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Urteil vom 16.03.2023 · IWW-Abrufnummer 236717

Landesarbeitsgericht Hamm - Aktenzeichen 18 Sa 1044/22

Familienpfleger, die in der Altenhilfe tätig sind, erfüllen nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 6 des Anhangs D zur Anlage 32 zu den AVR Caritas ("Pflegehelfer mit mindestens einjähriger Ausbildung und entsprechender Tätigkeit").


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 12.09.2022 - 6 Ca 3598/21 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin nach den Richtlinien für Arbeitsverträge des Deutschen A. Die Klägerin begehrt, als staatlich anerkannte Familienpflegerin ebenso vergütet zu werden wie ausgebildete Pflegehelfer.

Der Beklagte führt ein Altenzentrum. Die Klägerin ist dort seit 2011 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die A Anwendung. Der Nachtrag Nr. 5 vom 10.11.2017 zum Arbeitsvertrag sieht vor, dass die Klägerin ab dem 01.10.2017 als Pflegehelferin tätig und in Anwendung des Anhangs D zur Anlage 32 zu den A in die Entgeltgruppe P 4 eingruppiert ist. Seit dem 01.10.2017 beträgt der Stellenanteil der Klägerin 75 %. Sie erhält ein Entgelt entsprechend der Entgeltgruppe P 4 des Anhangs D zur Anlage 32 zu den A (Erfahrungsstufe 4) in Höhe von monatlich 1.833,06 Euro brutto.

Die Anlage 32 zu den A lautet auszugsweise:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Diese Anlage gilt für Mitarbeiter im Pflegedienst, die in

a) Heil-, Pflege- und Entbindungseinrichtungen,

b) medizinischen Instituten von Heil- und Pflegeeinrichtungen,

c) sonstigen Einrichtungen und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen, wenn die Behandlung durch nicht in den Einrichtungen selbst beschäftigte Ärztinnen oder Ärzte stattfindet,

d) Einrichtungen und Heimen, die der Förderung der Gesundheit, der Erziehung, der Fürsorge oder Betreuung von Kindern und Jugendlichen, der Fürsorge und Betreuung von obdachlosen, alten, gebrechlichen, erwerbsbeschränkten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen dienen, auch wenn diese Einrichtungen nicht der ärztlichen Behandlung der betreuten Personen dienen, oder in

e) ambulanten Pflegediensten oder teilstationäre Pflegeeinrichtungen

beschäftigt sind, soweit die Einrichtungen nicht vom Geltungsbereich der Anlage 31 erfasst werden.

(...)

§ 11 Eingruppierung

Die Eingruppierung der Mitarbeiter im Sinne des § 1 Absatz 1 Buchstaben a bis d richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des Anhang D dieser Anlage, die Eingruppierung der Mitarbeiter im Sinne des § 1 Absatz 1 Buchstabe e richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des Anhang E dieser Anlage.

Anhang D zur Anlage 32: Entgeltgruppen für Mitarbeiter im Sinne des § 1 Absatz 1 Buchstaben a bis d zu den A lautet auszugsweise:

I. Mitarbeiter in der Pflege

Vorbemerkungen

1. Die Bezeichnung "Pflegehelfer" umfasst auch Gesundheits- und Krankenpflegehelfer sowie Altenpflegehelfer. Die Bezeichnung "Pfleger" umfasst Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger so

2. Gesundheits- und Krankenpfleger, die die Tätigkeiten von Gesundheits- und Kinderkrankenpflegern oder von Altenpflegern ausüben, sind als Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger bzw. als Altenpfleger eingruppiert.

3. Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, die die Tätigkeiten von Gesundheits- und Krankenpfleger oder von Altenpfleger ausüben, sind als Gesundheits- und Krankenpfleger bzw. als Altenpfleger eingruppiert.

4. Altenpfleger, die die Tätigkeiten von Gesundheits- und Krankenpfleger ausüben, sind als Gesundheits- und Krankenpfleger eingruppierwie Altenpfleger in allen Fachrichtungen bzw. Spezialisierungen.

(...)

a) Entgeltgruppen zu Anhang B

Entgeltgruppe P 4

Pflegehelfer mit entsprechender Tätigkeit. (Hierzu Anmerkungen Nrn. 1 bis 3)

Entgeltgruppe P 6

Pflegehelfer mit mindestens einjähriger Ausbildung und entsprechender Tätigkeit. (Hierzu Anmerkungen Nrn. 1 bis 3)

Entgeltgruppe P 7

Pfleger mit mindestens dreijähriger Ausbildung und entsprechender Tätigkeit.

(...)

Die Klägerin ist seit dem 01.08.2006 staatlich anerkannte Familienpflegerin. Sie absolvierte vom 09.03.2009 bis zum 21.04.2009 auf Veranlassung der Agentur für Arbeit eine Trainingsmaßnahme zur Eignungsfeststellung - Pflege - und nahm vom 02.06.2009 bis zum 25.08.2009 an der Qualifizierungsmaßnahme zur "Alltagsmanagerin in der Alten-, Kranken- und Behindertenpflege inklusive Betreuungskraft SGB II § 87 SGB XI" teil. Die Bezirksregierung Arnsberg lehnte eine Gleichstellung der Ausbildung der Klägerin mit der Ausbildung zur Pflegefachassistentin ab und verwies die Klägerin auf die Möglichkeit, die theoretische und praktische Prüfung zur Erlangung der Berufsbezeichnung abzulegen. Dem will die Klägerin nicht nähertreten.

Die Klägerin machte mit anwaltlichem Schreiben vom 17.05.2021 geltend, sie sei in die Entgeltgruppe P 6 einzugruppieren. Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 31.05.2021 ab.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie könne eine Vergütung nach der Entgeltgruppe P 6 des Anhangs D zur Anlage 32 zu den A verlangen. Als Familienpflegerin habe sie eine mit Altenpflegehelfer/innen vergleichbare pflegerische Grundausbildung absolviert. Der Ausbildungsumfang einer Familienpflegerin gehe sogar noch über denjenigen einer Pflegehelferin hinaus. Die Klägerin hat als Anlage 7 mit der Klageschrift eine vergleichende Darstellung der Ausbildungen von Altenpflegehelfern und Familienpflegern zu den Akten gereicht. Daraus ergibt sich unter anderem, dass die Ausbildung zur examinierten Familienpflegerin 130 Stunden "Gesundheits- und Krankheitslehre" sowie 180 Stunden "häusliche Krankenpflege" umfasst, während der pflegefachliche und pflegepraktische Kompetenzbereich im Rahmen der Ausbildung zum Beruf des Altenpflegehelfers insgesamt 400 Stunden umfasst. Die Klägerin hat ferner als Anlage 1 zum Schriftsatz vom 03.06.2022 eine vergleichende Darstellung der Tätigkeitsbereiche von Haus- und Familienpflegern sowie anderen Pflegeberufen zu den Akten gereicht. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, Aufgaben und Tätigkeiten von Familienpflegern einerseits sowie Pflegeassistenten und Altenpflegehelfern andererseits überschnitten sich in weiten Teilen, weshalb im Berufsalltag ein wechselnder Einsatz erfolge und andere Träger von Betreuungseinrichtungen Familienpflegern die gleiche Vergütung zahlten wie Altenpflegehelfern. Die Klägerin hat behauptet, sie erbringe sämtliche Tätigkeiten einer ausgebildeten Pflegehelferin.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 01.01.2021 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe P 6 der Anlage 32 Anhang D der Richtlinie für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen A zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 6 sei eine mindestens einjährige Ausbildung im Bereich der Pflegehelfenden erforderlich. Die Ausbildung zur Familienpflegerin sei damit nicht vergleichbar. Es handele sich um einen anderen Ausbildungsberuf mit einem anderen Fokus.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe P 6. Erforderlich für die Eingruppierung sei eine mindestens einjährige Ausbildung, die sich auf die ausgeübte Tätigkeit als Pflegehelfer beziehen müsse. Die von der Klägerin absolvierte Ausbildung zur Familienpflegerin sei keine solche Ausbildung. Ungeachtet bestehender Gemeinsamkeiten sei die Ausbildung zur Familienpflegerin nur auf die selbständige Gewährleistung der pflegerischen Grundversorgung ausgerichtet, nicht jedoch auf die Teilnahme an komplexeren Pflegesituationen unter Anleitung von Fachpersonal. Die weiterreichenden Kompetenzen, die die Klägerin im Rahmen der Ausbildung zur Familienpflegerin erworben habe, z. B. im pädagogischen, musischen und kulturellen Bereich, sei für die Tätigkeit eines Pflegehelfers nicht von Bedeutung.

Das Urteil erster Instanz ist der Klägerin am 26.09.2022 zugestellt worden. Sie hat mit einem Schriftsatz, der am 24.10.2022 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt. Die Klägerin hat die Berufung mit einem am 27.12.2022 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor die Berufungsbegründungsfrist durch gerichtlichen Beschluss bis zum 28.12.2022 verlängert worden war.

Die Klägerin meint, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 6 die mindestens einjährige Ausbildung als Pflegehelfer/in voraussetze. Zwar könne keine beliebige Berufsausbildung ausreichen, um die höhere Entgeltgruppe zu rechtfertigen. Die Ausbildung als Familienpfleger umfasse jedoch in erheblichem Umfang rein pflegerische Inhalte und ermögliche daher problemlos einen qualifizierten Einsatz als Pflegehelfer. Die umfassende pflegerische Versorgung betagter Menschen in Altenheimen bestehe nicht nur in der körperlichen und medizinischen Versorgung, sondern beinhalte auch pädagogische, musische und kulturelle Inhalte. Gerade in diesen für die Altenpflege besonders bedeutsamen Tätigkeitsfeldern seien die Ausbildungsinhalte zum Familienpfleger weitreichender als diejenigen zum Pflegehelfer. Deshalb werde in Altenpflegeeinrichtungen gern auf ausgebildete Familienpfleger als Pflegehelfer zurückgegriffen. Bei anderen im Wettbewerb mit dem Beklagten stehenden Trägern von Pflegeeinrichtungen sei es vor diesem Hintergrund seit Jahren gängige Praxis, dass Arbeitnehmer, die mit der Tätigkeit als Pflegehelfer betraut sind und eine anerkannte Ausbildung als Familienpfleger absolvierten, nach der Entgeltgruppe eines Pflegehelfers mit mindestens einjähriger Ausbildung vergütet werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 12.09.2022 abzuändern und nach den Schlussanträgen der Klägerin in erster Instanz zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Die Beklagte meint, mit dem Begriff des "Pflegehelfers" im Sinne des Anhangs D zur Anlage 32 der A seien unterschiedliche Berufsbezeichnungen bestimmter Pflegehelferberufe in den einzelnen Bundesländern umfasst. Die Unterscheidung zwischen Kranken- und Altenpflegehelfern habe beseitigt werden sollen. Der Beruf der Familienpflegehelfer sei in diesem Zusammenhang daher nicht aufgeführt worden. Die Höhergruppierung aus der Entgeltgruppe P 4 in die Entgeltgruppe P 6 diene dazu, fachliche Kenntnisse aus dem medizinischen Bereich zu honorieren, die von der Ausbildung zum Familienpfleger nicht umfasst seien.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig.

Die Klägerin hat die Berufung insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.

II. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Es besteht keine Veranlassung, das erstinstanzliche Urteil abzuändern. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

1. Der Antrag der Klägerin ist, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig.

Die Klägerin besitzt das erforderliche Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO, da nur die zutreffende Eingruppierung (und nicht die Höhe des Entgelts) zwischen den Parteien im Streit steht. Dieser Streit kann durch eine gerichtliche Entscheidung über den Feststellungsantrag geklärt werden.

2. Der Feststellungsantrag ist unbegründet.

Der Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin die begehrte Vergütung nach der Entgeltgruppe P 6 zu zahlen.

a) Für die Eingruppierung der Klägerin sind die Bestimmungen der A maßgeblich.

Die Bestimmungen der A finden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Gemäß I (a) Satz 1 der Anlage 1 zu den A richtet sich die Eingruppierung des Mitarbeiters nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlagen 2, 2d, 2e, 21a, 30, 31, 32 und 33 zu den A.

Hinsichtlich der Klägerin sind die Regelungen der Anlage 32 zu den A einschlägig, da sie Aufgaben im Pflegedienst in einer Altenpflegeeinrichtung wahrnimmt (§ 1 Abs. 1 Buchst. a der Anlage 32 zu den A). Zur Anwendung kommen gemäß § 11 der Anlage 32 zu den A die Bestimmungen des Anhangs D, denn die Klägerin gehört zu den Arbeitnehmern, die in § 1 Abs. 1 Buchst. a bis d der Anlage 32 zu den A genannt sind.

b) Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 6 des Anhangs D zur Anlage 32 zu den A.

Eine Vergütung nach der Entgeltgruppe P 6 ist für Pflegehelfer mit mindestens einjähriger Ausbildung und entsprechender Tätigkeit vorgesehen. Die Klägerin verfügt nicht über die notwendige Ausbildung. Die Eingruppierungsvoraussetzung der "mindestens einjährigen Ausbildung" ist dahin auszulegen, dass es sich um eine Ausbildung im Bereich der Alten- und Krankenpflege handeln muss.

aa) Die Auslegung der A richtet sich nach folgenden Grundsätzen:

Bei den AVR handelt es sich auf eine im so genannten dritten Weg beschlossene Arbeitsrechtsregelung. Sie stellt eine Kollektivvereinbarung besonderer Art dar, in welcher allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der kirchlichen Arbeitnehmer durch eine paritätisch zusammengesetzte Kommission festgelegt werden. Sie finden zwar nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Dennoch erfolgt die Auslegung kirchenrechtlicher Arbeitsvertragsordnungen mit Rücksicht auf deren Zustandekommen und deren kollektiver Wirkung nach den Grundsätzen, die für die Tarifauslegung maßgeblich sind (BAG, Urteil vom 21.11.2013 - 6 AZR 664/12, Urteil vom 21.10.2009 - 10 AZR 786/08). Danach ist vom Wortlaut der Regelungen auszugehen und dabei deren maßgeblicher Sinn zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der Normgeber und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den Regelungen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den systematischen Zusammenhang ist abzustellen.

bb) Nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der Bestimmungen unter I des Anhangs D zur Anlage 32 zu den A ist die Ausbildung der Klägerin als Familienpflegerin für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 6 nicht ausreichend.

(1) Wenn auf eine "mindestens einjährige" Ausbildung abgestellt wird, so wird damit auf eine Ausbildung abgestellt, die mit der Ausbildung zur Altenpflegehelferin/Pflegefachassistenz bzw. zur Kranken- und Gesundheitspflegehelferin zumindest vergleichbar ist.

(a) Dass die Ausbildung hinsichtlich einer Helfer- bzw. Assistenztätigkeit gemeint ist, folgt daraus, dass Alten- und Krankenpfleger als Fachkräfte mit üblicherweise dreijähriger Ausbildung nicht eine Vergütung nach der Entgeltgruppe P 6 erhalten, sondern eine Vergütung nach der Entgeltgruppe P 7.

(b) Es ist davon auszugehen, dass die mindestens einjährige Ausbildung, die für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 6 vorausgesetzt wird, jedenfalls im Grundsatz die Ausbildung der Altenpflegehelfer und der Gesundheits-/Krankenpflegehelfer ist.

Eine Helfer- bzw. Assistenzausbildung in der Altenpflege nimmt typischerweise in Vollzeitform zwölf Monate in Anspruch. Nach § 11 des AltPflG vom 17.11.2000 dauert eine Ausbildung in der Altenpflegehilfe mindestens zwölf Monate. Nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Altenpflegehilfeausbildung NRW vom 23.08.2006 (APRO-APH NRW) dauert die Ausbildung in Vollzeitform zwölf Monate (§ 1 Abs. 2 S. 1). Die vorgenannte Verordnung trat zum 31.12.2019 außer Kraft (Art. 5 Abs. 5 Pflegeberufereformgesetz vom 17.07.2017). Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Pflegeassistenz NRW vom 09.12.2020 (Pflegefachassistenten APrV) sieht ebenfalls vor, dass die Ausbildung in Vollzeitform zwölf Monate dauert (§ 5 Abs. 1). Auch die Ausbildung der Gesundheits- und Krankenpfleger dauert in Vollzeitform üblicherweise ein Jahr (vgl. § 5 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den Beruf der Krankenpflegehelfer/innen - KrPflhiAPrV NRW - vom 28.11.2003 sowie § 5 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegeassistentin und des Gesundheits- und Krankenpflegeassistenten - GesKrPflassAPrV NRW - vom 06.10.2008).

(c) Aus der Regelungssystematik der Vorschriften unter I des Anhangs D zur Anlage 32 zu den A ergibt sich, dass die einjährige Ausbildung einen besonderen Bezug zur Alten- und Krankenpflege aufweisen muss.

Die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 6 sind im Abschnitt I des Anhangs D zur Anlage 32 zu den A normiert. Dieser Abschnitt trägt die Überschrift "Mitarbeiter in der Pflege".

Unter Nr. 1 Satz 2 der Vorbemerkungen zum Abschnitt 1 ist klargestellt, dass die Bezeichnung "Pfleger" sich auf Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger sowie Altenpfleger erstreckt (und nicht auf Familienpfleger). Konsequenterweise sind dann Pflegehelfertätigkeiten nur solche mit Bezug auf die vorgenannten Berufe. Zwar heißt es in Nr. 1 Satz 1 der Vorbemerkungen zum Abschnitt 1, die Bezeichnung "Pflegehelfer" umfasse "auch" Gesundheits- und Krankenpflegehelfer sowie Altenpflegehelfer. Daraus folgt aber nicht zwingend, dass ("auch") die Tätigkeit des Familienpflegers als Pflegehelfertätigkeit anzusehen ist. Vielmehr deutet die Stellung des Wortes "auch" in Nr. 1 Satz 1 der Vorbemerkungen zum Abschnitt 1 darauf hin, dass es sich auf die Gesundheits- und Krankenpflegehelfer bezieht und betonen soll, dass die Krankenpflegehelfer den Altenpflegehelfern gleichgestellt sind. Deshalb ist in den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe P 6 auch nur allgemein von "Pflegehelfern" (vgl. Plümecke, in: Beyer/Papenheim, Arbeitsrecht der A, Stand: Ergänzungslieferung 1/2023, Band 3, Anlage 31/Anlage 32 Anhang D, Randnr. 34). Die Absicht der Regelungsgeber, eine Gleichstellung (nur) von Alten- und Krankenpflegern bzw. Alten- und Krankenpflegehelfern und nicht auch von Familienpflegern zu vollziehen, ergibt sich auch aus den Bestimmungen unter Unter Nr. 2 - 4 der Vorbemerkungen zum Abschnitt 1 des Anhangs D zur Anlage 32 zu den A. Dort sind Familienpfleger nicht genannt. Überdies hat die Klägerin keine Ausbildung zum Pflege-"helfer" absolviert, sondern zur Familienpflegerin. Auf ausgebildete Pfleger bezieht sich Nr. 1 Satz 2 der Vorbemerkungen zum Abschnitt 1. Auch dort sind die Familienpfleger gerade nicht aufgeführt.

(d) Jedenfalls muss, wie sich aus einer systematisch-teleologischen Auslegung der Eingruppierungsmerkmale der Entgeltgruppe P 6 ableiten lässt, eine Ausbildung vorliegen, die vergleichbar mit der Ausbildung der Alten- und Krankenpflegehelfer ist.

Denn die höhere Bewertung der Tätigkeit nach der Entgeltgruppe P 6 im Vergleich zur Entgeltgruppe P 4 hängt allein von der mindestens einjährigen Ausbildung ab. Dass jedwede (auch fachfremde) Ausbildung honoriert werden soll, ist fernliegend. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine höhere Vergütung nur für Ausbildungen gezahlt werden soll, die für die auszuübende Tätigkeit von gleichem Nutzen sind wie die Ausbildungen der Alten- und Krankenpflegehelfer.

(2) Die Klägerin verfügt über eine solche oder eine vergleichbare Ausbildung nicht.

Sie ist Familienpflegerin. Zu ihren Gunsten kann angenommen werden, dass die Ausbildung zur Familienpflegerin eine mit der Ausbildung zur Pflegefachassistenz oder zur Altenpflegehelferin vergleichbare Ausbildung wäre, wenn die Ausbildung zur Familienpflegerin die Inhalte der Ausbildung zur Pflegefachassistenz oder zur Altenpflegehelferin als Teilmenge mit umfasste und damit als eine vergleichbare Ausbildung anzusehen wäre. Das ist jedoch nicht der Fall.

Schon die Ausbildungsziele unterscheiden sich erheblich. Nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Altenpflegehilfeausbildung NRW vom 23.08.2006 (APRO-APH NRW) besteht das Ziel der Ausbildung darin, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die für eine qualifizierte Betreuung und Pflege alter Menschen in stabilen Pflegesituationen unter Aufsicht einer Pflegefachkraft erforderlich sind (§ 1 Abs. 1). Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Pflegeassistenz NRW vom 09.12.2020 (Pflegefachassistenten APrV) beschreibt als Ausbildungsziel, dass Pflegefachassistenten dazu befähigt werden sollen, Pflegefachpersonen bei der Erfüllung pflegerischer Aufgaben zu unterstützen (§ 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2). Demgegenüber beschreibt § 1 Abs. 1 und 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Familienpflegerinnen und Familienpfleger NRW vom 2. April 2004 weitergehende und andere Ausbildungsziele; die pflegerische Grundversorgung stellt lediglich eine einen kleineren Teilbereich dar.

Nach dem Vorbringen der Klägerin wurde sie als Familienpflegerin im Umfang von 130 Stunden in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie im 180 Stunden in der häuslichen Krankenpflege ausgebildet. Das entspricht § 5 Abs. 1 Nr. 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Familienpflegerinnen und Familienpfleger NRW vom 2. April 2004, bleibt indes auch nach dem Vortrag der Klägerin hinter der Ausbildung von Altenpflegehelferinnen oder Pflegefachassistentinnen zurück. Die Klägerin gibt an, dass Altenpflegehelfer 400 Stunden im pflegefachlichen und -praktischen Kompetenzbereich ausgebildet werden. Nach der Anlage 1 zur APRO-APH NRW umfasst die Ausbildung von Altenpflegehelferinnen 97 Stunden "Altenpflege als Beruf" sowie 503 Stunden "Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege", davon 353 Stunden bezogen auf Pflege im engeren Sinne. Nach der Anlage 1 zur Pflegefachassistenten APrV ist eine Ausbildung im Umfang von 420 Stunden für Pflegeprozesse und -diagnostik vorgesehen.

Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Klägerin eine vergleichbare praktische Ausbildung absolvierte. Die praktische Ausbildung zur Altenpflegehelferin nimmt 900 Stunden in Anspruch, die Ausbildung zur Pflegeassistentin 950 Stunden. Die Klägerin hat keine näheren Angaben dazu gemacht, in welchem Umfang eine praktische Ausbildung mit Bezug zur Alten- und Krankenpflegeerfolgte. Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Familienpflegerinnen und Familienpfleger NRW vom 2. April 2004 erfolgt zwar eine fachpraktische Unterweisung im Umfang von 1200 Stunden. Die fachpraktische Unterweisung soll den theoretischen Unterricht ergänzen und vertiefen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Familienpflegerinnen und Familienpfleger NRW vom 2. April 2004). Der theoretische Unterricht aber ist nicht schwerpunktmäßig auf die Alten- und Krankenpflege ausgerichtet (vgl. § 4 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Familienpflegerinnen und Familienpfleger NRW vom 2. April 2004). Nimmt man an, dass sich die Gewichtung der theoretischen Ausbildungsinhalte regelmäßig in der fachpraktischen Unterweisung widerspiegelt, so bleibt auch die praktische Ausbildung der Familienpfleger hinter der praktischen Ausbildung der Altenpflegehelfer zurück.

(3) Dass die Klägerin an einer Trainingsmaßnahme zur Eignungsfeststellung teilnahm und sich zur Alltagsmanagerin qualifiziert hat, ist hinsichtlich der begehrten Eingruppierung unbehelflich.

Es handelt sich nicht um Ausbildungen i.S. der Eingruppierungsmerkmale der Entgeltgruppe P 6, sondern um Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass im Rahmen dieser Maßnahmen Kenntnisse vermittelt wurden, die mit den Kenntnissen ausgebildeter Alten- und Krankenpflegehelfer vergleichbar sind.

(4) Dass die Klägerin in der Lage ist, die ihr zugewiesenen Aufgaben im Bereich der Altenpflege wie eine ausgebildete Altenpflegehelferin wahrzunehmen, spielt für ihre Eingruppierung keine Rolle, denn für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 6 kommt es neben der "entsprechenden Tätigkeit" gerade auf die mindestens einjährige Ausbildung als weiteres unverzichtbares Eingruppierungsmerkmal an.

(5) Ohne rechtlichen Belang ist es, wie Familienpfleger bei anderen Trägern von Pflegeeinrichtungen außerhalb des Geltungsbereichs der A vergütet werden; für die Frage, wie die Klägerin zutreffend einzugruppieren ist, kommt es lediglich auf die Vorgaben der A an, die vertraglich in Bezug genommen wurden.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen.

IV. Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen worden. Aus Sicht der erkennenden Kammer wirft der Rechtsstreit im Hinblick auf die Auslegung der Bestimmungen der Anlage 32 zu den A entscheidungserhebliche Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

Vorschriften§ 87 SGB XI, § 66 Abs. 1 ArbGG, § 256 Abs. 1 ZPO, § 11 des AltPflG, Art. 5 Abs. 5 Pflegeberufereformgesetz, § 1 Abs. 1, 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Familienpflegerinnen und Familienpfleger NRW, § 5 Abs. 1 Nr. 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Familienpflegerinnen und Familienpfleger NRW, § 4 Abs. 1 Satz 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Familienpflegerinnen und Familienpfleger NRW, § 4 Abs. 2 Satz 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Familienpflegerinnen und Familienpfleger NRW, § 4 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Familienpflegerinnen und Familienpfleger NRW, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG