Beschluss vom 21.07.2023 · IWW-Abrufnummer 236808
Landesarbeitsgericht Nürnberg - Aktenzeichen 2 Ta 58/23
Beschränkt der Versorgungsempfänger seine Klage auf den letztlich zwischen den Parteien umstrittenen Teilbetrag der monatlichen Betriebsrente (sog. Spitzenbetragsklage), richtet sich der Streitwert nach dem dreifachen Jahresbetrag des Teilbetrags ( § 42 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 GKG ).
Tenor: 1. Die Beschwerde der Klägerinvertreterin gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 10.05.2023, Az. 3 Ca 408/16, wird zurückgewiesen. 2. Der Streitwert für das Verfahren wird von Amts wegen auf 587,88 € herabgesetzt.
Gründe
A.
Die Klägerinvertreterin wendet sich mit ihrer Beschwerde vom 16.05.2023 gegen den Beschluss vom 10.05.2023, in dem der Streitwert auf 759,44 € festgesetzt worden ist.
Die Parteien stritten um die Höhe der Anpassung der betrieblichen Altersversorgung. Mit der Klage vom 21.04.2016 begehrte die Klägerin die Zahlung einer höheren Betriebsrente von monatlich 11,28 € vom 01.07.2015 - 30.06.2016, insgesamt also von 135,36 €, da die Rente nicht nur um 0,5 %, sondern um 2,1 % anzupassen sei, sich die Betriebsrente daher auf 761,58 € erhöhe. Darüber hinaus begehrte die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Betriebsrente jährlich um 2,1% anzupassen.
Mit Schriftsatz vom 24.01.2022 änderte die Klägerin den Feststellungsantrag in einen Leistungsantrag auf Zahlung einer höheren Betriebsrente für die Zeit Juli 2016 - Juni 2017 von 150,24 €, für die Zeit Juli 2017 - Juni 2018 von 153,- €, für die Zeit Juli 2018 - Juni 2019 von 157,92 € und für die Zeit Juli 2019 bis Juni 2020 von 162,92 €.
Am 17.02.2022 erging ein Teilurteil hinsichtlich der Monate Juli 2015 bis Juni 2016. Die Berufung gegen das Teilurteil wurde mit Urteil des LAG Nürnberg vom 01.09.2022 zurückgewiesen.
Die Parteien einigten sich mit gerichtlich festgestelltem Vergleich vom 10.05.2023 hinsichtlich der Rentenanpassungen für den Zeitraum ab 01. Juli 2016. Dabei vereinbarten sie die Zahlung von 600,- € für die Zeit vom 01.07.2016 - 30.06.2020 (Ziffer 1 des Vergleichs). Ab 01.07.2020 wurde die monatliche Rente auf 838,33 € brutto festgelegt (Ziffer 2 des Vergleichs) und eine entsprechende Nachberechnung und Auszahlung innerhalb von zwei Monaten vereinbart (Ziffer 3 und 4 des Vergleichs). In Ziffer 5 regelten die Parteien, dass damit alle Ansprüche im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung bis einschließlich der Anpassung zum 01.07.2022 erledigt seien.
In ihrer Streitwertbeschwerde vom 16.05.2023 rügt die Klägerinvertreterin, dass der Streit- und Vergleichswert wesentlich höher liegen müsse, da bereits Ziffer 1 sich auf 600,-- € belaufe, Ziffer 2 auf 838,33 € und auch Ziffer 3 und 4 streitwertmäßig zu bewerten seien. Auch sei Ziffer 5 streitwertmäßig zu bewerten.
Der Beklagtenvertreter trägt in seiner Stellungnahme vor, es bestehe Einverständnis mit der getroffenen Streitwertfestsetzung. Soweit die Klägerin meine, auch die weiteren Ziffern des Vergleichs seien wertmäßig zu berücksichtigen, erschließe sich dies nicht, da über Folgefragen kein Streit bestanden habe. Streitig sei immer nur die Anpassung zum 01.07.2016 gewesen.
Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 05.06.2023 nicht ab und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vor.
Das Landesarbeitsgericht gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 07.07.2023. Inhaltliche Stellungnahmen erfolgten nicht.
B.
I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist. Dies gilt auch für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts (LAG Nürnberg 28.05.2020 - 2 Ta 76/20 juris; 24.02.2016 - 4 Ta 16/16 juris mwN). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- €. Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG. Die Klägerinvertreterin kann aus eigenem Recht Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.
II. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Im Hinblick auf die Regelung in § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert für das Verfahren von Amts wegen auf 587,88 € festzusetzen (§ 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG).
1. Der Wert für das Verfahren war festzusetzen auf 587,88 €.
a. Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Wert einer auf wiederkehrende Leistungen gerichteten Klage auf den dreifachen Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen begrenzt. Hierzu zählen auch Klagen auf Zahlung oder Feststellung der monatlichen Betriebsrente. Nach § 42 Abs. 3 Satz 1 2. HS GKG wird der Wert der bei Einreichung der Klage fälligen Beträge im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht hinzugerechnet. Auch bei Erhebung einer positiven Feststellungsklage ist der volle Wert anzusetzen; ein Abschlag findet nicht statt (BAG 22.09.2015 - 3 AZR 391/13; LAG Nürnberg 13.09.2021 - 2 Ta 82/21).
b. Mit dem Feststellungsantrag (Antrag zu 2 aus der Klage) machte die Klägerin die Anpassung der Betriebsrenten um jährlich 2,1 % geltend ab 01.07.2016. Damit machte die Klägerin die Betriebsrente nicht in voller Höhe geltend, sondern beschränkte ihre Klage auf den letztlich zwischen den Parteien umstrittenen Teilbetrag (sog. Spitzenbetragsklage). Dieser Antrag ist mit 587,88 € zu bewerten. Ausgangspunkt ist die von der Klägerin ab 01.07.2015 mit dem Antrag zu 1 geltend gemachte Höhe der Betriebsrente von 761,58 €. Die Erhöhung um 2,1 % ab 01.07.2016 ergibt einen monatlichen Differenzbetrag von 15,99 €, ab 01.07.2017 von 16,33 und ab 01.07.2018 von 16,67 €. Die monatlichen Differenzbeträge ergeben den Wert des dreifachen Jahresbetrags. Dieser beträgt 587,88 €.
c. Der Antrag zu 1 aus der Klage war als bei Klageerhebung bereits fälliger Betrag nicht hinzuzuzählen (§ 42 Abs. 3 Satz 1 2. HS GKG). Die statt der Feststellungsklage für die Zeit ab 01.07.2016 erhobenen Zahlungsanträge liegen für die Zeit vom 01.07.2016 bis 30.06.2019 unter dem Wert der Feststellungsklage. Der Zahlungsantrag für den Zeitraum ab Juli 2019 erhöht den Wert ebenfalls nicht (§ 42 Abs. 1 Satz 1 GKG).
2. Ein Vergleichsmehrwert war nicht festzusetzen. Dies hat das Arbeitsgericht richtig erkannt.
a. Eine Einigungsgebühr für die anwaltliche Tätigkeit fällt gem. Nr. 1000 VV RVG (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages an, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis oder einen Rechtsanspruch beseitigt wird. Dem tragen die Regelungen für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts in Ziffer I Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit Rechnung, wonach ein Vergleichsmehrwert nur festzusetzen ist, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder außergerichtlicher Streit erledigt und/oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden. Dabei muss gerade über die Frage eines Anspruchs oder Rechts in Bezug auf die jeweilige Regelung zwischen den Parteien Streit und/oder Ungewissheit bestanden haben; keine Werterhöhung tritt ein, wenn es sich lediglich um eine Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits handelt. Abzustellen ist auf die Umstände zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses.
b. Es ist nicht ersichtlich, dass die im Vergleich aufgenommenen Regelungen einen Streit oder eine Ungewissheit beseitigt hätten, die über die mit der Spitzenbetragsklage geltend gemachten Streitpunkte hinausgingen und die nicht bereits im Verfahrenswert mit enthalten sind. In Ziffer 2 ist die Festlegung der Höhe der Versorgungsleistung ab 01.07.2020 enthalten, ohne insoweit einen Zahlungstitel zu schaffen. In Ziffer 3 ist die Nachberechnung ab 01.07.2020 festgehalten und in Ziffer 4 der Zeitraum für Abrechnung und Auszahlung. Dies sind lediglich Abwicklungsmodalitäten. Auch für die Ziffer 5 (Abgeltungsklausel für die Vergangenheit bezüglich der Ansprüche wegen der betrieblichen Altersversorgung) ist nicht erkennbar, dass hier mehr Ansprüche erfasst sein sollen, als ohnehin in den vorhergehenden Ziffern des Vergleichs und der Klage gegenständlich waren.
C.
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen, § 78 Satz 3 ArbGG.
Für eine Kostenentscheidung bestand kein Anlass, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 68 Abs. 3 GKG.