Beschluss vom 27.06.2023 · IWW-Abrufnummer 236335
Landesarbeitsgericht Düsseldorf - Aktenzeichen 3 Ta 141/23
1. Liegt bei Rechtshängigkeit der Klage ein den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten begründender, sog. sic-non-Fall vor, führt nach dem Grundsatz der perpetuatio fori ein späteres Auswechseln der Klagebegründung nicht mehr zum Wegfall der bei Klageerhebung begründeten Rechtswegzuständigkeit, soweit damit nicht auch eine Änderung des Streitgegenstands und mithin eine Klageänderung einhergeht oder schon die ursprüngliche Begründung des Rechtsweges über eine sic-non-Konstellation ausnahmsweise rechtsmissbräuchlich gewesen sein sollte.
2. In der Regel wird bei Ausspruch einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung und Angriff beider Kündigungen in einer Kündigungsschutzklage davon auszugehen sein, dass der die ordentliche Kündigung betreffende Feststellungsantrag als uneigentlicher Hilfsantrag unter der Bedingung des Obsiegens mit dem gegen die außerordentliche Kündigung gerichteten Hauptantrag gestellt sein soll; das gilt im Wege der Antragsauslegung in der Regel auch dann, wenn dieses Eventualverhältnis weder in der Antragstellung noch in der Antragsbegründung ausdrücklich Erwähnung findet. Anträge, die in dieser Weise in einem zulässigen Eventualverhältnis stehen, dürfen nicht nach § 145 ZPO getrennt werden. Erfolgt gleichwohl eine solche Verfahrenstrennung nach Anhörung der Parteien und ohne dass die klagende Partei auf die Unzulässigkeit wegen eines Eventualverhältnisses hinweist, kann für den die ordentliche Kündigung betreffenden Streitteil allerdings als Ausnahme zu vorstehender Regel nicht von einer Eventualantragstellung ausgegangen werden.
3. Hilfsanträge folgen der Rechtswegzuweisung für den Hauptantrag, bis der Bedingungseintritt erfolgt. Dann ist ggfs. über den Rechtsweg für den (früheren) Hilfsantrag in einem neuen Vorabentscheidungsverfahren zu befinden. Ein den Hauptantrag betreffender, früherer Rechtswegbeschluss entfaltet insoweit keine Bindungswirkung.
Tenor: I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 04.04.2023 wird der Rechtswegbeschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 13.03.2023 - Az.: 1 Ca 1129/21 - abgeändert und der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt. II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin. III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 14.026,67 € festgesetzt. IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren noch über die Beendigung ihres Geschäftsführer-Anstellungsverhältnisses durch die hilfsweise mit Schreiben der Beklagten vom 28.10.2021 zum 30.06.2022 erklärte ordentliche Kündigung sowie in diesem Zusammenhang über den Rechtsweg zu den Arbeits- oder den ordentlichen Gerichten.
Die ebenfalls im Kündigungsschreiben vom 28.10.2021 erklärte außerordentliche, fristlose Kündigung war ursprünglich ebenfalls Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Durch bestandskräftigen Beschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 31.01.2022 wurden der diese betreffende Feststellungsantrag ebenso wie weitere Zahlungsanträge aus dem hiesigen Verfahren abgetrennt, im abgetrennten Verfahren der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten mangels Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit an das Landgericht Duisburg verwiesen. Die hiergegen von Klägerseite eingelegte sofortige Beschwerde wurde mit Beschluss der erkennenden Beschwerdekammer vom 19.07.2022 - 3 Ta 127/22 - zurückgewiesen, so dass die Verweisung bestandskräftig geworden ist.
Die Klägerin hat ursprünglich die gegen die ordentliche Kündigung gerichtete Kündigungsschutzklage allein auf die Rüge der fehlenden sozialen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 KSchG gestützt (Klageschrift vom 10.11.2021, Seite 2). Erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Oberhausen vom 09.02.2023 hat sie erklären lassen, den gegen die ordentliche Kündigung gerichteten Klageantrag nicht mehr auf die Anwendbarkeit des KSchG, sondern nunmehr auf § 626 BGB zu stützen. Zudem hat sie die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Duisburg beantragt, um beide Streitteile (außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 28.10.2021) dort verhandeln und entscheiden zu lassen.
Die Klägerin hat mit der Klageschrift vom 10.11.2021 - soweit im vorliegenden Verfahren noch anhängig - folgende Klageanträge angekündigt:
Den Antrag Ziffer 3 hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2023 zurückgenommen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und ist der beantragten Verweisung entgegengetreten. Sie hat ihre Zustimmung zu einer etwaigen Klageänderung verweigert und deren Unzulässigkeit ebenso wie die Verspätung des Vorbringens der Klägerin gerügt.
Wegen des Sachverhalts, der Prozessgeschichte und des wesentlichen Vorbringens der Parteien zum zulässigen Rechtsweg im Übrigen wird in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 2 bis 5 zu I. der Gründe des Rechtswegbeschlusses des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 13.03.2023 Bezug genommen.
Mit eben diesem Beschluss, wegen dessen Inhalts auf Blatt 161 ff. der Akte Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Oberhausen den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Duisburg verwiesen.
Der Beschluss ist der Beklagten über ihre Prozessbevollmächtigten am 21.03.2023 zugestellt worden. Mit am 04.04.2023 bei dem Arbeitsgericht Oberhausen eingegangener Beschwerdeschrift vom gleichen Tage hat sie sofortige Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt, die nachfolgend mit Schriftsatz vom 02.05.2023 begründet worden ist.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Entscheidung des Arbeitsgerichts, den Rechtsstreit nunmehr auch hinsichtlich der ordentlichen Kündigung an das Landgericht zu verweisen, sei unzulässig. Zum einen habe sich das Arbeitsgericht dadurch, dass es den Rechtsstreit zur außerordentlichen Kündigung und zu den Zahlungsanträgen abgetrennt und insoweit verwiesen habe, während es das Verfahren zum verbliebenen Streitteil fortgeführt habe, als actus contrarius zum Verweisungsbeschluss dahingehend gebunden, dass es für den hier verbliebenen Streitteil eine eigene Rechtswegzuständigkeit angenommen habe. Daran sei das Gericht nunmehr gebunden. Es gelte zum anderen der Grundsatz der Erhaltung des Rechtsweges, gegen den der Verweisungsbeschluss verstoßen habe. Eine Klageänderung liege nicht vor, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine erneute Rechtswegentscheidung zu treffen sei, denn weder die Antragstellung noch der zugrunde zu legende Lebenssachverhalt hätten sich allein dadurch geändert, dass die Klägerin nunmehr ihren rechtlichen Angriff gegen die ordentliche Kündigung nicht mehr auf § 1 KSchG, sondern auf § 626 BGB stütze. Nehme man demgegenüber eine Klageänderung an, sei diese wiederum unzulässig, weil ohne Zustimmung der Beklagten erfolgt und auch nicht sachdienlich.
Die Klägerin ist der sofortigen Beschwerde entgegen getreten und hat deren Zurückweisung beantragt. Eine inhaltliche Stellungnahme ist von ihr allerdings nicht erfolgt.
Mit Beschluss vom 09.05.2023 hat das Arbeitsgericht Oberhausen der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Die gemäß §§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, 48 Abs. 1, 78 Satz 1 ArbGG, 567 ff ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach am 21.03.2023 erfolgter Zustellung des Beschlusses vom 13.03.2023 am 04.04.2022 bei dem Arbeitsgericht Oberhausen gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZPO eingelegt worden.
2. Die sofortige Beschwerde ist begründet. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Oberhausen ist die gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 28.10.2021 gerichtete Kündigungsschutzklage ebenso wie der über den 30.06.2022 hinausgehende allgemeine Feststellungsantrag nicht an das Landgericht Duisburg zu verweisen. Die Verweisung verstößt gegen den aus § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG folgenden Grundsatz der Rechtswegerhaltung (perpetuatio fori, vgl. BAG vom 05.09.2018 - 9 AS 3/18, juris, Rz. 14; BAG vom 03.12.2014 - 10 AZB 98/14, juris, Rz. 22 m.w.N.).
a. Nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen richtet sich die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs nach den tatsächlichen Umständen zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit. Nachträgliche Veränderungen führen grundsätzlich nicht zum Verlust des einmal gegebenen Rechtswegs. Dieser in § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG enthaltene Grundsatz der perpetuatio fori gilt rechtswegerhaltend. Bis zur letzten Tatsachenverhandlung eintretende Umstände, welche die zunächst bestehende Unzulässigkeit des Rechtswegs beseitigen, sind zu berücksichtigen, sofern nicht vorher ein (rechtskräftiger) Verweisungsbeschluss ergeht; nachträglich eintretende Umstände, die eine ursprünglich gegebene Rechtswegzuständigkeit für eine Klage entfallen lassen könnten, sind demgegenüber unbeachtlich (BAG vom 05.09.2018 - 9 AS 3/18, juris, Rz. 14; BAG vom 03.12.2014 - 10 AZB 98/14, juris, Rz. 22 m.w.N.; siehe auch GMP/Schlewing/Dickerhof-Borello, ArbGG, 10. Auflage, § 2 Rn. 154; Walker in: Schwab/Weth, ArbGG, 6. Auflage, § 2 Rn. 231).
Hier war bei Rechtshängigkeit, die mit Klagezustellung am 19.11.2021 begründet worden ist (vgl. §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO), die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte für die gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 28.10.2021 gerichtete Kündigungsschutzklage nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) ArbGG begründet. Denn die Kündigungsschutzklage wurde zur ordentlichen Kündigung ausschließlich mit der Rüge der mangelnden sozialen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 KSchG begründet. Damit lag ein sogenannter, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnender sic-non-Fall vor.
Kann die vor dem Arbeitsgericht in einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit erhobene Klage nur dann Erfolg haben, wenn die Klägerin Arbeitnehmerin ist (sogenannter sic-non-Fall), so genügt zur Bejahung des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen die Äußerung der Rechtsansicht der Klägerin, Arbeitnehmerin zu sein. Eine solche Konstellation liegt vor, wenn sich die Klägerin - wie hier - gegen eine ordentliche Kündigung des Rechtsverhältnisses mit der Begründung zur Wehr setzt, die Kündigung betreffe ihr Arbeitsverhältnis und sei aus Gründen unwirksam, die voraussetzen, dass sie materiell-rechtlich Arbeitnehmerin ist - wie dies bei der Rüge der fehlenden sozialen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 KSchG der Fall ist, da diese Norm allein auf Arbeitsverhältnisse Anwendung findet. In solchen Fällen bedarf es zur Bestimmung des Rechtswegs keiner Aufklärung oder Beweisaufnahme über die Tatsachen, aus denen die Arbeitnehmereigenschaft folgt. Stellt sich heraus, dass die Klägerin nicht Arbeitnehmerin der Beklagten ist, so ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Eine Verweisung des Rechtsstreits an ein Gericht eines anderen Rechtswegs kommt dann nicht in Betracht (BAG vom 09.10.1996 - 5 AZB 18/96, juris, Rz. 5).
Somit war im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte hinsichtlich der gegen die ordentliche Kündigung gerichteten und allein auf die ausschließlich auf Arbeitsverhältnisse Anwendung findende Norm des § 1 KSchG gestützten Kündigungsschutzklage in Anwendung vorstehender Grundsätze der sic-non-Rechtsprechung begründet.
Die nachträgliche Rüge anderer Unwirksamkeitsgründe - wie hier § 626 BGB - unter Aufgabe der Rüge der fehlenden sozialen Rechtfertigung - so offensichtlich der Klage damit auch ihre Begründetheit endgültig genommen wird, da § 626 BGB erkennbar auf eine ordentliche Kündigung gar nicht anwendbar ist - ändert an der im maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtshängigkeit begründeten Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte nichts mehr. Das ergibt sich wie dargelegt aus § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit vielmehr nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, auch wenn nachträgliche Gesichtspunkte, wären sie schon bei Rechtshängigkeit vorgebracht worden, eine Verweisung in eine andere Gerichtsbarkeit zur Folge gehabt hätten.
Ob dies rechtlich anders zu beurteilen wäre, wenn eine klagende Partei versuchte, sich in Anwendung der sic-non-Rechtsprechung den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten dadurch zu erschleichen, dass die Klage anfangs allein auf nicht einschlägige arbeitsrechtliche Normen gestützt wird und erst nach Rechtshängigkeit ohne Änderung des Streitgegenstandes rechtswegfremde Normen/Anspruchsgrundlagen in Anspruch genommen werden, und welche Anforderungen an die Feststellung einer solchen, rechtsmissbräuchlichen Rechtswegerschleichung zu stellen sind, kann hier dahingestellt bleiben. Denn für ein rechtsmissbräuchliches Handeln der Klägerin bei Klageeinreichung liegen keine Anhaltspunkte vor. Eher kommen solche in Betracht bzgl. der offensichtlich unsinnigen Rüge eines Verstoßes gegen § 626 BGB hinsichtlich der ordentlichen Kündigung in der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2023. Damit wird erkennbar versucht, die gegen die ordentliche Kündigung gerichtete Klage nunmehr über die Rüge derselben Norm, mit der die außerordentliche Kündigung angegriffen wird, ebenfalls zum Landgericht verwiesen zu bekommen. Wie sich unschwer dem Wortlaut der Norm entnehmen lässt, gilt § 626 BGB jedoch zwar für außerordentliche, aber eben nicht für ordentliche Kündigungen. Wenn die Klägerin mehr als die Rüge des § 1 KSchG und des § 626 BGB gegen die ordentliche Kündigung nicht vorzubringen hat, mag sie angesichts des hier vorgetragenen Lebenssachverhalts die Klage zurücknehmen. Zu verweisen ist sie jedenfalls nicht.
b. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts liegt hier auch keine Klageänderung vor. Richtig ist zwar, dass der Grundsatz der perpetuatio fori bei Klageänderung einer nachträglichen Verweisung nicht entgegensteht (BAG vom 29.11.2006 - 5 AZB 47/06, juris, Rz. 3; GMP/Schlewing/Dickerhof-Borello, ArbGG, 10. Auflage, § 2 Rn. 154). Denn dann ist die Rechtswegfrage für den neuen Streitgegenstand zum Zeitpunkt der Klageänderung neu zu prüfen.
Eine Klageänderung liegt hier aber nicht vor. Diese hat eine Änderung des Streitgegenstands zur Voraussetzung, indem entweder anstelle oder neben dem ursprünglichen prozessualen Anspruch ein anderer erhoben wird (Seiler in: Thomas/Putzo, ZPO, 44. Auflage, § 263 Rn. 1). Nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den dort gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt. Der Streitgegenstand ändert sich dementsprechend im Sinne von § 263 ZPO, wenn der gestellte Antrag oder der ihm zugrunde liegende Lebenssachverhalt ein anderer wird (BAG vom 16.12.2021 - 6 AZR 154/21, juris, Rz. 12; BAG vom 23.03.2016 - 5 AZR 758/13, juris, Rz. 33; BAG vom 13.12.2011 - 1 AZR 508/10, juris, Rz. 21).
Gegenstand und Ziel einer Kündigungsschutzklage ist die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die mit der Klage angegriffene Kündigung zu dem vorgesehenen Termin nicht aufgelöst worden ist. Der Streitgegenstand eines solchen Antrags wird damit im Ausgangspunkt durch die jeweils angegriffene Kündigung bestimmt (BAG vom 16.12.2021 - 6 AZR 154/21, juris, Rz. 12; BAG vom 01.10.2020 - 2 AZR 247/20, juris, Rz. 22).
Ändert sich wie hier weder die Antragstellung noch der der Klage zugrundeliegende Lebenssachverhalt, wird unverändert dieselbe Kündigung angegriffen mit demselben zugrundeliegenden Lebenssachverhalt im Übrigen und einzig und allein die rechtliche Norm, deren Verletzung gerügt wird, ausgetauscht, liegt keine Klageänderung vor. Denn der Streitgegenstand hat sich in keiner Weise verändert. Dass der geänderte rechtliche Angriff keinen sic-non-Fall mehr begründen könnte, tangiert den Streitgegenstand nicht und vermag somit als solches entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts keine Klageänderung zu begründen.
c. Die Problematik der Rechtswegspaltung, die die Klägerin ganz offensichtlich beseitigen möchte, lässt sich angesichts der Prozessgeschichte des vorliegenden Verfahrens jedenfalls nicht mit den von ihr vorgenommenen Prozesshandlungen aus der Welt schaffen.
In der Regel spricht zwar einiges dafür, dass im Falle einer außerordentlich, hilfsweise ordentlich erklärten Kündigung und rechtlichem Angriff beider Kündigungen mit entsprechenden Kündigungsschutzanträgen ein Eventualverhältnis dergestalt anzunehmen ist, dass der gegen die ordentliche Kündigung gerichtete Antrag nur für den Fall des Obsiegens mit dem gegen die vorrangige außerordentliche Kündigung gerichteten Antrag gestellt werden soll (vgl. hierzu näher Niemann, NZA 2019, 65, 66 m.w.N.). In der Regel wird deshalb eine Kündigungsschutzklage einer entsprechenden Auslegung zugänglich sein (vgl. z.B. BAG vom 22.08.2019 - 2 AZR 111/19, juris, Rz. 33). Anträge, die zueinander in einem zulässigen Eventualverhältnis stehen, dürfen wiederum nicht nach § 145 ZPO getrennt werden (Seiler in: Thomas/Putzo, ZPO, 44. Auflage, § 145 Rn. 2 m.w.N.).
Nun ist hier jedoch eben eine solche Trennung durch den bestandskräftigen Beschluss des Arbeitsgerichts vom 31.01.2022 vorgenommen worden. Zu der beabsichtigten Trennung wurden die Parteien zuvor ordnungsgemäß angehört. Im Rahmen dieser Anhörung hat die Klägerin zwar prozessökonomische Einwände gegen die Trennung wegen der ebenfalls durch das Gericht angekündigten Verweisung der abgetrennten Streitteile und einer damit drohenden Rechtswegspaltung eingewandt, nicht aber die Unzulässigkeit der Trennung aufgrund eines Verständnisses ihrer Klageanträge im Sinne von Haupt- und Hilfsantrag. So sind die Anträge demgemäß auch nicht ausdrücklich formuliert worden. Damit bestehen im vorliegenden Fall dann aber keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Antragsauslegung der gegen die ordentliche Kündigung gerichteten Klage dahingehend, dass diese im uneigentlichen Hilfsverhältnis zur gegen die außerordentliche Kündigung gerichteten Klage stehen soll. Somit hat das Arbeitsgericht diese Anträge dann im Ergebnis letztlich zu Recht getrennt und das abgetrennte Verfahren verwiesen, während der hiesige Streitteil beim Arbeitsgericht - zu Recht - verblieben ist.
Möchte die Klägerin dies ändern, besteht - dies sei nur am Rande angemerkt - angesichts vollständig fehlender Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses der Parteien und damit der Unanwendbarkeit der §§ 4, 7 KSchG die einfache Möglichkeit der Klagerücknahme vor dem Arbeitsgericht Oberhausen und dann Klageerweiterung im Verfahren vor dem Landgericht Duisburg. Sollte die Klägerin auch dort aber gegen eine ordentliche Kündigung allein § 626 BGB einwenden wollen, mag sie überlegen, sich den Aufwand und etwaige weitere Kosten insoweit gleich ganz zu ersparen, denn ganz offensichtlich kann man eine ordentliche Kündigung nicht über § 626 BGB rechtlich zu Fall bringen.
Ansonsten bleibt es bei der durch die eigene Antragstellung und -begründung ausgelösten Rechtswegzuständigkeit des Arbeitsgerichts Oberhausen für die gegen die ordentliche Kündigung gerichtete Kündigungsschutzklage.
d. Der allgemeine Feststellungsantrag, der hier nach der Begründung in der Klageschrift als sog. Schleppnetzantrag intendiert ist, steht im uneigentlichen Hilfsverhältnis zu dem gegen die ordentliche Kündigung gerichteten Kündigungsschutzantrag. Das ergibt die Auslegung unter Berücksichtigung des erkennbaren Prozessziels, das mit dieser Antragstellung verfolgt wird. Mit dem Antrag sollen nur andere Beendigungsgründe erfasst werden, die nicht bereits Gegenstand der Kündigungsschutzklage sind. Somit macht die Antragstellung nur Sinn, soweit die ordentliche Kündigung nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, denn nur dann ist von Interesse, ob auch andere Beendigungstatbestände das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben (so auch LAG Berlin-Brandenburg vom 28.12.2022 - 21 Ta 917/22, juris, Rz. 49 m.w.N.). Als uneigentlicher Hilfsantrag fällt der Antrag derzeit noch nicht zur Rechtswegentscheidung an. Stehen Anträge im Verhältnis von Haupt- und Hilfsanträgen, richtet sich die Rechtswegentscheidung nur nach dem Hauptantrag, hier also dem Kündigungsschutzantrag gegen die ordentliche Kündigung vom 28.10.2021. Der Hilfsantrag "folgt" dann zunächst dieser Rechtswegzuweisung; erst bei Bedingungseintritt ist über den Rechtsweg für den Hilfsantrag zu befinden, bei Rechtswegrüge oder von Amts wegen bei Rechtswegverneinung durch erneutes, aber nunmehr eben allein auf den jetzt zur Entscheidung anstehenden Hilfsantrag bezogenes Vorabentscheidungsverfahren (BAG vom 01.03.2022 - 9 AZB 25/21, juris, Rz. 23; BAG vom 03.12.2014 - 10 AZB 98/14, juris, Rz. 19 m.w.N.).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Im Rechtswegbeschwerdeverfahren ist dann über die Kostentragung zu entscheiden, wenn der Rechtsbehelf erfolglos bleibt oder über den Rechtsweg kontradiktorisch gestritten worden ist (vgl. BGH vom 03.07.1997 - IX ZB 116/96, juris, Rz. 20). Da die Klägerin zuletzt ausdrücklich Verweisung ihrer Klage an das Landgericht beantragt und im Beschwerdeverfahren zu der sofortigen Beschwerde der Beklagten mit Schriftsatz vom 24.04.2023 die Zurückweisung des Rechtsbehelfs beantragt hat, ist das Beschwerdeverfahren kontradiktorisch geführt worden und mithin eine Kostenentscheidung veranlasst. Da die Beklagte mit der sofortigen Beschwerde Erfolg hat, hat die Klägerin als unterlegene Partei die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
IV.
Der Streitwert beträgt für das Beschwerdeverfahren nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer 1/3 des Hauptsachestreitwertes, beruhend auf den klägerseits gemachten Angaben. Der Hauptsachestreitwert beträgt danach 42.080,01 € (Bruttoquartalsvergütung der Klägerin nach ihren Angaben im Schriftsatz vom 27.12.2021 hinsichtlich des die ordentliche Kündigung betreffenden Kündigungsschutzantrages). Daraus folgt die Wertfestsetzung in Höhe von 14.026,67 € für das Beschwerdeverfahren.
V.
Die Rechtsbeschwerde wird mangels dies nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG rechtfertigender Gründe nicht zugelassen.
Klein