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Urteil vom 11.08.2022 · IWW-Abrufnummer 236555

Landesarbeitsgericht Nürnberg - Aktenzeichen 5 Sa 316/21

1. § 6 Abs. 5 ArbZG überlässt die Ausgestaltung des Ausgleichs für Nachtarbeit wegen der größeren Sachnähe den Tarifvertragsparteien und schafft nur subsidiär einen gesetzlichen Anspruch.

2. Um den gesetzlichen Anspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG zu ersetzen, muss die tarifliche Regelung eine Kompensation für die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastung vorsehen. Dies folgt aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck des dem Gesundheitsschutz dienenden § 6 Abs. 5 ArbZG .

3. Die Tarifvertragsparteien haben als selbstständige Grundrechtsträger im Rahmen des geschützten Bereichs der Tarifautonomie einen weiten Gestaltungsspielraum. Bei der Lösung tarifpolitischer Konflikte sind sie dabei nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Vereinbarung zu treffen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht.


Tenor: 1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 03.08.2021, Aktenzeichen: 14 Ca 5198/20, wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung tariflicher Zuschläge.

Der Kläger ist seit 1.8.2010 bei der Beklagten als Kommissionierer in der Frischeabteilung in Teilzeit mit einer Wochenarbeitszeit von 30,8 Stunden (vgl. Vereinbarung vom 31.7.2015, Bl. 84 d.A.) in der Filiale der Beklagten in S... zuletzt mit einem monatlichen Bruttoentgelt von 1.913,60 Euro beschäftigt.

Es gilt der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels (im Folgenden: MTV). Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 4 Teilzeitarbeit

1. Als Teilzeitbeschäftigte sind die Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen zu bezeichnen, deren vertraglich vereinbarte Arbeitszeit kürzer ist als die tariflich vereinbarte Wochenarbeitszeit.

2. Teilzeitbeschäftigte dürfen aufgrund ihres Teilzeitarbeitsverhältnisses nicht von tariflichen und betrieblichen Leistungen ausgeschlossen werden. Sie haben Anspruch auf diese Leistungen im Verhältnis ihrer durchschnittlich geleisteten wöchentlichen Arbeitszeit zur tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit, sofern nicht günstigere Regelungen für den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin bestehen.

3. [...]

4. Ziffer 2 findet keine Anwendung, sofern die Tarifvertragsparteien für Teilzeitbeschäftigte hiervon abweichende Regelungen in anderen Tarifverträgen vereinbart haben.

5. Teilzeitbeschäftigte erhalten ein Urlaubsgeld im Verhältnis ihrer tatsächlichen Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit.

6. Teilzeitbeschäftigte erhalten die nach diesen Bestimmungen zu errechnende Sonderzahlung im Verhältnis ihrer tatsächlichen Arbeitszeit zur tariflichen Wochenarbeitszeit.

7. [...]

§ 8 Regelmäßige Arbeitszeit

1. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt wöchentlich ausschließlich der Pausen 38,5 Stunden. Die Arbeitszeit verteilt sich auf 5 Wochentage. Der Samstag ist arbeitsfrei.

2. Eine von Ziffer 1 abweichende Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist aus betrieblichen Gründen zulässig. In Betrieben mit Betriebsrat ist sie im voraus durch Betriebsvereinbarung zu regeln. In Betrieben ohne Betriebsrat ist im voraus zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen eine einvernehmliche Regelung zu treffen.

Innerhalb eines Verteilzeitraums (bis maximal 52 Wochen) muß die Wochenarbeitszeit bei Vollzeitkräften im Durchschnitt 38,5 Stunden betragen.

Die Ankündigungsfrist für den/die Beschäftigten beträgt mindestens vier Wochen.

In Ausnahmefällen kann die Ankündigungsfrist auf 14 Tage verkürzt werden, in Betrieben mit Betriebsrat durch freiwillige Betriebsvereinbarung, in Betrieben ohne Betriebsrat durch einvernehmliche Einzelvereinbarung. Bei Vollzeitkräften darf die tägliche Mindestarbeitszeit von vier Stunden nicht unterschritten werden; arbeitsfreie Tage sind zulässig.

Protokollnotiz vom 30.6.1997

Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, daß die tarifliche Regelung des Manteltarifvertrages § 8 Ziffer 2 nur Vollzeitkräfte erfaßt [...]

§ 9 Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

1. Bei einer Arbeitszeit gemäß § 8 Ziffer 1 ist Mehrarbeit die über 38,5 Stunden in der Woche bzw. 77 Stunden in der Doppelwoche hinaus angeordnete bzw. notwendigerweise geleistete Arbeit.

Mehrarbeit ist mit 1/167 des Monatsentgelts pro Mehrarbeitsstunde zu vergüten. Bei Teilzeitbeschäftigten vermindert sich der Teiler auf die Zahl der vereinbarungsgemäß zu leistenden Arbeitsstunden. Bis einschließlich der 40. Wochenstunde ist kein Mehrarbeitszuschlag zu zahlen, danach sind 25% zusätzlich zu vergüten.

2. Bei einer Arbeitszeit gemäß § 8 Ziffer 2 ist Mehrarbeit die über die festgelegte Wochenarbeitszeit hinaus angeordnete bzw. notwendigerweise geleistete Arbeit. Mehrarbeit ist je Stunde bei Vollzeitbeschäftigten mit 1/167 des Monatsentgelts zu vergüten, wobei die ersten 1,5 Stunden Mehrarbeit pro Woche zuschlagsfrei bleiben. Jede weitere Mehrarbeit ist mit einem Zuschlag von 25% zu vergüten.

3. [...]

5. Wach- und Pfortenpersonal erhält den Mehrarbeitszuschlag erst, wenn die Arbeitszeit von 43,5 Stunden in der Woche, bzw. 87 Stunden in der Doppelwoche einschließlich der Pausen überschritten ist.

6. Reisende erhalten anstelle der tariflichen Vergütung für Mehr-, Nacht- Sonntags- und Feiertagsarbeit die im Arbeitsvertrag vereinbarte Entschädigung.

7. Nachtarbeit ist die von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr geleistete Arbeit und wird mit einem Zuschlag von 25% vergütet

Soweit es sich um Mehrarbeit handelt, erhöht sich der Zuschlag auf 50%.

Für berufsübliche Nachtarbeit, z.B. Wach- und Pfortenpersonal, ist kein Zuschlag gemäß den Ziffern 7 und 8 zu zahlen.

8. Sonntagsarbeit bei Tage (6.00 bis 20.00 Uhr) wird mit einem Zuschlag von 50% vergütet. Sonntags-Nachtarbeit von 0.00 bis 6.00 Uhr und von 20.00 bis 24.00 Uhr wird mit einem Zuschlag von 100% vergütet.

Arbeit an gesetzlichen Feiertagen wird mit einem Zuschlag von 150% vergütet.

9. Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist nur der jeweils höhere zu zahlen.

10. Im beiderseitigen Einvernehmen kann die Vergütung für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit einschließlich der Zuschläge durch Freizeit abgegolten werden. [...]

§ 18 Geltendmachung von Ansprüchen, Gerichtsstand

1. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind gegenüber der Geschäftsleitung oder der von ihr bezeichneten Stelle zunächst mündlich, bei Erfolglosigkeit schriftlich innerhalb der folgenden Fristen geltend zu machen:

a) Ansprüche wegen Nichtübereinstimmung des ausgezahlten Betrages mit der Entgeltabrechnung bzw. dem Entgeltnachweis: unverzüglich.

b) Ansprüche wegen fehlerhafter Errechnung des Entgelts oder der Abzüge: 4 Wochen nach Aushändigung der Entgeltabrechnung.

c) Alle übrigen Ansprüche: 2 Monate nach Fälligkeit (Urlaub 3 Monate nach Ende des Urlaubsjahres).

d) im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses: 2 Monate nach dem Ausscheiden.

2. Für Ansprüche des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber den Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen gelten die Fristen des Abs. 1 sinngemäß.

3. Die Ansprüche erlöschen, wenn sie nicht vor Ablauf der in Ziff. 1b - d genannten Fristen schriftlich geltend gemacht worden sind (Ausschlußfristen).

4. Sind die Ansprüche fristgerecht geltend gemacht, ist ihre Erfüllung aber von der Geschäftsleitung abgelehnt worden oder erklärt sich die Geschäftsleitung innerhalb von 2 Wochen nicht, so muß der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin, sofern er/sie das Arbeitsgericht anrufen will, nach Ablehnung oder nach Fristablauf innerhalb von 2 Monaten Klage erheben. Geschieht dieses nicht, so erlöschen die Ansprüche.

Dies gilt auch sinngemäß für Ansprüche des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin.

5. [...]"

In § 18 des von beiden Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages haben die Parteien Folgendes vereinbart:

1. Der Arbeitnehmer ist zur sofortigen Nachprüfung der ausgezahlten Vergütung bzw. seiner Entgeltabrechnung verpflichtet. Differenzen sind dem Arbeitgeber unverzüglich zu melden.

2. Ansprüche auf Bezahlung von Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonntags- und Feiertagsarbeit sowie Schichtzulage erlöschen mit dem Ablauf von drei Monaten nach ihrer Entstehung, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden. Der Einspruch gegen eine fehlerhafte Eingruppierung ist innerhalb einer Frist von drei Monaten zu erheben. Ist ein Einspruch nicht rechtzeitig erfolgt, kann ein Anspruch für einen weiter als drei Monate zurückliegenden Zeitraum nicht geltend gemacht werden.

Alle übrigen aus dem Arbeitsverhältnis entstandenen gegenseitigen Ansprüche sind spätestens innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen. Vorstehende Fristen sind Ausschlussfristen.

3. Die in Ziffer 2 genannten Ausschlussfristen gelten nicht für Ansprüche des Arbeitgebers oder eines Arbeitnehmers gegen einen Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Für diese Ansprüche gelten die gesetzlichen Vorschriften.

Im Betrieb der Beklagten, in dem der Kläger beschäftigt ist, gilt zudem die Betriebsvereinbarung Arbeitszeit vom 13.11.2019 (im Folgenden: BV Arbeitszeit, Bl. 122 ff. d.A.).

An Tagen vor Feiertagen wird bei der Beklagten in Frischeabteilungen nicht kommissioniert, sondern, um die Frische der Ware zu gewährleisten, am Feiertag selbst.

Mit Schreiben vom 31.7.2020 (Bl. 21 d.A.), der Beklagten am selben Tag zugegangen, machte der Kläger die Zahlung weiterer Zuschläge für die Abrechnungszeiträume April bis Juni 2020 sowie zukünftig geltend. Die Beklagte wies die Forderungen des Klägers mit Schreiben vom 4.8.2020 (Bl. 82 d.A.) zurück.

Mit Klageschrift vom 29.9.2020, beim Arbeitsgericht Nürnberg am 30.9.2020 vorab per Fax eingegangen und der Beklagten am 7.10.2020 zugestellt, macht der Kläger weitere Zuschläge für die Abrechnungszeiträume April 2020 (2.3.2020 bis 5.4.2020), Mai 2020 (6.4.2020 bis 3.5.2020) und Juni 2020 (4.5.2020 bis 7.6.2020) geltend. Mit Klageerweiterung vom 30.4.2021, beim Arbeitsgericht Nürnberg am gleichen Tag vorab per Fax eingegangen und der Beklagten am 14.5.2021 zugegangen, macht der Kläger weitere Zuschläge für die Abrechnungszeiträume Januar 2021 (7.12.2020 bis 3.1.2021), Februar 2021 (4.1.2021 bis 7.2.2021) und März 2021 (8.2.2021 bis 7.3.2021) geltend.

Hinsichtlich des streitigen Sachvortrags der beiden Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Klageanträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 03.08.2021, Az. 14 Ca 5198/20, verwiesen.

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Endurteil vom 03.08.2021 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Zahlung erhöhter Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 30 % dem Kläger nicht zustehen würde. Ein Rückgriff auf die zu § 6 Abs. 5 ArbZG in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.12.2015 (10 AZR 423/14) ergangenen Grundsätze zur angemessenen Höhe des Nachtarbeitszuschlags bei Dauernachtarbeit sei aufgrund der tarifvertraglichen Ausgleichsregelung in § 9 Ziff. 7 des anwendbaren Manteltarifvertrages nicht veranlasst. Auch der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung weiterer Mehrarbeitszuschläge sei nicht gegeben. Nach Auffassung des Erstgerichts ergebe eine Auslegung des Manteltarifvertrages, dass die hierin geregelten Mehrarbeitszuschläge ein Ausgleich für eine besondere Belastung darstellen würden, welche sich erst aus einer Arbeitszeit über 40 Stunden in der Woche hinaus ergäbe und dass deshalb dieser Zuschlag an Teilzeitbeschäftigte nicht bezahlt werden müsse, solange die erbrachte Arbeitszeit nicht ebenfalls die 40-Stunden-Schwelle wöchentlich überschreiten würde. Weiter habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung von Nachtzuschlägen an Feiertagen zusätzlich zu den bezahlten Feiertagszuschlägen, da ein solcher zusätzlicher Nachtzuschlag vor dem Hintergrund der Regelung in § 9 Ziff. 9 des anwendbaren Manteltarifvertrages nicht in Betracht käme. Letztendlich habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung von Zuschlägen für ausgefallene Arbeitstage vor Feiertagen, betreffend den 09.04.2020, den 12.04.2020 und den 31.05.2020, da der Kläger an diesen Tagen unstreitig keine Arbeitsleistung erbracht habe. Die Beklagte schulde entsprechende Zuschläge auch nicht aufgrund eines Annahmeverzugs, da der Kläger für die geltend gemachten Arbeitstage nicht zur Arbeit eingeteilt gewesen sei. Auch seien zwischen den Parteien keine festen Arbeitstage vereinbart worden, an denen der Kläger seine Arbeitsleistung hätte erbringen müssen, so dass ein Annahmeverzug der Beklagten nicht vorläge.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 03.08.2021 ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16.08.2021 zugestellt worden. Die Berufungsschrift des Klägers ging beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 15.09.2021 ein. Die Berufungsbegründungsschrift ging beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 18.11.2021 innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist ein.

Unter Vertiefung seiner erstinstanzlichen Argumentation ist der Kläger der Auffassung, dass er einen Anspruch auf Zahlung eines Nachtzuschlags in Höhe von 30 % statt der von der Beklagten geleisteten 25 % habe. Dies ergebe sich nach Auffassung des Klägers aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.12.2015 (10 AZR 423/14). Entgegen der Auffassung des Erstgerichts handele es sich bei § 9 Ziff. 7 des MTV nicht um eine ausreichende Ausgleichsregelung bzw. Kompensation, da die Regelung nicht zwischen gelegentlicher Nachtarbeit und Dauernachtarbeit unterscheiden würde. Arbeitnehmer, die wie der Kläger Dauernachtarbeit leisten würden, würden keinen ihnen aufgrund der erhöhten Belastung höheren Nachtarbeitszuschlag erhalten, sondern lediglich denjenigen, den auch Arbeitnehmer erhalten würden, die nur gelegentlich Nachtarbeit leisten müssten. Der Kläger sei jedoch aufgrund gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse schutzwürdiger, was auch finanziell im Hinblick auf die Höhe des Nachtzuschlags seinen Niederschlag finden müsse. Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Zuschläge für Mehrarbeit in Höhe von 25 % und zwar dann, wenn der Kläger seine arbeitsvertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit von 30,8 Stunden überschreite. Die Wochenarbeitszeit des Klägers betrage 30,8 Stunden, also 80 % desjenigen, was ein Vollzeitbeschäftigter zu leisten habe. Daraus ergäbe sich, dass der Kläger nach weiteren 1,2 Stunden (80 % von 1,5) ab der 32. Wochenstunde einen Anspruch auf den Mehrarbeitszuschlag habe. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts handle es sich bei den tariflich geregelten Mehrarbeitszuschlägen nicht um einen Ausgleich für die besondere Belastung, welche sich aus einer Arbeitszeit jenseits von 40 Stunden ergäbe, so dass Teilzeitbeschäftige nur besagten Zuschlag in Höhe von 25 % erhalten würden, wenn sie ebenfalls die Schwelle von 40 Stunden überschreiten würden. Insbesondere gehe das erstinstanzliche Gericht im Rahmen der vorgenommenen Auslegung des normativen Teiles des geltenden Tarifvertrages fehl, wenn es zu dem Ergebnis komme, dass Ziel der Vertragsparteien es gewesen sei, durch Mehrarbeitszuschläge diejenigen Belastungen abzudecken, die entstehen würden, wenn Arbeitnehmer mehr als 40 Stunden arbeiten würden. Für eine solche Auslegung bestünde kein Anhaltspunkt. Sinn und Zweck der tariflichen Regelung sei nicht das Einführen einer für alle Arbeitnehmer geltende Belastungsgrenze, sondern sei dem Umstand geschuldet, dass berufliche Tätigkeiten innerhalb der Branche des Groß- und Außenhandels größtenteils von der täglichen Bestellung der jeweiligen Kunden abhängen würden. Einige Bestellungen müssten, beispielsweise bei leicht verderblicher Ware, tagesfertig bearbeitet und verschickt werden. Aufgrund der mangelnden Vorhersehbarkeit sei es nie vollständig vorhersehbar, wie hoch der tägliche Arbeitsanfall ausfalle. Folglich sei den Arbeitgebern eine zuschlagsfreie Zeit in Höhe von 1,5 Stunden bei Vollzeitbeschäftigten bzw. eine geringere Anzahl von Stunden bei Teilzeitbeschäftigten eingeräumt worden, um ihnen einen Planungsspielraum zu geben und zu verhindern, dass fast täglich zusätzliche Zuschläge abgerechnet und ausbezahlt werden müssten. Das vom erstinstanzlichen Gericht durch Auslegung festgestellte Tarifverständnis führe letztendlich dazu, dass es Teilzeitbeschäftigten nahezu unmöglich gemacht werde, in den Genuss des Mehrarbeitszuschlages in Höhe von 25 % zu kommen. Der mit den Mehrarbeitszuschlägen des MTV verfolgte Zweck, die Einbuße der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit zu belohnen und Arbeitgeber von Eingriffen in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer abzuhalten, beziehe sich in gleicher Weise auf Teilzeit- und Vollzeitkräfte. Dieser Zweck könne nur erreicht werden, wenn die Zuschläge von der individuell vereinbarten Arbeitszeit abhängen würden. Auch sei darauf zu verweisen, dass das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 19.12.2018 - 10 AZR 231/18 - auch zu dem Ergebnis gekommen sei, dass eine tarifvertragliche Bestimmung, nach der ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge erst bestünde, wenn die für eine Vollzeittätigkeit maßgebliche Stundenzahl überschritten werde, gegen § 4 Abs. 1 TzBfG verstoßen würde.

Des Weiteren habe der Kläger für die Abrechnungszeiträume Mai 2020 und Juni 2020 Anspruch auf Zahlung eines Nachtzuschlags in Höhe von 30 % neben des von der Beklagten gewährten Feiertagszuschlags für den 10.04., 13.04. und 01.06.2020. Bei § 9 Ziff. 9 des MTV handle es sich um keine ausreichende Ausgleichsregelung bzw. Kompensation, da die Regelung gerade nicht zwischen Tag- und Nachtarbeit am Feiertag unterscheiden würde. Arbeitnehmer, wie der Kläger, die Dauernachtarbeit leisten würden, würden wie Arbeitnehmer behandelt, die an Feiertagen tagsüber arbeiten würden. Der Kläger sei jedoch aufgrund gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse schutzwürdiger, so dass der Kläger neben dem Feiertagszuschlag auch einen Anspruch auf Nachtzuschlag in Höhe von 30 % habe. Weiter habe der Kläger einen Anspruch für ausgefallene Arbeitstage vor Feiertagen. An Tagen vor Feiertagen werde im Betrieb der Beklagten, in dem der Kläger beschäftigt werde, nicht kommissioniert. Um die Frische der Ware stets zu gewährleisten, werde daher am Feiertag kommissioniert. Für den ausgefallenen Arbeitstag vor dem jeweiligen Feiertag rechne die Beklagte allerdings nur die angefallenen Stunden ab und nicht die Zuschläge, die an diesen Tagen angefallen wären. Der Kläger habe hinsichtlich der an den jeweiligen Tagen anfallenden Zuschläge entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts trotz des Umstandes, dass er an besagten Tagen nicht arbeite, einen Anspruch auf Vergütung nach dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Weiter sei das Endurteil des Arbeitsgerichts aufzuheben, da sich das Arbeitsgericht nicht mit dem vom Kläger geltend gemachten Zuschlag gemäß § 9 Ziff. 7 Abs. 2 des MTV, wonach Mehrarbeit, die in die Zeit der Nachtarbeit falle, mit einem Zuschlag von 50 % abzurechnen und zu vergüten sei, auseinandersetzen würde. Im Gegensatz zu dem Mehrarbeitszuschlag gemäß § 9 Ziff. 2 des geltenden Manteltarifvertrages sei im Rahmen des Zuschlags gemäß § 9 Ziff. 7 Abs. 2 MTV eine tägliche Betrachtung anzustellen. Der Kläger beginne seine Schichten als Kommissionierer stets zwischen 15 Uhr und 17 Uhr, so dass bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von 7,7 Stunden die Mehrarbeit stets in dem Zeitraum zwischen 20 Uhr und 6 Uhr falle. In der Betriebsvereinbarung "Arbeitszeit" sei in § 5 Ziff. 1 geregelt: "Mehrarbeit ist Arbeitszeit, die über die tägliche Arbeitszeit laut Personaleinsatzplan geleistet wird." Hieraus ergäbe sich somit eindeutig, dass Mehrarbeit nicht erst dann entstehe, wenn der jeweilige Arbeitnehmer der Beklagten seine wöchentliche Arbeitszeit überschritten habe, sondern bereits dann, wenn er an einem beliebigen Tag über die eingeteilte Sollarbeitszeit dieses Tages hinaus Mehrarbeit leistet. Die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche seien auch nicht aufgrund § 18 MTV erloschen.

Der Kläger hat im Berufungsverfahren folgende Anträge gestellt:

I. Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 03.08.2021, Aktenzeichen: 14 Ca 5198/20 wird abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, 521,78 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, weitere 318,65 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.

IV. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte hat beantragt.

I. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie ist der Auffassung, dass aufgrund § 9 Ziff. 7 des Manteltarifvertrages ein angemessener Zuschlag im Sinne des § 6 Abs. 5 ArbZG gezahlt werde. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass aufgrund der tarifvertraglichen Regelung der Nachtzuschlag bereits ab 20 Uhr und nicht erst ab 23 Uhr bezahlt werde. Darüber hinaus handle es sich bei dem Kläger nicht um einen Dauernachtarbeiter. Die Beklagte weist auch darauf hin, dass weder aus der Berufungsbegründung noch aus der vorgelegten Anlage K3 ersichtlich sei, für welche Zeiträume dem Kläger ein Nachtzuschlag von 30 % zustehen solle. Der Sachvortrag des Klägers sei insoweit völlig unsubstantiiert. Dem Kläger stünden auch keine Mehrarbeitszuschläge für die Monate April, Mai und Juni 2020 zu. Entsprechend dem Wortlaut des § 9 Ziff. 2 des Manteltarifvertrages erhalte der Kläger erst nach Erreichen der 40. Stunde einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschlag. Der Kläger werde hierdurch auch nicht als Teilzeitbeschäftigter benachteiligt. Das erstinstanzliche Gericht habe insoweit den Manteltarifvertrag richtig ausgelegt und dahingehend erkannt, dass durch die Mehrarbeitszuschläge diejenigen Belastungen ausgeglichen werden sollten, die entstehen, wenn der Arbeitnehmer mehr als 40 Wochenstunden ableiste. Es werde aufgrund der tarifvertraglichen Regelung gerade nicht auf das Überschreiten der individuellen Arbeitszeit der einzelnen Arbeitnehmer abgestellt. Und auch aufgrund des systematischen Zusammenhangs der tarifvertraglichen Regelung könne man zu keinem anderen Ergebnis kommen als dass die Tarifvertragsparteien hinsichtlich des Mehrarbeitszuschlages gerade keine Differenzierung zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten haben wollten. Auch die Tarifhistorie streite hierfür, da trotz einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 40 Stunden auf 38,5 Stunden die Tarifvertragsparteien daran festgehalten hätten, dass Überstundenzuschläge erst ab der 41. Wochenstunde zu zahlen seien. Auch dies sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich hier um den Ausgleich bei Überschreiten der Belastungsgrenze von 40 Wochenstunden handeln solle und nicht auf die Überschreitung der individuellen Arbeitszeiten abzustellen sei. Da der Kläger Mehrarbeitszuschläge erst ab der 41. Wochenstunde beanspruchen könne, verbleibe auch kein Raum für einen 50%igen Zuschlag gemäß § 9 Ziff. 7 Abs. 2 des Manteltarifvertrages. Ein solcher Zuschlag von 50 % wäre lediglich zu zahlen, soweit die Nachtarbeit mit einer Mehrarbeit zusammenfalle.

Der Kläger hätte auch keinen Anspruch auf weitere Zahlungen von weiteren Feiertagszuschlägen. Der Kläger habe zum 10.04.2020, 13.04.2020 und 01.06.2020 unstreitig den Feiertagszuschlag in Höhe von 150 % gemäß § 9 Ziff. 8 Abs. 2 MTV erhalten. Auf einen weiteren Zuschlag habe der Kläger aufgrund § 9 Ziff. 9 MTV jedoch keinen Anspruch. Unstreitig sei auch, dass der Kläger am 09.04.2020, 12.04.2020 und 31.05.2020 nicht gearbeitet habe. Die Beklagte habe dem Kläger für diese Tage jedoch auch Lohn bezahlt. Die Beklagte sei an diesen Tagen auch nicht in Annahmeverzug gewesen, da die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, den Kläger an diesen Tagen zur Arbeit einzuteilen, nachdem vertraglich keine festen Arbeitstage vereinbart worden seien. Darüber hinaus seien die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche entsprechend der Ausschlussfrist des § 18 Ziff. 1 b MTV erloschen. Hiernach seien Ansprüche wegen fehlerhafter Errechnung des Entgelts vier Wochen nach Aushändigung der Entgeltabrechnung geltend zu machen. Der Kläger habe die Entgeltabrechnung für die Abrechnungsmonate April, Mai und Juni 2020 jeweils am Ende des Abrechnungsmonats erhalten. Nachdem der Kläger unstreitig seine Ansprüche erst mit Schreiben vom 31.07.2020 geltend gemacht hätte, hätte er die vierwöchige tarifliche Ausschlussfrist nicht gewahrt, so dass die Ansprüche erloschen seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 1, 2 b ArbGG) und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6, Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung erweist sich als nicht begründet. Das Erstgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Die Kammer folgt den umfassenden und sehr sorgfältig abgefassten Gründen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung, denen sie sich anschließt, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Zur Verdeutlichung und Klarstellung und im Hinblick auf die in der Berufung vom Kläger vorgetragenen Argumente ist noch auf Folgendes hinzuweisen:

1) Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Zahlung erhöhter Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 30 % steht dem Kläger nicht zu. Ein Rückgriff auf die zu § 6 Abs. 5 ArbZG in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09. Dezember 2015 (10 AZR 423/14) ergangenen Grundsätze zur angemessenen Höhe des Nachtarbeitszuschlags bei Dauernachtarbeit ist aufgrund der tarifvertraglichen Ausgleichsregelung in § 9 Ziffer 7 MTV nicht veranlasst.

§ 6 Abs. 5 ArbZG überlässt die Ausgestaltung des Ausgleichs für Nachtarbeit wegen der größeren Sachnähe den Tarifvertragsparteien und schafft nur subsidiär einen gesetzlichen Anspruch. Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei darin, wie sie den Ausgleich regeln. Um den gesetzlichen Anspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG zu ersetzen, muss die tarifliche Regelung eine Kompensation für die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastung vorsehen. Dies folgt aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck des dem Gesundheitsschutz dienenden § 6 Abs. 5 ArbZG. Der Manteltarifvertrag enthält eine entsprechende tarifvertragliche Ausgleichsregelung im Sinne des § 6 Abs. 5 ArbZG. Aufgrund dessen scheidet ein Rückgriff auf die gesetzliche Regelung aus. Der Manteltarifvertrag sieht ausdrücklich Zuschläge für Nachtarbeit vor. Die Tarifvertragsparteien haben den Fall der Nachtarbeit geregelt und den Weg eines finanziellen Ausgleichs gewählt. Die tarifvertragliche Nachtzeit erfasst die gesetzliche Nachtzeit und erweitert sie zusätzlich um 3 Stunden. Nach der tariflichen Regelung in § 9 Ziffer 7 MTV ist Nachtarbeit die zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr geleistete Arbeit. Sinn und Zweck des Zuschlags ist es, die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen auszugleichen. Die Bewertung dieser Belastung ist Sache der Tarifvertragsparteien. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der tarifvertraglichen Ausgleichsregelung regelmäßig um Teile eines "Gesamtpakets" handelt (vgl. BAG vom 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14, zitiert nach juris). Bei § 9 Ziffer 7 MTV handelt es sich um eine ausreichende und angemessene Ausgleichsregelung im Sinne des § 6 Abs. 5 ArbZG.

2) Auch die vom Kläger verlangten Mehrarbeitszuschläge stehen diesem nicht zu. § 9 Ziffer 2 MTV regelt hinsichtlich des Mehrarbeitszuschlages, dass die ersten 1,5 Stunden an Mehrarbeit pro Woche zuschlagsfrei bleiben. Aufgrund der regelmäßigen Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche gemäß § 8 Ziffer 1 MTV ist bis einschließlich der 40 Wochenstunde kein Mehrarbeitszuschlag zu bezahlen. Dabei ist bezüglich der Mehrarbeitszuschläge nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten zu unterscheiden, da der tarifvertraglich geregelte Mehrarbeitszuschlag ein Ausgleich für eine besondere Belastung darstellt, welche sich aus einer Arbeitszeit über 40 Stunden in der Woche hinaus ergibt. Zunächst ist auf die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung der tariflichen Regelung zu § 9 Ziffern 1 und 2 MTV zu verweisen (II. 2. c) der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils auf den Seiten 15 - 17).

Auch soweit sich die Klagepartei auf die Betriebsvereinbarung "Arbeitszeit" vom 13.11.2019 beruft, ändert sich jedoch an der Beurteilung nichts. Gemäß der Präambel der Betriebsvereinbarung haben die Parteien die Arbeitszeiten zuzüglich der Kurzpausen sowie Arbeitszeitkonten geregelt. Die in § 8 Ziffer 2 MTV vorgesehene tarifliche Öffnungsklausel führt im Falle einer abweichenden Verteilung lediglich zu einem Verschieben der allgemeinen Belastungsgrenze und nicht dazu, dass auf das Überschreiten der individuellen Arbeitszeit der einzelnen Arbeitnehmer abzustellen ist. § 9 Ziffer 2 Satz 1 MTV regelt in diesem Zusammenhang lediglich die Bemessungsgröße des Mehrarbeitszuschlags. Auch das von der Klagepartei reklamierte Missbrauchspotential gegenüber Teilzeitbeschäftigten liegt nach Meinung der erkennenden Kammer nicht vor. Aus § 9 Ziffer 3 MTV ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien grundsätzlich die Mehrarbeit nach Möglichkeit eindämmen wollen. Nach dieser Vorschrift ist nur während der Saison oder in Zeiten erhöhten Arbeitsanfalls eine Verlängerung der Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden täglich, nicht jedoch über 50 Wochenstunden hinaus möglich. Eine solche Verlängerung kann nur erfolgen, wenn eine entsprechende Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird bzw. in Betrieben ohne Betriebsrat eine individualrechtliche Vereinbarung mit dem jeweiligen Arbeitnehmer geschlossen wird.

3) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Zuschläge für erbrachte Arbeitsleistung am 10.04.2020, 13.04.2020 und 01.06.2020. Für diese Tage hat der Kläger unstreitig den Feiertagszuschlag in Höhe von 150 % gemäß § 9 Ziffer 8 Absatz 2 MTV erhalten. Einen Anspruch auf einen weiteren Zuschlag insbesondere einen Nachtzuschlag hat der Kläger aufgrund der tariflichen Regelung in § 9 Ziffer 9 MTV nicht. Auch hier gilt wieder der Grundsatz zu beachten, dass die Tarifvertragsparteien als selbständige Grundrechtsträger im Rahmen des geschützten Bereichs der Tarifautonomie einen weiten Gestaltungsspielraum haben. Bei der Lösung tarifpolitischer Konflikte sind sie dabei nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Vereinbarung zu treffen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht (BAG vom 21. März 2018, 10 AZR 34/17, zitiert nach juris). Dem haben die Tarifvertragsparteien Rechnung getragen, in dem sie für verschiedene Fallgestaltungen und den damit verbundenen Belastungen unterschiedliche Zuschläge vereinbart haben und die jeweiligen Belastungssituationen vergütungsrechtlich geregelt haben. Im Sinne einer Vereinheitlichung und auch der Deckelung der Personalkostenbelastung ist die in § 9 Ziffer 9 MTV getroffene Regelung nicht zu beanstanden.

4) Der Kläger hat auch für die ausgefallenen Arbeitstage am 09.04.2020, 12.04.2020 und 31.05.2020 keinen weiteren Lohnanspruch. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger unstreitig für den 09.04.2020, 12.04.2020 und 31.05.2020 für die entgangene Arbeitszeit von der Beklagten eine Vergütung erhalten hat. Weiter ist unstreitig, dass der Kläger an den folgenden Feiertagen, 10.04.2020, 13.04.2020 und 01.06.2020 gearbeitet und den hier auch tarifvertraglich vorgesehenen Feiertagszuschlag von 150,00 € erhalten hat. Dabei gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Beklagte mit der vorgenommenen Arbeitseinteilung gegen gesetzliche, tarifliche oder betriebsverfassungsrechtliche oder arbeitsvertragliche Vorgaben verstoßen hat. Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Kläger sowohl am 09.04.2020, 12.04.2020 und 31.05.2020 zur Arbeit einzuteilen. Zu berücksichtigen ist, dass zwischen den Parteien keine festen Arbeitszeiten vereinbart waren, an denen der Kläger seine Arbeitsleistung zu erbringen hat, so dass das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat, dass sich die Beklagte nicht in einem Annahmeverzug nach § 615 Satz 1 BGB befindet und damit auch keine vom Kläger verlangten Zuschläge von der Beklagten zu zahlen sind.

5) Der Kläger hat für den Abrechnungszeitraum Januar bis März 2021 auch keinen Anspruch auf Zahlung von Zuschlägen gemäß § 9 Ziffer 7 Absatz 2 des MTV, da der Kläger als Teilzeitbeschäftigter Mehrarbeitszuschläge erst ab der 41. Wochenstunde beantragen kann (siehe oben unter II., 2.) und der Kläger in den genannten Abrechnungszeiträumen diese Voraussetzung nicht erfüllt, so dass kein Raum für einen 50%igen Zuschlag gemäß § 9 Ziffer 7 Absatz 2 MTV verbleibt. Zutreffend weist die Beklagte in diesem Zusammenhang nochmals darauf hin, dass bei der Mehrarbeit nicht auf die individuelle tägliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers abzustellen ist, sondern auf die wöchentliche Arbeitszeit und darüber hinaus ein Mehrarbeitszuschlag erst ab der 41. Wochenstunde zu bezahlen ist.

6) Nachdem die klägerischen Ansprüche nicht bestehen, kann dahingestellt bleiben, ob die Ansprüche aufgrund der Ausschlussfristen nach § 18 MTV oder nach § 18 des Arbeitsvertrages verfallen sind.

Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Für die Zulassung der Revision bestand kein gesetzlich begründeter Anlass (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

Vorschriften§ 6 Abs. 5 ArbZG, § 9 Ziff. 7 des MTV, § 4 Abs. 1 TzBfG, § 9 Ziff. 9 des MTV, § 9 Ziff. 7 Abs. 2 des MTV, § 9 Ziff. 7 Abs. 2 MTV, § 18 MTV, § 9 Ziff. 8 Abs. 2 MTV, § 9 Ziff. 9 MTV, § 18 Ziff. 1 b MTV, § 64 Abs. 1, 2 b ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6, Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, § 69 Abs. 2 ArbGG, § 9 Ziffer 7 MTV, § 9 Ziffer 2 MTV, § 8 Ziffer 1 MTV, § 8 Ziffer 2 MTV, § 9 Ziffer 2 Satz 1 MTV, § 9 Ziffer 3 MTV, § 9 Ziffer 8 Absatz 2 MTV, § 9 Ziffer 9 MTV, § 615 Satz 1 BGB, § 9 Ziffer 7 Absatz 2 des MTV, § 9 Ziffer 7 Absatz 2 MTV, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG