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Urteil vom 02.03.2023 · IWW-Abrufnummer 237339

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Aktenzeichen 3 Sa 28/21

1. Der Arbeitnehmer erwirbt für geleistete Arbeit auch insoweit einen Vergütungsanspruch, als die geleistete Arbeitszeit das nach §§ 3 ff. ArbZG zulässige Maß überschritten hat.

2. Für den Zeitraum des Annahmeverzugs ist der Berechnung der Annahmeverzugsvergütung die ausgefallene Arbeitszeit auch insoweit zugrunde zu legen, als sie das nach §§ 3 ff. ArbZG zulässige Maß überschreitet.

3. Die unter Verstoß gegen § 3 ArbZG geleistete Arbeitszeit gehört zu dem urlaubsrechtlich gem. § 11 Abs. 1 BUrlG zu berücksichtigenden Arbeitsverdienst.


In der Rechtssache
- Beklagte/Berufungsklägerin -
Proz.-Bev.:
gegen
- Klägerin/Berufungsbeklagte -
Proz.-Bev.:
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Oesterle, die ehrenamtliche Richterin Braunmüller und den ehrenamtlichen Richter Häberle auf die mündliche Verhandlung vom 02.03.2023
für Recht erkannt:

Tenor: I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2021 - 31 Ca 2112/20 - dahingehend abgeändert, dass Ziff. 11 des Urteilstenors nunmehr wie folgt lautet: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.818,51 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.256,16 EUR seit 01. Dezember 2020 und aus weiteren 3.562,35 EUR seit 01. Januar 2021 zu zahlen. II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 29. Januar 2020 und über Vergütungsansprüche der Klägerin.

Die am 0.0.1991 geborene, ledige und inzwischen zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin war seit 01. September 2019 bei der Beklagten, die als Spastikerin körperbehindert und auf den Rollstuhl angewiesen ist, auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 24. September 2019 (Bl. 35f der Arbeitsgerichtsakte) als Assistenzkraft bei allen Dingen des täglichen Lebens beschäftigt.

Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

"2. Tätigkeitsbeschreibung Assistenz bei allen Dingen des täglichen Lebens der körperbehinderten Arbeitgeberin. 3. Arbeitszeit Es handelt sich um eine sogenannte Blockarbeitszeit (auf eine Anzahl Arbeitstage "rund um die Uhr" folgt eine Anzahl freier Tage). Es wird eine Mindestarbeitszeit von 15 Arbeitstagen im vollen Monat garantiert. Seitens der Arbeitnehmerin besteht grundsätzlich die Bereitschaft, bei Urlaubs- und Krankheitsvertretung sowie bei anderweitigen Engpässen über diese Mindestarbeitszeit hinaus an weiteren Tagen zu arbeiten. Diese Mehrarbeit wird wie planmäßige Arbeit bezahlt. Jeweils zum Monatsende wird ein Dienstplan für den folgenden Monat erstellt. 4. Verdienst Es wird ein Tageslohn von € 151,63 zugrunde gelegt. Dieser setzt sich wie folgt zusammen 12 Stunden Arbeit = Faktor 1 x Stundenlohn 12 Stunden Bereitschaft = Faktor 0,2 x Stundenlohn Der Stundenlohn beträgt zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses € 10,53 5. Probezeit Es wird eine Probezeit vereinbart. Diese endet Ende Februar 2020. 6. Kündigungsfrist Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen zur Monatsmitte bzw. zum Monatsende, danach beiderseits mit einer Frist von einem Monat zur Monatsmitte bzw. zum Monatsende - auch ohne Angabe von Gründen - schriftlich gekündigt werden. ... 7. Urlaub Zugrunde gelegt wird ein Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz. Entsprechend der vertraglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer wird dieser Anspruch festgesetzt. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. ... 9. Sonstige Vereinbarungen ... - Arbeitsunfähigkeiten müssen unverzüglich vom ersten Tag an mit einer ärztlichen Bescheinigung nachgewiesen werden. ... - Die Unterkunft und volle Verpflegung trägt die Arbeitnehmer und ist vom Lohn abzuziehen. Dieser Sachbezugswert richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen für die Lohnsteuer bzw. Sozialversicherung. Während des Urlaubs entfällt dieser Sachbezug."

In der Anlage zum Arbeitsvertrag ist geregelt:

"Ergänzung bzw. Erläuterung zu 4. Verdienst Der Stundenlohn beträgt zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses € 10,53. Der Tageslohn von € 151,63 setzt also sich wie folgt zusammen: 12 Stunden Arbeit Faktor 1 x € 10,53 = € 126,36 12 Stunden Bereitschaft Faktor 0,2 x € 10,53 = € 25,27 = € 151,63 Ergänzung bzw. Erläuterung zu 7. Urlaub Der Urlaub beträgt 15 Tage á 24 Stunden im Jahr. Der Stundenlohn ermittelt sich hierfür wie in 4."

Die Klägerin teilte sich die "Rund um die Uhr"-Betreuung mit zumindest einer anderen Pflegekraft namens B. S.. Die Klägerin arbeitete jeweils von 10 Uhr bis 10 Uhr des Folgetages vom

- 17. September bis 01. Oktober 2019

- 17. Oktober bis 31. Oktober 2019

- 15. November bis 30. November 2019

- 14. Dezember bis 16. Dezember 2019, 18. Dezember bis 22. Dezember 2019, 25. Dezember bis 27. Dezember 2019 und 31. Dezember 2019.

Am 15. und 16. Oktober 2019 sowie am 07. und 08. Dezember 2019 hatte die Klägerin Urlaub.

Die Beklagte erbrachte im Zeitraum von September bis Dezember 2019 folgende Vergütungszahlungen an die Klägerin:

- Für September 2019: 1.583,27 EUR

- Für Oktober 2019: 2.576,16 EUR

- Für November 2019: 2.426,11 EUR

- Für Dezember 2019: 2.510,35 EUR.

Im Zeitraum vom 12. Januar bis 29. Januar 2020 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung im Zentrum für Psychiatrie (künftig ZfP) in W..

Mit Schreiben vom 29. Januar 2020 (Bl. 38 der Arbeitsgerichtsakte), das der Klägerin am 01. Februar 2020 gegen 18:30 durch ihre Arbeitskollegin S. übergeben wurde, kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis zum 15. Februar 2020.

Am 10. März 2020 teilte ihre Frauenärztin der Klägerin anlässlich eines Untersuchungstermins mit, dass sie sich in der 13. Schwangerschaftswoche befinde, was die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 13. März 2020 (Bl. 40f der Arbeitsgerichtsakte), bei der Beklagten am selben Tag eingeworfen, mitteilte. Zugleich bot die Klägerin der Beklagten ihre Arbeitsleistung an.

Am 23. März 2020 erhob die Klägerin gegen die Kündigung vom 29. Januar 2020 Klage und beantragte unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung (Bl. 25 der Arbeitsgerichtsakte) die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage. Eine ärztliche Bescheinigung vom 23. März 2020 (Bl. 39 d. ArbG-Akte) nannte den 15. September 2020 als voraussichtlichen Entbindungstermin. Am 08. September 2020 entband die Klägerin einen Sohn.

Mit Schreiben vom 08. Januar 2021, das der Klägerin am 12. Januar 2021 zuging, sprach die Beklagte eine weitere Kündigung des zwischen den Parteien begründeten Arbeitsverhältnisses zum 15. Februar 2021 aus, die die Klägerin nicht gerichtlich angegriffen hat.

Die Klägerin hat vorgetragen: Die Kündigung vom 29. Januar 2020 sei gem. § 17 Abs. 1 MuSchG unwirksam. Da sie selbst erst anlässlich des Untersuchungstermins bei ihrer Frauenärztin am 10. März 2020 von ihrer Schwangerschaft erfahren habe, sei es ihr nicht möglich gewesen, die Beklagte innerhalb von zwei Wochen nach Kündigungszugang von ihrer Schwangerschaft zu unterrichten. Bis zum 10. März 2020 hätten bei ihr keine sicheren Anzeichen für eine Schwangerschaft bestanden. Dies beruhe darauf, dass sie bereits in der Vergangenheit immer sehr unregelmäßige Zyklen bei ihrer Periode gehabt habe, die immer wieder sogar über mehrere Monate hinweg ausgeblieben sei. Dies sei darauf zurückzuführen, dass sie mit psychischen Problemen zu kämpfen gehabt habe und deshalb seit 2012 regelmäßig sehr starke Psychopharmaka habe nehmen müssen, die für die unregelmäßigen Zyklen und das teilweise monatelange Ausbleiben der Periode verantwortlich gewesen seien. So habe die Klägerin noch Ende November 2019 eine Regelblutung gehabt. Deren Ausbleiben in den Folgemonaten sei für sie jedoch kein Anlass gewesen, an eine Schwangerschaft zu denken, da dies in der Vergangenheit auch immer wieder einmal der Fall gewesen sei und die Klägerin im fraglichen Zeitraum Ende 2019 und Anfang 2020 Antidepressiva eingenommen habe, die sich, wie in der Vergangenheit geschehen, auf ihre Periode auswirken konnten. Sie habe seit 2012 regelmäßig sehr starke Psychopharmaka nehmen müssen. Zu diesen Medikamenten gehörten z. B. Methyphenidat sowie Citalopram, die als Nebenwirkungen bei Frauen bekanntermaßen zu Menstruationsstörungen und damit zu einem monatelangen Ausbleiben der Regelblutung führen könnten und die auch im streitgegenständlichen Zeitraum noch eingenommen worden seien.

Durch den Suizid ihrer Schwester am 21. Dezember 2019 habe sich die Klägerin zu diesem Zeitpunkt darüber hinaus in einer psychischen Ausnahmesituation befunden, was ihre stationäre Behandlung im Zentrum für Psychiatrie in W. erforderlich gemacht habe und aus ihrer Sicht ebenfalls Grund für das Ausbleiben der Regelblutung gewesen sei. Das Ausbleiben der Periode habe sie deshalb auch auf die in der Vergangenheit schon bestehenden Unregelmäßigkeiten und die Einnahme der Medikamente sowie ihre psychische Ausnahmesituation zurückgeführt. Typische Schwangerschaftsbeschwerden habe sie nicht gehabt.

Am 10. März 2020 habe sie dann ihre neue Frauenärztin aufgesucht, da sie Unterleibsschmerzen gehabt habe und ihr bisheriger Frauenarzt altersbedingt seine Praxis geschlossen gehabt habe. Bei der Untersuchung habe sich herausgestellt, dass sie an einer Blasen- und Harnleiterinfektion sowie einer Pilzinfektion des Intimbereichs gelitten habe. Bei der dabei durchgeführten Urin- und Ultraschalluntersuchung sei zu ihrer Überraschung die Schwangerschaft festgestellt worden. Nach Auskunft der Frauenärztin seien die bestehenden Erkrankungen auch mit dafür verantwortlich, dass sie bis dahin keinerlei Anzeichen einer Schwangerschaft bzw. Schwangerschaftsbeschwerden gehabt habe.

Mangels Kenntnis von ihrer Schwangerschaft habe sie die Fristüberschreitung nicht zu vertreten. Sie habe nach Kenntniserlangung die Mitteilung durch das Schreiben vom 13. März 2020 unverzüglich nachgeholt. Folglich sei die Kündigungsschutzklage nach § 5 Abs. 1 KSchG nachträglich zuzulassen.

Ihr stehe für die erbrachte bzw. durch den Arbeitsvertrag garantierte Mindestmonatsarbeitszeit eine Vergütung zumindest i. H. d. Mindestlohns zu, der nicht nur für Arbeitsstunden im Volldienst, sondern auch für Arbeitsstunden im Bereitschaftsdienst geschuldet sei.

Da sie rund um die Uhr gearbeitet habe, habe sie auch Nachtarbeit verrichtet. Angemessen i. S. d. § 6 Abs. 5 ArbZG sei der übliche Nachtarbeitszuschlag, der für vergleichbare Tätigkeiten bezahlt werde. Weil ihr Tätigkeitsschwerpunkt in der Betreuung und Pflege der Beklagten liege, könne man sich vorliegend an die einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen (z. B. TVöD - B) anlehnen, die üblicherweise einen Nachtarbeitszuschlag von mindestens 20 % vorsähen. Der Nachtarbeitszuschlag sei in Geld auszugleichen, weil die Beklagte mit Schreiben vom 09. November 2020 (Bl. 149 der Arbeitsgerichtsakte) habe mitteilen lassen, dass eine weitere Tätigkeit der Klägerin und somit auch die Erklärung eines Freizeitausgleichs nicht in Betracht komme. Dies ergebe einen Betrag von 3.205,84 EUR für den Zeitraum von September 2019 bis Dezember 2020, hilfsweise Freizeitausgleich im Umfang von 344,4 Stunden.

Daher seien im Jahre 2019 pro Kalendermonat mindestens (15 Mindestarbeitstage × 24 Stunden × 9,91 EUR + 7 Nachtarbeitsstunden × 9,19 EUR × 0,2 =) 3.501,55 EUR brutto zu vergüten, im Jahr 2020 ausgehend von einem Mindestlohn von 9,35 EUR brutto pro Stunde mindestens 3.562,35 EUR. Sie habe demnach folgende Mindestvergütungsansprüche:

- Für September 2019: 15 Arbeitstage = 3.501,39 EUR

- Für Oktober 2019 im Zeitraum vom 17. bis 31. Oktober 2019: 15 Arbeitstage + 2 Urlaubstage = 3.968,25 EUR

- Für November 2019 vom 15. bis 30. November 2019: 16 Arbeitstage = 3.734,82 EUR

- Für Dezember 2019: 15 Arbeitstage + 2 Urlaubstage = 3.968,25 EUR

- Für Januar 2020 für den Zeitraum vom 16. bis 29. Januar 2020: 14 Arbeitstage = 3.324,86 EUR

- Für Februar 2020: 15 Arbeitstage = 3.562,35 EUR

- Für März 2020: 15 Arbeitstage = 3.562,35 EUR

Dementsprechend könne sie für den Zeitraum von September 2019 bis März 2020 noch Differenzvergütung i. H. v. insgesamt 17.000,91 EUR beanspruchen.

Für den Zeitraum der Schwangerschaft der Klägerin und Kenntnis der Beklagten hiervon gölten darüber hinaus die weiteren Schutzvorschriften des Mutterschutzgesetzes, insbesondere die Regelung nach § 4 MuSchG. Soweit dies zu teilweisen oder vollständigen Beschäftigungsverboten führen würde, stünde der Klägerin gem. §§ 18, 21 MuschG Mutterschutzlohn i. H. d. Durchschnitts der letzten drei Kalendermonate vor der Schwangerschaft zu. Nehme man hier den Durchschnitt der Monate September bis November 2019, ergäbe sich sogar ein Mutterschutzlohn von 3.734,82 EUR als durchschnittliches Bruttomonatsentgelt.

Da sie im Februar 2020 keinen Dienstplan erhalten habe, sei sie am 15. Februar 2020 nicht zu Dienstbeginn erschienen.

Für den Zeitraum von April bis einschließlich Dezember 2020 mache sie aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs einen monatlichen Mindestverdienst von jeweils 3.562,35 EUR brutto geltend.

Falls das Gericht davon ausgehen sollte, dass der Klägerin für die Zeit der Schutzfristen des § 3 MuSchG nur ein Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gem. § 20 MuSchG zustehe, werde hilfsweise folgendes vorgetragen: Die Schutzfrist beginne am 04. August 2020 und ende 14 Wochen später (zzgl. Tag der Entbindung) am 11. November 2020. Lege man der Gehaltsabrechnung die Abzugsmerkmale aus der letzten Gehaltsabrechnung der Beklagten vom Dezember 2019 zugrunde (Steuerklasse 1, 0,5 Freibetrag Kinder, Kirchensteuer, Krankenversicherungsbeitrag i. H. v. 15,5 %), ergäbe sich aus einem monatlichen Bruttoentgeltanspruch von 3.562,35 EUR eine monatliche Nettovergütung von 2.241,24 EUR, was einem kalendertäglichen Nettoentgelt von (2.241,24 EUR ÷ 30 Tage =) 74,71 EUR entspreche. Berücksichtige man einen kalendertäglichen Anspruch gegenüber der Krankenkasse auf Mutterschaftsgeld i. H. v. 13,00 EUR, ergebe sich ein kalendertäglicher Zuschuss der Beklagten zum Mutterschaftsgeld von 61,71 EUR, für den Zeitraum der Schutzfristen vom 04.08. bis 11. November 2020 von 6.047,58 EUR.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 29. Januar 2020 nicht zum 15. Februar 2020 beendet wurde. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.917,67 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. November 2019 zu bezahlen. 3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.392,09 EUR nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. November 2019 zu bezahlen. 4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.308,71 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. Dezember 2019 zu bezahlen. 5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.457,90 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. Januar 2020 zu bezahlen. 6. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.324,86 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. Februar 2020 zu bezahlen. 7. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.562,35 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. März 2020 zu bezahlen. 8. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.562,35 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. April 2020 zu bezahlen. 9. Die Kündigungsschutzklage wird nachträglich zugelassen. 10. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 21.374,10 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.562,35 EUR seit 01. Mai 2020, aus weiteren 3.562,35 EUR seit 01. Juni 2020, aus weiteren 3.562,35 EUR seit 01. Juli 2020, aus weiteren 3.562,35 EUR seit 01. August 2020, aus weiteren 3.562,35 EUR seit 01. September 2020 und aus weiteren 3.562,35 EUR seit 01. Oktober 2020 zu bezahlen. 11. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 10.687,05 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.562,35 EUR seit 01. November 2020, aus weiteren 3.562,35 EUR seit 01. Dezember 2020 und aus weiteren 3.562,35 EUR seit 01. Januar 2021 zu bezahlen.

Hilfsweise:

1. Die Beklagte wird verurteilt, nach ihrer Wahl der Klägerin bezahlten Freizeitausgleich im Umfang von 344,4 Stunden zu gewähren oder 3.205,84 EUR nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.047,58 EUR netto nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.666,17 EUR seit 01. September 2020, aus weiteren 1.851,30 EUR seit 01. Oktober 2020, aus weiteren 1.851,30 EUR seit 01. November 2020 und aus weiteren 678,81 EUR seit 01. Dezember 2020 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Es sei nicht bekannt, wie lange die in der Bestätigung der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie A. (vgl. Bl. 114 der Arbeitsgerichtsakte) genannten Präparate eingenommen worden bzw. ob sie überhaupt seitens der Klägerin eingenommen worden seien.

Für die Klägerin hätten sehr wohl hinreichende Ansatzpunkte für die Annahme einer Schwangerschaft bestanden (sexueller Kontakt, ausbleibende Regelblutung über mehr als drei Monate).

Wegen des von der Klägerin geschilderten seit vielen Jahren bestehenden Ausnahmezustands sei diese überhaupt nicht in der Lage, ihre Arbeit bei der Beklagten zu verrichten, insbesondere während der Schwangerschaft. Während der Schwangerschaft hätten die Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverbot vorgelegen.

Im Zusammenhang mit der Kündigung sei kein Hausverbot ausgesprochen worden.

Es erscheine schon im Hinblick auf die mehrfach ausgebliebenen Regelblutungen äußerst unwahrscheinlich, dass die Klägerin erst am 10. März 2020 überhaupt gespürt habe, dass sie schwanger war und es dann anlässlich einer Untersuchung zu einer Art Zufallsbefund gekommen sei. Die Klägerin habe bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt und damit außerhalb der gesetzlichen Frist zurechenbare Kenntnis von ihrer Schwangerschaft gehabt, sodass sie sich nicht auf den Schutz des Mutterschutzgesetzes berufen könne.

Ab dem 16. Februar 2020 seien deshalb keine Ansprüche der Klägerin mehr gegeben. Im Januar 2020 sei die Klägerin nicht zur Arbeit erschienen und habe darauf hingewiesen, dass sie arbeitsunfähig erkrankt sei. Der behauptete Suizid der Schwester der Klägerin und dessen Auswirkungen würden mit Nichtwissen bestritten.

Hinsichtlich des Zeitraums vom 12. Januar bis 29. Januar 2020 sei keine Information gegenüber der Beklagten erfolgt. Die Klägerin sei schlicht nicht erschienen bis am 29. Januar 2020, allerdings nur deswegen, um verschiedene persönliche Gegenstände abzuholen. Sie habe kein weiteres Gespräch gesucht, insbesondere nicht ihre Arbeitsleistung angeboten.

Die Klägerin könne sich nicht einerseits darauf berufen, aufgrund gesetzlicher Regelungen einem Beschäftigungsverbot zu unterliegen, und andererseits die Zeiten, in denen sie gar nicht gearbeitet habe, gleichermaßen wie die vorhergehenden Monate abzurechnen.

In der Zeit vom 02. Februar bis 15. Februar 2020 sei die Klägerin nach dem Dienstplan nicht zum Dienst eingeteilt gewesen.

Es werde bestritten, dass die Klägerin ihre Frauenärztin am 10. März 2020 allein wegen schmerzhafter Unterleibsbeschwerden aufgesucht habe.

Zu hinterfragen sei, ob die wohl in der Tat unzulässige Arbeitszeitgestaltung bei Bewertung der Anspruchshöhe weiter umzusetzen sei.

Die Klägerin hat erwidert: Im Hinblick auf die stationäre Krankenhausbehandlung im ZfP in W. vom 12. bis 29. Januar 2020, über die sie die Beklagte und deren Vater bzw. ihre Arbeitskollegin B. S. rechtzeitig informiert habe, sei ohne weiteres von einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit auszugehen.

Nach ihrer Entlassung aus dem Zentrum für Psychiatrie am 29. Januar 2020 habe sie die Beklagte aufgesucht, um abzuklären, ob sie den restlichen Arbeitsblock bis zum 01. Februar 2020 übernehmen solle. Die Beklagte habe sie mit dem Hinweis weggeschickt, dass ihre Arbeitskollegin B. den kompletten Block übernehmen werde. Dabei sei der Beklagten auch das Original der Aufenthaltsbescheinigung des Zentrums für Psychiatrie übergeben worden.

Sie habe sich nicht auf ein Beschäftigungsverbot berufen, sondern auf die gesetzlichen Einschränkungen während der Schwangerschaft aufgrund des Mutterschutzgesetzes hingewiesen. Trotz der vorgetragenen Erkrankungen sei sie in der Lage gewesen, die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen, und habe diese auch in der gesamten Zeit des Arbeitsverhältnisses ohne jegliche Beanstandungen erbracht. Es wäre Pflicht der Beklagten gewesen, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und den Arbeitsplatz der Klägerin schwangerschaftsgerecht umzugestalten. Für ein Beschäftigungsverbot verbleibe in einem solchen Fall kein Raum.

Bis zum Untersuchungstermin am 10. März 2020, anlässlich dessen sie erst von ihrer Schwangerschaft erfahren habe, hätten bei ihr keine sicheren bzw. zwingenden auf eine Schwangerschaft hindeutenden Anzeichen bestanden.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 13. Januar 2021 der von ihm nachträglich zugelassenen Kündigungsschutzklage der Klägerin stattgegeben. Außerdem hat es der Klägerin 43.104,99 EUR brutto nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage seien gegeben. Die Klägerin habe nachvollziehbar und glaubhaft vorgetragen, dass sie erst am 10. März 2020 Kenntnis von ihrer Schwangerschaft erlangt habe. Es sei glaubhaft, wenn die Klägerin an Eides statt versichere, dass das Ausbleiben der Regelblutungen seit Dezember 2019 für sie kein Anlass gewesen sei, an eine Schwangerschaft zu denken, da sie bereits in der Vergangenheit immer sehr unregelmäßige Zyklen gehabt habe und die Periode immer wieder sogar über mehrere Monate hinweg ausgeblieben sei. Die Klägerin führe dies auf ihre durch fachärztliches Attest bestätigte psychische Erkrankung und die regelmäßige Einnahme starker Psychopharmaka zurück. Es sei nicht auszuschließen, dass die Einnahme dieser Psychopharmaka Auswirkungen auf den Hormonhaushalt der Klägerin insbesondere auch auf die Regelmäßigkeit der monatlichen Regelblutung gehabt habe. Weiterhin sei die psychische Ausnahmesituation der Klägerin in diesem Zeitraum zu berücksichtigen, die auf den Suizid ihrer Schwester am 21. Dezember 2019 zurückzuführen sei und auch zu einem stationären Aufenthalt vom 12. bis 29. Januar 2021 (richtig: 2020) im ZfP in W. geführt habe. Die Klägerin habe mit ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 23. September 2020 glaubhaft gemacht, dass die körperlichen Anzeichen keineswegs so zwingend gewesen seien, dass sich bei ihr der Verdacht einer Schwangerschaft aufdrängen musste und sie daher in Unkenntnis über die objektiv seit längerem bestehende Schwangerschaft gewesen sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin im März 2020 ihre Frauenärztin nicht wegen des Verdachts einer Schwangerschaft, sondern wegen schmerzhafter Unterleibsbeschwerden aufgesucht habe und die Schwangerschaft dabei überraschend festgestellt worden sei.

Mit der am 23. März 2020 eingegangenen Kündigungsschutzklage, verbunden mit dem Antrag auf nachträgliche Klagzulassung, habe die Klägerin die Zwei-Wochen-Frist des § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG eingehalten. Die Kündigung der Beklagten sei nach § 17 Abs. 1 S. 1 MuSchG i. V. m. § 134 BGB unwirksam. Die zu ihrer Wirksamkeit erforderliche Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle gem. § 17 Abs. 2 S. 1 MuSchG liege nicht vor.

Da vor dem 10. März 2020 keine zwingenden Anhaltspunkte für eine Schwangerschaft gegeben gewesen seien, habe die Klägerin die zweiwöchige Mitteilungsfrist des § 17 Abs. 1 S. 1 MuSchG unverschuldet versäumt. Die gegenüber der Beklagten am 13. März 2020 gemachte Mitteilung der Schwangerschaft sei unverzüglich erfolgt.

Der Klägerin stünden Vergütungsansprüche i. H. v. 1.917,67 EUR brutto für September 2019, 1.392,09 EUR brutto für Oktober 2019, 1.308,71 EUR brutto für November 2019 und 1.457,90 EUR brutto für Dezember 2019 zu. Die Beklagte sei nach § 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG verpflichtet, auch für Zeiten der Bereitschaft den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Der Arbeitgeber schulde den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Vergütungspflichtige Arbeit sei dabei nicht nur die Vollarbeit, sondern auch die Bereitschaft. Die gesetzliche Vergütungspflicht differenziere nicht nach dem Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme.

Die Klägerin sei gem. § 2 Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 ArbZG Nachtarbeitnehmerin, weshalb sie nach § 6 Abs. 5 ArbZG Anspruch auf Bezahlung eines angemessenen Nachtarbeitszuschlags für die geleistete Nachtarbeit habe. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 09. November 2020 ihr Wahlrecht dahingehend ausgeübt, dass sie eine weitere Tätigkeit der Klägerin ablehne, weshalb der Ausgleichsanspruch der Klägerin in Geld zu erfüllen sei. Ein 20 %-iger Nachtarbeitszuschlag sei im Hinblick auf die einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen des TVöD-B, die üblicherweise einen Nachtarbeitszuschlag i. H. v. mindestens 20 % vorsähen, angemessen.

Pro Arbeitstag im Jahr 2019 ergebe sich ein Vergütungsanspruch von 233,49 EUR brutto. Für den September 2019 seien 15 Arbeitstage anzusetzen, für den Oktober 2019 der Zeitraum vom 17. bis 31. Oktober 2019 sowie zwei Urlaubstage, für den November 2019 16 Arbeitstage und für den Dezember 2019 15 Arbeitstage zzgl. zwei Urlaubstage.

Für den Januar 2020 stehe der Klägerin Entgeltfortzahlung gem. § 3 Abs. 1 EFZG für 14 Arbeitstage á 237,49 EUR brutto zu. Die Behandlungsbescheinigung des ZfP W. über den stationären Aufenthalt vom 12. bis 29. Januar 2020 reiche als Nachweis der Arbeitsunfähigkeit aus, da es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass dieser stationäre Aufenthalt ohne Vorliegen einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden psychischen Erkrankung der Klägerin erfolgt sei.

Für Februar und März 2020 ergebe sich bei 15 Arbeitstagen monatlich ein Vergütungsanspruch der Klägerin i. H. v. jeweils 3.562,35 EUR brutto.

Anspruchsgrundlage für die gem. § 4 Abs. 1 MuSchG zulässigen 8,5 Arbeitsstunden täglich sei § 615 S. 1 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag der Parteien. Für die übrigen 15,5 Arbeitsstunden pro Arbeitstag ergebe sich ein Vergütungsanspruch aus §§ 18, 21 MuSchG. Der von der Beklagten geschuldete Mutterschutzlohn errechne sich aus der durchschnittlichen Vergütung für die Monate September bis November 2019. Deshalb könne der von der Klägerin geltend gemachte Betrag von monatlich 3.562,35 EUR brutto angesetzt werden.

Die Beklagte sei ab 15. Februar 2020 in Annahmeverzug geraten. Für den 15. Februar 2020 als letzten Tag der Kündigungsfrist habe die Beklagte, die der Klägerin für den Februar 2020 keinen Dienstplan übermittelt habe, keine Arbeit zugewiesen. Mit dem Ausspruch der ordentlichen Kündigung zum 15. Februar 2020 habe die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Weiterbeschäftigung der Klägerin ablehne, weshalb ein tatsächliches Angebot gem. § 295 S. 1 BGB entbehrlich gewesen sei. Es habe keines wörtlichen Angebots bedurft, da die Beklagte der Klägerin als Arbeitnehmerin Arbeit hätte zuweisen müssen.

Soweit die Beklagte geltend mache, dass die Klägerin angesichts ihrer psychischen Grunderkrankung nicht leistungsfähig gewesen sei, habe sie keine Anhaltspunkte für ein Unvermögen der Klägerin vorgetragen, vielmehr habe diese in den Monaten September bis Dezember 2019 ihre Arbeitsleistung unbeanstandet erbracht. Eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation der Klägerin ab Januar 2020 sei nicht ersichtlich.

Für den Zeitraum 01. April bis 31. Juli 2020 ergebe sich gleichfalls ein monatlicher Annahmeverzugslohnanspruch von 3.562,35 EUR brutto, für den Zeitraum vom 01. August bis 03. August 2020 i. H. v. (3.562,35 EUR brutto ÷ 31 Kalendertage × 3 =) 344,73 EUR brutto.

Für den Zeitraum der Mutterschutzfrist könne die Klägerin nur den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gem. §§ 19, 20 MuSchG beanspruchen, der sich auf 6.047,58 EUR netto belaufe. Der kalendertägliche Anspruch betrage 61,67 EUR netto, ausgehend vom seitens der Klägerin nachvollziehbar berechneten Tagessatz von 74,71 EUR netto abzüglich der Zahlung der Krankenkasse i. H. v. 13,00 EUR netto. Somit belaufe sich der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld für August 2020 auf 1.666,17 EUR netto (27 Tage × 61,71 EUR netto), für September und Oktober 2020 auf jeweils 1.851,39 EUR netto (30 Tage × 61.71 EUR netto) und für November 2020 auf 678,81 EUR netto (11 Tage × 61,71 EUR netto).

Für den Zeitraum vom 12. bis 30. November 2020 bestehe ein Anspruch der Klägerin aus § 615 S. 1 BGB i. H. v. (3.562,35 EUR brutto ÷ 30 × 20=) 2.375,00 EUR brutto, für den Monat Dezember 2020 i. H. v. 3.562,35 EUR brutto.

Der Zinsanspruch ergebe sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 19. März 2021 zugestellte arbeitsgerichtliche Urteil am 26. März 2021 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Sie trägt vor: Sie habe bereits erstinstanzlich bzgl. der aus dem Attest der Frau A. ersichtlichen Medikamente darauf verwiesen, dass sich aus den öffentlich zugänglichen Publikationen kein Hinweis auf das Ausbleiben einer Regelblutung als Nebenwirkung ersehen lasse. Obwohl dieses Attest ausdrücklich zur Vorlage im Rechtsstreit bestimmt gewesen sei, habe es keinerlei Hinweise auf etwaige Nebenwirkungen enthalten. Auch eine psychische Beeinträchtigung der Klägerin durch den von der Beklagten bestrittenen Suizid ihrer Schwester habe die Klägerin weder dargelegt noch nachgewiesen. Aus der vorgelegten Bestätigung der Frauenärztin ergebe sich nicht, dass die Klägerin diese aus anderen Gründen als einer Schwangerschaft aufgesucht habe. Die aus ihr ersichtlichen Untersuchungen stünden im alleinigen Zusammenhang mit einer Schwangerschaft. Auch zu der Häufigkeit von angeblich ausbleibenden Regelblutungen habe sich die Klägerin nicht konkret erklärt. Die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts, es sei nicht auszuschließen, dass die Einnahme der in der fachärztlichen Bestätigung genannten Psychopharmaka Auswirkungen auf den Hormonhaushalt der Klägerin, insbesondere auch auf die Regelmäßigkeit der monatlichen Regelblutung, gehabt habe, werde durch nichts gestützt. Gleiches gelte für die ergänzend angenommene psychische Ausnahmesituation. Auch die in diesem Zusammenhang geäußerte Annahme, dass dies Hintergrund eines stationären Klinikaufenthalts vom 12. bis 29. Januar 2020 gewesen sei, werde durch nichts außer dem tatsächlichen Aufenthalt der Klägerin dort belegt. Möglicherweise habe sich die Klägerin den Belastungen einer erneuten Schwangerschaft nicht gewachsen gesehen und deshalb Unterstützung in der Klinik gesucht. Eine Arbeitsunfähigkeit in diesem Zeitraum werde nicht bescheinigt.

Wenn das Arbeitsgericht sich darauf berufe, dass die Klägerin psychisch und physisch völlig aus dem Gleichgewicht geraten sei, so sei angesichts dessen ihre Arbeitsfähigkeit in Zweifel zu ziehen.

Der letzte geplante Einsatz der Klägerin wäre bis zum 01. Februar 2020 10 Uhr gegangen. Für den 15. Februar 2020 sei die Klägerin nicht zum Dienst eingeteilt gewesen, weil die Beklagte nicht davon ausgegangen sei, dass sie komme.

Die Beklagte beantragt:

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2021 wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt ergänzend vor: Wenn die Beklagte bzgl. der nachträglichen Zulassung der Kündigungsschutzklage rüge, dass das Arbeitsgericht nicht alle angebotenen Beweismittel erhoben habe, verkenne sie, dass es gem. § 5 Abs. 2 KSchG ausreichend sei, wenn die für die nachträgliche Zulassung sprechenden Tatsachen glaubhaft gemacht werden, was auch durch Versicherung an Eides statt gem. § 294 ZPO erfolgen könne. Deshalb sei es nicht zu beanstanden, wenn das Arbeitsgericht im Rahmen der vorgenommenen umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls davon ausgehe, dass mehr gegen als für eine zu vertretende Fristversäumung spreche.

Sie habe Ende 2019 und noch bis zum 10. März 2020 Citalopram 20 mg morgens und Methylphenidat jeweils eine Tablette 10 mg morgens/mittags/abends eingenommen. Aus dem krankheitsbedingten Aufenthalt der Klägerin zur stationären Behandlung im ZfP W. sei ohne weiteres auf eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zu schließen.

Auch zu Anfang des Jahres 2019 sei es vorgekommen, dass ihre Periode ausgeblieben sei.

Sie habe - unstreitig - im Zeitraum vom 01. Januar 2020 bis 15. Februar 2021 keine Lohnersatzleistungen bezogen, die zu einem Anspruchsübergang auf einen Sozialleistungsträger geführt hätten.

Wenn die Beklagte der Klägerin in dem von ihr aufgestellten Dienstplan weniger Arbeitstage als in Ziff. 3 des Arbeitsvertrags vereinbart zuweise, berühre dies den Vergütungsanspruch der Klägerin nicht. Deshalb habe das Arbeitsgericht in seinem Urteil zurecht bei der Bemessung des restlichen Vergütungsanspruchs 15 Arbeitstage monatlich zugrunde gelegt.

Soweit der von der Beklagten erstellte Dienstplan für den 07. und 08. Dezember 2019 jeweils einen Urlaubstag vorsehe, sei davon auszugehen, dass die Klägerin ansonsten an diesen Tagen zur Arbeit eingeteilt worden wäre, zumal die Beklagte ihr Recht zur Zuweisung von 15 Arbeitstagen nicht vollständig ausgeübt gehabt habe.

Die Klägerin habe sich durch den Suizid ihrer Schwester am 21. Dezember 2019 in einer psychischen Ausnahmesituation befunden, die ihre stationäre Unterbringung im ZfP W. zwingend erforderlich gemacht habe. Deshalb habe ihre Mutter sie am 12. Januar 2020 dorthin gebracht. In der Zeit der stationären Behandlung sei sie krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen.

Am 16. Januar 2020 um 08:13 Uhr habe sie ihre Arbeitskollegin B. S. per Whatsapp über ihre Krankschreibung unterrichtet und diese gebeten, dies der Beklagten mitzuteilen. Nachdem Frau S. sie gebeten habe, sich direkt bei der Beklagten abzumelden, habe sie dies kurz nach 09:00 Uhr per Whatsapp getan. Darüber hinaus habe sie den Vater der Beklagten, W. S., am 17. Januar 2020 gegen 08:10 Uhr per Whatsapp darüber informiert, dass sie voraussichtlich bis 04. Februar nach der Beerdigung ihrer Schwester krankgeschrieben sei.

Am 29. Januar 2020 habe sie nach ihrer Entlassung aus dem Zentrum für Psychiatrie die Beklagte an deren Wohnungsadresse aufgesucht, um abzuklären, ob sie den restlichen Arbeitsblock bis zum 01. Februar 2020 übernehmen solle. Bei diesem Gespräch habe sie der Beklagten das Original der Aufenthaltsbescheinigung des Zentrums für Psychiatrie übergeben. Sie sei mit dem Hinweis weggeschickt worden, dass ihre Arbeitskollegin S. auch die restlichen Tage des Arbeitsblocks übernehmen werde und die Beklagte kein Interesse an einer Weiterbeschäftigung der Klägerin habe.

Bei der Übergabe des Kündigungsschreibens durch ihre Arbeitskollegin S. an ihrer damaligen Wohnungsadresse habe diese ihr im Namen der Beklagten ab sofort Hausverbot erteilt.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Instanzen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur in geringem Umfang begründet.

A.

Die Berufung der Beklagten ist nur insoweit begründet als der Klägerin statt der in Ziff. 11. des arbeitsgerichtlichen Urteils zugesprochenen 5.937,35 EUR nur 5.818,51 EUR nebst Zinsen zustehen.

Im Übrigen war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, weil das Arbeitsgericht der Klage zu Recht und mit Erwägungen, denen die Berufungskammer weitgehend folgt, stattgegeben hat. Die Berufungskammer macht von der Möglichkeit des § 69 Abs. 2 ArbGG Gebrauch und verweist auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils, denen sie folgt, soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen nichts Abweichendes ergibt. Auch im Hinblick auf die Berufungsangriffe ist ergänzend noch Folgendes auszuführen:

I.

Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 29. Januar 2020 ist unwirksam und konnte das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beenden.

Zwar stand der Klägerin kein allgemeiner Kündigungsschutz zu, weil sie zum Kündigungszeitpunkt die sechsmonatige Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht erfüllt hatte, die Beklagte weniger als 10 Arbeitsnehmer i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG beschäftigte und überdies der Privathaushalt der Beklagten, in dem die Klägerin tätig war, keinen Betrieb i.S.d. §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG darstellt (LAG Niedersachsen 14. März 2019 - 5 Sa 822/18 - NZA - RR 2019, 362).

Der Klägerin steht jedoch, wie vom Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG der Sonderkündigungsschutz für Schwangere zu, was zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 134 BGB führt.

1. Die Klägerin war am 01. Februar 2020 als dem Tag, an dem ihr das Kündigungsschreiben vom 29. Januar 2020 zuging, schwanger. Die ärztliche Bescheinigung vom 23. März 2020 weist als voraussichtlichen Entbindungstermin den 15. September 2020 aus. Der Beginn des Kündigungsverbots aus § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG wird bei natürlicher Empfängnis in entsprechender Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 MuSchG in der Weise bestimmt, dass von dem ärztlich festgestellten mutmaßlichen Tag der Entbindung um 280 Tage zurückgerechnet wird (BAG 24. November 2022 - 2 AZR 11/22 - AP MuSchG 2018 § 17 Nr. 2 = NZA 2023, 291). Der 01. Februar 2020 liegt innerhalb des Zeitraums von 280 Tagen rückgerechnet ab dem 15. September 2020.

2. Der Beklagten war die Schwangerschaft der Klägerin bei Ausspruch der Kündigung nicht bekannt und wurde ihr auch nicht innerhalb von zwei Wochen nach Kündigungszugang mitgeteilt, sondern erst am 13. März 2020.

Die Überschreitung der Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG ist von der schwangeren Frau dann i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 2 MuSchG zu vertreten, wenn sie auf einem gröblichen Verstoß gegen das von einem ordentlichen und verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten zurückzuführen ist. Die Arbeitnehmerin versäumt die rechtzeitige Mittelung der Schwangerschaft infolgedessen schuldhaft, wenn sie die Mitteilung innerhalb der Zweiwochenfrist unterlässt, obwohl sie die Schwangerschaft kennt, oder wenn zwar noch keine positive Kenntnis besteht, aber gleichwohl zwingende Anhaltspunkte gegeben sind, die das Vorliegen einer Schwangerschaft praktisch unabweisbar erscheinen lassen. Das Untätigsein der Arbeitnehmerin beim Vorliegen einer bloßen, mehr oder weniger vagen Schwangerschaftsvermutung reicht dagegen regelmäßig nicht aus, ihr ein schuldhaftes Verhalten - mit der Folge des Verlustes des besonderen Kündigungsschutzes - vorzuwerfen (BAG 24. November 2022 - 2 AZR 11/22 - AP MuSchG 2018 § 17 Nr. 2 = NZA 2023, 291).

Ein schuldhaftes Verhalten in diesem Sinne liegt bezogen auf die Klägerin nicht vor. Bereits das Arbeitsgericht hat auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien nachvollziehbar dargelegt, dass sich der Klägerin vor dem Besuch bei ihrer Frauenärztin am 10. März 2020 das Vorliegen einer Schwangerschaft bei ihr nicht aufdrängen musste, da sie seit Jahren unter psychischen Problemen verbunden mit psychischem Stress litt und deshalb das Medikament Citalopram sowie den Wirkstoff Methylphenidat einnehmen musste. Dass diese Umstände auch über längere Zeiträume zum Ausbleiben der Regelblutung führen können, wird auch von der die Klägerin betreuenden Psychologin bestätigt (vgl. Bl. 116 der LAG-Akte), ebenso von der die Klägerin behandelnden Frauenärztin, die in ihrer Stellungnahme vom 09. September 2022 (Bl. 151 der LAG-Akte) überdies noch ausführt, dass die Klägerin sich am 10. März 2020 mit UB-Schmerzen in ihrer Praxis vorgestellt habe und nicht, wie von der Beklagten angenommen, um sich eine seitens der Klägerin bereits vermutete Schwangerschaft ärztlicherseits bestätigen zu lassen.

Da die Klägerin von ihrer Schwangerschaft am 10. März 2020 erfuhr und dies der Beklagten am 13. März 2020 und somit innerhalb des hierfür regelmäßig zur Verfügung stehenden einwöchigen Reaktionszeitraums (KR/Gallner 13. Aufl. § 17 MuSchG Rn. 86) mitteilte, liegt auch Unverzüglichkeit i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 2 MuSchG vor.

3. Dass die Voraussetzungen für eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KSchG gegeben sind, hat das Arbeitsgericht unter I. 1. a) der Entscheidungsgründe ausgeführt. Hierauf kann verwiesen werden.

II.

Die Ansprüche der Klägerin auf Vergütungsdifferenzen für die Monate September bis Dezember 2019 ergeben sich aus geleisteter Arbeit (§ 611a Abs. 2 BGB) in der vom Arbeitsgericht unter I. 2. der Entscheidungsgründe zutreffend errechneten Höhe.

1. Die dem Mindestlohngesetz vorgehenden (BAG 24. Juni 2020 - 5 AZR 93/19 - BAGE 171, 161) Regelungen der 3. und 4. PflegeArbbV kommen im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, weil sie nach ihrem jeweiligen § 1 Abs. 1 nur für Pflegebetriebe gelten, die Klägerin jedoch nicht in einem solchen tätig war, sondern im Privathaushalt der selbst pflegebedürftigen Beklagten (vgl. LAG Reinland-Pfalz 11. Februar 2016 - 2 Sa 378/15 - juris). Überdies erbrachte die als "Assistenz bei allen Dingen des täglichen Lebens" eingestellte Klägerin keine medizinischen, sondern "Grundversorgungsleistungen", die nicht als Pflegeleistungen im Sinne der genannten Verordnungen zu qualifizieren sind (Knopp NZA 2021, 1617, 1619).

2. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass Bereitschaftszeit nicht nur arbeitsschutzrechtlich Arbeitszeit, sondern vergütungspflichtige Arbeit i.S.v. § 611 Abs. 1 BGB (vgl. nunmehr auch § 611a Abs. 2 BGB) und mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten ist (BAG 29. Juni 2016 - 5 AZR 716/15 - NZA 2016, 1332). Die gesetzliche Vergütungspflicht des Mindestlohngesetzes differenziert nicht nach dem Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme und gibt damit auch für Bereitschaft einen ungeschmälerten Anspruch auf den Mindestlohn. Der Gesetzgeber hat im Mindestlohngesetz auch keine Fakturierung der Zeiten des Bereitschaftsdienstes vorgenommen (BAG 24. Juni 2021 - 5 AZR 505/20 - BAGE 175, 192). Macht der Arbeitnehmer geltend, die vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte Vergütung erreiche den gesetzlichen Mindestlohn nicht, begründet dies von Gesetzes wegen einen Anspruch auf die Differenzvergütung, wenn der Arbeitnehmer in der Abrechnungsperiode, die längstens einen Kalendermonat betragen darf, für die geleisteten Arbeitsstunden im Ergebnis nicht mindestens den in § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG vorgesehenen Bruttolohn erhält. Für die schlüssige Begründung einer auf Zahlung der Differenzvergütung zum gesetzlichen Mindestlohn gerichteten Klage ist es deshalb erforderlich, für jeden Kalendermonat ein konkret beziffertes Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns darzulegen, wobei Sachleistungen in Gestalt von Kost und Logis unberücksichtigt bleiben (BAG 24. Juni 2021 - 5 AZR 505/20 -aaO.). Diesen Anforderungen ist die Klägerin für die abgerechneten Monate September bis Dezember 2019 nachgekommen. Dem von der Klägerin verlangten Nachtarbeitszuschlag gem. § 6 Abs. 5 ArbZG kommt keine Erfüllungswirkung bzgl. des Mindestlohnanspruchs zu (BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - BAGE 155, 202; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - BAGE 148, 68).

3. Dahingestellt bleiben kann, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien dem Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes unterfällt oder dessen Anwendung durch § 18 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG ausgeschlossen wird, wonach das Arbeitszeitgesetz nicht auf Arbeitnehmer anzuwenden ist, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen. Denn auch wenn davon ausgegangen wird, dass das Arbeitszeitgesetz mangels Eigenverantwortlichkeit der Klägerin i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung findet, wofür einiges spricht (vgl. Scheiwe/Schwach NZA 2013, 1116, 1118 f.), und die arbeitsvertraglichen Regelungen zur Arbeitszeit somit gegen § 3 ArbZG verstoßen, würde der Vergütungsanspruch der Klägerin nicht dadurch eingeschränkt, dass die geleistete Arbeitszeit das nach den §§ 3 ff. ArbZG zulässige Maß überschritt. Denn für die Berechnung der Vergütung kommt es nicht darauf an, ob die zugrundeliegende Arbeitszeit arbeitszeitrechtlichen Vorschriften widerspricht. Würde der Arbeitgeber im Falle der Leistung unzulässiger Mehrarbeit von der Lohnzahlungspflicht freigestellt, so käme dies einer Herausforderung gleich, die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes zu missachten (BAG 18. September 2001 - 9 AZR 307/00 - NJW 2002, 1739, 1741; 19. Juni 1959 - 1 AZR 565/57 - BAGE 8, 47).

4. Die unter Verstoß gegen § 3 ArbZG geleistete Arbeitszeit gehört auch zu dem urlaubsrechtlich gem. § 11 Abs. 1 BUrlG zu berücksichtigenden Arbeitsverdienst (BAG 09. Dezember 1965 - 5 AZR 175/65 - NJW 1966, 612, 613; 06. Dezember 2017 - 5 AZR 699/16 - NZA 2018, 582), weshalb das Arbeitsgericht auch die verlangte Urlaubsvergütung zutreffend berechnet hat.

III.

Das Urteil des Arbeitsgerichts hat auch Bestand, soweit es der Klägerin Nachtarbeitszuschläge i.H.v. 20 % des arbeitsvertraglich vereinbarten Bruttostundenlohnes zugesprochen hat.

1. Bezüglich des Vorliegens der Voraussetzungen für einen Nachtarbeitszuschlag dem Grunde nach kann auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts auf S. 12 des Urteils (Bl. 174 der ArbG-Akte) Bezug genommen werden.

2. Bezüglich der mit 20 % angesetzten Höhe des Zuschlags ist die gegebene Begründung des Arbeitsgerichts nicht tragfähig, soweit es ausführt, diese ergebe sich aus dem TVöD-B als einschlägigem Branchentarifvertrag. Inwiefern das Arbeitsverhältnis der Parteien fachlich einem "Branchentarifvertrag" des öffentlichen Dienstes unterfallen soll, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte ist keine Arbeitgeberin des öffentlichen Dienstes (vgl. BAG 25. Mai 2022 - 10 AZR 230/19 - NZA 2022, 1194).

a) Der angemessene Nachtarbeitszuschlag ist jedoch aus anderen Erwägungen heraus jedenfalls mit mindestens 20 % anzusetzen. Ob er noch höher zu veranschlagen wäre, bedarf im Hinblick auf § 308 Abs. 1 ZPO im vorliegenden Zusammenhang keiner näheren Betrachtung.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt ein Zuschlag i.H.v. 25 % auf das jeweilige Bruttostundenentgelt regelmäßig einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit i.S.v. § 6 Abs. 5 ArbZG dar (BAG 25. April 2018 - 5 AZR 25/17 - BAGE 162, 340). Eine Erhöhung oder Verminderung des Regelwerts kommt in Betracht, wenn die Umstände, unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist, den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen höheren oder niedrigeren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Der Zuschlag auf das Bruttoentgelt kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Gesichtspunkten die gewöhnlich mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag oder nach Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird. Bei einer Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit erhöht sich der Anspruch in der Regel auf 30 %. Ein geringerer als der regelmäßige Zuschlag von 25 % auf das dem Arbeitnehmer zustehende Bruttoarbeitsentgelt kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zu der üblichen Situation geringer ist (BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - NZA 2021, 44, 47). Das kann bspw. der Fall sein, wenn in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (BAG 09. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - BAGE 153, 378). Solche Zeiten sind aber auch in ihren inaktiven Teilen arbeitsschutzrechtlich Arbeitszeit - keine Ruhezeit - und daher ausgleichspflichtig (BAG 25. Mai 2022 - 10 AZR 230/19 - NZA 2022, 1194). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Entgeltzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen oder nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - BAGE 115, 372). Eine Verringerung des Zuschlags mit der Begründung, dass Nachtarbeit unvermeidbar ist, kommt nur in Fällen in Betracht, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingenden mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist (BAG 09. Dezember 2015 -10 AZR 423/14 - BAGE 153, 378).

bb) Der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage zunächst darzulegen, dass er Nachtarbeitnehmer i.S.v. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat (§ 2 Abs. 4 ArbZG) und dass keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht. Es ist dann Sache des Arbeitgebers darzulegen, dass er diesen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat (§ 362 BGB). Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, hat der Arbeitnehmer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll. Bleibt der geleistete Ausgleich hingegen hinter diesen Werten zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (BAG 25. Mai 2022 - 10 AZR 230/19 - NZA 2022, 1194).

b) Im vorliegenden Fall kommt eine Erhöhung des Regelwerts von 25 % auf das jeweilige Bruttostundenentgelt im Hinblick darauf in Betracht, dass die Klägerin nach ihrem Arbeitsvertrag dauerhaft in Nachtarbeit tätig war. Zu Lasten der Beklagten ist überdies zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin die individuelle Dauernachtarbeit grundsätzlich durch entsprechend gestaltete Arbeitszeitmodelle - etwa durch die Einführung eines Wechselschichtmodells - vermeidbar wäre, weshalb es auf die Frage der objektiven Vermeidbarkeit insoweit nicht ankommt (BAG 25. Mai 2022 - 10 AZR 230/19 - NZA 2022, 1194). Damit ist es angemessen, den regelmäßig anzusetzenden 25 %-igen Zuschlag um 5 Prozentpunkte zu erhöhen. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass die Belastung durch Nachtarbeit bei ihr im Vergleich zur üblichen Situation geringer ist. Selbst wenn dies als üblich vorauszusetzen und deshalb ohne diesbzgl. Vortrag der darlegungsbelasteten Beklagten zu deren Gunsten zu berücksichtigen wäre, käme eine Festsetzung des Nachtarbeitszuschlags auf unter 20 % auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Nachtarbeitszuschlag auch mit der Nachtarbeit verbundene gesundheitliche Beeinträchtigungen und die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben ausgleichen soll (BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 132/19 - NZA 2021, 44), keinesfalls in Betracht. Ob ein 20 % übersteigender Satz angemessen wäre, kann angesichts des von der Klägerin begehrten und vom Arbeitsgericht antragsgemäß zugesprochenen Satzes von 20 % offenbleiben.

IV.

Für den Zeitraum vom 16. bis 29. Januar 2020 steht der Klägerin, wie vom Arbeitsgericht zugesprochen, für 14 Arbeitstage Entgeltfortzahlung gem. § 3 Abs. 1 EFZG i.H.v. 3.324,86 EUR brutto zu. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass der vom ZfP bescheinigte und von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogene Aufenthalt der Klägerin in der psychiatrischen Klinik als Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ausreicht. Ein zweiwöchiger Aufenthalt in stationärer psychiatrischer Behandlung setzt voraus, dass eine psychische Erkrankung vorliegt, die eine solche Behandlung erforderlich macht, womit denknotwendigerweise Arbeitsfähigkeit der Klägerin an ihrem Arbeitsplatz im Haus der Beklagten ausgeschlossen ist.

Eine von § 4 Abs. 1 EFZG abweichende Regelung trifft das Mindestlohngesetz nicht. Der gesetzliche Mindestlohn prägt damit unmittelbar den Entgeltfortzahlungsanspruch. Weil der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als hätte er gearbeitet, muss er auch unter den in § 3 Abs. 1 EFZG genannten Voraussetzungen und dem dort bezeichneten Zeitraum den Mindestlohn als untere Grenze des fortzuzahlenden Entgelts erhalten (BAG 20. Juni 2018 - 5 AZR 377/17 - NZA 2018, 1494).

V.

Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass sich die Beklagte ab 15. Februar 2020 in Annahmeverzug (§ 615 Satz 1 BGB) befunden hat. Anhaltspunkte für ein Leistungsunvermögen der Klägerin im Hinblick auf ihre psychische Erkrankung hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen. Die Klägerin war auch leistungswillig. Die Berufungskammer hat in tatsächlicher Hinsicht vom Vortrag der Klägerin auszugehen, wonach sie am Vormittag des 29. Januar 2020 unmittelbar nach ihrer Entlassung aus dem ZfP W. von dort aus die Beklagte aufsuchte, die ihr mitteilte, dass die Kündigung schon auf dem Weg sei und sie ihre Sachen packen solle. Der abweichende Vortrag der Beklagten, wonach die Klägerin in der Nacht vom 25. auf den 26. Januar 2020 bei ihr geklingelt habe, kann schon wegen des unstreitigen ununterbrochenen Aufenthalts der Klägerin im ZfP W. vom 12. bis 29. Januar 2020 nicht zutreffen. Ob die Arbeitskollegin B. der Klägerin ein Hausverbot erteilte und ob die Kollegin hierzu von der Beklagten beauftragt worden war, kann mangels Entscheidungserheblichkeit offenbleiben.

Unstreitig ist, dass die Beklagte die Klägerin zu dem restlichen Block im Januar 2020 und für den 15. Februar 2020 nicht zum Dienst eingeteilt hat. Mangels Arbeitszuweisung und ab 16. Februar 2020 überdies wegen der zum 15. Februar 2020 ausgesprochenen unwirksamen Kündigung ist die Beklagte in Annahmeverzug geraten. Ein Angebot ihrer Arbeitsleistung seitens der Klägerin war wegen der unwirksamen Arbeitgeberkündigung entbehrlich (BAG 06. Dezember 2017 - 5 AZR 815/16 - NZA 2018, 439).

§ 615 Satz 1 BGB erhält dem Arbeitnehmer im Annahmeverzugszeitraum den Vergütungsanspruch aus § 611a Abs. 2 BGB aufrecht, es gilt das Lohnausfallprinzip, was verlangt, den Mindestlohn nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG als Geldfaktor in die Berechnung der Annahmeverzugsvergütung einzustellen, soweit nicht aus anderen Rechtsgründen ein höherer Vergütungsanspruch besteht (BAG 13. Juli 2020 - 5 AZR 498/21 - AP BGB § 615 Nr. 171 = NZA 2022, 1465). Dabei ist auch für den Zeitraum des Annahmeverzugs die ausgefallene Arbeitszeit - auch soweit sie das nach §§ 3 ff. ArbZG zulässige Maß überschritt - zugrunde zu legen (BAG 18. September 2001 - 9 AZR 307/00 - NJW 2002, 1739).

Die auch bei unter das Mutterschutzgesetz fallenden Arbeitnehmerinnen notwendigen Voraussetzungen für einen Vergütungsanspruch bei Nichtbeschäftigung, nämlich Arbeitswilligkeit und -bereitschaft und Annahmeverzug des Arbeitgebers (BAG 26. April 1956 - GS 1/56 - BAGE 3, 66), lagen bei der Klägerin somit vor.

VI.

Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Berechnung des Mutterschutzlohns greift die Beklagte nicht an. Gleiches gilt für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Fehler sind auch nicht ersichtlich. Auch mit der Neufassung des § 20 MuSchG ab dem 01. Januar 2018 hat der Gesetzgeber die Lohnbezugsmethode beibehalten. Maßgeblich ist das Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung (BAG 19. Mai 2021 - 5 AZR 378/20 - NZA 2021, 1249).

Die arbeitsgerichtliche Entscheidung war bezgl. Ziffer 11 des Urteilstenors, der sich u.a. mit dem Annahmeverzugsanspruch der Klägerin für den Monat November 2020 befasst, geringfügig zu korrigieren. Für den Zeitraum der Mutterschutzfrist (04. August bis 11. November 2020) hat das Arbeitsgericht der Klägerin in Ziffer 10 seines Urteilstenors Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zugesprochen. Das Arbeitsgericht führt sodann aus, dass für den restlichen Zeitraum des Monats November 2020 beginnend am 12. November 2020 bis zum 30 November 2020 ein Anspruch der Klägerin gem. § 615 Satz 1 BGB bestehe. Diesen hat es fehlerhaft mit 3.562,35 EUR: 30x20 Tage = 2.375,00 statt richtigerweise mit 3.562,35 EUR: 30x19 Tage = 2.256,16 EUR berechnet. Insofern war das Urteil auf die Berufung der Beklagten hin bzgl. der Hauptforderung und der ausgeurteilten Zinsen entsprechend abzuändern.

B.

I.

Die Beklagte hat gem. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO im Hinblick auf den geringfügigen Erfolg ihrer Berufung die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

II.

Die Revision war für keine der Parteien zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG hierfür nicht vorliegen.

OesterleBraunmüllerHäberle

Verkündet am 02.03.2023

Vorschriften