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Urteil vom 30.03.2023 · IWW-Abrufnummer 236336

Landesarbeitsgericht Hamm - Aktenzeichen 18 Sa 1048/22

1. Auch die Vorlage irreführender ärztlicher Bescheinigungen kann eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht darstellen, die den Arbeitnehmer trifft. Dies gilt insbesondere für Nachweise im Sinne des § 20a Abs. 2 S. 1 IfSG (a.F.).

2. Die Vorlage einer aus dem Internet heruntergeladenen formularmäßigen ärztlichen "vorläufigen Impfunfähigkeitsbescheinigung", die ohne ärztliche Untersuchung erstellt wurde und den falschen Eindruck erweckt, auf den individuellen Verhältnissen des Arbeitnehmers zu beruhen, kann eine Kündigung rechtfertigen (im Streitfall verneint, da Abmahnung erforderlich).


Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 27.09.2022 - 3 Ca 200/22 - dahin abgeändert, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 08.06.2022 beendet wurde.

Die Berufung der Beklagten gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis durch Kündigungen aufgelöst wurde, die die Beklagte darauf stützen will, die Klägerin habe eine unrichtige Impfunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt.

Die Beklagte betreibt ein Pflegeheim, in dem mehr als 10 Arbeitnehmer vollzeitig beschäftigt sind. Die Klägerin, die am 25.01.1968 geboren und gegenüber einem Kind unterhaltspflichtig ist, war dort seit dem 01.05.2008 - zunächst bei dem Rechtsvorgänger der Beklagten - als Pflegeassistentin beschäftigt. Der Dienstvertrag vom 29.04.2008 nimmt Bezug auf die Bestimmungen des BAT-KF.

Die Klägerin ist nicht gegen das Coronavirus SARS-Cov-2 geimpft. Da sie in einer Pflegeeinrichtung tätig ist, war sie gemäß § 20a Abs. 2 S. 1 IfSG verpflichtet, einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis, ein ärztliches Zeugnis über die Schwangerschaft oder ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-Cov-2 geimpft werden kann, bis zum 15.03.2022 vorzulegen. Die Beklagte hatte, nachdem eine andere Mitarbeiterin Ende Dezember 2021 eine vorläufige Impfunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt hatte, die sie über das Internet bezog, am 20.01.2022 im unternehmensinternen Intranet auf derartige Anbieter hingewiesen und vor unrechtmäßigen Bescheinigungen gewarnt. Die A GmbH betrieb die Webseite www.b-c.de (später: www.d-c.de). Die Klägerin erhielt über diese Webseite, nachdem sie die auf der Webseite formularmäßig gestellte Frage verneinte, ob sie ausschließen könne, gegen einen der Bestandteile der Inhalts- oder Hilfsstoffe des ausgewählten Impfstoffes allergisch zu sein, unter anderem eine Bescheinigung über die vorläufige Impfunfähigkeit sowie ein Anschreiben zur Vorlage beim Arbeitgeber. Beide Dokumente waren von Dr. E. unter deren Postadresse in G ausgestellt und konnten von der Klägerin gegen Zahlung einer privatärztlichen Gebühr in Höhe von 17,49 Euro aus dem Internet heruntergeladen und ausgedruckt werden.

Das Anschreiben zur Vorlage beim Arbeitgeber lautet:

"Vorläufige Impfunfähigkeitsbescheinigung gem. § 20 IfSG Guten Tag, Ihre Mitarbeiterin F. befindet sich im Prozess der Entscheidungsfindung bezüglich ihrer Impffähigkeit im Impfstoffen gegen COVID-19. Im Rahmen der Selbstfürsorge hat sich F. an mich gewandt, da alle Hersteller von Impfstoffen eine Impfung ausschließen, wenn eine Allergie gegen einen der Wirk- und Hilfsstoffe vorliegt. F. kann für sich eine Allergie gegen Inhaltsstoffe der Impfsera noch nicht ausschließen. Für den Zeitraum bis zu einer Abklärung beim Facharzt für Allergologie (eine Überweisung wurde ausgehändigt) erhält sie von mir eine vorrübergehende Impfunfähigkeitsbescheinigung. Diese ist befristet auf maximal 6 Monate, in dieser Zeit sollte eine Abklärung möglich sein. Eine eventuelle Testpflicht bleibt davon unberührt. Sollten Sie Arbeitgeber im medizinischen bzw. pflegerischen Bereich sein, finden Sie in der Anlage 1 Informationen zur Rechtslage für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dr. med. E. "

Dieses Schreiben legte die Klägerin der Beklagten am 21.02.2022 vor.

Am 24.02.2022 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin, Vertretern der Beklagten und dem Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung statt. In diesem Gespräch erklärte die Klägerin, sie habe das vorgelegte Dokument nur als PDF-Datei erhalten, nachdem sie auf "b-c.de" verschiedene Fragen beantwortet habe. Nachdem sie gefragt wurde, ob sie auch eine gesonderte Impfunfähigkeitsbescheinigung erhalten habe, legte die Klägerin die von Frau Dr. E. ausgefertigte vorläufige Impfunfähigkeitsbescheinigung vor.

In dieser Bescheinigung heißt es unter anderem:

"Aufgrund meiner ärztlichen Einschätzung und Bewertung komme ich nach freiem Ermessen zu folgender privatgutachterlichen Einschätzung: Bis zum Ausschluss einer möglichen schwerwiegenden Allergie gegen einen der Inhaltsstoffe der in der EU zugelassenen Impfstoffe gegen COVID-19 (...) durch eine fachärztliche allergeologische Abklärung soll bei F. keine Impfung gegen das SARS-Cov-2-Virus erfolgen. Bis zur o. g. Vorstellung und Abklärung durch ein allergeologisches Zentrum und/oder abschließende Beurteilung durch einen Amtsarzt ist E. daher VORLÄUFIG IMPFUNFÄHIG. Diese Bescheinigung gilt nur bis zur o. g. Abklärung, spätestens bis zum 04.08.2022. Begründung Nach den Angaben der Begutachteten/des Begutachteten kann von dieser/diesem nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine allergische Disposition gegenüber einem oder mehreren Inhaltsstoffen der in der EU zugelassenen COVID-19-Impfstoffe (...) vorliegt. (...) Weder der Hersteller des jeweiligen Impfstoffes, noch der hier gutachterlich tätige Arzt kann mit Sicherheit ausschließen, dass es im Falle einer Impfung von F. mit einem der in der EU zugelassenen COVID-19-Impfstoffe zu einer schweren Überempfindlichkeitsreaktion kommen könnte, die für den/die Betroffene/n mit akuter Lebensgefahr verbunden wäre. Nach meiner ärztlichen Expertise sollte daher keine Impfung mit einem der genannten COVID-19-mRNA-Impfstoffe erfolgen (...)."

Nachdem die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass die Beklagte am 20.01.2022 über das Intranet vor solchen Bescheinigungen gewarnt habe, erklärte sie, diese Warnung nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Sie führte weiter aus, in der Vergangenheit negative Erfahrungen mit Impfungen gemacht zu haben. Auf die Frage, ob die Klägerin persönlichen oder telefonischen Kontakt zu Frau Dr. E. gehabt habe, verneinte die Klägerin dies. Die Klägerin gab auf weiteres Befragen auch an, keine Unterlagen über etwaige Vorerkrankungen bei Frau Dr. E. eingereicht zu haben.

Die Beklagte teilte der Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 28.02.2022 mit, dass sie beabsichtige, gegenüber der Klägerin eine außerordentliche Kündigung wegen eines Täuschungsversuchs durch Vorlage einer unrichtigen Impfunfähigkeitsbescheinigung auszusprechen. Mit Schreiben vom 07.03.2022, das der Klägerin am 08.03.2022 zuging, erklärte die Beklagten die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Mit ihrer Klage, die am 25.03.2022 bei dem Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 02.04.2022 zugestellt worden ist, hat sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung gewandt und die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 07.03.2022 hinaus fortbesteht.

Mit Schreiben vom 02.06.2022 unterrichtete die Beklagte die Mitarbeitervertretung darüber, dass sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis zur Klägerin hilfsweise ordentlich aufzukündigen. Mit Schreiben vom 08.06.2022 sprach die Beklagte hilfsweise eine ordentliche Kündigung zum 31.12.2022 gegenüber der Klägerin aus.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, beide Kündigungen seien rechtswidrig. Es fehle an einem Kündigungsgrund. Die vorgelegten Bescheinigungen seien nicht unrichtig, die Kündigung sei unverhältnismäßig. Die Klägerin hat zudem die ordnungsgemäße Anhörung der Mitarbeitervertretung bestritten.

Die Klägerin hat (zuletzt noch) beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 07.03.2022 noch durch ihre Kündigung vom 08.06.2022 aufgelöst worden ist oder wird; 2. die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu arbeitsvertragsgemäßen Bedingungen als Pflegeassistentin weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Kündigung für wirksam gehalten. Das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien sei unwiederbringlich zerstört, da die Klägerin versucht habe, eine tatsächlich gar nicht vorliegende Impfunfähigkeit vorzuspiegeln, indem sie eine Bescheinigung vorgelegt habe, die bei einem unseriösen Anbieter im Internet gekauft worden sei. Dieses Verhalten sei möglicherweise sogar als Straftat im Sinne des § 279 StGB anzusehen. Die Beklagte hat behauptet, das Anhörungsschreiben vom 28.02.2022 sei der Mitarbeitervertretung am gleichen Tag zugegangen; am 07.03.2022 habe eine Erörterung mit der Mitarbeitervertretung stattgefunden. Der Vermerk der Mitarbeitervertretung unter dem Anhörungsschreiben vom 02.06.2022 "beraten am 07.06.2022" bedeute, dass die Mitarbeitervertretung zugestimmt habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage, die sich gegen die Wirksamkeit der Kündigung vom 07.03.2022 richtet, stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe zwar durch die Vorlage einer "vorläufigen" Impfunfähigkeitsbescheinigung, die nach den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes gar nicht vorgesehen sei und nicht auf einer ärztlichen Untersuchung beruhe, in schwerwiegender Weise ihre arbeitsvertraglichen Nebenpflichten verletzt. Die Klägerin habe versucht, die Beklagte über ihre Impfunfähigkeit zu täuschen. Diese Pflichtverletzung rechtfertige jedoch nicht den Ausspruch einer fristlosen, sondern nur den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung. Im Rahmen der Interessenabwägung hat das Arbeitsgericht insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin seit fast 14 Jahren beanstandungslos für die Beklagte tätig war, noch einem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist und es ihr angesichts des fortgeschrittenen Lebensalters sowie der Geltung des Infektionsschutzgesetzes schwerfallen werde, in angemessener Zeit eine neue Anstellung zu finden.

Beide Parteien haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe die fristlose Kündigung zu Unrecht für unwirksam gehalten. Die Klägerin habe durch die Vorlage des Dokuments, das ohne näheren Kontakt zu Frau Dr. E. ausgestellt worden sei, den Eindruck erweckt, es habe eine ärztliche Untersuchung hinsichtlich der bestehenden Impfunfähigkeit stattgefunden. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit vulnerablen Personen arbeite und jegliche Einsicht in ihr Fehlverhalten habe vermissen lassen. Daher liege eine besonders schwere Pflichtverletzung vor.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 27.09.2022 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 08.06.2022 beendet worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Beide Parteien beantragen,

die Berufung der jeweils anderen Partei zurückzuweisen.

Die Klägerin meint, das Arbeitsgericht habe die gegen die ordentliche Kündigung gerichtete Klage zu Unrecht abgewiesen. Es liege keine Täuschung über das Bestehen einer Impfunfähigkeit vor. Aus dem vorgelegten Dokument ergebe sich lediglich, die Unsicherheit bezüglich der Verträglichkeit einer Impfung. Im Hinblick auf diesen Inhalt des Dokuments sei eine Untersuchung verzichtbar gewesen. Die Klägerin habe jedenfalls darauf vertrauen dürfen, die ärztliche Stellungnahme von Frau Dr.E. sei rechtmäßig. Eine Gefahr für vulnerable Gruppen habe nicht bestanden, da die Klägerin sich als ungeimpfte Beschäftigte täglich habe testen lassen müssen. Der Arbeitgeberin habe die Möglichkeit offen gestanden, bei bestehenden Zweifeln an der Richtigkeit der vorläufigen Impfunfähigkeit das Gesundheitsamt zu informieren.

Ein Strafverfahren, das wegen der Verwendung einer unrichtigen vorläufigen Impfunfähigkeitsbescheinigung gegen die Klägerin anhängig war, ist zwischenzeitlich eingestellt worden. Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufungen beider Parteien sind zulässig.

Die Parteien haben die Berufungen insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet, wie ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor der erkennenden Kammer festgestellt worden ist.

II. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wurde nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 07.03.2022 beendet. Die Kündigung ist, wie das Arbeitsgericht richtig festgestellt hat, rechtsunwirksam.

1. Die Kündigung gilt nicht bereits nach § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam.

Die Klägerin hat die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 S. 1 KSchG gewahrt. Die Kündigung ging ihr am 08.03.2022 zu. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage ist am 25.03.2022 bei dem Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 02.04.2022 (also "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO) zugestellt worden.

2. Die Kündigung ist unwirksam, da der gemäß § 626 Abs. 1 BGB erforderliche wichtige Grund nicht vorliegt.

Bei der Prüfung der Frage, ob ein wichtiger Grund zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung vorliegt, ist zweistufig vorzugehen (vgl. etwa BAG, Urteil vom 20.05.2021 - 2 AZR 596/20, Urteil vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18). Zunächst ist zu prüfen, ob ein Verhalten des Arbeitnehmers "an sich" geeignet ist, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen. Sodann ist zu prüfen, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung jedenfalls bis zum Ablauf der - fiktiven - Kündigungsfrist zumutbar ist. Im Streitfall war die Weiterbeschäftigung der Klägerin für die Beklagte nicht unzumutbar.

a) Zugunsten der Beklagten kann angenommen werden, dass das Verhalten der Klägerin einen Kündigungsgrund "an sich" darstellt.

Jeder Arbeitnehmer ist gemäß § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, auf die berechtigten Belange des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen ( BAG, Urteil vom 27.09.2022 - 2 AZR 508/21, Urteil vom 30.07.2020 - 2 AZR 43/20, Urteil vom 24.10.2018 - 10 AZR 69/18). Eine Verletzung dieser vertraglichen Nebenpflicht kommt als Kündigungsgrund "an sich" in Betracht ( BAG, Urteil vom 05.12.2019 - 2 AZR 240/19, Urteil vom 24.03.2011 - 2 AZR 282/10; LAG Düsseldorf, Urteil vom 04.10.2022 - 3 Sa 374/22 m.w.N.).

Eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer unrichtige ärztliche Bescheinigungen vorlegt (vgl. zum Erschleichen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen BAG, Urteil vom 29.06.2017 - 2 AZR 597/16). Generell stellt die Vorlage gefälschter ärztlicher Bescheinigungen, die Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis haben, eine schwere Pflichtverletzung dar (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 04.10.2022 - 3 Sa 374/22 zu gefälschten Impfausweisen). Ebenso kann die Vorlage unrichtiger Nachweise im Sinne des § 20a Abs. 2 S. 1 IfSG eine Rücksichtnahmepflichtverletzung darstellen, die "an sich" als Kündigungsgrund in Betracht kommt (Gierok/Köllmann, NZA 2022, 1227, 1232). Dies gilt auch für ärztliche Zeugnisse über eine bestehende Impfunfähigkeit gemäß § 20a Abs. 2 S. 1 Nr. 4 IfSG (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.11.2022 - 4 Sa 139/22). Der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, auf die Richtigkeit ärztlicher Bescheinigungen, die der Arbeitnehmer vorlegt, vertrauen zu können. Dieses Vertrauen missbraucht der Arbeitnehmer in grober Weise, wenn er sich durch die Vorlage unrichtiger Bescheinigungen arbeitsrechtliche Vorteile zu verschaffen versucht.

Weitergehend kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass auch die Vorlage irreführender ärztlicher Bescheinigungen eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht darstellt. Bescheinigungen, deren tatsächlicher Sinngehalt sich erst nach eingehendem Studium erschließt und die prima facie zu Missverständnissen geradezu einladen, sind geeignet, den Arbeitgeber in die Irre zu führen und ihn davon abzuhalten, von den ihm zustehenden vertraglichen und gesetzlichen Rechten Gebrauch zu machen. Nach Treu und Glauben kann vom Arbeitnehmer erwartet werden, solche Bescheinigungen jedenfalls nicht ohne zusätzliche Erläuterungen vorzulegen, will er sich nicht dem Vorwurf aussetzen, eine Irreführung des Arbeitgebers bewusst in Kauf zu nehmen. Dies gilt insbesondere für Nachweise im Sinne des § 20a Abs. 2 S. 1 IfSG. Betreiber von Einrichtungen im Sinne des § 20a Abs. 1 IfSG sind verständlicherweise daran interessiert, den Betrieb der Einrichtung gesetzeskonform unter weitgehendem Ausschluss von gesundheitlichen Risiken für die betreuten Personen zu führen. Dieses Ziel wird durch die Vorlage irreführender Bescheinigungen nicht unerheblich erschwert.

Im Streitfall kann der Klägerin zwar nicht der Vorwurf gemacht werden, eine "gefälschte" Bescheinigung vorgelegt zu haben. Das Anschreiben an den Arbeitgeber vom 04.02.2022, das die Klägerin der Beklagten übergab, ist nicht manipulativ hergestellt oder von der Klägerin inhaltlich verändert worden. Der Inhalt des Schreibens enthält auch keine unrichtigen Angaben über den Gesundheitszustand der Klägerin. Aus dem Schreiben ergibt sich nicht, dass die Klägerin tatsächlich impfunfähig ist. Vielmehr heißt es dort, die Klägerin könne "für sich" eine Allergie gegen Inhaltsstoffe der Impfstoffe nicht ausschließen und erhalte zur Abklärung einer möglicherweise bestehenden Allergie eine vorübergehende Impfunfähigkeitsbescheinigung.

Jedoch ist die Bescheinigung inhaltlich irreführend. Sie erweckt den Eindruck, es habe ein persönlicher Kontakt zwischen der Klägerin und der ausstellenden Ärztin bestanden und die ärztliche Stellungnahme beruhe auf den individuellen Besonderheiten der Klägerin. Der Eindruck, dass es sich um eine ärztliche Stellungnahme unter Berücksichtigung persönlicher Besonderheiten der Klägerin handelt, wird insbesondere dadurch hervorgerufen, dass die Klägerin in dem Anschreiben als "begutachtete Person" bezeichnet wird. Tatsächlich handelt es sich aber um eine Bescheinigung, die jedermann gleichlautend erhält, wenn er die Frage verneint, Allergien gegen Impfstoffe ausschließen zu können. Üblicherweise kommt eine ärztliche Stellungnahme über gesundheitliche Belange einer Person auf solchem Weg nicht zustande.

b) Die notwendige Interessenabwägung fällt aber zugunsten der Klägerin aus.

aa) Für die Interessenabwägung gelten folgende Grundsätze (vgl. BAG, Urteil vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18, Urteil vom 29.06.2017 - 2 AZR 302/16, Urteil vom 09.06.2011 - 2 AZR 381/10):

Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Zu berücksichtigen sind regelmäßig das Gewicht und Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf.

Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein "schonerendes" Gestaltungsmittel, gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen. In Betracht kommt insbesondere der Ausspruch einer Abmahnung. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigungen wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist.

bb) Nach diesen Grundsätzen war es für die Beklagte zumutbar, das Arbeitsverhältnis weiter fortzusetzen.

Die Verletzung der Rücksichtnahmepflicht beruhte auf steuerbarem Verhalten der Klägerin. Zur Vermeidung künftiger Vertragsstörungen wäre der Ausspruch einer Abmahnung ausreichend gewesen.

(1) Es war bei Ausspruch der Kündigung nicht von vornherein erkennbar, dass die Klägerin ihr Verhalten zukünftig nicht ändern und weiterhin Pflichtverletzungen durch Vorlage irreführender ärztlicher Stellungnahmen begehen wird.

Den Umständen des Streitfalles lassen sich hierfür keine Anhaltspunkte entnehmen. Die Klägerin hat nicht erklärt, sie sei generell nicht gewillt, gesetzliche Vorschriften im Zusammenhang mit dem Schutz vor dem Coronavirus zu beachten und werde sich der Befolgung der bestehenden gesetzlichen Regelungen durch manipulative ärztliche Bescheinigungen zu entziehen suchen. Im Rahmen des Personalgesprächs vom 24.02.2022 gab die Klägerin nicht zu erkennen, dass es ihr an der Bereitschaft fehle, sich rechtstreu zu verhalten. Sie hat insbesondere nicht versucht, die Herkunft der Bescheinigung zu vertuschen. Sie räumte vielmehr auf Befragen ein, wie es zur Vorlage des Dokuments kam.

(2) Die Pflichtverletzung, die man der Klägerin vorwerfen kann, wiegt nicht so schwer, dass deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und auch für den Arbeitnehmer erkennbar offensichtlich ausgeschlossen ist.

Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Beklagte ein besonderes Interesse daran hat, dass Ungeimpfte ihre Weiterbeschäftigung nicht durch Vorlage irreführender ärztlicher Bescheinigungen rechtsmissbräuchlich herbeiführen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Arbeitgeber ein massives Interesse am Schutz der vulnerablen betreuten Personen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus hat und der Gesetzgeber davon ausging, dass ungeimpfte Personen eine größere Risikoquelle darstellen als geimpfte oder genesene Personen.

Im Streitfall ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin die "eigentliche" Bescheinigung über die vorläufige Impfunfähigkeit von Frau Dr. E. zunächst gar nicht vorgelegt hatte. Die Klägerin überreichte am 21.02.2022 lediglich das zur Vorlage beim Arbeitgeber bestimmte Schreiben. Das Gutachten zur Bescheinigung einer vorläufigen Impfunfähigkeit legte die Klägerin erst nach Aufforderung im Laufe des Gesprächs vom 24.02.2022 vor. Das "Täuschungspotential" des an den Arbeitgeber gerichteten Schreibens ist aber viel geringer als das des ärztlichen Gutachtens, das ausdrücklich als solches bezeichnet ist und mit drucktechnischen Hervorhebungen der vorläufigen Impfunfähigkeit versehen ist.

Die Klägerin musste damit rechnen, dass schon die in dem Schreiben genannte Adresse von Frau Dr. E. geeignet ist, kritische Rückfragen bei der Beklagten hervorzurufen. Auffällig ist auch, dass das Anschreiben es vermeidet, eine Telefonnummer für etwaige Rückfragen an die Ärztin anzugeben. Vielmehr ist als Kontaktmöglichkeit lediglich die Webseite "b-c.de" genannt.

Hinreichend deutlich geht aus dem Anschreiben hervor, dass lediglich eine vorläufige Impfunfähigkeitsbescheinigung vorliegt und nicht ein Zeugnis über die bestehende Kontraindikation. Der vorläufige Charakter ergibt sich schon aus der Überschrift des Anschreibens; auch im dritten Absatz ist von einer "vorübergehende Impfunfähigkeitsbescheinigung" die Rede. Dass die ärztliche Empfehlung, die Klägerin möge sich zunächst allergologisch untersuchen zu lassen, nicht auf objektiv bestehenden Anhaltspunkten für eine Impfunverträglichkeit beruhte, sondern auf der persönlichen Einschätzung der Klägerin, eine Allergie nicht ausschließen zu können, wird im dritten Absatz des Schreibens ausdrücklich klargestellt. Aufgrund dessen musste es bei objektiver Betrachtung als eher unwahrscheinlich erscheinen, dass die Beklagte nach der Vorlage des Anschreibens die Klägerin ohne Weiteres über den 15.03.2022 hinaus arbeiten lässt. Ein besonderes Gewicht kann der Pflichtverletzung nicht deshalb beigemessen werden, weil es im Hinblick auf die Strafbarkeit nach § 278 StGB überwiegender Auffassung entspricht, dass ein ärztliches Gesundheitszeugnis bereits dann unrichtig ist, wenn die für eine Beurteilung des Gesundheitszustandes erforderliche Untersuchung nicht durchgeführt wurde (dazu Ruppert, medstra 2022, 153, 156; Gierok/Köllmann, NZA 2022, 1227, 1230, jeweils m.w.N.). Die strafrechtliche Bewertung ist nicht entscheidend für die Frage, ob ein Kündigungsgrund vorliegt ( BAG, Urteil vom 21.06.2012 - 2 AZR 694/11). Überdies wird es auch strafrechtlich für unbedenklich erachtet, wenn Medizinalpersonen ohne eigene Untersuchung des Probanden eine gutachterliche Stellungnahme abgeben, sofern die Wagheit der Beurteilungsgrundlage ausdrücklich offen gelegt wird (Ruppert, medstra 2022, 153, 157 m.w.N.). Die Klägerin durfte jedenfalls mit guten Gründen annehmen, dass nach dem Inhalt des von ihr vorgelegten Anschreibens vom 04.02.2022 sie sich nicht vorwerfen lassen muss, eine ärztliche Untersuchung durch Frau Dr. E. vorgetäuscht zu haben.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin durch die Vorlage des Anschreibens keinen rechtlich missbilligten Erfolg herbeigeführt hat. Sie wurde tatsächlich nicht weiterbeschäftigt. Erst recht kam es nicht zu einer Gesundheitsgefährdung vulnerabler Gruppen.

Tatsächlich ist die Beklagte gar nicht auf den Gedanken verfallen, bei dem Anschreiben handele es sich um eine ärztliche Bescheinigung über die Kontraindikation im Sinne des § 20a Abs. 2 S. 1 Nr. 4 IfSG. Vielmehr wurde die Klägerin nur drei Tage, nachdem sie das Anschreiben vorgelegt hatte, zu einem Personalgespräch einbestellt.

III. Die Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg.

Das Arbeitsverhältnis wurde nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 08.06.2022 aufgelöst. Die Kündigung ist rechtsunwirksam.

1. Die Kündigung gilt nicht gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam.

Die Klägerin hat die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung rechtzeitig geltend gemacht. Sie hat zwar nicht gemäß § 4 S. 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach dem Zugang der Kündigung vom 08.06.2022 eine Kündigungsschutzklage gegen diese Kündigung erhoben. Die Klägerin hatte jedoch mit der gegen die Kündigung vom 07.03.2022 gerichteten Klage bereits einen allgemeinen Feststellungsantrag gestellt. In entsprechender Anwendung des § 6 KSchG wahrt die allgemeine Feststellungsklage die Frist des § 4 S. 1 KSchG im Hinblick auf nachfolgende Kündigungen, wenn die klagende Partei die Folgekündigung noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz - nunmehr konkret bezeichnet - in den Prozess einführt und auf sie bezogen, einen punktuellen Kündigungsschutzantrag stellt ( BAG, Urteil vom 26.09.2013 - 2 AZR 682/12). Dies ist im Streitfall geschehen. Die Klägerin hat die Kündigung vom 08.06.2022 mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht gestellten Antrag ausdrücklich benannt und sie im Wege des punktuellen Kündigungsschutzantrages angegriffen.

2. Die Wirksamkeit der Kündigung beurteilte sich nach den Vorschriften im ersten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes.

Die Klägerin war, als ihr die Kündigung zuging, bereits länger als sechs Monate für die Beklagte tätig (§ 1 Abs. 1 KSchG). Die Beklagte beschäftigt in der Pflegeeinrichtung mehr als zehn Arbeitnehmer vollzeitig (§ 23 Abs. 1 S. 3 KSchG).

3. Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam.

Sie ist sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG. Sie ist nicht durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt (andere Kündigungsgründe sind nicht ersichtlich). Unterstellt man, dass die Klägerin durch die Vorlage des Anschreibens vom 04.02.2022 die sie treffende vertragliche Rücksichtnahmepflicht verletzt hat, so handelt es sich nicht um eine Pflichtverletzung, die eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen vermag. Der Beklagten stand als milderes Mittel der Ausspruch einer Abmahnung zur Verfügung (siehe oben unter II 2 b bb der Entscheidungsgründe).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte unterlag im Rechtsstreit und hat die Kosten zu tragen.

V. Es besteht keine Veranlassung, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

1. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG auf.

Es kann offenbleiben, ob die Frage, inwiefern die Vorlage unrichtiger oder irreführender Impfunfähigkeitsbescheinigungen eine vertragliche Nebenpflichtverletzung darstellt, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist. Dass eine Pflichtverletzung vorliegt, ist im Streitfall zugunsten der Beklagten angenommen worden. Entscheidungserhebliche Bedeutung kam letztlich der einzelfallbezogenen Interessenabwägung nach den besonderen Umständen des Streitfalls zu.

2. Auch die Zulassung wegen Divergenz im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG ist nicht geboten.

Zwar hat das LAG Schleswig-Holstein die Vorlage einer von Frau Dr. Müller ausgefertigten Impfunfähigkeitsbescheinigung für ausreichend erachtet, um eine Kündigung zu rechtfertigen (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.11.2022 - 4 Sa 139/22). Die klageabweisende Entscheidung im hiesigen Verfahren allein begründet aber keine Divergenz i.S.d. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG. Divergenz setzt eine relevante Abweichung voraus (Ulrich in: Schwab/Weth, 6. Aufl. 2022, § 72 ArbGG Randnr. 38). Eine relevante Abweichung liegt nur vor, wenn das Urteil des LAG zu einer Rechtsfrage einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem abstrakten Rechtssatz zu der gleichen Rechtsfrage in der Referenzentscheidung des Divergenzgerichtes abweicht ( BAG, Beschluss vom 23.07.1996 - 1 ABN 18/96 ). Daran fehlt es, wenn nur ähnliche Lebenssachverhalte von verschiedenen Gerichten unterschiedlich bewertet werden (Klug in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, § 72 ArbGG Randnr. 15).

Die Entscheidung der erkennenden Kammer beruht nicht darauf, dass sie der rechtlichen Beurteilung einen anderen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat als das LAG Schleswig-Holstein. Der Sachverhalt, der dem LAG Schleswig-Holstein zur Entscheidung unterbreitet war, unterscheidet sich vom Sachverhalt im vorliegenden Fall insbesondere dadurch, dass die Klägerin hier nicht die ärztliche vorläufige Impfunfähigkeitsbescheinigung, sondern lediglich das an den Arbeitgeber gerichtete Anschreiben vorlegte.

Vorschriften§ 20a Abs. 2 S. 1 IfSG, § 279 StGB, § 66 Abs. 1 ArbGG, § 7 KSchG, § 4 S. 1 KSchG, § 167 ZPO, § 626 Abs. 1 BGB, § 241 Abs. 2 BGB, § 20a Abs. 2 S. 1 Nr. 4 IfSG, § 20a Abs. 1 IfSG, § 278 StGB, § 6 KSchG, § 1 Abs. 1 KSchG, § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG, § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG, § 91 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG