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Urteil vom 06.01.2023 · IWW-Abrufnummer 236622

Hessisches Landesarbeitsgericht - Aktenzeichen 3 Sa 1677/21

Begründete Berufung

Der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst hat keinen Anspruch auf Übertragung eines öffentlichen Amtes, welches, nach Durchführung eines ordnungsgemäß an Art 33 Abs. 2 GG orientierten Auswahlverfahrens, dem erfolgreichen Konkurrenten rechtswirksam auf Dauer übertragen worden ist, wenn er

1.) als Bewerber am Auswahlverfahren teilgenommen hat und

2.) weder die Auswahlentscheidung (zugunsten des Mitbewerbers) mit einer Konkurrentenklage angegriffen noch versucht hat, die bevorstehende Besetzung der Stelle mit dem Mitbewerber im Wege einstweiligen Rechtsschutzes zu verhindern.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 18. November 2021 ‒ 2 Ca 178/21 ‒ abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten als Geschäftsbereichsleiterin Kommunale Dienste zu beschäftigen ist.

Nach abgeschlossener Berufsausbildung ist die Klägerin auf der Grundlage eines schriftlichen Vertrages vom 23. Juni 1986 seit dem 01. August 1986 bei der beklagten Stadt als Verwaltungsangestellte beschäftigt und zunächst nach Vergütungsgruppe VIII BAT vergütet worden. In § 2 des Vertrages heißt es

„Das Dienstverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) mit den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an ihre Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung.“

Wegen er Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage BK2, Bl. 346f d.A. Bezug genommen.

In der Folgezeit hat es zwischen den Parteien einvernehmliche Änderungen hinsichtlich der Arbeitszeit gegeben, teilweise Umsetzungen und Höhergruppierungen.

Mit Schreiben vom 19. August 2016 hat die Beklagte der Klägerin zum 01. August 2016 die „Bereichsleitung Kommunale Dienste für die Bereiche Abfallwirtschaft, Friedhofs- und Bestattungswesen sowie Bauhof übertragen“ (im Folgenden: Bereichsleitung Kommunale Dienste) und sie nach Entgeltgruppe (im Folgenden: EG) 12 TVöD-VKA mit zuletzt 5.601,68 Euro brutto im Monat vergütet, wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage I, Bl. 13 d.A. verwiesen. Diese Stelle war bei den als Eigenbetrieb organisierten Stadtwerken der Beklagten (im Folgenden: die Stadtwerke) angesiedelt.

Zu den Aufgaben der Klägerin in der genannten Funktion hat insbesondere die Wahrnehmung von Personalführungsverantwortung für ca. 60 Mitarbeiter gehört, außerdem hatte die Beklagte der Klägerin eine Ausgabenbefugnis i.H.v. 15.000,- Euro eingeräumt. Die Klägerin ist ermächtigt gewesen, Kassenanordnungen zu erteilen und hatte sachliche und rechnerische Feststellungsbefugnisse. Zudem hat sie an Führungskreisbesprechungen und so genannten Jour-fixe-Terminen zwischen Betriebsleitung und Geschäftsbereichsleitern teilgenommen.

Nach einem Wechsel in der Leitung der Stadtwerke hat die Beklagte im März 2019 die interne Durchführung einer Effizienz- und Organisationsanalyse eingeleitet. Das Ergebnis hat im August 2020 vorgelegen. Eine der darin enthaltenen Empfehlungen lautet, einerseits einen Großteil der bis dahin bei den Stadtwerken existenten Stabsstellen aufzugeben und andererseits eine Reihe neuer Stabsstellen zu schaffen, wegen der Einzelheiten des Berichts wird auf die Anlage B4, 218ff verwiesen.

Ebenfalls im August 2020 hat die Beklagte für die Stadtwerke einen Stellenplan für das Wirtschaftsjahr 2021 erstellt. Darin waren für den Geschäftsbereich Betriebsleitung und Stabsstellen drei der EG 13 TVöD-VKA zugeordnete Stellen vorgesehen, jedoch keine der EG 12 TVöD-VKA zugeordnete Stelle, insoweit wird auf die Anlage XIII, Bl. 112f d.A. Bezug genommen. Entgegen der ursprünglichen Planung hat die Beklagte eine Stelle, welche später der Kläger zugewiesen worden ist, dann nicht als EG 13, sondern als EG 12-Stelle ausgewiesen. Die später der Klägerin zugewiesen Stabsstelle ist im Wirtschaftsplan der Beklagten für 2022, welcher im Dezember 2021 gebilligt worden ist, mit der EG 12 verankert, wie insgesamt 8 Stellen in EG 12 verankert sind, wegen der Einzelheiten des für die Stadtwerke erstellten Stellenplans für das Wirtschaftsjahr 2022 wir auf die Anlage B7, Bl. 289 d.A. verwiesen.

Im September 2020 hat die Leitung der Stadtwerke entschieden, die Betriebsorganisation in Anlehnung an das Ergebnis der Effizienz- und Organisationsanalyse ab dem Jahr 2021 zu verändern und insbesondere eine hierarchisch direkt unterhalb der Betriebsleitung angesiedelte neue Stabsstelle mit der Bezeichnung Förderung, Marktanalyse und Grundsatzangelegenheiten zu schaffen (im Folgenden: Stabsstelle Förderung). Deren Aufgabe sollte es sein, sich um Fördermöglichkeiten zu kümmern, um die Stadtwerke auf Dauer wettbewerbsfähig zu halten.

Am 17. September 2020 hat die Betriebsleitung die Klägerin darüber informiert, dass sie für die Übernahme dieser Stabsstelle Förderung vorgesehen sei. Am 22. September 2020 wurde das geänderte Organigramm den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtwerke präsentiert.

Am 25. September 2020 hat die Beklagte eine interne Ausschreibung für die Stelle der „Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste“ erstellt mit dem Hinweis, dass dieser Geschäftsbereich aus den „Abteilungen Entsorgungsmanagement, Bauhof und Ressourcen und Friedhofs- und Bestattungswesen mit derzeit 64 Mitarbeitern“ bestehe, insoweit wird auf die Anlage III, Bl. 34ff d.A. verwiesen. Diese interne Ausschreibung ist am 05. Oktober 2020 im Betrieb veröffentlicht worden. Am 04. November 2020 hat die Beklagte die Stelle zusätzlich extern ausgeschrieben, diesbezüglich wird auf die Anlage IV, Bl. 37 d.A. Bezug genommen. Die Klägerin hat sich auf beide Ausschreibungen beworben.

Am 10. Februar 2021 hat der Leiter der Stadtwerke der Klägerin in einem persönlichen Gespräch mündlich die Stabsstelle Förderung zugewiesen und dies in einer E-Mail vom selben Tag bestätigt und der Klägerin mit der E-Mail zugleich mitgeteilt, dass die Stelle Geschäftsbereich 4 anderweitig besetzt werde, wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage VI, Bl. 39 d.A. Bezug genommen. Die Klägerin hat am selben Tag die neue Tätigkeit aufgenommen. Am 12. Februar 2021 hat die Beklagte der Klägerin einen in einem städtischen Gebäude gelegenen Büroraum als neuen Arbeitsort zugewiesen.

Ebenfalls am 12. Februar 2021 hat die Leitung der Stadtwerke eine Dienstanweisung mit Wirkung ab dem 15. Februar 2021 zur Inkraftsetzung eines neuen Organigramms erlassen, in dem vier Stabsstellen unterhalb der Betriebsleitung aufgeführt sind, u.a. die Stabsstelle Förderung, mit der Klägerin als Stelleninhabern, insofern wird auf die Anlage B2, Bl. 80f d.A. verwiesen.

Die Klägerin hat für die zugewiesene Stabsstelle Förderung eine Beschreibung hinsichtlich der Tätigkeiten (getrennt nach den Bereichen Förderung, Marktanalyse und Grundsatzangelegenheiten) und Anforderungen erstellt, wegen deren Inhalt wird auf die Anlage B1, Bl. 78 f. d.A. verwiesen. Sie erhält weiterhin Vergütung nach EG 12 TVöD-VKA. Die mit der Stelle verbundene Ausgabenbefugnis beläuft sich auf 1.500,- EUR. Mit der Stelle sind keine Personalführungsaufgaben verbunden.

Mit Schreiben vom 23. Februar 2021 hat die Klägerin der Beklagten insbesondere mitgeteilt, dass sie die Tätigkeit nur unter dem Vorbehalt der Rechtmäßigkeit der Zuweisung übernommen habe, wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage VIII, Bl. 41 f. d.A. Bezug genommen

Jedenfalls mit E-Mail vom 24. Februar 2021 hat die Beklagte die Klägerin darüber unterrichtet, dass ihre Bewerbung um die Stelle Geschäftsbereichsleiter Kommunale Dienste nicht berücksichtigt werden konnte, insoweit wird auf die Anlage IX, Bl. 43 d.A. verwiesen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. März 2021 hat die Klägerin die Beklagte u.A. aufgefordert, sie spätestens ab 23. April 2021 wieder als Leiterin des Geschäftsbereiches 4 einzusetzen und mitgeteilt, dass sie bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die von ihr wahrzunehmende Tätigkeit ihrer Arbeit in der Stabsstelle Förderung nachkommen werde, wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage X, Bl. 44ff Bezug genommen. Dies hat die Beklagte mit Schreiben vom 11. Mai 2021 abgelehnt, insoweit wird auf die Anlage XI, Bl. 46ff d.A. verwiesen.

Am 16. März 2021 hat die Leitung der Stadtwerke der Klägerin den Entwurf einer Stellenbeschreibung für die Stabsstelle Förderung, Marktanalyse und Grundsatzangelegenheiten übersendet, wegen deren Inhalt auf die Anlage B8, Bl. 290 der Akte verwiesen wird.

Mit am 29. Juni 2021 bei Gericht eingegangener Klage, welche der Beklagten am 07. Juli 2021 zugestellt worden ist, hat die Klägerin ihre Beschäftigung als Geschäftsbereichsleiterin Kommunale Dienste - Abfallwirtschaft, Friedhofs- und Bestattungswesen, Bauhof begehrt.

Im Berufungsverfahren ist unstreitig geworden, dass die Beklagte die Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste nach einem entsprechenden Magistratsbeschluss vom 08. Februar 2021 (Anlage BK1, Bl. 345 d.A.) und Zustimmung des Personalrats mit Wirkung zum 01. Mai 2021 in Vollzeit neu besetzt hat mit Herrn A. Diese Auswahl / Besetzung hat die Klägerin gerichtlich nicht angegriffen. Die Beklagte hat den Arbeitsvertrag mit Herrn A am 09. März 2021 unterzeichnet und dieser ist nach zwischenzeitlichem Ablauf der Probezeit ordentlich unkündbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen erstinstanzlichen Vorbringens und der dort gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 1 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit am 18. November 2021 verkündeten Urteil die Beklagte verurteilt, die Klägerin als „Geschäftsbereichsleiterin Kommunale Dienste - Abfallwirtschaft, Friedhofs- und Bestattungswesen, Bauhof“ der Stadtwerke der Stadt B zu beschäftigen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klageantrag sei hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und die Klage zulässig. Die Klägerin habe einen Anspruch aus § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 242 BGB, auf Beschäftigung mit der ihr bisher zugewiesenen Tätigkeit als Geschäftsbereichsleiterin Kommunale Dienste, weil die Beklagte nicht rechtswirksam von ihrem arbeitsvertraglichen Weisungsrecht hinsichtlich Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung Gebrauch gemacht habe. Die Zuweisung der Stabsstelle Förderung an die Klägerin sei unwirksam, weil sie nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt sei. Diese habe nicht schlüssig dargelegt, dass die geänderte Tätigkeit der Klägerin die tariflichen Eingruppierungsmerkmale der EG 12 TVöD-VKA erfülle. Anhand der Angaben der Beklagten lasse sich nicht nachvollziehen, ob dies vorliegend der Fall ist. Sie habe bereits nicht dargelegt, welche Arbeitsvorgänge in welchem zeitlichen Ausmaß bei der Stabsstelle Förderung konkret anfallen. Hinzu komme, dass die Beklagte die Stelle im Stellenplan der Stadtwerke B für das Wirtschaftsjahr 2021 als der Entgeltgruppe 13 zugeordnet ausgewiesen und mithin von einer höherwertigen, der Klägerin nicht im Wege der Direktionsrechtsausübung zuweisbaren Stelle ausgegangen sei. Allein die Vergütung der Klägerin nach EG 12 TVöD-VKA genüge nicht. Trotz hierarchisch gleicher Ebene sei auch nach dem Sozialbild die der Klägerin zugewiesene Stabsstelle Förderung nicht mit der Stelle eines Geschäftsbereichsleiters Kommunale Dienste vergleichbar. Denn mit der Stabsstelle Förderung sei keinerlei Personalverantwortung verbunden und die damit verbundene finanzielle Ausgabenbefugnis sei deutlich geringer als die eines Geschäftsbereichsleiters Kommunale Dienste. Im Übrigen sei eine mit der Stabsstelle Förderung verbundene erhebliche Entscheidungsbefugniss nicht ersichtlich. Die Gleichwertigkeit der Stabsstelle ergebe sich auch nicht aus der mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Zielsetzung. Schließlich habe sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass eine Beschäftigung der Klägerin als Geschäftsbereichsleiterin Kommunale Dienste nicht möglich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 24. November 2021 zugestellte Urteil mit am 23. Dezember 2021 eingegangenem Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter und bewilligter Fristverlängerung innerhalb der Frist mit am 21. Februar 2022 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte rügt eine unterlassene bzw. fehlerhafte Sachverhaltsaufklärung durch das Arbeitsgericht. Es habe auf der Hand gelegen, dass die streitbefangene Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste nicht längere Zeit unbesetzt habe bleiben könne. Die gebotene Aufklärung hätte bereits in erster Instanz ergeben, dass die Stelle in Vollzeit seit 01. Mai 2021 mit A nachbesetzt ist. Dies sei der Klägerin jedenfalls durch Veröffentlichung im Internet bekannt gewesen. Vor der Neubesetzung der Stelle zum 01. Mai 2021 habe die Beklagte länger als die üblichen zwei Wochen gewartet, um der Klägerin die Möglichkeit einer Konkurrentenklage oder eines Eilantrags auf Unterlassung der Stellenbesetzung zu geben. Damit richte sich der Klageantrag auf eine objektiv unmögliche Leistung. Der Klägerin fehle das Rechtsschutzinteresse. Darüber hinaus sei das Urteil auch materiell unrichtig. Die richtige Ermittlung der relevanten Sachverhaltsumstände habe zu einer Klageabweisung führen müssen. Da die Tätigkeit der Klägerin im Arbeitsvertrag nicht näher beschrieben sei, könne die Beklagte ihr grundsätzlich alle im Rahmen der vereinbarten Entgeltgruppe liegenden Tätigkeiten zuweisen. Eine Konkretisierung der Tätigkeit der Klägerin auf die Leitung des Geschäftsbereichs kommunale Dienste sei nicht eingetreten. Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht von einem unterstellten Bestandsschutz für die Tätigkeit als Leitung des Geschäftsbereichs ausgegangen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten zur materiellen Rechtmäßigkeit der Zuweisung der Stabsstelle Förderung, Marktanalyse und Grundsatzangelegenheiten wird auf ihr Vorbringen dazu in der Berufungsbegründung, S. 4 bis 17 (Bl. 331ff d.A.), im Schriftsatz vom 15. Juni 2022 (Bl. 441ff d.A.) und im Schriftsatz vom 20. Dezember 2022 (Bl. 474ff d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgericht Offenbach am Main vom 18. November 2021 -2 Ca 178/21- abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie meint, der Einwand, dass die Stelle anderweitig besetzt ist, führe nicht zur Unmöglichkeit der Beschäftigung auf ihrer bisherigen Stelle. Die Beklagte habe durchaus die Möglichkeit, die zwischenzeitliche Neubesetzung rückgängig zu machen. Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, eine einstweilige Verfügung zu beantragen oder eine Konkurrentenklage zu erheben, zumal die Beklagte im Zeitpunkt der Neubesetzung am 01. Mai 2021 gewusst habe, dass die Klägerin auf ihrer alten Stelle beschäftigt werden wolle. Sie trägt vor, über den Gang der beiden Bewerbungsverfahren (intern und extern) nicht informiert worden zu sein, trotz ihrer beiden Bewerbungen. Auch habe sie kein „Versetzungsschreiben“ erhalten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin zur mangelnden Gleichwertigkeit ihrer bisherigen Aufgabe und der neu zugewiesenen Stelle sowie zu einem behaupteten Verstoß gegen § 612a BGB wird auf ihr Vorbringen dazu in der Berufungserwiderung, S. 5 bis 20 (Bl. 424ff d.A.) und im Schriftsatz vom 13. Oktober 2022 (Bl. 462ff d.A.) Bezug genommen.

Die Berufungsschrift der Beklagten vom 23. Dezember 2021 einschließlich des darin enthaltenen Antrages auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung, Bl. 318ff d.A. ist als elektronisches Dokument im pdf-Dateiformat bei Gericht eingegangen, ohne dass sämtliche verwendeten Schriften „eingebettet“ waren. Hierauf ist die Beklagte mit Beschluss vom 22. Februar 2022, Bl. 360 d.A., hingewiesen worden, dieser Beschluss ist der Beklagten am 23. Februar 2023 zugestellt worden. Am selben Tag ist der beanstandete Schriftsatz einschließlich einer anwaltlichen Versicherung, dass dieser Schriftsatz inhaltlich mit dem vorherigen Schriftsatz übereinstimmt, erneut als elektronisches Dokumente im pdf-Dateiformat eingegangen, dabei waren sämtliche verwendeten Schriften „eingebettet“, Bl. 362ff d.A.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die Protokollniederschrift der Berufungsverhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

A. Die Berufung der Beklagten ist zulässig.

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 18. November 2021 ‒ 2 Ca 178/21 - ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft, § 64 Abs. 2b ArbGG. Sie ist nach Maßgabe der im Tatbestand mitgeteilten Daten form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

II. Soweit der Berufungsschriftsatz der Beklagten vom 23. Dezember 2021 mit dem darin enthaltenen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung zunächst als elektronisches Dokument im pdf-Dateiformat bei Gericht eingegangen ist, ohne dass sämtliche verwendeten Schriften „eingebettet“ waren, ist dies bereits gemäß § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO geheilt. Denn dieser Schriftsatz, nebst der Glaubhaftmachung in Form einer anwaltlichen Versicherung, ist gemäß § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO unverzüglich nach dem Hinweis des Gerichts vom 22. Februar 2022 (Bl. 360f d.A.) am 23. Februar 2022 erneut als elektronisches Dokument im pdf-Dateiformat eingegangen und sämtliche verwendeten Schriften waren „eingebettet“.

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob nach den hier maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen des elektronischen Rechtsverkehrs, § 64 Abs. 7 ArbGG (in der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Fassung) iVm. der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) in der Fassung vom 09. Februar 2018 (BGBl. I S. 200) iVm. der dazu ergangenen Bekanntmachung vom 20. Dezember 2018 (Elektronischer-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2019 ‒ERVB 2019), in Nr. 1 Satz 1 ERVB überhaupt rechtsverbindlich festgelegt ist, dass Schriftarten in das Dokument „eingebettet“ sein müssen oder ob diese Regelung mangels Gesetzgebungskompetenz der Bundesregierung nicht verbindlich ist (idS. BAG 25. April 2022 - 3 AZB 2/22 ‒ Rn. 33ff, NJW 2022, 1832 für die bis 31. Dezember 2021 geltende ERVB 2019).

B. Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Beschäftigung als Geschäftsbereichsleiterin Kommunale Dienste - Abfallwirtschaft, Friedhofs- und Bestattungswesen, Bauhof.

I. Zutreffend geht das Arbeitsgericht zunächst davon aus, dass die Klage zulässig ist.

1. Die Klage auf Beschäftigung ist hinreichend bestimmt iSd § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zur Bestimmtheit einer Beschäftigungsklage hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 24. März 2021 ‒ 10 AZR 16/20 ‒ ausgeführt:

„2. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verlangt, dass die Klageschrift neben der bestimmten Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten Antrag enthält. Damit wird zum einen der Streitgegenstand abgegrenzt, zum anderen wird eine Voraussetzung für die ggf. erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Gemessen an diesen Zielen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt und das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt. Schließlich muss der Antrag eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lassen. Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen deshalb nicht aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber, worin sie besteht (…).

3. Bei einer auf Beschäftigung gerichteten Klage muss demnach einerseits für den Prozessgegner aus rechtsstaatlichen Gründen erkennbar sein, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat, wenn er die ausgeurteilte Verpflichtung nicht erfüllt. Andererseits erfordern das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv durchgesetzt werden können (…). Deshalb müssen der Klageantrag und der darauf ggf. ergehende Vollstreckungstitel verdeutlichen, um welche Art der Beschäftigung es geht. Aus materiell-rechtlichen Gründen können Antrag und Titel allerdings nicht so genau sein, dass sie auf eine ganz bestimmte im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten sind. Mit Blick auf das Weisungsrecht nach § 106 GewO hat der Arbeitnehmer darauf regelmäßig keinen Anspruch. Soweit nicht die Ausübung dieses Weisungsrechts im Einzelfall Gegenstand des Erkenntnisverfahrens ist, gibt es keine rechtliche Handhabe, um den Arbeitgeber durch einen Beschäftigungsausspruch zu der Beschäftigung des Arbeitnehmers in einer bestimmten, eng begrenzten Weise zu verpflichten. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder der sonstigen Arbeitsbedingungen muss der Klageantrag daher nicht enthalten (…). Dies widerspricht nicht dem Verbot, Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern. Auch wenn die Aufgabe des Vollstreckungsverfahrens nicht darin liegt zu klären, worin die Verpflichtung des Vollstreckungsschuldners besteht, entbindet das Gebot effektiven Rechtsschutzes das Vollstreckungsgericht nicht von der Aufgabe, eine möglicherweise schwierige Klärung der Frage herbeizuführen, ob die aus einem Titel folgende Verpflichtung erfüllt wurde (…).

4. Ist Streitgegenstand allein die Art der Beschäftigung und nicht (auch) der Umfang der Arbeitszeit oder deren Lage, genügt es, wenn der Klageantrag das Berufsbild enthält, nach dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, oder sich in vergleichbarer Weise ergibt, worin die Tätigkeit bestehen soll. Weitere Angaben sind im Klageantrag nicht erforderlich“ (so wörtlich 24. März 2021 ‒ 10 AZR 16/20 ‒ Rn. 25ff, BAGE 174, 294, mwN.).

Diesen Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer an.

In Anwendung der dargestellten Grundsätze begehrt die Klägerin mit ihrer Klage vorliegend ihre tatsächliche Beschäftigung mit der von ihr bis zum 12. Februar 2021 ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste, bis ihr an diesem Tag die Stabsstelle Förderung zugewiesen wurde und sie die neue Tätigkeit aufgenommen hat. Dazu, dass sich mit der Veränderung der Bezeichnung der Stelle von zunächst „Bereichsleitung Kommunale Dienste“ auf im Zeitpunkt der Klageerhebung „Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste“ ein inhaltlich geändertes Tätigkeitsbild ergeben hätte, haben die Parteien nichts vorgetragen, dies ist auch ansonsten aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich. Damit ist für die Beklagte insgesamt erkennbar, welche Art der Beschäftigung die Klägerin begehrt, nämlich die Beschäftigung, die sie als „Bereichsleitung Kommunale Dienste“ (so die frühere Bezeichnung) bis zum 12. Februar 2021 ausgeübt hat und in welchen Fällen die Beklagte mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat, wenn sie die ausgeurteilte Verpflichtung nicht erfüllt. Zutreffend weist bereits das Arbeitsgericht darauf hin, dass die „Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste“ darin besteht, die bei den Stadtwerken der Beklagten angesiedelten Bereiche Abfallwirtschaft, Friedhofs- und Bestattungswesen und Bauhof und die dort beschäftigten Mitarbeiter/innen fachlich zu leiten.

2. Darüber hinaus sind die für die Zulässigkeit der Klage erforderlichen Voraussetzungen des § 259 ZPO erfüllt.

Die Beschäftigungsklage ist zukunftsgerichtet, entsprechend ist gemäß § 259 ZPO Voraussetzung für eine Klage auf zukünftige tatsächliche Beschäftigung, die Besorgnis, dass der Schuldner sich andernfalls der rechtzeitigen Leistung entziehen werde (vgl. zB BAG 27. April 2021 ‒ 9 AZR 343/20 ‒ Rn. 31, NZA 2022, 1693; BAG 25. August 2010 ‒ 10 AZR 275/09 ‒ Rn. 12, BAGE 135, 239)

Diese Besorgnis ist vorliegend gegeben, denn die Beklagte lehnt derzeit die Beschäftigung der Klägerin als Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste ab und berühmt sich des Rechts, der Klägerin wirksam die Stabsstelle Förderung zugewiesen zu haben.

II. Die Beschäftigungsklage ist unbegründet. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte bei Zuweisung der Stabsstelle Förderung an die Klägerin wirksam vom ihr zustehenden arbeitsvertraglichen Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht hat und ob sich der Beschäftigungsantrag auf eine iSv. § 275 Abs. 1 BGB unmögliche Leistung richtet. Denn unter Berücksichtigung der Besonderheiten bei Stellenbesetzungen im öffentlichen Dienst, hat die Klägerin im vorliegenden Einzelfall jedenfalls keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung als Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste, weil diese Stelle, nach Durchführung eines an Art. 33 Abs. II GG orientierten Auswahlverfahrens und ihrer dauerhaften Neubesetzung mit A zum 01. Mai 2021, nicht mehr verfügbar ist.

1. Grundsätzlich besteht nach der ständigen Rechtsprechung im bestehenden Arbeitsverhältnis ein Anspruch des Arbeitnehmers auf vertragsgemäße Beschäftigung und damit korrespondierend eine Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen, wenn dieser es verlangt. Rechtsgrundlage hierfür sind §§ 611a Abs. 1 Satz 1, 613a iVm. der Generalklausel des § 242 BGB, die durch die Wertentscheidungen der Art 1 und 2 GG ausgefüllt werden (vgl. grundlegend BAG 27. Februar 1985 ‒ GS 1/84- C I 2 der Gründe, BAGE 48, 122). Als Ausdruck und in Achtung seiner Persönlichkeit und seines Entfaltungsrechts soll der Arbeitnehmer tatsächlich arbeiten können (vgl. zB. BAG 01. Juni 2022 ‒ 5 AZR 407/21 ‒ Rn. 17, NZA 2022, 1407, mwN.; vgl. zum ideellen Beschäftigungsinteresse auch BAG 27. MAI 2020 ‒ 5 AZR 247/19 ‒ Rn. 44, BAGE 170, 311 [BAG 27.05.2020 - 5 AZR 247/19] ). Solange der Arbeitgeber nicht rechtswirksam von seinem arbeitsvertraglichen Weisungsrecht hinsichtlich Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung erneut Gebrauch gemacht hat, bleibt es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe und der Arbeitnehmer hat einen entsprechenden Beschäftigungsanspruch (vgl. zB BAG 27. April 2021 ‒ 9 AZR 343/20 ‒ Rn. 65, NZA 2022, 1693; BAG 25. August 2010 ‒ 10 AZR 275/09 ‒ Rn. 15ff, BAGE 135, 239).

