einer Nichtberücksichtigung konkretisiert habe.

Die vorläufige Senioritätsliste vom 03.12.2021 habe jedenfalls aus sachlichen Gründen der Auswahlentscheidung der Beklagten nicht zugrunde gelegt werden dürfen. Der TV Karriere sei aufgrund gleichheitswidriger Benachteiligung vollständig, jedenfalls teilweise unwirksam. Der TV Karriere treffe eine willkürliche Ungleichbehandlung unter verschiedenen Arbeitnehmergruppen. Jedenfalls seien die von den Tarifvertragsparteien herangezogenen Differenzierungskriterien zur Erreichung des von ihnen angestrebten Zwecks, eine Neuordnung der von dem TV Wachstum betroffenen Beschäftigten vorzunehmen, bereits ungeeignet, weshalb ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliege. Die von den Tarifvertragsparteien getroffene Gruppenbildung erweise sich objektiv als willkürlich, weil sie zur Ermittlung der Seniorität teilweise an das Datum des ersten kommerziellen Einsatzes und teilweise an die Einstellung bzw. Beschäftigungszeiten bei der Beklagten bzw. der F.-Gruppe anknüpfe. Dies folge weiter daraus, dass für das ab dem 01.01.2019 eingestellte Cockpitpersonal weiterhin die Regelung gelte, dass nur die bei der Beklagten absolvierte Beschäftigungszeit maßgeblich sei, obwohl es für die Beklagte nicht angemessen sein soll, dass First Officer, trotz vorhandener Erfahrung auf dem relevanten Flugzeugmuster, bei Beförderungen wie Berufsanfänger behandelt würden. Es sei nicht sachgerecht, sich eine Gruppe von Mitarbeitern, nämlich diejenigen, die unter die Gruppe 2 der Anlage 1 zum TV Karriere fallen, herauszugreifen und bei diesen, abweichend von den vorher und nachher geltenden Grundsätzen, Vorbeschäftigungszeiten generell zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG hätte zumindest eine gleichheitskonforme Lösung gefunden werden müssen. Ferner seien die Regelungen zur Erreichung des Zwecks deshalb ungeeignet, weil nicht auf die tatsächliche Flugerfahrung von Cockpitmitarbeitern abgestellt werde. Es würden auch Arbeitnehmer in die Gruppe 2 aufgenommen werden, die nicht auf Grundlage des TV Wachstum eingestellt worden seien, weshalb das von der Beklagten gesetzte Ziel des TV Karriere, eine Neuordnung der von dem TV Wachstum betroffenen Arbeitnehmer vorzunehmen, nicht eingehalten werde. Dies treffe etwa auf die sechs von ihm benannten Personen zu den Rängen 248 bis 253 der alten Senioritätsliste vom 01.07.2021 zu. Jedenfalls scheitere der TV Karriere am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Zumindest könne ein erst am 22.09.2021 geschlossener Tarifvertrag nicht zu Lasten der bereits auf Grundlage des TV WeFö in der Seniorität platzierten Arbeitnehmer substantielle Abweichungen regeln. Da es sich bei der vorgenommenen Gruppenbildung um das zentrale Element des TV Karriere handele, sei der gesamte Tarifvertrag nach § 139 BGB unwirksam. Doch auch bei einer teilweisen Unwirksamkeit bestehe sein Beförderungsanspruch, weil sich seine Seniorität dann nach § 2 Abs. 4 TV Karriere nach seinem Einstellungsdatum bei der Beklagten richte. Jedenfalls ergebe sich der klägerische Anspruch aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Seinem Anspruch stehe auch nicht entgegen, dass er diesen nicht im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens durchgesetzt hatte. Zum einen seien bereits die Grundsätze aus den beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Zum anderen hätte die Beklagte ihm vorab mitteilen müssen, welche konkreten Personen bei der Kapitänsausbildung berücksichtigt werden sollten. Es komme vorliegend auch nicht darauf an, dass die streitgegenständlichen Stellen bereits besetzt seien, weil die Beklagte mit ihrer "verfrühten Stellenausschreibung" selbst das Risiko eingegangen sei, aufgrund von nachträglichen Änderungen in der vorläufigen Senioritätsliste mehr First Officer zum Kapitän ausbilden zu müssen.

Da die Ausbildung zum Kapitän A320 ca. zwei Monate dauere, habe er jedenfalls ab dem Monat April 2022 Anspruch auf die Differenzvergütung zwischen seiner Entgeltgruppe als First Officer FO 08 und der Gehaltsstufe Cpt 02 als Kapitän. Unter Berücksichtigung der Teilzeittätigkeit ergebe sich derzeit ein monatlicher Anspruch in Höhe von 785,21 € brutto zuzüglich einer Flugzulage von 550,20 € brutto. Dieser Entgeltanspruch bestehe auch, wenn er mit seinem Antrag auf Ausbildung bzw. Beförderung unterliege, da ihm der aus der Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung entstandene Schaden zu ersetzen sei.

Jedenfalls könne er verlangen, dass die Beklagte es unterlasse, eine aufgrund des TV Karriere erstellte Senioritätsliste anzuwenden. Für den Fall, dass er mit seinem Begehren auf Ausbildung bzw. Beförderung unterliege, ist er der Auffassung gewesen, dass ihm jedenfalls ein Anspruch gegen die Beklagte auf Berücksichtigung und Ausbildung zum Kapitän A320 bei künftigen, nächsten Stellenausschreibungen von Upgrades zustünde.

Der Kläger hat beantragt,

1. a) die Beklagte zu verurteilen, ihn aufgrund der innerbetrieblichen Stellenausschreibung 70/21 zum Kapitän A320 auszubilden; hilfsweise, b) die Beklagte zu verurteilen, ihn aufgrund der innerbetrieblichen Stellenausschreibung 75/21 zum Kapitän A320 auszubilden; hilfsweise, c) die Beklagte zu verurteilen, ihn aufgrund der innerbetrieblichen Stellenausschreibung 76/21 zum Kapitän A320 auszubilden; hilfsweise, d) die Beklagte zu verurteilen, ihn aufgrund der innerbetrieblichen Stellenausschreibung 77/21 zum Kapitän A320 auszubilden; hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1), 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem Monat April 2022 monatlich zusätzlich ein Grundgehalt von 785,21 Euro brutto sowie zusätzlich eine Flugzulage von 550,20 Euro brutto jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem jeweils ersten des Folgemonats zu zahlen, bis die Beklagte ihn zum Kapitän befördert, längstens bis zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses; 3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem Monat April 2022 bis zu seiner Beförderung zum Kapitän, längstens bis zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses, monatlich eine Vergütung als Kapitän gemäß dem jeweils einschlägigen Vergütungstarifvertrag für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der F. GmbH nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem jeweils ersten des Folgemonats zu zahlen, soweit der sich hieraus ergebende Betrag den Anspruch gemäß dem Klageantrag zu 2) übersteigt; hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1), 4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem Monat April 2022 monatlich zusätzlich ein Grundgehalt von 785,21 Euro brutto sowie zusätzlich eine Flugzulage von 550,20 Euro brutto jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem jeweils ersten des Folgemonats bis zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses zu zahlen, 5. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem Monat April 2022 bis zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses monatlich eine Vergütung als Kapitän gemäß dem jeweils einschlägigen Vergütungstarifvertrag für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der F. GmbH nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem jeweils ersten des Folgemonats zu zahlen, soweit der sich hieraus ergebende Betrag den Anspruch gemäß dem Klageantrag zu 2) übersteigt; äußerst hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit den Klageanträgen zu 4) und 5), 6. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, eine Senioritätsliste auf Grundlage des Tarifvertrags Karriere vom 22. September 2021 anzuwenden, soweit er hierdurch beeinträchtigt wird; hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1), 7. die Beklagte zu verurteilen, ihn aufgrund ihrer nächsten innerbetrieblichen Stellenausschreibung für ein Upgrading vom First Officer/Copiloten zum Kapitän A320 zu berücksichtigen und auszubilden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, der Kläger habe keinen Anspruch auf die von ihm geltend gemachte Beförderung. Einen allgemeinen Beförderungsanspruch gegen einen privaten Arbeitgeber gebe es grundsätzlich nicht. Auch ein individueller Beförderungsanspruch sei vorliegend nicht gegeben, weil sie selbst keine verbindlichen Auswahlkriterien für die Beförderung vorgebe. Zum einen könnten die Tarifvertragsparteien keine betrieblichen Auswahlrichtlinien verbindlich festlegen. Zum anderen werde eine solche Festlegung vom Kläger bereits nicht vorgetragen. Überdies könnte der Kläger aus einer solchen Auswahlrichtlinie keinen Anspruch auf Übertragung einer bestimmten Stelle herleiten, da ihr keine normative Wirkung zukommen würde. Zwar lägen mit den tariflichen Regelungen Auswahlkriterien vor. Diese Auswahlkriterien halte sie jedoch ein. Dem Kläger stünden aus den tariflichen Regelungen des TV WeFö bzw. TV Karriere auch keine Ansprüche zu, die er individualrechtlich geltend machen könne. § 5 Abs. 7 TV WeFö und § 4 Abs. 10 TV Karriere würden jeweils vorsehen, dass Ansprüche aus dem jeweiligen Tarifvertrag nur der PV Cockpit zustünden. Aus diesem Grunde könnten Einsprüche gegen die Senioritätslisten auch nur von der PV Cockpit erhoben werden, wie es sich auch aus dem systematischen Zusammenhang der Tarifvorschriften ergebe. Der Mehrwert der Senioritätsregeln liege nicht in den Karriereinteressen einzelner, sondern in einer transparenten und gerechten Personalentwicklung im Ganzen. Der tarifvertragliche Ausschluss individueller Ansprüche sei wirksam.

Auch die übrigen Regelungen des TV Karriere seien wirksam. Die Anpassung des Tarifwerks sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass sie es nicht mehr als sachgerecht empfunden habe, dass die fliegerische Seniorität allein anhand der bei der Beklagten "erflogenen" Seniorität ermittelt worden sei. Dies habe die damalige Situation im Zuge der Insolvenz der Air C. verdeutlicht. Es sei nicht angemessen gewesen, diese Piloten bei Beförderungen wie Berufsanfänger zu behandeln. Ziel des aus diesem Grunde geschlossenen TV Wachstum sei es gewesen, ein geordnetes Verfahren zu schaffen, dass die Rekrutierung einer dreistelligen Zahl von Piloten in kurzer Zeit und in einem breiten "Erfahrungsmix" ermöglicht habe. Es liege auch kein Verstoß gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Dieser sei bereits nicht anwendbar, weil es sich bei den streitgegenständlichen Regelungen des TV Karriere nicht um eine selbstgesetzte Verpflichtung, sondern um eine tarifliche Vorgabe und damit um eine fremdgesetzte Verpflichtung handele. Sie vollziehe lediglich die ihr vorgegebenen Regelungen, ohne einen Entscheidungsspielraum zu haben. Jedenfalls sei eine Ungleichbehandlung vorliegend gerechtfertigt, weil die Tarifvertragsparteien ihre Verpflichtungen aus dem TV Wachstum erfüllt hätten. Die Beklagte habe mit den Neuregelungen eine Neuordnung des nach dem TV Wachstum eingestellten Personals bezweckt. Die ausschließliche Anknüpfung an die "Betriebszugehörigkeit" sei nämlich nur dann angemessen, wenn das Wachstum des Flugbetriebes organisch erfolge. Andere Kriterien - wie die Berufserfahrung - seien für Neuzugänge in der 13-monatigen Wachstumsphase zwischen dem 01.09.2017 und dem 31.12.2018 heranzuziehen, weil das Wachstum in diesem Zeitraum nicht organisch, sondern in einer großen Welle erfolgt sei. Es sei daher nicht angemessen, diese Cockpitmitarbeiter trotz relevanter Flugerfahrung wie Berufsanfänger zu behandeln.

Die Beklagte ist ferner der Auffassung gewesen, dass die Beförderungen anhand der vorläufigen Senioritätsliste vom 03.12.2021 rechtmäßig erfolgt seien. Diese Senioritätsliste sei gegenüber dem Kläger bereits in Kraft getreten. Einsprüche gegen diese Liste hätten nur betreffend die jeweiligen Mitarbeiter, auf die sich der Einspruch bezogen habe, aufschiebende Wirkung gehabt, so dass keine abschließenden Maßnahmen hätten getroffen werden können. Die Beklagte hat bestritten, dass der Kläger in Anwendung der Senioritätsliste vom 01.07.2021 befördert worden wäre. Seine hypothetischen Annahmen seien als "Rosinenpickerei" zu werten. Richtigerweise hätte der Kläger im Rahmen seiner hypothetischen Betrachtung alle potentiellen Mitarbeiter einbeziehen müssen. Der Kläger nehme stattdessen das Bewerberfeld der "neuen" Senioritätsliste und übertrage dieses auf die "alte" Senioritätsliste.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.05.2022 insgesamt abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe ihre Auswahlentscheidung im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Stellenausschreibungen 70/21, 75/21, 76/21 und 77/21 zutreffend vorgenommen. Diese habe, wie die Auslegung des TV Karriere ergebe, anhand der vorläufigen Senioritätsliste vom 03.12.2021 erfolgen müssen. Der TV Karriere selbst sei rechtswirksam. Er beinhalte insbesondere keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Vielmehr diene er einem fairen Ausgleich der berechtigten Interessen des in einer Sondersituation in einem kurzen Zeitraum und in großer Zahl eingestellten Cockpitpersonals, seine von den hergebrachten Senioritätsgrundsätzen, die von einem organischen Beschäftigungswachstum ausgingen, abweichenden Bestimmungen seien daher sachlich begründet. Auch eine unzulässige Rückwirkung beinhalte der TV Karriere nicht. Unabhängig davon könne der Kläger eine Beförderung auch wegen des Fehlens (noch) offener Pilotenstellen nicht beanspruchen. Die weiteren Anträge des Klägers, soweit sie zur Entscheidung anfielen und zulässig seien, blieben in der Sache ebenfalls erfolglos, da die Beklagte keine Pflichtverletzung begangen habe.

Gegen das ihm am 31.05.2022 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 14.06.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren, am 26.07.2022 eingegangenen Schriftsatz auch begründet.

Der Kläger meint, das Arbeitsgericht habe dem Klageantrag zu 1) zu Unrecht nicht entsprochen. Ihm stehe ein individueller Anspruch auf Beförderung zu. Dieser folge aus dem Arbeitsverhältnis i.V.m. dem TV WeFö. Maßgeblich sei die Senioritätsliste zum 01.07.2021 nach dem TV WeFö. Die vorläufige Liste nach dem TV Karriere sei schon aus zeitlichen Gründen unanwendbar. Dies ergebe die Auslegung der tariflichen Bestimmungen. Maßgeblich seien die Auslegungsgrundsätze für Gesetze und nicht für Willenserklärungen. Aus dem Wortlaut der Sonderregelung in § 4 Abs. 9 TV Karriere ergebe sich, dass in der "Schwebezeit" bis zur Veröffentlichung der endgültigen Liste nach dem TV Karriere, die vorläufige Liste des Vorjahres zur Anwendung komme. Dies ergebe sich weiter aus der allgemeinen Regelung in § 4 Abs. 8 Satz 2 TV Karriere. Dies entspreche dem tariflichen Zweck, die Beteiligungsrechte der PV Cockpit zu wahren. Damit hätte die Beklagte eine Liste nach dem TV Karriere erst ab dem 09.03.2022, dem Datum der Veröffentlichung der endgültigen Liste anwenden dürfen. Anders als in den Vorjahren sei zudem zu erwarten gewesen, dass es zu vielen Einsprüchen aus Anlass der Umstellung komme. Gerade vor diesem Hintergrund sei § 4 Abs. 8 TV Karriere vereinbart worden. Es könne den Tarifvertragsparteien nicht unterstellt werden, dass sie bereits die vorläufige Liste des TV WeFö mit ihren zahlreichen Unsicherheiten und Ungenauigkeiten hätten zur Anwendung bringen wollen. Das Arbeitsgericht habe bei der Auslegung außerdem nicht berücksichtigt, dass es unstreitig nur eine vorläufige Senioritätsliste gegeben habe. Dem entspreche die Verwendung des Singulars in § 4 Abs. 9 Punkt 2 TV Karriere. Im Übrigen sei es auch nicht praktisch handhabbar, wenn das Arbeitsgericht davon ausgehe, dass parallel zwei Senioritätslisten je nach Einspruch des Beschäftigten zur Anwendung kommen sollten. Das Arbeitsgericht habe auch verkannt, dass bereits ein einziger Einspruch die aufschiebende Wirkung für die gesamte Senioritätsliste auslöse. § 4 Abs. 7 TV Karriere sage nichts über den Umfang der aufschiebenden Wirkung aus. Und anders als bei der "regulären Liste" sei es bei der ersten, aus Anlass der Umstellung aufgestellten Liste, lediglich nicht möglich gewesen, insoweit starre Fristen zu vereinbaren. § 4 Abs. 9 TV Karriere enthalte nur Sonderregelungen für die Fristen. Im Übrigen bliebe es bei § 4 Abs. 8 TV Karriere. Unzutreffend sei, dass die Tarifvertragsparteien mit dem In-Kraft-Treten des TV Karriere den TV WeFö endgültig und damit auch mit den Wirkungen der endgültigen Senioritätsliste vom 01.07.2021 unmittelbar hätten ersetzen wollen. Das Gegenteil ergebe sich aus § 4 Abs. 3 Satz 2 TV Karriere. Das Arbeitsgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass nicht die einzelnen Arbeitnehmer, sondern die PV Cockpit den bzw. die Einsprüche einlege, was durchaus zur Verschlechterung des eigenen Listenplatzes bei Verbesserung des Listenplatzes des Kollegen führen könne. Dem entspreche, dass es bei der Verteilung der Listenplätze um Verteilungsgerechtigkeit für alle gehe. Daraus folge, dass der Einspruch, auch wenn er unmittelbar nur die Senioritätsdaten bestimmter Cockpitmitarbeiter betreffe, seine aufschiebende Wirkung nur für alle entfalten könne. Wenn zudem die abschließende Entscheidung über die Einsprüche nach den tariflichen Regelungen einer paritätischen Kommission obliegt, könne nicht die Beklagte durch ein vorzeitiges Auswahlverfahren die Mitwirkungsrechte von PV Cockpit und VC Cockpit umgehen. Nur dieses Verständnis entspreche dem aus dem Verwaltungsrecht entnommenen Begriff der aufschiebenden Wirkung. Die vorläufige Senioritätsliste komme einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung gleich. Ein Einspruch der PV Cockpit könne daher stets nur in gleicher Weise für die gesamte vorläufige Senioritätsliste und damit zugleich für alle Cockpitmitarbeiter gleichzeitig aufschiebende Wirkung entfalten. Selbst wenn man auf einen wirksamen Einspruch bezogen auf einzelnen Mitarbeiter abstellen wolle, liege ein solcher bezogen auf den Kläger vor. Dieser habe sich nämlich am 04.12.2021 nicht nur wegen einer ungerechten Behandlung, sondern auch über eine fehlerhafte Bestimmung der Sozialpunktzahl bei der PV Cockpit beschwert. Im Ergebnis hätte daher die Senioritätsliste vom 01.07.2021 zur Anwendung kommen müssen. Auf dieser Basis wäre der Kläger zum Kapitän auszubilden und zu befördern gewesen. Dies habe er ausreichend bereits in erster Instanz dargelegt. Seinem substantiierten Vortrag sei die Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten. Sein Vorbringen in diesem Punkt habe deshalb als unstreitig behandelt werden müssen.

Die neue Senioritätsliste nach dem TV Karriere sei außerdem aus sachlichen Gründen unanwendbar. Der TV Karriere verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Erforderlich sei dabei keine bloße Willkürkontrolle, sondern zudem eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Mit einer mittelbaren Diskriminierung habe dieser Sachverhalt zudem - anders als vom Arbeitsgericht angenommen - nichts zu tun. Es gehe auch nicht um den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, sondern darum, dass der TV Karriere gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße. Aus diesem Grunde sei der TV Karriere unanwendbar und der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus der Stellenausschreibung i.V.m. dem TV WeFö. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien die drei vom TV Karriere unterschiedlich behandelten Gruppen 1, 2 und 3 vergleichbar. Es handele sich schlicht bei allen hier betroffenen Beschäftigten um Cockpitmitarbeiter. Der Aspekt von unterschiedlichen Faktoren, die für die Bemessung der Seniorität in den verschiedenen Gruppen zur Anwendung kommen, sei keine Frage der Vergleichsgruppenbildung, sondern der Rechtfertigung. Vielmehr behandelten die Tarifvertragsparteien die gesamte Gruppe der Cockpitmitarbeiter durch die tariflich vorgenommene Gruppenbildung ungleich. Dieses führe z.B. dazu, dass ein "junger" Pilot ohne relevante Vorbeschäftigungszeiten bei der Beklagten eine wesentlich bessere Behandlung erfahre, wenn er seinen ersten kommerziellen Einsatz bei der "F.-Gruppe" vor dem 01.10.2017 hatte, als wenn er diesen erst ab dem 01.10.2017 gehabt hätte. Ein "älterer" Pilot mit langen Vorbeschäftigungszeiten stehe dagegen wesentlich besser da, wenn er in einem - zufälligen - Zeitraum von circa 13 Monaten (Gruppe 2) bei der Beklagten eingestellt wurde, als bei einer Einstellung außerhalb dieses Zeitraums. Dies sei zu rechtfertigen.

An einer solchen Rechtfertigung fehle es indes auch unter Berücksichtigung des den Tarifvertragsparteien zuzubilligenden Gestaltungsspielraums. Es müsse nicht nur dem Willkürverbot, sondern auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen werden. Da hier die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG in besonderer Weise tangiert sei, sei eine besonders strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung angezeigt. Die Seniorität habe nicht nur Auswirkungen auf die Berufsausübung, wie z.B. die Gewährung von Urlaub, sondern betreffe unmittelbar den Zugang zum Beruf, hier zum Kapitän. Die von der Beklagten vorgetragenen Gründe seien schon nicht geeignet, die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Wenn es nicht angemessen sei, die (Co-)Piloten unabhängig von ihrer tatsächlichen Berufserfahrung bei Beförderungen wie Berufsanfänger zu behandeln, dann sei eine differenzierende Regelung schlicht ungeeignet, diesen Grundsatz umzusetzen. Bei den Gruppen 1 und 3 werde diesem Aspekt keine Rechnung getragen. Warum dies alleine bei im Zusammenhang mit dem TV WeFö eingestellten Beschäftigten anders sein solle, erschließe sich nicht. Die von der Beklagten angenommene Entwicklung und Konsolidierung im Flugverkehr ende nicht am 01.01.2019. Auch künftig sei nicht alleine von einem organischen Wachstum auszugehen. Dies belege z.B. das Informationsschreiben für das Cockpitpersonal von F.. Damit sei das ohnehin nicht tragende Argument der Beklagten für die Ungleichbehandlung in den 13 Monaten der Gruppe 2 widerlegt. Hier bestehe auch keine Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien. Die Ungeeignetheit werde außerdem durch den unverändert fortbestehenden § 3 Abs. 2 MTV belegt. Es sei nicht ersichtlich, warum verschiedene Vorschriften zur Senioritätsreihenfolge mit divergierendem Regelungsgehalt gelten könnten. Es sei jedenfalls auf der Ebene der Erforderlichkeit kein Grund ersichtlich, die verschiedenen Gruppen des Cockpitpersonals ungleich zu behandeln. Dies gelte insbesondere dafür, dass ohne Grund ab dem 01.01.2019 wieder zur alten Regelung zurückgekehrt werde. Selbst wenn man für die Altbeschäftigten einen Besitzstand berücksichtigen wolle, sei nicht ersichtlich, warum die anschließende Änderung nicht langfristig erfolge. Es würde vielmehr die Gruppe 2 für einen bestimmten Zeitraum willkürlich herausgegriffen. Ein milderes Mittel wäre mithin gewesen, Vorbeschäftigungszeiten ab einem bestimmen Zeitpunkt dauerhaft zu berücksichtigen. Zumindest sei die Ungleichbehandlung unangemessen. Es komme zu einer schwerwiegenden Benachteiligung und Belastung für das berufliche Fortkommen.

Die Neuregelung der Senioritätsreihenfolge durch den TV Karriere verstoße zudem gegen das Rückwirkungsverbot. Auf den Zeitpunkt der Eingruppierung, der im TV Wachstum ab dem 01.09.2017 genannt war, komme es für die Frage der Beförderung nicht an. Maßgeblich sei für die Frage der Rückwirkung die Gruppe 2 zu betrachten, weil es gerade für diese Gruppe durch die Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten zu substanziellen Änderungen im Senioritätsrang kommt. Für alle Cockpitmitarbeiter, die vor In-Kraft-Treten des TV Karriere eingestellt wurden, liege eine echte Rückwirkung vor. Diese hätte, so wie er, durch die "alte" Senioritätsliste bereits eine bestimmte Rechtsposition erlangt, denn bereits die Zuteilung der Seniorität begründe einen rechtlichen Vorteil, der dauerhaft für die Zukunft fixiert sei. Die echte Rückwirkung sei auch nicht ausnahmsweise zulässig, weil der Vorbehalt aus § 7 TV Wachstum spätestens mit dem 30.06.2021 endete. Da der TV Karriere gegen höherrangiges Recht verstoße, bleibe es bei dem TV WeFö und der entsprechenden Senioritätsliste.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei es auch nicht unmöglich i.S.v. § 275 Abs. 1 BGB ihn zum Kapitän auszubilden und zu befördern. Bei dem Anspruch handele es sich um eine Gattungsschuld, die nicht untergegangen sei. Außerdem sei nicht vorgetragen, dass die Beklagte aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gehindert sei, ihm eine Stelle als Kapitän zu verschaffen. Es bestehe ein relevanter Unterschied zum öffentlichen Recht, weil es hier nicht um die Besetzung von Planstellen gehe. Und selbst wenn man dies übertragen wolle, sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte ihm erstmalig Ende März 2022, d.h. nach "Stellenbesetzung" eine negative Mitteilung zukommen ließ.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei der Antrag zu 4) auch für die Zukunft zulässig. Die Grundsätze, die bei Vergütungsansprüchen zur Unzulässigkeit gemäß § 259 ZPO führten, könnten auf den hier in Rede stehenden Schadensersatzanspruch nicht übertragen werden, weil dieser nicht von einer Gegenleistung abhänge. Vielmehr sei der ihm zustehende Schadensersatzanspruch bereits jetzt entstanden und zwar auch, soweit dies Zeiträume nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung betreffe. Die weiteren Voraussetzungen des § 259 ZPO seien gegeben. Und unabhängig davon sei der Antrag jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung zulässig. Der Antrag sei auch begründet. Soweit das Arbeitsgericht diesen für die Zeit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung abgelehnt habe, weil er noch nicht die persönliche Qualifikation zu dem Kapitän aufweise, sei dem nicht zu folgen. Dies liege lediglich daran, dass die Beklagte ihn pflichtwidrig nicht zur Ausbildung zuließ. Es bleibe in tatsächlicher Hinsicht dabei, dass es eine seltene Ausnahme darstelle, dass ein Kandidat für das Upgrade die für die Kapitänsbeförderung notwendige Prüfung nicht bestehe. Vielmehr entspreche das Bestehen dem üblichen Verlauf. Zumindest komme ihm die Beweiserleichterung des § 287 ZPO zugute. Entsprechend der bisherigen Ausführungen hätte das Arbeitsgericht auch den Antrag zu 5) zusprechen müssen. Jedenfalls sei der äußerst hilfsweise zur Entscheidung angefallene Antrag zu 6) begründet. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei der Antrag zu 7) hinreichend bestimmt. Dies ergebe sich schon daraus, dass er den dort nicht beanstandeten Antrag aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.03.1973 zum Az. 4 AZR 271/72 entnommen sei. Die konkreten Anforderungen an die nächste Ausschreibung der nächsten innerbetrieblichen Stellenausschreibung würden hinreichend deutlich beschrieben. Und auch an § 259 ZPO scheitere der Antrag nicht. Ebenso wenig könne er auf eine Feststellungsklage verwiesen werden. Der Antrag sei aus den bereits angeführten Gründen begründet.

Der Kläger beantragt zuletzt,

auf seine Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 04.05.2022 - 15 Ca 469/22 - wie folgt abzuändern: 1. a) die Beklagte zu verurteilen, ihn aufgrund der innerbetrieblichen Stellenausschreibung 70/21 zum Kapitän A320 auszubilden; hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit Klageantrag zu 1 a), b) die Beklagte zu verurteilen, ihn aufgrund der innerbetrieblichen Stellenausschreibung 75/21 zum Kapitän A320 auszubilden; hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit Klageantrag zu 1 b), c) die Beklagte zu verurteilen, ihn aufgrund der innerbetrieblichen Stellenausschreibung 76/21 zum Kapitän A320 auszubilden; hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit Klageantrag zu 1 c), d) die Beklagte zu verurteilen, ihn aufgrund der innerbetrieblichen Stellenausschreibung 77/21 zum Kapitän A320 auszubilden; hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1), 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem Monat April 2022 monatlich zusätzlich ein Grundgehalt von 521,26 Euro brutto sowie zusätzlich eine Flugzulage von 439,80 Euro brutto jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem jeweils ersten des Folgemonats zu zahlen, bis die Beklagte ihn zum Kapitän befördert, längstens bis zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses; hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1), 3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem Monat April 2022 bis zu seiner Beförderung zum Kapitän, längstens bis zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses, monatlich eine Vergütung als Kapitän gemäß dem jeweils einschlägigen Vergütungstarifvertrag für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der F. GmbH nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem jeweils ersten des Folgemonats zu zahlen, soweit der sich hieraus ergebende Betrag den Anspruch gemäß dem Klageantrag zu 2) übersteigt; hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1), 4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem Monat April 2022 monatlich zusätzlich ein Grundgehalt von 521,26 Euro brutto sowie zusätzlich eine Flugzulage von 439,80 Euro brutto jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem jeweils ersten des Folgemonats bis zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses zu zahlen, hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1), 5. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem Monat April 2022 bis zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses monatlich eine Vergütung als Kapitän gemäß dem jeweils einschlägigen Vergütungstarifvertrag für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der F. GmbH nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem jeweils ersten des Folgemonats zu zahlen, soweit der sich hieraus ergebende Betrag den Anspruch gemäß dem Klageantrag zu 2) übersteigt; äußerst hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit den Klageanträgen zu 4) und 5), 6. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, eine Senioritätsliste auf Grundlage des Tarifvertrags Karriere vom 22. September 2021 in Bezug auf ihn anzuwenden; hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1), 7. die Beklagte zu verurteilen, ihn aufgrund ihrer nächsten innerbetrieblichen Stellenausschreibung für ein Upgrading vom First Officer/Copiloten zum Kapitän A320 zu berücksichtigen und auszubilden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 04.05.2022 - 15 Ca 469/22 - zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter ergänzender Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie habe die hier in Rede stehenden Stellen ordnungsgemäß besetzt. Bei der tariflichen Ausgangssituation sei zu beachten, dass der TV Wachstum geschlossen worden sei, um die Rekrutierung einer dreistelligen Zahl an Piloten in kurzer Zeit und mit einem breiten Erfahrungsmix zu ermöglichen und zu regeln. In Erfüllung dieser Verhandlungsobliegenheit sei der TV Karriere vereinbart worden. Die Behauptung des Klägers, dass er nach der alten Senioritätsliste vom 01.07.2021 befördert worden wäre, werde weiterhin ausdrücklich bestritten. Seine Ausführungen ergäben ein unzutreffendes und verzerrtes Bild, das als unzulässige "Rosinenpickerei" zu bewerten sei. Er nehme das Bewerberfeld der neuen Senioritätsliste und übertrage dies auf die alte Senioritätsliste.

Der Klageantrag zu 1) scheitere schon daran, dass es keinen individuellen Beförderungsanspruch des Klägers gebe. Der TV Karriere schließe, ebenso wie der TV WeFö, aus ihm abgeleitete Individualansprüche gerade aus. So gebe es gerade keinen individuellen Anspruch auf Korrektur der Senioritätsliste. Die gesamte Argumentation des Klägers baue darauf auf, dass er nach den tariflichen Regelungen einen Beförderungsanspruch habe, der nicht existiere. Er greife gar nicht ihre Auswahlentscheidung an, sondern den Tarifvertrag, der gerade keine Individualansprüche begründe.

Das Arbeitsgericht sei zudem von den zutreffenden Auslegungsgrundsätzen für Tarifverträge ausgegangen. Richtig sei auch, dass sie für die hier in Rede stehenden Stellenausschreibungen bereits die vorläufige Senioritätsliste nach dem TV Karriere angewandt habe. Die tariflichen Regelungen zeigten, dass es durchaus mehrere vorläufige Listen hätte geben können. Keinesfalls führe bereits ein einziger wirksamer Einspruch dazu, dass die aufschiebende Wirkung für alle Beschäftigten eintrete. Dies gelte nach den tariflichen Regelungen immer nur für den mit dem Einspruch angegriffenen Fall. Sinn und Zweck des TV Karriere ergebe, dass die Tarifvertragsparteien die alte Liste nach dem TV WeFö hätten ersetzen wollen, sobald eine erste, und sei es vorläufige, Liste nach dem TV Karriere vorliegt. Dies folge daraus, dass die Umstellung die Regelungen wesentlich geändert hätte. Wenn zudem die vorläufige Liste nach den tariflichen Bestimmungen mit der Endgültigen ihre Gültigkeit verliere, müsse sie vorher bereits "gegolten" haben und zwar in den Fällen, in denen kein Einspruch eingelegt wurde. Im Übrigen habe der Kläger über die PV Cockpit lediglich einen unbeachtlichen Einspruch eingelegt. Dies habe das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

Es liege auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor. Der TV Karriere sei wirksam. Es bildeten bereits nicht alle Cockpitmitarbeiter eine Vergleichsgruppe. Die Gruppen des TV Karriere seien wegen der unterschiedlichen tariflichen Regelungen nicht wesentlich gleich. Jedenfalls sei eine etwaige Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Auch bei der Frage der Eignung des gewählten Mittels komme den Tarifvertragsparteien ein Prognosespielraum zu. Die Regelung genüge dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Gerichte hätten gerade nicht zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die zweckmäßigste und überzeugendste Regelung getroffen hätten. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu der nur gegebenen, aber zulässigen unechten Rückwirkung seien gegeben.

Der Antrag zu 4) sei für die Zukunft unzulässig. Würden für Schadensersatzansprüche künftige Vergütungsdifferenzen geltend gemacht, sei die Feststellungsklage die richtige und zulässige Klageart. Jedenfalls sei der Antrag zu 4) unbegründet. Zutreffend dürfe berücksichtigt werden, dass dem Kläger die Qualifikation als Kapitän fehle. Außerdem scheitere der Anspruch an dem fehlenden vom Kläger unstreitig nicht erhobenen einstweiligen Rechtsschutz. Die übrigen Ansprüche seien ebenfalls unbegründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle in beiden Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist an sich gemäß § 64 Abs. 1, 2 lit. b) ArbGG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.

B.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat richtig entschieden. Im Einzelnen gilt: Der zulässige Antrag zu 1) ist unbegründet. Aufgrund des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) sind dem Gericht die Hilfsanträge zu 2) und 3) nicht zur Entscheidung angefallen. Die stattdessen zur Entscheidung angefallenen Anträge zu 4) und 5) bleiben ohne Erfolg. Der Antrag zu 4) ist für die Zeit ab der mündlichen Verhandlung seit dem 10.01.2023 bereits unzulässig. Im Übrigen ist er zulässig, aber unbegründet. Der Antrag zu 5) ist für die Zeit von April 2022 bis zum 10.01.2023 unzulässig. Für die Zeit danach ist er zulässig, aber unbegründet. Der daraufhin dem Gericht zur Entscheidung angefallene Antrag zu 6) ist zulässig, aber unbegründet. Der der Kammer aufgrund des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) angefallene Antrag zu 7) ist zulässig, aber unbegründet.

Die Kammer nimmt zur Begründung Bezug auf die folgenden Erwägungen und Ausführungen der 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts im Urteil vom 23.11.2022 im Parallelrechtsstreit J. ./. Beklagte (Az. 12 Sa 443/22), denen sich die Kammer vollumfänglich anschließt. Dort heißt es:

"I. Der zulässige Antrag zu 1) ist unbegründet.

1. Der Antrag zu 1) ist zulässig. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt.

a) § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verlangt, dass die Klageschrift neben der bestimmten Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten Antrag enthält. Damit wird zum einen der Streitgegenstand abgegrenzt, zum anderen wird eine Voraussetzung für die ggf. erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Gemessen an diesen Zielen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt und das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt. Schließlich muss der Antrag eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lassen. Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen deshalb nicht aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es, zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber, worin sie besteht (BAG 24.03.2021 - 10 AZR 16/20, juris Rn. 25; BAG 13.10.2021 - 4 AZR 403/20, juris Rn. 18).

b) Diesen Anforderungen ist hier Genüge getan. Mit dem Klageantrag zu 1) verlangt der Kläger von der Beklagten, ihn zum Kapitän A 320 auszubilden. Gegenstand dieses Leistungsbegehrens ist, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert und sich aus dem Antragswortlaut ergebend, zunächst nur die tatsächliche Durchführung der Ausbildung zum Kapitän A 320 und nicht die sich daran anschließende Beförderung. Daran knüpfen erst die nachfolgenden Anträge auf Differenzvergütung an. Darüber, welchen Inhalt diese Ausbildung zum Kapitän A 320 hat und wie diese durchzuführen ist, besteht zwischen den Parteien, wie ebenfalls in der mündlichen Verhandlung bestätigt, kein Streit. Soweit der Kläger sich in seinem Antrag auf die verschiedenen Stellenausschreibungen bezieht, ändert dies an dem inhaltlichen Verständnis des Leistungsbegehrens nichts. Er bringt damit lediglich zutreffend zum Ausdruck, dass sich dieses auf die Ausbildung zum Kapitän gerichtete Begehren aus unterschiedlichen Streitgegenständen, nämlich seiner Nichtberücksichtigung bei den verschiedenen Stellenausschreibungen ergibt. Er hat dabei die Reihenfolge, in der er diese Lebenssachverhalte berücksichtigt wissen will, in dem Antrag selbst durch die Angabe zu 1a), 1b), 1c) und 1d) mitgeteilt.

2. Der Antrag ist mit sämtlichen Streitgegenständen unbegründet, weil die Beklagte für die Auswahl bei sämtlichen Stellenausschreibungen zutreffend die vorläufige Senioritätsliste gemäß dem TV Karriere vom 03.12.2021 angewandt hat, bei welcher der Kläger aufgrund der dort ihm zukommenden Listenplatzierung nicht zur Ausbildung zum Kapitän A 320 zu berücksichtigen war. Entgegen der Ansicht des Klägers kam die Senioritätsliste vom 01.07.2021 auf der Grundlage des TV WeFö nicht mehr zur Anwendung.

a) Es bleibt zunächst offen, ob dem Kläger überhaupt ein individueller Beförderungsanspruch aus der jeweiligen Stellenausschreibung i.V.m. seiner Seniorität gemäß § 6 Abs. 3 TV WeFö bzw. nachfolgend und inhaltsgleich § 5 Abs. 3 TV Karriere zustehen kann.

(1) Dafür sprechen allerdings gute Gründe. Richtig ist, dass das Bundesarbeitsgericht zu vergleichbaren Tarifverträgen aufgrund darin enthaltener und mit § 5 Abs. 7 TV WeFö bzw. § 4 Abs. 10 TV Karriere vergleichbarer Bestimmungen davon ausgegangen ist, dass individuelle Ansprüche der Arbeitnehmer, die unmittelbar den eigentlichen Gegenstand des Tarifvertrags betreffen, nämlich die Seniorität, ausgeschlossen sind. Unberührt bleiben hingegen solche Rechtsansprüche der Arbeitnehmer, die sich im Einzelfall ihrerseits aus der Festsetzung der Seniorität ergeben, sowie außerdem solche, die nur mittelbar auf der im Einzelfall festgesetzten Seniorität beruhen, wie z. B. Schadenersatzansprüche (BAG 28.03.1973 - 4 AZR 271/72, juris Rn. 27; BAG 22.05.1985 - 4 AZR 278/84, juris Rn. 15). Und auch die Frage, ob etwa die tarifvertraglichen Regelungen zu einer Senioritätsliste gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, stellt sich (erst) im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem die Fehlerhaftigkeit des Ranges eines Betroffenen in der Senioritätsliste überprüft werden kann (BAG 14.01.2004 - 4 AZR 581/02, juris Rn. 80). Die Senioritätsliste selbst ist nicht Gegenstand eines individuellen Anspruchs, sondern bildet die Grundlage für eine Auswahlentscheidung. Erst diese berührt die individuellen Rechte des Arbeitnehmers und kann angegriffen werden (BAG 14.01.2004 a.a.O. Rn. 77).

(2) Genau darum geht es hier. Der Kläger greift ausdrücklich nicht die ihm nach dem TV WeFö oder TV Karriere zugeordnete Seniorität an. Er macht vielmehr geltend, dass die vorläufige Senioritätsliste gemäß dem TV Karriere vom 03.12.2021 zeitlich noch keine Anwendung findet bzw. dass der TV Karriere aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG überhaupt nicht zur Anwendung kommt und es deshalb bei dem TV WeFö mit der Senioritätsliste vom 01.07.2021 bleibt. Er greift damit nicht den sich unmittelbar für ihn aus dem TV WeFö bzw. TV Karriere ergebenden "Platz" in der jeweiligen Senioritätsreihenfolge an. Vielmehr verlangt er ihm Rahmen der Stellenausschreibung für die Ausbildung zum Kapitän A 320 gemäß der Seniorität der Liste vom 01.07.2021 berücksichtigt zu werden. Richtig ist, dass weder der TV WeFö noch der TV Karriere einen unmittelbaren Ausbildungsanspruch gewährt. Wenn aber die Beklagte als Arbeitgeberin eine Stelle ausschreibt, spricht einiges dafür, dass sie sich selbst durch § 6 Abs. 3 TV WeFö bzw. nachfolgend § 5 Abs. 3 TV Karriere bei gleicher Eignung für die Vergabe der Ausbildungsplätze an die Seniorität gebunden hat. Sie bringt dies sogar in den jeweiligen Stellenausschreibungen zum Ausdruck, die darauf hinweisen, dass die Auswahl nach der Seniorität (§ 5 Abs. 3 TV Karriere) erfolgt (vgl. zu dem Aspekt der Nennung des TV WeFö in einer Ausschreibung in anderem Zusammenhang BAG 15.09.2004 - 4 AZR 178/03, juris Rn. 49 ff.). Es mag dann bei rechtswidriger Nichtberücksichtigung des Klägers nicht nur ein sekundärer Schadensersatzanspruch, sondern auch ein originärer Erfüllungsanspruch bestehen. Letztlich kann dies offenbleiben, weil die Beklagte zu Recht die vorläufige Liste gemäß TV Karriere vom 03.12.2021 angewandt hat und der Kläger bei Anwendung dieser Liste nicht zu berücksichtigen war.

b) Richtig ist auch, dass der Kläger aus tatsächlichen Gründen und bei Zugrundelegung der Seniorität der Liste gemäß TV WeFö vom 01.07.2021 für die Ausbildungsstellen zu berücksichtigen gewesen wäre. Das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten ist - wie die Kammer im Termin mitgeteilt hat - rechtlich unerheblich. Die Stellenausschreibungen Nr. 70/21, Nr. 75/21, Nr. 76/21 und Nr. 77/21 bezogen sich auf jeweils zwölf Copiloten, die zum Kapitän ausgebildet werden sollten. Die objektiven Ausschreibungsvoraussetzungen, d. h. Anforderungen, erfüllte der Kläger. Er hatte sich auf die erste Ausschreibung Nr. 70/21 beworben, was automatisch zur Berücksichtigung bei den weiteren drei Stellenausschreibungen führte. Der konkrete Sachvortrag des Klägers aus dem Schriftsatz vom 13.04.2022 bezieht sich auf die Liste gemäß TV WeFö vom 01.07.2021. Darauf hatte der Kläger den Listenplatz 260. Er hat dazu vorgetragen, dass von den vor ihm platzierten Beschäftigten, d. h. sämtlichem Cockpitpersonal, überhaupt nur 25 (noch) als First Officer bzw. Copilot tätig waren. Er habe mithin den tatsächlichen Platz 26 gehabt. Der Kläger hat in dem Schriftsatz vom 13.04.2022 (Seite 19) neun Beschäftigte genannt, die sich nicht mehr auf eine Beförderungsstelle als Kapitän bewerben würden, weil sie bereits andere Funktionen bei der Beklagten bekleiden bzw. die höhere Verantwortung ablehnen. Zu weiteren 12 vor ihm platzierten First Officern, die er ebenfalls in dem Schriftsatz vom 13.04.2022 (Seite 19) namentlich benannt hat, hat der Kläger behauptet, dass diese die geforderten Einstellungsvoraussetzungen nicht erfüllen und insbesondere die erforderlichen 3.000 Flugstunden nicht absolviert hätten. Der Kläger hat damit zu der "alten" Senioritätsliste vom 01.07.2021 ganz konkret vorgetragen, dass sich überhaupt nur noch 25 First Officer vor ihm befanden und davon insgesamt 21 aus den genannten Gründen sich entweder gar nicht beworben hätten oder aber die verlangten Anforderungen nicht erfüllten. Dem ist die Beklagte nicht konkret entgegengetreten. Es geht gar nicht um eine "Rosinenpickerei" und die Übertragung des Bewerberfeldes der "neuen" Senioritätsliste auf die "alte" Liste. Der Kläger hat ganz konkret aufgezeigt, welche Plätze auf der Liste vom 01.07.2021 vor ihm noch von First Officern belegt waren und welche davon überhaupt als Bewerber in Betracht kamen. Diesem konkreten Sachvortrag ist die Beklagte nicht konkret entgegengetreten, weshalb er als unstreitig zu betrachten ist. Wäre die Liste vom 01.07.2021 zur Anwendung gekommen, wäre demnach der Kläger bereits bei der Stellenausschreibung Nr. 70/21 zur Ausbildung zum Kapitän A 320 ausgewählt worden. Dies führt indes nicht zum Zuspruch des Antrags zu 1a), weil die Beklagte für ihre Auswahlentscheidung zu Recht die vorläufige Liste gemäß TV Karriere vom 03.12.2021 zu Grunde gelegt hat.

c) Entgegen der Ansicht des Klägers fand die Liste vom 01.07.2021 gemäß TV WeFö nicht noch übergangsweise gemäß § 4 Abs. 8, 9 TV Karriere bis zum Zeitpunkt der endgültigen In-Kraft-Setzung der Senioritätsliste gemäß TV Karriere am 09.03.2022 Anwendung, so dass diese für die zuvor besetzten Ausbildungsplätze gemäß den Stellenausschreibungen Nr. 70/21, Nr. 75/21, Nr. 76/21 und Nr. 77/21 maßgeblich gewesen wäre. Dies ist nicht der Fall. Dies ergibt die Auslegung des TV Karriere.

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG 11.11.2020 - 4 AZR 210/20, juris Rn. 20; BAG 30.03.2022 - 10 AZR 194/20, juris Rn. 30).

bb) In Anwendung dieser Grundsätze kam die nach dem TV WeFö zuletzt mit Datum 01.07.2021 erstellte Senioritätsliste mit dem In-Kraft-Treten des TV Karriere am 22.09.2021 nicht mehr zur Anwendung. Ihr fehlte ab diesem Zeitpunkt die tarifvertragliche Grundlage. Dies folgt zunächst aus § 10 Abs. 1 Satz 1 TV Karriere, wonach dieser mit dem Datum seiner Unterzeichnung in Kraft tritt. Zugleich tritt der TV WeFö außer Kraft, weil gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 TV Karriere dieser Tarifvertrag den TV WeFö ausdrücklich ersetzt. Der TV WeFö verliert damit unmittelbar seine Geltung. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich nicht übergangsweise gemäß § 4 Abs. 9 zweiter Punkt TV Karriere etwas Anderes. Richtig ist, dass dort geregelt ist, dass mit dem endgültigen In-Kraft-Setzen der nach dem TV Karriere neu erstellten Senioritätsliste die "jeweils vorherige und die vorläufige Liste" ihre Gültigkeit verlieren. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass bis zu diesem Zeitpunkt die nach dem TV WeFö mit Stand 01.07.2021 erstellte Liste vorübergehend ihre Gültigkeit behalten sollte. Dagegen sprechen Tarifwortlaut und Sinn und Zweck der tariflichen Normen des TV Karriere. Wie ausgeführt, sollte mit dem In-Kraft-Treten des TV Karriere gemäß § 10 Abs. 1 TV Karriere der TV WeFö vollständig ersetzt werden. Bereits dies spricht deutlich dagegen, dass nach dem 22.09.2021 noch eine Liste zur Anwendung kommen sollte, der eine tarifliche Grundlage fehlt und die ab dem 22.09.2021 nicht mehr gültige Senioritätsdaten des TV WeFö zur Anwendung bringen würde. Dem entspricht, dass die Tarifvertragsparteien gemäß § 2 Abs. 5 TV Karriere ausdrücklich vereinbart haben, dass nach Abschluss des TV Karriere - quasi außerplanmäßig - einmalig eine Neuermittlung der Senioritätsreihenfolge erfolgt und zwar nach den Bestimmungen des TV Karriere. Dies ist auch vom tariflichen Sinn und Zweck her nachvollziehbar, denn der TV Karriere brachte grundlegend andere Senioritätsregeln als der TV WeFö zur Anwendung. Diese sollten gemäß § 2 Abs. 5 TV Karriere unmittelbar nach In-Kraft-Setzen dieses Tarifvertrags angewandt und in eine Senioritätsliste umgesetzt werden. Dies zeigt sehr deutlich § 2 Abs. 6 TV Karriere. Danach wird die Senioritätsliste auf Grundlage der Bestimmungen des TV Karriere (§§ 2, 3, 4 TV Karriere) erstellt und weitergeführt.

Richtig ist, dass auch diese Liste, d. h. die erstmalig gemäß § 2 Abs. 5 TV Karriere erstellte, zunächst gemäß § 4 Abs. 1 TV Karriere vorläufig ist. Damit korrespondiert, dass die PV Cockpit hiergegen Einspruch einlegen kann und der Einspruch gemäß § 4 Abs. 3 TV Karriere aufschiebende Wirkung hat. Entgegen der Ansicht des Klägers bedeutet dies aber keineswegs, dass mit nur einem einzigen Einspruch die gesamte gemäß § 2 Abs. 5 TV Karriere erstellte Senioritätsliste von der aufschiebenden Wirkung erfasst wäre. Bereits der Einspruch richtet sich gegen die Festsetzung "bestimmter Senioritätsdaten". Es geht mithin um bestimmte und nicht sämtliche Senioritätsdaten. Nur darauf bezieht sich die Entscheidung durch die paritätische Kommission bzw. nachfolgend die Einigungsstelle. Denn die Festsetzung der Seniorität erfolgt dann nicht insgesamt neu, sondern gemäß § 4 Abs. 7 Satz 3 TV Karriere nur "für den mit dem Einspruch angegriffenen Fall". Richtig ist, dass dies Folgewirkungen haben kann, was aber nicht immer und zugleich bedeutet, dass sämtliche Daten zu korrigieren sind. Maximal auf notwendige Folgewirkungen bezieht sich der Suspensiveffekt der aufschiebenden Wirkung.

Und auch dies bedeutet in dem hier zu entscheidenden Übergangsfall nicht, dass selbst bei gegebenem Suspensiveffekt aufgrund eines Einspruchs die Liste vom 01.07.2021 gemäß TV WeFö bis zur Beendigung des Suspensiveffekts zur Anwendung käme. Eine solche Fortschreibung veralteter und nunmehr unzutreffender Senioritätsdaten lässt sich dem TV Karriere nicht entnehmen. Wie bereits ausgeführt, spricht dagegen bereits die umfassende Ablösung des TV WeFö durch den TV Karriere. Aus § 4 Abs. 9 zweiter Punkt a.E. TV Karriere folgt nichts Anderes. Zunächst bezieht sich diese tarifliche Regelung ohnehin nur auf abweichende Fristen. Es liegt deshalb ausgehend von dem Regelungsgehalt dieser Vorschrift eher fern, in ihm die Anordnung der übergangsweisen Fortgeltung der Liste vom 01.07.2021 als "vorherige" Liste zu sehen. Dies ist ohnehin in § 4 Abs. 9 zweiter Punkt TV Karriere nicht positiv angeordnet. Es geht nur darum, dass die dort genannten vorherigen und vorläufigen Listen ihre Gültigkeit verlieren. Im Umkehrschluss müsste dies bedeuten, dass beide bereits vorher eine irgendwie geartete Gültigkeit hatten. Dies ist indes aufgrund des unterschiedlichen Regelungsgehalts der Senioritätsdaten in TV WeFö und TV Karriere fernliegend. Soweit in § 4 Abs. 9 zweiter Punkt TV Karriere überhaupt von einer vorherigen Liste die Rede ist, ist dies ein Redaktionsversehen. Dies ergibt sich deutlich daraus, dass der TV WeFö gemäß § 10 Abs. 1 TV Karriere umfassend ersetzt ist. § 4 Abs. 9 TV Karriere regelt dann nach seinem Eingangssatz nur abweichende Fristen. Eine eigenständige Regelung zur Fortgeltung der Liste nach dem TV WeFö fehlt vielmehr insgesamt im TV Karriere. Dazu kann nicht auf die allgemeine Vorschrift in § 4 Abs. 8 Satz 3 TV Karriere zurückgegriffen werden. Dort wird zwar ein Rückgriff auf die Senioritätsliste des "Vorjahres" geregelt. Dazu wird indes ein genauer Zeitraum definiert, nämlich der 01.04. bis 30.06. eines jeden Jahres. Dieser Zeitraum passt für die gemäß § 2 Abs. 5 TV Karriere einmalig nach dem 22.09.2021 neu erstellte Liste offensichtlich nicht. Es handelt sich ausgehend von diesem Datum bei der Liste vom 01.07.2021 auch nicht um eine des "Vorjahres". Wenn eine Übertragung der Regelung des § 4 Abs. 8 Satz 3 TV Karriere auf den Übergangsfall der erstmalig gemäß § 2 Abs. 5 TV Karriere zu erstellenden Liste gewollt gewesen wäre, hätte es nahegelegen, in § 4 Abs. 9 TV Karriere die dazu geltenden Fristen in Bezug auf die gemäß § 2 Abs. 5 TV Karriere neu erstellte Liste ebenfalls zu definieren. Unterbleibt dies und ordnen die Tarifvertragsparteien auch nicht anderer Stelle die zeitlich begrenzte Fortgeltung der nach dem TV WeFö erstellten Liste an, so spricht dies deutlich dagegen, dass ein entsprechender tariflicher Wille bestand. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn trotz der vollständigen Ersetzung des TV WeFö die auf dessen Grundlage erstellte Liste vorläufig weiter gelten sollte, hätten die Tarifvertragsparteien dies ausdrücklich angeordnet. An einer solchen Anordnung fehlt es. Dadurch verliert die aufschiebende Wirkung des Einspruchs der PV Cockpit für die erste gemäß § 2 Abs. 5 TV Karriere erstellte Senioritätsliste nicht ihre Wirkung. Soweit der Einspruch greift, gilt der Suspensiveffekt. Es kommen so auch nicht zwei unterschiedliche Listen zur Anwendung. Soweit der jeweilige Einspruch reicht, konnte die Beklagte tariflich vorgegeben eigentlich keine Stellenauswahl treffen. Wenn die Beklagte in dem einmaligen Zwischenzeitraum bis zur endgültigen neuen Senioritätsliste des TV Karriere trotzdem Stellen besetzte, so tat sie dies - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - auf eigenes Risiko. Stellte sich heraus, dass sie die Seniorität zu Ungunsten des Einspruchsführers oder mittelbar davon Betroffener falsch berücksichtigt hatte, müsste sie diesen nachträglich zusätzlich berücksichtigen und könnte sich nicht darauf berufen, dass etwaige Ausbildungsstellen bereits besetzt sind. Für den Kläger, der selbst keinen Einspruch eingelegt hatte, ändert dies nichts. In der vorläufigen Liste gemäß TV Karriere vom 03.12.2021 belegte Platz er 442. In der endgültigen Liste gemäß TV Karriere vom 09.03.2022 belegte er dann Platz 608.

d) Der TV WeFö mit der Senioritätsliste vom 01.07.2021 findet nicht deshalb Anwendung, weil die Ablösung des TV WeFö durch den TV Karriere rechtsunwirksam wäre, weil der TV Karriere gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstieße. Dies ist nicht der Fall.

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bildet als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie. Der Schutzauftrag der Verfassung verpflichtet die Arbeitsgerichte dazu, gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen zu unterbinden. Dementsprechend ist Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheitswidrigen Differenzierungen führen (BAG 23.02.2021 - 3 AZR 618/19, juris Rn. 39 m.w.N.).

Bei der Erfüllung ihres verfassungsrechtlichen Schutzauftrags haben die Gerichte allerdings zu beachten, dass den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Sie bestimmen in diesem Rahmen nicht nur den Zweck einer tariflichen Leistung. Ihnen kommt auch eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind, sowie ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist erst dann anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen. Die in einer Tarifregelung vorgesehenen Differenzierungsmerkmale müssen im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm nicht widersprechen (BAG 23.02.2021 - 3 AZR 618/19, juris Rn. 40 m.w.N.).

Der allgemeine Gleichheitssatz kommt insbesondere zur Anwendung, wenn bei einer Regelung unterschiedliche Gruppen gebildet werden. Eine unterschiedliche Gruppenbildung liegt vor, wenn für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen vorgesehen werden. Dann verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Unterscheidung sachlich gerechtfertigt ist. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus Art. 3 Abs. 1 GG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall das Willkürverbot oder das Gebot verhältnismäßiger Gleichbehandlung verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (BAG 19.01.2016 - 9 AZR 564/14, juris Rn. 23 m.w.N. auch zur Rspr. des BVerfG). Dabei verstößt eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung erst dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Dagegen ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (BAG 23.02.2021 - 3 AZR 618/19, juris Rn. 41).

bb) In Anwendung dieser Grundsätze liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Anders als das Arbeitsgericht geht die erkennende Kammer allerdings davon aus, dass die Beschäftigten des Cockpitpersonals der Beklagten, auf das sich auch der persönliche Geltungsbereich von TV Karriere (vgl. § 1 Abs. 1 TV Karriere ebenso wie bereits § 1 Abs. 1 TV WeFö) erstreckt, im Grundsatz sämtlich in vergleichbarer Lage sind. Es ist die durch § 2 Abs. 3, 4 TV Karriere i.V.m. TV-A Karriere vorgenommene Unterscheidung des Cockpitpersonals in die Gruppen 1 "Altpersonal", 2 "Einstellungen gemäß TV Wachstum" und Gruppe 3 "Beschäftigte mit dem Einstellungsdatum ab dem 01.01.2019" am Gleichheitssatz unter gleichzeitiger Beachtung von Art. 9 Abs. 3 GG sachlich zu rechtfertigen. Die Kammer geht dabei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass eine personenbezogene Ungleichbehandlung gegeben ist. Dabei bestehen jedenfalls zwischen den Gruppen 1 und 2, wobei der Kläger zu Gruppe 2 gehört, Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen. Ob dies in Bezug auf die dritte Gruppe ebenfalls zu bejahen ist, bleibt offen. Selbst wenn es insoweit an einer sachlichen Rechtfertigung fehlt, führt dies nicht zu dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch.

(1) Es ist zunächst sachlich nachvollziehbar, dass die Tarifvertragsparteien die Kriterien für die Seniorität ändern. Seniorität ist dabei eine besondere Art von Betriebszugehörigkeit, anhand derer sich im Rahmen von TV WeFö und TV Karriere die Möglichkeiten des beruflichen Aufstiegs bestimmen, d.h. hier das Upgrading vom First Officer zum Kapitän. Die Seniorität richtete sich dabei nach der Regelung in § 3 Abs. 1 TV WeFö nach dem ersten kommerziellen Einsatz als ununterbrochen abhängig Beschäftigter an Bord unter Supervision. Gemeint war damit die ununterbrochene Beschäftigung bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin. Dies führte dazu, dass bei der Beklagten neu eingestelltes Cockpitpersonal in Bezug auf den Senioritätsrang ausgehend von dem ersten kommerziellen Einsatz bei der Beklagten bei "Null" anfing und letztlich wie Berufseinsteiger behandelt wurde. Letztlich wurde von den Tarifvertragsparteien bereits in § 7 TV Wachstum erkannt, dass dies jedenfalls vor dem zeitlichen Hintergrund der im Anschluss an die Insolvenz von Air C. vorgenommenen Einstellung einer großen Anzahl von Cockpitpersonal nicht sachgerecht ist. Dem entspricht, dass die Tarifvertragsparteien sich in § 7 TV Wachstum dazu verpflichteten, auch für die Upgrade Reihenfolge eine tarifliche Regelung zur Berücksichtigung beruflicher Vorerfahrung zu vereinbaren. Hintergrund war, dass aufgrund des angestrebten starken Wachstums die alleinige Rekrutierung von jungen Menschen mit geringer Berufserfahrung als nicht geeignet angesehen wurde, sondern je nach Bewerberfeld ein Erfahrungsmix aus "jung" und "alt" angestrebt wurde. Ohne die angestrebte tarifliche Neuordnung wäre sämtliches neu eingestelltes Personal wie Berufsanfänger behandelt worden.

(2) Dabei bleiben der TV Karriere und TV-A Karriere allerdings nicht stehen. Richtig ist, dass die Gruppe 2 als "Einstellungen gemäß TV Wachstum" bezeichnet wird. Dieser wiederum bezieht sich allerdings weder nach seiner Präambel oder dem persönlichen Geltungsbereich nur auf von der insolventen Air C. wechselndes Personal. Er findet vielmehr zeitlich beschränkt (vgl. § 2, 4 TV Wachstum) auf sämtliche in diesem Zeitraum eingestellte Beschäftigten des Cockpitpersonals Anwendung. Dies zeigt eine erste und von Air C. rechtlich losgelöste Generalisierung. Die Präambel von TV-A ist noch allgemeiner und nimmt keinen Bezug mehr auf den TV Wachstum. Es wird ganz generell ausgeführt, dass viele in den vergangenen Jahren eingestellte Piloten berufliche Vorerfahrungen haben. Es wird dann anschließend und ebenfalls ganz allgemein ausgeführt, dass die reine Beschäftigungsdauer bei der Beklagten diese Berufserfahrung nur unzureichend reflektiere und insbesondere für die betroffenen Ersten Offiziere kein angemessenes Ordnungsmerkmal für den beruflichen Aufstieg zum Kapitän darstelle. Richtig ist, dass sich diese Bewertung in der Präambel zum TV-A befindet, der seinen persönlichen Geltungsbereich gemäß § 1 Abs. 1 TV-A Karriere nur auf bis zum In-Kraft-Treten des TV Karriere am 22.09.2021 eingestelltes Cockpitpersonal erstreckt. Die tarifliche Wertung in der Präambel des TV-A reicht indes auch in den TV Karriere hinein. Dieser legt für die Seniorität in § 2 Abs. 3 TV Karriere nämlich ebenso wie § 2 Abs. 3 TV-A für die Gruppe 3 die Zeit ab der ersten Einstellung bei der Beklagtengruppe zu Grunde. Es gibt deshalb auch nur eine Gruppe 3, nämlich diejenigen Beschäftigten, die ab dem 01.01.2019 eingestellt wurden, was auch ab dem 22.09.2021 Eingestellte erfasst. Letztlich zeigt sich daran, dass die Wertungen aus der Präambel des TV-A die allgemeine tarifliche Bewertung wiederspiegeln. Es wird klar und deutlich und letztlich eben allgemein ausgeführt, dass die Beschäftigungsdauer bei der Beklagten für die betroffenen Ersten Offiziere kein angemessenes Kriterium für den beruflichen Aufstieg zum Kapitän ist. Noch deutlicher wird dies im zweiten Absatz der Präambel des TV-A. "Daher" - so ausdrücklich Abs. 2 der Präambel des TV-A - haben die Tarifvertragsparteien zum einen nicht nur neue Regularien zur jährlichen Erstellung der Seniorität (allgemeine neue Senioritätsregeln) vereinbart, sondern auch eine einmalige Neuordnung der Seniorität (spezielle neue Senioritätsregeln). Diese allgemeine geänderte Bewertung hält sich zur Überzeugung der Kammer innerhalb des tariflichen Bewertungsspielraums. Die in der Präambel genannte Begründung bezieht sich auf beides. Die Tarifvertragsparteien haben gesehen, dass die strikt arbeitgeberbezogene Seniorität letztlich den Wechsel zwischen Fluggesellschaften und damit auch die Anwerbung von Personal behindert und zugleich nicht aussagekräftig für den beruflichen Aufstieg ist, wenn dieser an die berufliche Erfahrung anknüpfen soll. Diese Bewertung ist seitens der Arbeitsgerichte hinzunehmen. Die dann vorgenommenen Differenzierungen müssen dabei aber innerhalb dieses Normzwecks bleiben und dürfen ihm nicht widersprechen.

(3) Dies ist jedenfalls in Bezug auf die Gruppen 1 und 2 zu bejahen. Die Kammer verkennt nicht, dass es für die Gruppe 1, dem auch so bezeichneten "Altpersonal", letztlich bei der bisherigen Seniorität bleibt und diese an den ersten kommerziellen Einsatz bei der Beklagten bzw. einer ihrer Vorgängergesellschaften anknüpft. Diese Gruppe wird dann zugleich in der Seniorität vor die Gruppe 2 gesetzt. Erst für die Gruppe 2 wird ein Mix aus tatsächlicher Berufserfahrung und Zugehörigkeit zur F. Gruppe in § 2 Abs. 2 TV-A geregelt. Dies hält sich innerhalb des Sachgrundes für die Umstellung der Seniorität. Richtig ist, dass dieser Sachgrund nicht für die Gruppe 1 gilt. Hier greift für die sachliche Rechtfertigung zur Differenzierung hingegen der Aspekt der Besitzstandswahrung. Die dort Beschäftigten haben bereits über eine längere Zeit ihre Seniorität bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin mit entsprechend korrespondierenden beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten erdient. Dieser Gedanke lag bereits dem TV WeFö zu Grunde, der in § 3 Abs. 2 TV WeFö ebenfalls einen Bestandsschutz für die Vergangenheit normierte. Das Ziel, einen bestimmten Besitzstand aus Anlass des In-Kraft-Tretens einer ändernden Regelung zu wahren, ist ein legitimes tarifliches Ziel (vgl. z.B. BAG 24.02.2021 - 10 AZR 108/19, juris Rn. 31). Dieses Ziel kommt hier in der Beschreibung der Gruppe 1 als "Altbeschäftigte" auch deutlich zum Ausdruck. Es liegen gegenüber der Gruppe 2 auch Unterschiede von einem solchen Gewicht vor, die eine Unterscheidung rechtfertigen. Beschäftigte, die bereits lange in Anwendung der bisherigen Regelungen des TV WeFö beschäftigt waren, haben ein deutlich anderes und schwerwiegendes Vertrauen auf den Bestand der ihnen tariflich damals zugebilligten Seniorität begründet als Beschäftigte der Gruppe 2.

(4) Richtig ist allerdings, dass die Differenzierung zwischen den beiden Gruppen nicht auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des TV Karriere am 22.09.2021 abstellt. Es wird vielmehr auf einen früheren Zeitpunkt abgestellt, nämlich den Zeitpunkt des ersten kommerziellen Flugs. Lag dieser vor dem 01.10.2017, begründet dies die Zugehörigkeit zur Gruppe 1. Lag dieser in der Zeit ab dem 01.10.2017, begründet dies die Zugehörigkeit zu Gruppe 2, wobei dabei die Betriebszugehörigkeit frühestens ab dem 18.12.2017 gezählt wird. Diese tariflich gewählte Stichtagsregelung für den Bestandsschutz ist nicht zu beanstanden.

(4.1.) Stichtagsregelungen sind "Typisierungen in der Zeit". Obwohl jeder Stichtag unvermeidlich Härten mit sich bringt, sind solche Regelungen aus Gründen der Praktikabilität zur Abgrenzung der begünstigten Personenkreise grundsätzlich zulässig, wenn sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist. Einen solchen Stichtag dürfen die Tarifvertragsparteien in den Grenzen des Vertrauensschutzes frei aushandeln und auch autonom bestimmen, für welche Personenkreise und ab welchem Zeitpunkt es Übergangs- oder Besitzstandsregelungen geben soll. Im Ergebnis ist bei solchen Stichtagsregelungen lediglich eine Willkürkontrolle durchzuführen. Dies entspricht dem stufenlosen, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BAG 19.12.2019 - 6 AZR 59/19, juris Rn. 18 für die Veränderung eines Vergütungssystems).

(4.2) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die gewählte Stichtagsregelung nicht zu beanstanden und zwar unabhängig davon, ob man diese als echte oder unechte Rückwirkung (vgl. zur Abgrenzung BAG 03.05.2022 - 3 AZR 408/21, juris Rn. 40 ff.) einordnet. Die Beschäftigten der Gruppe 2 konnten von vornherein nicht darauf vertrauen, dass es bei ihnen bei der bisherigen strikt arbeitgeberbezogenen Seniorität bleibt. Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nämlich auch seine Grenze. Es gilt nicht, soweit sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage nicht schutzwürdig war (BAG 03.05.2022 a.a.O. Rn. 44). So liegt es hier. Auch wenn schon der TV Wachstum sich nicht alleine auf von der insolventen Air C. übernommenes Cockpitpersonal beschränkte, trat doch das hier in Rede stehende Problem mit der Insolvenz der Air C. und der sich daraus ergebenden, bei der Beklagten anstehenden Einstellungswelle deutlich zu Tage.

Sollte es wirklich so sein und bleiben, dass derjenige des Cockpitpersonals, der zuerst eine Einstellung bei der Beklagten erreichte, über eine höhere Seniorität verfügt als derjenige, der nur kurze Zeit später eingestellt wurde, bei der Air C. oder einer anderen Arbeitgeberin in der Seniorität aber deutlich weiter hinten lag. Dieses Ergebnis wird im Rahmen einer größeren Einstellungswelle zwangsläufig letztlich zufällig. Dies zeigt sich deutlich am Kläger, der im Januar 2018 eingestellt wurde, was zu einem sehr guten Platz in der Seniorität führte. Nach der Berücksichtigung der tatsächlichen Berufserfahrung aufgrund der Vielzahl in 2018 nur wenig später eingestellten Beschäftigten des Cockpitpersonals mit längerer tatsächlicher Berufserfahrung, wurde dies durch den TV Karriere wieder deutlich relativiert (Platz 442 bzw. 608 statt zuvor 260). Dem entspricht die in § 7 TV Wachstum vereinbarte Verhandlungsobliegenheit zur Neuregelung der Upgradereihenfolge für die Berücksichtigung von beruflicher Vorerfahrung bei Neueinstellungen. Ein Vertrauen in das Behalten der zunächst im Vergleich zu den anderen neu eingestellten Kolleginnen und Kollegen letztlich "zufällig" erlangten guten rein arbeitgeberbezogenen Seniorität konnte so nicht begründet werden. Es bestand schlicht nicht. Richtig ist, dass die Tarifvertragsparteien nicht auf das In-Kraft-Treten des TV Wachstum am 18.12.2017 abstellten, sondern auf den 30.09.2017 als ersten Flug. Berücksichtigt man weiter, dass der TV Wachstum in § 4 für die Eingruppierung und Einstufung auf einen früheren Zeitpunkt abstellte, den 01.09.2017, ist dies vertretbar. Richtig ist, dass dies eine andere Sachregelung betrifft. Wenn die Tarifvertragsparteien für die Eingruppierung an den 01.09.2017 und hier an den ersten kommerziellen Flug ab dem 01.10.2017 abstellen, ist dies vor dem Hintergrund des dynamischen Prozesses nach dem Insolvenzantrag von Air C. am 15.08.2017 (vgl. z.B. BAG 13.02.2020 - 6 AZR 146/19, juris Rn. 8) vertretbar und nicht willkürlich. Es kam deshalb nicht darauf an, was daraus folgt, dass der Kläger dieses Verfahrens erst im Januar 2018 eingestellt worden ist. Richtig ist, dass die Präambel des TV-A Karriere nicht mehr auf die spezifische Situation bei Air C. und einer danach folgenden Einstellungswelle im Bereich des Cockpitpersonals Bezug nimmt. Allerdings nimmt wiederum § 2 TV-A Karriere bei Gruppe 2 auf den TV Wachstum Bezug. Wenn letztlich die diesem Tarifvertrag zu Grunde liegende Einstellungswelle zum Anlass einer grundlegenden Änderung der Seniorität genommen wird, dann ist dies nicht zu beanstanden. Etwas Anderes folgt auch nicht daraus, dass in § 7 TV Wachstum das Datum nur bis zum 31.10.2019 verlängert wurde und der TV Wachstum gemäß § 8 TV Wachstum spätestens am 30.06.2021 endete. Die Verhandlungsverpflichtung aus § 7 TV Wachstum blieb trotz der nicht eingehaltenen Frist 31.10.2019 als solche bestehen. Die Tarifvertragsparteien hatten nur die sich selbst auferlegte Frist nicht eingehalten. Richtig ist allerdings, worauf der Kläger hingewiesen hat, dass der TV Wachstum mit dem 30.06.2021 ohne Nachwirkung endete. Die Zeit danach bis zum 22.09.2021 ist indessen zur Überzeugung der Kammer zu kurz, um ein schutzwürdiges Vertrauen auf das Beibehalten der letztlich "zufällig" erlangten günstigen Seniorität zu begründen. Zwischen den Beschäftigten der Gruppe 1 und 2 besteht im Ergebnis, ausgehend von dem Aspekt des Vertrauensschutzes, ein so großer Unterschied mit einem solche Gewicht, dass die Differenzierung selbst bei Anwendung eines engeren Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt ist. Daran ändert das Abstellen auf den Bewerbungseingang in § 2 Abs. 2 a) TV-A Karriere nichts, denn dies ist im Hinblick auf den Umfang der vorgenommenen Einstellungen nachvollziehbar. So wird vermieden, dass unterschiedlich lange Zeiträume des Bewerbungsverfahrens senioritätsrelevant werden. Dass sich im MTV möglicherweise andere Senioritätsregeln finden, ist unbeachtlich. Es ist davon unabhängig zulässig, wenn für den beruflichen Aufstieg zum Kapitän eine spezifische, auch an die Berufserfahrung anknüpfende Senioritätsregelung tariflich, vereinbart wird.

(5) Richtig ist, dass die Umstellung der Seniorität auf ein gemischtes System, das tatsächliche Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit mischt, bei der Gruppe 3 in § 2 Abs. 3, 4 TV Karriere i.V.m. § 2 Abs. 3 TV-A Karriere wieder verlassen wird. Dies ist ausgehend von der grundlegenden und bereits dargestellten tariflichen Prämisse, dass die Beschäftigungsdauer bei der Beklagten kein angemessenes Ordnungsmerkmal für den betrieblichen Aufstieg darstellt, tendenziell nicht nachvollziehbar. Die Rückkehr zu dem strikt arbeitgeberbezogenen Senioritätsprinzip ab dem 01.01.2019 könnte vor diesem Hintergrund sogar willkürlich sein. Letztlich kommt es darauf nicht an. Selbst wenn dem so sein sollte, führt dies, entgegen der Ansicht des Klägers, nicht zur Gesamtunwirksamkeit des TV Karriere. Vielmehr kann sich ein ab dem 01.01.2019 eingestellter Beschäftigter ggfs. darauf berufen, dass er aufgrund seiner tatsächlichen, aber nicht auf die Beklagte bezogenen höheren Berufserfahrung gemäß den Kriterien der Gruppe 2 eine bessere Seniorität hat und die Anwendung dieser Senioritätsregeln für Gruppe 2 verlangen. Dies hilft dem Kläger nicht, denn entweder verbleiben diese Beschäftigten in der Seniorität hinter ihm oder aber sie ziehen an ihm vorbei. Einen besseren Platz als bisher kann der Kläger so nicht erreichen.

II. Der Antrag zu 4) ist für die Zeit ab der mündlichen Verhandlung seit dem 23.11.2022 bereits unzulässig. Im Übrigen ist er zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag zu 4) ist für die Zeit ab der mündlichen Verhandlung seit dem 23.11.2022 unzulässig, weil die Voraussetzungen für eine Klage auf künftige Leistung betreffend die verlangte höhere monatliche Grundvergütung von 521,26 Euro sowie die verlangte höhere monatliche Flugzulage von 439,80 Euro jeweils nebst Zinsen nicht vorliegen. Zunächst sind die Voraussetzungen des § 257 ZPO nicht gegeben. Die Vorschrift setzt die Geltendmachung einer nicht von einer Gegenleistung abhängigen kalendermäßig bestimmten Geldforderung voraus. Bei einem Anspruch aus einem gegenseitigem Vertrag muss der Kläger spätestens bei Schluss der mündlichen Verhandlung seinerseits geleistet haben (Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 257 Rn. 3). Richtig ist, dass der Kläger hier einen Schadensersatzanspruch aufgrund der unterbliebenen Beförderung zum Kapitän geltend macht und sich daraus ergebende Differenzvergütungsansprüche. Richtig ist, dass er dafür keine Gegenleistung erbringen kann, weil er ja nicht zum Kapitän ausgebildet wurde. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis handelt, der im Grundsatz die Gegenleistung der erbrachten Arbeit voraussetzt. Die Vergütungsansprüche entstehen sogar erst mit Erbringung der Arbeitsleistung, weil der Vertrag durch Kündigung beendet werden kann oder der Arbeitnehmer die ihm obliegende Leistung, ohne Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Vergütung ohne Arbeitsleistung gegeben wäre, verweigern kann. Der Abschluss des Arbeitsvertrags reicht für die Entstehung des Anspruchs nicht aus (BAG 19.02.2020 - 5 AZR 180/18, juris Rn. 11 zu § 259 ZPO). Diese Wertung gilt auch im Rahmen des hier geltend gemachten Schadensersatzanspruchs (ArbG Essen 04.05.2017 - 1 Ca 3319, juris Rn. 47). Andernfalls wäre der Sekundäranspruch auf Schadensersatz bei unterbliebener Beförderung für die Zukunft leichter durchsetzbarer als der originäre Vergütungsanspruch bei erfolgter Beförderung. Für § 258 ZPO, der ebenfalls eine nicht von einer Gegenleistung abhängige Forderung voraussetzt (Zöller(Greger a.a.O. § 258 Rn. 2), gilt nichts Anderes (ArbG Essen 04.05.2017 a.a.O. Rn. 48). Und auch für § 259 ZPO ist diese Wertung für den hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch zu übertragen, weil der originäre Vergütungsanspruch für die Zukunft ebenfalls nicht gemäß § 259 ZPO eingeklagt werden kann, weil er - wie ausgeführt - noch nicht entstanden ist (BAG 19.02.2020 a.a.O. Rn. 11). Unabhängig davon fehlt für § 259 ZPO die Besorgnis der Leistungsverweigerung. Nur weil die Beklagte bisher Zahlungen ablehnte, kann nicht davon ausgegangen werden, sie werde sich, trotz einer Verurteilung zur Zahlung bereits fälliger Forderungen, künftig der rechtzeitigen Leistung entziehen (vgl. BAG 19.02.2020 a.a.O. Rn. 11).

2. Der Antrag zu 4) ist für die Zeit von April 2022 bis zum 23.11.2022 zulässig aber unbegründet. Der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht nicht, weil die Beklagte den Kläger bei den Stellenausschreibungen Nr. 70/21, Nr. 75/21, Nr. 76/21 und Nr. 77/21 zu Recht nicht berücksichtigt hat. Auf die Ausführungen zu A.I.2. wird Bezug genommen.

III. Der Antrag zu 5) ist für die Zeit von April 2022 bis zum 23.11.2022 unzulässig. Für die Zeit danach ist er zulässig aber unbegründet.

1. Der Antrag zu 5) ist für die Zeit von April 2022 bis zum 23.11.2022 aufgrund des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Richtig ist, dass eine Partei nicht gehalten ist, ihre Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn ein Teil des Schadens schon entstanden ist und - wie im Streitfall - mit der Entstehung eines weiteren Schadens zu rechnen ist (BAG 28.01.2020 - 9 AZR 91/19, juris Rn. 24). Darum geht es hier nicht. Der Kläger hat für den Zeitraum von April 2022 bis zum 23.11.2022 zeitgleich eine zulässige Leistungsklage (Antrag zu 4) und eine Feststellungsklage (Antrag zu 5) erhoben. Letzterer fehlt aufgrund des Vorrangs der Leistungsklage in einem solchen Fall das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Antrag zu 5) ist für diesen Zeitraum auch nicht als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Das für eine solche Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt nur dann vor, wenn das inzidente ohnehin zu klärende streitige Rechtsverhältnis noch über den gegenwärtigen Prozess hinaus zwischen den Parteien Bedeutung hat oder jedenfalls gewinnen kann. Diese Vorgreiflichkeit macht das für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich. Werden mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien mit Rechtskraftwirkung erschöpfend geregelt, ist die Zwischenfeststellungsklage unzulässig (BAG 07.02.2019 - 6 AZR 84/18, juris Rn. 18). So liegt es hier. Die Frage der Zahlungspflicht der hier streitgegenständlichen Ansprüche wird für die Zeit von April 2022 bis zum 23.11.2022 durch den Antrag zu 4) umfassend und abschließend geklärt. Einer gesonderten Zwischenfeststellung der Frage einer Vergütung des Klägers als Kapitän gemäß dem Vergütungstarifvertrag bedarf es nicht, weil eine solche Feststellung für diesen Zeitraum keine weitere Bedeutung für die Parteien erlangt.

2. Für die Zeit ab dem 23.11.2022 ist der Antrag zu 5) zulässig aber unbegründet.

a) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, alsbald feststellen zu lassen, ob er künftig von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes die begehrte höhere Vergütung als Kapitän beanspruchen kann. Es wird durch die Antragsformulierung auch hinreichend bestimmt, welche Vergütung er verlangt, nämlich eine solche als Flugkapitän gemäß dem jeweiligen Vergütungstarifvertrag für die Beschäftigten der Beklagten.

b) Der Antrag zu 5) ist für die Zeit ab dem 23.11.2022 zulässig aber unbegründet. Der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht nicht, wie die Beklagte den Kläger bei den Stellenausschreibungen Nr. 70/21, Nr. 75/21, Nr. 76/21 und Nr. 77/21 zu Recht nicht berücksichtigt hat. Auf die Ausführungen zu A.I.2. wird Bezug genommen.

IV. Der Antrag zu 6) ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag zu 6) ist als Leistungsantrag zulässig. Mit der zuletzt vom Kläger klargestellten Formulierung wird klar, dass er begehrt, dass die Beklagte es unterlässt, ihm gegenüber eine Senioritätsliste gemäß TV Karriere anzuwenden. Mit dem "ihm gegenüber" wird letztlich nur zum Ausdruck gebracht, dass er keinen Unterlassungsanspruch für andere Beschäftigte des Cockpitpersonals geltend macht, sondern nur im Rechtsverhältnis ihm gegenüber. Es ist auch hinreichend bestimmt, welche Senioritätsliste gemeint ist, nämlich jede aufgrund des TV Karriere. Ein solches Unterlassungsbegehren kann im Wege der Leistungsklage verfolgt werden (vgl. für die Unterlassung der Anwendung eines Punkteschemas bei der sozialen Auswahl BAG 26.07.2005 - 1 ABR 29/04, juris Rn. 12). Der Antrag ist zulässig. Ob ein entsprechender individual-rechtlicher Unterlassungsanspruch besteht, ist eine Frage der Begründetheit.

2. Der Antrag zu 6) ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte es unterlässt, eine Senioritätsliste gemäß TV Karriere auf ihn anzuwenden. Ihm gegenüber liegt kein Gleichheitsverstoß vor. Ein etwaiger Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG betreffend die Gruppe 3 ist auch insoweit im Verhältnis zum Kläger unbeachtlich. Auf die Ausführungen zu A.I.2. wird Bezug genommen.

V. Der Antrag zu 7) ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag zu 7) ist zulässig.

a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt der zu besetzenden Stelle ist hinreichend klar. Es handelt sich um eine interne Stellenausschreibung, deren Bezug klar ist. Es geht um die Ausbildung vom First Officer/Copiloten - wobei beides inhaltsgleich ist - zum Kapitän A320. Es besteht insoweit, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, kein Streit darüber, um welche Stellenausschreibungen es sich handelt, die zudem im Antrag konkret benannt sind. Es ist auch klar, was mit der "nächsten" Stellenausschreibung gemeint ist. Es handelt sich um einen Antrag auf künftige Leistung. Davon geht der Kläger im Zusammenhang mit der Erörterung des vom Arbeitsgericht angesprochenen § 259 ZPO in der Berufungsbegründung (Seite 39) aus. Er führt nicht aus, dass die Anwendung von § 259 ZPO schon an sich fehlerhaft sei. Dies ist auch nachvollziehbar, weil der Leistungsantrag sich dann im Laufe des Prozesses erledigen würde. Dem entspricht es, den Antrag so zu verstehen, dass mit der nächsten Stellenausschreibung diejenige nach Rechtskraft der Entscheidung gemeint ist. Dafür spricht auch, dass der Kläger sich in der Antragsfassung an das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.03.1973 (- 4 AZR 271/72, juris Rn. 7) angelehnt hat. Dort kam es zu einer Zurückverweisung, ohne dass von einer Erledigung des Antrags ausgegangen wurde.

b) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sind auch die Voraussetzungen des § 259 ZPO gegeben. Richtig ist, dass der Anspruch auf Berücksichtigung und Ausbildung unter der Bedingung einer Stellenausschreibung durch die Beklagte steht, wie der Antragswortlaut selbst zeigt. Dies ist indes unschädlich, weil Ansprüche bei § 259 ZPO auch bedingt sein können (Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022 § 259 Rn. 2: Vollstreckung gemäß § 726 ZPO). Solche Ansprüche fallen auch unter § 259 ZPO, vorausgesetzt, dass die Verpflichtung zur künftigen Leistung - abgesehen von einer in das Urteil aufzunehmenden Bedingung - in ihrem Bestande gewiss ist (BGH 16.12.1964 - VIII ZR 47/63, juris Rn. 15). Davon geht der Kläger - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - aus. Der Antrag kann dementsprechend eben nur dann Erfolg haben, wenn im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung feststeht, dass er bei der nächsten Stellenausschreibung zur Ausbildung zum Zuge kommt, d.h. alle anderen Voraussetzungen außer der Bedingung gegeben sind. Dies spricht nicht gegen die Zulässigkeit des Antrags, sondern ist eine Frage der Begründetheit. Es besteht auch die Besorgnis der Nichterfüllung, denn die Beklagte bestreitet eine entsprechende Verpflichtung. Auf eine Feststellungsklage kann der Kläger nicht verwiesen werden.

2. Der Antrag zu 7) ist unbegründet. Es findet für den Kläger die Senioritätsliste gemäß TV Karriere Anwendung. Dort ist er in der endgültigen Liste aktuell auf Platz 608. Es steht gerade nicht fest, dass der Kläger bei der nächsten Stellenausschreibung im o.g. Sinne zu berücksichtigen ist."

Die Kammer erlaubt sich wegen der Besonderheiten des vorliegenden Rechtsstreits folgende Klarstellungen und Ergänzungen:

(1) Soweit in den Unterabschnitten II., II1., II.2., III., III.1 und III.2 vom 23.11.2022 (Verhandlungsdatum in Sachen 12 Sa 443/22) die Rede ist, ist dies für den vorliegenden Rechtsstreit durch die Angabe "10.01.2023" zu ersetzen. Die in Ziffer II.1 genannten Gehaltsdifferenzen lauten für den vorliegenden Rechtsstreit 785,21 € brutto (zusätzliches Grundgehalt) bzw. 550,20 € brutto (zusätzliche Flugzulage). Bei der Nennung der Platzziffern im Punkt I.2.d)bb)(4)(4.2) muss es für den Kläger "Platz 501 bzw. 510 statt zuvor 290" heißen.

(2) Anders als der Kläger im Verfahren 12 Sa 443/22 hat der Kläger des vorliegenden Verfahrens über die PV Cockpit einen Einspruch gegen die vorläufige Senioritätsliste vom 03.12.2021 erhoben. Das ändert aber am Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits nichts:

(a) Unabhängig von der wirksamen Erhebung eines Einspruchs führt der in § 4 (2) TV Karriere geregelte Suspensiveffekt aus Rechtsgründen nicht dazu, dass anstelle der vorläufigen Senioritätsliste vom 03.12.2021 die noch auf Basis des TV WeFö erstellte Senioritätsliste vom 01.07.2021 von der Beklagten bei Auswahlentscheidungen zu beachten wäre. Auf die Ausführungen unter Ziffer I.2.c)bb) der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

(b) Der Kläger hat keinen beachtlichen Einspruch gegen die vorläufige Senioritätsliste vom 03.12.2021 erhoben. Ausweislich des Verlaufs der Mailkorrespondenz mit dem Vorsitzenden D. der PV Cockpit hat er seinen ursprünglichen Einwand, seine Sozialpunkte seien falsch berechnet, nach Hinweis des Herrn D. auf den richtigen Stichtag 01.01.2019 nicht mehr aufrecht erhalten ("mit dem Datum passt es"). Der Rest der Mail besteht aus Fragen, der Bitte um eine Erklärung für das aus Sicht des Klägers ungerechte und intransparente Verfahren und Kritik an der Tarifkommission. Soweit dies von der PV Cockpit in einen Einspruch wegen "ungerechter Behandlung" umgemünzt wurde, konnte und musste sich die betriebliche paritätische Kommission hiermit von vorneherein nicht beschäftigen. Deren Aufgabe war es nämlich, die Richtigkeit der Erstellung der (vorläufigen) Senioritätsliste im Hinblick auf die Festsetzung der Senioritätsdaten (§ 4 (3)) zu überprüfen und die Seniorität verbindlich festzusetzen (vgl. § 4 (7)). Eine Kompetenz, über die "Gerechtigkeit" und die Rechtmäßigkeit des TV Karriere generell zu befinden, kommt der betrieblichen paritätischen Kommission nicht zu. Deren Existenz setzt vielmehr gerade umgekehrt die Wirksamkeit des TV Karriere voraus. Die Einhaltung der in dieser niedergelegten Regeln soll überprüft werden, mehr nicht. Jede andere Sichtweise überantwortete der betrieblichen paritätischen Kommission im Endeffekt die Aufgabe, als "Ersatztarifgeber" vermeintlich ungerechte oder unwirksame Bestimmungen des TV Karriere durch "bessere" zu ersetzen - denn durch ein bloßes Absehen von der Aufstellung einer jeglichen Senioritätsliste wäre niemandem geholfen gewesen, auch dem Kläger nicht.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Das Gericht hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Die Kammer erachtet es für klärungsbedürftig, ob und unter welchen Voraussetzungen die Tarifvertragsparteien bisherige Senioritätsregeln im Flugverkehr für die Zukunft ablösen und ändern können.

Schneider Schulz Ruberg

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