Urteil vom 13.06.2023 · IWW-Abrufnummer 236234
Landesarbeitsgericht Sachsen - Aktenzeichen 2 Sa 459/21
1. Ein allgemeiner Feststellungsantrag ist nach gebotener und möglicher Auslegung als Antrag im Sinne der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG "punktualisiert", auch ohne dass der Wortlaut des Antrags selbst ausdrücklich an die Erfordernisse der genannten Paragraphen angepasst wird.
2. Nimmt der Kläger einen solchen Antrag nach Hinweisen des Gerichts erster Instanz, deren Inhalt nicht protokolliert ist, zurück oder stellt er diesen nur noch als Hilfsantrag, obwohl ein Hauptantrag nach § 17 Satz 1 TzBfG erforderlich ist, muss zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass das Ausgangsgericht seine Hinweispflicht nach § 6 KSchG (analog) nicht erfüllt hat.
3. In diesem Fall ist das Landesarbeitsgericht verpflichtet, den Hinweis nachzuholen. Passt der Kläger seine Anträge daraufhin an, sind diese geeignet, die Klageerhebungsfrist des § 17 Satz 1 TzBfG zu wahren.
4. Die eigene Vertragsuntreue desjenigen, zu dessen Vorteil der Eintritt einer auflösenden Bedingung wirkt, ist grundsätzlich geeignet, die Treuwidrigkeit der Verhindung des Bedingungseintritts durch denjenigen, zu dessen Nachteil der Eintritt gereicht, entfallen zu lassen.
In dem Rechtsstreit
...
gegen
...
hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch ... auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2023 am 13.06.2023
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 13.10.2021 - Az. 3 Ca 3180/20 - abgeändert: Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch auflösende Bedingung gemäß § 2 der Vereinbarung vom 12.11.2018 noch durch die Kündigung der Beklagten vom 15.1.2021 beendet wurde.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits erster und zweiter Instanz.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, ob ein zwischen ihnen bestehendes Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis anzusehen sei und ob dieses mit Ablauf des 30.06.2020 "automatisch", bzw. ggfls. später durch ordentliche Kündigung vom 15.1.2021 beendet wurde.
Die Beklagte betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen. Mit als "Anstellungsvertrag" überschriebener Vereinbarung vom 10.7.2002 verabredeten die Parteien, dass der am ...1956 geborene Kläger (weiterhin) als Vorstand für die Beklagte tätig werden sollte. Der Vertrag enthält unter § 7 folgende Regelung:
"(1) Der Vorstand ist seit dem 1.1.1992 bei der Genossenschaft beschäftigt, seit dem 1.1.1992 als Vorstand. Dieser Vertrag tritt unter Wahrung des bislang erreichten Beschäftigungsstatus am 1.7.2002 in Kraft und gilt als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er endet jedoch ohne Kündigung spätestens am Ende des Monats, in dem der Vorstand das 65. Lebensjahr vollendet hat.
...
(5)Die Bestellung des Vorstandes ist widerruflich. Eine solche Abberufung beinhaltet die Kündigung dieses Vertrages zum gesetzlich nächstmöglichen Zeitpunkt. Amtsniederlegung oder Abberufung ist der jeweils anderen Partei schriftlich mitzuteilen; hierbei gelten die im vorangehenden Absatz zur Kündigung aufgestellten Grundsätze entsprechend. ... ."
Auf den erstinstanzlich als Anlage B1 vorgelegten Vertrag wird wegen des weiteren Inhalts Bezug genommen (Bl. 15 ff. PA).
Der Kläger wurde am 8.2.2018 als Vorstandsvorsitzender der Beklagten abberufen, nachdem er zuvor seine organschaftliche Stellung als Vorstandsvorsitzender aufgegeben hatte. Unter dem 12.11.2018 schlossen die Parteien eine weitere Vereinbarung, die auszugsweise wie folgt lautet:
"Präambel
Mit nachfolgender Vereinbarung sollen die bestehenden diversen Rechtsverhältnisse zwischen Herrn ... und der Agrargenossenschaft ... geregelt werden. Herr ... hatte in seiner Zeit als Vorstand der Agrargenossenschaft einen eigenen Mutterkuhbetrieb aufgebaut. Um mehr Zeit für die Betreuung seines eigenen Mutterkuhbetriebes zu haben, wird seine Arbeitszeit auf unter 20 Wochenstunden nach Bedarf des Unternehmens gekürzt.
§ 1
Rückzahlung des gewährten Darlehens
Herr ... erhält seine noch offene Darlehensforderung in Höhe von 150.000,00 EUR zum 31.12.2018 zurückgezahlt.
§ 2
Abänderung des Anstellungsvertrages
In Abänderung des bestehenden Anstellungsvertrages vereinbaren die Parteien eine zu leistende monatliche Arbeitszeit von maximal 70 Stunden. Die Arbeitszeit wird auf Abruf und ausdrückliche Anforderung durch die Genossenschaft geleistet. Das Entgelt wird auf pauschal 2.500,00 EUR brutto festgesetzt. Der Anstellungsvertrag endet automatisch am 01.07.2000, spätestens wenn der Termin durch Rentenbescheid für die sogenannter Rente mit 63 festgelegt ist.
§ 3
Freistellung aus der Bürgschaft gegenüber dem Freistaat Sachsen, ...
Herr ... hat eine Bürgschaft in Höhe von 211.081,59 EUR gegenüber dem LfULG abgegeben. Die Bürgschaft dient der Absicherung der Investitionsmaßnahme Neubau Milchviehstall. Die Bürgschaft wurde in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied unterzeichnet. Herr ... verpflichtet sich anstelle des Herrn ... in die Bürgschaftsverpflichtung einzutreten und dafür Sorge zu tragen, dass Herr ... aus den Bürgschaftsverpflichtungen entlassen wird.
§ 4
Übertragung Eigentum Stallanlage in ...
Die Agrargenossenschaft überträgt Herrn ... die Stallanlage in .../...straße zu einem Kaufpreis von 1000,00 EUR. Der entsprechende notarielle Vertrag ist durch Herrn ... vorzubereiten. Erteilt die Bank keine Löschungsbewilligung für die vorhandenen Grundschulden, wird der Standort der GbR zur Nutzung übergeben.
..."
Auf den weiteren Inhalt der mit der Klageschrift vorgelegten Vereinbarung wird Bezug genommen (Bl. 4 ff. PA).
Die mit der Vereinbarung vom 12.11.2018 zugesagte Rückführung der Darlehensschuld zum 31.12.2018 durch die Beklagte erfolgte nicht. Der Kläger hat daher drei Mahnschreiben an die Beklagte verfasst und zwar am 18.06.2019, am 29.12.2019 und am 07.03.2020. Nach Behauptung der Beklagten sei die Rückzahlung der Darlehen unterblieben, weil der Kläger der Beklagten Vermögensbestandteile von über 200.000,00 EUR entzogen habe. Hierüber führen die Parteien einen weiteren Rechtsstreit vor dem Landgericht.
Die Beklagte hat dem Kläger über den 30.6.2020 hinaus bis Oktober 2020 Entgelt in verabredeter Höhe gezahlt. Mit Schreiben vom 19.12.2020, dem Kläger zugegangen am 23.12.2020, unterrichtete die Krankenkasse den Kläger darüber, dass eine Meldung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.10.2020 erfolgt sei. Auf das Schreiben der [KRANKENKASSE] vom 19.12.2020, vorgelegt als Anl. K2 (Bl. 6 PA) wird Bezug genommen.
Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 30.12.2020 erhob der Kläger Klage auf Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.10.2020 hinaus fortbesteht. Darüber hinaus wurde ein Weiterbeschäftigungsantrag angekündigt. Die Klageschrift wurde der Beklagten ausweislich der Postzustellungsurkunde Bl. 9 PA am 6.1.2021 zugestellt. Zur Begründung des Klageantrags führt der Kläger aus, dass eine selbstständige allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO gewollt sei. Es seien ihm derzeit keine möglichen Beendigungstatbestände bekannt. Aufgrund des Schreibens der [KRANKENKASSE] sei aber davon auszugehen, dass die Beklagte von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgehe. Mit der Klageschrift wurde weiter ausgeführt, dass der Klageantrag zu 1. das Begehren enthält, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch solche weiteren Beendigungstatbestände beendet wird.
Nach Zustellung der Klageschrift erhob die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.1.2021 eine Rüge dahingehend, dass das Arbeitsgericht "sachlich" nicht zuständig sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger als Vorstand der Beklagten berechtigt sei, die Beklagte gerichtlich und außergerichtlich in allen Angelegenheiten zu vertreten. Mit der Vereinbarung aus dem Jahr 2018 sei ein Arbeitsverhältnis nicht begründet worden. Mit dem Schriftsatz wurde zugleich vorsorglich eine Kündigung des Vertragsverhältnisses ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt ausgesprochen, dies sei der 31.8.2021. Der Schriftsatz wurde der Klägerseite in der Güteverhandlung am 15.1.2021 übergeben (siehe Protokoll der öffentlichen Sitzung, Bl. 11 PA).
Mit am 5.2.2021 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz erweiterte der Kläger daraufhin die Klage um den Antrag, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 15.1.2021 beendet ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.8.2021 hinaus fortbesteht. Der Schriftsatz wurde der Beklagtenseite ausweislich des Empfangsbekenntnisses Bl. 25 PA am 8.2.2021 zugestellt.
Über die als Rüge des beschrittenen Rechtsweges auszulegende Rüge der sachlichen Zuständigkeit hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 10.3.2021 entschieden und den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Der hiergegen gerichteten Beschwerde der beklagten Partei hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 21.4.2021 nicht abgeholfen. Das Sächsische Landesarbeitsgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 21.7.2021, Az. 9 Ta 74/21, zurück.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten,
mit der Vereinbarung vom 12.11.2018 sei ein Arbeitsverhältnis begründet worden, ein feststellbares Vertragsende lege sie nicht fest. Der 1.7.2020 könne es schon deswegen nicht gewesen sein, weil die Beklagte das Arbeitsverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus ordnungsgemäß abgerechnet habe. Alle in der Vereinbarung niedergelegten Festlegungen seien miteinander verknüpft. Eine Verpflichtung des Klägers, die Rente mit 63 zu beantragen, enthalte sie nicht. Er habe überdies Rente nur dann beantragen sollen und sich dies auch nur dann leisten können, wenn die Beklagte ihrerseits die niedergelegten Vereinbarungen zur Rückzahlung der gewährten Darlehen erfüllt hätte. Das Anstellungsverhältnis habe mit Eintritt des Klägers in den Rentenstand beendet werden sollen. Da eine Verrentung mit 63 nicht erfolgt sei, ende das Anstellungsverhältnis erst, wenn der Kläger ordentlich verrentet werde. Die ausgesprochene hilfsweise Kündigung sei bereits deswegen unwirksam, weil der Vertrag aus dem Jahr 2018 eine Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung ausschließe.
Das Ausgangsgericht hat im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2021 (Bl. 83 ff. PA) hinsichtlich des Inhalts nicht dokumentierte Hinweise gegeben.
Danach hat der Kläger unter Klagerücknahme im Übrigen erstinstanzlich beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 15.1.2021 nicht aufgelöst worden ist.
2. hilfsweise, für den Fall der Abweisung des Klageantrags Ziff. 1 wird beantragt festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 31.10.2020 bis zum 31.8.2021 fortbestand.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten,
es liege kein Arbeitsverhältnis vor. Das Anstellungsverhältnis sei gemäß § 7 der Vereinbarung vom 16.7.2002 mit Ablauf des 8.10.2018 beendet worden. Jedenfalls sei das Vertragsverhältnis spätestens zum 30.10.2019 beendet. Bei Abschluss der Vereinbarung vom 12.11.2018 seien sich die Parteien darüber einig gewesen, dass das Beschäftigungsverhältnis ende, sobald der Kläger die Rente mit 63 in Anspruch nehmen könne. Es sei daher in der Vereinbarung festgehalten, dass das Vertragsverhältnis zum 1.7.2018 (bzw. im Verlauf des Rechtsstreits geändert: zum 1.7.2020) enden solle. Soweit dort als Datum der 1.7.2000 angegeben sei, handele es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Dies werde dadurch deutlich, dass die Parteien ergänzend vereinbarten: "spätestens wenn der Termin durch Rentenbescheid für die sogenannte Rente mit 63 festgelegt ist". Mit dieser Ergänzung habe das Beschäftigungsverhältnis für den Fall fortbestehen sollen, dass der Rentenbescheid als Datum für den Rentenbeginn nicht den 1.7.2019 ausweise. Der Kläger sei danach verpflichtet gewesen, den Antrag auf Rente mit 63 zu stellen. Diese Pflicht habe der Kläger verletzt. Soweit das Vorliegen des Rentenbescheides als Bedingung für die Beendigung des Anstellungsvertrages anzusehen sei, könne sich der Kläger auf den Nichteintritt der Bedingung nicht berufen. Es habe allein ihm oblegen, die für den Eintritt der Bedingung erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. Damit habe das Anstellungsverhältnis spätestens mit Ablauf des Monats geendet, in dem der Kläger das 63. Lebensjahr vollendete. Dies sei der ...2019 (im Verlauf des Rechtsstreits geändert: ...2020). Die Fortsetzung der Abrechnung und Zahlung des vereinbarten Bruttoentgelts über den 30.6.2020 hinaus sei versehentlich erfolgt. Dies sei erst im Oktober 2020 aufgefallen. Ein Abhängigkeitsverhältnis der einzelnen Regelungen in der Vereinbarung vom 12.11.2018 voneinander sei nicht gegeben. Insbesondere sei keine Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses vereinbart für den Fall, dass die anderen Regelungen nicht erfüllt werden.
Die ausgesprochene Kündigung sei wirksam, da die Vereinbarung vom 12.11.2018 eine ordentliche Kündigung nicht ausschließe. Es liege kein befristetes, sondern ein aufschiebend bedingtes Vertragsverhältnis vor. Die ordentliche Kündigung sei nur für die Zeit ausgeschlossen, in welcher die Bedingung nicht habe eintreten können bzw. vom Kläger die Herbeiführung der Bedingung nicht habe verlangt werden können. Davon sei nur für die Zeit auszugehen, in der dem Kläger ein Anspruch auf abschlagsfreie Rente mit 63 nicht zugestanden habe. Nach diesem Zeitpunkt sei das Vertragsverhältnis kündbar.
Jedenfalls ende das Beschäftigungsverhältnis mit Erreichen des gesetzlichen Rentenalters, also mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Das Beschäftigungsverhältnis sei daher spätestens mit Ablauf des 30.10.2020 beendet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zwischen den Parteien sei ein Arbeitsverhältnis begründet worden, da der Kläger durch die Vereinbarung vom 12.11.2018 zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet worden sei. Dieses Arbeitsverhältnis sei aber mit Ablauf des 30.6.2020 aufgelöst, sodass die Klage unbegründet sei. Die Vereinbarung in § 2 Satz 4 des Vertrages sei auslegungsbedürftig. Es sei unstreitig, dass es sich beim Datum 1.7.2000 um einen Schreibfehler handele und die Parteien "1.7.2020" haben schreiben wollen. Dabei seien die Parteien davon ausgegangen, dass dies der Termin sei, zu dem der Kläger frühestmöglich eine abschlagsfreie Rente mit 63 habe beziehen können. Von der Erfüllung der erforderlichen Wartezeit von 45 Jahren seien die Parteien offensichtlich ausgegangen. Der am 12.10.1956 geborene Kläger habe gemäß § 236b SGB VI ab 1.7.2020 abschlagsfrei Rente mit 63 beziehen können. Es sei allerdings nicht davon auszugehen, dass die Parteien vereinbaren wollten, dass das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf des 1.7.2020 enden sollte, sondern bereits vor Beginn dieses Tages, da der Rentenbezug bei einer entsprechenden Antragstellung bereits an diesem Tag begonnen hätte. Nicht eindeutig und auslegungsbedürftig sei, was die Parteien im Zusammenhang mit dem 1. Halbsatz mit der Formulierung im 2. Halbsatz gemeint haben. Dessen Wortlaut lasse die Auslegung zu, dass eine Höchstbefristung auf den 1.7.2020 bzw. 30.6.2020 i.V.m.einem gegebenenfalls früheren Eintritt einer auflösenden Bedingung durch Festsetzung eines früheren Termins für die Rente mit 63 durch Rentenbescheid gemeint gewesen sei. Weiterhin sei denkbar die Kombination einer entsprechenden Mindestbefristung i.V.m. einem späteren Eintritt einer auflösenden Bedingung. Schlussendlich könne auch gar keine kalendermäßige Befristung des Arbeitsverhältnisses, sondern nur die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung gewollt gewesen sein. In allen 3 Varianten lasse der Wortlaut des im 2. Halbsatz aufgenommenen Passus als auflösende Bedingung 2 mögliche Zeitpunkte für deren Eintritt zu. Es könne der Zeitpunkt des Erlasses des Rentenbescheides gemeint sein oder der Zeitpunkt zu dem die Rente bewilligt werde. Mangels Vortrags zu Begleitumständen habe zur Auslegung nur der Umstand herangezogen werden können, dass der Kläger bei entsprechender Antragstellung ab 1.7.2020 abschlagsfreie Rente mit 63 habe beziehen können. Weiterhin heranzuziehen sei der Umstand, dass der Kläger nach seiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender monatlich ein Entgelt von 2.500 € brutto bis zum Renteneintritt habe erhalten sollen, obwohl er tatsächlich keinerlei Arbeitsleistung mehr erbracht habe und der weitere Umstand, dass die Beklagte über den 1.7.2020 hinaus bis Oktober 2020 die Vergütung abgerechnet und gezahlt habe. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sei davon auszugehen, dass die Parteien die Kombination einer Höchstbefristung i.V.m. einem gegebenenfalls früheren Eintritt einer auflösenden Bedingung vereinbart haben. Mit der in § 2 der Vereinbarung getroffenen Regelung habe die finanzielle Absicherung des Klägers bis zu dem Zeitpunkt gewährleistet werden sollen, zu dem der Kläger frühestens Rente mit 63 habe beziehen können. Anhaltspunkte dafür, dass es dem Kläger überlassen bleiben sollte, den Eintritt der auflösenden Bedingung herbeizuführen oder nicht herbeizuführen, bestünden nicht. Dies sei auch mit der bestehenden Interessenlage der Parteien und dem mit der Vereinbarung verfolgten Zweck nicht vereinbar. Die Auslegungsalternative, wonach das Arbeitsverhältnis nur dann aufgelöst werden sollte, wenn tatsächlich eine Bewilligung der Rente mit 63 durch den Rentenbescheid erfolgt sei, scheide damit aus. Weiterhin scheide die Möglichkeit aus, wonach ein gegenüber der Befristung gegebenenfalls späterer Eintritt der auflösenden Bedingung vom Willen des Klägers habe abhängig gemacht werden sollen. Der Kläger habe es nicht in der Hand haben sollen, den Eintritt der auflösenden Bedingung zu verhindern, indem er überhaupt keinen Rentenantrag stellt. Gegen eine Auslegung als Kombination einer Mindestbefristung i.V.m. einem gegebenenfalls späteren Eintritt der auflösenden Bedingung spreche der Wortlaut der Vereinbarung. Es sei dort das Adverb "spätestens" verwendet worden. Für einen späteren Eintritt der auflösenden Bedingung sei zu erwarten gewesen, dass das Adverb "frühestens" verwendet worden wäre. Dass die Beklagte bis einschließlich Oktober 2020 die vereinbarte Vergütung weitergezahlt hat, sei für die Auslegung unerheblich, die dann eingestellte Zahlung spreche gerade dafür, dass die Weiterzahlung ab Juli 2020 irrtümlich und ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Der Kündigungsschutzantrag sei daher abzuweisen gewesen, weil zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs am 15.1.2021 bereits kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe. Damit sei der Hilfsantrag zur Entscheidung angefallen, auch dieser sei unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien habe über den 31.10.2020 hinaus nicht fortbestanden.
Gegen das dort am 26.10.2021 zugestellte Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, welche am 04.11.2021 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangen ist und mit Eingang am 24.01.2022 innerhalb der gemäß Antrag vom 22.12.2021 verlängerten Frist begründet wurde.
Der Kläger führt aus,
dem Arbeitsgericht sei bereits bei der Tatbestandsfeststellung ein erheblicher Fehler unterlaufen. Es sei im Laufe des Prozesses zwischen den Parteien nicht unstreitig geworden, dass die Parteien mit dem in der Vereinbarung vom 12.11.2018 aufgenommenen Datum eine "automatische Beendigung" des Arbeitsverhältnisses zum "1.7.2020" vereinbart haben. Das Datum bleibe vielmehr bestritten. Die Ansicht des Arbeitsgerichts, wonach man von einer Beendigung zum 1.7.2020 ausgehen müsse, da zu diesem Zeitpunkt der Kläger frühestmöglich eine abschlagsfreie Rente mit 63 habe beziehen können, sei unzutreffend und lasse den aus anderen Umständen ersichtlichen Willen der Parteien völlig außer Acht. Auch die Tatsache, dass dem Kläger das Entgelt für 4 Monate weiterbezahlt wurde, lasse das Gericht zu Unrecht völlig unberücksichtigt. Insbesondere könne aus der Einstellung der Zahlung nicht geschlossen werden, dass diese irrtümlich und ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Für diese Ansicht bleibe das Gericht eine Erklärung schuldig. Bei verständiger Würdigung sei vielmehr davon auszugehen, dass als "automatische Beendigung" ausschließlich der 1.7.2022 (gesetzlicher Renteneintritt des Klägers mit 65 Jahren und 10 Monaten) gemeint gewesen sein könne. Nur für den Fall des tatsächlichen Vorliegens eines anderen Rentenbescheides über eine Rente mit 63 habe anderes gelten sollen. Das Ausgangsgericht lasse den Wesensgehalt der Vereinbarung vom 12.11.2018 unbeachtet. Aus der Gesamtschau dieser Vereinbarung ergebe sich, dass der Kläger die an die Beklagte ausgereichten Darlehen vor Beendigung des Anstellungsverhältnisses zum 31.12.2018 habe zurückerhalten sollen. Die beiden Sachverhalte seien in der Vereinbarung nur deshalb miteinander verknüpft worden, weil für den Kläger das eine ohne das andere nicht habe funktionieren können. Dem Kläger sei es ohne die unstreitig nicht erfolgte Darlehensrückzahlung bereits aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich gewesen, die Rente mit 63 zu beantragen. Die daher zu prüfende ordentliche Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil die Vereinbarung eine Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung nach ihrem Wortlaut und Sinngehalt ausgeschlossen habe.
Der Kläger beantragt zweitinstanzlich unter Rücknahme des ursprünglich angekündigten Berufungsantrags zu 3. zuletzt:
1. Das am 13.10.2021 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen zu dem dortigen Aktenzeichen Az. 3 Ca 3180/20, wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 15.1.2021 nicht aufgelöst worden ist.
3. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.10.2020 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat sich den Ausführungen des Erstgerichts im Urteil angeschlossen und Letzteres verteidigt. Es sei insbesondere zu Recht davon ausgegangen, dass das Beschäftigungsverhältnis spätestens mit Ablauf des 30.6.2020 enden sollte. Ein Rentenbescheid sei keine Voraussetzung für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses gewesen. Es widerspreche dem Interesse der Beklagten, dass die Beendigung des Anstellungsverhältnisses dem Willen des Klägers überlassen bleiben sollte. Gegen die Annahme, dass mit dem aufgenommenen Datum der 1.7.2022 gemeint gewesen sei, spreche die ausdrückliche Erwähnung der Rente mit 63 anstelle der Regelaltersrente. Von letzterer sei zu keinem Zeitpunkt die Rede gewesen. Im Übrigen entspreche das Datum auch nicht dem tatsächlichen Datum, zu welchen der Kläger die Regelaltersgrenze erreiche. Vielmehr sei das gesetzliche Renteneintrittsalter des Klägers erst am 12.8.2022 (mit 65 Jahren und 10 Monaten) erreicht, sodass der 1.7.2022 nicht gemeint gewesen sein könne. Eine Verknüpfung der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Rückzahlung des Darlehens habe es nicht gegeben. Sie lasse sich auch der Vereinbarung vom 12.11.2018 nicht entnehmen. Die Beklagte schulde die monatliche Vergütung des Klägers auch dann, wenn sie seine Arbeitsleistung nicht abfordere. Die Vereinbarung sei deshalb keine Vereinbarung über "Arbeit auf Abruf" im Sinne des § 12 TzBfG. Auf die fehlende Rückzahlung des Darlehens könne sich der Kläger auch deshalb nicht stützen, weil die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 23.12.2020 (vorgelegt als Anlage BB1, Bl. 60 ff d. EA) eine - hinsichtlich der Erklärung als solcher unstreitige - Aufrechnung erklärt habe. Mit diesem Schreiben sei der Kläger auch bereits auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hingewiesen worden. Das Schreiben lautet diesbezüglich wie folgt:
"Nach § 2 der Vereinbarung vom 12. November 2018 endete das Anstellungsverhältnis Ihres Mandanten spätestens mit Ablauf des Monats, in dem er das 63-ste Lebensjahr vollendet. Ihr Mandant ist am 12. Oktober 1954 geboren. Das Anstellungsverhältnis endete damit mit Ablauf des 30. Oktober 2019. Ihr Mandant hat indes bis zum 30. Oktober 2020 die vereinbarte Bruttovergütung von 2.500,00 EUR monatlich bezogen. Die Genossenschaft hat deshalb aus den §§ 812, 818 Abs. 3 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der ohne Rechtsgrund erlangten Vergütung. Der Anspruch beträgt mithin 30.000,00 EUR (brutto)."
Jedenfalls sei das Beschäftigungsverhältnis durch die ordentliche Kündigung beendet. Insoweit hält die Beklagte an ihrer erstinstanzlichen Rechtsansicht fest.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen A. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 22.05.2023 verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen am 24.10.2022 und 22.05.2023. Weiterhin Bezug genommen wird auf die Hinweise des Gerichts in der mündlichen Verhandlung am 24.10.2022, im Hinweisbeschluss desselben Datums sowie im Hinweisbeschluss vom 17.2.2023.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte und gemäß den §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form-und fristgerecht eingelegte und begründete, damit zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen, denn sie ist begründet.
I.
Die Anträge des Klägers bedürfen der Auslegung, weil deren Wortlaut nicht am Rechtschutzbegehren orientiert ist, wie es durch die Klagebegründung zum Ausdruck kommt.
1.
Für die Auslegung von Prozesserklärungen sind die für Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze maßgeblich. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, sondern der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind Prozesserklärungen dahin auszulegen, dass das gewollt ist, was aus der Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Erklärungsadressaten zu berücksichtigen (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 26.7.2012 - 6 AZR 221/11, BeckRS 2012, 75484 Rn. 29, beck-online).
2.
Der Kläger macht mit dem Antrag zu 2. (richtigerweise) die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung im Sinne des § 4 KSchG geltend und erhebt daneben als Antrag zu 3. zuletzt unbedingt einen allgemeinen Feststellungsantrag, gerichtet auf einen Fortbestand über den 31.10.2020 hinaus. Tatsächlich begehrt der Kläger mit dem Antrag zu 3. jedoch die (punktuelle) Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung bzw. auflösende Bedingung im Vertrag vom 12.11.2018 beendet wurde (Antrag nach § 17 Satz 1 TzBfG), unabhängig davon, ob dies mit Ablauf des 30.06.2020 oder zu einem späteren Zeitpunkt auch nach dem 31.10.2020 eingetreten sein sollte. Dieses Rechtschutzbegehren ergibt sich aus dem gesamten Vorbringen des Klägers spätestens ab Eingang des klägerischen Schriftsatzes vom 5.2.2021, mit welchem er sich gegen die Ansicht der Beklagten wendet, das Beschäftigungsverhältnis sei durch einen nicht erfolgten Renteneintritt beendet. Es wäre richtigerweise mit einem am Wortlaut des § 17 S. 1 TzBfG orientierten Antrag zu verfolgen. Das Gericht hat mit Beschluss vom 24.10.2022 auf diese Problematik hingewiesen und zugleich mitgeteilt, dass der Antrag des Klägers entsprechend auszulegen wäre. Eine Richtigstellung des Wortlauts war daher wünschenswert, aber nicht zwingend erforderlich.
Ein allgemeiner Feststellungsantrag i.S.d. § 256 ZPO kann als Antrag nach § 17 Satz 1 TzBfG ausgelegt werden (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 04.11.2015, Az. 7 AZR 851/13: "trotz der nicht am Wortlaut des § 17 TzBfG orientierten Formulierung des Klageantrags ist der gestellte allgemeine Feststellungsantrag als Bedingungskontrollantrag zu verstehen, weil der Kläger rügt, die Bedingung sei nicht eingetreten"; BAG, Urteil vom 16.04.2003 - 7 AZR 119/02, beide juris; LAG Köln, Urteil vom 24.11.2006 - 4 Sa 863/06, BeckRS 2007, 41766, beck-online). Nach Auslegung liegt ein "punktueller" Antrag vor (siehe dazu noch unten bei der Klageerhebungsfrist).
Der vorstehenden Auslegung stehen schutzwürdige Interessen der Beklagten nicht entgegen, weil auch für sie jedenfalls ab Erhalt des Schriftsatzes vom 05.03.2021 erkennbar war, dass sich der Kläger gegen eine Beendigung aufgrund einer von ihm in Abrede gestellten Befristung bzw. auflösenden Bedingung wenden wollte.
II.
Mit dieser Auslegung sind Gründe, die zur Unzulässigkeit der Klage führen könnten, nicht erkennbar und nicht geltend gemacht.
Zwar ist der Antrag zu 3. ausgehend vom reinen Wortlaut als notwendige Vorprüfung im Antrag zu 1. enthalten, weil dieser mit Blick auf eine Beendigung durch die Kündigung erst im Jahr 2021 voraussetzt, dass über den 31.10.2020 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht. Mit der Auslegung als Antrag nach § 17 S. 1 TzBfG kommt dem Antrag zu 3. aber eine eigenständige Bedeutung zu, da der Antrag zu 1. als punktuell auf die Überprüfung der Kündigung beschränkter Antrag die Klageerhebungsfrist des § 17 S. 1 TzBfG nicht wahren könnte. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist daher für beide Anträge gegeben.
III.
Die Klage ist auch begründet, denn zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis, welches weder durch Befristung noch durch auflösende Bedingung noch durch ordentliche Kündigung beendet wurde.
1.
Mit der Vereinbarung vom 12.11.2018 haben die Parteien ihre vertraglichen Beziehungen auf eine neue Grundlage gestellt und dabei ein Arbeitsverhältnis geschlossen.
1.1.
Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger zuvor langjährig als Vorstand der Beklagten - möglicherweise - in einem freien Dienstverhältnis beschäftigt war. Nach der Präambel der Vereinbarung vom 12.11.2018 sollten die "bestehenden diversen Rechtsverhältnisse" geregelt werden. Für den Anstellungsvertrag als Vorstand wurde dabei in § 2 vereinbart, dass dieser "abgeändert" wird. Eine Abänderung war rechtlich allerdings nicht mehr möglich. Das (hier unterstellte) Dienstverhältnis vom 01.01.1992 war mit Ablauf des 28.02.2018 beendet. Der Kläger war am 08.02.2018 als Vorstandsvorsitzender der Beklagten abberufen worden. Nach § 7 Abs. 5 des als Anlage B1 vorgelegten Anstellungsvertrages, war die Bestellung als Vorstand widerruflich, die Abberufung beinhaltet zugleich die Kündigung des Vertrages zum gesetzlich nächstmöglichen Zeitpunkt. Das war ausgehend vom Vorliegen eines freien Dienstverhältnisses der letzte Tag des Monats Februar 2018 (kein Schaltjahr), § 620 Abs. 2 BGB i.V.m. § 621 Nr. 3 BGB. Sollte das Vorstandsvertragsverhältnis sich der Sache nach als Arbeitsverhältnis dargestellt haben, was offenbleiben kann, dürfte bei Zugang der schriftlichen Mitteilung über die Abberufung im Februar 2018 gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 7 BGB eine Kündigungsfrist von sieben Monaten bestanden haben. Dann wäre der Vertrag mit Ablauf des September 2018 beendet gewesen, also ebenfalls vor Abschluss der Vereinbarung vom 12.11.2018.
Die Parteien sind aber offensichtlich davon ausgegangen, dass ein Anstellungsverhältnis weiterbesteht, wenn dieses "abgeändert" werden sollte. Nach dem Willen der Parteien, wie er in der Vereinbarung vom 12.11.2018 seinen Ausdruck gefunden hat, sollte das Anstellungsverhältnis des Vertrages von 2002 weiter bestehen mit den am 12.11.2018 vereinbarten Änderungen. Diese beinhalten - ggfls. - einen Übergang von einem freien Dienstverhältnis in ein Arbeitsverhältnis.
1.2.
Letzteres ergibt sich allerdings noch nicht bindend aus dem Beschluss über die Eröffnung des Rechtsweges. Denn für letztere genügt die schlüssige Behauptung von Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "Arbeitgeber" und "Arbeitnehmer" im Sinne des § 2 ArbGG ausfüllen. Davon sind Ausgangs-und Beschwerdegericht im Streit über den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ausgegangen und haben diesen bejaht. Zur Begründung wurde auf den Inhalt der Vereinbarung vom 12.11.2018 abgestellt. Es handelt sich insoweit um doppelt relevante Tatsachen, da sowohl der Rechtsweg als auch die Anwendbarkeit der Arbeitnehmerschutzvorschriften, hier insbesondere des Kündigungsschutzgesetzes, des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und des Teilzeit- und Befristungsgesetzes vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses abhängen. Ist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses sowohl Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten als auch zwingende Voraussetzung für die Begründetheit des jeweiligen Klageantrags (sic-non-Fälle), reicht bei diesen doppelt relevanten Tatsachen die bloße Rechtsansicht des Klägers aus, wonach das Rechtsverhältnis ein Arbeitsverhältnis sei (vgl. dazu: BAG, Beschluss vom 03.12.2014 - 10 AZB 98/14, NZA 2015, 180; Beschluss vom 08.09.2015 - 9 AZB 21/15, NZA 2015, 1342). Es ist dann aber im Rahmen der Begründetheit - für die eine nur schlüssige Behauptung nicht ausreicht - erneut zu prüfen, ob ein Arbeitsverhältnis überhaupt gegeben ist.
1.3.
Das ist hier der Fall.
1.3.1.
Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist, § 611a Abs. 1 BGB (insoweit die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ins Gesetz übernehmend, vgl. z.B. BAG, Urteil vom 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - AP Nr. 16 zu § 611 BGB Arbeitnehmerähnlichkeit). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist daher derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (BAG, Urteil vom 20. Mai 2009, a.a.O.; BAG, Urteil vom 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - BAGE 115, 1). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt (vgl. BAG, Urteil vom 22. August 2001 -5 AZR 502/99 AP Nr. 109 zu § 611 BGB Anhängigkeit = EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 86). Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen.
1.3.2.
Unter Heranziehung dieser Maßstäbe hat der Kläger seine Arbeitnehmereigenschaft hinreichend dargelegt. Zwar hat er konkrete Weisungen bezüglich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit nicht vorgetragen. Es kann daher nur auf den Inhalt der Vereinbarung selbst abgestellt werden. Dort wurde eine monatliche Arbeitszeit von maximal 70 Stunden vereinbart bei einem pauschalen Entgelt i.H.v. 2.500 Euro brutto. Vereinbarungen zur Arbeitsaufgabe wurden schriftlich nicht getroffen. Insgesamt sollte der Kläger nur auf Anforderung bzw. Abruf durch die Beklagte arbeiten. Schon daraus ergibt sich die Weisungsgebundenheit, denn der Kläger konnte sich seine Arbeitszeit hinsichtlich Beginn, Dauer und Ende nicht frei einteilen und auch nicht über den Inhalt der dann zu verrichtenden Tätigkeit entscheiden.
Auf die von der Beklagten in diesem Zusammenhang in Abrede gestellte Eigenschaft des Vertragsverhältnisses als "Abrufarbeitsverhältnis" im Sinne des § 12 TzBfG kommt es nicht an. Die Frage, ob der Kläger nur für erbrachte Arbeit zu entlohnen war oder - wie tatsächlich - unabhängig von der konkreten Arbeitsleistung ein pauschales Entgelt zu erhalten hatte, spielt für die Einordnung als Arbeitsverhältnis keine Rolle. Von Bedeutung wäre es allerdings, wenn - wie von der Beklagten mehrfach behauptet - von Beginn an "klar war, dass der Kläger gar keine Arbeitsleistung mehr erbringen sollte". Nur dann nämlich wäre der Kläger gerade nicht zur Erbringung von Arbeitsleistung überhaupt und insbesondere nicht in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet gewesen. Zur Überzeugung des Gerichts steht aber fest, dass bei Abschluss des Vertrages beide Parteien sehr wohl davon ausgingen, dass der Kläger noch zu arbeiten hatte. Diese Überzeugung beruht auf der glaubwürdigen und glaubhaften Aussage des Zeugen A, wonach er den Vertrag vom 12.11.2018 im Falle, die Arbeitsleistung des Klägers wäre gar nicht mehr gefragt gewesen, keinesfalls abgeschlossen hätte. Diese Aussage ist nach der entsprechenden Frage der Vorsitzenden sehr spontan und überzeugend im Sinne von glaubwürdig aus dem Zeugen geradezu "herausgeplatzt". Sie ist glaubhaft, weil sie mit der vertraglichen Regelung korrespondiert - es ist dort nicht aufgenommen, dass der Kläger Geld erhält, ohne zu arbeiten, sondern das Gegenteil. Darüber hinaus hat der Zeuge auch bestätigt, dass der Kläger jedenfalls zu Beginn tatsächlich noch gearbeitet hat, wenn auch nach der Aussage des Zeugen zunehmend weniger.
2.
Das somit bestehende Arbeitsverhältnis wurde durch die Regelung in § 2 Satz 4 des Vertrages nicht beendet. Die Kammer hält daran fest, dass trotz der Angabe des Datums keine kalendermäßige Befristung, sondern eine auflösende Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB vereinbart wurde (2.1.). Der Kläger hat den Eintritt der Bedingung verhindert, indem er keinen Antrag auf Rente mit 63 gestellt hat (2.2.). Dies war jedoch nicht treuwidrig, weil sich die Beklagte ihrerseits nicht vertragstreu verhalten hat, sodass die Bedingung nicht gemäß § 162 Abs. 1 BGB als eingetreten gilt (2.3.). Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die einzelnen Regelungen untrennbar miteinander verknüpft waren, kommt es dabei nicht an. Schlussendlich kann sich der Kläger auf den Nichteintritt der Bedingung auch noch berufen, denn die Klageerhebungsfrist des § 17 Satz 1 TzBfG ist eingehalten (2.4).
2.1.
Die in einem Arbeitsvertrag für den Zeitpunkt der Vollendung eines bestimmten Lebensalters vorgesehene Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Ausspruch einer Kündigung ist zwar grundsätzlich keine auflösende Bedingung, sondern eine Höchstbefristung (BAG, Urteil vom 19.11.2003, NZA 2004, 1336; Urteil vom 18.6.2008, NZA 2008, 1302). Entscheidend für die Abgrenzung ist, ob die Vertragsparteien den Eintritt als gewiss oder ungewiss ansehen (vgl. BAG, Urteil vom 14.8.2002, NZA 2003, 1397). Das Erreichen einer Altersgrenze werden sie regelmäßig als gewiss beurteilen, so dass von einer Höchstbefristung des Arbeitsverhältnisses auszugehen ist (ErfK/Müller-Glöge, 22. Aufl. 2022, TzBfG § 14 Rn. 56a-60). Die vorliegende vertragliche Regelung knüpft aber ihrem Wortlaut nach nicht an das Erreichen eines bestimmten Lebensalters an, sondern nennt zunächst nur ein (falsches) Datum und stellt im Weiteren auf das Vorliegen eines Rentenbescheides ab ("spätestens wenn der Termin durch Rentenbescheid für die sogenannte Rente mit 63 festgelegt ist"). Die Bestimmung eines solchen Termins durch Bescheid setzt die Antragstellung des Klägers auf Bewilligung der Rente mit 63 zwingend voraus und hängt also davon ab. Der Eintritt ist somit ungewiss, sodass insoweit nicht von einer Höchstbefristung ausgegangen werden kann.
Die hier vorgenommene Kombination von (scheinbar) festem Datum, welches an den Termin anknüpft, zu dem der Kläger erstmals Rente mit 63 beanspruchen konnte (Eintritt gewiss, also Höchstbefristung) und kalendermäßig nicht im Vorhinein festgelegtem Termin für den Rentenbezug (Eintritt ungewiss, also auflösende Bedingung) bedarf der Auslegung, wie schon der Streit der Parteien über das richtige Verständnis der Regelung zeigt.
2.1.1.
Hinsichtlich der Auslegungsgrundsätze für Willenserklärungen wird auf die Ausführungen oben unter Ziffer I Nr. 1 verwiesen.
2.1.2.
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist zunächst festzustellen, dass mit dem Datum "1.7.2000" offensichtlich ein Schreibfehler vorliegt und stattdessen der 1.7.2020 gemeint war. Weiter ist anzunehmen, dass die Parteien tatsächlich den Ablauf des Tages 30.06.2020 im Blick hatten.
2.1.2.1.
Das tatsächlich aufgenommene Datum "01.07.2000" liegt ausgehend vom Vertragsschluss im Jahr 2018 in der Vergangenheit und war nicht gemeint. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass ein Schreibfehler vorliegt. Die Parteien machen hierzu letztlich nichts anderes geltend. Streit besteht nur insoweit, als die Parteien von unterschiedlichen "richtigen" Datumsangaben ausgehen.
2.1.2.2.
Nachvollziehbar macht die Beklagte zuletzt geltend, es habe das Datum aufgenommen werden sollen, zu welchem der Kläger frühestens Rente mit 63 in Anspruch nehmen konnte.
Aus dem Wortlaut des zweiten Halbsatzes ergibt sich bereits, dass die Parteien grundsätzlich auf die Rente mit 63 abstellen wollten. Diese war für den im Jahr 1956 geborenen Kläger nach § 236b SGB VI mit 63 Jahren und 8 Monaten erstmals erreichbar, d.h. 12.10.2019 + 8 Monate = 12.06.2020. Die Rente wird gemäß § 99 Abs. 1 SGB VI von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Parteien haben hier erkennbar auf diesen Zeitpunkt abstellen wollen. Zeitgleich sollte das Arbeitsverhältnis (frühestens) enden. Das Arbeitsverhältnis sollte also mit Ablauf des 30.6.2020, 24.00 Uhr (frühestens) enden. Der Kläger bringt nichts Plausibles vor, was erkennen ließe, dass ein anderes Datum gemeint gewesen sei. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, dass hier anknüpfend an das Regelrentenalter der 1.7.2022 hätte aufgenommen werden sollen. Gemäß § 235 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie 1. die Regelaltersgrenze erreicht und 2. die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Von letzterem sind die Parteien offenbar ausgegangen. Die Regelaltersgrenze erreichen Versicherte, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, gemäß § 235 Abs. 2 SGB VI mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Regelaltersgrenze wie folgt angehoben:
Für den am ...1956 geborenen Kläger tritt das Regelrentenalter somit am 12.8.2022 ein: ...2021 (= 65 Jahre) + 10 Monate. Das nach dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers "richtige" Datum "1.7.2022" liegt also vor demjenigen des Eintritts des Regelrentenalters und ist daher - im Unterschied zu dem an die Rente mit 63 anknüpfenden Datum 1.7.2020 (bzw. 30.6.2020) - nicht schlüssig. Darüber hinaus hat der im Termin der zweiten mündlichen Verhandlung persönlich angehörte Kläger nicht dazu ausgeführt, dass das Regelrentenalter gemeint gewesen sei. Vielmehr ist auch er von der Rente mit 63 ausgegangen (siehe dazu noch unten). Ebenfalls zu Recht geht das Arbeitsgericht davon aus, dass mit der Formulierung "am 01.7.2000" tatsächlich der Ablauf des 30.6.2020 gemeint war. Die Parteien wollten hier einen nahtlosen Übergang vom Arbeitsverhältnis in die Rente, keine Überschneidung um einen Tag.
2.1.3.
Trotz der Angabe des als gewollt anzunehmenden Datums "1.7.2020" (bzw. 30.6.2020) haben die Parteien keine kalendermäßige Befristung, sondern nur eine auflösende Bedingung vereinbart. Danach sollte das Arbeitsverhältnis enden, sobald eine Bewilligung der Rente mit 63 gegeben war, wobei das Ende an den tatsächlichen Rentenbeginn anknüpfen sollte. Dieses Verständnis des § 2 Satz 4 der Vereinbarung vom 12.11.2018 ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
2.1.3.1.
Nach dem Wortlaut des ersten Halbsatzes "endet" das Arbeitsverhältnis mit dem angegebenen Datum "automatisch". Würde diese Regelung für sich stehen, wäre eine kalendermäßige Befristung vereinbart, unabhängig vom tatsächlichen Rentenbezug. "Automatisch" meint in diesem Zusammenhang, dass eine Kündigung nicht ausgesprochen werden muss, sondern das Arbeitsverhältnis ohne weitere Beendigungserklärungen endet. Dies entspricht dem klassischen Fall der Befristung. Im Widerspruch zu dieser Regelung bestimmt der zweite Halbsatz, dass das Arbeitsverhältnis davon abweichend "spätestens" endet, wenn der Termin der Rente mit 63 durch Rentenbescheid festgelegt ist. Hierin kann die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung liegen. Es kann aber auch - wie von der Beklagten geltend gemacht - lediglich gemeint sein, dass für die kalendermäßige Befristung das kalendarische Datum auf einen unbestimmten, aber im Verlauf feststellbaren Tag nach hinten verschoben werden sollte, nämlich dann, wenn ein Rentenbescheid ein späteres Datum angibt. Letzteres hätte zur Folge, dass es ohne einen Rentenantrag beim automatischen Ende mit Ablauf des 30.6.2020 bliebe.
Die Vereinbarung bedarf daher der Auslegung.
2.1.3.2.
Zu den Auslegungsmaßstäben wird erneut auf oben, Ziffer I. Nr. 1, verwiesen. Hervorzuheben ist, dass der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen ist, wie er der wohlverstandenen Interessenlage beider Parteien im Sinne einer "nach beiden Seiten interessengerechte Beurteilung" entspricht. Letzteres ist allerdings nicht unumstritten (vgl. MüKoBGB/Busche, 9. Aufl. 2021, BGB § 133 unter Hinweis auf Flume BGB AT II § 16, 3e.). Die Kritik gründet u.a. darauf, dass eine solche Auslegung in den vielen Fällen scheitert, in denen ein potenzielles Auslegungsresultat dem Interesse der einen Seite, ein anderes dem der anderen Seite entgegenkäme, ohne dass ein Mittelweg ersichtlich wäre. Keinesfalls darf der Richter mit Hilfe dieser Auslegungsmaxime den Parteiwillen durch sein eigenes Verständnis ersetzen. Ebenso verbietet sich regelmäßig eine Auslegung gegen den Wortlaut abgegebener Erklärungen. Die Formel von der interessengerechten Auslegung darf insoweit nicht im Sinne einer objektiv-teleologischen Auslegung verstanden werden. Es geht vielmehr um eine subjektiv-teleologische Sinnermittlung. Zu ermitteln ist der Einfluss, den das Interesse der Parteien auf den objektiven Erklärungswert ihrer Äußerungen im Zeitpunkt der Abgabe hatte (MüKoBGB/Busche, 9. Aufl. 2021, BGB § 133 Rn. 72).
2.1.3.3.
Unter Heranziehung dieser Maßstäbe ist die Vereinbarung der automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses an die Bedingung geknüpft, dass der Kläger die Rente mit 63 auch tatsächlich bezieht. Dem steht die Auffassung des Arbeitsgerichts nicht entgegen, wonach für den Fall einer kalendermäßigen Befristung, kombiniert mit einer auflösenden Bedingung dahingehend, dass ein späterer Rentenbescheid das Arbeitsverhältnis auch erst später auflösen sollte, die Formulierung "frühestens" zu erwarten gewesen wäre. Die Verwendung des Adverbs "frühestens" würde nämlich beinhalten, dass das Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen auch später (als mit dem Termin für den Bezug der Rente) hätte enden können. Es ist aber nicht erkennbar und vom Arbeitsgericht auch nicht ausgeführt, welche anderen Gründe dies hätten sein können. Der in diesem Zusammenhang dargelegten Ansicht des Arbeitsgerichts, wonach die Parteien eine Höchstbefristung vereinbart haben, kombiniert mit einer auflösenden Bedingung für den Fall, dass der Rentenbescheid vor dem 30.6.2020 ergangen wäre oder Rente bereits vor diesem Datum sogar gezahlt worden wäre, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Diese Ansicht steht im Widerspruch dazu, dass beide Parteien jedenfalls vom gesetzlich frühestmöglichen Zeitpunkt des Rentenbezugs der Rente mit 63 ausgegangen sind (siehe dazu schon oben) und diesen auch richtig berechnet haben. Die Parteien konnten also aufgrund der gesetzlichen Regelung nicht davon ausgehen, dass ein Rentenbescheid vor dem 30.6.2022 zur Beendigung hätte führen können und tatsächlich sind sie auch nicht davon ausgegangen.
Das wird durch die Angaben sowohl des Zeugen als auch des persönlich angehörten Klägers selbst bestätigt.
Der Zeuge A hat diesbezüglich angegeben, dass vereinbart war, "dass der B eine Tätigkeit übernimmt bis zum 30.06. Damit sollte die Möglichkeit gewahrt werden, dass er vorzeitig in Rente gehen kann und er wollte das auch." Der Zeuge ist also bei Vertragsschluss davon ausgegangen, dass ein Antrag auf Rente mit 63 tatsächlich gestellt werden wird. Die Möglichkeit, dass er nicht gestellt werde, wurde gar nicht in Betracht gezogen und ist damit nicht Teil der Willensbildung hin zu einer kalendermäßigen Befristung ohne Rücksicht auf den Rentenbezug. Der Aussage lässt sich entnehmen, dass für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich war, dass der Kläger vorzeitig in Rente gehen kann und dies auch tut. Der Zeuge hat dann weiter ausgesagt: "Die Beiden haben das damals ausgerechnet, dass dann auch der Anspruch bestand. Für mich war damals klar, dass das dann das Ende war, weil keine Verwendung mehr bestand und so hat es sich ja dann auch entwickelt."
Dieser Aussage lässt sich erneut entnehmen, dass eine Beendigung nicht unabhängig von der Rente mit 63 erfolgen sollte. Vielmehr war den Parteien wichtig, dass der Kläger einen Anspruch auf diese hat, um sie dann auch wirklich zu erhalten. Der vom Kläger geltend gemachte Hintergrund seiner wirtschaftlichen Absicherung durch die Rente spricht ebenfalls dafür, dass es auf den tatsächlichen Erhalt ankommen sollte. Dies wird zusätzlich sogar durch die Auffassung der Beklagten gestützt, wonach nur das kalendarische Datum hinausgeschoben werden sollte, wenn der Termin für die Rente später liegen sollte. Denn auch dies lässt erkennen, dass es den Parteien auf die wirtschaftliche Absicherung des Klägers (im Sinne von Rente anstelle des Arbeitsentgelts) ankam. Der Zeuge A hat widerspruchsfrei ausgesagt und dabei im Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit nach dem 12.11.2018 insofern für die Beklagte nachteilige Angaben gemacht, als diese sich im Verfahren darauf stützt, dass von Beginn an keine Arbeitstätigkeit des Klägers habe abgerufen werden sollen. Hierzu hat nämlich der Zeuge ausgesagt, dass dies keineswegs so gewesen sei, anderenfalls er die Vereinbarung gar nicht geschlossen haben würde. Vielmehr habe der Kläger - wenn auch zunehmend weniger und zuletzt gar nicht mehr - gearbeitet. Obwohl der Zeuge als eher im Lager der Beklagten stehend angesehen werden kann, ist eine Belastungstendenz dem Kläger gegenüber daher nicht erkennbar.
Der persönlich angehörte Kläger hat dazu passend ausgeführt:
"Ich habe das alles so verstanden, dass alles zusammenhängt. Wenn ich in Rente gehen soll, muss dies finanziell auch möglich sein. ... Es war so, dass ich davon ausgegangen bin, dass ich mit 63 in Rente gehen kann, wenn das Andere alles so abgearbeitet wird, wie es vereinbart war."
Auch der Kläger hat damit den tatsächlichen Rentenbezug in seine Willensbildung aufgenommen. Für beide Parteien kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Beendigung unabhängig davon jedenfalls eintreten sollte. Nach Auffassung der Kammer differenziert die Beklagte hier nicht sauber genug danach, ob eine kalendermäßige Befristung vorliegt (völlig unabhängig davon, ob Rente beantragt wird) oder eine auflösende Bedingung, deren Eintritt der Kläger herbeizuführen verpflichtet war. Dies wird zum Beispiel deutlich anhand der folgenden Ausführungen im Schriftsatz vom 12.5.2023:
"Der Kläger bekommt 2.500,00 EUR auch ohne Arbeitsleistung, bis er abschlagsfrei in Rente gehen kann. Das ist mit Ablauf des 30. Juni 2020 der Fall. Zu seinem Schutz ist noch die Bedingung enthalten, dass die Vergütung auch etwas länger gewährt wird, "wenn der Termin durch Rentenbescheid für die sogenannte Rente mit 63 festgelegt ist". Allein schon die Verwendung des Wortes "Rentenbescheid" als Bedingung macht deutlich, dass der Kläger einen solchen zu beantragen hat. Beantragt er den Bescheid nicht, bleibt es bei der Befristung zum 30. Juni 2020. Er kann sich nach § 162 Abs. 2 BGB nicht auf den Nichteintritt der Bedingung berufen, wenn er gar keinen Rentenbescheid beantragt hat. Die Befristung geht der Bedingung vor, wenn der Kläger die Ursache für die Bedingung nicht setzt. Käme es auf den Eintritt in den Ruhestand an, wäre die Befristung überflüssig und damit die Regelung insgesamt widersprüchlich. Eine solche Auslegung ist deshalb nach der oben genannten allgemeinen Auslegungsregel der widerspruchsfreien Auslegung zu vermeiden."
Diese Ausführungen vermengen die bedingungsunabhängige Befristung mit der auflösenden Bedingung, die der Kläger herbeizuführen hat. Bei letzterer tritt das Ende kalendermäßig zum 30.6.2020 nicht deswegen ein, weil die Bedingung plötzlich entfiele und die Regelung zur Befristung wird, sondern weil der Kläger - wie die Beklagte selbst richtig schlussfolgert - es treuwidrig unterlassen hat, deren Eintritt herbeizuführen (wie hier allerdings nicht, dazu noch unten). Mit der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung bleibt - entgegen der Ansicht der Beklagten im Schriftsatz vom 5.6.2023 - dem Kläger nicht grundsätzlich überlassen, das Arbeitsverhältnis zu beenden oder nicht zu beenden. Das ergibt sich aus der von der Beklagten selbst angeführten Regelung des § 162 Abs. 1 BGB. Es ist daher nicht erkennbar, wieso die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung "tatsächlicher, vorzeitiger Renteneintritt" den Interessen der Beklagten widersprechen sollte, solange der Kläger nach den Abreden zugleich verpflichtet war, diese Bedingung herbeizuführen. Davon geht die Kammer aus. Die Beklagte nimmt vielmehr - ausgehend von einer reinen Befristung - für sich die ihr günstigste Variante in Anspruch und übersieht dabei, dass auch die Interessenlage des Klägers zu berücksichtigen ist, wie er sie als Grundlage seiner Willensbildung im Verfahren auch geltend macht. Für ihn wäre eine Auslegung dahingehend am günstigsten, dass eine auflösende Bedingung vereinbart wurde, deren Herbeiführung er nicht schuldete. Die von der Kammer hier angenommene Auslegung ist der Mittelweg, der den Einfluss dieser beiden gegenläufigen Interessen auf die Willensbildung berücksichtigt.
Die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 25.11.2022 veranlassen keine andere Beurteilung. Soweit dort geltend gemacht wurde, es habe bereits bei Abschluss der Vereinbarung vom 12.11.2018 festgestanden, dass die Beklagte keine Arbeitsleistung des Klägers abrufen werde und dieser dennoch die volle Vergütung von 2.500,00 EUR erhalten sollte, wurde dies durch den Zeugen A nicht bestätigt. Des Weiteren zeigen auch die dortigen Ausführungen, dass die Beklagte nicht sauber genug unterscheidet nach reiner Befristung und auflösender Bedingung:
"Ebenso stand zwischen den Parteien auch fest, dass der Kläger die Vergütung von 2.500,00 EUR (brutto) ohne Arbeitsleistung nicht mehr erhalten soll, sobald er mit Erreichen des 63. Lebensjahres eine abschlagsfreie Altersrente beziehen kann. Aus diesem Grund haben die Parteien das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2020 befristet."
Dieser Schluss ist gerade nicht zwingend. Es ist ebenso möglich und hier anzunehmen, dass die Parteien eine auflösende Bedingung vereinbarten, zu deren Herbeiführung der Kläger grundsätzlich verpflichtet war. Davon geht die Beklagte letztlich selbst aus, indem sie im genannten Schriftsatz weiter ausführt:
"Der Kläger war nach § 2 der Vereinbarung deshalb in seinem eigenen Interesse auch verpflichtet, einen Antrag auf Rente mit 63 tatsächlich zu stellen. Stellt er diesen Antrag nicht, dann kann er sich nicht darauf berufen, dass der Rentenbezug als Bedingung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht eingetreten ist. Hier gilt schlicht § 162 Abs. 2 BGB."
Soweit geltend gemacht wird, bei der Auslegung der Vereinbarung als einheitliche Regelung einer auflösenden Bedingung ergebe die Befristung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Sinn, kann dem nicht gefolgt werden. Wie oben ausgeführt, kann die Kombination von Datum und Vorliegen eines Rentenbescheides in zwei verschiedenen Varianten sinnhaft verstanden werden. Widersprüchlich zur eigenen Auffassung macht die beklagte Partei zudem selbst geltend, die Parteien hätten einen nahtlosen Übergang vom Arbeitsverhältnis in den Rentenbezug gewollt. Dieser Wille spricht gerade für die von der Kammer angenommene Auslegung dahin, dass das Arbeitsverhältnis erst mit tatsächlichem Rentenbezug enden sollte, der Kläger aber verpflichtet war, diesen auch herbeizuführen.
Schlussendlich ist die Argumentation unbehelflich, wonach gegen die Annahme einer Bedingung der Umstand spreche, dass wegen §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG das Arbeitsverhältnis frühestens zwei Wochen nach der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts endet und der Arbeitgeber keine Kenntnis davon habe, ob und wann der Arbeitnehmer einen Rentenantrag stellt und wann ein Rentenbescheid erlassen wird. Dies ist in den Fällen, in denen Arbeitsverhältnisse eine Beendigung an den tatsächlichen Rentenbezug knüpfen, immer so. Dem Arbeitnehmer obliegt es dann als Nebenpflicht, die Rentengewährung mitzuteilen. Verletzt er diese Pflicht, kann er sich auf die fehlende Mitteilung des Arbeitgebers bzgl. des Bedingungseintritts nicht berufen, § 242 BGB.
2.2.
Der Kläger hat den Eintritt der Bedingung verhindert, indem ein Antrag für die Gewährung von Rente mit 63 von ihm nicht gestellt wurde. Das ist unstreitig.
2.3.
Diese Verhinderung des Bedingungseintritts ist aber nicht treuwidrig, sodass die Rechtsfolge des § 162 Abs. 1 TzBfG nicht eintritt.
2.3.1.
Nach dieser Vorschrift gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn die Partei, zu deren Nachteil der Bedingungseintritt gereichen würde, letzteren wider Treu und Glauben verhindert. Die Regelung ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf (BAG, Urteil vom 12.12.2007 -10 AZR 97/07, juris). Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte. Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen. Ein Verschulden im technischen Sinn ist zwar keine Voraussetzung für eine Treuwidrigkeit, jedoch bei der Gesamtabwägung zu bewerten. Maßgebend zu berücksichtigen sind weiter die vertragliche Risikozuordnung, sowie die Grundrechte als Ausdruck der objektiven Werteordnung (BAG, Urteil vom 23.09.2014 -9 AZR 827/12 - Rn. 32, mwN, juris; zitiert nach Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5.4.2022 - 6 Sa 378/21 -, Rn. 150, juris).
2.3.2.
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Bedingungseintritt gereicht dem Kläger zwar zum Nachteil. Sein fehlender Antrag auf Gewährung der Rente mit 63 beruht aber nicht auf Treuwidrigkeit. Sie ist vielmehr Folge der eigenen Vertragsuntreue der Beklagten.
2.3.2.1.
Grundsätzlich soll, wer selbst nicht vertragstreu ist, aus der Vertragsverletzung des Gegners keine Rechte herleiten können; vgl. z.B. im Vertragsrecht den tu-quoque-Einwand, der die Berufung auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrags bei mangelnder eigener Vertragstreue ausschließt oder auch den Einwand eigener Vertragsuntreue des Zurücktretenden begründet (danach ist es treuwidrig, wenn der Rücktrittsberechtigte die Leistung der anderen Vertragspartei verlangt, ohne zugleich den eigenen Verpflichtungen nachzukommen; vgl. BGH, NJW 1999, 352, zitiert nach OLG Nürnberg, Endurteil vom 26.7.2017 - 2 U 17/17, NJW-RR 2017, 1263, beck-online). Nach Ansicht der Kammer kann daher die eigene Vertragsuntreue desjenigen, der auf den Eintritt der Bedingung keinen Einfluss hat, die gemäß § 162 Abs. 1 BGB erforderliche Treuwidrigkeit der Verhinderung des Eintritts durch den anderen entfallen lassen.
2.3.2.2.
Davon ist hier auszugehen. Die Beklagte ist unstreitig ihrer Verpflichtung zur Rückführung des Darlehensbetrags zum 31.12.2018 nicht nachgekommen. Ebenfalls unstreitig hat der Kläger daher drei Mahnschreiben an die Beklagte verfasst und zwar am 18.06.2019, am 29.12.2019 und am 07.03.2020. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.12.2020 hat die Beklagte die Aufrechnung mit behaupteten Schadenersatzansprüchen erklärt. Es kann offenbleiben, ob dies berechtigt erfolgte. Zwar hätte die wirksame Aufrechnung gemäß § 389 BGB im Ergebnis dieselbe Wirkung wie eine Erfüllung durch Zahlung gemäß § 362 Abs. 1 BGB, sodass eine Vertragsuntreue der Beklagten nicht angenommen werden könnte. Es ist für die Beurteilung der Treuwidrigkeit des klägerischen Verhaltens aber auf den Zeitraum abzustellen, zu welchem er nach den Vorstellungen der Parteien den Antrag auf Rente mit 63 zu stellen hatte, hier also auf die erste Jahreshälfte 2020. Zu dieser Zeit war die Aufrechnung noch nicht erklärt.
Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die einzelnen vertraglichen Regelungen der Vereinbarung vom 12.11.2018 derart miteinander verknüpft waren, dass die Verpflichtungen des Klägers (im Sinne eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage) ganz entfallen sollten, wenn die Beklagte ihren eigenen Verpflichtungen nicht nachkommt, kann ebenfalls offenbleiben. Da die Nichterfüllung ihrer Verpflichtungen durch die Beklagte aus vorstehend ausgeführten rechtlichen Gründen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entgegensteht, kommt es nicht mehr darauf an, ob sich dieses Ergebnis auch aus vertraglichen Gründen ergeben würde. Entgegen der Ansicht der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 5.6.2023, spielt es daher keine Rolle, dass der Zeuge A auf Nachfrage des Gerichts angab, die Rückzahlung der Darlehen sei nicht Voraussetzung für die Rente mit 63 gewesen. Weiterhin spielt es keine Rolle, ob der Kläger auf die Einhaltung der Vereinbarung durch die Beklagte zur "wirtschaftlichen Ertüchtigung" angewiesen war und deshalb die Erfüllung ihrerseits eine vertragliche vereinbarte Bedingung für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses war.
2.4
Der Kläger kann die fehlende Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Bedingung auch noch geltend machen. Er war insbesondere nicht gehalten, binnen 3 Wochen nach dem "01.07.2000" oder einem späteren, kalendermäßig bestimmten Datum Klage zu erheben auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die auflösende Bedingung nicht beendet sei.
2.4.1.
Dies ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass das Arbeitsverhältnis über den 30.6.2020 fortgesetzt wurde mit der Folge, dass nach § 17 Satz 3 TzBfG eine Beendigungsmitteilung durch die Beklagte erforderlich geworden wäre. Die reine Entgeltzahlung über den 30.6.2020 hinaus stellt keine Fortsetzung im Sinne des § 15 Abs. 5 a.F., Abs. 6 n.F TzBfG dar. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Arbeitnehmer die vertragsgemäßen Dienste tatsächlich erbringt (vgl. BAG, Urteil vom 2.12.1998, AP BGB § 625 Nr. 8; Urteil vom 28.9.2016, NZA 2017, 55). Zu einer Arbeitsleistung auch in der Zeit nach dem 30.6.2020 hat der Kläger keine substantiierten Tatsachen vorgetragen.
2.4.2.
Gemäß § 21 TzBfG finden auf auflösend bedingte Arbeitsverträge u.a. die Vorschriften des § 15 Abs. 2, 3 und 5 sowie der §§ 16 bis 20 TzBfG entsprechende Anwendung. Nach § 17 Satz 2 TzBfG entsprechend i.V.m. § 7 KSchG gilt die auflösende Bedingung als wirksam, wenn ihre Rechtsunwirksamkeit nicht rechtzeitig geltend gemacht worden ist. Entsprechend § 17 Satz 1 TzBfG muss der Arbeitnehmer also, wenn er die Unwirksamkeit einer auflösenden Bedingung geltend machen will, innerhalb von 3 Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Bedingung nicht beendet ist. Gleiches gilt für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Nichteintritt der Bedingung geltend machen will (BAG, Urteil vom 6.4.2011, NJW 2011, 2748, zitiert nach ErfK/Müller-Glöge, 22. Aufl. 2022, TzBfG § 17 Rn. 15b). In diesem Fall beginnt die Drei-Wochen-Frist mit dem vom Arbeitgeber in der nach § 15 Abs. 2 TzBfG erforderlichen schriftlichen Erklärung angegebenen Zeitpunkt zu laufen (BAG, Urteil vom 11.12.2019, NZA 2020, 800). Geht dem Arbeitnehmer die schriftliche Erklärung des Arbeitgebers nach dem genannten Zeitpunkt zu, beginnt die Drei-Wochen-Frist mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung (BAG, Urteil vom 6.4.2011, a.a.O, zitiert nach ErfK/Müller-Glöge, 22. Aufl. 2022, TzBfG § 17 Rn. 7). Die Unterrichtung hat den Tag des (voraussichtlichen) Bedingungseintritts genau anzugeben (MüKoBGB/Hesse, § 17 TzBfG Rn. 14).
2.4.3.
Die Beklagte hat zu einer entsprechenden Mitteilung zeitnah zum 30.6.2020 nicht vorgetragen. Der Kläger hatte daher keine Veranlassung, vor Zugang des Schreibens der [KRANKENKASSE] von einer Beendigung auszugehen, zumal unstreitig die Beklagte bis Oktober 2020 das Arbeitsentgelt weitergezahlt hat. Das Schreiben der [KRANKENKASSE] stellt ebenfalls keine Mitteilung des Arbeitgebers im Sinne des § 15 Abs. 2 TzBfG dar. Zwar kann sich der Arbeitgeber zur Mitteilung eines Vertreters bedienen (BAG, Urteil vom 20.6.2018, NZA 2019, 331), eine Mitteilung durch einen Dritten reicht aber nicht (ErfK/Müller-Glöge, a.a.O., TzBfG § 15 Rn. 2). Die [KRANKENKASSE] hat hier nicht in Vertretung der Beklagten gehandelt, sondern in eigener Sache informiert. Es kann offenbleiben, ob die Beklagte - wie von ihr mit Schriftsatz vom 25.11.2022, dort Seite 3 (Bl. 57 EA) geltend gemacht - den Kläger bereits mit Schreiben vom 23.12.2020 über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.10.2019 hinreichend informiert hat oder ob - wie bis zum Eingang dieses Schriftsatzes vom Gericht in den Hinweisen angenommen - eine entsprechende Erklärung erst im Schriftsatz vom 5.3.2021, dort Seite 3 (Bl. 32 PA) enthalten war. Denn in beiden Fällen wurde die Klageerhebungsfrist durch Zustellung der Klageschrift am 6.1.2021 gewahrt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
2.4.3.1.
Das Schreiben vom 23.12.2020 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach unbestrittenem Vortrag der Beklagten per Fax am selben Tag um 18:52 Uhr erhalten. Die dreiwöchige Frist zur Erhebung der Klage im Sinne des § 17 Satz 1 i.V.m. § 15 Abs. 2 TzBfG würde also gemäß § 187 Abs. 1 BGB am 24.12.2020, 0.00 Uhr beginnen und gemäß § 188 Abs. 2 BGB am 13.01.2021, 24.00 Uhr, enden. Erhebung der Klage bedeutet nach § 253 Abs. 1 ZPO die Zustellung der Klageschrift beim Gegner. Hier wurde die Klage am 6.1.2021 binnen somit offener Frist zugestellt.
2.4.3.2.
Würde man das Schreiben vom 23.12.2020 mit Blick auf die Beendigungserklärung als nicht ausreichend ansehen, wäre auf den Schriftsatz vom 5.3.2021 abzustellen. Mit diesem macht die Beklagte geltend, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung im Vertrag vom 12.11.2018 spätestens mit Ablauf des Monats Oktober 2019 geendet habe (Bl. 31/32 PA). Der Schriftsatz wurde an den Klägervertreter am 8.3.2021 abgefertigt und ist ihm nach eigener Angabe im Termin der ersten mündlichen Verhandlung zweiter Instanz an diesem Tag auch zugegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die Klage in Form eines Antrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zwischen den Parteien rechtshängig, siehe unter 2.4.3.1., sodass die Frist gewahrt ist.
2.4.3.3.
Der ursprüngliche Klageantrag zu 1. war geeignet, die Klageerhebungsfrist zu wahren. Er lautete:
"Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.10.2020 hinaus fortbesteht."
Der Antrag setzt sich der Formulierung nach also aus zwei Teilen zusammen. Teil eins wäre mit der Formulierung "nicht beendet wurde" als Antrag nach § 17 Satz 1 TzBfG zwar grundsätzlich statthaft, im hier vorliegenden Fall aber jedenfalls bis zum Eingang des Schriftsatzes vom 05.02.2021 unbestimmt, weil die konkret angegriffene Befristungsregelung weder im Antrag noch in der - heranzuziehenden - Klagebegründung genannt wurde. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss der Streitgegenstand so konkret umschrieben werden, dass der Umfang der Rechtskraftwirkung für die Parteien nicht zweifelhaft ist (BAG, NZA 2016, 1555 = AP BetrVG 1972 § 34 Nr. 3 Rn. 13 mwN). Bei einer Befristungskontrollklage sollte zwar das Datum der Befristungsabrede neben dem streitbefangenen Beendigungstermin im Klageantrag bezeichnet werden, um die notwendige Bestimmtheit eindeutig zu gewährleisten. Es genügt aber, wenn sich der Vertrag, der die angegriffene Befristung enthält, im Wege der Auslegung aus dem weiteren Klagevorbringen ergibt (vgl. BAG, Urteil vom 23. Januar 2019 - 7 AZR 733/16 -, BAGE 165, 116-131, Rn. 9, juris).
Das Beendigungsdatum findet sich hier jedenfalls im zweiten Teil des Antrags zu 1. Es lautet auf den 31.10.2020, weil die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt das Entgelt gezahlt hat. Der Kläger konnte daher davon ausgehen, dass sich die Beklagte im Verfahren auf den Standpunkt stellen würde, dass Arbeitsverhältnis habe mit Ablauf des Oktober 2020 geendet. Das Datum der Befristungsabrede lässt sich dem Antrag dagegen nicht entnehmen und dem Gericht war zunächst der Rückgriff auf § 2 der Vereinbarung vom 12.11.2018 verwehrt. Denn der Kläger hat in der Klageschrift ausdrücklich geltend gemacht, dass ihm Beendigungsgründe nicht bekannt seien. Er habe keine Kündigung erhalten und es seien auch sonst keine Umstände eingetreten, die das Arbeitsverhältnis beendet hätten. Der Klagebegründung kann daher nicht entnommen werden, dass sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Bedingungseintritt wenden will. Da er vielmehr sogar ausdrücklich keinen Beendigungstatbestand als Streitgegenstand einführt, kann von einer eigentlich gewollten Entfristungsklage nicht mehr ausgegangen werden. Ohne Änderung des Antrags hat der Kläger dann aber mit Schriftsatz vom 05.02.2021 unter Bezugnahme auf die Vereinbarung vom 12.11.2018 geltend gemacht, dass das Arbeitsverhältnis mit seinem Eintritt in den Rentenstand beendet werden sollte, eine Verrentung mit 63 jedoch nicht erfolgte. Mit diesem Vorbringen war der erste Teil des Antrags aus der Klageschrift als Antrag nach § 17 Satz 1 TzBfG hinreichend bestimmt, gerichtet auf die Feststellung der Nichtbeendigung durch die auflösende Bedingung in der Vereinbarung vom 12.11.20218. Eine Auslegung des ersten Teils des ursprünglich angekündigten Antrags zu 1. als Befristungskontrollantrag war damit möglich und geboten.
Zusätzlich war auch der zweite Teil des Antrags zu 1. geeignet, die Klageerhebungsfrist zu wahren. Es handelt sich dabei nämlich nach der Klagebegründung um einen allgemeinen Feststellungsantrag dahingehend, dass das Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz festgestellt werden soll.
Der Arbeitnehmer kann neben der Klage nach § 4 KSchG bzw. § 17 TzBfG die allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO erheben. Von einer solchen Klage werden weitere Kündigungen erfasst, die der Arbeitgeber im streitbefangenen Zeitraum ausspricht, und zwar unabhängig davon, wann sie in den Prozess eingeführt werden (vgl. schon BAG, Urteil vom 21. Januar 1988 - 2 AZR 581/86 -, BAGE 57, 231-242, juris). Da die Formel "sondern fortbesteht" oft floskelhaft verwendet wird, muss eindeutig erkennbar sein, dass der Arbeitnehmer nicht nur eine Klage nach § 4 KSchG, sondern auch eine solche nach § 256 ZPO erheben will (BAG, Urteil vom 16. März 1994 - 8 AZR 97/93 -, BAGE 76, 148-155, juris).
Vorliegend hat der Kläger ausdrücklich erklärt, eine "selbständige allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO" anbringen zu wollen und zur Begründung ausführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte im Verlauf des Verfahrens eine Kündigung ausspricht. Gegen solche weiteren Beendigungstatbestände wollte er sich wenden, sodass eine selbständige Feststellungsklage vorliegt. Mit Urteil vom 26.9.2013 (Az. 2 AZR 682/12, NZA 2014, 443, beck-online) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Arbeitnehmer, der binnen drei Wochen nach Zugang einer Kündigung eine allgemeine Feststellungsklage im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO erhebt, mit der er den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend macht und die Wirksamkeit jeglichen potenziellen Auflösungstatbestands in Abrede stellt, die Frist des § 4 S. 1 KSchG jedenfalls dann wahrt, wenn er die fragliche Kündigung noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz - nunmehr konkret bezeichnet - in den Prozess einführt und auf sie bezogen einen punktuellen Kündigungsschutzantrag stellt.
Der hier vorliegende allgemeine Feststellungsantrag kann jedenfalls nach Eingang des Schriftsatzes des Klägers vom 5.2.2021 dahin ausgelegt werden, dass der Kläger einen Antrag nach § 17 Satz 1 TzBfG anbringen will (siehe zur Möglichkeit, den allgemeinen Feststellungantrag entsprechend auszulegen, bereits oben unter Ziffer I, Nr. 2). Mit dieser Auslegung wurde der allgemeine Feststellungsantrag zum Antrag nach § 17 Satz 1 TzBfG und also punktuell auf die Beendigungsabrede in § 2 der Vereinbarung vom 12.11.2018 gerichtet. Das Erfordernis der fristgebundenen Klage schützt die Interessen des Arbeitgebers und des Rechtsverkehrs an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (BAG, Urteil vom 6.4.2011 - 7 AZR 704/09; NJW 2011, 2748, beck-online). Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger von Beginn an zum Ausdruck gebracht, sich gegen jedweden Beendigungstatbestand richten zu wollen.
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend macht, das Bundesarbeitsgericht fordere jedenfalls bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz einen auch dem Wortlaut nach punktualisierten Antrag, scheint dies auf den ersten Blick zutreffend (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 24.5.2018 - 2 AZR 67/18, BAGE 163, 24-35; NZA 2018, 1127 Rn. 34; juris). Gleichwohl ist die Kammer der Auffassung, dass eine entsprechende Formulierung des Klageantrags entbehrlich war. Diese Auffassung folgt aus der Tatsache, dass das Bundesarbeitsgericht in anderen Entscheidungen (oben zitiert) den allgemeinen Feststellungsantrag für ausreichend hält, wenn er der Auslegung als Antrag nach § 17 Satz 1 TzBfG zugänglich ist.
2.4.3.4.
Den Antrag zu 1. hat der Kläger dann allerdings so nicht gestellt. Vielmehr hat er nach inhaltlich nicht dokumentierten Hinweisen des Ausgangsgerichts im Kammertermin erster Instanz unter Klagerücknahme im Übrigen beantragt, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 15.1.2021 nicht aufgelöst worden ist; hilfsweise, für den Fall der Abweisung des Klageantrags Ziff. 1 wurde beantragt, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 31.10.2020 bis zum 31.8.2021 fortbestand. Damit wäre die Fiktion des § 7 KSchG eingetreten, denn sie kommt auch zum Tragen, wenn der Arbeitnehmer die erhobene Klage später zurücknimmt (ErfK/Rolfs, 22. Aufl. 2022, SGB VI § 41 Rn. 18). Der erste Teil des ursprünglichen Antrags (siehe oben) ist mit der neuen Formulierung insgesamt weggefallen. Der zweite Teil wurde in einen Hilfsantrag umgewandelt. Der nur hilfsweise gestellte Feststellungsantrag wäre nicht geeignet, die Klageerhebungsfrist zu wahren. Das Gericht ist an die vom Kläger vorgegebene Prüfungsreihenfolge gebunden. Es hat daher zunächst über den Hauptantrag bzgl. der Kündigung zu entscheiden. Dieser wäre schon deswegen abzuweisen, weil im Zeitpunkt der Kündigung ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mehr bestand. Es wurde - aufgrund der Umstellung der Klageanträge - durch die Vereinbarung der auflösenden Bedingung und deren fingierte Wirksamkeit mit Ablauf des 30.6.2020 wirksam beendet, § 17 Satz 1 TzBfG i.V.m. § 7 KSchG (ebenso LAG Hessen, Urteil vom 12.8.2013 - 7 Sa 770/12, BeckRS 2013, 75087, beck-online).
2.4.3.5.
Von einer rechtzeitigen Klageerhebung ist dennoch weiterhin auszugehen, denn der Kläger konnte in doppelt entsprechender Anwendung des § 6 KSchG in zweiter Instanz zu dem als Antrag nach § 17 Satz 1 TzBfG auszulegenden allgemeinen Feststellungsantrag zurückkehren und hat dies auch getan.
Gemäß § 6 KSchG, der über §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG entsprechend zur Anwendung kommt, kann sich ein Arbeitnehmer, welcher innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Beendigungserklärung im Klagewege geltend gemacht hat, dass eine rechtswirksame auflösende Bedingung nicht vorliege, sich in diesem Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung auch auf innerhalb der Klagefrist nicht geltend gemachte Gründe berufen. Das Arbeitsgericht soll ihn hierauf hinweisen. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 24.5.2018 (2 AZR 67/18, a.a.O.) ist die verlängerte Anrufungsfrist des § 6 KSchG grundsätzlich weit auszulegen und auf die Antragstellung als solche ggfls. analog anzuwenden.
Danach ist der Arbeitnehmer in der Berufungsinstanz aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 6 Satz 1 KSchG mit der nachträglichen Rüge nicht rechtzeitig geltend gemachter Unwirksamkeitsgründe bzw. auch mit der Anpassung der Antragstellung ausgeschlossen (letzteres vor dem Hintergrund der dann nicht gewahrten Klageerhebungsfrist). Hat das Arbeitsgericht aber einen nach § 6 Satz 2 KSchG gebotenen Hinweis nicht erteilt, liegt ein Verfahrensverstoß vor mit der Folge, dass er sich noch in der Berufungsinstanz auf andere Unwirksamkeitsgründe berufen bzw. den Antrag entsprechend stellen kann. Stellt das Berufungsgericht einen Verfahrensfehler fest, hat es selbst in der Sache zu entscheiden, ggfls. nach einem von ihm analog § 6 S. 2 zu erteilenden Hinweis (ErfK/Kiel, 22. Aufl. 2022, KSchG § 6 Rn. 5).
Wie ausgeführt, bildete der Wortlaut des Antrags des Klägers sein der Begründung nach erkennbares Rechtschutzziel nicht ausreichend ab. Ein Hinweis des Ausgangsgerichts auf eine sachdienliche Umstellung war schon deswegen erforderlich. Ausweislich des Protokolls hat das Ausgangsgericht zwar vor der tatsächlich vorgenommenen Umstellung Hinweise erteilt. Da diese inhaltlich nicht protokolliert wurden, muss zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass der für die Präklusionswirkung erforderliche bzw. jedenfalls sinnvolle Hinweis nach § 6 KSchG nicht erteilt wurde. Anderenfalls wäre eine andere Antragstellung zu erwarten. Außerdem zeigt auch die Urteilsbegründung, dass sich das Ausgangsgericht mit der Frage der Einhaltung der Klageerhebungsfrist aus § 17 Satz 1 TzBfG gar nicht befasst hat. Dazu passend lässt sich der Akte ein entsprechender Hinweis des Gerichts außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht entnehmen, auch nicht dem Beschluss vom 13.08.2021. Auf Nachfrage der Vorsitzenden in der ersten mündlichen Verhandlung zweiter Instanz gaben beide Prozessbevollmächtigte an, sich an den Inhalt der Hinweise nicht erinnern zu können. Es muss daher weiter zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass er mit den gewählten Antragsformulierungen diesen Hinweisen des Ausgangsgerichts folgte.
Hat das Arbeitsgericht den erforderlichen Hinweis nicht erteilt, ist das Landesarbeitsgericht zur Nachholung verpflichtet mit der Folge, dass der Kläger den Antrag zweitinstanzlich noch entsprechend formulieren kann. Das ist hier in Form des Feststellungsantrages zu 2., der unbedingt gestellt und als punktueller Bedingungskontrollantrag auszulegen ist, geschehen.
3.
Nachdem die Bedingung weder eingetreten ist noch als eingetreten gilt, kommt es auf die Wirksamkeit der Befristungsabrede insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Altersdiskriminierung nicht mehr an. Diese Frage kann daher offenbleiben.
4.
Das somit noch bestehende Arbeitsverhältnis wurde auch nicht durch die ordentliche Kündigung vom 15.1.2021 beendet.
4.1.
Die Kündigung gilt nicht bereits gemäß §§ 4, 7 KSchG als materiell wirksam. Der Kläger hat sich gegen die ihm am 15.1.2021 (Freitag) zugegangene Kündigung mit Schriftsatz vom 5.2.2021, bei Gericht am selben Tag eingegangen, gerichtet. Dieser wurde der Beklagten ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Bl. 25 PA) am 8.2.2021 (Montag) zugestellt und damit die Kündigungsschutzklage erhoben, § 253 Abs. 1 ZPO. Ausgehend vom Fristbeginn am 16.1.2021, 0.00 Uhr, war an diesem Tag die Frist zwar mit dem 5.2.2021, 24.00 Uhr, schon abgelaufen, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Die Klageschrift ging aber binnen offener Frist bei Gericht ein und wurde am nächsten Arbeitstag - damit offensichtlich demnächst - zugestellt, so dass die Frist als gewahrt anzusehen ist, § 167 ZPO.
4.2.
Die Kündigung ist auch tatsächlich unwirksam.
Es kann offenbleiben, ob sich dies hier bereits aus § 21 TzBfG i.V.m. § 15 Abs. 3 a.F., Abs. 4 n.F. TzBfG ergibt. Danach unterliegt zwar ein auflösend bedingtes Arbeitsverhältnis nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist - wie hier nicht.
Der über § 21 TzBfG aber ebenfalls anwendbare § 16 TzBfG sieht vor, dass bei unwirksamer Befristung der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt und vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden kann. § 16 TzBfG erfasst, wie sich aus der Normentwicklung während des Gesetzgebungsverfahrens ergibt, in unmittelbarer Anwendung allein die Unwirksamkeit der Befristungsvereinbarung aus einem der in § 14 geregelten Gründe (APS/Backhaus Rn. 2; ähnl. MHH/Meinel Rn. 11; aA Dörner Rn. 779; AR/Moskalew Rn. 3; HK-TzBfG/Joussen Rn. 6), i.Ü. kommt allenfalls eine entsprechende Anwendung in Betracht (Rolfs Rn. 1 ff.; enger MHdB ArbR/Waskow § 103 Rn. 146; zum Ganzen: Müller-Glöge in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 23. Auflage 2023, § 16 TzBfG Rn. 1). Inwieweit diese hier möglich und geboten wäre, kann offenbleiben. Denn der ordentlichen Kündigung stehen die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien entgegen. Nach dem Willen der Parteien, wie er in der Vereinbarung vom 12.11.2018 seinen Ausdruck gefunden hat, sollte das Anstellungsverhältnis des Vertrages von 2002 weiter bestehen mit den am 12.11.2018 vereinbarten Änderungen (siehe dazu schon oben). Der als Anlage B1 vorgelegte Vertrag enthält unter § 7 Abs. 2 einen Ausschluss der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung für die Beklagte. Da sich der Vertrag vom 12.11.2018 zu dieser Frage nicht verhält, bleibt es bei dem vereinbarten Ausschluss.
Weitergehende Hinweise des Gerichts zur Frage der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes auf das Arbeitsverhältnis und zur Darlegung etwaiger Unwirksamkeitsgründe durch den Kläger - falls kein allgemeiner Kündigungsschutz bestand - oder zu den Kündigungsgründen durch die Beklage - falls doch - waren daher entbehrlich.
IV.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Beklagte hat als Unterlegene die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind weder erkennbar noch vorgebracht. Es liegt insbesondere keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, die Kammer hat vielmehr einen Einzelfall unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entschieden.
Auf die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
Verkündet am 13.06.2023