2. Außerhalb des öffentlichen Dienstes wird der Beschäftigungsanspruch eines bestimmten Arbeitnehmers nicht allein dadurch unmöglich iSv. § 275 Abs. 1 BGB, dass der Arbeitgeber selbst die Entscheidung trifft, betriebliche Abläufe umzuorganisieren und Aufgaben an andere Beschäftigte zu übertragen (vgl. zB.: BAG 28. Februar 2023 ‒ 8 AZB 17/22 ‒ Rn. 17, zitiert nach juris, ergangen zur Zwangsvollstreckung). Hingegen kann der Beschäftigungsanspruch unmöglich werden iSv. § 275 Abs. 1 BGB, wenn die Tätigkeit infolge einer bereits vollzogenen konzernweiten Umstrukturierung unstreitig weggefallen ist (vgl. zB.: BAG 05. Februar 2020 ‒ 10 AZB 31/19 ‒ Rn. 18, NZA 2020, 542, ergangen zur Zwangsvollstreckung).

3. Vorliegend begehrt die Klägerin die Übertragung eines öffentlichen Amtes und die Berücksichtigung der Besonderheiten bei der Bewerbung um ein öffentliches Amt führen dazu, dass es nicht darauf ankommt, ob die Beklagte ihr Weisungsrecht wirksam ausgeübt hat, als sie der Klägerin die Stabsstelle Förderung übertragen hat und ob der Beschäftigungsanspruch der Klägerin iSv. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich geworden ist durch die Besetzung der Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste mit dem Mitbewerber A. Denn nachdem die Beklagte die Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste, nach einem ordnungsgemäßen an Art. 33 Abs. II GG orientierten Auswahlverfahren, dem erfolgreichen Konkurrenten A rechtswirksam auf Dauer übertragen hat, ist diese Stelle nicht mehr verfügbar und die Klägerin hat keinen Anspruch auf „Wiederfreimachung“ oder Doppelbesetzung der Stelle.

Die Klägerin begehrt ihre Beschäftigung als Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste und damit mit Tätigkeiten, die unstreitig nach Durchführung eines an Art. 33 Abs. II GG orientierten Auswahlverfahrens dauerhaft und nach Abschluss eines Arbeitsvertrages am 09. März 2021 mit Wirkung zum 01. Mai 2021 A übertragen worden sind. Obwohl die Klägerin am Auswahlverfahren teilgenommen hat, hat sie weder die Auswahlentscheidung der Beklagten mit einer Konkurrentenklage angegriffen noch hat sie zeitnah versucht, die damals noch bevorstehende Besetzung der Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste mit ihrem Konkurrenten A, im Wege der Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes zu verhindern. Auch hat die Beklagte den effektiven Rechtsschutz der Klägerin nicht verhindert. Dies führt dazu, dass die Stelle nicht mehr verfügbar ist und sie keinen Anspruch auf „Wiederfreimachung“ oder Doppelbesetzung der Stelle hat.

a) Im Berufungsverfahren ist unstreitig geworden, dass die Beklagte bezogen auf die Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste nach dem Magistratsbeschluss vom 08. Februar 2021 und der Zustimmung des Personalrats mit dem erfolgreichen Bewerber A am 09. März 2021 einen Arbeitsvertrag unterzeichnet hat und er mit Wirkung zum 01. Mai 2021 in Vollzeit die Stelle angetreten hat. Diese Auswahl / Besetzung hat die Klägerin gerichtlich nicht angegriffen.

Soweit die Beklagte insoweit unterlassene bzw. fehlerhafte Sachverhaltsaufklärung durch das Arbeitsgericht rügt, übersieht sie, dass auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren der Beibringungsgrundsatz gilt, so dass es der Beklagten oblegen hätte, dazu vorzutragen.

b) Grundsätzlich hat bei der Bewerbung nach Art.33 Abs. 2 GG jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Der Begriff des öffentlichen Amtes ist weit auszulegen, er umfasst nicht nur Beamtenstellen, sondern grundsätzlich sämtliche vom Staat, dh. dem Bund, den Ländern, den Gemeinden sowie der mittelbaren Staatsverwaltung bereitgestellten Positionen. Entsprechend gilt der Grundsatz der Bestenauslese auch für Stellen im öffentlichen Dienst, die mit Arbeitnehmern zu besetzen sind (vgl. zB. BAG 12. April 2016 ‒ 9 AZR 673/14 ‒ Rn. 16, BAGE 155, 29; BAG 19. Mai 2015 ‒ 9 AZR 837/13 ‒ Rn. 16, NZA 2015, 1074, jeweils mwN). Gemäß Art.33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Beamte und Angestellte haben bei der Besetzung von Ämtern des öffentlichen Dienstes den grundrechtsgleichen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl, ihnen steht ein verfassungsrechtlicher sog. Bewerbungsverfahrensanspruch zu. Angesichts der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein subjektives Recht jedes Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren. Der am besten geeignete Bewerber für die ausgeschriebene Stelle hat einen Anspruch auf Besetzung oder auf Beförderung. Sofern Arbeitsrecht Anwendung findet, richtet sich dieser Anspruch gegen den zukünftigen Arbeitgeber (vgl. zB. BAG 12. April 2016 ‒ 9 AZR 673/14 ‒ Rn. 16, BAGE 155, 29; BAG 19. Mai 2015 ‒ 9 AZR 837/13 ‒ Rn. 16, NZA 2015, 1074, jeweils mwN).

Im öffentlichen Dienst ist anerkannt, dass der Bewerber, der geltend macht, er sei unter Verletzung der in Art. 33 Abs. 2 GG festgelegten Kriterien abgewiesen worden, zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs, arbeitsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann. Dazu kann er einerseits Konkurrentenklage erheben und andererseits im Wege einstweiligen Rechtsschutzes verlangen, dem Arbeitgeber zur Sicherung des im Hauptsacheverfahrens verfolgten Bewerbungsverfahrensanspruchs die Besetzung der öffentlichen Stelle zu untersagen (vgl. zB.: BVerfG 09. August 2016 ‒ 2 BvR 1287/16 ‒ Rn. 75, NVwZ 2017, 46; BAG 18. September 2007 ‒ 9 AZR 672/06 ‒ Rn. 20ff, BAGE 124, 80). Die Verletzung der aus Art. 33 Abs. 2 GG abgeleiteten Verfahrensgrundsätze begründet regelmäßig keinen Einstellungsanspruch, sondern lediglich einen Anspruch des nicht berücksichtigten Bewerbers auf Fortführung des ursprünglichen Auswahlverfahrens nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 2 GG. Der Bewerbungsverfahrensanspruch verdichtet sich nur dann zu einem Besetzungsanspruch, wenn das Auswahlverfahren ordnungsgemäß abgeschlossen wurde und die Auswahl nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG zugunsten des Anspruchstellers ausgefallen ist oder hätte ausfallen müssen (vgl. zB. BAG 03. Dezember 2019 ‒ 9 AZR 78/19 ‒ Rn. 31, BAGE 169, 26; BAG 24. März 2009 ‒ 9 AZR 277/08 ‒ Rn. 18, BAGE 130, 107, jeweils mwN.).

Allerdings hat der öffentlichen Arbeitgeber aufgrund seiner Organisationsfreiheit das Recht, zwischen verschiedenen Möglichkeiten, eine Stelle zu besetzen, zu wählen. Er ist nicht verpflichtet, stets alle Stellen auf Grund von Ausschreibungen und Auswahlverfahren zu besetzen, sondern hat das Recht, zwischen Umsetzungen, Versetzungen oder Beförderungen zu wählen. Geht es um den beruflichen Aufstieg von Bewerbern mit der Rangordnung nach niedrigeren Besoldungsgruppen geht (sog. Beförderung) und wenn der öffentliche Arbeitgeber die zu besetzende Stelle ermessensfehlerfrei unbeschränkt ausgeschrieben hat, ist zwingend eine Auswahl nach den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG geboten (vgl. zB. BAG 03. Dezember 2019 ‒ 9 AZR 78/19 ‒ Rn. 31, BAGE 169, 26).

Darüber hinaus setzt der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Übertragung einer Stelle dem Grundsatz nach voraus, dass diese noch nicht besetzt ist. Für eine Neubescheidung ist kein Raum, wenn die begehrte Stelle dem erfolgreichen Konkurrenten rechtswirksam auf Dauer übertragen worden ist. Die Stelle ist damit nicht mehr verfügbar. Der unterlegene Bewerber hat regelmäßig keinen Anspruch auf „Wiederfreimachung“ oder Doppelbesetzung der Stelle. Dem verfahrensfehlerhaft zurückgewiesenen Bewerber stehen allenfalls Schadensersatzansprüche zu, wenn ihm die Stelle hätte übertragen werden müssen. Nur wenn der öffentliche Arbeitgeber den effektiven Rechtsschutz des Bewerbers vereitelt, gilt eine Ausnahme. Dann ist es ihm entsprechend den Rechtsgedanken aus § 162 Abs. 2 BGB und aus §§ 135, 136 BGB verwehrt, dem übergangenen Bewerber die anderweitige Stellenbesetzung (vgl. zB.: BAG 03. Dezember 2019 ‒ 9 AZR 78/19 ‒ Rn. 32, BAGE 169, 26; BAG 12. April 2016 ‒ 9 AZR 673/14 ‒ Rn. 28, BAGE 155, 29, jeweils mwN.).

c) Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen war die Beklagte bei der Besetzung der Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste an Art. 33 Abs. 2 GG gebunden und es besteht kein vom Ausgang des Bewerbungsverfahrens unabhängiger Anspruch der Klägerin auf Zuweisung der Tätigkeit als Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste.

aa) Die Beklagte war bei der Besetzung der Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste an Art. 33 Abs. 2 GG gebunden.

aaa) Bei der Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste handelt es sich um ein öffentliches Amt iSd. Art. 33 Abs. 2 GG.

bbb) Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung der Beklagten, die Stelle auszuschreiben, nicht pflichtgemäßem Ermessen entsprach.

ccc) Angesichts der unbeschränkten Ausschreibung der Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste hatte die Beklagte bei der Auswahlentscheidung und Stellenbesetzung das subjektive Recht eines jeden Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren zu gewährleisten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt hat, sind nicht ersichtlich.

bb) Der Klägerin steht kein vom Ausgang des Bewerbungsverfahrens unabhängiger Anspruch auf Zuweisung der Tätigkeit als Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste zu.

Mit der ermessensfehlerfreien Ausschreibung der Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste hat die Beklagte zugleich die Entscheidung getroffen, die Stelle erst nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens zu besetzen und hat die zu treffende Auswahlentscheidung an Art. 33 Abs. 2 GG gebunden. Aus dem Gebot der Rechtssicherheit folgt, dass die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle von der Beklagten allein im Rahmen und auf Grundlage des Bewerbungsverfahrens verlangt werden kann. Sowohl der öffentliche Arbeitgeber als auch die Bewerber brauchen Klarheit darüber, in welchem Auswahlverfahren die Stellen vergeben werden. Wäre die Beklagte verpflichtet, die Stelle außerhalb dieses Rahmens durch Zuweisung der Tätigkeit an die Klägerin zu besetzen, bestünde die Gefahr, dass entweder unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG der Anspruch anderer Bewerber auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren vereitelt oder mit der Verpflichtung zur - jedenfalls faktischen - Doppelbesetzung unzulässig in die Organisationsgewalt des Beklagten eingegriffen würde (idS bereits BAG 03. Dezember 2019 ‒ 9 AZR 78/19 ‒ Rn. 34, BAGE 169, 26).

cc) Im Übrigen hatte die Beklagte die Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste, auf die sich auch die Klägerin beworben hatte, bei Einleitung des vorliegenden Verfahrens Ende Juni 2021 bereits mit dem Mitbewerber A dauerhaft besetzt. Nachdem weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die Beklagten den effektiven Rechtsschutz der Klägerin vereitelt hätte, hat die Klägerin auch vor diesem Hintergrund keinen Anspruch auf die geltend gemachte Beschäftigung.

aaa) Die Stelle Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste hat die Beklagte spätestens mit Wirkung zum 01. Mai 2021 mit dem Mitbewerber A dauerhaft besetzt.

Wann ein öffentliches Amt iSd. Art. 33 Abs. 2 GG besetzt ist, richtet sich nach der Ausgestaltung dieses Amts. Eine Besetzung des Amts ist erfolgt, wenn dem ausgewählten Bewerber eine gesicherte Rechtsposition eingeräumt ist, die der so vorgenommenen Ausgestaltung des Amts entspricht (BAG 12. April 2016 ‒ 9 AZR 673/14 ‒ Rn. 16, BAGE 155, 28 [BAG 12.04.2016 - 6 AZR 731/13] , mwN.).

Spätestens zum 01. Mai 2021 hat A in Vollzeit seine Tätigkeit als Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste aufgenommen auf Basis des am 09. März 2021 unterzeichneten Arbeitsvertrages.

bbb) Der Beklagten ist es nicht entsprechend den Rechtsgedanken aus § 162 Abs. 2 BGB und aus §§ 135, 136 BGB verwehrt, der übergangenen Klägerin die anderweitige Stellenbesetzung mit A entgegenzuhalten.

Die Klägerin hat weder vorgetragen noch ist ersichtlich, dass die Beklagte den effektiven Rechtsschutz der Klägerin gegen die Auswahlentscheidung bzw. die Besetzung der Stelle vereitelt hat.

Soweit die Klägerin vorträgt, sie sei über den Gang der Bewerbungsverfahren nicht informiert worden, steht dieses Vorbringen ersichtlich im Wiederspruch zu den unstreitigen Tatsachen und ist damit unbeachtlich. Denn unstreitig hat die Beklagte der Klägerin jedenfalls mit E-Mail vom 24. Februar 2021 (Anlage IX, Bl. 43 d.A.) unter Bezugnahme auf deren Bewerbung um die Stelle „Geschäftsbereichsleitung Komm. Dienste“ mitgeteilt, dass „Ihre Bewerbung bei der Stellenbesetzung nicht berücksichtigt werden konnte“. Die Klägerin selbst hat die Anlage IX mit der Klageschrift vorgelegt, damit ist sichergestellt, dass ihr die E-Mail vom 24. Februar 2021 zugegangen ist.

Nach Zugang dieser ablehnenden Entscheidung bei der Klägerin hat die Beklagte auch länger als zwei Wochen zugewartet, bis sie mit dem erfolgreichen Mitbewerber A des am 09. März 2021 einen Arbeitsvertrag unterzeichnet hat. Damit ist der Klägerin genügend Zeit verblieben, um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Besetzung der Stelle einzuleiten. Da dies unstreitig unterblieben ist, kann sie nicht mehr die Beschäftigung als Geschäftsbereichsleitung Kommunale Dienste verlangen.

C. Als unterlegener Partei waren der Klägerin die Kosten des Rechtstreites aufzuerlegen, § 91 Abs. 1 ZPO.

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG ist angesichts der vorliegenden Einzelfallentscheidung nicht ersichtlich.

Vorschriften§ 69 Abs. 1 ArbGG, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 611 Abs. 1 BGB, § 242 BGB, § 69 Abs. 2 ArbGG, § 612a BGB, § 64 Abs. 2b ArbGG, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO, § 64 Abs. 7 ArbGG, § 308 ZPO, § 322 ZPO, § 106 GewO, § 259 ZPO, § 275 Abs. 1 BGB, Art. 33 Abs. II GG, Art 1, 2 GG, Art.33 Abs. 2 GG, Art. 33 Abs. 2 GG, § 162 Abs. 2 BGB, §§ 135, 136 BGB, § 91 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG