Urteil vom 27.04.2023 · IWW-Abrufnummer 237500
Landesarbeitsgericht Köln - Aktenzeichen 8 Sa 463/22
Die Vereinbarung einer Zweckbefristung oder auflösenden Bedingung ist unwirksam, wenn das zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führende Ereignis der Dispositionsmöglichkeit des Arbeitgebers unterliegt
Tenor: I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.12.2021 - 13 Ca 1354/21 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der Befristungsabrede vom 15.02.2010 zum 31.03.2021 geendet hat. 2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 21.02.2021 nicht aufgelöst worden ist. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. III. Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen IV. Die Kosten des Rechtsstreits sind zu 1/4 von der Klägerin und zu 3/4 von der Beklagten zu tragen. V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Zweckbefristung und einer betriebsbedingten Kündigung sowie zweitinstanzlich über einen Auflösungsantrag der Beklagten.
Die Klägerin ist seit dem 15.02.2019 auf Grundlage eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses als persönliche Assistentin bei der Beklagten zu einer monatlichen Bruttovergütung von 450,00 Euro beschäftigt. Die Beklagte erbringt Assistenzdienstleistungen für schwerbehinderte Menschen und beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer.
In dem zwischen den Parteien am 15.02.2019 mit der Überschrift "Zweckbefristeter Arbeitsvertrag" geschlossenen Vereinbarung heißt es u.a.:
"§ 8 Beginn, Dauer, Ruhen und Beendigung des Arbeitsver hältnisses 1. Das Arbeitsverhältnis beginnt am 15.02.2019. 2. Das Arbeitsverhältnis ist zweckbefristet. Es endet nicht zu einem vorab festgelegten Zeitpunkt. Zweck des Arbeitsverhältnisses ist die kundengebundene Mitarbeit im Team für Frau K F 3. Der Arbeitsvertrag endet automatisch bzw. ohne Kündigung, wenn der Zweck des Vertrags erreicht wird. Dieses ist der Fall, wenn der Auftrag des Arbeitgebers zur individuellen Assistenz des Kunden endet, die Bewilligung des Leistungsträgers endet, die Kundin/der Kunde verstirbt oder die zu unterstützende Person die weitere Unterstützung durch die Mitarbeiterin / den Mitarbeiter auf Dauer ablehnt. In diesem Fall endet das Arbeitsverhältnis zwei Wochen nach Zugang einer schriftlichen Unterrichtung durch den Arbeitgeber über die Beendigung des Assistenzauftrages. Das Recht zur vorzeitigen Kündigung bleibt beiderseits unberührt. 4. Nach § 15 Abs. 3 TzBfG wird die ordentliche Kündigung für beide Parteien des Arbeitsvertrags einzelvertragliche ermöglicht. In diesem Fall gilt die gesetzliche Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum letzten Tag des Monats. Ein Ende des Arbeitsvertrages aufgrund Abs. 3, der Zweckerreichung, geht vor dieser ordentlichen Kündigung. [...]"Mit Schreiben vom 21.02.2021 kündigte die Beklagte den mit ihrer Kundin Frau F bestehenden Vertrag zum 31.03.201. Ebenfalls mit Schreiben vom 21.02.2021 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass auf Grund der vereinbarten Zweckbefristung und dem Ende der Assistenzleistungen der Beklagten für Frau F auch ihr Arbeitsvertrags zum 31.03.2021 ende. Zugleich erklärte die Beklagte vorsorglich die Kündigung des mit der Klägerin bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2021.
Mit Schreiben der Gewerkschaft ver.di vom 17.03.2021 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Pflegemindestlohn gemäß der 4. Pflegearbeitsbedingungenverordnung geltend. Zuvor hatte bereits die ebenfalls im Team von Frau F eingesetzte Mitarbeiterin v C mit Schreiben vom 12.01.2021 und 24.01.2021 Pflegemindestlohnansprüche geltend gemacht.
Im Dezember 2022 sprach die Beklagte eine erneute betriebsbedingte Kündigung gegenüber der Klägerin aus.
Mit ihrer am 09.03.2021 beim Arbeitsgericht eigegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ihr Arbeitsverhältnis habe weder auf Grund der vereinbarten Zweckbefristung, noch durch die hilfsweise ausgesprochene Kündigung vom 21.02.2021 sein Ende gefunden. Hierzu hat sie die Auffassung vertreten, bei der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit Frau F sowie ihres eigenen Arbeitsverhältnisses handele es sich um eine Maßregelung, die auf Grund der Geltendmachung des Pflegemindestlohns durch Frau v C erfolgt sei. Dass die Kündigung des Vertrags mit Frau F nicht, wie von der Beklagten behauptet, darauf zurückzuführen sei, dass der Geschäftsführer M beruflich kürzer treten wolle zeige sich auch daran, dass ausschließlich die Vertragsverhältnisse mit Frau F und der in ihrem Team eingesetzten Arbeitnehmer - mit Ausnahme des Mitarbeiters P - beendet worden seien, während zugleich mehrere Stellenangebote für persönliche Assistenz geschaltet gewesen seien.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede vom 15.02.2019 zum 31.03.2021 endet: 2. hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. festzustellen, dass das Arbeitsergebnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 21.02.2021 nicht beendet wird. 3. hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag 1. oder 2., die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als persönliche Assistentin weiterzubeschäftigen.Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.Sie war der Ansicht, dass mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis habe auf Grund der wirksam vereinbarten Zweckbefristung mit der Beendigung der Assistenztätigkeit für die Kundin F sein Ende gefunden. Hierzu hat sie behauptet, das Vertragsverhältnis mit Frau F sei beendet worden, weil es sich, u.a. weil sich die Kundin nicht an Absprachen gehalten habe, als zeitintensiv und zunehmend angespannt erwiesen habe; auch das Vertrauensverhältnis sei belastet gewesen. Zudem habe der Geschäftsführer M entschieden, beruflich etwas kürzer zu treten. Ein Zusammenhang zwischen der Vertragsbeendigung mit Frau F und der Geltendmachung des Pflegemindestlohns durch im Team von Frau F eingesetzte Mitarbeiterinnen bestehe nicht. Sie hat weiter die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis sei jedenfalls durch die hilfsweise ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung aufgelöst worden, da der Arbeitsplatz der Klägerin durch die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit Frau F weggefallen sei.
Mit Urteil vom 17.12.2021 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis habe durch Zweckerreichung am 31.03.2021 geendet. Die Beklagte habe die Zweckerreichung, d.h. das Ende der Vertragsbeziehung mit Frau F , auch nicht treuwidrig herbeigeführt. Insbesondere sei nicht feststellbar, dass die Kündigung des Vertragsverhältnisses mit Frau F als unmittelbare Reaktion auf die Geltendmachung des Pflegemindestlohns erfolgt sei.
Gegen das ihr 30.12.2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.01.2022 Berufung eingelegt, die sie, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.03.2022, am 28.03.2022 begründet hat. Sie ist der Ansicht, die Vereinbarung über eine Zweckbefristung sei unwirksam. So liege der Zeitpunkt der Zweckerfüllung für die Arbeitnehmerin nicht in überschaubarer Zeit und sei auch nicht vorhersehbar, da eine dauerhafte Vertragsbeziehung mit der Kundin F angestrebt worden sei Zum anderen sei die Zweckbefristung unwirksam, weil die Beklagte die Möglichkeit habe, die Zweckerreichung mehr oder weniger willkürlich herbeizuführen, wodurch auch zwingendes Kündigungsschutzrecht umgangen würde.
Die Klägerin meint weiter, die Kündigung des Betreuungsvertrags und Herbeiführung der Zweckerreichung sei aus verwerflichen Motiven erfolgt, da sie in Zusammenhang mit der der Beklagten seit dem 04.01.2021 bekannten Initiative zur Gründung eines Betriebsrats, die aus dem Betreuungsteam der Frau F entstanden sei, sowie der Geltendmachung des Pflegemindestlohns stehe.
Schließlich sei auch kein Kündigungsgrund gegeben. Denn nach dem Ende des Vertragsverhältnisses mit Frau F habe der Klägerin, ggf. im Wege der Änderungskündigung, eine Tätigkeit bei einem anderen Kunden oder im Springerteam angeboten werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.12.2021 - 13 Ca 1354/21 abzuändern und 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede vom 15.02.2019 zum 31.03.2021 geendet hat; 2. hilfsweise, für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 21.02.2021 nicht aufgelöst worden ist; 3. hilfsweise, für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. oder 2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als persönliche Assistentin weiterzubeschäftigen.Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen; hilfsweise für den Fall, dass die Berufung Erfolg haben sollte, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung von 0,00 EUR zum sofortigen Zeitpunkt aufzulösen.Die Klägerin beantragt,
den Auflösungsantrag zurückzuweisen.Die Beklagte meint, die Berufung sei unzulässig, da die Klägerin ihre Mitgliedschaft in der sie vertretenden Gewerkschaft ver.di nicht nachgewiesen habe. Des Weiteren sei sie Berufung nicht hinreichend begründet im Sinne des § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO, da sich die Berufungsbegründung nicht hinreichend mit der Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts auseinandersetze.
