Urteil vom 08.12.2022 · IWW-Abrufnummer 237630
Landesarbeitsgericht Düsseldorf - Aktenzeichen 5 Sa 39/22
Einzelfallentscheidung zur Frage der zutreffenden Eingruppierung und Einstufung einer Arbeitnehmerin, die bereits vor dem erfolgreichen Abschluss eines nach Ziffer 7 Absatz 2 der Anlage 1 (Entgeltordnung VKA) TVöD-VKA vorgesehenen Verwaltungslehrgangs auf einer höherwertigen Stelle eingesetzt wird.
Tenor: I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 09.12.2021 - Az.: 10 Ca 3422/21 - wird zurückgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die korrekte Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist seit dem 01.10.2015 bei der Beklagten als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD-VKA in der Fassung vom 25.10.2020 Anwendung. Dieser bestimmt u.a.:
"12
Eingruppierung
(1) Die Eingruppierung der/des Beschäftigten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA). [...]
(2) [...] Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person der/des Beschäftigten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.
[...]
§ 14
Vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit
(1) Wird der/dem Beschäftigten vorübergehend eine andere Tätigkeit übertragen, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren als ihrer/seiner Eingruppierung entspricht, und hat sie/er diese mindestens einen Monat ausgeübt, erhält sie/er für die Dauer der Ausübung eine persönliche Zulage rückwirkend ab dem ersten Tag der Übertragung der Tätigkeit.
[...]
(3) Die persönliche Zulage bemisst sich nach dem jeweiligen Unterschiedsbetrag zu dem Tabellenentgelt, das sich bei dauerhafter Übertragung nach § 17 Abs. 4 Satz 1 für Beschäftigte im Bereich der VKA und nach § 17 Abs. 5 Satz 1 für Beschäftigte des Bundes ergeben hätte.
[...]
"§ 16 Stufen der Entgelttabelle (1) Die Entgeltgruppen 2 bis 15 umfassen sechs Stufen. (2) Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügt die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2; verfügt sie/er über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren, erfolgt in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. [...] (3) Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit): - Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1, - Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2, - Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3, - Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und - Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5. [...] § 17 Allgemeine Regelungen zu den Stufen (1) Die Beschäftigten erhalten vom Beginn des Monats an, in dem die nächste Stufe erreicht wird, das Tabellenentgelt nach der neuen Stufe. [...] (4) Bei Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe aus den Entgeltgruppen 2 bis 14 der Anlage A (VKA) werden die Beschäftigten im Bereich der VKA der gleichen Stufe zugeordnet, die sie in der niedrigeren Entgeltgruppe erreicht haben, mindestens jedoch der Stufe 2. Die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe beginnt mit dem Tag der Höhergruppierung. Bei einer Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe ist die/der Beschäftigte der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen; die in der bisherigen Stufe zurückgelegte Stufenlaufzeit wird auf die Stufenlaufzeit in der niedrigeren Entgeltgruppe angerechnet. Die/Der Beschäftigte erhält vom Beginn des Monats an, in dem die Veränderung wirksam wird, das entsprechende Tabellenentgelt aus der in Satz 1 und Satz 3 festgelegten Stufe der betreffenden Entgeltgruppe."In Ziffer 1 der Protokollerklärungen zu § 17 Absätze 4 und 4a TVöD heißt es:
"Ist Beschäftigten nach § 14 Abs. 1 vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit übertragen worden, und wir ihnen im unmittelbaren Anschluss daran eine Tätigkeit derselben höheren Entgeltgruppe dauerhaft übertragen, werden sie hinsichtlich der Stufenzuordnung so gestellt, als sei die Höhergruppierung ab dem ersten Tag der vorübergehenden Übertragung der höherwertigen Tätigkeit erfolgt."Die Anlage 1 (Entgeltordnung - VKA) zu diesem Tarifvertrag bestimmt in Ziffer 7 der Grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen):
"7. Ausbildungs- und Prüfungspflicht [...] (2) Für die Eingruppierung in eine der Entgeltgruppen 5 bis 9a ist eine Erste Prüfung abzulegen. Für die Eingruppierung in eine der Entgeltgruppen 9b bis 12 ist eine Zweite Prüfung abzulegen. Satz 1 und 2 gelten nur für auf der Fallgruppe 2 der Entgeltgruppen 5 bzw. 9b aufbauende Eingruppierungen. Protokollerklärung zu den Absätzen 1 und 2: Die Lehrgänge und Prüfungen werden bei den durch die Länder oder durch die kommunalen Spitzenverbände anerkannten Verwaltungsschulen oder Studieninstituten durchgeführt. Hierzu rechnen auch solche Lehrgänge und Prüfungen, die nicht für Beamtinnen/Beamte (Beamtenanwärter/-innen) und Beschäftigte gemeinsam, sondern als Sonderlehrgänge für Beschäftigte durchgeführt werden. (3)Hat eine Beschäftigte/ein Beschäftigter die für ihre/seine Eingruppierung nach den Absätzen 1 und 2 vorgeschriebene Prüfung nicht abgelegt, ist ihr/ihm alsbald die Möglichkeit zu geben, Ausbildung und Prüfung nachzuholen. Besteht hierzu aus Gründen, die die/der Beschäftigte nicht zu vertreten hat, keine Möglichkeit oder befindet sich die/der Beschäftigte in der Ausbildung, erhält sie/er mit Wirkung vom Ersten des vierten Monats nach Beginn der maßgebenden Beschäftigung eine persönliche Zulage. Die Zulage wird in Höhe des Unterschiedes zwischen dem Entgelt, das sie/er jeweils erhalten würde, wenn sie/er zu diesem Zeitpunkt in der ihrer/seiner Tätigkeit entsprechenden Entgeltgruppe eingruppiert wäre, und dem jeweiligen Entgelt ihrer/seiner bisherigen Entgeltgruppe gewährt. Sonstige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die von der Entgeltgruppe abhängen, richten sich während der Zeit, für die die Zulage zu zahlen ist, nach der der Tätigkeit der/des Beschäftigten entsprechenden Entgeltgruppe. [...] (4) Die Zulage entfällt vom Ersten des folgenden Monats an, wenn die/der Beschäftigte entweder a) die Prüfung auch im Wiederholungsfalle nicht bestanden hat oder b) nicht an der ihrer/seiner Tätigkeit entsprechenden Ausbildung und Prüfung teilnimmt, nachdem ihr/ihm die Möglichkeit hierzu geboten worden ist. Sie entfällt ferner, wenn die/der Beschäftigte nach bestandener Prüfung in der ihrer/seiner Tätigkeit entsprechenden Entgeltgruppe eingruppiert ist. In diesem Falle erhält die/der Beschäftigte das Entgelt, das sie/er erhalten hätte, wenn sie/er in dem in Absatz 3 Satz 2 genannten Zeitpunkt in der höheren Entgeltgruppe eingruppiert wäre."Bis Oktober 2019 arbeitete die Klägerin im Sozialamt und war zu diesem Zeitpunkt eingruppiert in die Entgeltgruppe 8 Stufe 3 TVöD-VKA. Mit Wirkung zum 15.10.2019 nahm die Beklagte eine Umsetzung der Klägerin ins Standesamt vor. Die dortige Tätigkeit unterfällt unter der Voraussetzung des erfolgreich durchlaufenen Verwaltungslehrgangs I der Entgeltgruppe 9a TVöD-VKA. Diesen Lehrgang hatte die Klägerin am 15.10.2019 noch nicht absolviert. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 15.09.2019 folgendes mit:
"Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass ich Sie mit Wirkung vom 15.10.2019 von Ihrer bisherigen Stelle auf die Stelle 32.30220 - SB Personenstandswesen im Standesamt umsetzen kann. Da diese Stelle nach EG 9a bewertet ist, wird Ihnen ab diesem Zeitpunkt bis zum Abschluss des Verwaltungslehrgangs I (voraussichtlich im Mai 2021) eine Zulage für höherwertige Tätigkeiten nach EG 9a gewährt. Sobald Sie den Verwaltungslehrgang I erfolgreich abgeschlossen haben, werden Sie in die EG 9a höhergruppiert."Im Oktober 2020 erreichte die Klägerin in der Entgeltgruppe 8 die Entwicklungsstufe 4. Die Beklagte zahlte an die Klägerin ab diesem Zeitpunkt bis einschließlich April 2021 eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen der Entgeltgruppe 9a Stufe 4 und der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 i. H. v. 519,69 € brutto. Im Mai 2021 zahlte die Beklagte nur noch eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen der Entgeltgruppe 9a Stufe 3 und der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 i. H. v. 92,58 € brutto. Zudem nahm die Beklagte Rückrechnungen für die Monate November 2020 bis April 2021 vor, nach denen die Zulage für diese Monate ebenfalls nur 92,58 € brutto betragen sollte, sodass sich eine monatliche Differenz i. H. v. 427,11 € brutto zu Lasten der Klägerin ergab. Am 22.06.2021 bestand die Klägerin den Verwaltungslehrgang I. Seitdem vergütet die Beklagte die Klägerin nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 3. Den von der Beklagten errechneten "Überzahlungsbetrag" in Höhe von insgesamt 2.989,77 € zahlte die Klägerin an die Beklagte zurück.
Die Vergütung nach Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD/VKA betrug im Zeitraum 01.04.2021 bis 31.03.2022 3.406,89 €, die Vergütung nach Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD/VKA betrug im gleichen Zeitraum 3.836,98 €. Ab dem 01.04.2022 betrug die Vergütung nach Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD/VKA 3.468,21 €, die Vergütung nach Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD/VKA betrug im gleichen Zeitraum 3.906,05 €.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, einen Teil der ursprünglich gezahlten Zulage in Höhe eines Betrages von 427,11 € brutto monatlich zurückzufordern. Ihr habe bis Mai 2021 ein Anspruch auf eine Zulage in Höhe von 519,69 € brutto zugestanden. Ab Juni 2021 sei die Beklagte verpflichtet, sie nach der Entwicklungsstufe 4 der Entgeltgruppe 9a TVöD-VKA zu vergüten. Maßgelblich sei, dass sie unstreitig seit Oktober 2020 in der Entgeltgruppe 8, Stufe 4 TVöD eingruppiert worden sei. Ausgehend von dieser Eingruppierung habe die Zulagenzahlung bzw. die Höhergruppierung zu erfolgen.
Die Klägerin hat zudem hilfsweise Schadensersatzansprüche geltend gemacht und dazu behauptet, sie hätte, wenn ihr seitens der Beklagten von Anfang an deren nachträgliche rechtliche Einordnung eröffnet worden wäre, die angebotene Tätigkeit nebst erforderlichem Verwaltungslehrgang nicht im Oktober 2019, sondern vielmehr erst ein Jahr später, nämlich im Oktober 2020 begonnen, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sie die Stufe vier in der Entgeltgruppe acht bereits erreicht hätte. Entsprechende Informationen habe die Beklagte jedoch pflichtwidrig nicht erteilt. Rechtlich müsse sie daher so gestellt werden, wie sie bei zutreffender Bezeichnung der Zulage und von ihr daraus folgerichtig alternativ abzuleitender Handlungsweisen gestanden hätte.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 427,11 € brutto zuzüglich Zinsen von fünf Prozentpunkten oberhalb des jeweiligen Basiszinssatzes seit dem 01.07.2021 zu zahlen; 2. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 430,09 € brutto zu zahlen; 3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 01.07.2021 nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD-VKA in der für das Land Nordrhein-Westfalen jeweils geltenden Fassung zu vergüten und die sich seitdem zur tatsächlich gezahlten Vergütung ergebenden Differenzbeträge nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;hilfsweise:
1. die Beklagte zu verurteilen, a) an sie 1.882,25 € brutto zuzüglich Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten aus 161,89 € seit dem 01.08.2021 und aus jeweils 430,09 € seit dem 01.09., 01.10., 01.11 und 01.12.2021 zu zahlen; b) an sie jeweils 3.836,98 € brutto am 01.01., 01.02., 01.03. und 01.04.2022 zu zahlen; c) an sie jeweils 3.906,05 € brutto am 01.05. und 01.06.2022 zu zahlen; 2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist sie ab dem 01.06.2022 nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD-VKA in der für das Land Nordrhein-Westfalen jeweils geltenden Fassung zu vergüten; 3. festzustellen, dass sie der Beklagten für die Zeit vom 01.10.2020 bis 31.03.2021 keine Rückerstattung zu viel entrichteter Vergütung schuldet.Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei zutreffend eingruppiert und eingestuft.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 09.12.2021 abgewiesen. Dieses Urteil ist der Klägerin am 21.12.2021 zugestellt worden. Mit einem auf elektronischem Wege am 14.01.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz hat die Klägerin Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.03.2022 - mit einem am 21.03.2022 auf elektronischem Wege beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet.
Die Klägerin ist der Auffassung, das Arbeitsgericht sei fehlerhaft zu der Auffassung gelangt, dass ihr im Zeitraum ab Oktober 2020 keine Zulage in Höhe der Differenz zwischen der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TVöD/VKA und der Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD/VKA zugestanden habe. Ebenso habe das Arbeitsgericht verkannt, dass sie nach dem Bestehen des Verwaltungslehrgangs richtigerweise in die Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD/VKA hätte eingruppiert und eingestuft werden müssen. Die zum 15.01.2019 durchgeführte Umsetzung ins Standesamt habe sich hinsichtlich der ab diesem Zeitpunkt geschuldeten Vergütung nach § 14 Abs. 1 TVöD/VKA gerichtet, da die dortige Tätigkeit höherwertig gewesen sei. Diese Umsetzung sei lediglich vorübergehend gewesen, da sie zum Zeitpunkt der Umsetzung den Verwaltungslehrgang noch nicht absolviert habe. Endgültig übertragen gewesen sei ihr die höherwertige Tätigkeit erst mit der Absolvierung des Verwaltungslehrgangs im Juni 2021, erst zu diesem Zeitpunkt sei sie in die höhere Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA eingruppiert worden unter Berücksichtigung ihrer damaligen Eingruppierung nach Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TVöD/VKA.
Wollte man dem rechtlich nicht folgen, sei zumindest aber der Antrag auf Schadensersatz begründet. Sie habe aufgrund der Formulierungen im Schreiben vom 15.09.2019 und der tatsächlichen Handhabung der Beklagten in der Folgezeit davon ausgehen dürfen, sie erhalte eine Zulage wegen der Wahrnehmung höherwertiger Tätigkeiten, die sich nach den Regelungen der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 4 TVöD/VKA richte. Nur wenn ihr seitens der Beklagten die später geänderte rechtliche Einordnung von Beginn an eröffnet worden wäre, hätte sie die Entscheidung treffen können, eine höherwertige Tätigkeit erst im Oktober 2020, als sie bereits die Stufe 4 der Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA erreicht hatte, zu übernehmen, was zu erheblichen finanziellen Vorteilen geführt hätte. Eine spätere Übernahme wäre ohne weiteres möglich gewesen, da die Beklagte regelmäßig mehrfach pro Jahr vergleichbare Umsetzungsmöglichkeiten anbiete. Hinsichtlich der Berechnung ihres Schadensersatzanspruches verweist die Klägerin auf ihre Berechnung in der Berufungsbegründung.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 09.12.2021 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.989,77 € brutto zu zahlen; 2. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 430,09 € brutto zu zahlen; 3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 01.07.2021 nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD-VKA in der für das Land Nordrhein-Westfalen jeweils geltenden Fassung zu vergüten und die sich seitdem zur tatsächlich gezahlten Vergütung ergebenden Differenzbeträge nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen:
1. an sie 1.882,25 € brutto zuzüglich Zinsen von fünf Prozentpunkten aus 161,89 € seit dem 01.08.2021 und aus jeweils 430,09 € seit dem 01.09., 01.10., 01.11 und 01.12.2021 zu zahlen; 2. an sie jeweils 3.836,98 € brutto am 01.01., 01.02., 01.03. und 01.04.2022 zu zahlen; 3. an sie jeweils 3.906,05 € brutto am 01.05. und 01.06.2022 zu zahlen; 4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 01.06.2022 nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD-VKA in der für das Land Nordrhein-Westfalen jeweils geltenden Fassung zu vergüten.Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages und führt ergänzend aus, die Berufung sei bereits unzulässig, da sie nicht ordnungsgemäß begründet worden sei. Sie setze sich nicht in ausreichendem Maße mit den Erwägungen der ersten Instanz auseinander. Zumindest aber sei die Berufung unbegründet. Die Klägerin schließe fälschlicherweise aus einer vorübergehenden Zulagenzahlung darauf, dass ihr auch die Tätigkeit im Standesamt lediglich vorübergehend übertragen worden sei. Ihr sei die Tätigkeit im Standesamt ab dem 15.10.2019 jedoch dauerhaft übertragen worden. Auch habe sich die Zulagengewährung - für die Klägerin erkennbar - nicht nach § 14 TVöD/VKA, sondern vielmehr nach Ziffer 7 Abs. 3 der Anlage 1 Entgeltordnung TVöD/VKA gerichtet. Dafür spreche der Umstand, dass bei einer Zulagenzahlung nach § 14 Abs. 1 TVöD/VKA im Falle der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit alle Anforderungen der höherwertigen Entgeltgruppe erfüllt sein müssten, was im Falle der Klägerin unstreitig nicht der Fall gewesen sei. Auch die Hilfsanträge seien unbegründet. Sie habe durch die Anwendung des Tarifrechts und die Zulagenzahlung keine Pflichtverletzung begangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Parteischriftsätze in beiden Rechtszügen, die Sitzungsniederschriften beider Instanzen sowie auf den gesamten weiteren zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Es bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung. Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO form- und fristgerecht auf elektronischem Wege eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft gemäß § 64 Abs. 1, 2 lit. b) ArbGG.
Soweit die Beklagte rügt, die Berufung sei seitens der Klägerin nicht ausreichend begründet worden, folgt dem die Kammer nicht.
1.
Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffes ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungskläger die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BAG v. 14.03.2017 - 9 AZR 54/16 - juris, BAG v. 14.03.2017 - 9 AZR 633/15 - juris; BAG v. 11.06.2013 - 9 AZR 855/11 - juris). Dabei dürfen im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie keine unzumutbaren Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden. Die Berufungsbegründung muss aber auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein, wenn sie diese bekämpfen will. Sie muss im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden; für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es aber nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG v. 14.05.2019 - 3 AZR 274/18 - juris; BAG v. 20.03.2018 - 3 AZR 861/16 - juris; BAG v. 26.04.2017 - 10 AZR 275/16 - juris; BAG v. 14.03.2017 - 9 AZR 633/15 - juris; BAG v. 14.03.2017 - 9 AZR 54/16 - a.a.O.). Die Berufung muss die tragenden Erwägungen des Erstgerichts angreifen und darlegen, warum diese aus Sicht des Berufungsklägers nicht zutreffen; die Begründung muss also - ihre Richtigkeit unterstellt - geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen (BGH v. 10.12.2015 - IX ZB 35/15 - juris).
2.
Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung im vorliegenden Fall. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Begründung ausgeführt, welche Rechtsfehler der ersten Instanz im Rahmen der erstinstanzlichen Entscheidung unterlaufen sein sollen. Hinsichtlich der Hilfsanträge stützt die Klägerin ihr Vorbringen zudem auf ergänzenden Sachvortrag.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
1.
Die Klage ist hinsichtlich sämtlicher Anträge zulässig.
a.
Der seitens der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellte Hauptantrag zu 1. ist auch im Hinblick auf die Klageerweiterung zulässig. Die Klägerin hat im Rahmen der Berufungsbegründung die Klage im Hauptantrag zu 1. von 427,11 € brutto auf 2.989,77 € brutto erweitert.
aa.
Nach § 533 ZPO, der gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG auch im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren Anwendung findet, ist eine Klageerweiterung in der Berufungsinstanz nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO bzw. im Arbeitsgerichtsprozess gemäß § 67 ArbGG zugrunde zu legen hat (LAG Düsseldorf v. 17.03.2017 - 6 Sa 982/16 - Rn. 61, juris). Sachdienlichkeit liegt vor, wenn der bisherige Prozessstoff als Entscheidungsgrundlage verwertbar bleibt und durch die Zulassung der Klagehäufung ein neuer Prozess vermieden wird. Maßgeblich für die nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende Sachdienlichkeit ist demnach der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit (BAG v. 14.06.2017 - 10 AZR 308/15 - Rn. 39, juris). Die Sachdienlichkeit einer Klageänderung ist erst dann zu verneinen, wenn in der Berufungsinstanz ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt wird, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann. Besteht zwischen mehreren Streitgegenständen ein innerer rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang, so ist es regelmäßig sachdienlich, diese Streitgegenstände in einem Verfahren zu erledigen (BAG v. 06.12.2001 - 2 AZR 733/00 - Rn. 34 ff., juris).
bb.
Die dargestellten Voraussetzungen des § 533 ZPO liegen vor. Die Erweiterung der Klage im Rahmen des Hauptantrages zu 1. ist sachdienlich. Die Klägerin hat mit ihrem Klageantrag zu 1. in der ersten Instanz die seitens der Beklagten nicht gezahlte Zulagendifferenz von 427,11 € brutto geltend gemacht. Nachdem sie zwischenzeitlich die von der Beklagten für die Monate ab November 2020 zurückgerechneten Beträge zurückgezahlt hat, macht sie nunmehr mit ihrem Klageantrag zu 1. die Zahlung der Differenzzulagenbeträge für die Monate November 2020 bis Mai 2021 geltend. Dem Antrag liegen dieselben Rechtsfragen zugrunde, die ohnehin Gegenstand des Berufungsverfahrens sind. Auch die Voraussetzungen des § 67 Abs. 4 Satz 1 ArbGG liegen vor, da sämtliche für den geänderten Klageantrag zu 1. zu berücksichtigenden Tatsachen rechtzeitig vorgetragen worden sind.
b.
Die Klage ist auch hinsichtlich des Hauptantrages zu 3. zulässig. Es handelt sich um eine nach § 256 Abs. 1 ZPO allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage (st. Rspr. vgl. nur BAG v. 19.10.2022 - 4 AZR 500/21 - Rn. 11, juris; BAG v. 05.05.2021 - 4 AZR 666/19 - Rn. 12, juris; BAG v. 16.05.2018 - 4 AZR 274/16 - Rn. 10, juris), die auch im Hinblick auf die Verzinsung der Entgeltdifferenzen zulässig ist (vgl. BAG v. 19.10.2022 - 4 AZR 500/21 - Rn. 11, juris; BAG v. 23.02.2022 - 4 AZR 354/21 - Rn. 10, juris; BAG v. 13.05.2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 9, juris).
Das für eine Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Die Beklagte stellt die Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung nach Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TV-L ab dem 01.07.2021 in Abrede. Der angestrebte feststellende Ausspruch ist trotz seiner nicht vollsteckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Stufenzuordnung beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden (BAG v. 21.03.2018 - 7 AZR 408/16 - juris; BAG v. 15.12.2016 - 6 AZR 603/15 - juris).
2.
Die Klage ist unbegründet.
a.
Der Berufungsantrag zu 1. ist unbegründet. Der Klägerin steht für die Monate November 2020 bis Mai 2021 kein Anspruch auf die Zahlung einer weiteren Zulage in Höhe der Differenz zwischen der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TVöD/TKA und der Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD/VKA in Höhe von jeweils 427,11 € brutto zu. Die Klägerin hatte in den genannten Monaten lediglich einen Anspruch auf Zahlung einer Differenz zwischen der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TVöD/VKA und der Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD/VKA in Höhe von 92,58 € brutto. Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt.
aa.
Die Kammer nimmt zunächst Bezug auf die ausführlichen zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in Ziffern I. 1. - 2. der angefochtenen Entscheidung, stellt diese gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auch für das Berufungsverfahren fest und verzichtet insoweit auf eine lediglich wiederholende Darstellung.
bb.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin sind folgende weitere Ausführungen veranlasst.
(1)
Die genannten Ausführungen des Arbeitsgerichts sind nicht nur im Hinblick auf die erstinstanzlich geltend gemachte Zulagendifferenz für Mai 2021 zutreffend. Die Argumentation ist ebenso zutreffend im Hinblick auf die zweitinstanzlich im Rahmen der Klageerweiterung zusätzlich geltend gemachten Beträge für November 2020 bis April 2021.
(2)
Bei der der Klägerin ab dem Monat Oktober 2019 gezahlten Zulage handelte es sich um eine Zulage gemäß Ziffer 7 Abs. 3 der Anlage 1 (Entgeltordnung - VKA) zum TVöD/VKA. Die Klägerin war zum 15.10.2019 vom Sozialamt auf eine nach der Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA bewerteten Stelle im Standesamt umgesetzt worden, hatte zu diesem Zeitpunkt jedoch den vorgeschriebenen Verwaltungslehrgang noch nicht absolviert und die Prüfung noch nicht erfolgreich abgelegt. Dementsprechend hatte sie - ab dem ersten des 4. Monats nach dem Beginn der maßgebenden Beschäftigung - Anspruch auf die Zahlung einer persönlichen Zulage, deren Höhe sich nach dem Unterschied zwischen dem Entgelt, das sie erhalten hätte, wenn sie zu diesem Zeitpunkt in die ihrer Tätigkeit entsprechende Entgeltgruppe eingruppiert worden wäre und dem jeweiligen Entgelt ihrer bisherigen Entgeltgruppe richtete.
Dementsprechend hatte die Klägerin ab Februar 2020 Anspruch auf eine Zulage in Höhe der Entgeltdifferenz zwischen dem Entgelt ihrer tatsächlichen Entgeltgruppe 8 Stufe 3 TVöD/VKA und dem Entgelt, dass sie erhalten hätte, wenn sie in die höhere Entgeltgruppe eingruppiert worden wäre. Dies war - bei stufengleicher Höhergruppierung gemäß § 17 Abs. 4 TVöD/VKA - im Februar 2020 das Entgelt der Entgeltgruppe 9a Stufe 3. Das Erreichen der nächsthöheren Stufe 4 in der Entgeltgruppe 8 im Oktober 2020 änderte nichts daran, dass sich das Vergleichsentgelt nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD bemaß. Ziffer 7 Absatz 3 Satz 3 der Anlage 1 (Entgeltordnung - VKA) sieht vor, dass sich die Höhe der Zulage nach dem Entgelt bemisst, das sie jeweils erhalten würde, wenn sie zu diesem Zeitpunkt in der ihrer Tätigkeit entsprechenden Entgeltgruppe eingruppiert wäre. Wäre die Klägerin aber bereits zum 01.02.2020 in die Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA eingruppiert worden, so wäre eine Einstufung in die Stufe 3 erfolgt. Gleichzeitig hätte zu diesem Zeitpunkt die dreijährige Stufenlaufzeit nach § 16 Abs. 3 TVöDÄ/VKA zu laufen begonnen. Im Zeitraum November 2020 bis Mai 2021 hätte sich die Klägerin dann weiterhin in der Stufe 3 befunden. Die Richtigkeit dieses Ergebnisses wird unterstrichen durch Ziffer 7 Abs. 4 Satz 2 der Anlage 1 (Entgeltordnung - VKA) zum TVöD/VKA. Danach entfällt die Zulage, wenn die Beschäftigte nach bestandener Prüfung in der ihrer Tätigkeit entsprechenden Entgeltgruppe eingruppiert ist. Nach Ziffer 7 Abs. 4 Satz 3 der Anlage 1 (Entgeltordnung - VKA) erhält die Beschäftigte in diesem Fall das Entgelt, das sie erhalten hätte, wenn sie "in dem in Absatz 3 Satz 2 genannten Zeitpunkt", hier also im Februar 2020, in der höheren Entgeltgruppe eingruppiert wäre.
(3)
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist ihr die Zulage nicht nach § 14 TVöD/VKA wegen der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit übertragen worden. Abgesehen davon, dass dem Schreiben der Beklagten vom 15.09.2019 eine lediglich vorübergehende Übertragung der Stelle im Standesamt nicht entnommen werden kann, erfüllte die Klägerin auch nicht die tarifvertraglichen Voraussetzungen für die Zahlung einer Zulage nach § 14 TVöD/VKA. Denn im Falle der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit müssen alle Anforderungen der höherwertigen Entgeltgruppe, also auch alle persönlichen Voraussetzungen, erfüllt sein. Der Arbeitnehmer müsste, wenn die Tätigkeit dauerhaft übertragen worden wäre, in die höhere Entgeltgruppe einzugruppieren sein (Bredemeier/Neffke-Bernheine TVöD/TV-L, 6. Auflage 2022 § 14 TVöD Rn. 11). Das Prüfungserfordernis in einer Entgeltgruppe ist ein Tätigkeitsmerkmal, von dessen Erfüllung die Eingruppierung in diese Entgeltgruppe abhängt (vgl. BAG v. 18.06.1997 - 4 AZR 728/95 - Rn. 30, juris); wird eine höherwertige Tätigkeit übernommen, ohne dass der Arbeitnehmer über die notwendige Prüfung verfügt, ist eine unmittelbare Höhergruppierung ausgeschlossen (vgl. LAG Hamm v. 07.05.2020 - 17 Sa 1668/19 - Rn. 101, juris). Eine Zulagenzahlung nach § 14 TVöD/VKA schied demnach aus.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte der Klägerin die Zulage bereits mit Beginn der Übernahme der neuen Tätigkeit gezahlt hat und nicht erst - wie Ziffer 7 Abs. 3 der Anlage 1 (Entgeltordnung - VKA) zum TVöD/VKA vorsieht - ab Februar 2020. Diese zu Gunsten der Klägerin verfrüht gewährte Zulage ändert nichts daran, dass die tarifvertraglichen Voraussetzungen für eine Zulagenzahlung nach 14 TVöD/VKA nicht vorlagen.
Im Ergebnis kann diese Frage im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, würde sich im Ergebnis nichts Anderes ergeben, wenn man die Zulage als Zulage nach § 14 TVöD/VKA ansehen würde. Denn auch diese Zulage wäre nach § 14 Abs. 3 TVöD-VKA in der Höhe nach dem jeweiligen Unterschiedsbetrag zu dem Tabellenentgelt bemessen worden, das sich bei dauerhafter Übertragung nach § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-VKA ergeben hätte. Die Klägerin wäre bei einer dauerhaften Übertragung der Tätigkeit im Oktober 2019 in die Entgeltgruppe 9a Stufe 3 umgruppiert worden und die Stufenlaufzeit in der Stufe 3 hätte im Oktober 2019 neu begonnen. Auch die Zulage nach § 14 TVöD-VKA hätte mithin im Zeitraum November 2020 bis Mai 2021 nur 92,58 € betragen.
b.
Der Berufungsantrag zu 2. ist ebenfalls unbegründet. Der Klägerin steht aus den unter Ziffer a. genannten Gründen auch für den Monat Juni 2021 kein Anspruch auf eine Differenzvergütung zu, die sich aus der Differenz zwischen der Entgeltgruppe 9a Stufe 3 und 9a Stufe 4 TVöD/VKA ergibt. Die Klägerin war ab dem Monat Juni 2021 zutreffender Weise in die Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD/VKA eingruppiert.
Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, ihr sei zunächst eine Zulage nach § 14 TVöD/VKA bewilligt worden und im Anschluss daran sei ihr - nach dem erfolgreich bestandenen Lehrgang - die Stelle im Standesamt dauerhaft übertragen worden mit der Folge, dass es erstmals im Juni 2021 zu einer Höhergruppierung gekommen sei, die aufgrund der stufengleichen Höhergruppierung nach § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD/VKA ausgehend von der zum damaligen Zeitpunkt erreichten Eingruppierung aus der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 in die Entgeltgruppe 9a Stufe 4 hätte erfolgen müssen, ist dies aus verschiedenen Gründen unrichtig.
Wie bereits gezeigt wurde, erhielt die Klägerin schon mangels Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen keine Zulage nach § 14 TVöD/VKA. Vielmehr wurde ihr die Stelle im Standesamt von Anfang an dauerhaft übertragen und ihr bis zum erfolgreichen Abschluss des Lehrgangs eine Zulage nach Ziffer 7 der Anlage 1 (Entgeltordnung - VKA) gezahlt.
Darüber hinaus hätte selbst eine zunächst vorübergehende und erst ab Juni 2021 dauerhafte Übertragung der Stelle im Standesamt zu keiner höheren Einstufung geführt. Wie sich aus der Protokollerklärung zu den Abs. 4, 4a und 4a.1 zu § 17 TVöD/VKA ergibt, werden Beschäftigte, denen eine höherwertige Tätigkeit zunächst nach § 14 Abs. 1 vorübergehend übertragen worden ist und denen im unmittelbaren Anschluss daran eine Tätigkeit derselben höheren Entgeltgruppe dauerhaft übertragen wird, hinsichtlich der Stufenzuordnung so gestellt, als sei die Höhergruppierung ab dem ersten Tag der vorübergehenden Übertragung der höherwertigen Tätigkeit erfolgt. Damit wäre die Klägerin - ihre fehlerhafte Rechtsauffassung bezogen auf die Anwendbarkeit des § 14 TVöD/VKA als zutreffend unterstellt - so zu behandeln gewesen, als sei ihr die höherwertige Tätigkeit bereits am 15.10.2019 übertragen worden. Zu diesem Zeitpunkt wäre aber nur eine stufengleiche Höhergruppierung von der Entgeltgruppe 8 Stufe 3 in die Entgeltgruppe 9a Stufe 3 möglich gewesen. Unter Berücksichtigung der Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe wäre auch in diesem Fall ein Stufenaufstieg in die Stufe 4 zum 01.06.2021 nicht in Betracht gekommen.
c.
Auch der Berufungsantrag zu 3. hat keinen Erfolg. Aus den genannten Gründen besteht auch kein Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD-VKA ab dem 01.07.2021. Die Klägerin ist - selbst wenn man die Zeit der Zulagenzahlung ab dem 01.02.2020 als Stufenlaufzeit berücksichtigen sollte - frühestens ab dem 01.02.2023 in die Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD/VKA höherzustufen.
d.
Die aufgrund der Unbegründetheit der Hauptanträge zur Entscheidung anfallenden Hilfsanträge sind ebenfalls unbegründet.
aa.
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von 1.882,25 € brutto nebst Zinsen für den Zeitraum August 2021 (161,89 €) bis Dezember 2021 (4 Monate x 430,09 €) zu. Ein solcher Anspruch folgt nicht als Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB.
Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrages zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils.
Solche Rücksichtnahmepflichten hat die Beklagte im vorliegenden Fall gegenüber der Klägerin nicht verletzt, als sie sie zum 15.10.2019 ins Standesamt umgesetzt und ihr in diesem Zusammenhang das Schreiben vom 15.09.2019 hat zukommen lassen. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte mit diesem Schreiben nicht zum Ausdruck gebracht, die Klägerin würde nach dem erfolgreichen Bestehen des Verwaltungslehrgangs ab dem 01.06.2021 in die Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD/VKA höhergruppiert. Auch hat die Beklagte allein durch die Verwendung des Begriffs "höherwertige Tätigkeiten" keinen entsprechenden Irrtum bei der Klägerin erwecken können. Die Beklagte hat in dem Schreiben weder auf § 14 TVöD noch auf eine Stufenzuordnung hingewiesen. Im Übrigen vermag auch die Berufungskammer keine Verpflichtung der Beklagten zu erkennen, die Klägerin ergänzend über etwaige tarifrechtliche Folgen der Umsetzung ins Standesamt zu informieren. Hätte die Klägerin insoweit Beratungsbedarf gesehen, so hätte sie sich von sich aus darum kümmern müssen, die entsprechenden Informationen zu erhalten.
Darüber hinaus besteht ein von der Klägerin nicht aufgelöster Widerspruch zwischen ihrem angeblichen Irrtum und ihrem Vortrag zur Anwendbarkeit des § 14 TVöD/VKA. Unter Zugrundlegung ihrer Rechtsauffassung zur Anwendbarkeit des § 14 TVöD/VKA konnte ein Irrtum, wie ihn die Klägerin behauptet, gar nicht entstehen. Aus der Protokollerklärung zu den Absätzen 4, 4a und 4a.1 zu § 17 TVöD/VKA ergibt sich unmissverständlich, dass im Falle einer zunächst vorübergehenden und im unmittelbaren Anschluss daran dauerhaften Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit die Beschäftigte hinsichtlich der Stufenlaufzeit so gestellt wird, als sei die Höhergruppierung bereits ab dem ersten Tag der vorübergehenden Übertragung der höherwertigen Tätigkeit erfolgt. Demnach musste die Klägerin bei einer angenommenen Anwendung des § 14 TVöD/VKA davon ausgehen, dass sie so behandelt wird, als sei die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA bereits am 15.10.2019 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt kam jedoch lediglich eine stufengleiche Höhergruppierung in die Stufe 3 in Betracht bei einem zeitgleichen Neubeginn der Stufenlaufzeit. Die Klägerin konnte demnach gar nicht davon ausgehen, dass sie vor Oktober 2022 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 4 TVöD/VKA erhalten würde.
Für einen Schadensersatzanspruch fehlt es zudem an einer Kausalität. Die für das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat lediglich pauschal behauptet, sie hätte, wenn ihr bekannt gewesen wäre, dass sie nach dem erfolgreichen Abschluss des Verwaltungslehrgangs in die Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD/VKA höhergruppiert worden wäre, auf die Umsetzung ins Standesamt verzichtet und erst ab Oktober 2020 eine solche Umsetzung angestrebt. Dies reicht zur Darlegung der Kausalität nicht aus. Es fehlt auch an jeglichem Beweisantritt dazu, dass die Beklagte mehrfach im Jahr vergleichbare Maßnahmen angeboten hat.
Zumindest fehlt es an einem Schaden der Klägerin. Unter Berücksichtigung ihrer Rechtsauffassung, nach der ihr ab dem 15.10.2019 die höherwertige Tätigkeit zunächst vorübergehend i. S. v. § 14 TVöD/VKA und im Anschluss daran ab dem 01.06.2021 endgültig übertragen worden ist, ergeben sich die von ihr behaupteten Schadenspositionen nicht, da sie dann so behandelt worden wäre, als wäre sie im Oktober 2019 in die Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD/VKA höhergruppiert worden. Ein Schaden in Höhe etwaiger Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von August 2021 bis Dezember 2021 ist ihr demnach nicht entstanden.
bb.
Aus den unter aa. genannten Gründen fehlt es auch an der Begründetheit der Hilfsanträge zu 2., 3. und 4. Eine Pflichtverletzung der Beklagten liegt ebenso wenig vor wie ein der Klägerin entstandener Schaden in den Monaten Januar bis Juni 2022. Selbst unter Zugrundelegung ihrer Rechtsauffassung zur Anwendbarkeit des § 14 TVöD ist ein Anspruch auf einen Stufenaufstieg ab dem Monat Juni 2022 nicht gegeben.
Insgesamt gesehen, konnte die Berufung damit keinen Erfolg haben.
B.
I.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO. Als unterlegene Partei trägt die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens.
II.
Für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung. Die Voraussetzungen für eine Divergenzrevision im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG und der Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG sind nicht ersichtlich. Grundsätzliche Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kann dem Rechtsstreit ebenso wenig beigemessen werden. Es handelt sich um eine sich aus den Besonderheiten des Falles ergebende Entscheidung, die keine klärungsbedürftigen Fragen aufwirft, die auf die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit Auswirkungen haben könnten.
D. BarthCasel-WendtHirr