Sie ist weiter der Ansicht, das Arbeitsverhältnis habe auf Grund der in § 8 des Arbeitsvertrags vereinbarten Zweckbefristung sowie der eingetretenen Zweckerreichung sein Ende gefunden. Die Vereinbarung sei wirksam, da der Eintritt der vereinbarten Zweckerreichung objektiv und eindeutig bestimmbar sei; nicht erforderlich sei die Vorhersehbarkeit der Zweckerreichung. Die Befristung sei auch sachlich gerechtfertigt, weil die Arbeitnehmer ausschließlich für eine bestimmte Klientin bzw. einen bestimmten Klienten tätig seien, denen die Beklagte soweit wie möglich die Gelegenheit gebe, die Assistenzteams autark zusammenzustellen. Dementsprechend habe auch das LAG Mecklenburg-Vorpommern in seiner Entscheidung vom 16.03.2021 (5 Sa 195/20) die Befristung eines Arbeitsvertrags für eine Pflegekraft, die von einem pflegebedürftigen Arbeitgeber zu dessen Versorgung ein gestellt wurde, auf den Tod des Arbeitgebers für zulässig erachtet.
Die Beklagte vertritt weiter die Auffassung, die hilfsweise ausgesprochene Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt, da der Arbeitsplatz der Klägerin mit dem Ende des Vertragsverhältnisses mit Frau F weggefallen sei. Hierzu behauptet die Beklagte, auch eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit habe nicht bestanden, da zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs bei keinem Klienten ein Bedarf für eine Assistenzkraft mit dem Stundenumfang der Klägerin bestanden habe. Auch ein Bedarf für eine Beschäftigung der Klägerin als Springerin habe nicht bestanden. Vielmehr habe sie in der Vergangenheit die Beschäftigung von Springern aufgegeben, da ihr Einsatz nicht dem Willen der Klienten entsprochen habe. Zudem habe sie am 19.02.2021 die Entscheidung getroffen, geringfügig Beschäftigte nur noch in sehr geringem Maß einzusetzen, da bei diesen die gewünschte persönliche Beziehung zwischen den Klientinnen und Klienten und den Mitarbeitern nicht entstehen könne.
Schließlich meint die Beklagte, das Arbeitsverhältnis sei jedenfalls gegen Zahlung einer Abfindung von 0,00 Euro aufzulösen. Eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit sei insbesondere auf Grund der von der Gewerkschaft ver.di und des Vereins "W W e.V." gegen die Beklagte geführten Kampagne nicht mehr zu erwarten. So sei der Beklagten in diversen Veröffentlichungen vorgeworfen worden, eine Betriebsratsgründung "perfide verhindert", "Pflegemindestlohn verweigert" und eine schwerbehinderte Klientin bzw. die Beschäftigten, die eine unzureichende Bezahlung kritisiert hätten, "eiskalt vor die Tür gesetzt" zu haben. Von dieser Art der Berichterstattung habe sich die Klägerin zu keinem Zeitpunkt distanziert, sondern sie sich vielmehr zu eigen gemacht und den Versuch unternommen, mit diesen Artikeln Einfluss auf den Prozess zu nehmen. Auch nach der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht habe sie sich mit Plakaten der Gewerkschaft ver.di vor dem Gerichtsgebäude ablichten lassen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit Frau F zu einem anderen Anbieter von Assistenzdienstleistungen gewechselt sei und dort eine höhere Vergütung erhalte.
Die Klägerin ist der Ansicht, ein Auflösungsgrund liege nicht vor. Entgegen der Darstellung der Beklagten habe die Gewerkschaft ver.di keine Kampagne gegen die Beklagte geführt; eine Verflechtung zwischen dem Verein W W e.V. und ver.di bestehe nicht; zudem seien ihr Äußerungen einzelner Gewerkschaftssekretäre nicht zurechenbar. Die Klägerin behauptet weiter, sie sei nicht mit Frau F gewechselt und habe kein neues geringfügiges Beschäftigungsverhältnis begründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- uns Streitstands wird auf den Inhalt der erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und, soweit sie sich gegen die Abweisung des Befristungskontrollantrags sowie des Kündigungsschutzantrags richtet, begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 Buchstabe c) ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1, ArbGG, 519, 520 ZPO).
1. Die Berufung ist insbesondere nicht wegen fehlender Postulationsfähigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin unzulässig. Gem. § 11 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 N. 4 ArbGG sind als Prozessbevollmächtigte vor dem Landesarbeitsgericht Gewerkschaften für ihre Mitglieder vertretungsbefugt. Die Klägerin hat dargelegt, dass sie seit dem Jahr 2016 Mitglied der sie vertretenden Gewerkschaft ver.di ist. Dem ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten (§ 138 Abs. 3 ZPO).
2. Die Berufung ist auch hinreichend begründet worden. Nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Dabei dürfen im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie zwar keine unzumutbaren Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden. Die Berufungsbegründung muss aber auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll (BAG 27. Januar 2021 - 10 AZR 512/18 - Rn. 15; BAG, Urteil vom 15. Dezember 2022 - 2 AZR 117/22 -, Rn. 5, juris).
Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung der Klägerin vom 28.03.2022 gerecht. Denn in ihr wird unter Darstellung und Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen im Einzelnen, nach Streitgegenständen differenzierend, ausgeführt, aus welchen Gründen die Klägerin das angefochtene Urteil für fehlerhaft hält.
II. Die Berufung hat im Hinblick auf den Befristungskontrollantrag sowie den Kündigungsschutzantrag, nicht aber hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrag, auch in der Sache Erfolg; der Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet.
1. Der Klageantrag zu 1. Ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht durch die im Arbeitsvertrag vom 15.02.2019 vereinbarten Befristung mit dem Ende der Vertragsbeziehungen zwischen der Beklagten und Frau F zum 31.03.2021 geendet. Die Befristungsabrede ist unwirksam, mit der Folge, dass der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt (§ 16 Satz 1 TzBfG).
a) Die Parteien haben in § 8 des Arbeitsvertrags vom 15.02.2019 eine Kombination von Zweckbefristungen i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2, § 15 Abs. 2 TzBfG und auflösenden Bedingungen (§ 21 TzBfG) vereinbart.
aa) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag liegt vor, wenn sich die Dauer des Vertrages aus der Art, dem Zweck oder der Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt und das Arbeitsverhältnis bei Eintritt eines künftigen Ereignisses enden soll, wobei die die Vertragsparteien den Eintritt des künftigen Ereignisses als feststehend und nur den Zeitpunkt des Eintritts als ungewiss betrachten (BAG, Urteil vom 21. März 2017 - 7 AZR 222/15 -, Rn. 21, juris). Bei einer auflösenden Bedingung hängt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls vom Eintritt eines künftigen Ereignisses ab, es ist aber ungewiss, ob dieses künftige Ereignis überhaupt eintreten wird. Worauf sich die Vertragsparteien geeinigt haben, ist im Zweifel durch Auslegung der getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln (BAG, Urteil vom 21. März 2017 - 7 AZR 222/15 - Rn. 21, juris; BAG, Urteil vom 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10 - Rn. 15, juris)
bb) Die Parteien haben in § 8 des Arbeitsvertrags als Zweck des Arbeitsverhältnisses die kundegebundene Mitarbeit der Klägerin im Team für Frau F definiert und das Ende des Arbeitsverhältnisses von der Beendigung dieser Tätigkeit abhängig gemacht. Als einzelne Tatbestände, die zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen sollen, haben die Parteien mit dem Ende des Auftrags zwischen der Beklagten und der Kundin sowie ihrem Tod sowohl Ereignisse, deren Eintritt gewiss, ihr Zeitpunkt aber ungewiss war (Zweckbefristungen), als auch Ereignisse, deren Eintritt sich als ungewiss darstellte (Ende der Bewilligung durch den Leistungsträger, dauerhafte Ablehnung der weiteren Unterstützung durch die Klägerin von Seiten der Kundin) (auflösende Bedingungen), bestimmt.
b) Die vereinbarte Zweckbefristung, nach der das Arbeitsverhältnis mit dem Ende des Auftrags zwischen der Beklagten und der Kundin F enden soll, ist jedoch nicht durch einen sachlichen Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt. Eine sachliche Rechtfertigung ergibt sich insbesondere nicht aus der Eigenart der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG).
aa) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn diese durch die Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt ist. Dabei ist der Begriff der "Eigenart der Arbeitsleistung" nicht so zu verstehen, dass nur die Eigenart der Arbeitsleistung als solche, nicht aber Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden können. Die Arbeitsleistung wird im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erbracht und kann nicht davon losgelöst betrachtet werden. Allerdings ist nicht jegliche Eigenart der Arbeitsleistung geeignet, die Befristung oder auflösende Bedingung eines Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Nach der dem TzBfG zugrundeliegenden Wertung ist der unbefristete Arbeitsvertrag der Normalfall und der befristete Vertrag die Ausnahme (vgl. BT-Drs. 14/4374 S. 1 und 12). Daher kann die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung eines Arbeitsvertrags nur dann rechtfertigen, wenn die Arbeitsleistung Besonderheiten aufweist, aus denen sich ein berechtigtes Interesse der Parteien, insbesondere des Arbeitgebers, ergibt, statt eines unbefristeten nur einen befristeten oder auflösend bedingten Arbeitsvertrag abzuschließen. Diese besonderen Umstände müssen das Interesse des Arbeitnehmers an der Begründung eines Dauerarbeitsverhältnisses überwiegen. Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG erfordert daher eine Abwägung der beiderseitigen Interessen, bei der auch das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers angemessen zu berücksichtigen ist (BAG, Urteil vom 17. Juni 2020 - 7 AZR 398/18 - Rn. 34 mwN; BAG, Urteil vom 1. Juni 2022 - 7 AZR 151/21 -, Rn. 21, juris).
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die streitgegenständliche Befristung sachlich nicht gerechtfertigt. Aus den Besonderheiten der Arbeitsleistung ergibt sich nach Abwägung der berechtigten Interessen beider Parteien kein überwiegendes Interesse der Beklagten an der vereinbarten Befristung.
Zwar mögen im Einzelfall Konstellationen denkbar sein, in denen die Besonderheiten der Arbeitsleistung einer für eine bestimmte Person beschäftigten Pflege- oder auch Unterstützungskraft bei Assistenzdienstleistungen eine Befristung rechtfertigen können. Dementsprechend hat das LAG Mecklenburg-Vorpommern in einer Entscheidung vom 16.03.2021 (Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16. März 2021 - 5 Sa 295/20 -, juris) angenommen, das Arbeitsverhältnis einer Pflegekraft, die ausschließlich zur Betreuung des pflegebedürftigen Arbeitgebers eingestellt werde, weise Besonderheiten auf, die eine zweckbefristete Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Tod des Arbeitgebers zuließen. Die vom LAG Mecklenburg-Vorpommern gefundenen Ergebnisse lassen sich, entgegen der Auffassung der Beklagten, auf den vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht übertragen, da beide Sachverhalte in wesentlichen Punkten entscheidungserhebliche Unterschiede aufweisen.
Dabei mag dahinstehen, ob, und ggf. inwieweit, sich die Erwägungen des LAG Mecklenburg-Vorpommern zur sachlichen Rechtfertigung der Befristung einer zur Betreuung des pflegebedürftigen Arbeitgebers eingestellten Pflegekraft auf die Konstellation übertragen lassen, in der der Arbeitgeber nicht selbst die zu pflegende oder unterstützende Person darstellt, sondern Arbeitgeberin ein Unternehmen ist, das seinerseits Pflege- oder Assistenzdienstleistungen für eine Vielzahl von Kunden erbringt. Denn im Falle der Klägerin ist eine anderweitige Bewertung des Sachverhalts jedenfalls bereits deswegen geboten, weil als ein die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführendes Ereignis nicht nur der Tod der zu unterstützenden Person, sondern mit dem Ende des Vertragsverhältnisses zwischen der Beklagten und der Kundin (auch) ein Umstand benannt ist, der von der Beklagten - auch willkürlich - herbeigeführt werden kann. Sowohl in der Rechtsprechung (vgl. BAG, Urteil vom 4. Dezember 1991 - 7 AZR 344/90 -, juris; BAG, Urteil vom 19. Januar 2005 - 7 AZR 250/04 -, BAGE 113, 184-195, Rn. 28; BAG, Urteil vom 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 -, BAGE 148, 357-380, Rn. 62) als auch im Schrifttum (vgl. nur Ascheid/Preis/Schmidt/Backhaus, 6. Aufl. 2021, § 3 TzBfG Rn. 17; Boecken/Joussen, 6. Aufl. 2019 § 3 TzBfG Rn. 14; KR-Bader/Kreutzberg-Kowalczyk, 13. Aufl 2022, § 3 TzBfG Rn. 28 ist zu Recht allgemein anerkannt, dass eine Zweckbefristung oder auflösende Bedingung nicht wirksam vereinbart werden kann, wenn das zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führende Ereignis der Disposition des Arbeitgebers unterliegt und ihm die Möglichkeit eröffnet wird, das Arbeitsverhältnis ohne Rücksicht auf zwingende Kündigungsschutznormen aus Gründen zu beenden, die in seinem Belieben liegen oder von seinen wirtschaftlichen Interessen geprägt sind. Ein berechtigtes, und das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers überwiegendes, Interesse des Arbeitgebers, das das Arbeitsverhältnis beendende Ereignis willentlich herbeizuführen, ist in diesen Fällen - auch wenn die Art der Arbeitsleistung grundsätzlich geeignet sein kann, eine Zweckbefristung zu rechtfertigen - nicht anzuerkennen.
Entgegen der von der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung ergibt sich ein solches berechtigtes Interesse auch nicht daraus, dass sie im Falle der fehlenden Möglichkeit der Vereinbarung von Zweckbefristungen "gezwungen" wäre, Verträge mit Kunden fortzuführen, an deren Beendigung ihrerseits ein anerkennenswertes Interesse besteht. Denn es bleibt ihr auch im Falle des Bestehens unbefristeter Arbeitsverhältnisse unbenommen, Vertragsverhältnisse mit ihren Kunden nach Maßgabe der jeweiligen Vertragsbestimmungen zu beenden und - soweit hierdurch der Beschäftigungsbedarf für Arbeitnehmer entfallen sollte- unter den Voraussetzungen des Kündigungsschutzrechts, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen.
2. Der Kündigungsschutzantrag der Klägerin ist ebenfalls begründet. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist nicht durch die von der Beklagten vorsorglich ausgesprochene Kündigung vom 21.02.2021 aufgelöst worden. Die Kündigung ist gem. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG unwirksam, da sie nicht sozial gerechtfertigt iSv § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist. Sie ist insbesondere nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen, bedingt.
a) Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG, Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31, BAGE 149, 18).
Ein dringendes "betriebliches" Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn aufgrund der unternehmerischen Entscheidung ein Bedürfnis für die Beschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entfallen ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei ist der Arbeitgeber - bis zur Grenze der Willkür - nicht gehindert, auch wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 512/13 - Rn. 28; 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 20). Es ist nicht Sache der Gerichte, ihm eine "bessere" oder "richtigere" betriebliche Organisation vorzuschreiben (BAG, Urteil vom 28. Februar 2023 - 2 AZR 227/22 -, Rn. 10 - 12, juris). Im Rahmen einer "Missbrauchskontrolle" hat aber eine Prüfung dessen stattzufinden, ob die Unternehmerentscheidung offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG, Urteil vom 28. Februar 2023 - 2 AZR 227/22 -, Rn. 14, juris).
b) Demnach erweist sich die Kündigung der Beklagten vom 21.02.2021 nicht bereits deswegen als sozial ungerechtfertigt, weil die der Kündigung zu Grunde liegende Entscheidung der Beklagten, das Vertragsverhältnis mit der Kundin F zu kündigen, rechtsmissbräuchlich war. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (vgl. BAG, Urteil vom 28. Februar 2023 - 2 AZR 227/22 -, Rn. 15, juris) hat keine hinreichend konkreten Indizien dafür vorgetragen, dass die Entscheidung offenbar unsachlich oder willkürlich war. Insbesondere hat die Klägerin keine konkreten Indizien für die von ihr geäußerte Vermutung, dass die Vertragsbeendigung gegenüber Frau F auf Grund der Geltendmachung von Pflegemindestlohnansprüchen durch Mitarbeiterinnen aus dem Frau F betreuenden Team gegenüber der Beklagten, erfolgte, dargelegt. Auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. 3. b) bb) der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 17.12.2021 wird Bezug genommen. Hinreichende Indizien für eine unsachliche Entscheidung ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass von Mitarbeiterin aus dem Betreuungsteam der Frau F Bestrebungen bestanden, bei der Beklagten einen Betriebsrat zu gründen. Denn auch diesbezüglich fehlt es an konkreten Anhaltspunkten, die die Annahme begründen könnten, dass die Kündigung gegenüber Frau F nicht auf Grund der von der Beklagten dargelegten Schwierigkeiten und Spannungen zwischen ihr und Frau F , sondern tatsächlich als Reaktion auf die Überlegungen der Mitarbeiterinnen zur Gründung eines Betriebsrats und zur Verhinderung eines solchen erfolgte.
c) Der Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes der Klägerin im Team von Frau F auf Grund der Entscheidung der Beklagten, das Vertragsverhältnis mit Frau F zu beenden, ist vor dem Hintergrund des Vorrangs der Änderungskündigung dennoch nicht geeignet, ein dringendes betriebliches Erfordernis i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG darzustellen.
aa) Das Vorliegen des "dringenden" betrieblichen Erfordernisses im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG setzt nicht nur voraus, dass die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer weggefallen ist, sondern auch, dass eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit, wenn auch zu geänderten Arbeitsbedingungen, nicht besteht. Kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit nicht aufgrund des ihm nach § 106 GewO zu stehenden Direktionsrecht zuweisen, so ist - ausgehend von dem das gesamte Kündigungsschutzrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsprinzips - vor Ausspruch einer Beendigungskündigung eine Änderungskündigung zu erklären, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den geänderten Arbeitsbedingungen ermöglicht. Die Änderungskündigung hat demnach Vorrang vor der Beendigungskündigung mit der Folge, dass eine Beendigungskündigung unwirksam ist, wenn eine mögliche Änderungskündigung unterblieben ist (vgl. BAG, Urteil vom 29. August 2013 - 2 AZR 809/12, juris, Rn. 22; Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 22. Februar 2023 - 2 Sa 816/22 -, Rn. 83, juris).
bb) Die Klägerin hat unter Vorlage von Stellenanzeigen der Beklagten dargelegt, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung Beschäftigungsbedarf und freie Stellen bei der Beklagten für Assistenzkräfte in den Teams anderer Kunden bestand. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Sie hat sich ihrerseits lediglich darauf berufen, dass ein Einsatz der Assistenzkräfte auf Grund des engen persönlichen Kontaktes nur mit Zustimmung der jeweiligen Klienten erfolgen kann und in keinem Team ein Bedarf an einer Assistenzkraft mit dem Stundenumfang der Klägerin bestanden habe. Zwar ist nachvollziehbar, dass der Einsatz einer Assistenzkraft bei einer assistenzbedürftigen Person nicht gegen deren Willen erfolgen soll. Die Beklagte hat bei den Kunden, bei deren Teams ein Beschäftigungsbedarf bestand, jedoch weder angefragt, ob ein Einsatz der Klägerin in Frage komme, noch einen persönlichen Kontakt vermittelt oder anderweitige Aktivitäten im Hinblick auf eine mögliche anderweitige Beschäftigung der Klägerin in einem anderen Team entwickelt. In Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wäre die Beklagte vor Ausspruch der Beendigungskündigung aber zumindest verpflichtet gewesen, zu ermitteln, ob ein Einsatz der Klägerin auf einer freien Stelle in einem anderen Team (mit Zustimmung der betroffenen Kunden) möglich gewesen wäre.
Der Annahme einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu geänderten Bedingungen und dem Erfordernis zum Ausspruch einer Änderungskündigung steht auch nicht der Beschäftigungsumfang der Klägerin entgegen. Soweit die Beklagte sich darauf berufen hat, im Februar 2021 die Entscheidung betroffen zu haben, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr in dem bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten bzw. anzubieten, hat sie auch nach eigenem Vortrag den Einsatz geringfügig Beschäftigter nicht gänzlich aufgegeben, sondern lediglich deutlich reduziert. Dementsprechend weisen auch die von der Klägerin vorgelegten Stellenanzeigen der Beklagten (abgerufen am 19.05.2021 und 06.01.2023) ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Beschäftigung auf geringfügiger Basis bzw. als "Minijob" hin. Unstreitig sind auch nach wie vor geringfügig Beschäftigte bei der Beklagten tätig. Warum der Beklagten dennoch eine Beschäftigung der Klägerin in einem anderen Team mit dem bisherigen Stundenumfang nicht möglich gewesen sein soll, hat die Beklagte nicht dargelegt. Im Übrigen wäre sie selbst in dem Fall, dass ihr tatsächlich lediglich Beschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin mit einem höheren Stundenumfang zur Verfügung gestanden hätten, in Ausprägung des ultima-ratio Prinzips vor dem Ausspruch der Beendigungskündigung jedenfalls gehalten gewesen, ihr neben der Änderung des Einsatzteams auch die Änderung des Stundenumfangs im Rahmen einer Änderungskündigung anzubieten (vgl. Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 23. Februar 2006 - 5 Sa 224/05 -, juris).
3. Der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis ist nicht gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG aufzulösen, da Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht erwarten lassen, nicht vorliegen.
a) Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, eine Wertung seiner Persönlichkeit, Leistung oder Eignung für die ihm übertragenen Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Besorgnis rechtfertigt, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei gefährdet (BAG 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 60; BAG, Urteil vom 24. Mai 2018 - 2 AZR 73/18 -, BAGE 163, 36-46, Rn. 16). In diesem Sinne als Auflösungsgrund geeignet sind etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen (BAG, Urteil vom 9. September 2010 - 2 AZR 482/09 -, Rn. 11, juris; LAG Köln, Urteil vom 30. August 2022 - 4 Sa 803/21 -, Rn. 50, juris).
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der von ihm behaupteten Auslösungsgründe trägt der Arbeitgeber (BAG, Urteil vom 16. Dezember 2021 - 2 AZR 356/21 -, Rn. 31). Zur Darlegung, weshalb eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten sei, genügen pauschale Wendungen und schlagwortartige Formulierungen ebenso wenig wie eine Verweisung auf die vorgetragenen Kündigungsgründe. Vielmehr muss der Arbeitgeber präzise darlegen und ggf. beweisen, welche Tatsachen zur Begründung der Auflösung herangezogen werden und warum sich daraus die fehlende Basis für eine weitere Zusammenarbeit ergibt (BAG 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 60; ErfK/Kiel, 23. Aufl. 2023, KSchG § 9 Rn. 23; Gallner/Mestwerdt/Nägele , Kündigungsschutzrecht, KSchG § 9 Rn. 74, beck-online).
b) Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen hat die Beklagte keine Gründe dargelegt, die zur Annahme einer nicht mehr zu erwartenden den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit führen.
Soweit sich die Beklagte zur Begründung ihres Auflösungsantrags auf die von ihr als diffamierend empfundene Veröffentlichungen des Vereins W W e.V. bezieht, die im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren von (ehemaligen) Mitarbeiterinnen der Beklagten, die - wie auch die Klägerin - die Zahlung von Pflegemindestlohn gegenüber der Beklagten geltend machte, hat auch die Beklagte selbst nicht behauptet, dass die betroffenen Texte von der Klägerin selbst stammten oder auf ihre Initiative hin veröffentlicht wurden. Entsprechendes gilt für die von der Beklagten in Bezug genommene Äußerungen des Gewerkschaftsvertreters O , die der Klägerin auch nicht kraft Zugehörigkeit zur selben Gewerkschaft zugerechnet werden können. Auch die Tatsache, dass die Klägerin nach einem Termin beim Arbeitsgericht mit Demonstrierenden vor dem Gerichtsgebäude für ein Foto bereitstand, lässt den Schluss darauf zu, dass eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit nicht mehr erwartet werden kann. Schließlich sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin an der gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten erhobenen Strafanzeige mitgewirkt hat.
4. Der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin ist unbegründet, da die Beklagte im Dezember 2022 eine weitere Kündigung gegenüber der Klägerin ausgesprochen hat, die Gegenstand eines weiteren, beim Arbeitsgericht Köln anhängigen, Kündigungsschutzverfahrens ist.
Die Grundsätze für einen Weiterbeschäftigungsanspruch außerhalb der engen Voraussetzungen des § 102 Abs. 5 BetrVG für den Zeitraum zwischen Ablauf der Kündigungsfrist bzw. Zugang der außerordentlichen Kündigung und der rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzprozesses hat der Große Senat des BAG in seiner Entscheidung vom 27.02.1985 (BAG, Beschluss vom 27. Februar 1985 - GS 1/84 -, BAGE 48, 122-129) aufgestellt. Hiernach bedarf es jeweils einer Wertung, ob der Arbeitgeber ein überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers hat oder ob das Interesse des Arbeitnehmers an seiner Beschäftigung höher zu bewerten ist. Bis zu einem der Kündigungsschutzklage stattgebenden erstinstanzlichen Urteil begründet grundsätzlich die Ungewissheit über den Ausgang des Kündigungsprozesses ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers. Nach einem der Kündigungsschutzklage stattgebenden Urteil ändert sich die Interessenlage. Allein die verbleibende Ungewissheit des Prozessausgangs kann nunmehr für sich allein ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung nicht mehr begründen. Spricht der Arbeitgeber, wie hier, eine weitere Kündigung aus, so beendet diese den Weiterbeschäftigungsanspruch, wenn sie auf einen neuen Lebenssachverhalt gestützt ist, der es möglich erscheinen lässt, dass die erneute Kündigung eine andere rechtliche Beurteilung erfährt. Der Weiterbeschäftigungsanspruch entfällt hingegen nicht, wenn die neue Kündigung offensichtlich unwirksam ist oder auf dieselben Gründe gestützt wird wie die erste Kündigung (BAG, Beschluss vom 27. Februar 1985 - GS 1/84 -, BAGE 48, 122-129; Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 6. September 2018 - 6 Sa 64/18 -, Rn. 43 - 44, juris).
Eine offensichtliche Unwirksamkeit der neuerlichen Kündigung der Beklagten ist mangels dementsprechender Anhaltspunkte nicht feststellbar, weswegen ein Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerin nicht mehr besteht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.